BR Alpha IT Kompaktkurs Folge 10: Strategisches Marketing

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BR Alpha IT Kompaktkurs Folge 10: Strategisches Marketing
Dr. rer pol. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/Europea Business School
1. Einführung und Verständnis des strategischen Marketing
In dem Maße, wie sich auf Produkt- und Dienstleistungsmärkten der Wettbewerb
intensiviert, verschärft sich auch der Kampf um strategische Wettbewerbsvorteile.
Um Unternehmen erfolgreich zu führen, müssen Unternehmen bereits heute
Antworten auf Fragen finden, die ihnen die Kunden und der Wettbewerb morgen
stellen. Vor diesem Hintergrund nimmt die strategische Ausrichtung des
Unternehmens auf erwartete langfristige Marktentwicklungen eine Schlüsselstellung
für den Unternehmenserfolg ein.
Mit dem Siegeszug des Marketing als kundenorientierte
Unternehmensführung hat sich das strategische Marketing - zumindest aus Sicht der
Marketingforschung - zu einem Kernbereich der strategischen Unternehmensplanung
entwickelt. Als langfristige Dimension des Marketing setzt sich das strategische
Marketing mit der Ableitung und Umsetzung von Marketingstrategien als Grundlage
einer planvollen und systematischen Marktbearbeitung auseinander.
Allerdings sieht die betriebliche Realität nicht immer so aus. In der
Unternehmenspraxis ist die Einordnung des strategischen Marketing häufig nicht klar
definiert und die damit verbundenen Fragen nach Aufgaben, Kompetenzen und
Verantwortlichkeiten werden nur zum Teil beantwortet. Darüber hinaus liegen in der
Unternehmenspraxis oft sehr unterschiedliche Vorstellungen bzgl. der Stellung des
strategischen Marketing im Gesamtplanungsprozess der Unternehmen bzw. dessen
Integration in die traditionelle strategische Unternehmensplanung vor. Die Folge:
Reibungsverluste durch umfangreiche Abstimmungs- und Koordinationsprozesse im
Unternehmen und ein Verlust an strategischer Fitness.
2. Strategisches Dreieck und Wettbewerbsstrategien
Das strategische Marketing zielt darauf, dauerhafte Wettbewerbsvorteile für ein
Unternehmen sicherzustellen. Strategische Wettbewerbsvorteile liegen dann vor,
Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003
S. 1
wenn es einem Unternehmen gelingt, seinen Kunden einen höheren Nutzen
anzubieten als dies der relevante Wettbewerb kann. Das Ziel ist, dem Kunden ein im
Vergleich zum Wettbewerb überlegenes Preis-Leistungs-Angebot anzubieten. Wir
sprechen hier auch von einer unique selling proposition i.S. eines einzigartigen
Verkaufsversprechens. Dieser Zusammenhang lässt sich bildlich mit dem Konzept
des sog. strategischen Dreiecks beschreiben.
Chart 1: Strategisches Dreieck
Das strategische Dreieck
Kunde
Eigenes PreisLeistungsAngebot
PreisLeistungsAngebot der
Konkurrenz
Unternehmen
Wettbewerb
Strategischer
Wettbewerbvorteil
Quelle: Diller, 2002
Für die Formulierung einer umfassenden Wettbewerbsstrategie ist die exakte
Kenntnis und strategische Interpretation der drei Eckpunkte eigenes Unternehmen,
Kunde und Konkurrenz unverzichtbar. Um dieses Ziel zu erreichen, muß ein
Unternehmen Marketingstrategien planen und umsetzen. Unter der
Marketingstrategie eines Unternehmens verstehen wir die langfristige Ausrichtung
eines Unternehmens in Bezug auf die kunden- und wettbewerbsbezogene
Entwicklungsrichtung und den darauf abgestimmten Aktionsrahmen zur Erreichung
von Unternehmens- und Marketingzielen. Marketingstrategien üben für das
Unternehmen eine Lenkungsfunktion aus.
Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003
S. 2
Chart 2: Steuerungsfunktionen von Marketingstrategien
Steuerungsfunktionen von
Wettbewerbsstrategien
Ziel
Ziel
Führung
mit Strategien
Führung
ohne Strategien
Quelle: Becker, 1995
Wie das Chart 2 verdeutlicht, stellen Marketingstrategien Grundsatzregelungen im
Unternehmen dar, die erst einen geordneten, zielgerichteten und
betriebswirtschaftlich vertretbaren Einsatz des Marketing i.S. eines optimalen
Ressourceneinsatzes ermöglichen. Sie stecken die Routen ab, auf denen die
Unternehmens- und Marketingziele erreicht werden sollen.
3. Prozess des strategischen Marketing
Strategische Wettbewerbsvorteile setzen spezifische Fähigkeiten und Ressourcen
eines Unternehmens voraus, die im Rahmen eines strategischen
Marketingprozesses zu planen und zu realisieren sind. Das folgende Chart 3 stellt
das strategische Marketing auf Basis eines idealtypischen Prozesses der
strategischen Planung, Durchsetzung und Kontrolle dar.
Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003
S. 3
Chart 3: Idealtypischer Prozess des strategischen Marketing
Prozess des strategischen Marketing
Strategische Planung I
- SGF-Abgrenzung
- strategische Analyse
und Prognose
Kunde
Strategisches
Controlling
Strategische Planung II
- Strategiealternativen
- Strategiebewertung
- strategische Kontrolle
- Frühwarnsysteme
Unternehmen
Wettbewerb
Strategieimplementierung
- Strategieinhalte
- Strategieorganisation
Quelle: in Anlehnung an Benkenstein, 2001
Der beschriebene Prozessverlauf kennzeichnet verschiedene Phasen der Planung,
Durchsetzung und Kontrolle des strategischen Marketing. Im Rahmen der
strategischen Planung geht es zunächst darum, strategische Geschäftsfelder als
Basiselemente des strategischen Marketing festzulegen, ihren Leistungsbeitrag für
den Gesamterfolg des Unternehmens (u.a. Umsatz, Deckungsbeitrag, Cash Flow) zu
analysieren und für die Zukunft zu prognostizieren. Erst auf Grundlage dieser
strategischen Analyse können zukünftig relevante Unternehmens- bzw.
Marketingstrategien eingegrenzt und bzgl. ihres strategischen Erfolgs (strategical fit)
bewertet werden. Nur diejenigen Marketingstrategien, die sich als effektiv i.S. einer
maximalen Unterstützung der Unternehmens- und Marketingziele darstellen lassen,
können auch strategisch umgesetzt werden. Ein optimaler fit führt zum
bestmöglichen Ergebnis.
Im Rahmen der Strategieimplementierung erfolgt die inhaltliche Umsetzung der
gewählten Marketingstrategien in marktgerichtete strategiekonforme
Maßnahmenbündel der Instrumentalbereiche des Marketing, so dass auf dieser
Ebene auch von Preis-, Produkt-, Kommunikations- und Distributionsstrategien
gesprochen wird. Diese sind die Grundlage für die operative Marketingplanung. Die
operative Marketingplanung legt auf Jahresbasis oder unterjähriger
Planungsgrundlage alle Maßnahmen im Bereich der Produktentwicklung,
Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003
S. 4
Markenkommunikation oder dem Vertrieb der Produkte eines Geschäftsfeldes fest,
um die strategischen Vorgaben des Unternehmens für ein strategische Geschäftsfeld
in Firm von Marktanteils-, Umsatz- oder Rentabilitätszielen zu erreichen. Darüber
hinaus haben Marketingstrategien auch organisatorische Konsequenzen für das
Unternehmen. Sie müssen implementiert werden. Dazu können sowohl aufbau- als
auch ablauforganisatorische Anpassungsprozesse im Unternehmen erforderlich sein.
Der Prozess der strategischen Marketingplanung und –umsetzung schließt mit dem
strategischen Marketing-Controlling. In dessen Mittelpunkt steht die Analyse des
Zielerreichungsgrads strategischer Ziele in Form der strategischen Kontrolle. Diese
kann - soweit erforderlich – notwendige Strategieanpassungen einleiten. Eine
besondere Bedeutung kommt sog. strategischen Frühwarnsystemen zu. Sie zielen
darauf ab, strategische schwache Signale zukünftiger Markt- und
Umweltveränderänderungen frühzeitig wahrzunehmen und strategische
Anpassungsprozesse des Unternehmens zu initiieren. Im folgenden soll der Prozess
der strategischen Marketingplanung, - durchsetzung und –kontrolle anhand
ausgewählter Aspekte vertieft werden.
4. Definition, Analyse und Prognose strategischer Geschäftsfelder
Strategisches Marketing beginnt mit der Abgrenzung, Analyse und Prognose
strategischer Geschäftsfelder, sog. SGF. Unter einem strategischen Geschäftsfeld
verstehen wir die gedankliche Zusammenfassung von markt- bzw. kundenbezogenen
Tätigkeitsfeldern einer Unternehmung. Im Rahmen der Markt- und
Geschäftsfeldabgrenzung muss ein Unternehmen die Frage klären, auf welchen
Märkten es tätig sein will und welche Marktsegmente dabei als strategische
Geschäftseinheiten bzw. Geschäftsfelder betrachtet werden. Die zentrale
strategische Frage lautet letztlich: Welches Angebot für welche Zielgruppe?
Angebots-Zielgruppen-Kombinationen werden auch als Strategische Geschäftsfelder
(SGF) bezeichnet (vgl. Chart 4).
Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003
S. 5
Chart 4: Strategische Geschäftsfelder (SGF) und SGF - Portfolio
Strategische Geschäftsfelder (SGF) und
SGF-Portfolio (Beispiel)
Angebotsachse
ITSysteme
Personal
Computer
SGF 2
SGF 1
Privatkunden
Geschäftskunden
Zielgruppenachse
Quelle: in Anlehnung an Mattmüller, 2001
Strategische Geschäftsfelder müssen eindeutig i.S. sog. Produkt-MarktKombinationen mit eigenen wettbewerbstrategischen Chancen und Risiken definiert
sein, sich klar von anderen SGF abgrenzen lassen und ausreichend groß sein, um
eine eigenständige Strategieplanung und –umsetzung betriebswirtschaftlich zu
rechtfertigen. Sie sind ein fundamentaler Baustein des Marktprogramms einer
Unternehmung und werden wesentlich durch die generellen Unternehmensstrategien
auf Gesamtunternehmensebene beeinflusst. Das folgende Chart 5 verdeutlicht dies.
Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003
S. 6
Chart 5: SGF - Portfolio eines Unternehmens
Strategische Analyse und Prognose
(z.B. Portfolio-Analyse, SWOT-Analyse)
SGF-Portfolio und SGF-Strategien
Unternehmensstrategien
(Gesamtunternehmensebene)
SGF-Portfolio des Gesamtunternehmens
SGF 1
SGF 2
SGF n
Strategie
SGF 1
Strategie
SGF 2
Strategie
SGF n
Quelle: in Anlehnung an Mattmüller, 1998
Jedes strategische Geschäftsfeld eines Unternehmens ist Bezugspunkt
marketingstrategischer Ziele und Maßnahmen, für die jeweils spezifische
Marketingstrategien abgeleitet werden müssen. Wie das Chart verdeutlicht ist die
Grundlage dafür die strategische Analyse und Prognose. Dabei geht es darum, die
Unternehmens- und Umweltsituation in bezug auf das jeweilige strategische
Geschäftsfeld zu analysieren, zukünftige Entwicklungen zu prognostizieren und den
strategischen Handlungsbedarf zu erkennen. Dabei kommt der SWOT-Analyse eine
zentrale Bedeutung zu.
Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003
S. 7
Chart 6: Vereinfachte SWOT-Analyse am Beispiel eines IT-Anbieters
SWOT-Analyse am Beispiel IT-Anbieter
• Zunehmende Internetnutzung durch private
Haushalte
• Ansteigende Konsumausgaben für IT-Produkte
• Eintritt neuer, preisagressiver Wettbewerber
• Immer kürzere Produktlebenszyklen steigern
Investitionsaufwand
Stärken
Schwächen
• hohe nationale und internationale Bekanntheit
• Marktführer home market
• Umfassendes Servicenetz
• Relativ schlechte Kostenposition im Vergleich zu
Hauptwettbewerbern
• Mitarbeiterengpässe in der
Softwareentwicklung
Abbauen
Ausschöpfen
Risiken
Begrenzen
Nutzen
Marktgetrieben
Chancen
Unternehmensgetrieben
Quelle: in Anlehnung an Müller-Stewens, 1995
Das Kürzel SWOT steht für die Analyse marktbezogener Chancen und Risiken
(Opportunities/Threats) sowie unternehmensbezogener Stärken und Schwächen
(Strength/Weaknesses) eines strategischen Geschäftsfeldes. Wie das Chart 6
beispielhaft verdeutlicht, geht es darum, sowohl die Chancen und Risiken als auch
die Stärken und Schwächen eines strategischen Geschäftsfeldes als Ansatzpunkt
strategischen Handelns zu nutzen. Konkret heißt dies, Chancen Nutzen und Stärken
abschöpfen, Risiken begrenzen und Schwächen abbauen.
Von zentraler Bedeutung ist es, zu erkennen, welche Wettbewerbsposition ein
Unternehmen erreicht hat und wie diese Wettbewerbsposition zukünftig verändert
werden muß. Im Zusammenhang mit der Planung von Geschäftsfeldstrategien
besitzt die Portfolioanalyse eine hohe Bedeutung. Sie ermöglicht neben der
Diagnose der Ist-Situation strategischer Wettbewerbspositionen auch die Ableitung
von Normstrategien zur Erreichung zukünftiger Marktpositionen. Die Marketingtheorie
und -praxis kennt eine Vielzahl strategischer Portfolioanalysen. Das Marktanteil /
Marktwachstums-Portfolio der Boston Consulting Group (BCG) gehört zu den
klassischen Ansätzen.
Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003
S. 8
Chart 7: BCG Matrix (Aufbau)
Die BCG – Matrix
(Markwachstums-Marktanteils-Portfolio)
Question Marks
Stars
Marktwachstum
hoch
SGF 2
SGF 1
Selektiv vorgehen
Desinvestieren,
liquidieren
Fördern, investieren
Position halten, ernten
SGF 3
SGF 4
Poor Dogs
gering
Cash Cows
gering
hoch
Relativer Marktanteil
Quelle: in Anlehnung an Fink, 2001
Wie das Chart 7 zeigt, analysiert das Produktportfolio strategische Geschäftsfelder
anhand des erzielten relativen Marktanteils sowie des dazugehörigen
Marktwachstums. Die Größe der Kreisflächen entspricht dem jeweiligen
Umsatzbeitrag des SGF´s. Das Management eines Unternehmens kann auf Basis
der BCG-Matrix zu drei wesentlichen Erkenntnissen kommen. Zunächst lässt sich die
strategische Situation der Geschäftsfelder erkennen und analysieren. So sind Stars
Geschäftsfelder, die durch eine hohe Marktattraktivität und eine starke
Wettbewerbsposition ausgezeichnet sind. Zum zweiten können Schlussfolgerungen
über den Finanzbedarf und Cash Flow der SGF`s abgeleitet werden. So dienen Cash
Cows als die wichtigste Finanzquelle eines Unternehmens, da aufgrund des hohen
Marktanteils bedeutende Finanzmittel erwirtschaftet werden können. Zum Dritten
können auf Basis der Positionierung Normstrategien für die Formulierung
strategischer Maßnahmen herangezogen werden.
Diese Geschäftsfeldstrategien lauten im Hinblick auf die Stars fördern und
investieren (Investitionsstrategie), bezogen auf die Cash Cows Position halten und
ernten (Abschöpfungsstrategie), im Hinblick auf die poor dogs desinvestieren bzw.
liquidieren (Desinvestitionsstrategie) und bzgl. der question Marks selektiv vorgehen
(Offensivstrategie, Desinvestitionsstrategie).
Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003
S. 9
5. Ableitung von kunden- und wettbewerbsbezogenen Marketingstrategien
Auf Grundlage dieser geschäftsfeldbezogenen Basisstrategien sind in einem
nächsten Schritt die konkreten Marketingstrategien zur Sicherung, zum Ausbau oder
zur Desinvestition in strategische Geschäftsfelder zu entwickeln und umzusetzen.
Im Rahmen der Marketingstrategieplanung und -umsetzung ist es notwendig,
sowohl das Verhalten gegenüber den Kunden als auch gegenüber den
Wettbewerbsunternehmen festzulegen. Sie erinnern sich an das Strategische
Dreieck!
Chart 8: Bestimmung relevanter Marketingstrategien
Bestimmung relevanter Marketingstrategien
Kundengerichtete
Marketingstrategien
• Marktbearbeitungsstrategie
- differenziert/undifferenziert
• Präferenz-Strategie vs.
Preis-Mengen-Strategie
• Kundenbindungs- vs. Kundengewinnungsstrategie
• Funktionalstrategien
- Preis, Produkt,Kommunikation,
Distribution
Wettbewerbsgerichtete
Marketingstrategien
• Wettbewerbsvorteilsstrategie
- Kostenführerschaft, Qualitätsführerschaft, Innovationsführerschaft
• Kooperations- vs. Konfliktstrategie
• Ausweich- vs. Anpassungsstrategie
• Timingstrategie (Pionier, Folger)
Unternehmen müssen grundlegende Entscheidungen darüber treffen, ob sie einen
definierten Produkt-Markt differenziert, d.h. individuell nach spezifischen
Kundensegmenten oder undifferenziert, d.h. ohne Unterscheidung nach spezifischen
Kundengruppen, bearbeiten wollen. Darüber hinaus ist zu entscheiden, ob die
Kunden durch eine Präferenzstrategie, etwa durch den Aufbau von
Markenpräferenzen, oder durch eine Preis-Mengen-Strategie, d.h. durch die
Weitergabe von Kostenvorteilen an den Kunden i.S. einer Preisführerschaft
(Discounting) angesprochen werden sollen. Vor dem Hintergrund der wachsenden
Bedeutung des Beziehungsmanagement müssen Unternehmen entscheiden,
welchen Stellenwert die Kundenbindung im Vergleich zur Neukundengewinnung
Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003
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besitzt. Alle diese strategischen Entscheidungen schlagen sich letztendlich in den
Funktionalstrategien, d.h. der Gestaltung des Preis-, Produkt-, Kommunikations- und
Distributionsmix nieder.
Mit Blick auf den Wettbewerb haben Unternehmen zu entscheiden, ob ihre
Wettbewerbsvorteile eher in einer Strategie der Qualitäts-, Kosten- oder
Innovationsführerschaft bestehen und wie Wettbewerbsvorteile gegenüber der
Konkurrenz aufgebaut und dauerhaft abgesichert werden können (u.a. durch F&E
Strategien, Innovationsmanagement, Qualitätsmanagement etc.). Darüber hinaus
können sich Unternehmen dem Wettbewerbsverhalten ihrer Konkurrenten durch
Kooperations- oder Konflikt-, Ausweich- oder Anpassungsstrategien stellen. Eine
zentrale Bedeutung kommt gerade auf Technologiemärkten mit einer hohen
Innovationsdynamik der Frage zu, ob das Unternehmen als Pionier oder als Folger
auf den Märkten agieren will und kann. Ein möglichst früher Markteintritt wird i.d.R.
mit entsprechenden Marktanteils- und Gewinnvorteilen belohnt (Pionierrente), setzt
jedoch eine entsprechende Finanzkraft für den Bereich F&E und Schnelligkeit i.S.
eines „short time to market“ voraus.
5. Erfolgsvoraussetzungen
Der Erfolg von kunden- und wettbewerbsbezogener Marketingstrategien wird nicht
zuletzt durch interne Erfolgsbedingungen des Unternehmens gefördert. Dazu
gehören nach allgemeiner Erkenntnis Aspekte der organisatorischen
Implementierung, der strategiekonformen Gestaltung der Unternehmenskultur sowie
des Human Ressource Management, die systematische Abstimmung der internen
und externen Strategieumsetzung sowie ein aktives Schnittstellenmanagement des
Unternehmens.
Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003
S. 11
Chart 9: Interne Erfolgsbedingungen des strategischen Marketing
Interne Erfolgsbedingungen des
strategischen Marketing
Unternehmenskultur/
Human Ressource
Management
Organisatorische
Implementierung
Strategische
Planung I
Strategisches
Controlling
Strategische
Planung II
Strategieimplementierung
Systematisches
SchnittstellenManagement
Abstimmung interne
und externe Strategieumsetzung
Quelle: in Anlehnung an Becker, 1995
Was die organisatorische Implementierung von Marketingstrategien betrifft, so gibt es
keine Standardkonzepte. Im Hinblick auf die konsequente organisatorische
Steuerung von strategischen Geschäftsfeldern bietet sich jedoch eine Führung
strategischer Geschäftsfelder auf Basis strategischer Geschäftseinheiten an.
Unternehmen übersehen häufig die Bedeutung der unternehmenskulturellen
sowie personellen Elemente bei der Realisierung von Marketingstrategien. Strategien
sind nicht nur policy papers für den Vorstand, sondern ihre Philosophie muss von
allen betroffenen Mitgliedern einer Organisation verstanden und internalisiert werden.
Ein Strategie der Qualitätsführerschaft setzt einen unbedingten Qualitätswillen der
Unternehmensführung und aller Mitarbeiter voraus. Das ist das Erfolgsgeheimnis des
japanischen KAIZEN bzw. TQM – Konzepts.
Angesichts eines globalen Kosten-, Qualitäts- und Zeitwettbewerbs sind
Unternehmen auf Dauer nur erfolgreich, wenn es ihnen gelingt, durch ein aktives
Schnittstellenmanagement nicht nur die Marketing-Potenziale zu nutzen, sondern
auch alle anderen Funktionsbereiche, d.h. Beschaffung, Produktion und Logistik
kunden- und wettbewerbsgerecht i.S. eines wertorientierten Prozessmanagements
zu bündeln.
Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003
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Durch den globalen Wettbewerb erhalten neben den diskutierten internen Strategien
auch externe Strategien in Form strategischer Allianzen (z.B. F&E Kooperationen)
oder Merger & Acquisition - Strategien (Aufkauf, Fusionen) immer mehr Bedeutung.
Es ist selbstverständlich, dass die Marketingstrategien eines Unternehmens auf
diese Unternehmensstrategien anzupassen sind.
Literaturhinweise
Becker, J. (1995); Strategisches Marketing, in: Tietz, B. (Hrsg.): Enzyklopädie der
Betriebswirtschaftslehre IV, Handwörterbuch des Marketing, Stuttgart, Sp. 24112425
Benkenstein, M. (1997); Strategisches Marketing, Stuttgart
Kreuz, P./Förster, A. (2002); Strategie: Wie Marketing die Zukunft gestaltet, in:
Absatzwirtschaft, Nr. 7, S.24-29
Mattmüller, R. (2000); Integrativ-Prozessuales Marketing. Eine Einführung,
Wiesbaden
Raffée, H. (1989); Grundfragen und Ansätze des strategischen Marketing, in: Raffée,
H./Wiedmann, K.-P. (Hrsg.): Strategisches Marketing, Stuttgart, S.3-33
Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003
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