Modul „Wald&Wirtschaft“ 1. Sitzung, BFW Mariabrunn, 26. Juni 2003-06-22 PRÄSENTATION: WERTSCHÖPFUNG Ewald Rametsteiner1 Betriebliche / volkswirtschaftliche Wertschöpfung: Wertschöpfung ist eine „Output“ Kenngröße für den Wohlstand oder Wert, der durch die Aktivitäten eines Unternehmens / einer Volkswirtschaft geschaffen wurde. Wertschöpfung ist das aus dem Einsatz von Produktionsfaktoren resultierende, unter Wahrung von Substanz und Leistungsfähigkeit der volkswirtschaftlichen Produktivkräfte zustande kommende Produktionsergebnis (Wertschöpfung = Verkaufsleistung + Lagerbestandsveränderung – Produktionsmitteleinsatz). Wertschöpfung und Wertkettenanalyse: Eine Wertkette identifiziert strategisch wichtige Funktionen eines Unternehmens, die Wert für den Kunden schaffen. Im häufig gebrauchten Wertkettenanalysemodell von Porter (1985)2 wird zwischen Kernprozessen - (z.B. Logistik, Produktion, Marketing, Kundendienst) und unterstützenden Funktionen - (z.B. Unternehmensstruktur, Personal, Technologie) unterschieden. Die Wertkettenanalyse kann generell auch für die Analyse der Wertschöpfungspotentiale sowie Stärken und Schwächen einer gesamten Branche genutzt werden. In einer Wertkettenanalyse werden Wertaktivitäten, Kundennutzen, Kostenstrukturen und erfolgskritische Grössen ermittelt. Diese Analyse ist neben einer Umwelt- und Branchenanalyse sowie einer Stärken-Schwächenanalyse ein wesentliches Informationsinstrument auf dem Weg zur Strategieentwicklung eines Unternehmens oder einer Branche. Die Wertkettenanalyse legt allerdings den Schwerpunkt der Untersuchung mehr auf die Verbesserung von Produktivität3 und Effizienz4 als auf die Identifizierung von strategisch wichtigen Märkten und diesbezügliche strategische Investitionen. Wertschöpfung, Markt und Nachfrageorientierung: Die Produktion von Werten setzt voraus, dass sie verkauft werden. Der Wert eines Produktes/einer Dienstleistung reflektiert für den Kunden die Wichtigkeit eines Gegenstandes oder einer Leistung. Dieser Wert ist die Differenz zwischen dem Gesamtwert und den Gesamtkosten für den Kunden eines Produktes. In der Identifizierung von Werten 1 Dr. Ewald Rametsteiner, EFI Regionalprojektzentrum INNOFORCE, BOKU Wien, Tel.: 01 47 654 4418, e-mail: [email protected]; www.efi-innoforce.org 2 Porter M. (1985): Competitive Advantage; The Free Press, N.Y. 3 Produktivität = Rate des „Outputs“ pro Einheit an „Input“; Arbeitsproduktivität = Wertschöpfung / Arbeitskraft 4 Wertschöpfungseffizienz = Wertschöpfung / Arbeitskosten + Abschreibungssatz 1 und ihrer Befriedigung geht das Marketing von folgender Begriffskette aus: Bedürfnisse > Wünsche > Präferenzen > Auswahl > Kauf > Konsum (=Nachfrage). Langfristig ist Wertschöpfung eine Funktion der Einschätzung von strategischen Nachfragebzw. Marktpotentialen, der Marktpositionierung und der Qualität der diesbezüglich getätigten Investitionen. Die dazu notwendigen Informationen betreffen Nachfrageentwicklungen (Marktwachstum), erzielbare Marktanteile und mögliche Wettbewerbsvorteile gegenüber Konkurrenten. Auch die diesbezüglichen für Unternehmen entwickelten Analyseinstrumente können für eine Analyse von Branchen eingesetzt werden. In der Forstwirtschaft ist insbesondere die Marktnachfrage nach Dienstleistungen ein zentrales Thema. Sozio-demographische Entwicklungen, Lebensstiltrends und Umfragen zeigen im Marktbereich Erholungsdienstleistungen nicht ausgeschöpftes Potential. Mit der Restrukturierung der staatlichen Aufgaben entstehen mittel-langfristig Handlungsspielräume. Allerdings scheinen hier bisher weder attraktive Geschäftsmodelle noch spezifische Märkte entwickelt worden zu sein und das „Problem“ der öffentlichen Güter (Nicht-Rivalität, Nicht-Auschliessbarkeit) besteht natürlich weiter. Wertschöpfung und Investition in die Zukunft: Innovation als Motor Ein Unternehmen oder eine Branche investiert eine Teil der Wertschöpfung, um das Geschäft zu erhalten, zu entwickeln und wachsen zu lassen. Diese Investition in neue Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse können und sollen insbesondere in einer Branchenbetrachtung auch dazu dienen, neue Märkte aufzubauen. Die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen wird nämlich zu einem erheblichen Teil durch das Angebot mitbestimmt. Die Aufgabe einer Branche ist somit, durch Versuch und Irrtum ausbaufähige Märkte zu identifizieren und zu entwickeln. Um systematisch Ansatzpunkte für Innovationen zu finden, eignet sich u.a. das Geschäftsmodell als Analyseeinheit. Ein Geschäftsmodell besteht aus einer „Value Proposition“, einer Wertschöpfungsstruktur und einem Ertragsmodell. Strategische Wertschöpfung und Innovation sind eng miteinander verknüpft. Wirtschaftspolitisch sind Innovationen zentrale Elemente zur Erreichung klassischer Ziele wie Wirtschaftswachstum, Konkurrenzfähigkeit, Arbeitsplatzschaffung bzw. von sektoraler oder ländlicher Entwicklung. Waldwirtschaft und Wertschöpfung: Brauchen wir sechs Kursänderungen? 1. Marktorientierung statt Waldorientierung 2. Dienstleistungsmentalität statt Rohproduktdenken 3. Fokussierung auf neue Einkommensquellen statt Kostenfixierung 4. Potentialorientierung statt Angebotsfixierung 5. Denken über den Sektor hinaus statt grüne Versäulung 6. Förderung von Initiative, Diversität und Öffnung für Neues 2