Dr. All/Funktiondiagnostische Untersuchungen durch die MTF, Mai 2002 Dipl. GuKS. Mag. Dr.iuris Gertrude Allmer Allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige für Gesundheits- und Krankenpflege, Berufskunde, Arbeitstechnik und Betriebsorganisation; Planung, Ausbildung, Führung von Führungskräften; Dornburggasse 80, 7400 Oberwart; Tel.: ++43/664/2407686; Fax: ++43/3352/400/2699; E-Mail: [email protected] Oberwart, 2002-05-27 Die diplomierten medizinisch-technischen Fachdienste sind berufsrechtlich zur Durchführung von elektro-neuro funktionsdiagnostischen und kardiopulmonalen funktionsdiagnostischen Untersuchungen nach ärztlicher Anordnung und unter ärztlicher Aufsicht berechtigt. Im Auftrag des Österreichischen Berufsverbandes der diplomierten medizinischtechnischen Fachdienste 1. Problemstellung. In Ergänzung des Gutachtens vom 22. 11. 2001 zur berufsrechtlichen Abgrenzung der Berufsbilder des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege und des medizinisch-technischen Laboratoriumsdienstes, soll nunmehr die Frage untersucht werden, inwieweit der diplomierte medizinisch-technische Fachdienst berufsrechtlich legitimiert ist, elektro-neuro-funktionsdiagnostische und kardiopulmonale funktionsdiagnostische Untersuchungen durchzuführen (vgl Allmer; G.: Die eigenverantwortliche Durchführung von elektro-neurofunktionsdiagnostischen und kardio-pulmonalen funktionsdiagnostischen Untersuchungen ist eine Vorbehaltstätigkeit des medizinisch-technischen Laboratoriumsdienstes, http://www.mta-verband.at/down/dokumente.htm). Die Sachverständige wiederholt die Problemstellung des dieser berufspolitischen Diskussion zugrundeliegenden Gutachtens insoweit, als der Berufsverband der medizinisch-technischen AnalytikerInnen, aufzeigte, dass es an vielen Abteilungen von Krankenanstalten zur Streichung von funktiondiagnostischen MTA-Planstellen komme, bzw erfolge eine Substitution durch diplomierte Gesundheits- und Krankenschwestern/-pfleger. Darüber hinaus würden funktionsdiagnostische Planstellen nicht mit diplomierten medizinisch-technischen AnalytikerInnen, sondern mit diplomierten Gesundheits- und Krankenschwestern/-pfleger oder auch diplomierten medizinisch-technischen Fachkräften nachbesetzt. Es handle sich dabei um Planstellen im Bereich der kardiovaskulären Funktionsdiagnostik wie, EKG einschließlich Ergometrie, angiologische Funktionsdiagnostik, Ultraschall Labor, um Planstellen im Bereich der pulmonalen Funktionsdiagnostik wie Schlaflabor, Lungenfunktion, um Planstellen im Bereich der elektroneurophysiologischen und neurosonologischen Funktionsdiagnostik, wie EEG, sowie um Planstellen in den Bereichen der gastroenterologischen Funktionsdiagnostik und Point of Care Testing (POCT). Der Österreichische Berufsverband der medizinisch-technischen Fachdienste stellt dazu fest, dass das gegenständliche Gutachten inzwischen berufspolitisch so interpretiert werde, dass die medizinisch-technischen Fachdienste „überhaupt keine 1 Dr. All/Funktiondiagnostische Untersuchungen durch die MTF, Mai 2002 berufsrechtliche Legitimation“ hätten, funktionsdiagnostische Untersuchungen durchzuführen, und beauftragt die berufskundliche Sachverständige eine entsprechende berufsrechtliche Untersuchung vorzunehmen. Ebenso soll im Ergebnis, aus aktuellem Diskussionsanlass, noch einmal auf die berufsrechtliche Abgrenzung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, bezogen auf die eigenverantwortliche Durchführung von funktionsdiagnostischen Untersuchungen eingegangen werden. 2. Grundlagen. Zur Entscheidung der gegenständlichen Frage sind heranzuziehen: 2.1. 2.2. 2.3. 2.4. 2.5. 2.6. 2.7. 2.8. 2.9. 2.10. 2.11. 2.12. 2.13. 2.14. 2.15. 2.16. Das Bundesgesetz über die Regelung der gehobenen medizinischtechnischen Dienste, BGBl 460/1992 idgF; in der Folge: MTD-G. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage dieses Gesetzes 615 der Beilagen zu den Protokollen des Nationalrates 18. GP. Verordnung des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz betreffend die Ausbildung in den gehobenen medizinisch-technischen Diensten, BGBl 678/1993; in der Folge: MTD-AV. Das Bundesgesetz über Gesundheits- und Krankenpflegeberufe, BGBl 1997/108; in der Folge: GuKG. Die 1. Novelle zum BG über Gesundheits- und Krankenpflegeberufe, BGBl 1998/95. Die 2. Novelle zum BG über Gesundheits- und Krankenpflegeberufe, BGBl I 1999/116. Verordnung, betreffend die Ausbildung der Gesundheitsund Krankenpflegeberufe, BGBl 95/1998; in der Folge: GuK-AV. Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste, BGBl 1997/108; in der Folge: MTF-SHD-G. Verordnung betreffend die Ausbildung und Prüfung in den medizinischtechnischen Diensten, II. Teil: Ausbildung und Prüfungen im medizinischtechnischen Fachdienst, BGBl 1974/560. Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 345 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates IX. GP. Das Bundesgesetz über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte, BGBl 1998/169, idgF, in der Folge: ÄrzteG Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage dieses Gesetzes 1386 der Beilagen zu den Protokollen des Nationalrates, 20. GP. G. Allmer, Rechtsgutachten für den MTF-Verband, Dienstrechtliche Verpflichtung der in „Problembereichen“ verwendeten medizinisch-technischen Fachkräfte zur Absolvierung einer medizinisch-technischen Akademie, Oberwart 2000. R. Klimscha – H. Klascha, Das Berufsbild der med-technischen Dienste zwischen Ärzteschaft und Krankenpflegefachdienst, RdM 1997, 10 ff. R. Klimscha – H. Klaschka, Der eigenverantwortliche Tätigkeitsbereich der gehobenen medizinisch-technischen Dienste, RdM 2000, 115 ff. W. Mazal, Rechtsgutachten für den MTF-Verband, über berufsrechtliche Aspekte der Tätigkeit von MTF, Wien 1999/2000. 2 Dr. All/Funktiondiagnostische Untersuchungen durch die MTF, Mai 2002 3. Ergebnis. Der diplomierte medizinisch-technische Laboratoriumsdienst ist berechtigt, sämtliche funktionsdiagnostischen Untersuchungen, entsprechend dem aktuellen medizinwissenschaftlichen Stand, nach ärztlicher Anordnung eigenverantwortlich durchzuführen. Vergewisserungs-, Aufsichts-, Überwachungs- bzw Kontrollpflichten durch den anordnenden Arzt sind generell nicht geboten. Der diplomierte medizinisch-technische Fachdienst ist berechtigt, funktionsdiagnostische Untersuchungen, im Rahmen einfacher medizinischtechnischer Laboratoriumsmethoden, nach ärztlicher Anordnung und unter Aufsicht des Arztes, durchzuführen. Vergewisserungs-, Aufsichts-, Überwachungs- bzw Kontrollpflichten durch den Arzt sind generell geboten und im Einzelfall nachvollziehbar zu machen. Der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege ist berufsrechtlich weder legitimiert funktionsdiagnostische Untersuchen eigenverantwortlich noch unter Aufsicht des Arztes durchzuführen. Der behandelnde Arzt kann sich bei der Durchführung von funktionsdiagnostischen Untersuchungen der „Mithilfe“ der diplomierten Gesundheits- und Krankenschwester/-pfleger bedienen, wenn diese nach seinen genauen Anordnungen und unter seiner ständigen Aufsicht handelt. Anaesthesie- Intensiv- und Dialysepflegefachkräfte sind gemäß § 20 Abs 4 Z 1 und 4 GuKG legitimiert, ua an der Reanimation und Schocktherapie und an der Überwachung und Funktionsaufrechterhaltung der apparativen Ausstattung (Monitoring, Beatmung, Katheter usw), im arbeitsteiligen Teamhandeln, gemeinsam mit dem Anaesthesiologen und Intensivmediziner bzw Facharzt für Dialyse oder Facharzt für Innere Medizin, mitzuwirken. Diplomierte Gesundheits- und Krankenschwestern/-pfleger, die nach einschlägiger Weiterbildung iS § 64 GuKG, an Herzüberwachungsstationen, oder an Sonderkrankenanstalten im kardiologisch rehabilitativen Bereich tätig werden, sind aufgrund ihrer persönlichen Vertiefung ihrer Kenntnisse und Fertigkeiten, insb im kardio-pulmonalen funktionsdiagnostischen Bereich, ebengleich legitimiert, arbeitsteilig mit dem behandelnden Arzt tätig zu werden. Darüber hinaus kann sich der behandelnde Arzt, gemäß § 49 Abs 2 ÄrzteG der Mithilfe von Hilfspersonen bedienen, die nach seiner genauen Anordnungen und unter seiner ständigen Aufsicht handeln. Im Einzelfall würde dies bedeuten, dass die funktionsdiagnostische Untersuchung, zB, ein EKG, vom behandelnden Arzt iS der Durchführungsverantwortung durchgeführt wird, dieser sich der diplomierten Gesundheits- und Krankenschwester iS einer Hilfsperson zur Mithilfe, zB Lagerung des Patienten, Anlegen der Extremitäten- und Brustwandableitungen, Ausdrucken des EKG’s, bedient. Die ständige ärztliche Aufsicht erfordert allerdings die Anwesenheit des Arztes während der Untersuchungen, und ist diesem neben der medizinischen (Befundung) auch die technische Evaluierung vorbehalten. Berufsrechtlich nichtärztliche sind mit „Hilfspersonen“ primär keinesfalls qualifizierte Gesundheitsberufe gemeint, sondern beispielsweise 3 Dr. All/Funktiondiagnostische Untersuchungen durch die MTF, Mai 2002 Ordinationshilfen, oder in Krankenanstalten Operationsgehilfen, die bei diagnostischen und therapeutischen Verrichtungen des Arztes „mithelfen“. Jede berufsrechtliche „Eigenverantwortung“, insb die Einhaltung der Kunstregeln, iS des aktuellen medizin-wissenschaftlichen Standes, bezogen auf die Durchführung einer ärztlich delegationsfähigen Maßnahme, ist ihnen nicht zumutbar (vgl dazu auch W. Mazal, über berufsrechtliche Aspekte der Tätigkeit von MTF, Rechtsgutachten für den MTF-Verband 1999/2000, 3ff). Die Frage der Delegationsfähigkeit einer einzelnen diagnostischen oder therapeutischen Maßnahme, im Rahmen des Berufsbildes eines nichtärztlichen Gesundheitsberufes, hängt nicht nur vom formellen und tatsächlichen Ausbildungsstand des jeweilig Berufsangehörigen, sondern auch davon ab, ob die Durchführung einer solchen Maßnahme gerade durch einen nichtärztlichen Gesundheitsberuf die Gefährdung des Patienten/Klienten erhöhen – Risikoerhöhung – könnte. Der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege hat entsprechend dem formellen Ausbildungsstand nach der Gesundheitsund Krankenpflegeausbildungsverordnung an den einschlägigen Schulen für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege, Schulen für psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege bzw Schulen für Kinder- und Jugendlichenpflege, keine einschlägigen Kenntnisse und Fertigkeiten für die eigenverantwortliche Durchführung von elektro-neuro-funktionsdiagnostische und kardiopulmonalen funktions-diagnostischen Untersuchungen erworben. Im Unterschied zum Berufsrecht, welches das „Können“/“Dürfen“ festlegt, regelt das Dienstrecht das „Müssen“. Ob daher einer Weisung Folge zu leisten ist, ist keine berufsrechtliche, sondern eine dienstrechtliche Frage. Die berufsrechtlichen Regelungen dazu, das ÄrzteG, das MTD-G, MTF-SHD-G und GuKG, dürfen jedoch nicht außer acht gelassen werden und stecken die Grenzen des Weisungsrechtes ab, was besonders aufgrund der oftmals schrankenlosen dienstrechtlichen Weisungsbefugnisse wichtig ist. Hinzu kommt, dass mangels ausdrücklicher vertraglicher Regelung das jeweilige Berufsbild Vertragsgegenstand des einzelnen Dienstvertrages wird. (Vgl insb Stärker, Ärztliche Anordnungsbefugnisse nach dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, RdM, 1998, 3). Dienstrechtlich haben die gehobenen Dienste für Gesundheits- und Krankenpflege im mitverantwortlichen Tätigkeitsbereich – sofern keine gegenteiligen Weisungen in der Hierarchie des Gesundheits- und Krankenpflegedienstes bestehen, zB in Stellenbeschreibungen festgelegt – den Weisungen des anordnenden Arztes – im Rahmen des Berufsbildes des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege - nachzukommen. Da die eigenverantwortliche Durchführung von funktionsdiagnostischen Untersuchungen nicht Bestandteil des Berufsbildes des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege ist, und daher auch nicht in deren mitverantwortlichen Tätigkeitsbereich fällt, ist eine ärztliche Delegation ausgeschlossen, bzw muss der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, diese Leistungserbringung iS der Durchführungsverantwortung im 4 Dr. All/Funktiondiagnostische Untersuchungen durch die MTF, Mai 2002 Selbstschutzinteresse verweigern, was natürlich keinesfalls einer rechtswidrigen Arbeits-/Dienstverweigerung gleichkommen kann. § 49 Abs 3 ÄrzteG ermächtigt den Arzt, im Einzelfall ärztliche Tätigkeiten an Angehörige anderer Gesundheitsberufe, zB Durchführung einer bestimmten funktionsdiagnostischen Untersuchung an die diplomierte medizinisch-technische Fachkraft, zu übertragen, sofern diese vom Tätigkeitsbereich des entsprechenden Gesundheitsberufes umfasst sind. Die ärztliche Aufsicht entfällt, sofern die Regelungen der entsprechenden Gesundheitsberufe bei der Durchführung übertragener ärztlicher Tätigkeiten keine ärztliche Aufsicht vorsehen, was in den berufsrechtlichen Weisungsbeziehungen zwischen anordnenden Arzt und gehobenen medizinisch-technischen Dienst oder gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege grundsätzlich der Fall ist (bis zu der ÄrzteG Nov BGBl I 1997/108, Art IV – die i Zuge der Erlassung des GuKG erfolgte – konnte nach § 22 Abs 3 ÄrzteG 1984 nur „der zur selbständigen Berufsausübung berechtigte Arzt“ im Einzelfall ärztliche Tätigkeiten an Angehörige anderer Gesundheitsberufe übertragen). Der medizinisch-technische Fachdienst umfasst die Ausführung einfacher medizinisch-technischer Laboratoriumsmethoden, einfacher physiotherapeutischer Behandlungen sowie Hilfeleistungen bei der Anwendung von Röntgenstrahlen zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken (vgl § 37 Abs 1 MTFSHD-G). Die gegenständlich angeführten Tätigkeiten dürfen nur nach ärztlicher Anordnung und unter ärztlicher Aufsicht vorgenommen werden (vgl § 37 Abs 2 MTF-SHD-G iVm § 49 Abs 3 ÄrzteG). Der Arzt könne sich bei der Erfüllung seiner Aufsicht im Einzelfall auch des gehobenen medizinisch technischen Dienstes bedienen. So der Präsident der Österreichischen Ärztekammer in einer Stellungnahme vom 17. 05. 2000 an das BM für soziale Sicherheit und Generationen, betreffend die ärztliche Aufsichtsübung gegenüber dem MTF, insb im Nachtdienst (vgl insb Mazal, Rechtsgutachten über berufsrechtliche Aspekte der Tätigkeit von MTF, Wien 1999/2000, 7 ff). Das Berufsrecht der medizinisch-technischen Fachdienste verneint ein derartiges „Subdelegationsansinnen“ der ärztlichen Aufsicht auf nichtärztliche Gesundheitsberufe, hier die gehobenen medizinisch-technischen Dienste, ausdrücklich. Die Heranziehung von medizinisch-technischen Fachdiensten zu darüber hinausgehenden Tätigkeiten – die den medizinisch- technischen Laboratoriumsdienst vorbehalten sind, zB kardiopulmonale Funktionsdiagnostik unter Verwendung nuklearmedizinischer Methoden, – stellt sowohl für die MTF wie auch für den Krankenanstaltenträger als Dienstgeber eine Verwaltungsübertretung dar (vgl § 33 Z 1 und 2 MTD-G; auch Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 345 der Beilagen IX. GP). Dies bedeutet aber nicht, dass die diplomierte medizinisch-technische Fachkraft keine Durchführungsverantwortung trifft. Lediglich ist die MTF – im Rahmen ihrer derzeit geltenden, aus dem Jahre 1961 stammenden, berufsrechtlichen Bestimmungen – keine gesonderte Pflicht zur Einhaltung der „Regeln ihrer Kunst“ auferlegt (vgl insb Mazal, Rechtsgutachten über berufsrechtliche Aspekte der Tätigkeit von MTF, Wien 1999/2000, 7). 5 Dr. All/Funktiondiagnostische Untersuchungen durch die MTF, Mai 2002 Unter „ärztliche Anordnung“ ist keine generelle Delegation ärztlicher Tätigkeiten durch den behandelnden Arzt zu verstehen ist, vielmehr hat die Delegation einer diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen nach eingehender Untersuchung und Beurteilung des Zustandes des Patienten/Klienten durch den Arzt „im Einzelfall“ zu erfolgen. Der „Einzelfall“ bezieht sich auf den jeweiligen Patienten/Klienten und steht als ausdrücklicher und von seiner Wortwahl her unmissverständlicher Wille des Gesetzgebers jeder „allgemeinen Erlaubnis“ – auch durch den Abteilungsvorstand – zur Durchführung von ärztlichen Tätigkeiten entgegen. Die generelle Delegation von an sich ärztlichen Tätigkeiten auf nichtärztliche Gesundheitsberufe, entspricht nicht der gebotenen Sorgfalt in der ärztlichen Berufsausübung und ist generell sorgfaltswidrig (vgl insb § 15 GuKG iVm § 2 Abs 2 MTD-G iVm § 37 Abs 2 MTF-SHD-G iVm § 49 Abs 3 ÄrzteG), da der Arzt seinen Beruf grundsätzlich persönlich und unmittelbar, allenfalls in Zusammenarbeit mit anderen Ärzten auszuüben hat (vgl § 49 Abs 2 ÄrzteG). Ob schließlich eine Tätigkeit als ärztliche Vorbehaltstätigkeit zu qualifizieren ist, ergibt sich daraus, ob sie nur von einem Arzt, der über medizinisch wissenschaftliche Kenntnisse verfügt, beherrschbar ist oder nicht (vgl ua Mazal, Krankheitsbegriff und Risikobegrenzung, 1992, 250). Zusammenfassend ist festzustellen, dass die diplomierten medizinischtechnischen Fachdienste entsprechend ihrer in der Ausbildung erworbenen theoretischen und praktischen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, jedenfalls berechtigt elektro-neurofunktionsdiagnostische und kardio-pulmonale funktionsdiagnostische Untersuchungen, im Rahmen der Durchführung einfacher medizinisch-technischer Laboratoriumsmethoden, nach ärztlicher Anordnung und unter ärztlicher Aufsicht, durchzuführen. 4. Begründung (vgl in Ergänzung insb Allmer; G.: Die eigenverantwortliche Durchführung von elektro-neuro-funktionsdiagnostischen und kardio-pulmonalen Untersuchungen ist eine Vorbehaltstätigkeit des Laboratoriumsdienstes). 4.1. funktionsdiagnostischen medizinisch-technischen Das Berufsbild des diplomierten medizinisch-technischen Fachdienstes. Der medizinisch-technische Fachdienst umfasst die Ausführung einfacher medizinisch-technischer Laboratoriumsmethoden, einfacher physiotherapeutischer Behandlungen sowie Hilfeleistungen bei der Anwendung von Röntgenstrahlen zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken (vgl § 37 Abs 1 MTFSHD-G). Die gegenständlich angeführten Tätigkeiten dürfen nur nach ärztlicher Anordnung und unter ärztlicher Aufsicht vorgenommen werden (vgl § 37 Abs 2 MTF-SHD-G iVm § 49 Abs 3 ÄrzteG). Der Arzt könne sich bei der Erfüllung seiner Aufsicht im Einzelfall auch des gehobenen medizinisch technischen Dienstes bedienen. So der Präsident der Österreichische Ärztekammer in einer Stellungnahme vom 17. 05. 2000 an das BM für soziale Sicherheit und Generationen, betreffend die ärztliche Aufsichtsübung gegenüber dem MTF, insb im Nachtdienst. Das Berufsrecht der medizinisch-technischen Fachdienste verneint ein derartiges „Subdelegationsansinnen“ der ärztlichen Aufsicht auf nichtärztliche 6 Dr. All/Funktiondiagnostische Untersuchungen durch die MTF, Mai 2002 Gesundheitsberufe, ausdrücklich. hier die gehobenen medizinisch-technischen Dienste, Grundsätzlich unterscheidet sich der gehobene medizinisch-technische Dienst vom medizinisch-technischen Fachdienst dadurch, dass die diplomierte medizinischtechnische Analytikerin ohne ärztliche Aufsicht tätig werden darf, während die diplomierte medizinisch-technische Fachkraft zwar eine Durchführungsverantwortung trifft, die Selbstständigkeit der Berufsausübung aber fehlt (vgl ua Radner – Haslinger – Reinberg, Krankenanstaltenrecht, Sonderband Berufsvorschriften, 5084-26; § 49 Abs 3 ÄrzteG). Dies bedeutet aber nicht, dass die medizinisch-technische Fachkraft keine Durchführungsverantwortung trifft. Lediglich ist die MTF – im Rahmen ihrer derzeit geltenden, aus dem Jahre 1961 stammenden, berufsrechtlichen Bestimmungen – keine gesonderte Pflicht zur Einhaltung der „Regeln ihrer Kunst“ auferlegt. (vgl insb Mazal, Rechtsgutachten über berufsrechtliche Aspekte der Tätigkeit von MTF, Wien 1999/2000, 7). Selbstredend sei ausgeführt, das sich der Österreichische Berufsverband der diplomierten medizinisch-technischen Fachkräfte seit Jahren um ein neues, dem aktuellen medizin-wissenschaftlichen Stand entsprechendes Berufsbild bemüht, wodurch insb auch eine klare Abgrenzung der Berufsbilder des gehobenen medizinisch-technischen Dienstes, des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege sowie des medizinisch-technischen Fachdienstes im Rechtschutzinteresse der betroffenen Gesundheitsberufe erfolgen soll. Seit dem Jahre 2000 liegt ein gemeinsamer, mit der Österreichischen Ärztekammer und den VertreterInnen der Berufsverbände des gehobenen medizinisch-technischen Dienstes, über Auftrag des Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen, erarbeiteter Entwurf eines „Spezieller Tätigkeitskatalog der MTF: Laborbereich“ vor (vgl insb BM: GZ: 21.256/2-VIII/B/10/00, Medizinisch-technischer Fachdienst, Protokoll der Sitzung vom 24. und 25.01.2000), der mangels eines neuen Berufsrechtes für den diplomierten medizinisch-technischen Fachdienst, formal rechtlich bislang nicht umgesetzt wurde. Im gegenständlichen Entwurf wird ua eine klare „berufsrechtliche“ Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche zwischen MTA und MTF getroffen. So wird ua die Durchführung von EKG- und EEG-Untersuchungen, mit Ausnahme von Schlaflabor und Epilepsiemonitoring, die Mitarbeit in der kardiopulmonalen Funktionsdiagnostik, ohne Verwendung nuklearmedizinischer Methoden, sowie die Qualitätskontrolle der durch die MTF angewandten Untersuchungsmethoden und die Dokumentation der Ergebnisse, dem „allgemeinen Bereich“ der MTF zugeordnet. 4.2. Ausbildungsbezogene Lerninhalte zur Sicherung der Qualifikation der MTF im Bereich der Funktionsdiagnostik. Tatsache ist, dass das Berufsrecht der medizinisch-technischen Fachdienste aus dem Jahre 1961 stammt (vgl BGBl 102/1961, BGBl 1997/108 idF BGBl I 46/1999) und die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (vgl BGBl 560/1974) des medizinischtechnischen Fachdienstes, nicht dem aktuellen Stand der Medizinwissenschaften entspricht, was die Schulen für den medizinisch-technischen Fachdienst in den letzten zwanzig Jahren bewogen hat, autonom aktuell medizinwissenschaftlich 7 Dr. All/Funktiondiagnostische Untersuchungen durch die MTF, Mai 2002 gebotene Lehrinhalte im bestehenden Curriculum zu ergänzen, bzw das Curriculum dahingehend laufend zu adaptieren. So beinhaltet die Ausbildung in der Funktionsdiagnostik, beispielsweise an der Schule für den medizinisch-technischen Fachdienst am Landeskrankenhaus – Universitätsklinikum Graz, derzeit 26 Stunden theoretische und 40 Stunden praktische Ausbildung mit den Lerninhalten Lungenfunktionsdiagnostik und EKG. Dazu kommen vier Stunden theoretische und vier Stunden praktische Ausbildung in der Endoskopie, sowie die Vermittlung der neurophysiologischen Funktionsdiagnostik im Rahmen der Lehrinhalte in der Anatomie und Pathologie und schließlich 20 praktische Ausbildung in der EEG-Diagnostik. Der neue Lehrplanentwurf für die Ausbildung zur medizinisch-technischen Fachkraft sieht das Unterrichtsfach „Funktionsdiagnostik“ mit insgesamt 90 Unterrichtsstunden ausdrücklich vor, und werden die Lehrinhalte „Pneumologische Funktionsdiagnostik, Kardiovaskuläre Funktionsdiagnostik und Neurophysiologische Funktionsdiagnostik“ ausdrücklich angeführt. Im ersten Ausbildungsabschnitt sind die Lehrinhalte der „Pneumologischen Funktionsdiagnostik“ mit 30 Unterrichtsstunden vorgesehen, die sich insb über die Lerninhalte der Blutgasanalyse, Volumen- und Zeitvolumenmessungen: Pneumotachograph, Spirometer, Bodyplethysmografie, Peakflowmetrie, Ergometrie und Spiroergometrie, definieren. Im zweiten Ausbildungsabschnitt sind die Lehrinhalte der „Kardiovasculären Funktionsdiagnostik“ mit 30 Unterrichtsstunden vorgesehen, die sich insb über die Lerninhalte des Standard-EKG’s, Langzeit-EKG, Mitwirkung bei Belastungs- und Herzkathederuntersuchung sowie Mitwirkung bei Endoskopieund Gastroskopieuntersuchungen, definieren. Im dritten Ausbildungsabschnitt sind die Lehrinhalte der „Neurophysiologischen Funktionsdiagnostik“ mit 30 Unterrichtsstunden vorgesehen, die sich insb über die Lerninhalte des Standard-EEG’s bei Erwachsenen und Kindern, die Registrierung evozierter Potentiale, sowie Elektromyografie und – neurografie, definieren. Dazu sind jeweils zwei Wochen einschlägige praktische Ausbildung, also insgesamt sechs Wochen, in den jeweiligen funktionsdiagnostischen Einrichtungen vorgesehen. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die medizinisch-technischen Fachdienste entsprechend ihrer in der Ausbildung erworbenen theoretischen und praktischen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, jedenfalls berechtigt elektro-neurofunktionsdiagnostische und kardio-pulmonale funktionsdiagnostische Untersuchungen, im Rahmen der Durchführung einfacher medizinisch-technischer Laboratoriumsmethoden, nach ärztlicher Anordnung und unter ärztlicher Aufsicht, durchzuführen. Mag.Dr.iuris Gertrude Allmer Allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige für Gesundheits- und Krankenpflege, Berufskunde, Arbeitstechnik , Betriebsorganisation; Planung, Ausbildung und Führung von Führungskräften. 8 Dr. All/Funktiondiagnostische Untersuchungen durch die MTF, Mai 2002 9