Mikroökonomie Begleittext zur gleichnamigen Lehrveranstaltung an der Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie Köln von Professor Dr. Rainer Willeke Universität zu Köln 2 Inhalt I. Vorbemerkung – das Wesen der Mikroökonomie II. Der private Haushalt als Wirtschaftseinheit und Marktteilnehmer III. Die Nachfrage an den Konsumgütermärkten und die Nachfrageelastizität IV. Das Unternehmen als Wirtschaftseinheit und Marktteilnehmer V. Absatz- und Erlösgestaltung VI. Angebot und Nachfrage VII. Veränderungen von Angebot und Nachfrag VIII. Marktformen IX. Gleichgewichtsfindung bei unterschiedlichen Marktformen Anmerkung Es empfiehlt sich, zu den einzelnen Kapiteln dieses Skriptums die entsprechenden Teile des Skriptums zur Vorlesung „Einführung in die Volkswirtschaftslehre“ noch einmal zu lesen. Die zu den Abschnitten dieses Textes „Mikroökonomie“ gehörenden Zeichnungen und graphischen Darstellungen werden im jeweiligen Zusammenhang während der Vorlesung an der Tafel entwickelt 3 I. Vorbemerkung Die „Mikroökonomie“ ist ein Teil der Volkswirtschaftslehre, genauer gesagt, ein Teil der Allgemeinen oder Theoretischen Volkswirtschaftslehre. Das Besondere der Mikroökonomie ist der Ausgangspunkt der Überlegungen. Die Bezeichnung „Mikroökonomie“ läßt das schon erkennen: Mikro heißt klein. Wie beginnen in der Mikroökonomie mit den Einzelwirtschaften, den priv. Haushalten und den Unternehmen. Natürlich ist auch dabei der Blick auf die Volkswirtschaft, auf das volkswirtschaftliche Gesamtsystem gerichtet. Aber die Mikroökonomie geht Schritt für Schritt vor. Sie beginnt mit den Einzelwirtschaften, mit den Planungen und Entscheidungen der Konsumenten und der Unternehmen. Die Mikroökonomie als Teil der VWL bleibt dann allerdings nicht bei der Betrachtung und Analyse dieser Einzelwirtschaften stehen. Sie konzentriert sich vielmehr in den anschließenden Schritten auf das Zusammenwirken und Ineinandergreifen der Einzelwirtschaften in Marktbeziehungen: Es geht um die Planung der Käufe und Verkäufe von Gütern, um Angebot und Nachfrage an den Märkten der Konsumgüter, der Investitionsgüter und der Produktionsfaktoren. Die ersten Schritte in die Mikroökonomie bilden also jeweils eine Theorie des privaten Haushalts (der Konsumeinheiten) und eine Theorie des Unternehmens (der Produktionseinheiten). Dem schließt sich eine Theorie des Zusammenspiels der Haushalte und Unternehmen an, also eine Theorie des Marktes und des Marktgeschehens. Dabei geht es insbesondere um die Erklärung der Preisbildungsprozesse auf den Güter- und Faktormärkten, Märkte, die sehr unterschiedlich aufgebaut sind. Wir unterscheiden deshalb verschiedene Marktformen, und je nach der vorliegenden Marktform müssen 4 die Wirtschafteinheiten – die Haushalte und Unternehmen - als Marktteilnehmer ihre Pläne und Entscheidungen in unterschiedlicher Weise festlegen. Und deshalb ergeben sich je nach Marktform auch unterschiedliche Preisbildungsprozesse. Das Zustandekommen der Preise und der Marktgleichgewichte sieht etwa bei einem Polypol ganz anders aus als bei einem Monopol oder einem Oligopol. Denjenigen, die meine Einführung in die VWL gehört haben, müßte das Gesagte schon irgendwie bekannt vorkommen. Denn die Vorlesung „Mikroökonomie“ erweitert, vertieft und ergänzt die Überlegungen, die auch schon in der Einführung in die VWL angesprochen worden sind. Wir wollen im Folgenden mit der „Mikroökonomie“ aber einen entscheidenden Schritt weiterkommen und das Bild vom volkswirtschaftlichen Netzwerk komplett machen – vom Netzwerk ineinandergreifender Marktbeziehungen. In einigen Vorbemerkungen soll zunächst aber noch einmal kurz die Beziehung zwischen Volkswirtschaft und Volkswirtschaftslehre umrissen werden, um so zu erkennen, was die VWL ist, und was sie uns an Erkenntnissen liefern kann. Dabei wird dann auch die Unterscheidung zwischen der Mikroökonomie und Makroökonomie verständlich. Gegenstand der Volkswirtschaftslehre ist die Volkswirtschaft. Sie zeichnet zunächst ein Bild vom Aufbau und der Gliederung der Volkswirtschaft. Und sie erklärt sodann, wie aus dem Tätigwerden der Glieder – aus den Überlegungen, Planungen und Entscheidungen der Einzelwirtschaften – das Wirtschaftsgeschehen, die Abläufe der Volkswirtschaft ausgelöst werden. Also: Wie kommen die Bewegungen, Veränderungen und Prozesse zustande, die fortgesetzt als volkswirtschaftliches Geschehen ablaufen und zu bestimmten Ergebnissen führen, - die Prozesse der Preisbildung, des 5 Wettbewerbs, der Einkommensverteilung, aber auch der Beschäftigung, der Konjunkturschwankungen und des Wachstums. Wir wollen also erkennen, was in der Volkswirtschaft abläuft und warum es so und nicht anders abläuft. Doch, was ist das überhaupt, die Volkswirtschaft? Als Volkswirtschaft bezeichnen wir ein gesellschaftliches System, ein Gesamtsystem, das aus vielen Teilen, aus vielen Einzelwirtschaften, zusammengesetzt ist. Die Einzelwirtschaften sind die Handlungseinheiten, die Wirtschaftssubjekte, die ihre wirtschaftlichen Verhältnisse planen und gestalten. Das System „Volkswirtschaft“ ergibt sich dann aus dem Ineinandergreifen und Zusammenwirken der Einzelwirtschaften. Denn diese Einzelwirtschaften stehen nicht isoliert da, die Haushalte und Unternehmen sind vielmehr durch zwischenbetriebliche Arbeitsteilung und regelmäßige Austauschbeziehungen miteinander verbunden, sie bilden ein Netz und handeln in einem Netzwerk. Diese Arbeitsteilung und Spezialisierung der Einzelwirtschaften steigert die Produktivität enorm, aber sie haben auch eine Kehrseite. Die Wirtschaftseinheiten können sich nicht mehr selbst versorgen; sie sind auch Gedeih und Verderben voneinander abhängig. Wir haben das aktuell ja in aller Deutlichkeit erlebt. Die zunehmende internationale Arbeitsteilung, das weltweite Zusammenwachsen der Märkte, die wir Globalisierung nennen, hat in den achzigen und neunziger Jahren einen rasanten Wachstumsschub ausgelöst, - von dem vor allen die bislang zurückhängenden Länder Asiens begünstigt wurden: China, Indien, die Rohstofflieferanten wie Rußland, Kasachstan und die Erölförderländer. Der große Vorteil für die entwickelten Industrie- und Dienstleistungsländer, nicht zuletzt für Deutschland, ergab sich aus der sprunghaften Ausweitung der Exportmärkte. In der Finanz- und Konjunkturkrise ab 2007 erlebten wir dann 6 aber die Schattenseite der internationalen Abhängigkeit: der Export schrumpfte besonders stark. Uns traf es hart, weil die deutschen Exporte zum größten Teil aus Investitionsgütern und industriellen Vorleistungen bestehen (Maschinen, Anlagen, Fahrzeuge, Chemieprodukte u. ä.). Aber ist deshalb das System der Arbeitsteilung, besonders der internationalen Arbeitsteilung, falsch, müssen wir die Uhr zurückdrehen? Um Gotteswillen nein. Die Krise läuft aus, gerade die noch in der Entwicklung stehenden Ländern b rauchen Investitionsgüter. Es kann wieder durchgestartet werden. Doch kehren wir zu unserem kleinen Einmaleins der VWL zurück. Ich habe gesagt: die Einzelwirtschaften – die privaten Haushalte und die Unternehmen - verfolgen ihr wirtschaftliches Ziel – ihr streben nach Nutzen oder Gewinn - im Rahmen der Volkswirtschaft als Marktteilnehmer: als Käufer und Verkäufer, als Arbeitnehmer und Arbeitgeber, als Mieter und Vermieter, als Kreditgeber und Kreditnehmer usw. Und, das sahen wir auch schon: Für die Einzelwirtschaften ist es ein ungeheurer Vorteil, daß sie nicht allein stehen, nicht isoliert wirtschaften müssen, sondern in einer Arbeitsteilung stehen, zusammen mit vielen, vielen anderen Wirtschaftssubjekten. Der einzelne Konsument und Produzent agiert im Rahmen der Volkswirtschaft. Ja er ist selber ein Glied der Volkswirtschaft, Glied eines Verbundes, der es den Menschen ermöglicht, ihre einzelwirtschaftlichen Ziele besser und immer besser zu erreichen. Der Erfolg der Einzelwirtschaften, etwa die Höhe des erzielbaren Einkommen, hängt natürlich auch von den eigenen Fähigkeiten und Anstrengungen, aber weitgehend auch vom Erfolg der Gesamtwirtschaft ab, etwa von der Konjunkturentwicklung. Deshalb fragen wir jetzt, was die Volkswirtschaft als Leistungsverbund der Einzelwirtschaften, als Leistungsverbund, in dem wir ja auch alle stehen, bewirken und erreichen soll? Worin liegen das Ziel und der Erfolg der Volkswirtschaft? Bei der Antwort auf diese Frage muß man vorsichtig 7 vorgehen und eine kurzfristige und eine langfristige Betrachtung unterscheiden. Die kurzfristige Betrachtung geht von der jeweils bestehenden, der jeweils aktuell gegebenen Lage der Volkswirtschaft aus. Kurzfristig, und das heißt jetzt im Rahmen der jeweils aktuell gegebenen Bedingungen (Ausstattung mit Produktionsfaktoren, Stand der Technik) müssen die vorhandenen Produktionsmöglichkeiten so weit und so effektiv es geht, ausgenutzt werden, um so die Bedürfnisse der Menschen bestmöglich zu befriedigen. Dieses Optimum unter den jeweils gegebenen Bedingungen herzustellen, wird als die statische Aufgabe der Volkswirtschaft bezeichnet. Haben in dieser Ausrichtung alle Produktionsfaktoren im Ganzen der Volkswirtschaft ihre produktivste Verwendung gefunden, so sprechen wir von der optimalen Faktorallokation. Doch das ist nicht alles, das Ziel der volkswirtschaftlichen Anstrengungen geht weiter. Nicht nur sind die jeweils schon bestehenden Produktionsmöglichkeiten bestmöglich zu nutzten. Diese Möglichkeiten sollen vielmehr verbessert und fortgesetzt ausgeweitet werden - im Interesse einer noch besseren Güterversorgung in der Zukunft. Vor allem die durch Forschung und Entwicklung angestoßenen technische Fortschritte und die fortgesetzten Investitionen in Sachkapital und Humankapital lassen das Produktionspotential der Volkswirtschaft – also den möglichen Umfang der Produktion – größer werden. Durch technische und organisatorische Innovationen und durch Investitionen steigt die Ergiebigkeit im Einsatz der vorhandenen Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital. Das sind die Produktionsfaktoren, die von den privaten Haushalten bereitgestellt und von den Unternehmen nachgefragt werden und die dann in den Produktionsprozessen die Güter schaffen, mehr und bessere Güter. Durch die Bereitstellung und durch den Einsatz der Produktionsfaktoren werden die Leistungen erbracht, für die als Gegenwert die Einkommen bezahlt werden, 8 Einkommen der Haushalte, mit denen der Konsum finanziert wird, und von denen somit die menschliche Bedürfnisbefriedigung abhängig ist. Steigende Produktivität, also Mehrergiebigkeit im Faktoreinsatz, führt zu steigender Güterproduktion und ermöglicht damit entsprechend steigende Einkommen. Dieser Anstieg der Produktion einer Volkswirtschaft – gemessen als realer Anstieg des Brutto-Inlandsprodukts – und dieser Anstieg der Einkommen – gemessen als realer Anstieg des Volkseinkommens pro Kopf – ist das Wirtschaftswachstum. Schwankungen in Und der die Stärke Erscheinung der Konjunktur. Das dabei des im Zeitablauf Wirtschaftswachstums auftretenden bildet die kontinuierliche Wirtschaftswachstum ist getragen vom technischen und organisatorischen Fortschritt und von den fortlaufenden Investitionen in das Human- und Sachkapital. Und diese expansive Entwicklung im Bereiche von Technik und Organisation, die Neuerungen und Verbesserungen sucht, ist auf das engste verzahnt mit einer immer weitergehenden Spezialisierung und Arbeitsteilung. Dazu gehört auch die räumliche Ausweitung der Märkte (EU, Globalisierung). Mit den größeren und immer vielgestaltiger werdenden Märkten entstehen fortgesetzt größere Spielräume für die Arbeitsteilung und für den Güteraustausch. Nun, wenn wir von der Konjunkturschwankungen sprechen, von der Beschäftigung und den Wachstumsaussichten, dann denken wir durchweg an die konkreten Gegebenheiten der Wirtschaft in bestimmten Ländern oder Regionen, in Deutschland etwa oder in anderen Ländern oder in der EU. Wie wird es bei uns weitergehen, und wie sind wir, die Einzelwirtschaften, davon betroffen? Das sind Fragen, die interessieren. Aber um diese praktischen Fragen fundiert beantworten zu können, brauchen wir eine Hilfe, ein Instrumentarium. Wir müssen die Zusammenhänge kennen. Mit welchen 9 Handlungseinheiten und Entscheidungsträgern haben wir es zu tun? Was sind überhaupt Märkte, Marktverschiebungen, Konjunkturschwankungen? Wir brauchen m. a. W. ein Gedankenbild, ein Modell vom Aufbau der Volkswirtschaft und von den Abläufen, die das volkswirtschaftliche Geschehen darstellen. Wenn wir deshalb im Weiteren dieser Vorlesung von der Volkswirtschaft und der Marktwirtschaft – also von unserem Erkenntnisgegenstand - sprechen, dann zielen unsere Überlegungen nicht auf einzelne konkrete nationale Volkswirtschaften, nicht auf die deutsche Volkswirtschaft etwa. Wir wollen vielmehr mit dem Begriffen „Volkswirtschaft“ und „Marktwirtschaft“ Gedankenbilder vom Aufbau, von der Gliederung und vom Funktionieren volkswirtschaftlicher Systeme entwickeln. Erst wenn wir so einen fundierten Überblick über den Aufbau einer Volkswirtschaft gewonnen haben, und wenn wie die Prozesse kennen, die zwischen den Gliedern der Volkswirtschaft, also zwischen den Wirtschaftssubjekten, ablaufen, können wir mit Hilfe dieses Instrumentariums an die Wirklichkeit herantreten. Dann können wir darangehen, das konkrete Geschehen in einzelnen Ländern und Ländergruppen zu erfassen, zu analysieren und zu erklären, - etwa den Preisverfall bei Gebrauchtwagen infolge der Abwrackprämie oder ein verdächtiges preistreibendes Wettbewerbsverhalten der Kraftstoffanbieter in der Ferienzeit oder die offenen Fragen zur Ordnung des Bankensektors und zur weiteren Entwicklung von Konjunktur-, Beschäftigung und Wachstum. Diese grundlegenden Begriffe, diese Modellüberlegungen über den Aufbau des Wirtschaftssystems und dieses Instrumentarium, mit denen wir die wirtschaftlichen Zusammenhänge ableiten, bietet uns die theoretische Volkswirtschaftslehre. Diese Wissenschaft gliedert sich nun in zwei Betrachtungs- und Vorgehensweisen, man kann auch sagen, in zwei Methoden, mit denen die Volkswirtschaft und das volkswirtschaftliche Geschehen anvisiert, erfaßt und erklärt wird: Nämlich in die Mikroökonomie 10 und die Makroökonomie. Das sind aber nicht etwa zwei voneinander abweichende, sich widersprechende Theorien. Es handelt sich vielmehr um zwei verschiedene Betrachtungsweisen, um zwei verschiedene Blickwinkel, aus denen der angesprochen gleiche wird. Es Gegenstand, sind dies eben zwei die „Volkswirtschaft“, Betrachtungsweisen, die zusammengehören und die sich ergänzen. Das ist nicht schwer zu erkennen. Die baut Mikroökonomie das System „Volkswirtschaft“ aus seinen Bestandteilen, aus seinen Gliedern, zusammen: Sie geht von den privaten Einzelwirtschaften aus, sie erklärt das Verhalten der privaten Haushalte und die Planungen und Entscheidungen der Unternehmen (Konsumtheorie und Produktionstheorie). Dabei betrachtet die Mikroökonomie die Einzelwirtschaften aber nicht als isolierte Einheiten, sondern in ihrer wechselseitigen Abhängigkeit. Denn sie berücksichtigt sofort, betrachtet und analysiert die Marktbeziehungen, die zwischen den Einzelwirtschaften ablaufen, Einzelwirtschaften als Marktteilnehmer – als Anbieter und Nachfrager. Und genau das ist auch der Kern, der Schwerpunkt der Mikroökonomie: die Prozesse der Preisbildung, der Preisbildung auf den Güter- und Faktormärkten. Und dabei geht es nicht nur um das jeweilige Zustandekommen der Preise, sondern auch um die weiteren Auswirkungen der Preishöhe auf die Angebots- und Nachfrageplanung. Die auf den Märkten zustande kommenden Preise steuern den Einsatz der Produktionsfaktoren, steuern die Ausrichtung der Produktion und dabei auch die Bildung und Verteilung der Einkommen. Denn auch die Einkommensverteilung basiert auf einer Preisbildung; sie ergibt sich aus der Preisbildung für Produktionsfaktoren (Lohn, Zins, Grundrente). Kurz zusammengefaßt können wir festhalten: Die Mikroökonomie betrachtet das arbeitsteilige, über Märkte gehende Ineinandergreifen der Einzelwirtschaften mit den Theoriebereichen des Konsums, der Produktion, Einkommensverteilung. der Marktpreisbildung und der 11 Die Makroökonomie (Makro → Wirtschaft im Großen) betrachtet demgegenüber die Volkswirtschaft sofort als einen Gesamtzusammenhang, als ein integriertes Kreislaufgefüge, gleichsam aus der Vogelperspektive. Die Einzelwirtschaften werden zu Sektoren zusammengefasst (Gesamtkonsum, Gesamtinvestition, gesamte Staatsaktivitäten, gesamter Export- und Import). Die Ausgangs- und Endpunkte des Kreislaufgeschehens sind hier, in der makroökonomischen Theorie, also nicht die einzelnen Wirtschaftssubjekte – nicht die einzelnen Haushalte und Unternehmungen – sondern die genannten großen Sektoren der Volkswirtschaft: Der Gesamtkonsum, die Gesamtinvestition, die gesamten staatliche Einnahmen und –ausgaben und die zusammengefassten makroökonomischen Außenwirtschaftsgrößen, Ansatz die Kraftpole, - das zwischen sind denen im die Leistungsströme (= Güterströme) und die Zahlungsströme (= Geldströme) ablaufen. Die Volkswirtschaft wird hier also nicht als Netzwerk der Einzelwirtschaften angesprochen, sondern als ein System von volkswirtschaftlichen Gesamtgrößen und von Abhängigkeiten (Funktionen) zwischen diesen Gesamtgrößen - etwa C = f(Y) oder I = f(ΔY,i,T) = makroökonomische Konsumfunktion und makroökonomische Investitionsfunktion. Die einzelwirtschaftlichen Vorgänge von Angebot und Nachfrage – also die Handlungen der Wirtschaftssubjekte – sind damit zusammengefaßt (aggregiert) zu den Größen „Gesamtkonsum“, „Gesamtinvestition“, „gesamte Staatseinnahmen und Staatsaugaben“, „Gesamtexport und Gesamtimport“. Diese makroökonomische Theorie der Kreislaufzusammenhänge benutzen wir besonders bei der Erklärung der Konjunkturschwankungen, Wachstumsstärke und der Inflationsursachen. der 12 Die Blickrichtung der Mikroökonomie geht demgegenüber – um es noch einmal zu sagen - von unten nach oben. Sie beginnt mit den Einzelwirtschaften – den Haushalten und Unternehmen. Sie analysiert die Ziele, Pläne und Entscheidungsaufgaben dieser Einzelwirtschaften. Das ist der Startpunkt: Einmal die Theorie des Haushalts (Konsum) und dann die Theorie der Unternehmen (Produktion). Doch bei dieser Analyse dieser Analyse der Einzelwirtschaften bleiben wir nicht stehen. Die Haushalte und Unternehmen werden vielmehr sofort in ihrer marktwirtschaftlichen Verknüpfung und Einbindung betrachtet: eben als Marktteilnehmer - als Anbieter und Nachfrager auf den Gütermärkten und auf den Faktormärkten (z.B. auf dem Arbeitsmarkt). Den Ausdruck „Mikroökonomie“ darf also nicht mißverstanden werden. Wir gehen zwar von den Einzelwirtschaften aus, aber wir betrachten sie nicht isoliert, sondern als Marktteilnehmer. Und wir machen dabei den entscheidenden Schritt: Wir betrachten und analysieren das Aufeinandertreffen der Wirtschaftseinheiten als Verkäufer und Käufer auf den Märkten; wir erklären damit das Zustandekommen der Preise und beobachten den Wettbewerb und die Auswirkungen der Preishöhe auf die weitere Gestaltung von Angebot und Nachrage. Im Mittelpunkt der Mikroökonomie stehen also die Erscheinungen Märkte, Preisbildung und Wettbewerb. Die Mikroökonomie bietet damit im Blick auf die Wirtschaftspolitik die Basis für die Wettbewerbspolitik, für die Industrie- und Strukturpolitik, für Teile der Außenhandelspolitik (Zölle, Subventionen) und ähnlich Problemfelder. Da in der Mikroökonomie die Aktivitäten von Unternehmen als den Produktionseinheiten eine wesentliche Rolle spielen, ergeben sich ganz natürlich Überlappungen mit der Betriebswirtschaftslehre. Der Unterschied liegt aber im Folgenden. Die Mikroökonomie betrachtet die Unternehmen, wie schon gesagt, primär als Marktteilnehmer, - denn wir sind in der VWL an den 13 Marktprozessen und Marktwirkungen interessiert. Für die BWL ist dagegen das Unternehmen oder der Betrieb mit allen ihren Erscheinungsformen, Tätigkeiten und Funktionen der Erkenntnisgegenstand, wobei aber natürlich auch in der BWL das marktwirtschaftliche Umfeld und die markwirtschaftliche Einbindung der Unternehmen berücksichtigt werden. Es gibt leider einige wenige Begriffe und Bezeichnungen, die in der BWL und in der volkswirtschaftlichen Mikroökonomie unterschiedlich verwendet werden – z. B. die Bezeichnung der Produktionsfaktoren oder der Begriff des Kapitals. In diesen wenigen Fällen werde ich in dieser Vorlesung deutlich auf die Unterschiede aufmerksam machen. Mit diesen einleitenden Überlegungen habe ich auch schon das Arbeitsprogramm der Lehrveranstaltung kenntlich gemacht. Wir beginnen mit der Theorie des privaten Haushalts (Erwerbs- und Konsumplanung) und der Theorie des Unternehmens (Produktionsplanung). Dem schließt sich die Lehre vom Markt, vom Marktgeschehen, im Wesentlichen also die Lehre von der Preisbildung und den Preiswirkungen an. Wir betrachten das Zustandekommen der Preise und die Wirkungen der Preishöhe auf die weitere Gestaltung von Angebot und Nachfrage und zwar auf der Grundlage der verschiedenen Marktformen. Auf dieser Basis schließlich können wir auch einige wesentliche Fragen der Einkommensbildung Einkommensverteilung aufgreifen. II. Der private Haushalt als Wirtschaftseinheit und Marktteilnehmer und 14 a) Allgemeines Der private Haushalt ist, kurz formuliert, die Wirtschaftseinheit der Konsumplanung. Zu diesem Zweck hat er zwei ineinandergreifende Aufgaben zu lösen. Es geht einmal um die Planung der Einkommenserzielung und dann um die Planung der Einkommensverwendung. Die Einkommensverwendung, das ist dann im westlichen die Beschaffung, also der Einkauf von Konsumgütern für die Bedürfnisbefriedigung, und zudem auch die Planung von Ersparnissen. Umfassend gesagt, besteht die wirtschaftliche Aufgabe des Haushalts darin, im Rahmen der jeweils verfügbaren Mittel die Bedürfnisse des Haushalts bzw. der Haushaltsmitglieder bestmöglich zu befriedigen. Wie der Haushalt konkret aussieht, wie er zusammensetzt ist, das bleibt in der theoretischen Betrachtung unberücksichtigt. Die Mikroökonomie unterscheidet also nicht weiter zwischen Familienhaushalten, Single-Haushalten usw. Der Haushalt der Theorie ist vielmehr eine abstrakte Wirtschaftseinheit. Diese hat die Aufgabe, sich pro Zeiteinheit (ZE) = Planungsperiode bestimmte Mittel zu beschaffen (Erwerbsplan), über die dann zielgemäß verfügt werden muß (Konsumplan). Zielgemäß heißt, die verfügbaren Mittel sind n der Art und Weise zu verwenden, daß für den Haushalt das höchstmögliche Versorgungsniveau erreicht wird. Dieses wirtschaftliche Ziel des privaten Haushalts wird Nutzenmaximierung genannt . Nun, private Haushalte – das sind wir alle, in unserer Eigenschaft als Konsumenten. Um unseren Güterbedarf zu decken, müssen wir planen und entscheiden. Gewiß, die Pläne und Entscheidungen der privaten Haushalte sind in aller Regel nicht so groß und komplex wie die Pläne von Unternehmungen. Trotzdem ist und bleibt es aber so, daß die 15 Bedürfnisbefriedigung der Menschen durch eine planmäßige Verwendung von Konsumgütern das Ziel ist – das eigentliche und letzte Ziel allen Wirtschaftens. Sicherlich, die Güternachfrage eines einzelnen Haushalts ist im Ganzen der Volkswirtschaft als Größe unwesentlich. Aber die Nachfrage aller Haushalte zusammengenommen – also der Gesamtkonsum – ist der mit Abstand größte Block der volkswirtschaftlichen Gesamtnachfrage. Das deutsche BIP dient in der Verwendung zu fast 60% dem privaten Konsum – dagegen beträgt der Staatsverbrauch kapp 19%, die Gesamtinvestition 17 – 18% und der Außenbeitrag (der Exportüberschuß) 4 – 5%. Diese Größenordnung des volkswirtschaftlichen Gesamtkonsums – fast 60% macht es verständlich, daß in den zurückliegenden Jahren und auch zur Zeit bei der Beobachtung der Konjunktur mit besonderer Aufmerksamkeit auf die Konsumentwicklung – etwa auf die Umsatzzahlen des Einzelhandels geachtet wird. Der private Haushalt – so sagte ich – ist die Planungseinheit des Konsums. Dabei steht vor dem eigentlichen Konsum, dem Konsumieren, die Nachfrage nach Konsumgütern. Die Konsumgüter müssen ja beschafft – in der Regel gekauft – werden, bevor sie dem Konsum zugeführt werden können, - dem Verbrauch oder dem Gebrauch der Güter. In der Mikroökonomie ist der Haushalt deshalb ein Marktteilnehmer, hier ein Nachfrager, ein Käufer von Konsumgütern. Wenn wir von Konsumplanung sprechen, dann meinen wir damit in der Regel nicht die Planung der Konsumakte, nicht etwa die Planung der Essvorgänge, sondern die Einkaufsplanung für Konsumgüter. Die Konsumplanung führt also zu Marktentscheidungen. Und diese Planung der Einkäufe muß dann so gestaltet werden, daß sich durch die anschließende Verwendung der Konsumgüter – also durch den eigentlichen Konsum - die höchsterreichbare Bedürfnisbefriedigung ergibt. „Höchsterreichbar“ – das heißt, auf der Grundlage der verfügbaren Mittel. Gefragt ist damit nach der 16 optimalen Verwendung eines pro Zeiteinheit (pro Planungsperiode) verfügbaren Geldbetrags – der „Konsumsumme“ (KS) – durch bestimmte Nachfrageentscheidungen (Nachfrageentscheidungen ist gleichbedeutend mit Kaufentscheidungen). Frage dann: Wovon hängt die Größe der Nachfrage des Haushalts nach den verschiedenen von ihm gewünschten und in die Planung einbezogenen Konsumgütern ab? Welche Einflußfaktoren beherrschen die Kaufentscheidungen? Wovon hängt es ab, ob der Haushalt diese oder jene Menge des einen und des anderen Konsumgutes nachfragt? Die Antwort auf diese Frage kann zunächst vereinfacht werden, indem angenommen wird, daß die Konsumsumme, also der Geldbetrag, den der Haushalt pro ZE für Konsumgütereinkäufe einsetzen kann und will, eine für die Einkaufplanung gegebene Größe ist. Wir werden aber sehen, daß die Höhe des Einkommens und – davon abgeleitet die Höhe der Konsumsumme nicht einfach gegebene Größen sind, sondern selber geplant und erwirtschaftet werden müssen, nämlich durch den Einsatz der dem Haushalt verfügbaren Produktionsfaktoren gegen Entgelt. Das ist der Erwerbswirtschaftsplan des Haushalts, mit dem das Einkommen angestrebt wird. Doch von dieser Aufgabe, der Aufstellung des Erwerbswirtschaftsplans, sehen wir jetzt im ersten Schritt einmal ab. Wir unterstellen zunächst einmal, um den Überblick einfach zu halten, daß die pro ZE einsetzbare Konsumsumme feststeht, für den Haushalt ein Datum ist. Wenn ferner angenommen wird, daß auch die Bedürfnisstruktur des Haushalts, also die Präferenzen gegenüber den zum Kauf angebotenen Gütern, festliegen und sich in der betrachteten Zeitpanne auch nicht ändern, dann hängt die Planung der Konsumgüternachfrage ausschließlich von der Höhe der für den Erwerb der 17 Güter zu zahlenden Preise ab. Frage wir so, mit den genannten Vereinfachungen, nach der Nachfrage in bezug auf ein bestimmtes Gut, dann spielt vor allem der Preis dieses betrachteten Gutes eine wesentliche Rolle. Mitbedeutet sind aber auch die Preise anderer Güter, wenn diese gegenüber dem betrachteten Gut entweder Substitutionsgüter oder Komplementärgüter sind. Darauf komme ich gleich zurück. Die wesentlichen Einflußfaktoren der Konsumgüternachfrage eines Haushalts sind damit genannt: 1. Die Konsumsumme, die in der Regel vom verfügbaren Einkommen abgeleitet wird; 2. die Preise der Güter, die in die Einkaufsüberlegungen des Haushalts einbezogen werden, und 3. der subjektive Faktor, die Bedürfnisstruktur oder – was das Gleiche bedeutet – die Stärke der Präferenzen gegenüber den in der Planung berücksichtigten Gütern. Wir fassen diese drei Einflußfaktoren in der einzelwirtschaftlichen Konsumfunktion zusammen: c = f(P1, P2 … Pn; KS; B) Damit sind die drei Faktoren genannt, welche die Nachfrage der Haushalte nach Konsumgütern und damit deren Konsumplanung bestimmen. Frage wir jetzt im nächsten Schritt nach der Nachfrage, die sich auf ein bestimmtes Gut, sagen wir auf Gut 1, richtet, dann müssen wir die Bedeutung des Preises dieses Gutes 1 hervorheben und die auf das Gut 1 bezogene Einkaufs- und Konsumfunktion wie folge schreiben: c1 = f(P1; Pp2 … Pn; KS; B) Wir unterscheiden jetzt vier Einflußfaktoren: 1. den Preis des betrachteten Gutes 1; 2. die Preise anderen Güter; die auch auf die Nachfrage nach 18 unserem betrachteten Gut 1 einwirken (das sind die Preise von Substitutionsund Komplementärgütern); 3. die Höhe des Konsumsumme, die in der Regel von verfügbaren Einkommen abhängt und 4. den subjektive Faktor, die individuelle Bedürfnisstruktur. Wenn man den Gesamteinfluß dieser vier Faktoren in ihrer Bedeutung gleichzeitig betrachten und erfassen will, dann ist dies ein ziemlich unübersichtlicher, komplexer Zusammenhang. Die erste, alle Faktoren umfassende Konsumfunktion wird deshalb vereinfacht, wenn die Bedeutung jeweils eines Einflußfaktors herausgehoben und beobachtet werden soll. Dann kann man bei der Überlegung unterstellen, daß sich nur dieser eine Faktor verändert, während die anderen Einflußfaktoren gegeben sind und konstant bleiben. So kann man sich etwa auf die Wirksamkeit des Preises des betrachteten Gutes 1 konzentrieren, und dann bei den weiteren Überlegungen annehmen, daß sich die Konsumsumme, die Preise anderer Güter (Substitutions- und Komplementärgüter) und die Bedürfnisstruktur nicht gleichzeitig auch verändern, sondern konstant bleiben. Man nennt dies Isolationsmethode: Die Ableitung isoliert die Auswirkungen von Änderungen nur eines Faktors. Wir werden später mit einer solchen reduzierten Konsumfunktion arbeiten, bei der wir die nachgefragte Menge eines Gutes nur vom Preise dieses Gutes abhängig sein lassen und die anderen Einflußfaktoren als konstant unterstellen und damit sozusagen auf Eis legen. Diese reduzierte Funktion sieht dann einfach so aus: c1 = f(P1). ceteris paribus (alle anderen Einflußfaktoren gelten als gegeben und konstant ). Doch bevor wir uns der Planung der Konsumgüterkäufe und der Konsumplanung zuwenden, müssen wir noch einige Vorfragen klären. 19 Zunächst und ganz wichtig: Die Annahme einer für die Einkaufsplanung einfach gegebenen Konsumsumme ist für die Analyse der wirtschaftlichen Probleme des Haushalts zu eng. Es muß doch zunächst einmal danach gefragt werden, wie der Haushalt das einsetzbare Einkommen erzielt, und wovon die Höhe des erzielten Einkommens abhängig ist, welches dann die Grundlage für die Festlegung der Konsumsumme bildet. Damit betrachten wir die andere Seite der wirtschaftlichen Aktivitäten des privaten Haushalts, den Einkommenserwerb, den Erwerbsplan. Und dann muß als weitere Vorfrage auch noch die Bildung von Ersparnissen und die Auflösung von Ersparnissen angesprochen werden. Denn das, was der Haushalt in einer Zeitspanne als Konsumsumme einsetzt, ist ja oft nicht das ganze verfügbare Einkommen. Häufig wird ein Teil gespart. Die Konsumsumme ergibt sich dann als verfügbares Einkommen minus Ersparnis. Aber auch das Gegenteil kommt vor: Es wird auf Ersparnisse zurückgegriffen. Dann besteht die Konsumsumme aus dem verfügbaren Einkommen plus aufgelöster Ersparnis. Es gibt noch eine weitere Möglichkeit, die Konsumsumme zu gestalten, die Kreditaufnahme, die Verschuldung. Müssen dann in der Zukunft die Schulden zurückgezahlt werde, dann verkleinert dies die Konsumsumme. Bei solchen Kreditüberlegungen spielen die Höhe des Zinses, die sonstigen Vertragsbedingungen und die Erwartungen über die zukünftige Einkommensentwicklung eine wesentliche Rolle. b) Erwerbsplan: Der Haushalt als Anbieter von Produktionsfaktoren Die Planung der Konsumgütereinkäufe setzt die Verfügbarkeit von Kaufkraft voraus. Dieser Geldbetrag stammt in der Regel aus Leistungseinkommen. Leistungseinkommen erzielt der Haushalt durch die Bereitstellung von 20 Produktionsfaktoren, Arbeit vor allem, u. U. auch Geldkapital (Zinseinnahmen) und Grund und Boden (Miet- oder Pachteinnahmen). Am wichtigsten für die meisten Haushalte ist natürlich die Bereitstellung von Arbeitsleistungen und den Erwerb eines Arbeitseinkommens (Lohn, Gehalt u. Ä.). Die Lohnquote vom Volkseinkommen macht bei uns 65% aus. Rechnet man zu den Arbeitseinkommen der abhängig Beschäftigten noch die Vergütung der Arbeitleistungen der Selbständigen hinzu (man nennt diese Summe dann die Arbeitseinkommensquote), so kommt man sogar auf 73% des Volkseinkommens. Der Anteil der Einkommen aus Vermögen beträgt also nur 27%. Nun, wenn wir so auf die Erwerbsplanung, auf den Einkommenserwerb schauen, dann betrachten wir den privaten Haushalt als Anbieter und zwar als Anbieter von Produktionsfaktoren auf den Faktormärkten (Arbeitsmarkt, Geld- und Kapitalmarkt und Markt für Grund und Boden). Am wichtigsten für die allermeisten Haushalte ist aber – wie schon gesagt - das Angebot von Arbeitsleistungen auf dem Arbeitsmarkt. Wir betrachten hier also die Leistungseinkommen, das sind die Gegenwerte für die Bereitstellung von produktiven Diensten der Faktoren Arbeit, Boden und Kapital. In unserer wirtschaftlichen Realität sind allerdings nicht alle verfügbaren Einkommen solche Leistungseinkommen. Einkommen können auch durch Transferzahlungen der Sozialversicherungsträger, des Staates oder der Kommunen entstehen, also durch Übertragungen etwa in Form von Renten, Pensionen, Sozialversicherungsleistungen, Unterstützungen und Ähnlichem. Von solchen Einkommensübertragungen, so wichtig sie sind, wollen wir im Folgenden aber absehen. Das Wesen und die Bedeutung von Transfereinkommen werden in der Finanzwissenschaft behandelt. Im 21 Folgenden sollen uns nur die fortlaufend im Marktprozeß entstehenden Leistungseinkommen interessieren, also die Einkommen, die der Haushalt als Anbieter von Produktionsfaktoren – als Anbieter von produktiven Leistungen – erzielt. Hier steht der private Haushalt als Leistungsanbieter des Faktors Arbeit den Arbeitgebern, meistens den Unternehmen oder auch öffentlichen Arbeitgebern, gegenüber. Das sind die Nachfrager der Leistungen; für die Dienste zahlen sie Löhne u8nd Gehälter, die den Haushalten als Einkommen zufließen. Ausgangspunkt für die Bestimmung der Versorgungsmöglichkeiten eines Haushalts, d. h. für das Ausmaß der erreichbaren Bedürfnisbefriedigung, ist mithin die Verfügbarkeit von Produktionsfaktoren, nach denen auf den Faktormärkten Nachfrage besteht und für die ein Preis (=Einkommen) gezahlt wird: Lohn für den Faktor Arbeit, Zins für den Faktor Kapital und Grundrente für den Faktor Boden. Verfügt der Haushalt über Produktionsfaktoren bestimmter Art und Qualität in bestimmten Mengen dann lautet die erste Frage: Wieviel der an sich verfügbaren Produktionsfaktoren wird der Haushalt nicht selber nutzen, sondern für die Arbeitsteilung bereitstellen und auf den Faktormärkten anbieten, um Geldeinkommen zu erhalten? Nun, von den insgesamt verfügbaren Faktoreinheiten, die im Prinzip auch bereitgestellt werden könnten – etwa von den bereitstellbaren Arbeitsstunden – wird der Haushalt solange zusätzliche Einheiten zu den herrschen Faktorpreisen an Arbeitsmarkt anbieten, wie das zusätzliche Geldeinkommen höher bewertet wird als die Abgabe weiterer Arbeitsstunden. Verglichen werden also der Nutzengewinn aus dem zusätzlichen Einkommen und die Nutzeneinbuße als Folge von weniger Zeit zur Eigenverwendung (Freizeit). Ähnlich ist es bei den Überlegungen, die das Sparen von verfügbaren 22 Geldbeträgen und die Vermögensbildung betreffen. Hier werden die Nutzeneinbuße durch weniger Gegenwartskonsum (Sparen) und der Nutzengewinn durch mehr Konsummöglichkeiten in der Zukunft (Verwendung von Ersparnissen) miteinander verglichen. Es wird also so lange gespart, wie die zukünftige Verfügbarkeit von Kaufkraft höher eingeschätzt wird als die Verwendung in der Gegenwart (Gegenwartskonsum). Und bei der Bereitstellung von Grundstücken (Immobilien) ist es entsprechend. Hier müssen der Nutzengewinn aus den zusätzlichen Miet- und Pachteinnahmen und die Nutzeneinbuße aus den verringerten Möglichkeiten der Eigennutzung einander gegenübergestellt werden. Es geht also immer um die Gegenüberstellung von zusätzlich erreichbaren Nutzen (zusätzlichres Geldeinkommen) und den dafür in Kauf zu nehmenden Nachteilen (Nutzeneinbußen). Solange der Nutzengewinn aus dem Einkommenszuwachs höher eingestuft wird als die Nutzeneinbuße (weniger Freizeit, weniger Gegenwartskonsum, weniger Eigennutzung von Grundstücken), solange erbringt die Hergabe weiterer Produktionsfaktoren eine Lageverbesserung: ein höheres Versorgungsniveau wird erreicht. Es muß also ein Gleichgewicht angestrebt werden. Dieses Gleichgewicht ist erreicht, wenn eine letzte, zusätzliche Faktoreinheit – etwa eine weitere Arbeitsstunde – im Einkommenserwerb genausoviel Zusatznutzen erbringt, wie an Nutzen verloren geht durch den Verzicht auf eine weitere Stunde Freizeit. Die Bereitstellung weitere Faktoreinheiten würde per Saldo zu einer Verschlechterung der Versorgungslage führe. Weil die Eigennutzung – etwa Freizeit – höher geschätzt wird.. Nun, das klingt wie Theorie und ist es auch. Denn in der Praxis ist die Herstellung dieses Gleichgewichts von Nutzenzuwachs und Nutzeneinbuße 23 nur sehr unvollkommen möglich. Für die theoretisch vorausgesetzten Gestaltungsmöglichkeiten, etwa Arbeitsleistungen mehr oder weniger einzusetzen, gibt es ja bekanntlich zahlreiche Vorgaben und Einschränkungen durch Gesetze, Tarifverträge usw. Das gilt vor allem für den Faktor Arbeit und die Gestaltbarkeit der Arbeitszeiten. Doch ganz starr ist es nicht; selbst beim Faktor Arbeit gibt es Gestaltungsspielräume. (Zweitjob, Überstunden, Schwarzarbeit usw.). Der Grundgedanke ist jedenfalls richtig und der lautet: Der Haushalt bringt solange zusätzliche Faktoreinheiten auf die Faktormärkte, wie der Nutzengewinn aus dem zusätzlichen Geldeinkommen höher geschätzt wird als die Nutzeneinbußen, die mit der Abgabe der Faktoren verbunden sind – weniger Freizeit, weniger Gegenwartskonsum, weniger Eigennutzung von Grundstücken. Soviel zum Erwerbswirtschaftsplan des Haushalts. Die Überlegung und Planung geht, um es noch einmal zu sagen, von der Ausstattung des Haushalts mit Produktionsfaktoren aus und umfaßt dann die bestmöglichen Verwertung dieser Produktionsfaktoren auf den Faktormärkten verglichen mit der Eigennutzung. Ist diese Entscheidung getroffen, dann fließt dem Haushalt pro Zeiteinheit ein Geldeinkommen in bestimmter Höhe zu – als Gegenwert für die Bereitstellung der Faktoren und für deren Einsatz und Nutzung im Produktionsprozeß. Dieses zufließende Einkommen ist das Bruttoeinkommen, und das ist nun allerdings nicht dem verfügbaren oder disponiblen Einkommen gleich (Nettoeinkommen). Im groben Durchschnitt gehen vom Bruttoeinkommen 26% an Steuern und 20% an Sozialabgeben ab, so daß nur wenig mehr als die Hälfte des zufließenden Einkommens tatsächlich verfügbares Einkommen wird. Doch auch dieser Betrag wird oft nicht voll und ganz für Konsumausgaben eingesetzt. Es gehen die Ersparnisse ab. In Deutschland haben wir eine durchschnittliche Sparquote, die zwischen 10 und 13% der 24 verfügbaren Einkommen schwankt. Die für Konsumausgaben geplante Summe kann aber auch über das pro Periode zufließende Einkommen ausgedehnt werden, wenn auf vorhandene Ersparnisse zurückgegriffen wird; wenn, wie man sagt, entspart wird. Durch Sparen und Entsparen kann die Konsumsumme vom zufließenden Einkommen abgekoppelt werden. Also: verfügbares Einkommen einer Periode minus Ersparnisbildung und plus Auflösen von vorhandenen Ersparnissen ergibt die Konsumsumme (KS) dieser Periode. c) Das Konsumgleichgewicht d) Wir können jetzt im nächsten Schritt davon ausgehen, daß der Erwerbsplan einschließlich des Sparplans festgelegt ist und damit die KS für die Konsumplanung eine gegebene Größe bildet. Über diesen Geldbetrag muß der Haushalt pro Zeiteinheit (ZE) disponieren und zwar so disponieren, daß das Ziel erreicht wird, das höchsterreichbare Versorgungsniveau – das Nutzenmaximum – zu realisieren. Die Lösung dieser Aufgabe erfordert zwei miteinander verbundene Entscheidungen: Herzustellen sind gleichzeitig a) das Budgetgleichgewicht (auch Budgetbeschränkung oder Budgetrestriktion genannt) und b) das Substitutionsgleichgewicht. Der erste Schritt, die Darstellung des Budgetgleichgewichts, ist sehr einfach zu erkennen und eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Die Aussage lautet: Die gesamten Konsumausgaben pro Periode (=KS) müssen gleich sein der Summe der geplanten und getätigten Einzelausgaben. M.a.W. die Summe der Ausgaben für die pro Periode geplanten Einkäufe entspricht dem insgesamt 25 für Konsumzwecke geplanten Geldbetrag. (oder, noch schlichter gesagt: Man kann nicht mehr ausgeben, als pro ZE an Geldmitteln zur Verfügung steht.) Formelmäßig zusammengefaßt heißt das: KS = x1 ∙ p1 + x2 ∙ p2 + ….. xn ∙ pn. (x1 bis xn sind die im Einkaufsplan berücksichtigten Konsumgütermengen, p1 bis pn sind die zugehörigen Konsumgüterpreise, Preise mal Mengen ergeben die Ausgaben insgesamt = Konsumsumme.) Das dürfte soweit klar sein. Jetzt kommt die zweite, die schwierigere Frage: Wie wird die KS zwischen den in der Einkaufsplanung berücksichtigten Gütern 1 bis n aufgeteilt? Wie viel wird von Gut 1, wie viel von Gut 2, wie viel von Gut 3, wie viel von Gut n gekauft? – natürlich immer in den Budgetgrenzen der gegebenen KS. - Zur Beantwortung dieser Frage muß man sich zuerst klar machen, daß der private Haushalt, der Konsument, als Käufer einer riesigen Zahl von Alternativen, also von Wahlmöglichkeiten. gegenübersteht. Er kann etwa mehr von Gut 1 einkaufen; damit wird aber Kaufkraft gebunden, so daß nur noch weniger von anderen Gütern eingekauft werden kann. Mehr hier, weniger dort Und das gegenüber einem Angebot, das tatsächlich nicht wirklich voll überschaut werden kann. Doch in jedem Fall ist es so, daß Mehreinkäufe bei dem einen Gut auf Kosten möglicher Einkäufe anderer Güter gehen. Die Alternativen, zwischen denen der Haushalt durch Umschichtungen von Geldmitteln wählen kann und wählen muß, bestehen also im Grunde aus Substitutionsentscheidungen: Von einem Gut eine größere Menge, dann aber kleinere Mengen von einem oder mehreren anderen Gütern. Der Mehreinkauf an einer Stelle geht auf Kosten von Einkaufsmöglichkeiten an anderen Stellen. Ein getätigter Einkauf substituiert andere statt dessen auch mögliche Einkäufe. Die Aufgabe des 26 Konsumenten besteht jetzt darin, in der Einkaufsplanung die Mittel so zu verwenden und festzulegen, daß durch an sich mögliche Mittelumschichtungen (also durch Substitutionen in der Einkaufsplanung) keine bessere Lage und d.h. kein weiterer Nutzenzuwachs mehr erreicht werden kann. Diese anzustrebende Zielsituation des Nutzenmaximums kann man wie folgt beschreiben: Die optimale Verwendung des Geldbetrages der Konsumsumme ist dann erreicht, wenn eine zusätzliche Geldeinheit – ein zusätzlicher € - in allen bestehenden Verwendungsmöglichkeiten den gleichen Nutzenzuwachs erbringen würde. Wäre der erreichbare Nutzenzuwachs bei einer bestimmten Veränderung der Ausgaben größer als der Nutzen aus der bisher getätigten Verwendung, dann würde eine Umschichtung der Mittel von der alten zu einer neuen Entscheidung zu einem Anstieg des Gesamtnutzens führen. Mittel, deren Verwendung einer vergleichsweise niedrigeren Nutzen stiften, müssen umdirigiert werden, zu einer veränderten Verwendung mit höherem Nutzen. Die Bestlage als Gleichgewicht ist dann offenbar erreicht, wenn durch an sich mögliche Umschichtungen von Mitteln, von Geldbeträgen, keine Lageverbesserung mehr erreicht werden kann. Dann ist die optimale Verwendung der Konsumsumme und damit das Nutzenmaximum realisiert. Fassen wir unserer bisherigen Überlegungen und Schlußfolgerungen noch einmal kurz zusammen: Die Einkaufsplanung des privaten Haushalts wird von drei Einflußfaktoren bestimmt: a) von der Größe der Konsumsumme, die sich aus dem verfügbaren Einkommen ableitet; b) von den Preisen der Güter, die in der Einkaufsplanung berücksichtigt werden; und 27 c) von den den Gütern und Güterkombinationen zugemessenen Nutzenstiftungen, die man Präferenzen nennt, und die sich aus der Bedürfnisstruktur des Haushalts ergeben. Von diesen drei Seiten aus können dann auch bestimmte Änderungen des Einkaufsplans ausgelöst werden: (a) durch Änderungen des verfügbaren Einkommens und der Konsumsumme; (b) durch Änderungen bei den für die Einkaufsplanung relevanten Preisen und (c) durch Änderungen der Bedürfnisstruktur und damit der Präferenzen gegenüber den Gütern. Mit solchen Datenänderungen werden wir uns in den nächsten Schritten beschäftigen. d) Die Nachfrage des Haushalts nach einzelnen Gütern Die Bedeutung des Güterpreises Wir haben bis jetzt von dem gesamten Konsumgüterbündel gesprochen, das der Haushalt für eine Zeiteinheit plant und damit über die die insgesamt geplanten Konsumausgaben und deren optimale Aufteilung. Im Folgenden wollen wir die Betrachtung einengen und uns der Nachfrage nach jeweils einzelnen Gütern zuwenden, die Bestandteile des Güterbündels sind. Betrachten wir also irgendein Gut 1. Frage jetzt: Wovon, von welchen Einflußfaktoren hängt die Nachfrage eines Haushalts nach einem bestimmten Gut 1 ab – nach Äpfeln etwa, es können auch Krawatten oder Kinokarten sein? Also die Nachfrage nach irgendeinem Konsumgut, das wir Gut 1 nennen. Daß jetzt der Preis des betrachteten Gutes 1, also P1, eine besondere, herausgehobene Bedeutung für die nachgefragte Menge dieses Gutes 28 haben muß, dürfte klar sein. Je höher der Preis, um so kleiner die Nachfragemenge, vorausgesetzt, daß die übrigen Einflußfaktoren gegeben sind und unverändert bleiben (ceteris paribus). Auf dieses „Gesetz der Nachfrage“ komme ich gleich zurück. Die Bedeutung der Preise von Substitutions- und Komplementärgütern Doch nicht nur der Preis des betrachteten Gutes ist von Bedeutung, auch die Preise anderer Güter können die Nachfrage nach Gut 1 beeinflussen. Das ist, wie wir schon mehrfach gesehen haben, dann der Fall, wenn es sich im Hinblick auf Gut 1 um substitutive oder komplementäre Güter handelt. Die Nachfragefunktion im Hinblick auf Gut 1 lautet dann so; N1 = f (P1, Ps, Pk, KS, B); KS = f(E). P1 ist der Preis des betrachteten Gutes. Ps und Pk sind die Preise von sonstigen Gütern, die auch auf die Nachfrage nach Gut 1 einwirken. Und zwar sind Ps die Preise von substitutiven Gütern und Pk die Preise von komplementären Gütern. Substitutionsgüter sind ähnliche Güter, die dem gleichen Bedarfszweck dienen, also Ersatzgüter, Ausweichgüter, die man an Stelle von Gut 1 verwenden kann: Kartoffeln, Nudeln, Reis etwa oder verschiedene Fleischsorten oder unterschiedliche Obstarten oder auch eine Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln gegenüber einer Fahrt mit dem eigenen Wagen. Frage, wie verändert sich die von Gut1 nachgefragte Menge, wenn bei Substitutionsgütern Preisänderungen eintreten? Nun, sinken die Preise von Substitutionsgütern, werden damit die Ausweichgüter vergleichsweise billiger, dann sinkt die Nachfrage nach dem betrachteten Gut 1. Umgekehrt: Wenn die Substitutionsgüter teurer werden, dann wird das betrachtete Gut 1 im Vergleich preiswerter, und dies läßt die Nachfrage nach diesem Gut ansteigen. Der Effekt – Preisänderung bei 29 Substitutionsgütern bewirkt Mengenänderung bei einem betrachteten Gutes - ist also gleichläufig: Steigt der Preis eines Substititionsgutes, dann steigt die vom betrachteten Gut nachgefragte Menge (das jetzt preisgünstiger geworden ist) und umgekehrt: Sinkt der Preis eines Substititionsgutes, dann sinkt die Nachfrage nach dem betrachteten Gut, (das jetzt ja im Vergleich teurer geworden ist). Anders ist es bei komplementären Gütern. Komplementäre Güter sind Güter, die zusammen, gleichsam als Bündel, nachgefragt werden müssen, weil sie nur im Zusammenwirken den angestrebten Nutzen zu stiften in der Lage sind: Beispiele etwa Auto und Benzin oder Kühlschrank und elektrischer Strom, Rechner und Monitor beim PC usw. Hier ist es logischerweise so, daß bei einem nennenswerten Preisanstieg des komplementären Gutes (z.B. Benzin), nicht nur dessen Nachfrage sinkt, sondern auch die Nachfrage nach dem betrachteten Gut (z.B. Autos), weil die Gesamtnutzung der zusammengehörenden Güter teurer geworden ist. Im allgemeinen, und was die Anzahl der Fälle betrifft, sind die Nachfrageeffekte bei Substitutionsgütern wichtiger als die zwischen Komplementärgütern. Das Vorhandensein von Substitutionsgütern (von Ausweichmöglichkeiten) und das Aufkommen immer neuer Substitutionsgüter sind ja ein ganz wesentliches Element des Wettbewerbs in der modernen Volks- und Weltwirtschaft. Man denke nur an die Instrumente der Elektronik und Kommunikation, wo Jahr für Jahr auf den großen Messen (etwa CEBIT) neue Instrumente, neue Kombinationen und Lösungen mit den vorhandenen, älteren Varianten in Konkurrenz treten. Die Bedeutung von Änderungen der Konsumsumme 30 Das wäre also als erster Punkt, die Bedeutung der Preise für die Nachfrage des Haushalts nach einem bestimmten Gut 1. Wie sieht es nun bei den anderen Einflußfaktoren aus, der Konsumsumme und der Bedarfstruktur? Nun, sehr übersichtlich und sofort einleuchtend ist die Bedeutung des verfügbaren Einkommens Konsumsumme. Bei bzw. der steigendem vom Einkommen Einkommen und abgeleiteten steigender Konsumsumme wird die Nachfrage nach den begehrten Konsumgütern und damit in der Regel auch nach dem betrachteten Gut 1 mit ansteigen und umgekehrt: Eine sinkende Konsumsumme führt in der Regel zu sinkender Nachfrage. Es gibt, beim Einfluß von Einkommen und Konsumsumme, jedoch zwei Ausnahmefälle. Einmal die sog. Sättigungsgüter: Ist das zugrunde liegende Bedürfnis durch die bisher schon nachgefragte Menge voll und ganz gesättigt, dann wird ein Anstieg des Einkommens und des Gesamtkonsums zu keiner weitere Ausweitung der Nachfrage nach diesem Gut führen. Man denke etwa an gewöhnliches Speisesalz oder an Streichhölzer. Hier werden Preisausschläge in halbwegs normalem Umfang kaum Änderengen der Nachfragemenge veranlassen. Schließlich gibt es noch den Fall der inferioren Güter: Dies sind vergleichsweise geringwertig eingeschätzte Güter, höherwertige, aber teurere Substitutionsgüter gibt. zu denen es Pauschalreisen ins Sauerland oder auch nach Mallorca sind gut und schön, aber es sind inferiore Güter gegenüber einer Reise in die Karibik oder Südsee. Oder ein Essen bei McDonald’s ist ein inferiores Gut gegenüber einem Essen in einem Sternerestaurant. Bei solchen inferioren Gütern läuft es umgekehrt zur allgemeinen Regel. Hier ist es so, daß die Nachfrage sinkt, wenn das Einkommen und der Gesamtkonsum in nennenswertem Umfang ansteigen, weil man sich jetzt, auf dem höheren Einkommensniveau, höherwertige – sog. superiore Güter - leisten kann. Soviel zunächst zu Veränderungen von 31 Einkommen und Konsumsumme. Wir kommen bei den Elastizitäten noch einmal auf diese Zusammenhänge zurück. Veränderungen der Bedürfnisstruktur und der Präferenzen Es bleiben bei einem Blick auf die Einflußfaktoren der Konsumgüternachfrage noch der subjektive Faktor, also die Bedürfnisse und deren individuelle Bedeutung, die Bedürfnisstruktur. Auch hier können Änderungen eintreten, und es treten in der Realität ja auch fortgesetzt Änderungen ein: Manche Güter und Gütergruppen gewinnen an Bedeutung und kommen in Mode; andere Güter verlieren demgegenüber an Interesse und Zuspruch. Das bedeutet mit anderen Worten, daß sich die Präferenzen des Haushals gegenüber den Konsumgütern verschieben und eine neue Rangordnung des Bedarfs eintritt. Solchen Veränderungen in der Bedarfsund Präferenzstruktur folgt die Nachfrage gleichgerichtet mit mehr Käufen oder weniger Käufen. e) Das Gesetz der Nachfrage Von den Einflußfaktoren, die wir in der zuerst dargestellten, umfassenden Nachfragefunktion zusammengefaßt haben, besitzt nicht jeder Faktor die gleiche Bedeutung. In den meisten Analysen des Nachfrageverhaltens interessiert in erster Linie der Preis des jeweils betrachteten Gutes; also P1 im Blick auf die Nachfrage nach dem herausgegriffenen Gut 1. Diese direkte Preis-Mengen-Abhängigkeit bildet für das volkswirtschaftliche Geschehen in der Regel den wichtigsten und offenkundigsten Zusammenhang. Die Frage lautet, um es noch einmal zu sagen: Wie wirkt sich die Höhe des Preises eines bestimmten Gutes auf die von diesem Gut 32 nachgefragte Menge aus? Wenn wir so fragen, verkürzen wir die umfassende Nachfragefunktion, von der wir ausgegangen sind, auf: N1 = f(P1). Eine solche Isolierung Zusammenhänge kann zunächst man einmal durchaus vornehmen, möglichst einfach um die darzustellen. Allerdings, wenn wir so die Nachfrage nach einem Gut nur in Abhängigkeit vom Preis dieses gleichen Gutes betrachten, dann muß unterstellt werden, daß die übrigen Einflußfaktoren gegeben sind und unverändert bleiben. (ceteris paribus). Die anderen Faktoren sind nach wie vor in konstant bleibender Stärke wirksam. Aber Veränderungen der nachgefragten Menge sind jetzt einzig und allein durch Preisänderungen des betrachteten Gutes verursacht (Isolationsmethode). Und für diese Abhängigkeit gilt die bekannte, auch von mir eben schon einmal genannte Aussage: Die nachgefragte Menge verhält sich gegenläufig zu Preisänderungen. Sinkt der Preis, dann steigt die Nachfragemenge, steigt der Preis, dann geht die Nachfragemenge zurück. Vorausgesetzt Einflußfaktoren bleiben unverändert. immer: Die anderen Würde etwa der Preis des Gutes ansteigen und gleichzeitig auch das Einkommen und die Konsumsumme größer werden, dann könnte die Wirkung des Preisanstiegs durch den Einkommensanstieg ganz oder teilweise aufgefangen werden. Eine eindeutige Aussage wäre dann nicht mehr möglich. Die Abhängigkeit der von einem bestimmten Gut nachgefragten Menge von der Höhe des Nachfragekurve: Preises dieses Gutes zeigt die Darstellung der 33 Das damit unterstellte Nachfrageverhalten ist plausibel: Preissenkungen regen in der Regel die Kaufbereitschaft an, Verteuerungen mindern die Kaufbereitschaft. Das ist einleuchtend; und von einer solchen Wirkung geht man ja auch durchweg aus. Preissenkungen sollen Käufer anlocken, und bei Preissteigerungen muß man mit einem Nachfragerückgang rechnen. Man hofft vielleicht, daß sich der Verlust an Kundschaft in engen Grenzen hält. Dieses Normalverhalten der Nachfrage – Mengenänderung gegenläufig zur Preisänderung - nennt man wohl das Gesetz der Nachfrage. Zur genaueren Erklärung dieses auch in der Nachfragekurve ausgedrückten Verhaltens kann man zwei Wirkungen der Preisänderung heranziehen und miteinander kombinieren: Den Substitutionseffekt der Preisänderung und den Einkommenseffekt der Preisänderung. Zunächst der Substitutionseffekt: Wird ein bestimmtes Gut billiger, dann sinkt der Preis dieses Gutes auch gegenüber den Preisen substitutiver Güter, und dies bewirkt eine Nachfrageverlagerung zum billiger gewordenen Gut (=Substitutionseffekt). Der Einkommenseffekt kommt hinzu: Die bisher zum höheren Preis nachgefragte Menge kann jetzt – nach der unterstellten Preissenkung – mit einem vergleichsweise kleineren Geldbetrag eingekauft werden. Es bleibt also Kaufkraft über, die zu Mehrkäufen verwendet werden kann und so eine Mehrnachfrage – nach den betrachteten Gut und natürlich auch nach anderen Gütern - auslöst (=Einkommenseffekt). Der Kaufkraftgewinn aus der Preissenkung ermöglicht Mehrnachfrage. Bei einem Preisanstieg läuft es umgekehrt: Ein Nachfrageverlust tritt ein, weil ein Teil der Nachfrage auf im Preis nicht gestiegene Substitutionsgüter abwandert und weil der Preisanstieg Kaufkraft bindet. 34 f) Die Bedeutung der Konsumtheorie Die Überlegungen und Schlußfolgerungen zur Konsumtheorie sind sehr abstrakt. Wir brauchen ja nur an unser eigenes tatsächliches Verhalten zu denken und dies mit den theoretischen Aussagen zu vergleichen. Sicherlich, wir bemühen uns als Konsumenten mit unserem begrenzten Einkommen und mit der entsprechend begrenzten Konsumsumme den bestmöglichen Versorgungsstand zu erreichen. Wir vergleichen auch die bestehenden Alternativen in der Verwendung unseres Geldes und suchen nach der Lösung, die wir als die beste Verwendung einstufen. Aber für die optimale Wahrnehmung der Konsummöglichkeiten bestehen doch wesentliche Einschränkungen. Ich will gar nicht von Steuern und Abgaben sprechen, auch beim verbleibenden Nettoeinkommen gibt es Einschränkungen für die freie Konsumwahl. Viele Ausgaben gehen schon ab, noch bevor man an eine Auswahl der Einkäufe denken kann: Miete, Versicherungsprämien, Schuldzinsen, Raten von Ratenkäufen usw. Was bei den Konsumentscheidungen wirklich zur freien Verfügung steht, ist weniger als das Nettoeinkommen. Wenn wir also unsere Überlegungen näher an die Wirklichkeit heranbringen wollen, dann müssen wir sagen, die KS, über die der Haushalt mit dem Ziel der Nutzenmaximierung frei planen und entscheiden kann, ist kleiner als das Nettoeinkommen. Das gilt besonders bei einer kurzfristigen Betrachtung, wenn etliche Verträge festliegen und sonstige Bindungen bestehen. Auf längere Sicht, über die Jahre hinweg ist das natürlich anders, dann können etliche Ausgabenposten gestaltet und angepaßt werden: man kann sich etwa eine andere Wohnung suchen, man kann Versicherungen 35 kündigen, man kann aus manchen Verträgen aussteigen usw. Diese Dinge sind individuell, von Haushalt zu Haushalt, sehr unterschiedlich. Die Grundgedanken der Konsumtheorie müssen deshalb für die konkrete, praktische Anwendung modifiziert werden. Aber, und das möchte ich jetzt doch betonen, die Grundgedanken und die die wesentlichen Aussagen der Theorie sind zutreffend. Der Haushalt bemüht sich, er ist bestrebt, seine begrenzten Geldmittel angesichts der Vielfalt von Alternativen so zu verwenden, daß das höchstmögliche Versorgungsniveau erreicht wird (= Ziel „Nutzenmaximierung“). Der Haushalt wird dieses Ziel allerdings nie hundertprozentig erreichen, nie voll erreichen können. Er verfügt ja nicht über alle relevanten Informationen. Es fehlt einfach die Zeit, sich alle relevanten Informationen zu verschaffen. Wenn ich in der Apotheke Kopfschmerztabletten kaufe, dann könnte ich diese Tabletten von einer Internetapotheke sicher um 25% billiger bekommen. Wenn ich weiter suche wohl auch um 30 oder 35%. Aber lohnt sich der Zeitaufwand einer solchen Suche, Bestellung und Auslieferung? Wahrscheinlich bleibe ich dann doch bei einer bestimmten Internetapotheke, mit der ich gute Erfahrungen gemacht habe, obwohl ich weiß, daß es anderswo noch etwas billiger geht. Vielleicht wechsle ich aber auch die Quelle, wenn ich einen guten Tip bekommen habe. Möglicherweise bleibe ich aber auch bei meiner alten Apotheke an der Ecke, etwa weil ich Bedenken habe, meine Kreditkartennummer in das Internet zu geben. Das muß jeder selber für sich entscheiden. Und es gibt ja nicht nur ein Entscheidungsfeld, sondern ungeheuer viele. Welchen Telekommunikationsanbieter oder welchen Energieversorger soll ich nehmen? Lohnt sich ein Wechsel? Wären Versorgungs- und Servicerisiken damit verbunden? Habe ich die Zeit und Gelegenheit, mir wirklich voll umfassende und verläßliche Informationen zu verschaffen? Habe ich den 36 Überblick, auch die Sachkompetenz, wo und von wem kann ich mich zuverlässig beraten lassen? Fragen über Fragen, - und das alles neben dem Beruf und neben der VWA. Trotzdem aber ist und bleibt es natürlich richtig, sich so gut es eben geht, einen Überblick über die bestehenden Möglichkeiten zu verschaffen. Und es ist wichtig, die dazu bestehenden Informationshilfen in Anspruch zu nehmen. Die Konsumenten wollen ihr wirtschaftliches Ziel, ihre bestmögliche Versorgungslage erreichen. Sie sind bestrebt, - aber die verfügbare Zeit ist ein knappes, ein sehr knappes Gut. Es bleibt deshalb dabei, wir alle müssen als Konsumenten, als Nachfrager an den Konsumgütermärkten, auf einer unvollständigen Informationsbasis planen und entscheiden. Es kommt noch hinzu. Obwohl der Haushalt in der Regel bestrebt ist, überlegt und vernünftig zu handeln, lassen sich Konsumenten immer wieder einmal zu unbedachten Handlungen verleiten, etwa zu nicht geplanten, im Grunde unsinnigen Spontankäufen. Das kommt immer wieder einmal vor, bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger. Aber, ist deshalb die Wirtschaftstheorie, die ein vernünftiges, rationales Handeln unterstellt, unbrauchbar? Nein, das ist sie nicht. Denn welche Fehler die Wirtschaftssubjekte auch immer machen und auch in Zukunft immer wieder einmal machen werden, ihr Wille, ihr Bestreben gehen sicherlich nicht dahin, solche Fehler zu machen. Ihr Bestreben und ihre Anstrengungen zielen vielmehr darauf, der vernünftigen Zielsetzung zu folgen. Für den Konsumenten heißt dies, das mögliche Nutzenmaximum bei der Verwendung der knappen Mittel, also der begrenzten KS, zu erreichen. Mit unseren Modellaussagen zur Lösung dieses Problems geben wir also keine Fotografie der Realität vom wirklichen Verhalten; aber die theoretischen Aussagen bieten doch eine Annäherung an die Wirklichkeit, indem sie das von den Wirtschaftssubjekten gewollte und angestrebte Verhalten als 37 gegeben unterstellt. Ob eine Theorie dann gut oder schlecht ist, ergibt sich aus ihrer Fähigkeit, das tatsächliche Geschehen in der wirtschaftlichen Wirklichkeit erklären zu können. Also etwa: Wie verhält sich die Konsumnachfrage in einer Volkswirtschaft, wenn in einer bestimmten Situation zu einem bestimmten Zeitpunkt der Rohölpreis abhebt und damit die Preise für Benzin und Heizöl ansteigen oder die Preise für konventionelle Computer und Laptops sinken oder wenn in einer Konjunkturflaute bei ansteigender Arbeitslosigkeit der Gesamtkonsum zurückgeht usw.? Bei solchen und ähnlichen Fragen hat sich die Theorie, so wie sie vorgetragen habe, und die z. T. sicher etwas abgehoben und nicht sehr realistische erscheint, doch als leistungsfähig erwiesen. Wir können nicht unbedingt das Verhalten des einzelnen Konsumenten, aber wir können sehr wohl das Verhalten der Konsumenten im Rahmen der Volkswirtschaft erklären und voraussagen. g) Die Marktnachfrage Unsere bisherigen Überlegungen waren auf die Einkaufplanung des einzelnen privaten Haushaltes ausgerichtet. Damit ist der Typ der Wirtschaftseinheit „Haushalt“ als Nachfrager an Konsumgütermärkten dargestellt und dessen typische Planungs- und Entscheidungsaufgaben kenntlich gemacht. Wir wollen jetzt im nächsten Gedankenschritt Gruppen von solchen Haushalten bilden und diejenigen Haushalte zusammenfassen, die als Nachfrager nach einem bestimmten Gut 1 auftreten, das auf einem bestimmten Markt angeboten wird. Jeder dieser Haushalte kauft entsprechend den beschriebenen Einflußfaktoren eine bestimmte Menge dieses Gutes. (Einflußfaktoren sind der Preis des Gutes 1, die Preise von Substitutions- und Komplementärgütern, die Konsumsumme und die subjektive Bedürfnisstruktur.) Wenn wir jetzt die einzelnen 38 Nachfragemengen aller Käufer zusammenfassen, dann erhalten wir die Größe der Marktnachfrage. Schematisch können wir diese Zusammenfassung der Teilmengen zur Marktnachfrage mit folgender Graphik darstellen: (1, 2. 3). Natürlich umfaßt ein normaler Konsumgütermarkt nicht nur drei Nachfrager; in der Regel wird es eine Vielzahl von Käufern sein. Aber die Schlußfolgerung ist aus dem vereinfachten Beispiel klar erkennbar: Die Marktnachfrage ist die Summe der von den einzelnen Haushalten individuell geplanten Einkaufsmengen. Und die Größe der gesamten Marktnachfrage muß sich bei eintretenden Preisänderungen in der gleichen Weise und in der gleichen Richtung verändern, wie die Nachfrage des einzelnen Haushalts. Also: Wie verändert sich die Marktnachfrage, wenn auf dem betrachteten Markt eine Preisänderung eintritt? Die Marktnachfragekurve faßt die individuellen Entscheidungen der einkaufenden Konsumenten zusammen. alternative Preise – alternative → Zeichnung (Aussagen: Nachfragemengen --- Hinweis: Auseinanderhalten der Fälle a) Veränderungen der Nachfragemenge in Anhängigkeit von Veränderungen des Preises (entlang einer Nachfragekurve) und b) Veränderungen der Nachfrage (Verschiebungen der Nachfragekurve). 39 III. Die Elastizität der Marktnachfrage (direkte Preiselastizität, Kreuz-Preiselastizität, Einkommenselastizität) a) Die direkte Preiselastizität der Nachfrage Der von links oben nach rechts unten fallende Verlauf der Nachfragekurve ist durch das Wahlverhalten der privaten Haushalte plausibel begründet. Allerdings, diese allgemeine Richtungsaussagen – sinkender Preis steigende Nachfragemenge und umgekehrt fallender Preis steigende Nachfragemenge reichen oft nicht aus, um konkrete, auf einen bestimmten Markt bezogene Nachfrageanalysen abzustützen. Es interessiert nicht nur die allgemeine Richtung der Preis-Mengen-Änderung, man möchte auch das genaue Ausmaß kennen, - das Ausmaß, in dem die Nachfragemenge auf bestimmte Preisänderungen reagiert. Also zahlenmäßig: Wie stark genau ist die Reaktion der Marktnachfrage, wenn sich der Preis, der zu zahlen ist, um einen bestimmten Betrag ändert? Mit der so gestellten präzisen Frage ist die Frage nach der Preiselastizität gestellt – genauer: die Frage nach der direkten Preiselastizität der Nachrage. Gegeben sei eine Marktnachfragekurve. (---) Diese gibt, wie schon gesagt, auf den ersten Blick nur einen Richtungshinweis: Je niedriger der Preis, desto größer die nachgefragte Menge und umgekehrt. Tatsächlich zeigt der genaue Verlauf einer Nachfragekurve im Koordinatenfeld aber auch das genaue Ausmaß von möglichen Preis-Mengenänderungen. Jedem Preis entlang der Kurve ist ja eine bestimmte Menge zugeordnet, und jede bestimmte Preisänderung läßt eine ganz bestimmte Mengenänderung erkennen. Fällt der Preis etwa von p1 auf p2 (-∆p) so vergrößert sich die Nachfragemenge von x1 auf x2 (+∆x). Um jetzt das genaue Maß der dieser Preis-Mengen-Änderun anzugeben, muß festgestellt werde, um wieviel Prozent sich die nachgefragte 40 Menge verändert, wenn beim Preis, der zu zahlen ist, eine bestimmte prozentuale Änderung eintritt. Es wird also die ausgelöste prozentuale Mengenänderung auf die sie auslösende prozentuale Preisänderung bezogen. Dieser Ausdruck, dieser Quotient - prozentuale Mengenänderung durch prozentuale Preisänderung - bildet den Wert der direkten Preiselastizität der Nachfrage. Die Formel dazu lautet: - e = ∆x/∆p ∙ p/x. Also: absolute Mengenänderung durch absolute Preisänderung Minuszeichen mal vor Ausgangspreis dem Ausdruck durch besagt, Ausgangsmenge. daß sich entlang (Das der Nachfragekurve Preis und Menge gegenläufig bewegen. Steigt der Preis, so sinkt die Menge; sinkt dagegen der Preis, so steigt die Menge. Preis und Menge verändern sich also gegenläufig.) Den mit dieser Formel berechneten Wert nennt man Elastizitätskoeffizient. Ein Koeffizient von 2 etwa bedeutet, daß die prozentuale Mengenreaktion doppelt so stark ausfällt wie die prozentuale Preisänderung. Sinkt der Preis z. B. um 3%, dann würde die Nachfragemenge um 6% ansteigen In der wirtschaftlichen Realität bestehen hier große Unterschiede. Die Reaktion der Nachfrage auf bestimmte Preisänderungen bei verschiedenen Gütern auf verschiedenen Märkten ist sehr unterschiedlich. Bei Gütern des täglichen Bedarfs – besonders bei Grundnahrungsmittel – ist die Preiselastizität in der Regel sehr gering (deutlich ‹ 1, etwa 0,3 –; das gilt allerdings nur für entwickelte, relativ wohlhabende Volkswirtschaften. In armen Ländern an der Hungergrenze sind die Reaktionen deutlich stärker. Bei Gütern des gehobenen Bedarfs und des Luxusbedarfs kann dagegen auch in den entwickelten Ländern mit einer relativ hohen Elastizität gerechnet werden (› 1). Zudem spielt die Substituierbarkeit des betrachteten Gutes eine ganz wesentliche Rolle: je mehr Substitutionsmöglichkeiten es gibt, desto stärker 41 reagiert die Nachfrage, d. h. desto höher liegt der Elastizitätswert - und umgekehrt: Wenn keine geeigneten Substitutionsgüter (Ausweichgüter, Ersatzgüter) vorhanden sind, dann ist der Elastizitätswert relativ klein. Die Nachfrage kann ja nicht ausweichen, es muß verzichtet werden.. Um die hier – bei der Reaktionsstärke der Marktnachfrage - liegenden, sehr unterschiedlichen Möglichkeiten zu ordnen, werden drei Fälle bzw. drei Elastizitätsfelder unterschieden: 1. Überproportionale Reaktion = elastische Nachfrage (-e Wert ›1). 2. Unterproportionale Reaktion = unelastische Nachfrage (-e Wert ‹1). 3. Der dazwischen liegende Fall einer proportionalen Nachfragereaktion (-e Wert =1). Den ersten Fall – überproportionale Reaktion - hätten wir, wenn etwa ein Preisanstieg um 3% eine Reduktion der Nachfragemenge um 6% auslösen würde. Der zweite – unterproportionale Reaktion - Fall würde vorliegen, wenn die Preissteigerung um 3% nur eine Verkleinerung der Nachfragemenge um 1% auslösen würde. Im dritten Fall – proportionale Reaktion - würde eine Preissteigerung um 3% zu einer Reduktion der nachgefragten Menge um ebenfalls 3% führen. Nun, bei den meisten Gütern des normalen Bedarfs privater Haushalte liegt der Elastizitätskoeffizient in der Nähe von 1. Doch hier eine kurze Anmerkung zur Schreibweise: In manchen Darstellungen wird der Wert des Elastizitätskoeffizienten der Nachfrage mit einem Minuszeichen geschrieben (wegen der Gegenläufigkeit von Preis und Menge). In der von mir vorgezogenen Schreibweise ist das anders. Hier haben wir beim Elastizitätskoeffizienten positive Werte, weil das Minuszeichen zum Symbol 42 auf die linke Seite der Gleichung gebracht ist (-e). Für die inhaltliche Aussagen, für das, was zum Ausdruck gebracht werden soll, spielt die Schreibweise aber natürlich keine Rolle. Beide Schreibweisen sind erlaubt und üblich. b) Die Kreuz-Preiselastizität Bei diesem Elastizitätswert wird danach gefragt, wie sich die Nachfragemenge für ein bestimmtes Gut (Gut 1) verhält, wenn sich der Preis eines anderen Gutes (Gut 2) – eines substitutiven oder komplementären Gutes – in einem bestimmten Umfang ändert. Die Elastizitätsformel lautet hier: ke = ∆x1/∆p2 ∙ p2/x1. Es ist also die gleiche Formel; nur Preis und Menge beziehen sich auf zwei unterschiedliche Güter. Auch bei dieser Beziehung – bei der Kreuzelastizität - gibt es starke und schwache Reaktionen; auch hier können wir gliedern in überproportionale, unterproportionale und proportionale Reaktionen.. Für die Kreuz-Preiselastizität hat man noch eine bestimmte Verwendung. Mit diesem Elastizitätswert kommt zum Ausdruck, ob zwischen zwei Gütern eine substitutive oder eine komplementäre Beziehung besteht, - oder ob für die zwei betrachteten Güter überhaupt keine quantitativ erfaßbarer Nachfragezusammenhang besteht (weder substitutiv noch komplementär). Die Sache ist einfach: Verändert sich der Preis eines Gutes und verändert sich die Nachfragemenge bei einem anderen Gut in der gleichen Richtung, so handelt es sich um substitutive Güter. Steigt etwa der Preis von Butter nennenswert, dann steigt die Nachrage nach Margarine, vorausgesetzt, daß 43 der Margarinepreis unverändert bleibt oder fühlbar weniger stark ansteigt (Gleichläufigkeit). Umgekehrt ist es bei komplementären Gütern. Steigt der Preis eines Komplementärgutes deutlich (z.B. Benzin), dann sinkt die Nachfrage nach dem betrachteten anderen Gut (z.B. Auto). Komplementäre Reaktionen auf Preisänderungen sind oft schwach; sie treten häufig auch erst mit einer gewissen Verzögerung ein. Wenn sich etwa die Preisverhältnisse zwischen den verschiedenen Energieträgern und deren Einsatzmöglichkeiten nachhaltig ändern, dann wird die Nachfrage nach den entsprechenden, verschiedenen Heizsystemen wohl reagieren, - aber natürlich mit Verzögerungen. Eine zunächst immer kostspielige Umrüstung wird erst vorgenommen, wenn sich die Maßnahme insgesamt lohnt auch finanziert werden kann. Die Intensität substitutiver Beziehungen ist dagegen von großer Bedeutung; sie kann auch ganz kurzfristig schon wirksam werden. Preisverschiebungen zwischen Obst- und Gemüsearten wirken gerade im Frühsommer deutlich auf das Nachfrageverhalten ein. Hier, bei Substituten ist die Stärke der Kreuzelastizität ein Maß für die Intensität des Wettbewerbs zwischen konkurrierenden Gütern. Im Extremfall: Würde bei einem in jeder Hinsicht homogenen Oligopol ein Anbieter seinen Preis senken, so würde er die gesamte Marktnachfrage auf sich ziehen, und die übrigen Anbieter würden – wenn sie Preissenkung nicht mitmachen – überhaupt keine Nachfrage mehr finden. Hat der erste Oligopolist ausreichende Kapazitätsreserven, um die Gesamtnachfrage beliefern zu können, dann müssen die mitanbietenden Oligopolisten in jedem Fall ihre Preise ebenfalls senken. Nun, in der Realität bestehen aber meistens heterogene Märkte und unvollkommene Substitute. Auf solchen Märkten würden nach einer Preissenkung eines Anbieters die übrigen Anbieter wegen bestehender Präferenzen nur einen Teil ihrer Absatzmenge verlieren. 44 Nun, stellt man sich die Gütereinkäufe normaler Haushalte vor Augen, dann ist es aber natürlich so, daß zwischen vielen in der Einkaufsplanung berücksichtigten Gütern überhaupt keine erkennbaren Nachfragebeziehungen bestehen. Wenn man ein Paar einfache Sportschuhe kauft, wird das kaum einen Einfluß auf die gewohnte Nachfrage nach Nahrungsmitteln haben. Die Kreuz-Preiselastizität ist dann gleich null. Die beiden Güter sind in der Nachfrageplanung des Haushalts nicht miteinander verbunden. Bei diesem Punkt muß man aber allerdings etwas vorsichtig sein. Denn ganz streng genommen konkurrieren alle Käufe miteinander, weil immer, bei jedem Kauf, ein Teil der begrenzten Konsumsumme verwendet wird, Kaufkraft also, die auch für andere Zwecke hätte eingesetzt werden könnten. Bei etwas größeren Beträgen wird das auch durchaus spürbar. Auf Anhieb würde man nicht sagen, daß eine Urlaubsreise und ein neuer Wintermantel substitutive Güter sind. In der Einkaufsplanung können sie das aber durchaus werden; wenn man sich entscheiden muß und das eine nur auf Kosten des anderen realisiert werden kann. c) Die Einkommenselastizität Neben den Preisen, die zu zahlen sind, wirkt auch die Höhe der Einkommen (bzw. die Größe der von den verfügbaren Einkommen abgeleiteten Konsumsummen) auf die Nachfrage des Haushalts nach bestimmten Gütern ein. c1= f (KS) - ceteris paribus Verändern sich die Einkommen und die Konsumsummen, steht dem Haushalt also mehr oder weniger Kaufkraft zu Verfügung, so führt dies in der Regel zu 45 einer Änderung die nachgefragten Gütermengen. Diese Beziehung wird durch die Einkommenselastizität der Nachfrage gemessen: ε = ∆x1/∆E ∙ E/x (E = Höhe des verfügbaren Einkommens). Bei der Verwendung der Einkommenselastizität ist es üblich vom „Einkommen“ und nicht von der „Konsumsumme“ zu sprechen. Der gemeinte Zusammenhang ist aber der gleiche. In der Regel hat die Einkommenselastizität einen positiven Wert (Gleichläufigkeit). Steigen die Einkommen der Haushalte, die Käufer auf einem bestimmten Markt sind, so steigt in der Regel auch die an diesem Markt nachgefragte Menge. Das Ausmaß dieser positiven Nachfragereaktion auf Änderungen der Einkommen ist bei verschiedenen Gütern und Gütergruppen aber sehr unterschiedlich. Bei höherwertigen, relativ teuren Gütern ist die Reaktion stärker als bei billigeren Gütern des täglichen Bedarfs. Gewöhnliche Grundnahrungsmittel haben in entwickelten Ländern eine Einkommenselastizität von nur etwa 0,2%. Bei Gütern, die nicht viel kosten und bei denen der nach ihnen bestehende Bedarf meistens vollständig gedeckt wird (z.B. Speisesalz, Streichhölzer), ist die Einkommenselastizität gleich = 0 (Sättigungsgüter). Es gibt sogar, ich sagte es schon einmal, „inferiore Güter“ – preisgünstige, aber Gütervarianten, die bei einem nennenswertem weniger hoch eingestufte Einkommensanstieg durch höherwertige, aber auch teurere Güter ersetzt werden. Hier, bei den inferioren Gütern, geht infolge des höheren Einkommens also die Nachfrage zurück; es besteht eine negative Einkommenselastizität (Gegenläufigkeit). Bei steigendem Wohlstand mit im Schnitt steigenden Einkommen nimmt die Zahl der als inferior eingestuften Güter zu. So wird oft einfache Kleidung durch bessere und teurere Kleidung ersetzt oder statt Discounterwein leistet man 46 sich einen Wein vom Fachhändler oder statt der Reise nach Mallorca wird – vielleicht – ein Trip in die Karibik gebucht. IV. Das Unternehmen als Wirtschaftseinheit und Marktteilnehmer a) Einführung Wenn wir uns jetzt den Zielen, Plänen und Entscheidungsaufgaben des Unternehmens zuwenden, wird man zunächst wohl an die ungeheure Vielfältigkeit und Vielgestaltigkeit dieses Wirtschaftssektors denken. Die Unterschiede, die hier bei den Produktionseinheiten bestehen, sind nicht zu übersehen: Es gibt große, mittlere und kleine Unternehmen; es gibt dabei die ganz großen, weltweit tätigen Konzerne, und es gibt den Kiosk an der Ecke. Und alle diese Unternehmen sind in einer kaum überschaubaren Vielzahl von Produktionszweigen und Branchen tätig. Und auch was die Anzahl der von einem Unternehmen Unterschiedlichkeit Zementhersteller hergestellten enorm. Zementhersteller, mit Einproduktunternehmen. Produkte vielen Stellen anbetrifft, auch Standorten wir dem die so ganz sind etwa ist die großen praktisch die großen Pharmaunternehmen gegenüber oder Siemens oder General Electric, um nur ein paar Beispiele zu nennen, da sehen wir Riesenpaletten von Produkten und Produktkombinationen. Kaum vorstellbar, daß der Vorstandsvorsitzende von – sagen wir mal – Nestle oder Unilever, um mal zwei Hersteller von Konsumgütern zu nennen, in der Lage ist, alle einzelnen Produkte seines Konzern aufzuzählen. Doch so interessant und wichtig bei einer Anwendung der Theorie auf die Praxis diese Vielfalt und Unterschiedlichkeit auch ist, beim Aufbau des theoretischen Überblicks, bei der Erarbeitung der 47 Denkinstrumente müssen wir von dieser Vielfalt und Unterschiedlichkeit absehen. Wie der private Haushalt so wird in der Mikroökonomie auch das Unternehmen (bedeutungsgleich „Unternehmung“) als eine abstrakte Wirtschafteinheit betrachtet. Es ist ein Zweckgebilde, dessen Aufgabe darin besteht, im arbeitsteiligen System der Volkswirtschaft die Güterproduktion (=Wertschöpfung) zu planen und zu organisieren und zwar in der Regel mit dem Ziel, eine Überschuß, einen Gewinn, zu erzielen. Es wird bei der Analyse des Produktionsvorgangs also nicht unterschieden nach kleinen und großen Unternehmen, nicht nach Produktionszweigen und Gesellschafsformen. Bei den zur Verdeutlichung der Ableitungen herangezogenen Beispielen wird der Anschaulichkeit wegen gerne die industrielle Produktion (das sog. verarbeitendes Gewerbe) gewählt. Da hat man die Gütererzeugung plastisch vor Augen. Die dabei gewonnenen Feststellungen und Schlußfolgerungen gelten in den Grundzügen aber allgemein; sind auch auf die übrigen Produktionsfelder - einschließlich der erwerbswirtschaftlich orientierten Dienstleistungsbereiche - anzuwenden. „Produktion im volkswirtschaftlichen Zusammenhang“ bedeutet, daß sich das Unternehmen die nach dem gewählten technischen Verfahren in den Planungsperioden benötigten Produktionsfaktoren (Einsatzfaktoren, Inputs) von anderen Wirtschaftseinheiten – von privaten Haushalten und von vorgelagerten Unternehmen – beschafft und zur eigenen Leistungserstellung einsetzt. Die so durch die Kombination der Produktionsfaktoren erbrachten Leistungen (Produktionsmengen, Dienstleistungseinheiten) werden dann weiterverkauft, gegen Entgelt, an private Haushalte oder an andere nachgelagerte Unternehmen (Umsatz, Gewinnung von Erlösen). Die hier als 48 Regelfall unterstellte erwerbswirtschaftliche Ausrichtung bedeutet, daß alle Teilziele des Unternehmens – Beschaffung, Fertigung, Absatz - auf ein meßbares, vergleichbares marktwirtschaftliches Erfolgsziel ausgerichtet sind. Diese Zielsetzung kann in der Realität – besonders bei Großunternehmen – sehr komplex sein und außer den Interessen der Beteiligten (Management, Kapital, Arbeit) auch gesellschaftliche Vorgaben – etwa sozialpolitischer und umweltbezogener Art – umfassen. Das konkret angestrebte Ziel oder besser das Zielbündel muß dann vom Unternehmen in einem Zielfindungsprozeß diskutiert und formuliert werden. In der Miroökonomie wird aber dieses Problem komplexer Zielbündel in der Regel beiseite gelassen; als Startpunkt der Überlegungen wird ein einfaches Erfolgsziel unterstellt, nämlich die auf eine Planungsperiode bezogene (damit kurzfristige) Gewinnmaximierung. Bei der Behandlung wirtschaftspolitisch relevanter Problemfelder (Monopole, Oligopole, Wettbewerbsbeschränkungen) wird hinsichtlich des Unternehmensziels aber eine kritisch differenzierende Darstellung entwickelt. Die einfache Ausgangspunkt Zielsetzung der unentbehrlich, Gewinnmaximierung weil private, ist jedoch als erwerbswirtschaftliche Unternehmen zur Existenzsicherung einen ausreichenden Gewinn erzielen müssen. Funktioniert der Wettbewerb, so tendiert der erzielbare Maximalgewinn zur Größe des existenzsichernden Gewinns. b) Produktion und Produktionsfunktion Unter Produktion wird ein Umwandlungs- (oder Transformations-)prozeß verstanden: Der Einsatz einer bestimmten Menge von Produktionsfaktoren (Inputs) führt bei Anwendung eines bestimmten technischen Verfahrens pro Zeiteinheit zu einem bestimmten Produktionsergebnis (Ausbringung, Output, Leistung). Dabei handelt es sich um eine Abhängigkeit von Größen in einen quantitativ und zeitlich bestimmten Vorgang. Produktionsfaktoren – 49 einschließlich aller übernommenen Vorleistungsgüter - werden in bestimmten Mengen und in einer bestimmten Zusammensetzung (in einem bestimmten Mengenverhältnis) miteinander kombiniert und zwar immer bezogen auf eine bestimmte Zeitpanne als Planungsperiode. Ziel der Kombination von Produktionsfaktoren ist es also, in der Planungsperiode eine bestimmte Produktionsmenge (Output), herzustellen. Daß der gewählte Faktoreinsatz, der Input, geeignet ist und dazu führt, die geplante Produktionsmenge zeitgerecht bereitzustellen, folgt aus der angewandten Produktionstechnik; also aus der bestimmten Art und Weise, wie die verschiedenen Faktoren zusammengebracht werden und zusammenwirken. So betrachtet, handelt es sich bei der Produktion um ein Abhängigkeitsverhältnis. Der Output hängt vom Input ab. Diese Abhängigkeit der Produktionsmenge von bestimmten Faktoreinsatzmengen wird als Produktionsfunktion bezeichnet. Die damit erfaßte Abhängigkeitsbeziehung hat zunächst eine technische und sodann eine ökonomische Seite. Die technischen Informationen über eine bestehende Produktionsmöglichkeit bilden die Ausgangslage; sie wird mit der physischen Produktionsfunktion zum Ausdruck gebracht. Diese physische Produktionsfunktion wird auch als Mengengerüst der Produktion bezeichnet: xt = f(q1, q2, q3, …., qn)t. Also: Die Bereitstellung der Produktionsmenge X in der Zeitspanne t wird durch den kombinierten Einsatz der Faktormengen q1 bis qn ermöglicht. Dabei handelt es sich um eine mengenmäßige Abhängigkeit vom Output zum Input, eine Abhängigkeit die sich aus der Wahl eines bestimmten technischen Verfahrens ergibt. Produktionsvorgangs Für ist die die wirtschaftliche technische Betrachtung Aussage über dieses Input- und 50 Outputmengen aber nur der erste Schritt. Die für uns entscheidende ökonomische Aussage diese Funktion ergibt sich erst, wenn die physischen Mengenangaben auf der Inputseite der Funktion mit den zugehörigen Preisen – den zugehörigen Faktorpreisen – bewertet, also multipliziert werden. Dann wir aus dem Mengengerüst ein Wertgerüst: xt = f(q1p1+q2p2+q3p3 …. + qnpn)t . Hier zeigt sich als Ergebnisgröße wiederum der Output pro Zeiteinheit. Multipliziert man diese Menge x mit dem erwarteten Absatzpreis, so erhalten wir den Produktionswert (oder wie wir später noch genauer sagen werden) den Bruttoproduktionswert. Aus diesem Produktionswert wird nach einem Verkauf der Erlös, heute meist Umsatz genannt. Doch schauen wir jetzt auf die Inputseite, auf die bewertete Faktorkombination. Aus den physischen Mengengrößen der Einsatzfaktoren sind jetzt Geldgrößen geworden, die wir zusammenfassen, addieren können. Diese monetär bewerteten Faktoreinsatzmengen - das Wertegerüst - ergeben in der Summe die (Gesamt-) Kosten der Produktionsmenge x. Bewerten wir auch auf der anderen Seite diesen Output x mit dem Absatzpreis, dann stehen sich je Planungsperiode der Erlös und die Kosten gegenüber; die Differenz Erlös minus Kosten ergibt als Ergebnis- und Erfolgsgröße den Umsatzgewinn pro Periode. Diese Überlegung zeigt, daß Produktion in wirtschaftlicher Sicht Wertschöpfung bedeutet. Es geht im Blick auf die Bedürfnisbefriedigung nicht um die technische Transformation, sondern um die Tatsache, daß durch die Transformation ein Wertzuwachs geschaffen wird: Der Wert des Outputs übersteigt den Wert der Inputs. Die zentralen Begriffe dieser Überlegung müssen wir uns noch einmal anschauen. 51 c) Produktionsfaktoren Die Faktoreisatzmengen bilden die produktive Kombination, die ist ein Bündel von komplementär zusammenwirkenden Produktionsfaktoren. Die VWL faßt die Produktionsfaktoren bekanntlich sehr einfach in drei Gruppen zusammen: Arbeit, Boden (Natur) und Kapital (Sach- und Humankapital). Diese Gliederung bietet einen allgemeinen Überblick über die Faktorausstattung einer Volkswirtschaft und wird auch für Überlegungen und Modellbildungen der Makroökonomie verwendet, z.B. für die Berechnung des sog. Produktionspotentials einer Volkswirtschaft. In der Mikroökonomie, also für unsere Überlegungen, ist es aber in der Regel zweckmäßig, die auf einzelwirtschaftliche Produktionsprozesse ausgerichtete Gliederung der BWL zu verwenden. Dann werden folgende Gruppen von Produktionsfaktoren genannte und unterschieden: (1.) die dispositive Arbeit (Management: Organisation, Planung, Kontrolle), (2.) die ausführende (objektbezogene) Arbeit, (3.) die Betriebsmittel (Maschinen, Anlagen, Gebäude u. ä.), (4.) die Werkstoffe (Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe) und (5.) die Vorleistungsgüter (Teile, Komponenten, Systeme u. ä.). Diese viel verwendete Gliederung ist auch nicht immer ideal; sie orientiert sich etwas einseitig an der industriellgewerblichen Produktion. Bei der Anwendung auf die Dienstleistungsproduktion z.B. muß sie modifiziert werden, hier ist der Einsatz qualifizierter Arbeit herauszuheben. In den folgenden theoretischen Ausführungen wird diese Frage aber keine Rolle spielen. Wir werden keine bestimmten Produktionszweige betrachten, sondern den Produktionsvorgang in seinen allgemeinen Grundzügen analysieren. Die verwendeten Produktionsfaktoren können dann abstrakt bezeichnet werden als Faktoren 1 bis n. Das können dann irgendwelche Produktionsfaktoren sein: Arbeitsstunden, Maschinenstunden, Rohstoffmengen, eingekaufte Fremdteile usw. und so fort. Die entsprechenden Einsatzmengen dieser Faktoren 1 bis n 52 sind dann q1 bis qn. Und die jeweils dazu gehörenden Faktorpreise lauten p1 bis pn. d) Produktionstechnik Das bei der Kombination der Produktionsfaktoren im Produktionsprozeß verwendete technische Verfahren, die Technik, wird in der volkswirtschaftlichen Gliederung nicht selten als vierter Produktionsfaktor bezeichnet. Es ist aber zweckmäßiger, die Produktionsfaktoren einerseits und die Produktionstechnik andererseits auseinanderzuhalten und einander gegenüberzustellen: Denn die verwendete Technik steht nicht in einer Reihe neben den anderen Produktionsfaktoren, sie ist vielmehr die bestimmte Art und Weise, in welcher die Produktionsfaktoren zusammenwirken, um in der Planungsperiode eine bestimmte Produktionsmenge zu erzeugen. Der Vorgang dieser Umwandlung von Faktoren in Produkte beruht auf physikalischen und/oder chemischen Gesetzmäßigkeiten. Der jeweilige „Stand des technischen Wissens“ umfaßt dann die Gesamtheit der menschlichen Kenntnisse über geeignete Verfahren der Faktorkombination, die in einer Zeitspanne zu bestimmten geplanten Produktionsergebnissen führen. Technischer Fortschritt bedeutet dann eine Ausweitung, eine Vermehrung dieser Kenntnisse durch Forschung und Erfahrung. Ein technisch-ökonomischer Fortschritt liegt aber nur dann vor, wenn die Neuerung als Verfahrensinnovation zu einer Verbesserung im Verhältnis von Outputwert zum Inputwert führt, m. a. W. zu einer Kostensenkung. Handelt es sich bei der Neuerung nicht um eine Verfahrensinnovation sondern um eine Produktinnovation, dann muß das neue oder verbesserte Gut zu einem Preis verkauft werden können, der zumindest einen Normalgewinn enthält, so daß es sich lohnt, die Produktion aufzunehmen. Es reicht nicht, daß etwas neu ist; es muß auch eine Verbesserung im Hinblick auf die Bedürfnisbefriedigung 53 bringen. Das kann nur der Nachfrager entscheiden. Der Markt, der Käufer, letzten Endes der Konsument muß die Neuerung durch seine Zahlungsbereitschaft akzeptieren. Die wirtschaftliche Betrachtung, die uns allein interessiert, erfordert also eine Bewertung sowohl des Produktionsergebnisses als auch der Faktoreinsatzmengen. Dabei ist der Bewertungsmaßstab immer der Preis. Die Ausbringungsmengen (Output) und die Faktoreinsatzmengen (Input) müssen mit den jeweils zugehörigen Produktpreisen bzw. Faktorpreisen multipliziert werden. e) Produktivität und Grenzproduktivität Die Fähigkeit einer bestimmten Faktorkombination, in der Planungsperiode eine bestimmte Produktionsmenge (Ausbringung, Output) zu erzeugen, nennt man Produktivität. Wird das Produktionsergebnis nur auf den Einsatz eines Faktors bezogen – etwa auf die Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden - , so spricht man von Kapitalproduktivität). Mißt partieller man den Produktivität Zuwachs, (Arbeitsproduktivität, der sich infolge des Mehreinsatzes einer weiteren Einheit eines der Produktionsfaktoren bei der Produktionsmenge oder beim Produktionswert ergibt, so wird dies als physische oder als wertmäßige Grenzproduktivität des betrachteten Faktors bezeichnet. Diese Produktivitätskennzahlen können also mengenmäßig als technische Produktivität oder - für uns wichtiger – wertmäßig als wirtschaftliche Produktivität ausgedrückt werden. Ein Produktivitätsfortschritt liegt dann vor, wenn durch technischen Fortschritt und Rationalisierung mit einem unveränderten Faktoreinsatz eine größere Produktionsmenge oder mit geringerem Faktoreinsatz eine unveränderte Produktionsmenge hergestellt werden kann /“ökonomisches Prinzip“). Auch eine solche Veränderung/Verbesserung kann zunächst mengenmäßig und dann - durch Multiplikation der Mengen mit den zugehörigen Preisen - wertmäßig ausgedrückt werden. 54 f) Optimale Faktorkombination Ist die für eine Periode geplante Produktionsmenge x festgelegt, so kommt es in wirtschaftlicher Hinsicht darauf an, diese Menge so kostengünstig wie nur möglich herzustellen. Dies erfordert die Vermeidung technischer und ökonomischer Verschwendung. Technische Verschwendung liegt dann vor, wenn zur Herstellung der geplanten Produktionsmenge von einem oder mehreren Produktionsfaktoren eine größere Menge verwendet wird, als nach dem gewählten technischen Verfahren erforderlich wäre (Ziel: „technische Effizienz“). Die Forderung nach Vermeidung ökonomischer Verschwendung setzt die Vermeidung technischer Verschwendung voraus, reicht aber noch weiter. Sie verlangt, daß nicht nur ein übermäßiger Einsatz von Faktormengen vermieden wird, sondern daß die geplante Produktionsmenge mit der am niedrigsten bewerteten Faktorkombination – also zu den niedrigstmöglichen Kosten – hergestellt wird. Dies setzt die Auswahl des in ökonomischer Sicht bestmöglichen technischen Verfahrens voraus, d.h. aus allen bekannten technischen Möglichkeiten Produktionsmenge der erbringen, Faktorkombination, muß dasjenige die die technische geplante Verfahren ausgewählt und verwirklicht werden, das die Erreichung des Produktionsziels zu minimalen Kosten gewährleistet (Ziel: „ökonomische Effizienz“). Dieses Ziel ist dann erreicht, wenn durch an sich mögliche Veränderungen des gewählten technischen Verfahrens keine weitere Kostensenkung mehr erreicht werden kann. g) Die Systematik der Produktionsfunktionen Eine zur Erzeugung einer bestimmten Produktionsmenge geeignete Faktorkombination bildet stets einen Zusammenhang komplementärer Güter. Denn die Einsatzmengen der verschiedenen Produktionsfaktoren (etwa 55 Arbeitsstunden, Maschinenlaufzeiten, Materialmengen usw.) müssen zusammenwirken, um das Produktionsziel zu erreichen. Ist das technische Verfahren gegeben und die technisch effiziente Faktorkombination hergestellt, dann kann zur Erreichung des Produktionsziels auf keine Faktoreinheit verzichtet werden. In vielen Fällen läßt es die Technik aber zu, Einheiten verschiedener Produktionsfaktoren gegenseitig zu substituieren – etwa Einheiten Arbeit gegen Einheiten Kapital und umgekehrt -, ohne daß dadurch die Produktionsmenge verändert würde. (Wohl ändern sich dadurch die gesamten Produktionskosten.) Je nach dem, ob und in welchem Ausmaß eine solche Substitution bei gegebenem Stand des technischen Wissens möglich ist, unterscheidet man typische Produktionsfunktionen.1 Es gibt zunächst die beiden Grenzfälle: (1.) überhaupt keine Substitutionsmöglichkeit = starre Einsatzproportionen und (2.) unbegrenzte Substituierbarkeit. In einem dazwischen liegenden 3. Fall wird eine begrenzte Substituierbarkeit unterstellt. Dieser 3. Fall ist der wichtigste; er wird als „klassische Produktionsfunktion“ bezeichnet und auf ihm beruht der „ertragsgesetzliche Kostenverlauf“. Zu 1. Es können produktionstechnische Zwänge vorliegen – etwa in der chemischen Industrie -, die dazu führen, daß die Produktionsfaktoren, die zur Erzeugung bestimmter Produktionsmengen nötig sind, nur in einem ganz bestimmten mengenmäßigen Einsatzverhältnis (ohne technische Verschwendung) nutzbar sind. Es bestehen dann starre Einsatzproportionen und überhaupt keine Substitutionsmöglichkeit. Soll die Produktion um einen 1 In der modernen BWL wird eine noch wesentlich weitergehende Systematik entwickelt, die im folgenden aber nicht verwendet werden muß 56 bestimmten Prozentsatz ausgeweitet werden, so müssen alle Produktionsfaktoren um den gleichen Prozentsatz vermehrt zum Einsatz kommen. Würde die Menge nur eines Faktors vermehrt eingesetzt, so führt dies zu keine Mehrproduktion; es liegt dann technische und ökonomische Verschwendung vor. Zu 2. Ein denkbarer, aber in der Mikroökonomie nicht relevanter Grenzfall unterstellt eine unbegrenzte Substituierbarkeit zwischen Produktionsfaktoren. Dies schließt die Möglichkeit ein, daß ein Produktionsfaktor (etwa Arbeit) vollständig durch einen anderen (etwa Kapital) ersetzt werden kann. Dann würde es also möglich sein, die Produktion nur mit einem Produktionsfaktor durchzuführen. Dies ist ein irrealer Fall. Zu 3. Die „klassische Produktionsfunktion“ unterstellt demgegenüber eine innerhalb bestimmten Grenzen mögliche Substituierbarkeit. Die Ersetzung von Mengen eines Faktors durch zusätzliche Mengen eines oder mehrerer andere Faktoren ist möglich, aber nur in einem bestimmten Umfang und mit sich ändernder Ergiebigkeit der Faktoreinsätze. Diese Aussage stützt sich auf das Ertragsgesetz. h) Das Ertragsgesetz Das Ertragsgesetz (Gesetz vom zunächst zunehmenden und dann abnehmenden Ertragszuwachs) betrachtet einen produktionstechnischen Zusammenhang in Mengengrößen. Es betrachtet also eine physische Produktionsfunktion, die allerdings beträchtliche wirtschaftliche Auswirkungen haben kann. Das Gesetz unterstellt, und das ist der springende Punkt, daß von den für die Produktion eines Gutes benötigten Produktionsfaktoren 57 zumindest ein Faktor nur in einer fest gegebenen Menge vorhanden ist und, wenn eine Ausweitung der Produktion geplant ist, nicht vermehrt beschafft und eingesetzt werden kann. Es gibt dann einen fixen Produktionsfaktor; dieser Faktor steht für die Produktion nur in einer bestimmten Menge zur Verfügung. Angenommen: Die Produktionsmenge soll ausgeweitet werden. Wenn zu diesem Zweck jetzt die übrigen zur Produktion notwendigen Faktoren, die zusätzlich beschaffbar sind, die „variablen Faktoren“, jeweils von eins beginnend schrittweise vermehrt eingesetzt werden, so führt dies zu einem Produktionsanstieg und zwar zunächst sogar mit steigenden Ertragszuwächsen. Das heißt, die Produktionsmenge steigt zunächst überproportional verglichen mit dem verstärkten Einsatz der variablen Faktoren. Warum? Nun, weil die variablen Faktoren gegenüber dem mengenmäßig gegebenen fixen Faktor zunächst in zu geringer Menge eingesetzt (unteroptimal) werden. Das ändert sich bei weiterem Mehreinssatz der variablen Faktoren dann Schritt für Schritt. Bei einer bestimmten Menge der kontinuierlich vermehrt eingesetzten variablen Faktoren erreicht die Kombination dieser Faktoren mit dem gegebenen fixen Faktor ein optimales Verhältnis. Wird jetzt der Einsatz der variablen Faktoren weiterhin vermehrt, so fallen zwar noch immer positive, in der Menge aber abnehmende Ertragszuwächse an. Diese noch positiven Ertragszuwächse werden in der Folge kleiner und kleiner, bis der Gesamtertrag – die gesamte Produktionsmenge - sein Maximum erreicht hat. Der weitere Ertragszuwachs fällt auf null. Würden die variablen Faktoren auch dann noch über diesen Punkt des Produktionsmaximums hinaus in steigender eingesetzt, so kämme es zu einem unsinnigen Ergebnis. Ein Übermaß im Einsatz der variablen Faktoren würde dann eine Produktionsstörung auslösen und zu einem Sinken der Ertragsmenge führen. Die wäre offensichtlich ein technisch und wirtschaftlich unsinniges Ergebnis, 58 Diese Ableitung des Ertragsgesetzes wird am besten mit einer Zeichnung verdeutlicht: Die volkswirtschaftlich wesentliche Aussage des Ertragsgesetzes ist folgende: Ist ein Faktor, der zur Produktion eines bestimmten Gutes erforderlich ist, nur in einen bestimmten begrenzten Umfang vorhanden, also nicht vermehrbar, dann kann die Produktion dieses Gutes durch den vermehrten Einsatz der anderen, der variablen Faktoren zwar ausgedehnt werden, aber – und das ist entscheidend – vom Punkt einer optimalen Kombination des fixen und der variablen Faktoren an nur noch mit sinkenden Produktionszuwächsen und nur bis zu einer bestimmten Grenze. Der nicht vermehrbare (fixe) Produktionsfaktor zieht eine Grenze für das Produktionswachstum (s. Landwirtschaft „Gesetz vom abnehmenden Bodenertrag“). Diese Ableitung des Ertragsgesetzes und die Schlußfolgerungen daraus stoßen aber auf einen entscheidenden kritischen Punkt, der die praktischen, wirtschaftspolitischen Auswirkungen des Ertragsgesetzes noch immer kompensiert, ja mehr als kompensiert hat. Das Gesetz fußt auf der Annahme, daß kein technischer Fortschritt eintritt, der die sinkende Tendenz der Ertragszuwächse kompensieren könnte.2 Diese technische Gesetzmäßigkeit wurde zunächst als „Gesetz vom abnehmenden Bodenertrag“ für die landwirtschaftliche Produktion beobachtet. Als fixer Faktor galt die Bodenfläche, variable Faktoren waren der Einsatz 2 59 Die mengenmäßigen Aussagen des Ertragsgesetzes können leicht zu ökonomischen Abhängigkeiten umgeformt werden, wenn man die Faktoreinsatzmengen (fixer Faktor plus variable Faktoren) mit ihren jeweiligen Faktorpreisen multipliziert. Der Wert dieser Faktoreinsätze sind die Kosten der jeweiligen Produktionsmengen. Diese setzen sich aus dem Wert des fixen Faktors oder der fixen Faktoren (fixe Kosten) und dem Wert des oder der variablen Faktoren (variable Kosten) zusammen. Diese Überlegung führt von der bewerteten Produktionsfunktion zu Kostenfunktion: Xt = f(Kt) → Kt = f(Xt). i) Kostenminimierung durch Faktorsubstitution In der Regel bietet die Gestaltung der Produktion, dargestellt durch eine Produktionsfunktion, die Möglichkeit einer begrenzten Faktorsubstitution (klassische Produktionsfunktion, auch ertragsgesetzlichre Produktionsfunktion genannt). Hier können innerhalb bestimmter Grenzen Einheiten des einen durch Einheiten anderer Produktionsfaktoren ersetzt werden, ohne daß sich die Produktionsmenge ändert. Die geplante Produktionsmenge x kann also mit unterschiedlich zusammengesetzten Faktorkombinationen hergestellt werden. Es gibt dann für die Produktionsplanung alternative technische Lösungen. Die Frage lautet dann, welche dieser verschiedenen möglichen Kombinationen weist die vergleichsweise niedrigsten Kosten auf? Diese Frage kann mit einer einfachen analytischen Überlegung (und auch mit einer graphischen Darstellung) beantwortet werden. Der Übersichtlichkeit halber von Arbeitszeit und Saatgut. Das Gesetz gilt aber auch für die industriell-gewerbliche Produktion, soweit überhaupt variable und keine starren Einsatzproportionen für die Faktoren bestehen, wenn also eine begrenzte Substitution möglich ist. In den Lehrbuchdarstellungen des Ertragsgesetzes werden der Einfachheit halber oft nur der Einsatz von jeweils einem fixer und einem variabler Faktor unterstellt. Es kann jedoch realistischerweise durchaus auch eine größere Zahl von Einsatzfaktoren unterstellt werden. Für die Gültigkeit des Ertragsgesetzes reicht es aus, wenn von allen eingesetzten Faktoren die Einsatzmenge nur einer Produktionsfaktors nicht vermehrt eingesetzt werden kann. 60 soll dabei unterstellt werden, daß zur Produktion des geplanten Outputs nur zwei Produktionsfaktoren q1 und q2 benötigt werden. Angenommen, die Produktionsmenge x steht fest und die Preise der beiden Faktoren (p1 und p2) sind gegeben. Dann darf es in der kostenminimalen Kombination offensichtlich nicht mehr möglich sein, durch eine Faktorsubstitution die Gesamtkosten (p1q1+q2p2) zu senken. Diese Lage ist dann erreicht, wenn die Grenzproduktivitäten der beiden Faktoren sich zueinander verhalten wie ihre Preise. Diese abstrakte Aussage ist im Grunde leicht nachzuvollziehen. Wir nehmen an, daß für die beiden Faktoren folgende Faktorpreise bestehen; p1 = 5€ und p2 = 8€. Das Preisverhältnis zwischen den Faktoren 1 und 2 beträgt dann 5 zu 8. Würde nun in einer zunächst verwirklichten Faktorkombination das Verhältnis der Grenzerträge 10/8 betragen, dann wäre zu wenig vom Faktor 1 eingesetzt. Die Kosten können gesenkt werden, indem der Faktor 1 solange vermehrt und der Faktor 2 solange vermindert eingesetzt werde, bis sich infolge des Ertragsgesetztes ein Verhältnis von 5 zu 8 eingestellt hat.3 Bei jedem anderen Verhältnis der Grenzproduktivitäten müssen die Einsatzmengen der Faktoren verändert werden. Das Kostenminimum erfordert, daß sich die Grenzproduktivitäten der Faktoren zueinander verhalten wie ihre Preise. Dabei ist angenommen, daß die Faktorpreise gegeben und bekannt sind. (Fakultativ je nach verfügbarer Zeit: graphische Lösung unter Verwendung von Isokostenlinien und Isoquantenkurven). j) Einzelwirtschaftliche Produktionswerte 3 Dieses Gesetz vom Ausgleich der gewogenen Grenzerträge entspricht formal dem weiter oben behandelten Gesetz vom Ausgleich der gewogenen Grenznutzen (2. Gossensches Gesatz). 61 Zum Abschluß dieses Abschnitts müssen wir noch einige für die Erfassung des Produktionsergebnisses von Unternehmen (Produktionswerte) wichtige Begriffe kennen lernen. Der Gesamtwert der Produktion eines Unternehmens (Produktionsmenge mal Marktpreis) heißt Bruttoproduktionswert (gelegentlich auch einfach Produktionswert genannt). Zieht man vom Bruttoproduktionswert den Wert der Vorleistungen (Vorleistungsgüter) ab, so ergibt sich die Bruttowertschöpfung. Subtrahiert man von diesem Wert die Abschreibungen sowie diem indirekten Steuern (Gütersteuer) und die Einfuhrzölle und addiert man die Einkommenssubventionen, so ergibt sich die Nettowertschöpfung („value added“). Das ist die Gesamtheit der durch die Unternehmensaktivität gebildeten Einkommen (Löhne/Gehälter, Zinsen und Grundrenten an Haushalte, Gewinn). Zeichnung V. Kosten und Kostenverläufe a) Kostenbegriff Mit den bisherigen Überlegungen zur Produktion sind bereits die Erscheinung und der Begriff der Kosten angesprochen und erfaßt worden. Die Produktionsfunktion zeigt die Abhängigkeit der Produktionsmenge (pro Zeiteinheit) von einer bestimmten Kombination von Produktionsfaktoren. Werden diese Faktoreinsatzmengen mit den jeweils zugehörigen Faktorpreisen bewertet, so ergibt sich in der Summe die Höhe der Produktionskosten als Geldausdruck. Wird diese Beziehung der Produktionsfunktion (Output ist abhängig vom Inputwert) umgekehrt (Inputwert ist abhängig vom Output), so ergibt sich damit die Kostenfunktion, jeweils bezogen auf eine bestimmte Zeitspanne, also die Abhängigkeit der anfallenden Kosten von der geplanten Ausbringungsmenge: Kt = f(xt). 62 Unter Kosten versteht man mithin den (1.) leistungsbezogenen, (2.) monetär bewerteten Faktorverzehr (3.) je Planungsperiode. Der Leistungs- (Produktions-)bezug des Kostenbegriffs schließt die Kosten zur Erhaltung der notwendigen Produktionskapazität (Abschreibungen → Ersatzinvestitionen) ein.4 Eine gewisse Verständnisschwierigkeit kann sich aus der Abweichung zwischen dem volkswirtschaftlichen Kostenbegriff und dem Kostenbegriff der betrieblichen Erfolgsrechnung (G + V-Rechnung und Bilanz) ergeben. In der VWL umfassen die Kosten – entsprechend der oben genannten Definition – den gesamten leistungsnotwendigen Faktorverzehr. Teile dieser Kosten werden aber in der betrieblichen Leistungsrechnung (nicht in der Kostenrechnung = Kalkulation) als (Ergebnis-) Gewinnbestandteile betrachtet, nämlich die Verzinsung des Eigenkapitals sowie die Vergütung der dispositiven Arbeitsleistung des Unternehmers (Unternehmerlohn plus Risikoprämie). Diese „kalkulatorischen“ Kostenbestandteile werden in der VWL – wie alle Kostenbestandteile - zu „Opportunitätskosten“ bewertet. Die monetäre Bewertung erfolgt also nach der höchsterreichbaren Vergütung dieser Faktoreinsätze in einer alternativen Verwendung (Investition des Eigenkapitals über den Kapitalmarkt oder alternative Beschäftigung der Unternehmer über den Arbeitsmarkt). Die Unterscheidung zwischen den „buchhalterischen Kosten“ und dem „Wert der gesamten Faktorbindung“ beeinflußt die Größe des ausgewiesenen Gewinns. In der Buchhaltung sind Eigenkapitalzins und Unternehmervergütung Bestandteile des Gewinns als Überschuß, 4 der dem Unternehmer zusteht, Einkommen aus Eine ausführlichere Definition, die aber mit oben genannten inhaltlich übereinstimmt lautet: Kosten sind der monetär bewertete Verzehr von Gütern (Inputeinheiten) materieller und immaterieller Art zur Erstellung und Marktverwertung (Verkauf) betrieblicher Leistungen sowie zur Aufrechterhaltung hierfür notwendiger Kapazitäten. 8Zu dieser Definition wäre hinzuzufügen, daß Kosten betrieblicher Leistungen auch für selbsterstellte und selbstgenutzte Anlagen – also nicht für eine Marktverwertung – anfallen können. 63 Unternehmertätigkeit. Bei einer volkswirtschaftlichen Betrachtung gehören diese Inputgrößen – die Arbeitsleistungen sowie die Bereitstellung von Kapital und Grundvermögen durch den Unternehmen - aber zu den Kosten. Diese produktiven Dienste könnten ja auch außerhalb des eigenen Unternehmens gegen Entgelt eingesetzt werden. Der Gewinn als Leistungsüberschuß über alle Faktordienste ist also kleiner als der in der Bilanz ausgewiesene Gewinn. Gelegentlich wird die marktgerechte Vergütung der Unternehmerbeiträge als „Normalgewinn“ bezeichnet und den Kosten zugeordnet. Echte Gewinne (als besondere Einkommenskategorie) sind dann nur die „übernormalen Gewinne“, die durch technische Leistungsvorsprünge (Innovationen) oder auch durch monopolistische Marktmacht entstehen. Während es sich bei der vorstehend erörterten Unterscheidung um eine Frage der Problemorientierung handelt, ist eine weitere Unterscheidung, nämlich die Unterscheidung zwischen internen und externen Kosten, von substantieller und gegebenenfalls auch von wirtschaftpolitischer Bedeutung. Interne Kosten sind solche, die den Verursacher der Kosten auch in vollem Umfang belasten; für die er zahlen muß. Externe Kosten sind dagegen Kosten, die den Verursacher nicht oder nicht in vollem Umfang belasten, die vielmehr von bestimmten Dritten oder von der Allgemeinheit zu tragen sind.5 Hier ist in erster Linie an Belastungen der Umwelt zu denken, soweit diese nicht durch Kompensationszahlungen, spezielle Steuer, technische Auflagen, kostenpflichtige Lizenzen usw. internalisiert sind, d. h. den Verursachern angelastet werden. Externe Kosten, die den Verursacher nicht treffen, führen zu einer Unterschätzung der tatsächlichen anfallenden Kosten und lassen das Güter- oder Leistungsangebot billiger erscheinen, als es in Wirklichkeit ist. Dies begünstigt eine wirtschaftliche Verschwendung von Ressourcen. Die Umweltpolitik, die für eine Internalisierung sorgen soll, kann mit ihren 5 Verursacher externer Kosten können nicht nur Unternehmungen, sondern auch private Haushalte oder staatliche Einrichtungen sein. 64 Aktivitäten aber auch übermäßig hohe Belastungen schaffen, die dann die Konkurrenzfähigkeit von Unternehmen und Regionen oder auch die Realeinkommen von privaten Haushalten schmälern und zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Die Internalisierung von externen Kosten muß deshalb auf bester wissenschaftlicher Grundlage mit politischem Augenmaß erfolgen. b) Kostenverläufe Der Kostenverlauf betrachtet den Anstieg der Gesamtkosten bei einer Ausweitung der pro Zeiteinheit geplanten Produktionsmenge. Die ganz allgemeine Aussage dazu ist: Wenn sich bei den sonstigen Einflußfaktoren der Kosten nichts ändert, wenn insbesondere kein technischer Fortschritt und keine Senkung der Faktorpreise eintritt, dann wird eine Ausweitung der Produktionsmenge pro Zeiteinheit zu einem Anstieg der Kosten führen. So müssen wir die → Kostenfunktion lesen: ∆X → ∆K Doch wie stark werden die Kosten steigen? Wie wird das Verhältnis zwischen der Ausweitung der Produktion und dem Anstieg der Kosten sein? Werden die Kosten proportional mit der Produktionsmenge ansteigen (-) oder überproportional (-) oder umgekehrt unterproportional (-)? Nun, wesentlich für die Formulierung und Beantwortung dieser Frage ist die Unterscheidung zwischen dem sog. „kurzfristigen“ und dem sog. „langfristigen“ Kostenverlauf. Diese für alle weiteren Ableitungen ganz wesentliche Unterscheidung muß man allerdings richtig verstehen. Vor allen: „Kurzfristig“ und „langfristig“ geben keine konkreten Zeitspannen an; also nicht etwa „kurzfristig“ gleich Planungsperioden bis zu einem Jahr, und alles 65 „langfristig“, wenn der Planungsspielraum über ein Jahr hinausgeht (oder so ähnlich). Solche Unterschiede in den zeitlichen Planungserfordernissen sind von Produktionszweig zu Produktionszweig ganz unterschiedlich. Ein Ladengeschäft kann oft in einigen wenigen Wochen ausgebaut werden, bei einem Kraftwerk kann das Jahre dauern. Bei der Unterscheidung zwischen dem kurzfristigen und dem langfristigen Kostenverlauf darf man also nicht an konkrete Zeitspannen denken. Man muß vielmehr danach fragen, ob in der betrachteten Zeitspanne die Einsatzmengen der Produktionsfaktoren geplanten Veränderungen der Produktionsmenge bereits angepaßt werden können oder ob diese Möglichkeit noch nicht besteht. „Kurzfristig“ bedeutet dann: Noch nicht alle Produktionsfaktoren können Veränderungen der Produktionsmenge angepaßt Faktorkombination. Oder, Produktionsausweitung werden, etwas sondern anders nur formuliert: oder Produktionseinschränkung ein Eine Teil der geplante muß bei einer gegebenen und kurzfristig nicht veränderbaren Produktionskapazität erfolgen. Also Veränderungen der Produktionsmenge sind möglich, aber nur im Rahmen einer gegebenen Produktionskapazität. Es besteht kurzfristig eine eindeutige Produktionsgrenze, nur bis da hin kann die Menge ausgeweitet werden. Beim „langfristigen“ Kostenverlauf dagegen gibt es diese Begrenzung, diese Restriktion nicht mehr. Langfristig kann ja auch die Produktionskapazität selbst verändert und geplanten Änderungen der Produktionsmenge angepaßt werden: Die Kapazität kann durch Investitionen vergrößert und durch Desinvestitionen verkleinert werden. Langfristig gibt also keine gegebene Kapazitätsgrenze; die Kapazität ist dann selbst ein Teil der Produktionsmengenplanung. Doch zurück zum kurzfristigen Kostenverlauf, der für unsere weiteren Überlegungen wichtiger ist. Ich sagte: Bei der Analyse des kurzfristigen Kostenverlaufs ist unterstellt, daß nur ein Teil der insgesamt verwendeten 66 Produktionsfaktoren und damit nur ein Teil der anfallenden Gesamtkosten bei einer Ausweitung der Produktion vermehrt eingesetzt und bei einer Einschränkung der Produktion vermindert eingesetzt werden kann. Diesen anpaßbaren Teil der Gesamtkosten bilden die variablen Kosten. Ein anderer Teil der Gesamtkosten fällt dagegen „kurzfristig“ in einer bestimmten, unveränderbaren Größe an, kann also in der betrachteten Zeitspanne nicht ausgeweitet oder eingeschränkt werden. Dieser Teil der Gesamtkosten sind die fixen Kosten. Und wegen der Existenz fixer Kosten besteht – um es noch einmal zu sagen - eine Kapazitätsgrenze, eine Grenze für die Ausdehnungsfähigkeit der Produktion. Ein Beispiel: Die Eisen- und Stahlindustrie leidet z. Zt. einer deutlich geschrumpften Nachfrage. Es bestehen beträchtliche Freikapazitäten. Durch vermehrten Arbeits-, Material- und Energieeinsatz(variable Faktoren) könnte die Produktion relativ schnell, sozusagen von heute auf morgen, ausgeweitet werden. Die damit ansteigenden Kosten, das sind die variablen Kosten. Unverändert bleiben dagegen die Kapazitätskosten, die Zinsen auf das eingesetzte Kapital, die zeitabhängigen Abschreibungen, die sonstigen Kosten der Betriebsbereitschaft und Verwaltung. Das sind dann die fixen Kosten. „Fixe Kosten“ sind mithin die Kosten, die „kurzfristig“ – d. h. in der betrachteten Planungsperiode - nicht oder noch nicht anpaßbar sind. Die Produktionsfaktoren, die solche fixen Kosten verursachen, können erst in der sog. „langfristigen“ Betrachtung, die mehrere Planungsperioden umfaßt, durch Investitionen oder Desinvestitionen in größerem oder kleinerem Umfang eingesetzt werden.6 Zu diesen fixen Kosten gehören insbesondere die In der BWL wird weiter unterschieden in „absolut fixe Kosten“, die schon allein mit der Existenz des Untermnehmens anfallen (Stillstandskosten) und „intervallfixer Kosten“, die nach Erreichen einer Kapazitätsschwelle sprunghaft 6 67 Verzinsung des investierten Kapitals, die zeitabhängigen Abschreibungen und die nicht gestaltbaren Personalkosten. Variable Kosten sind u. a. der Materialund Energieeinsatz, die leistungsabhängigen Abschreibungen und die gestaltbaren Personalkosten (etwa durch Überstunden und Zusatzschichten). Wir definieren jetzt so: Fixe Kosten sind der Teil der Gesamtkosten, der unabhängig von der produzierten Menge (besser noch: unabhängig vom Beschäftigungsgrad der vorhandenen Kapazität) in bestimmter, nicht veränderbarer Höhe anfallen. Die variablen Kosten sind demgegenüber der Teil der Gesamtkosten, der gleichgerichtet mit Veränderungen der Produktionsmenge bzw. mit Veränderungen des Beschäftigungsgrades ansteigen oder sinken. Dabei kann der Anstieg der variablen Kosten bei einer Ausweitung der Produktion grundsätzlich proportional, überproportional oder unterproportional zu den Änderungen der Produktionsmenge verlaufen. Danach werden proportionale, progressive und degressive Kosten unterschieden. Wesentlich für den kurzfristigen Kostenverlauf ist also die Existenz fixer Kosten und damit – wenn die Wirksamkeit der fixen Kostenelemente erschöpft ist – das Erreichen einer Kapazitätsgrenze. In der graphischen Darstellung bilden die fixen Kosten einen bis zur Kapazitätsgrenze reichenden Kostensockel, auf dem der ansteigende Verlauf der variablen Kosten liegt. Und, um es noch einmal zu sagen: Fixe Kosten sind eine von den Planungsfristen abhängige Erscheinung. Je länger der betrachtete Zeitraum ist, um so mehr fixe Kosten werden variabel, also gestaltbar uns anpaßbar. In ansteigen (Sprungkosten). Mit dieser Begriffsfassung verwischt sich aber die Abgrenzung zu langfristigen Kostenverlauf. 68 der „langfristigen Betrachtung“ gibt es dann gar keine fixen Kosten mehr; dann sind alle Kostenbestandteile veränderbar, also je nach Plan in größeren oder kleineren Mengen einsetzbar. In der betrieblichen Wirklichkeit moderner Volkswirtschaften können Produktionsfunktionen und die entsprechenden Kostenverläufe je nach Produktart, Produktionsvolumen und Produktionstechnik außerordentlich unterschiedlich sein.7 Es gibt zahlreiche, mehr oder weniger voneinander abweichende, z. T. sehr komplexe empirische Kostenfunktionen. Die wichtigsten werden in der BWL behandelt. Für manche einfache einführende Überlegungen wird in manchen Lehrbüchern auch gerne eine besonders einfache Kostenfunktion verwendet, bei der – auf dem Block der fixen Kosten - die variablen Kosten proportional mit der Produktionsmenge ansteigen (variable Kosten = proportionale Kosten = gleichbleibende Grenzkosten). Einen solchen kurzfristigen Kostenverlauf gilt es aber nur in Ausnahmefällen. c) Der ertragsgesetzliche Kostenverlauf („klassische Kostenfunktion“) Doch gegenüber allen anderen Möglichkeiten hat sich eine ganz bestimmte Variante der kurzfristigen Produktions- und Kostenfunktion für das Verständnis der Zusammenhänge als besonders geeignet und nützlich erwiesen. Diese auch in den Lehrbüchern am meisten verwendete 7 In der BWL wird deshalb eine Mehrzahl von Produktionsfunktionen behandelt. 69 Produktionsfunktion zusammen mit dem zugehörigen kurzfristigen Kostenverlauf basiert auf dem Ertragsgesetz („klassische Produktions- und Kostenfunktion“). Wesentlich für diese Kostenfunktion ist ein typischer Verlauf der variablen Kosten bei einem gegebenen Fixkostenblock und einer festen Kapazitätsgrenze. Der Kostenverlauf ergibt sich dann in drei Abschnitten aus dem sich ändernden Kombinationsverhältnis zwischen den gegebenen fixen Faktoren (bewertet = fixe Kosten) und den hinzutretenden variablen Faktoren (bewertet = variable Kosten). Den überproportionalen Ertragszuwächsen in der ersten Phase des Ertragsgesetzes entspricht ein unterproportionaler Anstieg der variablen Kosten. Bei einer fortlaufenden Ausweitung der Produktionsmenge in Richtung auf die Kapazitätsgrenze wird dann ein Wendepunkt erreicht. In der Nähe des Wendepunktes haben wir für einen kurzen Abschnitt proportional ansteigende Erträge und damit auch einen proportionalen Anstieg der variablen Kosten. Daran anschließend gibt es im dritten Abschnitt kontinuierlich in Richtung auf null abnehmende Ertragszuwächse. Daraus folgt, daß die variablen Kosten beginnen, überproportional (=progressiv) anzusteigen und zwar um so steiler, je weiter sich die Produktion der Kapazitätsgrenze nähert. Denn dann kommt es zu außergewöhnlich hohen Mehrkosten (übernormaler Verschleiß, zunehmender Reparaturanfälligkeit, steigen Personalkosten wegen Überstunden u. ä.). Man kann diesen Vorgang im Gesamtzusammenhang auch so beschreiben: Kommt es bei einer gegebenen Kapazität von null aus beginnend zu einer kontinuierlichen Ausweitung der Produktion, so verbessert sich zunächst das 70 Kombinationsverhältnis zwischen den fixen Kosten und den hinzutretenden variablen Kostenbestandteilen. Die Kostenzuwächse, die Grenzkosten, sinken zunächst; sie erreichen ein Minimum, wenn die hinzutretenden variablen Kosten ein optimales Verhältnis zu den unverändert anfallenden Fixkosten erreicht haben. Von da an steigen die variablen Kosten an und zwar bei einer Annäherung an die Kapazitätsgrenze immer steiler, weil jetzt variable Kosten mit den gegebenen fixen Kosten im Übermaß kombiniert werden. In der graphischen Darstellung erscheint der beschriebene Kostenverlauf wie ein auf dem Fixkostensocke Produktionseinheit zu hingestrecktes Produktionseinheit S (S-förmig). hinzutretenden Die von Kosten, die Grenzkosten, zeigen den Anstieg der variablen Kosten und damit – weil die fixen Kosten ja unverändert in gleichbleibender Höhe anfallen – auch den Anstieg der Gesamtkosten.8 Wird dieser Grenzkostenverlauf isoliert in ein eigenes Koordinatenfeld übertragen, so ergibt sich eine U-förmige Gestalt. Die Grenzkosten beginnen mit den Kosten für die erste Einheit; sie sinken dann bis zu einem Minimum und steigen anschließend an. Der Wechsel von sinkenden zu steigenden Grenzkosten zeigt die Wirksamkeit des Ertragsgesetzes. (hier steigen ja zunächst die Grenzerträge, erreichen ein Maximum und fallen dann ab.) Außer diesen Grenzkosten gibt es Stückkosten 8 Unter Grenzkosten wird der Anstieg der variablen und damit auch der gesamten Kosten Verstanden, der sich ergibt, 71 („Durchschnittskosten“) in drei Varianten, die ebenfalls als Kurven dargestellt werden. Wir haben die variablen Stückkosten (VK/X), die Fixkosten pro Stück (FK/X) und die gesamten Stückkosten (FK+VK/X). Beim Verlauf der gesamten Stückkosten treten jeweils zu den variablen Stückkosten die anteiligen fixen Kosten hinzu. Da die letzteren, die fixen Kosten pro Stück, bei steigender Produktionsmenge fortgesetzt sinken, nähert sich die Kurve der gesamten Stückkosten der Kurve der variablen Stückkosten immer mehr an. Damit haben wir – neben der kontinuierlich sinkenden Kurve der fixen Stückkosten – drei U-förmige Kostenkurven gewonnen, die zueinander in einen gesetzmäßigen Zusammenhang stehen: Der ansteigende Ast der Grenzkostenkurve schneidet zuerst die Kurve der variablen Stückkosten und dann die die Kurve der gesamten Stückkosten jeweils in deren Minimum. Solange die Grenzkosten noch niedriger sind als die variablen Stückkosten bzw. als die gesamten Stückosten, haben diese Stückkostenkurven einen sinkenden Verlauf (sie werden von den unter ihnen liegenden Grenzkosten gleichsam nach unten gezogen). Schneidet dann der ansteigende Ast der Grenzkosten zunächst die Kurve der variablen und dann die Kurve der gesamten Stückkosten von unten nach oben, dann steigen die Grenzkosten über die Stückkosten an und ziehen diese in die eine und dann die andere Kurve in die Höhe. 72 Damit zeigen sich in dieser Darstellung drei Kostenminima, die für die (kurzfristige) Produktionsgestaltung wesentliche Punkte darstellen („kurzfristig“ heißt: Möglichkeiten der Produktionsgestaltung bei gegebene Fixkosten und gegebener Kapazitätsgrenze). Das Minimum der Grenzkostenkurve zeigt den Beginn der Wirksamkeit des Ertragsgesetzes, das Minimum der variablen Stückkosten heißt Betriebsminimum, und das Minimum der gesamten Stückkosten wird Betriebsoptimum genannte. Betriebsminimum besagt, daß zumindest diese minimalen Stückkosten durch Erlöse gedeckt werden müssen, damit auch nur eine kurzfristige Weiterführung des Betriebs lohnend ist. Werden nicht einmal die variablen Kosten – die größtenteils schon kurzfristig zu Zahlungsverpflichtungen führen (sog. out of pocket costs) -, gedeckt, dann ist die sofortige Schließung des Betriebs die einzige wirtschaftliche Alternative. Werden dagegen die variablen und evtl. noch ein Teil der fixen Kosten von Erlösen gedeckt, dann lohnt es sich, den Betrieb noch eine Zeit lang weiterzuführen. Das geht, bis bestimmte kurzfristig fixe Kosten variabel werden, wenn etwa bestimmte Ersatzinvestitionen nicht weiter aufgeschoben werden können. (-) Der dritte Ausdruck „Betriebsoptimum“ muß richtig interpretiert werden. Er bezeichnet die optimale Kombination von fixen und variablen Kosten, ist also ein Kostenoptimum. Dieser Punkt zeigt aber in der Regel nicht die Produktionsund Angebotsmenge, die das Gewinnmaximum erbringt. Wenn der erzielbare Preis zu zusätzlichen Erlösen (Grenzerlösen) führt, die über den zusätzlichern Kosten (Grenzkosten) liegen, dann wird die Produktion zur Erzielung des Gewinnmaximums über das Betriebminimum hinaus ausgedehnt und zwar bis zu der Menge, bei der die ansteigenden Grenzkosten die Höhe des 73 Grenzerlöses erreichen.9 (kurzfristige K’=E’, Gleichgewichtsbedingung langfristige Gleichgewichtsbedingung K’=E’ und gleichzeitig P≥DK). d) Der langfristige Kostenverlauf In der langfristigen Betrachtung sind definitionsgemäß alle eingesetzten Produktionsfaktoren – auch die „fixe Kosten“ verursachenden Faktoren – variabel, und d.h., sie sind bei jeder geplanten Veränderungen der Produktionsmenge anzupassen. Es gibt dann keine fixen Kosten mehr; die Kapazitätsgrenze kann durch Investitionen ausgeweitet und durch Desinvestitionen zurückgefahren werden. Es gibt also auch keine „gegebene Produktionskapazität“ mehr. Im ersten Schritt werden für die Analyse dieses sog. langfristigen Kostenverlaufs oft sehr unrealistische Annahmen gemacht: ein gegebener, unveränderter Stand der Technik und gegebene, unveränderte Faktorpreise, zu denen jede benötigte Faktormenge beschafft werden kann. Werden diese Annahmen gemacht, dann kann durch eine einfache Addition (Aneinanderreihung) von zusätzlichen Kapazitätsstufen die Produktion zu gleichbleibenden Kostenbedingungen – zu langfristig gleichbleibenden Stückkosten - ausgeweitet werden. In diesen Fall spricht man auch von „gleichbleibenden Skalenerträgen“ („Skalen = in Stufen ausgeweitete Produktionsmenge). Zeichnung Diese Aussage wurde schon in der „Einführung“ behandelt und weiter oben noch einmal im Zusammenhang aufgegriffen. 9 74 Die im Grunde ziemlich wirklichkeitsfremde Annahme, daß buchstäblich alle benötigten Produktionsfaktoren zu unveränderten Bedingungen (Faktorpreisen) und mit gleichbleibender Produktivität unbegrenzt beschaffbar und einsetzbar sind, kann jedoch modifiziert werden. So kann etwa unterstellt werden, daß ein zentraler Produktionsfaktor – nämlich die unternehmerische Planungs-, Koordinierungs- und Kontrollkompetenz - nicht beliebig vermehrbar ist. Wird diese Annahme gemacht, dann hätten wir mit dieser „dispositiven Arbeit“ wieder einen fixen Faktor, und dann wird wieder das Ertragsgesetz wirksam. In Abhängigkeit von dem annahmegemäß nicht vermehrbaren Faktor „Planungs- und Entscheidungskompetenz“ ergibt sich bei einer in Stufen erfolgenden Ausweitung der Kapazität zunächst eine Senkung der langfristigen Stückkosten (steigende Skalenerträge); es wird dann im weiteren ein langfristiges Minimum der Stückkosten erreicht (optimale Betriebs- und Unternehmensgröße). Bei einer weiteren Kapazitätsausweitung ergibt sich dann schließlich ein Anstieg der langfristigen Stückkosten (sinkende Skalenerträge als Folge einer Überforderung der Planungs-, Koordinierungs- und Entscheidungskapazität). - Zeichnung Nun, Überlegungen dieser Art, die eine in die Zukunft, u. U. weit in die Zukunft greifende Planung stützen sollen, werden allerdings erst wirklich sinnvoll, wenn sie mit weiteren Annahmen oder Prognosen verbunden werden. Dazu gehören die absehbaren technischen Produktionsfortschritte (Kostensenkung) zusammen mit der Produktentwicklung, ferner wahrscheinliche Änderungen 75 der Faktorpreise (u. a. Entwicklung der Personalkosten, Zinsbelastungen, Energie- und Materialkosten) einschließlich von Änderungen der Infrastrukturausstattung bestimmter Standorte und auch von Änderungen der (welt-) wirtschaftlichen und politischen Rahmengedingungen (Regulierungen, Zölle, Steuern, Umweltauflagen usw.). Nun, die Realität zeigt bei diesen in die Zukunft reichenden Entwicklungen ganz unterschiedliche Tendenzen und natürlich viel Unsicherheit, die nur mit Schätzung unter Inkaufnahme mehr oder weniger großer Risiken überbrückt werden können. Gewiß haben sich die Planung-, Koordinierungs- und Kontrollkapazität der Unternehmensführung und auch die Möglichkeiten der Marktbeobachtung und Absatzprognosen infolge der rasanten Entwicklung der IT-Technologien und des Datenmanagements gewaltig gesteigert. Trotzdem, wenn wir die Entwicklungen in den letzten zwei – drei Jahrzehnte überschauen, dann sehen wie neben Erfolgen auch spektakuläre Mißerfolge in der Unternehmensführung. Auffälligen Zusammenschlüssen und Konzentrationsbewegungen stehen ebenso auffällige Entflechtungen und Neugruppierungen gegenüber. Man kann sogar innerhalb relativ kurzer Fristen eine Art Modewechsel feststellen: Der Hang zur Ausweitung und Diversifizierung der Produktionspalette ist durch ein Streben nach der Bildung und Verstärkung von Kernkompetenzen abgelöst worden. Nicht mehr Angliederung und vertikale Ausweitung sondern Outsourcing – Verringerung der Produktionstiefe - heißt die Parole. Man denke etwa an die letzten zwei Jahrzehnte der Automobilindustrie oder an noch immer laufenden Bemühungen von EADS/Airbus, für etliche an sich gut beschäftigte Zulieferwerke neu Eigentümer zu finden. Oder man denke an die geplante Neuausrichtung des Metro-Handelskonzerns hier in Köln. Man möchte eine Konzentration auf die qweltweit stärksten Wachstumsfelder, das sind der Großhandel Cash and Carry und der Elektrohandel Saturn/Media Markt. Die 76 Supermarktkette möchte man verkaufen an einen großen ausländischen Handelskonzern (z.B. Carrefour oder Ahold); und Kaufhof/Galeria hängt noch etwas in der Luft. Hier wird es in irgendeiner Form zu einer Zusammenführung mit den Resten von Karstadt kommen; denn in Deutschland hat wohl nur eine Warenhauskette ausreichenden Platz. der Sache sehr interessanten praktischen und Die in wissenschaftlichen Überlegungen zur optimalen Betriebs- und Unternehmensgröße zusammen mit der optimalen Unternehmensstruktur (economies of scale und economies of scope) sind alles in allem noch wenig abgesichert und in der VWL sowie auch in der BWL noch in vollem Fluß. V. Absatz und Erlösgestaltung a) Begriff und Verlaufsformen Der Zweck der erwerbswirtschaftlichen Produktion ist in aller Regel die marktmäßige Verwertung der Produkte, also der Verkauf, der Absatz. In Ausnahmefällen kann natürlich auch für den Eigenbedarf produziert werden (Gartenprodukte, do-it-yourself, ein Bauunternehmen baut für eigene Zwecke einen Lagerschuppen usw.) In der Regel und in der Masse der Fälle wird aber für den Absatz am Markt produziert. Den produzierenden und anbietenden Unternehmen fließt dann durch den Verkauf als Gegenwert ein Erlös zu, der auch Umsatz genannt wird. Der Gesamterlös pro Zeiteinheit (pro Planungsperiode) ergibt sich dann als Produkt aus Absatzmenge und Absatzpreis (E = X∙P). Was die Gestaltung der Erlöse (Umsatz) in Abhängigkeit von der Produktionsund Absatzmenge betrifft, so kann das anbietende Unternehmen nur einen der beiden Bestimmungsfaktoren eigenständig kontrollieren: Es plant und 77 bestimmt die Produktion der zum Verkauf angebotenen Menge. Die Menge ist also stets Aktionsparameter des Unternehmens. Beim Preis ist das anders; der Preis ist eine Marktgröße und damit extern – durch die Wettbewerbslage oder durch das Verhalten der Nachfrager - bestimmt oder jedenfalls wesentlich beeinflußt. Es gibt hier beträchtliche Unterschiede. Ob das anbietende Unternehmen den Absatzpreis seiner Produkte immerhin mehr oder weniger stark beeinflussen kann – also ob es Preispolitik bzw. Preiswettbewerb betreiben kann - oder ob der Absatzpreis für den Anbieter eine durch das Marktgeschehen vorgegebene Größe – für den Anbieter ein Datum - ist, das hängt von der bestehenden Marktform und Wettbewerbsintensität in Verbindung damit von der Größe des Marktanteils ab. Diese Sachverhalte werden aus dem Aufbau der verschiedenen Märkte abgeleitet; das werden wir später noch sehen. Grundsätzlich sind für den Verlauf der Erlöse, also für den Anstieg der Erlöse in Abhängigkeit von einem Anstieg der der Absatzmenge pro Zeiteinheit, zwei typische Möglichkeiten zu unterscheiden: (1.) Der Absatzpreis ist für den einzelnen Anbieter am Markt eine von ihm nicht beeinflußbare Marktgroße, ein einzelwirtschaftliches Datum. Dann ergibt sich der Periodenerlös einfach aus dem Produkt: gegebener Preis mal geplante und realisierte Absatzmenge. (2.) Hängt dagegen der erzielbare Preis vom Angebotsverhalten des Unternehmens ab, also von der Menge, die es verkaufen möchte, dann ist – bei gegebener Nachfrage – eine Ausweitung der absetzbaren Menge nur zu einem reduzierten Preis möglich. Der Periodenerlös ergibt sich dann als Produkt aus dem geforderten Preis und der zu diesem Preis absetzbaren Menge. Also auch hier ist der Erlös das Produkt aus Mange mal Preis; aber der Preis ist für den Anbieter kein Datum, keine aus dem Marktgeschehen für ihn gegebene Größe. Der Preis ist für das einzelne anbietende Unternehmen vielmehr ein Problem. Es selbst muß den richtigen, d.h. den für das eigene 78 Unternehmen günstigsten Preis finden. Denn der Absatzpreis wird durch sein Verhalten, durch die Planung der Menge, die verkauft werden soll, entscheidend beeinflußt. Um zu erkennen, welche Mengen zu bestimmten Preisforderungen absetzbar sind, muß das Verhalten der Käufer beobachtet und vorausgesehen werden. Diese beiden Fälle für die Erlösgestaltung: (1) Preis = Datum; (2) Preis = Problem, wollen wir jetzt genauer betrachten. b) Absatzpreis als Marktdatum Ein marktgegebenes Datum, also eine für den einzelnen Anbieter und natürlich auch für den einzelnen Nachfrager gegebene Größe ist der Preis nur in der Marktform eines homogenen Polypols („vollständiger Wettbewerb“). Auf einem solchen Markt bildet sich der Preis, wie wir noch sehen werden, durch das Aufeinanderwirken von Angebot und Nachfrage auf dem anonymen Markt. Die einzelnen Anbieter und Nachfrager mit ihren minimalen Marktanteilen sind für das Marktgeschehen und das Zustandekommen des Marktpreises unbedeutend. Sie müssen den jeweils bestehenden Marktpreis akzeptieren und in ihre Planung übernehmen. Als Gestaltungsgröße, als Aktionsparameter, steht hier ausschließlich die Produktions- und Angebotsmenge zur Verfügung. Ist damit der Absatzpreis gegeben und kann deshalb kein Preiswettbewerb stattfinden, so sind nur die Produktionskosten gestaltbar. Hier und nur hier liegt die Wettbewerbsaufgabe der Unternehmen. Über vergleichsweise niedrigere Produktionskosten kann ein Gewinnvorsprung gegenüber den Mitbewerbern erreicht werden. Lediglich diese Form des Wettbewerbs ist möglich: Ein Wettbewerbsvorsprung und damit ein übernormaler Gewinn sind nur durch einen Vorsprung in der 79 Kostenoptimierung möglich. Das wäre etwa der Fall, wenn einzelne Produzenten und Anbieter einen kostensenkenden technischen Fortschritt schneller entdecken und realisieren als die anderen, die hinterher hinkenden Mitanbieter. Dieser Fall „Absatzpreis ist einzelwirtschaftliches Datum“ darf also nicht mit einer staatlichen Preisfixierung verwechselt werden. Der für den einzelnen gegebene Preis ist vielmehr das Resultat der freien Preisbildung am anonymen Markt, der die Form eines homogenen Polypols aufweist. Dann kann der einzelne Anbieter seine Produktions- und Angebotsmenge im Rahmen seiner im Vergleich zum Gesamtmarkt extrem kleinen Kapazität ausweiten oder einschränken, ohne daß dies die Höhe des Marktpreises fühlbar beeinflussen würde. Der einzelne hat für sich gesehen keinen Einfluß auf die Preishöhe. Die zu diesem Fall gehörende graphische Darstellung ist sehr einfach. Die als Datum gegebene Preishöhe wird als Linie parallel zur Mengenachse gezeichnet. Sie zeigt, daß zu diesem Preis jede – einzelwirtschaftlich produzierbare - Angebotsmenge auch tatsächlich verkauft werden kann (Preis-Absatzfunktion bis zur Kapazitätsgrenze). Da hier also jede weitere Mengeneinheit zum gleichen Preis – dem jeweils herrschen Marktpreis abgesetzt werden kann, entspricht der Grenzerlös, der Erlöszuwachs beim Absatz einer weiteren Produkteinheit, dem Preis (=Stückerlös). Der Gesamterlös ergibt sich dann als Produkt aus gegebenem Preis und realisierter Absatzmenge. Graphisch verläuft er vom Nullpunkt aus als ansteigende gerade Linie, wobei der Steigungswinkel durch die Höhe des Preises bestimmt ist. 80 c) Preis als Problem der Absatz- und Erlösplanung In den meisten Fällen des praktischen Marktgeschehens haben wir den zuerst besprochenen einfachen Zusammenhang aber nicht. Meistens gestatten es die gegebenen Marktverhältnisse den anbietenden Unternehmen, ihre Absatzpreise über eine bestimmte, mehr oder weniger weite Spanne zu variieren. Die Anbieter können und müssen dann den günstigsten Preis finden. Sie können dann Preisanhebungen oder Preissenkungen vornehmen, ohne als Folge einer Preisanhebung den gesamten Absatz zu verlieren oder als Folge eine Preissenkung die gesamte Marktnachfrage auf sich zu ziehen. Innerhalb bestimmter, durch den Wettbewerb gezogener Grenzen kann und muß dann die Höhe des geforderten Absatzpreises bewußt geplant und als Aktionsparameter eingesetzt werden. Nur durch die Wahl der richtige Preishöhe ist die gewinngünstigste Lage zu erreichen (Preispolitik). Die Spannweite der möglichen und sinnvollen Preisgestaltung hängt von der jeweils gegeben Marktform und damit von der Art und Intensität des Wettbewerbs ab. Beim Monopol ist der preispolitische Spielraum groß, bei Oligopolen mit leicht austauschbaren Substitutionsgütern ist er meistens sehr klein. Die allgemeine Aussage lautet dann: Unter im übrigen gegebenen und unveränderten Preisforderungen Umständen, der - insbesondere Konkurrenten und bei bei unveränderten unverändertem Nachfrageverhalten -, kann das anbietende Unternehmen durch eine 81 Preissenkung seine Absatzmenge ausweiten. Bei einer Preisanhebung tritt dagegen ein Absatzverlust ein. Die Linie, die im Koordinatenfeld anzeigt, welche Mengen jeweils bei unterschiedlich hohen Preisen absetzbar ist, heißt Preis-Absatzfunktion (PAF). Sie sinkt im Koordinatenfeld von links oben nach rechts unten; wir haben also eine geneigte PAF. In der wirtschaftlichen Realität kann den anbietenden Untermnehmen natürlich immer nur ein Ausschnitt aus der PAL bekannt sein; ein Ausschnitt in der Nähe des jeweils geltenden Preises. Nur für kleine und mäßige Änderungen des Preises wird es im allgemeinen einigermaßen zutreffende Erwartungen über das ausgelöste Verhalten der Nachfrager geben. Um die Darstellung des Falles aber einfach und übersichtlich zu halten, wird diese Spanne, die für die praktische Preispolitik relevant ist, als gerade Linie ausgedehnt. Die Linie wird durchgezogen, und die Preis-Absatzfunktion bildet dann eine Gerade von der Preisachse (Ordinate) bis zur Mengenachse (Abszisse). Sie beginnt mit der Preishöhe; bei der die Absatzmenge auf Null fällt und endet bei einer Menge, zu der kein Preis mehr erzielbar ist (Sättigungsmenge). Zeichnung Frage jetzt: Wie gestalten sich die Gesamterlöse aus Menge mal Preis, wenn wir eine geneigte, fallende Preis-Absatzfunktion zugrunde legen? Nun, wegen des fallenden Verlaufs der PAF liegen die Grenzerlöse – die Zuwächse zum Gesamterlös beim Mehrabsatz einer Mengeneinheit - unter den zugehörigen Preisen. Das muß man sich – am besten an Hand der Graphik - kurz klar machen.(→) 82 Wir unterstellen eine Preissenkung, die im Ausmaß genau ausreicht, um den Mehrabsatz einer weiteren Mengeneinheit zu bewirken. Als Folge dieser Preissenkung steigt also die abgesetzte Menge um eine Einheit, und dies erbringt einen Mehrerlös in Höhe des nunmehr erzielbaren (heruntergesetzten) Preises. Doch gleichzeitig tritt diese Preissenkung auch für die bisher Absatzmenge ein, die ja zu einem höheren Preis abgesetzte wurde. Und dies mindert den Erlös.10 Dem Erlöszuwachs P2 (neuer, niedrigerer Preis für die zusätzlich verkaufte Mengeneinheit) steht also eine Erlösminderung gegenüber X1 ∙ (P1 – P2) – (alte Menge X1 mal Preisreduktion P1 – P2). Betrachten wir dazu eine einfaches Zahlenbeispiel. P1 = 75 X1 = 50 P2 = 74,5 X2 = 51 Gesamterlös = 3750 Gesamterlös = 3799,50 Grenzerlös = 74,50 – (0,5 mal 50) = 49,50 Dieser Grenzerlös von 49,50 zeigt sich als Anstieg der Gesamterlöse von 3750 auf 3799,50. Der Verlauf der Grenzerlöse liegt deshalb wegen der zur Absatzsteigerung erforderlichen Preisreduktion unter der geneigten PAF. Der Grenzerlös liegt damit unter dem jeweils zugehörigen Preis. Bildet die PAF, wie der Einfach halber unterstellt, eine gerade Linie, dann verläuft auch die Grenzerlösfunktion linear, und zwar oben vom Schnittpunkt der PAF mit der Preisachse bis zur 10 Von der evtl. bestehenden Möglichkeit, Teile der abgesetzten Gesamtmenge zu unterschiedlichen Preisen verkaufen zuz können, wird hier abgesehen. Der Stückerlös entspricht dann stets dem für den Gesamtabsatz geltenden Preis. Das Problem einer monopolistischen Preisdifferenzierung wird an späterer Stelle besprochen. 83 Hälfte der Sättigungsmenge auf der Mengenachse. Dieser Verlauf der Grenzerlöse hat für die – später zu behandelnde - Ableitung von Preisbildungsprozessen und Gleichgewichtspunkten zentrale Bedeutung. Die Gestaltung der Gesamterlöse in Abhängigkeit von der Absatzmenge ist jetzt leicht zu erkennen. Die Größe der Gesamterlöse ergibt sich ja als Produkt aus der jeweiligen Menge mit den zugehörigen Preisen entlang der PAF. Dem entsprechend steigen die Gesamterlöse vom Nullpunkt aus zunächst an; sie erreichen ein Maximum (in obigem Beispiel ist dies 50∙100=500) und fällt dann wieder auf null zurück. Das Maximum der Gesamterlöse ist erreicht, wenn die fallenden Grenzerlöse die Mengenachse schneiden, wo also der zunächst positive Grenzerlös null wird und von da an negative Werte zeigt. Dann werden die Gesamterlöse fortgesetzt kleiner: Der Vorteil aus der Mengenausweitung und dem Mehrabsatz wird durch den Nachteil der Preisreduktion für die bisherige Absatzmenge überkompensiert. Diese Überlegung zeigt schon, daß für die wirtschaftliche Planung der Angebotsmenge nur derjenige Abschnitt der PAF relevant sein kann, bei dem der Grenzerlös positiv ist und der Gesamterlös sein Maximum noch nicht erreicht hat. VI. Angebot und Nachfrage a) Der Markt in der Mikroökonomie Die meisten wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Wirtschaftssubjekten sind Marktbeziehungen: Beziehungen zwischen Käufern und Verkäufern, Arbeitgebern und Arbeitnehmer, Vermietern und Mietern usw. Der mit Abstand größte Teil der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung ergibt sich aus Marktbeziehungen: Die Beschaffung der Produktionsfaktoren auf den 84 Faktormärkten, die Beschaffungsketten für die Vorleistungsgüter und der Verkauf auf den Absatzmärkten. Es gibt aber Ausnahmen. Ein Teil der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung (BIP) läuft nicht über Märkte und kann nicht zu Marktpreisen bewertet werden; dies gilt insbesondere für die staatlichen Leistungen zur Deckung des Kollektivbedarfs. Ein weiterer Teil der tatsächlichen Wertschöpfung wird nicht einmal in der Produktionsstatistik erfaßt, nämlich die produktiven Wirtschaftsleistungen privater Haushalte (Kochen, Einmachen, Gartenbau, do-it-yourself u.s.w.). Gleichwohl, um es noch einmal zu sagen, der mit großem Abstand größte Teil der wirtschaftlichen Planungen und Entscheidungen erfolgt in Marktbeziehungen zwischen den Wirtschaftseinheiten, - und unsere Wirtschaftsordnung heißt deshalb zu Recht Marktwirtschaft. Im Theoriebereich der Makroökonomie wird die Gesamtheit der Märkte einer Volkswirtschaft in drei Gruppen von Märkten zusammengefaßt und zwischen 1. Gütermärkten, 2. Faktormärkten – unter besonderer Betonung des Arbeitsmarktes - und 3. Finanzmärkten (Geld- und Kapitalmärkte) unterschieden. Die Mikroökonomie dagegen konzentriert sich zunächst auf die Gütermärkte und stellt von diesen die Verbindungen zu den Faktormärkten her. Denn von den Faktormärkten müssen die Produktionsfaktoren für die Produktionsprozesse beschafft werden, und hier auf den Faktormärkten kommt die Vergütung der Faktoren, die funktionelle Einkommensverteilung, zustande.11 Im Folgenden stellen wir aber die Gütermärkte in den Mittelpunkt unseres Interesses. Gütermärkte können nach den unterschiedlichsten Merkmalen gegliedert und eingeteilt werden: Sachgüter- und Dienstleistungsmärkte, Verbraus- und Gebrausgüter, Märkte für fertige Konsumgüter, für fertige 11 Die Geld- und Kapitalmärkte werden mit unterschiedlichen Akzenten in der Makroökonomie, Konjunkturpolitik, Finanzwissenschaft sowie in der betriebswirtschaftlichen Finanzierungslehre behandelt. 85 Investitionsgüter, für Vorleistungsgüter, für Rohstoffe, für Energie u.s.w. Die Mikroökonomie sieht aber, – wenn nicht etwas anderes ausdrücklich gesagt wird –, von dieser konkreten Vielfalt der bestehenden Märkte ab. Zunächst muß das Gemeinsame interessieren und herausgestellt werden. Was ist der Markt, wie funktioniert er, welche Wirkungen gehen von ihm aus? Um den Aufbau und das Funktionieren des marktwirtschaftlichen Systems – die im Netzwerk der Märkte bestehenden Zusammenhänge und Abhängigkeiten - zu erkennen, müssen zunächst abstrakte Marktmodelle gebildet und analysiert werden. Die dabei gewonnenen Modellaussagen dienen dann als Instrumente, mit denen wir die vielgestaltige Realität aufgreifen und erklären. Die verschiedenen Marktformen (Polypol, Oligopol, Monopol), die in der Mikroökonomie und dabei in der Lehre von der Preisbildung unterschieden werden, haben den Zweck, die besonderen Marktverhältnisse herauszuarbeiten, die für die Preisbildung entscheidend sind, und die dann zeigen, wie die zustande kommenden Preise auf die weitere Gestaltung von Angebots- und Nachfragemengen einwirken. Zu diesen generell bedeutsamen Einflußfaktoren gehören etwa die Zahl der Marktteilnehmer auf beiden Marktseiten, die Größe und Streuung der Marktanteile, das Bestehen von Präferenzlagen bestimmter Angebote in der Beurteilung der Käufer, Die Möglichkeiten des Zutritts für neue Anbieter oder Nachfrager, die Stärke und Schnelligkeit, mit der technische Veränderungen die Produktions- und Angebotsbedingungen verändern und Anpassungen im Einsatz der Produktionsfaktoren auslösen u.s.w.12 Für den Einstieg müssen wir uns aber einem einfachen Marktmodell zuwenden. Besonders zu diesen Abschnitten wird ein Nachlesen der entsprechenden Passagen des Skripts „Einführung in die VWL“ empfohlen. 12 86 b) Das Basismodell Der Markt, das wissen wir, ist das Aufeinandertreffen von Verkäufern und Käufern und damit von angebotenen und nachgefragten Gütermengen. Man kann auch etwas genauer sagen: der Markt ist das Aufeinandertreffen von Verkaufs- und Kaufwünschen in bezug auf ein bestimmtes Gut - zum Zwecke der Preisbildung und Umsatzgestaltung. Die Anbieter und Nachfrager an einem Markt sind Gruppen von Wirtschaftssubjekten, die das Bestreben haben, als Anbieter das Gut möglichst vorteilhaft, zu einem möglichst hohen Preis zu verkaufen, als Nachfrager dagegen dieses Gut möglich vorteilhaft, also zu einem möglich niedrigen Preis zu kaufen. Die Interessen der beiden Marktseiten hinsichtlich der Preishöhe sind also notwendig konträr: – die Verkäufer streben einen möglichst hohen, die Käufer einen möglichst niedrigen Preis an. Das damit bestehende natürliche Spannungsverhältnis zwischen dem Erwerbsstreben der Verkäufer und dem Versorgungsinteresse der Käufer muß aufgelöst werden; und es wird durch die Preisbildung gelöst, durch das Finden eines von beiden Seiten akzeptierten Preises, zu dem dann die Umsätze erfolgen können und die Angebotsmenge der Nachfragemenge entspricht.. Ein solcher Gleichgewichtspreis wird tatsächlich erreicht, weil sowohl die Mengen des an den Markt gebrachten Angebots als auch die nachgefragte Mengen von der Höhe des Preises abhängig sind, und weil diese Abhängigkeit der Mengen von der Preishöhe in umgekehrter Richtung verläuft. Eine Preissteigerung führt – wenn nicht gleichzeitig auch die Kosten ansteigen - zu einer Ausweitung der Angebotsmenge. Und die Verteuerung läßt gleichzeitig die Nachfragemenge so lange sinken, bis bei einer bestimmten Preishöhe die geplanten Mengen beider Marktseiten größengleich werden. Und umgekehrt: Eine Preissenkung bewirkt eine Einschränkung des 87 Angebots und zugleich eine Ausweitung der Nachfrage, sodaß sich die Mengen von Angebot und Nachfrage aufeinander zu bewegen. Also: Sowohl die Angebotsmenge wie auch die Nachfragemenge stehen in einer bestimmten funktionalen Abhängigkeit von der Preishöhe, und zwar ist die Abhängig gegenläufig. Am einfachsten ist diese Aussage in einem Koordinatenfeld zu erkennen, in welchem die gegenläufige Preisabhängigkeit der Angebots- und Nachfragemenge – die Angebots- und Nachfragefunktion - durch eine ansteigende Angebotskurve und eine fallende Nachfragekurve dargestellt wird. Der Schnittpunkt dieser beiden Kurven markiert die Gleichgewichtslage: Die diesem Preis – dem Gleichgewichtspreis - zugeordneten Mengen von Angebot und Nachfrage sind größengleich. Es ist dann auch leicht zu erkennen, daß bei jeder anderen Preishöhe ein Ungleichgewicht entsteht. Liegt der Preis über der Gleichgewichtslage dann verursacht dies einen Angebotsüberhang, liegt der Preis unter dieser Lage, dann ergibt sich daraus ein Nachfrageüberhang. Solche Überhänge – also entweder nicht absetzbare Angebotsmengen oder nicht bedienbare Nachfragemengen – zeigen Ungleichgewichte an und zeigen damit, daß zu diesem Preis der bestmögliche Interessenausgleich zwischen den beiden Marktseiten nicht oder noch nicht hergestellt ist. Es muß auf dem Markt eine Bewegung ausgelöst werden, die zum Gleichgewicht führt. Und so ist es auch. Ein Angebotsüberhang drückt auf den Markt; er löst einen Wettbewerb der Verkäufer aus und so einen Preisdruck, der Nachfrageüberhang dann zeigt zum eine Gleichgewicht führt. Verknappung an; Ungekehrt: dadurch wird Ein ein Überbietungswettbewerb auf der Käuferseite und ein Anstieg des Preises ausgelöst, bis genügend Nachfrage ausfällt und das Gleichgewicht hergestellt ist. 88 Diese Annahme einer steigenden Angebotskurve und einer fallenden Nachfragekurve ist durch die Analyse des typischen Anbieter- und Nachfragerverhaltens gut abgestützt. Die Unternehmen reagieren als Produzenten bei einem Preisanstieg entlang ihrer Grenzkostenkurve mit einer Ausweitung der Produktions- und Angebotsmenge. Die privaten Haushalte schränken bei einer Preissteigerung die Nachfragemenge ein und zwar als Folge des Substitutions- und des Einkommenseffektes. Preissenkungen haben jeweils den umgekehrten Effekt. Dieses sehr einfache Basismodell setzt allerdings zweierlei voraus. Zu einen können hier die Anbieter und Nachfrager auf die jeweilige Preishöhe und auf eintretende Preisänderungen nur mit Mengenentscheidungen reagieren. Der Preis ist für die einzelnen Marktteilnehmer als für alle geltender Marktpreis vorgegeben; es ist eine Größe, die der einzelne Anbieter und Nachfrager nicht beeinflussen kann. Ferner sind hier die individuellen Angebots- und Nachfragemengen der einzelnen Marktbeteiligten jeweils in einer, für den gesamten Markt geltenden Angebots- und Nachfragekurve zusammengefaßt. Die Teilmengen des Marktangebots, die von den verschiedenen Anbietern stammen, müssen dann in der Beurteilung der Käufer also völlig unterschiedslos, homogen sein. Eine solche Art der Preisbildung, wie sie durch die bekannte Graphik dargestellt wird, setzt mithin ganz bestimmte Strukturbedingungen voraus. (1.) Es muß sich bei diesem Basismodell um einen Polypolmarkt handeln: d.h. die Zahl der Marktteilnehmer muß so groß und die Marktanteile der einzelnen müssen so klein sein, daß der herrschende Marktpreis als Plandatum betrachtet werden muß (Verhaltensweise als Preisnehmer und Mengenanpasser). (2.) Es muß sich um einen in jeder Hinsicht homogenen 89 Markt handeln. Das Bestehen von Präferenzen – von sachlichen, räumlichen, zeitlichen oder persönlichen Präferenzen - würde die Einheit des Marktes aufspalten und Teilmärkte entstehen lassen. Auf diesen würden sich unterschiedliche Preise bilden. (3.) Es sind zudem bei den Marktteilnehmern volle Markttransparenz und die Fähigkeit zu schnellen Reaktionen auf Preisänderungen zu unterstellen. Anderenfalls würde es – bei unzureichenden Informationen und nennenswerten Anpassungsfristen – zu Verzögerungen in der Erreichung des neuen Gleichgewichts und damit leicht zu Fehleinschätzungen und zu Fehlentscheidungen im Blick auf die Preisbildung kommen. Diese Bedingungen können der Realität nur selten und auch nur näherungsweise erfüllt sein. Beispiele sind Wertpapier- und Produktenbörsen und andere perfekt organisierte Märkte, etwa Auktionen. Obwohl es in der Praxis eher ein Ausnahmefall ist, zeigt das einfache Basismodell aber doch schon sehr klar die Grundzüge und Aufgaben des Marktgeschehens, der Preisbildung und der Lenkung der Produktion durch die bestehenden bzw. erwarteten Preise. Die Darstellung läßt auch klar erkennen, daß staatliche Eingriffe in die freie Marktpreisbildung zu Störungen führen müssen: d.h. staatliche Bindungen des Preises über oder unter der Gleichgewichtslage lassen Ungleichgewichte Angebots- oder Nachfrageüberhängen entstehen. Solche als Störungen empfundenen Ungleichgewichte veranlassen die Politik dann in der vorzunehmen, Regel, um zusätzliche, mit noch weiter reichenden verwaltungswirtschaftlichen Eingriffen Maßnahmen die planwirtschaftlich verursachten Ungleichgewichte mehr schlecht als recht abzubauen (durch Kontingentierungen, durch Produktions- bzw. Anbaubeschränkungen, durch einen steuerfinanzierten Aufkauf und evtl. durch die Vernichtung von Überschüssen usw. Wir kennen das besonders aus der Landwirtschaft bes. Milchwirtschaft und auch aus der 90 Wohnungswirtschaft. Politische Eingriffe in das Marktgeschehen blockieren die Wirksamkeit der marktmäßigen Angebotssteuerung und blockieren auch den Antrieb der Markt- und Wettbewerbskräfte. Sie lenken die Produktion und den Einsatz der Produktionsfaktoren genau in die falsche Richtung, d.h. an der Nachfrage vorbei. Das Marktgeschehen und die Voraussetzungen, unter denen das Marktgeschehen wirken kann, sind also entscheidend dafür, ob die marktwirtschaftliche Ordnung in Ordnung ist oder nicht. Schon unser erster, noch sehr einfacher Überblick, daß die freie Preisbildung für die Ordnung des Systems „Marktwirtschaft“ entscheidende Funktionen wahrnimmt und wahrnehmen muß. Wir wollen folgende Funktionen bzw. Aufgaben der Marktpreisbildung unterscheiden und festhalten: (1.) Das Markt- und Wettbewerbsverhalten der Anbieter und Nachfrager muß die Herstellung von Marktgleichgewichten sichern (Ausgleichsfunktion). (2.) Damit wird die Güterproduktion (und das heißt auch: der Einsatz der Produktionsfaktoren) ausgerichtet auf die an den Märkten (Produktionslenkungsfunktion). (3.) wirksame Der Nachfrage Wettbewerb hat gleichzeitig dafür zu sorgen, daß der Einsatz der Produktionsfaktoren in einzelwirtschaftlicher und in volkswirtschaftlicher Hinsicht so effizient wie möglich erfolgt (= optimale Faktorkombination und optimale Faktorallokation). (4.) Die in das Markt- und Wettbewerbssystem eingebundene Preisbildung auf den Faktormärkten, an denen sich Unternehmen und private Haushalte gegenüberstehen, muß zu einer der (Grenz-) Produktivität entsprechenden Faktorvergütung führen. Das ist eine leistungsentsprechende 91 Einkommensverteilung (Bildung der Faktorpreise, funktionale Einkommensverteilung).13 c.) Störungen des Marktoptimums Das Idealbild einer optimalen Marktsteuerung und die wirtschaftliche Realität weichen allerdings nicht selten voneinander ab. Wir müssen ergänzen und betonen: Nur bei Marktpreisbildung – funktionsfähigem entsprechend Wettbewerbs14 den genannten führt die Funktionen freie - zur wirtschaftlich bestmöglichen Verwendung der Produktionsfaktoren (optimale Faktorkombination und optimale Faktorallokation) und damit zur bestmöglichen Versorgungslage. Es gibt nur wenige Ausnahmen von der Regel; man spricht dann von Marktversagen. Den wichtigsten Fall bietet die Erscheinung externer Effekte (externe Kosten und externe Nutzen). Abweichungen vom Optimum können außerdem durch Unterschiede (durch eine Asymmetrie) in der Verfügbarkeit marktrelevanter Informationen entstehen. Dazu einige Hinweise. Externe Kosten sind Kostenbestandteile, die nicht vom Verursacher getragen werden, sondern bestimmte Dritte (Nachbarn) oder auch die Allgemeinheit (Steuerzahler) belasten (z.B. nicht internalisierte Umweltschäden). Das Bestehen externe Kosten, also dem Verursacher nicht angelastete Kosten nennenswerten Umfangs, führen zu einer über das Optimum hinausgehenden Produktion und damit zu einer Faktorverschwendung. Die Begrenzung der 13 Dies ist eine andere Ausdrucksweise für die übliche Einteilung der volkswirtschaftlichen Funktionen der freien Marktpreisbildung; (1.) Ausgleichsfunktion, (2.) Produktionslenkungsfunktion und (3.) Verteilungsfunktion. Wenn die Aufgaben des Wettbewerbs beschrieben werden, sind zusätzlich noch die „dynamischen Funktionen“ zu nennen: die flexible Anpassung der Produktion an eintretende Nachfrageänderungen sowie der Antrieb zur Entwicklung von Verfahrens- und Produktinnovationen. 14 Genaueres in der Lehrveranstaltung „Wettbewerb und Wettbewerbspolitik“ 92 Produktion durch eine volle Kostenanlastung greift nicht richtig. Sind solche externen Kosten erkannt, und können sie in ihrer Höhne ausreichend zuverlässig bewertet werden, dann müssen sie den Verursachern angelastet werden (durch besondere Abgaben, technische Auflagen etwa zur Abgasemission u. Ä.). Man nennt dies Internalisierung externer Kosten. Es gibt aber umgekehrt auch externe Nutzen, das sind Nutzenstiftungen, die dem Verursacher nicht zugute kommen, sondern die andere Dritte oder die Allgemeinheit begünstigen, ohne daß der Verursacher dafür eine Vergütung erhält (z.B. kostenlose Öffnung von privaten Parkanlagen oder von Firmenparkplätzen, allgemein zugängliche Schloß- und Gartenanlagen u. ä.) Bei nennenswerten externen Nutzen besteht die Gefahr, daß das Angebot hinter dem erwünschen Ausmaß zurückbleibt. Zur Korrektur käme eine Erhebung von Gebühren durch den Nutzenstifter in Frage, die für ihn aber nur sinnvoll ist, wenn die Erträgnisse eindeutig größer sind als der oft nicht geringe Einrichtungs- und Kontrollaufwand. Öffentliche Beihilfen wären zu bedenken. (Es gibt Beispiele externer Nutzen von durchaus beträchtlichem Ausmaß. Man denke etwa, um nur ein Beispiel zu nennen, an die TwitterPlattform für die Übermittlung von zeitnahen Kurznachrichten, die in massivem Umfang genutzt wird. Dem Erfinder und Betreiber ist es aber noch nicht gelungen, für sich in größerem Umfang Erträge zu erschließen, - etwa durch Werbeeinschübe.) Der zweite Punkt betrifft die Informationslage der Marktteilnehmer. Eine asymmetrische, also ungleiche Verteilung von marktrelevanten Informationen über Preise, Gütereigenschaften u. Ä. kann zu unerwünschten Wissensvorsprüngen und als Folge zu Fehlentscheidungen der schlechter Informierten, zur mangelhaften Nutzung von bestehenden Marktchancen, auch zu Übervorteilung und Betrügereien führen. In der Regel ist der professionell spezialisierte Informationsstand der Produzenten und Anbieter 93 höher als das meistens laienhafte Wissen der privaten Haushalte. Hier können – neben individuellen Anstrengungen zur Informations- und Erfahrungssammlung etwa per Internet – Beratung durch den Handel, aber auch öffentlich geförderte Stiftungen für Warenvergleiche und Warentests, Kennzeichnungsregeln, zuverlässige und gut verständliche Beipackerläuterungen u. Ä. eine Verbesserung herbeiführen. Ein besonderes und kriminelles Kapitel sind Insidergeschäfte mit Aktien und anderen Wertpapieren; wenn etwa leitende Angestellte oder auch Aufsichtsräte ihre noch nicht allgemein bekannten Kenntnisse - etwa über beabsichtigte Beteiligungen - für lukrative private Börsengeschäfte ausnutzen. Hier gibt es allerdings inzwischen eine ziemlich effektive Börsenaufsicht. d) Die Preiselastizität des Angebots Der Begriff der Preiselastizität müßte schon ein alter Bekannter sein. Denn wir haben die Preiselastizität der Marktnachfrage (direkte Preiselastizität, KreuzPreiselastizität. Einkommenselastizität) bereits an früherer Stelle einigermaßen ausführlich besprochen. Es ging dabei um die Frage: Wie stark die Nachfragemenge reagiert, wenn eine Änderung des Preises des betrachteten Gutes, Änderungen anderer Preise oder Änderungen des verfügbaren Einkommens eintreten. Genauer formuliert: Um wieviel Prozent ändert sich die von einem Gut nachgefragte Menge, wenn sich eine der genannten Bezugsgrößen um einen bestimmten Prozentsatz verändert - um x Prozent steigt oder fällt. Nun, eine entsprechende Elastizität und entsprechende Elastizitätswerte gibt es auch für die Produktions- und Angebotsgestaltung und damit für das Marktangebot. Dabei messen wir die prozentuale Reaktion des Marktangebots eines Gutes auf eine prozentuale Änderung des Preises dieses Gutes. Wir verwenden dazu, wie bei der Nachfrage, die allgemeine Elastizitätsformel, die wir jetzt folgendermaßen schreiben: 94 a = ∆q/∆p ∙ p/q. Gegenüber der Preiselastizität der Nachfrage besteht aber, was die Wirkungsrichtung betrifft, ein wesentlicher Unterschied: Weil in der Produktionsplanung die Angebotsmengen den Preisänderungen in der gleichen Richtung nach oben oder unten folgt, weisen die Elastizitätswerte des Angebots – im Gegensatz zur Preiselastizität der Nachfrage - positive Werte auf: Steigende Preise lösen ein steigendes Angebot aus, sinkende Preise führen zu einem sinkenden Angebot. Im übrigen können aber wieder die drei Elastizitätsfelder unterschieden werden. (1.) Elastisches Angebot = Elastizitätskoeffizient größer als 1 (= überproportionale Reaktion). (2.) Unelastisches Angebot = Elastizitätskoeffizient kleiner als eins (unterproportionale Reaktion). Und dazwischen liegend = Elastizitätskoeffizient von eins (= proportionale Reaktion). Das Ausmaß der Angebotsreaktionen auf veränderte Absatzpreise kann sehr unterschiedlich sein. Im wesentlichen aber hängt die Reaktion des Angebots von zwei Sachverhalten ab. Als erstes ist die verwendete Produktionstechnik u nennen. Bei arbeitsintensiven Technologien ist in der Regel die Elastizität des Angebots größer als bei kapitalintensiven Technologien: So kann oft das Angebot von Dienstleistungen veränderten Markt- und Preisverhältnissen schneller und stärker angepaßt werden, als das Angebot im Maschinen- und Anlagenbau. Noch wichtiger ist aber ein zweiter Punkt, der für nahezu alle Produktionszweige Bedeutung besitzt, Angebotselastizität vom jeweiligen nämlich die Abhängigkeit der Auslastungsgrad der vorhandenen Produktionskapazitäten. Bestehen in einzelnen Unternehmen, vielleicht in ganzen Brachen oder in der Konjunkturflaute fast im gesamten 95 Produktionssystem Freikapazitäten in großem Umfang, dann verursachen schon geringe Erholungstendenzen der Nachfrage mit kleinen Preissteigerungen eine starke, weit überproportionale Ausweitung des Angebots. Ungenutzte Produktionsmöglichkeiten stehen ja auf Abruf bereit und warten auf Nachfrage. Wird dagegen, etwa in der Hochkonjunktur, bei nahezu voller Auslastung bereits an der Kapazitätsgrenze gearbeitet, dann können auch nennenswerte Preissteigerungen, wenn überhaupt, nur noch in geringem Umfang eine Mehrproduktion und eine Ausweitung des Angebots bewirken. Vielleicht können noch weitere Überstunden gefahren und der Maschinenpark über die Normalgrenzen hinaus noch stärker belastet werden. So kann dann noch etwas mehr produziert werden. Die anormale Beanspruchung führt dann aber zu steil ansteigenden Grenzkosten. Hier lohnt eine Mehrproduktion nur bei ungewöhnlich stark angestiegenen Preisen. Bei diesen Überlegungen über die Reaktion der Angebotsmenge bei eintretenden oder erwarteten Preisänderungen bewegen wir uns im Planungsbereich der kurzfristigen Produktions- und Kostenverläufe, es bestehen Kapazitätsgrenzen. Anders liegen die Dinge natürlich in der langfristigen Planung, wenn unterstellt wird, daß die verfügbare Zeit ausreicht, die Produktionskapazitäten durch Investitionen auszuweiten, also die die Kapazitätsgrenze zu verschieben. VII. Veränderungen von Angebot und Nachfrage a.) Variationsmethode Bei der Beschreibung von Veränderungen im Angebots- und Nachfrageverhalten auf einem Markt müssen zwei Vorgänge streng auseinander gehalten werden. (1.) Veränderungen der Angebots- oder Nachfragemenge entlang gegebener Angebots- und Nachfragekurven. Und 96 (2.): Veränderungen der Angebots- oder Nachfragebedingungen auf einem betrachteten Markt, die in Verschiebungen der entsprechenden Angebotsoder Nachfragekurven zu Ausdruck kommen. Der erste Vorgang – durch Preisänderungen ausgelöste Mengenänderungen – ist in den letzten Abschnitten bereits behandelt worden. Hier sind die sonstigen Marktbedingungen gegeben – außer dem als veränderlich behandelten Preis. Dies kommt in den unverändert gegebenen Kurven zum Ausdruck. (Zeichnung) Es werden hier also lediglich die Mengenänderungen erfaßt, die sich als Folge der unterstellten Preisänderungen bei dem betrachteten Gut ergeben. Das sind Bewegungen entlang gegebener Angebots- und Nachfragekurven. Der zweite Vorgang unterstellt und betrachtet dagegen Veränderungen der Angebots- oder der Nachfragelage, die durch die übrigen Einflußfaktoren ausgelöst werden, – etwa Angebotsausweitungen infolge eines kostensenkenden technischen Fortschritts oder Nachfrageverschiebungen ausgelöst etwa durch Bedarfsänderungen oder durch Veränderungen der verfügbaren Einkommen. Hier verändern sich die Bedingungen von Angebot und Nachfrage, und Änderungen dieser Art zeigen sich in Verschiebungen der Angebots- und Nachfragekurven. Mit einer solchen Verschiebung wird dann ein neues Marktgleichgewicht kenntlich gemacht. Die eingetretene Änderung des Marktergebnisses zeigt sich, wenn der alte Gleichgewichtspunkt mit dem neuen Gleichgewichtspunkt verglichen wird und beide Punkte – das alte und das neue Gleichgewicht – miteinander verbunden werden. 97 Angenommen: Die Nachfragekurve Angebotsseite sind führt Nachfragebedingungen gegeben dagegen und ein und die entsprechende bleiben unverändert. technischer Fortschritt Auf zu der einer Kostensenkung. Dann verschiebt sich die Angebotskurve nach rechts unten. Es zeigt sich als Folge ein neues Gleichgewicht: (Zeichnung) Zu einem niedrigen Preis wird jetzt also eine größere Menge angeboten und nachgefragt. - Ein anderes Beispiel: Marktangebot und Angebotskurve sind gegeben und bleiben unverändert. Die Nachfrage nach dem betrachteten Gut steigt dagegen, etwa weil das betrachtete Gut eine steigende Wertschätzung gewinnt. Die Nachfragekurve schiebt sich nach rechts und der Preis zieht an, weil zunächst einmal das Angebot (noch) nicht vergrößert werden kann. Auch kann man dann ein neues Gleichgewicht dem alten Gleichgewicht gegenüberstellen. Einen Gleichgewichtspunkt, solchen wobei die Vergleich von Verschiebung altem das und Ergebnis neuem einer Datenänderung auf der Angebots- oder auf der Nachfrageseite ist, nennt man Variationsmethode. Die Ausgangslage wird durch eine Variation der Einflußfaktoren gestört. Und verglichen werden dann das alte und das neue Gleichgewicht. Der zwischen den beiden Lagen liegende Anpassungsprozeß und die notwendige Anpassungsfrist werden dabei – in dieser einfachen Variationsmethode - nicht berücksichtigt. 98 b) Übergangs- und Anpassungsanalyse Wenn eine Datenänderung (technischer Fortschritt, Veränderungen der Faktorpreise, Nachfrageverschiebungen wegen veränderter Einkommen oder Präferenzen u. Ä.) auf eine bestehende Gleichgewichtslage trifft, dann ist es in der Realität aber natürlich nicht so, daß das neue Gleichgewicht mit einem Sprung (zeitlos) erreicht wird. Es wird vielmehr ein zeitfordernder, mehr oder weniger langer Übergangs- und Anpassungsprozeß ausgelöst. Es können sogar während dieses Prozesses schon wieder weitere Datenänderungen eintreten, noch bevor das neue Gleichgewicht erreicht wurde, so daß sich der angestrebte Gleichgewichtspunkt erneut verschiebt. Wenn Übergänge zwischen Marktgleichgewichten als zeitfordernde Prozesse, also in einer Prozeßanalyse, angesprochen und erklärt werden, dann spricht man einer dynamischen Analyse (im Gegensatz zu einer statischen Analyse, in der mit der Variationsmethode nur die alte und die neuen Gleichgewichtslage miteinander verglichen werden). Einen in Schritten ablaufenden Anpassungsprozeß kann man sich folgendermaßen vorstellen: Ein bestehendes Marktgleichgewicht wird gestört, sagen wir durch eine modebedingte Ausweitung der Nachfrage nach dem hier angebotenen Produkt. Die Nachfragekurve verschiebt sich dann also nach rechts oben und läßt den Preis zunächst einmal stark ansteigen. Ganz kurzfristig, während der laufenden Marktperiode, kann die plötzlich aufgetretene Mehrnachfrage ja nur mit einem Lagerabbau begegnet werde, wenn nennenswerte Lagerbestände überhaupt vorhanden sind (man nennt diesen ersten Anpassungsschritt auch wohl die Momentananpassung). Im nächsten Anpassungsschritt wird aber schon mehr produziert, allerdings zunächst nur im Rahmen der kurzfristigen Anpassungsmöglichkeit, d. h. durch eine Ausweitung der Produktion im Rahmen der bestehenden Kapazität. Zeigt 99 sich dann, daß die Nachfragesteigerung von Dauer ist, so kommt es zur langfristigen Anpassung der Produktions- und Angebotsmenge durch einen Ausbau der Produktionskapazität, also durch eine Erweiterungsinvestition. Es zeigen sich damit drei Anpassungsschritte, die jeweils durch eine typische Angebotskurve dargestellt werden können: momentan, kurzfristig, langfristig (Zeichnung). Zunächst, in der Momentananpassung, haben wir eine sehr steil verlaufende Kurve. Diese zeigt nur meistens sehr begrenzte die Angebotsausweitung durch einen Lagerabbau an. Anschließend sehen wir eine weniger steil verlaufende Kurve, die die kurzfristige Reaktion kenntlich macht, also die Produktionsausweitung im Rahmen der bestehenden Kapazität durch einen vermehrten Einsatz variabler Produktionsfaktoren. Eine dritte, deutlich flacher verlaufende Kurve läßt schließlich die langfristige Anpassung erkennen, die durch eine Kapazitätsausweitung ermöglicht wird. Diese Darstellung einer in Schritten erfolgenden Reaktion betrifft die Anpassungsmöglichkeiten einzelner Unternehmen, die als Produzenten und Anbieter auf dem betrachteten Markt tätig sind. Was diesen Markt insgesamt und das Marktangebot betrifft, also die zusammengefaßten Angebotsmengen aller hier tätigen Anbieter, so wird die Anpassung des Angebots insgesamt meistens nicht so ruckartig erfolgen, wie bei den einzelnen Anbietern. Der Vorgang der Ausweitung oder Edinschränkung des Marktangebots kann sich 100 vielmehr in kleinen Schritten glätten, weil die einzelnen Anbieter ihre Planungen und Entscheidungen in der Regel nicht im Gleichschritt vollziehen. Die einen werden schneller sein als die anderen. Und dann ist es möglich, daß sich bei den anbietenden Firmen die Vorgänge der momentanen, kurzfristigen und langfristigen Anpassung so überlappen, daß sich beim Gesamtmarkt ein ziemlich kontinuierlicher und glatter Übergang von alten zum neuen Gleichgewicht zustande kommt. Außerdem kann sich in der langfristigen Anpassung die Zahl der Marktteilnehmer verändern und zusätzliche Anbieter in den Markt eintreten und das Gesamtangebot noch stärker ausweiten. Umgekehrt können Anbieter den Markt verlassen und so zu einer Reduktion der Nachfrage beitragen. Die beschriebenen Anpassungsprozesse erfordern Zeit, aber sie laufen meistens ohne besondere strukturelle Störungen ab. In Ausnahmefällen kann es allerdings auch zu Störungen im Ablauf des Anpassungsprozesses kommen, so daß das neue Gleichgewicht erst stark verzögert, mit unnötigen Friktionsverlusten oder u. U. überhaupt nicht erreicht wird („ungleichgewichtige Märkte“). Dies kann der Fall sein, wenn die technischen Produktionsbedingungen so sind, daß für den ganzen Produktionszweig eine Anpassung (eine Angebotsausweitung oder eine Angebotseinschränkung) nicht in einer Mehrzahl von kleinen Anpassungsschritten erfolgen kann, sondern wenn die gesamte Anpassung in einem einzigen großen Schritt erfolgen muß (näherungsweise u. a. im Schiffsbau als Folge stark zyklischer Frachtratenänderungen, - früher besonders auch in der Landwirtschaft bei der Viehaufzucht). Dann kann es zu starken Ausschlägen und zu Zyklen in der Produktion kommen, wenn die Gefahren der diskontinuierlichen Marktentwicklung nicht rechtzeitig erkannt und in der Angebotsplanung 101 berücksichtigt werden. Besonders problematisch ist die Lage, wenn ein verhältnismäßig preiselastisches Angebot auf eine sehr unelastische Nachfrage trifft. Das bekannteste Beispiel ist der „Schweinezyklus“. Bei der Viehaufzucht gab es früher eine unkoordinierte, nahezu gleichzeitige Reaktion der Landwirte auf eingetretene Preisänderungen. Ein Preisauftrieb veranlaßt auf breiter Front eine Ausweitung der Viehbestände. Nach der Aufzuchtszeit kommt dann auf einen Schwung das gesamte Mehrangebot auf den Markt. Auf dem Absatzmarkt ist aber – jedenfalls in entwickelten Ländern - mit einer unelastischen Nachfrage zu rechnen. Das plötzlich angestiegene Angebot führt dann zu einem extremen Preisverfall und drückt den Preis unter die alte Gleichgewichtslage. Der dann bestehende vergleichsweise sehr niedrige Preis veranlaßt die Landwirte, die Viehaufzucht deutlich einzuschränken. Dann aber kommt In der nächsten Periode ein wesentlich kleineres Angebot auf den Markt und läßt den Preis – wegen der starren Nachfrage - wieder kräftig ansteigen. In der Folge kann sich dieses Auf und Ab ständig wiederholen. Theoretisch, bei entsprechenden Elastizitätswerten von Angebot und Nachfrage, kann es so von Anpassungsschritt zu Anpassungsschritt sogar zu fortgesetzt zunehmenden Abweichungen von der Gleichgewichtslage kommen (Spinnwebtheorem). Doch diesen Extremfall „explodierender Märkte“ gibt es in der Realität nicht. Zunehmende Erfahrungen, die zu immer besseren brachenbezogenen Erwartungen führen, ferner eine wesentlich planvollere Lagerhaltung und zudem der fortgesetzt intensivere internationale Güteraustausch verhindern, daß sich solche „explodierende“ Prozesse in der Praxis über nennenswerte Fristen ergeben können. Zeigt sich trotzdem ein Überangebot mit 102 Preissenkungstendenzen dann greift oft die Politik mit Marktregulierungen ein (Milchwirtschaft, Zuckerwirtschaft usw.), - durchweg ohne nachhaltigen Erfolg. VIII. Der Markt und die Marktformen a.) Vom Basismodell zu den Marktformen In der Wirtschaft, so wie wir sie kennen, gibt es Märkte der unterschiedlichsten Art. Man sie nach zahlreichen Merkmalen unterscheiden und einteilen: Waren- und Dienstleistungsmärkte, freie und organisierte Märkte, wie etwa Börsen, - weiterhin Konsumgüter- und Investitionsgütermärkte, Märkte für Fertiggüter und Vorleistungsgüter usw. und so fort. Wenn wir dagegen von Marktformen oder Marktstrukturen sprechen, dann soll damit nicht ein äußeres Geschehen und auch keine Stufe in der Produktionskette angesprochen werden. In der Lehre von den Marktformen interessiert vielmehr nur ein Aspekt; es interessieren diejenigen Merkmale oder Kriterien von Märkten, die für die Art, den Ablauf und das Ergebnis der Preisbildung entscheidend sind. Wie bilden sich die Preise am Markt bei unterschiedlichen Konstellationen von Angebot und Nachfrage, - man kann auch sagen: bei unterschiedlichen Wettbewerbslagen. Es suchen also nach den für die Preisbildung bedeutsamen Sachverhalten. Dabei interessieren und zunächst solchen Merkmalen von Märkte, die man von außen, als außerhalb stehender Beobachter feststellen kann. Da zeigen 103 sich als erstes die Strukturmerkmale der Märkte, wie (a) die Zahl der Anbieter und Nachfrager, in Verbindung damit (b) die Größe und Streuung der Marktanteile, (c) die Art der Marktbeziehungen, bei denen bestimmte Präferenzen bestehen können, und schließlich (c) die Bedingungen, Möglichkeiten und Schwierigkeiten des Marktzutritts für weitere Anbieter oder Nachfrager, um die wichtigsten Strukturmerkmale von Märkten zu nennen, die wir gleich noch etwas ausführlicher ansprechen sollen. Doch warum interessier diese Strukturmerkmale für die Erklärung der Preisbildungsprozesse? Nun, weil die jeweils gegebenen Marktstrukturen auf das Verhalten der Marktteilnehmer einwirken. Oft ist es sogar so, daß die gegebene Struktur, der gegebene Marktaufbau, den anbietenden und nachfragenden Wirtschaftseinheiten das ihnen mögliche Verhalten im Preisbildungsprozeß geradezu vorgibt. Wir brauchen deshalb die Strukturmerkmale, um das Verhalten der Marktteilnehmer erklären und ableiten zu können. In Abhängigkeit von der gegebenen Marktstruktur bestehen für die Verhaltensweisen. Anbieter Die und Nachfrager einsetzbaren die ihnen Aktionsparameter möglichen und dabei insbesondere die im Wettbewerb einsetzbaren Mittel hängen von der Marktstruktur ab, in die der einzelne Anbieter und Nachfrager eingebunden ist. Bei der Besprechung des einfachen Basismodells der Bildung des Gleichgewichtspreises haben wir ja schon gesehen, daß in diesem Modell die einzelnen Marktteilnehmer nur einen sehr engen Handlungsspielraum haben. Entscheiden können und müssen sie nur über die angebotenen bzw. nachgefragten Mengen (Mengenanpasser). Die Eigenschaften des Marktgutes und insbesondere auch der jeweils geltende Marktpreis sind dagegen für die einzelnen Marktteilnehmer gegebene Sachverhalte, Daten der Planung, die sie nur hinnehmen, aber nicht beeinflussen können. Das ergibt sich zwingend aus der unterstellten Marktform eines homogenen Polypols. 104 Hier ist es also ganz eindeutig: Aus der Marktstruktur (sehr viele, sehr kleine, homogen) folgt das Marktverhalten (Preisnehmer und Mengenanpasser) und auch dem ineinandergreifenden Marktverhalten (Bestimmung der Angebotsmenge zu minimalen Kosten) ergeben sich der Preisbildungsprozeß (gefunden wird die Preishöhe, die die Angebots- und Nachfragemenge gleich macht). Damit ist das Marktergebnis zustande gekommen. Der für die Erklärung des Preisbildungsprozesses entscheidende Zusammenhang läuft also von der objektiven, erkennbaren und beschreibbaren Marktstruktur zu den subjektiven, von beteiligten Personen getragenen Marktaktivitäten. Diese Verhaltensweisen formen die ablaufenden Marktprozesse und bestimmen damit die Marktergebnisse. Bevor wir im weiteren etwas genauer an die Kriterien herangehen, nach denen die Marktformen unterschieden werden, sind einige allgemeine Eigenschaften zu nennen, die für die von uns vorgestellten und analysierten Märkte gelten sollen. Unterstellt sind 1.) freie Märkte: Die Marktteilnehmer können nach ihren Interessen frei entscheiden. Auf der Basis der allgemeinen, für alle geltenden Rechtsordnung unterliegen die Anbieter und Nachfrager keiner staatlichen Regulierung. 2.) Handeln nach dem Rationalprinzip. Die Marktteilnehmer haben eine wirtschaftliche Zielsetzung – etwa Maximierung des Periodengewinns -, das sie konsequent verfolgen. 3.) Markttransparenz. Die Anbieter und Nachfrage besitzen die für ihr Marktverhalten entscheidenden Informationen. Bestehende Marktchancen bleiben aus Unkenntnis nicht ungenutzt. 4.) Schnelle Anpassungsreaktionen. Kommt es zu Datenänderungen (Kostenänderungen, Nachfrageverschiebungen u. Ä.), so können die Marktteilnehmer zügig auf diese Änderungen reagieren; es kommt zu keinen Anpassungsprozesse. Verzögerungen oder Störungen im Zuge der 105 Nun, diese Eigenschaften der Märkte vorauszusetzen, ist nötig, um bestimmte gesetzmäßige Ableitungen von Marktprozessen, also von Ursache und Wirkung, machen zu können. Würde statt dessen etwa der Staat die Preise festlegen, dann könnte überhaupt kein Preisbildungsprozeß zustande kommen. Oder würde das Rationalprinzip nicht gelten und die Marktteilnehmer ganz willkürlich und unvorhersehbar handeln, dann wären über die Marktprozesse und über die Marktergebnisse keine bestimmten Aussagen möglich. Die genannten Bedingungen sind also Modellannahmen, die wir unterstellen, um klare und überprüfbare Aussagen über Marktprozesse ableiten zu können. Wir behaupten damit nicht, daß in der Realität diese Bedingungen auch tatsächlich hundertprozentig gegeben sind. Aber – sehen wir einmal von Eingriffen des Staates ab -, so kann man doch vernünftigerweise davon ausgehen, daß die Wirtschaftssubjekte und Marktteilnehmen jedenfalls bemüht sind, nach dem Rationalprinzip – also zielorientiert – zu handeln. Die Wirtschaftssubjekte sind deshalb auch bestrebt, gut informiert zu sein, also, soweit wie möglich, für Markttransparenz zu sorgen. Schließlich werden sie sich auch anstrengen, ohne Verzögerungen im eigenen Interesse auf eingetretene Änderungen mit Anpassungshandlungen zu reagieren. Das Bestreben, so zu planen und zu handeln, ist in der Regel vorhanden und wirksam. Und deshalb dürfen wir unterstellen, daß die genannten Bedingungen zwar nicht voll und ganz realisiert sind, aber in der Realität doch näherungsweise bestehen. Selbst Konsumenten, die bestimmt nicht immer und jederzeit streng rational entscheiden, werden in der Regel überlegt planen und nicht etwa grundsätzlich willkürlich und unüberlegt entscheiden. b.) Zweck der Unterscheidung von Marktformen 106 Wie schon gesagt: Marktformen kennzeichnen und gliedern die Märkte nach bestimmten Eigenschaften, Zustandekommen des die für die Marktausgleichs Preisbildung wesentlich sind. und für Wie das bereits ausführlicher dargestellt wurde, werden zu diesem Zweck vorweg bestimmte übergreifende Annahmen entscheidende Problem über – das den Markt gemacht, Zustandekommen der um das hier Preise und Umsatzmengen – klar herausarbeiten zu können. Unterstellt werden dazu, um es noch einmal zu sagen: Freie Märkte ohne staatliche Regulierungen, Handels nach dem Rationalprinzip, Markttransparenz und zügige, störungsfrei Anpassung an Datenänderungen.15 Bei diesen Vorgaben spricht man oft von den Bedingungen eines „vollkommenen Marktes“. „Marktformen“ im engeren Sinn fassen dann diejenigen Eigenschaften zusammen, die vom Aufbau, von der Struktur der Märkte her auf die Verhaltensweise der Anbieter und Nachfrager einwirken und dann - über das Verhalten der Anbieter und Nachfrager - auf die Art und das Ergebnis des Preisbildungsprozesses einwirken. Zur Gliederung der Marktformen wollen wir vier Kriterien (= Eigenschaften) bzw. Gruppen von Kriterien verwenden: 1. Die Anzahl der Marktteilnehmer auf der Angebots- und Nachfrageseite zusammen mit der entsprechenden Größe und Streuung der Marktanteile. 2. Die Art der Marktbeziehung zwischen Anbietern und Nachfragern mit der wesentlichren Unterscheidung zwischen homogenen und heterogenen Märkten. Diese Annahmen eines „vollkommenen Marktes“ sind nicht selbstverständlich. Sie werden ind Lehrveranstaltung „Wettbewerb und Wettbewerbspolitik“ kritisch behandelt. 15 107 3. Die Möglichkeiten bzw. Hindernisse für einen Marktzugang, also für den Zutritt weiterer neuer Marktteilnehmer, die dann als Konkurrenten der schon im Markte stehenden Anbieter oder auch Nachfrager auftreten. 4. Die Stellung des Marktes in einer bestimmten Marktentwicklungsphase von der Einführungsphase eines neuen Produktes bis Stagnations- oder Rückbildungsphase. (Die ersten zwei Gruppen von Merkmalen bilden die Strukturkriterien von bestehenden Märkten. Die Kriterien 3 und 4 Bilden fassen Außenwirkungen zusammen, die auf das Marktgeschehen einwirken und evtl. die Marktstruktur verändern.) 1. Zahl der Marktteilnehmer und relative Größe der Marktanteile Nach der Zahl der Marktteilnehmer werden in einem ersten Schritt „viele“, „wenige“ und „einer“ auf der Angebots- und auf der Nachfrageseite unterschieden. Diesen drei Fällen werden dann, zunächst unter der Annahme einer gleichmäßigen (symmetrischen) Verteilung der Marktanteile, die Positionen „klein“, „mittelgroß“ und „groß“ zugeordnet. „Viele kleine“ bilden das Polypol, „wenige mittelgroße“ das Oligopol und „ein großer“ das Monopol. Aus diesen drei Varianten auf der Angebots- und Nachfrageseite ergeben sich dann 9 Grundformen, von denen aber nur das zweiseitige Polypol („vollständiger Wettbewerb“), das Angebotsoligopol, das Angebotsmonopol und das zweiseitige Monopol von größerer Bedeutung sind und hier im weitern aufgegriffen werden. Zusätzlich zu diesen genannten Fällen sollen aber wegen ihrer beträchtlichen praktischen Bedeutung noch zwei Fälle mit einer asymmetrischen Streuung im Größenverhältnis der Marktanteile hinzutreten: Einmal das Teiloligopol und dann das Teilmonopol. Beim Teiloligopol steht neben de kleinen Zahl von Oligopolisten noch eine Mehrzahl von kleinen Mitanbietern am Markt, die je 108 für sich keinen nennenswerten Markteinfluß besitzen, sondern sich dem Marktverhalten der Großen anpassen. (Branchen mit einer Spitzengruppe von 2 bis 5 Großanbietern, die etwa 70% Marktanteil kontrolliert; daneben teilen sich zusätzliche Kleinanbieter die restlichen 30%). Von einiger praktischen (wettbewerbspolitischen) Bedeutung ist auch das Teilmonopol, das aus einem marktbeherrschenden Anbieter als Marktführer und einer Anzahl kleiner, je für sich einflußlosen Mitanbietern besteht. 2. Homogene und heterogene Marktbeziehungen Die unter Punkt (1) nach den Kriterien der Zahl und der Marktanteile genannten Marktstrukturen sind in ihren Angebots- Nachfrage-Beziehungen entweder homogene oder heterogene Märkte. Bei einem homogenen Markt weisen die individuellen Angebote der einzelnen Verkäufer, die zusammen das Marktangebot bilden, in der Beurteilung der Käufer keinerlei Unterschiede auf. (Prinzip der Unterschiedslosigkeit). Deshalb bestehen hier auch keinerlei Präferenzen für Einzelangebote und dementsprechend auch keine besondere Kundenbindungen. Näherungsweise homogene Märkte sind z.B. Wertpapier- und Produktenbörsen, Weltmärkte für standardisierte Rohstoffe (z.B. Rohöl der Sorte BRENT) u. Ä. Die meisten Märkte allerdings – besonders die Märkte von fertigen Konsum- und Investitionsgütern – sind dagegen heterogen. Die Angebote verschiedener Verkäufer werden von den Käufern nicht als gleichwertig, sonders als mehr oder weniger unterschiedlich eingestuft. Damit entstehen Präferenzen hinsichtlich der angebotenen Güter oder Dienste und Präferenzlagen (Vorzugsstellungen) für bestimmte Anbieter. Bei diesen Vorzugslagen werden sachliche, räumliche, zeitliche und persönliche Präferenzen unterschieden. (a) Sachliche Präferenzen sind in 109 der Regel am wichtigsten. Sie beziehen sich auf die Sache, soll heißen auf die vom Käufer bewerteten Eigenschaften des Produkts (Qualität, Größe, Aufmachung usw.). (b) Bewertungsunterschiede bestimmter Angebote können ferner aus der Standortlage der Käufer und Verkäufer resultieren. Dies führt zu räumlichen Präferenzen. Negativ eingestuft werden meistens große Entfernungen, hohe Transportkosten, Zugangsschwierigkeiten (Parkmöglichkeiten u. Ä.) und daraus resultierende Zeitverluste. Außerdem können sich (c) aus den Zeitpunkten, an denen die Leistung (Auslieferung des Gutes) und die Gegenleistung (Zahlung) erbracht werden, zeitliche Präferenzen ergeben. Schnelle Leistung und Gegenleistung sind in der Regel erwünscht; negativ wirken dagegen lange Lieferfristen und ausgedehnte Zahlungsziele. Endlich können sich (d) aus persönlichen Bindungen (Bekanntschaften, Freundschaften in Vereinen usw.) persönliche Präferenzen ergeben, die für bestimmte Anbieter Vorzugslagen schaffen. Die Wirksamkeit von Präferenzen löst die Einheitlichkeit des Marktes auf und läßt Teilmärkte, oft Teilmärkte einzelner Firmen, entstehen, auf denen allerdings Substitute, oft sehr enge, leicht austauschbare Substitute angeboten werden, sodaß wirksamer Wettbewerb zwischen den Varianten des Gutes besteht. Denn diese Varianten zielen auf den gleichen Bedarf. Die Teilmärkte überlappen sich also. Wichtig ist ferner, daß es für die Kaufentscheidungen natürlich nicht auf eine einzelne Präferenz ankommt, sondern auf den Netto-Effekt aller wirksamen Präferenzen. So kann etwa eine ausgeprägte sachliche Präferenz für eine bestimmte Marke eines bestimmten Herstellers ebenfalls bestehende räumliche und zeitliche Präferenzen überkompensieren (man 110 nimmt etwa einen weiten Weg mit vergleichsweise hohen Transportkosten und auch längere Lieferfristen in Kauf, um an das gewünschte Produkt/Marke eines bestimmten Herstellers zu kommen). Die Gesamtheit aus sachlichen, räumlichen, zeitlichen und persönlichen Präferenzen für das nachgefragte Gut bildet ein Bündel von bewerteten Eigenschaften, welches dem zu zahlenden Preis gegenübergestellt wird. Es kommt bei der Beschreibung und Beurteilung von Märkten aber noch ein wichtiger Punkt hinzu. 3. Das Marktzugangsproblem Auf das Marktgeschehen, auf die Wettbewerbsintensität und die Preisbildung wirkt oft nicht nur die zum jeweiligen Zeitpunkt bestehende Konstellation der anbietenden und nachfragenden Wirtschaftssubjekte ein, sondern auch die Möglichkeit für weitere, zusätzliche Produzenten, als Mitanbieter auf dem Markt aufzutreten zu können.16 Muß mit einem Marktzutritt von Mitanbietern gerechnet werden („externer Wettbewerb“), dann führt dies oft bei den schon im Marte stehenden Unternehmen – vor allem wenn es sich um Oligopolmärkte handelt - zu vorsorglichen Reaktionen, etwa gezielt niedrigen Preisen oder besonders aufwendigen Werbeanstrengungen, um den geplanten Marktzutritt riskant und möglichst nicht rentabel erscheinen zu lassen. Eintrittswillige Außenseiter sind ohnedies oft mit beträchtlichen Startkosten belastet (besondere Transaktionskosten, Marketing, Bau von Anschlüssen, Einrichtung von Niederlassungen usw.).Für die Produktivitätsentwicklung der Volkswirtschaft sind aber die Möglichkeit zu einem unbehinderten Marktzutritt und damit der externe Wettbewerb von großer Bedeutung. Offene Märkte stärken die Intensität und die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs ganz wesentlich. So erwünscht deshalb 16 Die Marktzutrittsprobleme beziehen sich meistens auf die Angebotsseite. Für die Nachfrage wird in der Regel ein „freier“ Marktzutritt unterstellt. Es aber bemerkenswerte Ausnahmen, wenn Großnachfrager das Marktgeschehen wesentlich mit beeinflussen (etwa Handelsketten, Staat als Nachfrager von Rüstungsgütern usw.). 111 der Marktzutritt gesamtwirtschaftlich auch ist, für ihn bestehen aber oft besondere Hindernisse und häufig erhebliche Schwierigkeiten der unterschiedlichsten Art. Dazu gehören hohe Einfuhrzölle, mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen, politisch bürokratische Behinderungen, Patente, fehlendes Know-how, hoher Kapitalbedarf, - um nur die wichtigsten zu nennen. 4. Der Markt in der Entwicklungsphase Schließlich werden die Verhaltensweisen der Marktteilnehmer und damit die Preisbildungsprozesse auch durch die Einflüsse der Entwicklungsphase mitbestimmt, in der sich der betrachtete Markt befindet. An relevanten Marktphasen werden die Einführungsphase, die Expansionsphase, die Ausreifephase und die Stagnations- und Rückbildungsphase unterschieden. (a) In der Einführungsphase wird ein neues Produkt auf den Markt gebracht. Forschung, Entwicklung und Markteinführung erfordern hohe Kosten. Das zunächst bestehende Produktmonopol des innovativen Unternehmens gestattet aber auch meistens hohe Preisforderungen, (es sei denn, das neue Produkt steigt als Substitut in einen Wettbewerbsmarkt ein.) Da das Pionierunternehmen oft durch ein (oder mehrere) Patent(e) geschützt ist, bestehen zunächst für zusätzliche Mitanbieter massive Marktzutrittsschranken (z.B. sehr Lizenzabgaben). Dies ändert sich (b) in der anschließenden Expansionsphase. Sind die Patente ausgelaufen und läßt sich eine deutlich ansteigender Nachfrage erkennen, dann strömen zusätzliche Anbieter dieses oder ähnlicher Güter in den Markt. Die Marktstruktur ändert sich zu einem – zunächst engen und dann weiten - Oligopol. Evtl. kann sogar ein (meist heterogenes) Polypol entstehen. Die Lage drängt angesichts der langsam nachlassenden Nachfrageexpansion und der steigenden Anbieterzahl zu intensivem Preiswettbewerb und innovativer Produktgestaltung. Die Marktzutrittsschranken sinken. Je mehr Anbieter bereits in einem Markt 112 stehen, desto leichter ist es in der Regel für weitere Anbieter, in diesen Markt einzutreten. Das für den Oligopolfall oft typische wettbewerbsvermeidende Verhalten tritt angesichts der noch weiter laufenden Nachfrageexpansion noch nicht ein. (c) In der Ausreifungsphase zeigen sich dann allerdings zunehmend Sättigungstendenzen und sinkende Gewinnchancen. Bei steigendem Rationalisierungsdruck in der Fertigung und Logistik kommt es zunächst zu immer härterem Preis-, Produkt- und Werbewettbewerb. Grenzanbieter fallen aus. Der Markt tendiert zu einer Verengung, in Richtung auf ein Oligopol. Damit nimmt die Neigung zu, den Wettbewerb durch eine Verhaltensabstimmung einzuschränken. Auch die Möglichkeiten zu einer (meist heimlichen und illegalen) Begrenzung des Wettbewerbs werden leichter, wenn die Zahl der Beteiligten sinkt. (d) Noch ausgeprägter greift dieses volkswirtschaftlich unerwünschte Verhalten in der Stagnations- und Rückbildungsphase. Die Zahl der Anbieter sinkt weiter. Bleibt dann auf einem abgesenkten Niveau die Nachfrage – etwa für Ersatzbeschaffungen – noch in einem bestimmten Umfang erhalten, so läge im Interesse der Anbieter, (wenn dies nicht verboten wäre), eine Monopolisierung durch eine straffe Kartellbildung (Syndikat) nahe. Bricht die Nachfrage ganz weg, dann ist allerdings eine völlige Neuausrichtung der Branche erforderlich. Wesentlich für eine Betrachtung und Bewertung von Märkten, die sich in bestimmten Entwicklungsphasen befinden, ist die mit der Entwicklung wechselnde wettbewerbsbezogene und wettbewerbspolitische Beurteilung von Monopolen und von (weiten und engen) Oligopolen. Sind Märkte mit hohem Konzentrationsgrad (evtl. patentgeschützte Monopole) in der Einführungsphase neuer Produkte nützlich, oft notwendig, so ändert sich dies in der Expansionsphase meist automatisch (Wegfall der Patente, Zustrom neuer Mitanbieter, Einführung von Nachahmungsprodukten). Beim Auftreten von Sättigungstendenzen tritt dann eine grundlegende Änderung ein. Jetzt, 113 wenn sich die Marktnachfrage kaum noch ausweitet, treten die negativen Konsequenzen von marktbeherrschenden Lagen einzelner Anbieter oder kleinen Anbietergruppe (enges Oligopol) voll in Erscheinung. Die Tendenz zu legalen (und Umständen auch zu illegalen) Kooperationen nehmen zu. Preiswettbewerb wird möglichst und jedenfalls solange vermieden, bis ein echter Verdrängungswettbewerb mit Preisunterbietungen einsetzt. Anders wird das Bild wieder, wenn eine neue Technologie die alte ganz oder weitgehend ersetzt, und eine völlige Umstrukturierung und Neuausrichtung der Branche erfolgt. Man denke etwa an das Ruhrgebiet und das Auslaufen der Steinkohleförderung, die noch vor 80 Jahren die wirtschaftliche Basis der Region war. IX. Das Gleichgewicht eines anbietenden Unternehmens bei unterschiedlichen Marktformen a.) Das zweiseitig homogene Polypol Struktur: Auf der Angebots- und auf der Nachfrageseite des Marktes stehen sehr viele kleine Marktteilnehmer. Die Marktanteile sind so geringfügig, daß Mengenänderungen einzelner Anbieter keinen Einfluß für das Marktgeschehen und den Marktpreis besitzen. Verhaltensweise: Der jeweils auf dem Markt zustande gekommene Preis (Marktpreis, Gleichgewichtspreis) ist für die einzelnen Anbieter und natürlich auch für die einzelnen Nachfrager eine gegebene Größe. Sie können sich nur als Preisnehmer und Mengenanpasser verhalten. Ausschließlich die Produktionsmenge (und die Produktionskosten) sind Aktionsparameter. Gleichgewichtsfindung: Der einzelne Anbieter orientiert seine Mengenentscheidung an der für ihn gegebenen Preishöhe (= Stückerlöse) 114 und an den eigenen Kosten. Für den einzelnen Anbieter, verläuft die PreisAbsatzfunktion (PAF) in Höhe des Marktpreises parallel zu Mengenachse. Dann ist eine Ausweitung der Produktions- und Angebotsmenge solange gewinnsteigernd, wie die Grenzkosten noch unter dem Preis (=StE = GE) liegen. Der Anbieter bringt deshalb diejenige Menge auf den Markt, bei der die ansteigenden Grenzkosten die PAF von unten nach oben schneiden (GK=GE). Das ist die vergleichsweise günstigste Situation; sie zeigt aber nicht die Höhe des Gewinns oder evtl. des minimalen Verlustes. Für die Höhe des so erzielten Gewinns ist der Verlauf der Stückkosten (StK) entscheidend. Denn der Stückgewinn (StG) ergibt sich als P – StK und der Gesamtgewinn als StG ∙ X. Kurzfristig kann ein Preis bis zur Höhe der minimalen variablen StK (Betriebsminimum) akzeptiert werden. Auf die Dauer muß der Preis aber zumindest die vollen StK (einschließlich der kalkulatorischen Posten: Verzinsung des Eigenkapitals und Unternehmervergütung) decken. Die für die volkswirtschaftliche Faktorverwendung (Faktorallokation) günstigste Lage würde dann erreicht, wenn die PAF die Kurve der vollen StK genau an deren Minimum tangiert. Dann erreicht die Produktionsmenge das Betriebsoptimum. Bei freiem und leichtem Marktzutritt kann in der Tat eine Tendenz erwartet werden, bei der der interne und externe Wettbewerb die Angebotsmengen so weit ansteigen läßt, daß die Produktionsstruktur in die Nähe des volkswirtschaftlichen Optimums kommt. Eine solche Tendenz behauptet die von den Klassikern der VWL unterstellte Preisgravitation zu den Kosten des produktivsten Anbieters. Natürlich sind aber die Anbieter immer bestrebt, mit einer verbesserten Kostenlage einen übernormalen Gewinn zu erzielen. Sie dehnen bei gesunkenen Grenzkosten ihr Angebot aus und operieren rechts vom Betriebsoptimum im Bereich steigender StK. 115 b.) Das reine Monopol Struktur: Ein einzelner Anbieter beliefert einen abgegrenzten Markt, der auch keinem fühlbaren Substitutionswettbewerb ausgesetzt ist. Der Monopolist hat also keine Konkurrenten, deren Verhalten er beachten müßte. Er sieht sich lediglich dem Verhalten der Nachfrager und d. h. einer von links oben nach recht unten fallenden PAF gegenüber. Dieser Verlauf zeigt dem Monopolisten an, welche Menge er absetzen kann, wenn von ihm ein Preis in bestimmter Höhe festgelegt wird. Es wird ferner im üblichen Monopolmodell unterstellt, daß von allen Nachfragern Preisdifferenzierung gegenüber der gleiche Preis bestimmten verlangt wird; Nachfragegruppen eine wird – zunächst - als Möglichkeit beiseite gelassen. Verhaltensweise: Der Monopolist braucht bei seiner Angebotsstrategie – außen den eigenen Kosten – lediglich das Verhalten der Marktgegenseite beachten. Fordert er einen bestimmten Preis, so kann er diejenige Menge absetzten, die die Nachfrager zu diesem Preis zu zahlen bereit ist. Bringt er dagegen eine bestimmte Menge an den Markt, so muß er den Preis akzeptieren, zu dem diese Menge absetzbar ist. Er kann also nicht beide Aktionsparameter „Preis“ und „Menge“ von sich aus fixieren. Gleichgewichtsfindung: Von der gegebenen PAF leitet der Monopolist den zugehörigen Verlauf der Grenzerlöse ab (s. Abschnitt über den Erlösverlauf). Um den Gewinn zu maximieren, bringt er diejenige Menge auf den Markt, bei der die ansteigende Grenzkostenkurve die fallende Grenzerlösfunktion schneidet. Der diesem Schnittpunkt zugeordnete Preis auf der PAF wird Cournotscher-Punkt genannt. Zur Bestimmung des Gewinns ist der Verlauf der Stückkosten zusätzlich heranzuziehen. Der Stückgewinn zeigt sch dann als Abstand zwischen dem Preis (Punkt auf der PAF) und den Stückkosten. Dieser StG multipliziert mit der Menge ergibt den Gesamtgewinn. Als Grenzfall ist eine Lage denkbar, bei der der Monopolist keinen 116 Monopolgewinn erzielt, sondern gerade nur die vollen Kosten decken kann. Diese Lage ergibt sich, wenn die PAF den noch sinkenden Verlauf der Stückkostenkurve genau im Cournotschen-Punkt tangiert. Dann gilt: GK=GE und gleichzeitig StK=P. Dies ist gewiß ein Ausnahmefall. c.) Das heterogene Polypol Struktur: Viele kleine Anbieter, deren Marktanteile die für das Marktgeschehen unbedeutend sind, beliefern einen heterogenen Gesamtmarkt. Im einfachsten Fall bestehen nur sachliche Präferenzen. Alle Anbieter bieten jeweils ein Produkt an, das sich in der Wertschätzung der Nachfrager von den Produkten der anderen Anbieter unterscheidet. Dann hat jeder Anbieter einen eigenen Firmenmarkt, der aber wegen der Ähnlichkeit der Produkte fühlbarem Substitutionswettbewerb ausgesetzt ist. Verhaltensweise: Wegen der Präferenzlage stehen die Anbieter einer geneigten PAF gegenüber. Die ermöglicht es ihnen, über eine gewisse Spanne von Preisforderungen hinweg eine monopolähnliche Preis-AbsatzPolitik zu betreiben. Dieser (monopolistische) Spielraum ist aber durch den Substitutionswettbewerb der vielen anderen Mitanbietern begrenzt. Der einzelne Anbieter muß deshalb außen den eigenen Kosten die Wirkung des Nachfrageverhaltens angesichts der bestehenden Substitutionsmöglichkeiten beachten. Verändert ein Anbieter den geforderten Preis über eine gewisse Spanne hinaus, so muß er mit starken Kundenreaktionen rechnen. Ein deutlich angehobener Preis wird zu überproportionalen Absatzverlusten, eine wesentliche Preissenkung zu überproportionalen Absatzgewinnen führen. 117 Gleichgewichtsfindung: Der Anbieter steht einer geneigten PAF gegenüber, die aber doppelt geknickt ist, also aus drei Abschnitten besteht. In der Nähe des jeweils geforderten Preises hat die PAF den normalen, mäßig geneigten Verlauf. In diesem „monopolistischen Bereich“ kann die Preisforderung bewegt werden, ohne daß überproportionale Nachfragereaktionen eintreten. Für diese relative „Kundentreue“ sorgt die sachliche Präferenz. Wird der Preis aber über einen gewissen Schwellwert angehoben, dann verläuft die PAF wesentlich flacher (elastischer), denn infolge des jetzt vergleichsweise hohen Preises wird die Präferenz für viele der bisherigen Käufer überkompensiert. und ein beträchtlichen Absatzverlust tritt ein. Wird umgekehrt der Preis unter einen gewissen Schwellwert gesenkt, dann drängt der günstige Preis die für die Konkurrenzgüter bestehenden Präferenzen zurück und ein beträchtlicher Absatzgewinn ist die Folge. Für jeden Anbieter eines durch Produktdifferenzierung heterogenen Marktes besteht also eine doppelt genickte PAF mit einem monopolistischen Bereich in der Nähe des jeweils geltenden Preises. Dieser Abschnitt ist der für die Preis-Absatz-Bestimmung relevante Bereich. Verlängert man diesen Abschnitt jeweils bis zur Mengenachse bzw. bis zur Preisachse, so kann an Hand dieser Linie der Grenzerlösverlauf für den monopolistischen Abschnitt abgeleitet werden. Die Findung des Gleichgewichts erfolgt dann formal wir im Monopolfall. Wegen des Wettbewerbs der vielen Mitanbieter mit z. T. engen Substituten läßt die Marktform aber in der Regel keinen nennenswerten übernormalen Gewinn zu. Dies gilt vor allem, wenn der Marktzutritt für weitere Anbieter frei und leicht zu vollziehen ist. Dann kann sich als Folge des Wettbewerbsdrucks oft eine Lage einstellen, die als Grenzfalls des Monopols beschrieben wurde und bei der Preis gerade nur die vollen Stückkosten deckt (GK=GE und gleichzeitig P=StK, also nur volle Kostendeckung). 118 e.) Der Oligopolfall Struktur: Einige wenige Großanbieter beliefern den Markt mit so bedeutenden Marktanteilen, daß Veränderungen der Angebotsmenge eines Oligopolisten den Gesamtmarkt und damit die Marktpositionen seiner Wettbewerber wesentlich beeinflußt. Diese Marktform kann man noch gliedern und enge Oligopole (2 – 4 Anbieter) und weite Oligopole (5 – etwa 10 Anbieter) unterscheiden. Verhaltensweise: Wegen seiner marktstarken Stellung muß der Oligopolist außen den Reaktionen der Marktgegenseite auch die von ihm ausgelösten Reaktionen seiner Konkurrenten voraussehen und in seine Planung einbeziehen. Mit solchen Reaktionen, schnell oder evtl. verzögert, muß jedenfalls gerechnet werden, weil jeder Oligopolist mit Maßnahmen der Preisgestaltung, der Produkt-/Modellentwicklung oder auch der Werbestrategie die Verhältnisse des Gesamtmarktes für alle fühlbar beeinflußt, u. U. sogar verändert. Gleichgewichtsfindung: Das Planungs- und Entscheidungsproblem des Oligopolisten unterscheidet sich von der Planung der anderen besprochenen Marktformen dadurch, daß er als Oligopolist keiner für ihn gegebenen PAF gegenübersteht. Da die Wettbewerber auf Maßnahmen des zuerst aktiven Oligopolisten – etwa auf Preissenkungen - spürbar reagieren, müssen vor jeder geplanten Aktion Erwartungen über die Konkurrentenreaktionen gebildet werden. Über die Art und das Ausmaß der Reaktionen kann aber beträchtliche Unsicherheit Konkurrentenreaktionen und bestehen. deren Doch Auswirkungen erst auf wenn die die eigene 119 Marktstellung einigermaßen verläßlich beurteilt sind, kann das Endergebnis einer geplanten eigenen Maßnahme abgeschätzt werden (Bumerangeffekt). Die theoretische Behandlung des Oligopolfalls muß sich deshalb auf bestimmte Annahmen (Reaktionshypothesen) über wahrscheinliches stützen. Dazu ist Konkurrentenverhalten zweckmäßigerweise eine Untergliederung der Marktform „Oligopol“ vorzunehmen. Da bei homogenen Oligopolmärkten und ausreichender Markttransparenz nur ein einheitlicher Preis gelten kann, ist bei dieser Oligopolvariante eine bewußte Koordination in der kleinen Gruppe von Anbietern nicht vermeidbar. Dabei braucht und darf es sich aber nicht um eine (verbotene) Absprache handeln, die Abstimmung kann auch spontan auf der Basis einer einheitlichen Marktbeurteilung erfolgen.17 Es liegt auch nahe zu versuchen, die Mengenplanungen durch die einzelnen Oligopolisten so vorzunehmen, daß die Gesamtangebotsmenge in etwa dem Monopolangebot entspricht (Theorie einer gemeinsamen Gewinnmaximierung). Ein solches Verhalten ist am ehesten bei homogenen und zugleich engen Oligopolen zu erwarten. Voraussetzung ist allerdings, daß ein Marktzutritt neuer Anbieter nicht ohne weiteres möglich ist. Die meisten Oligopolangebote stehen jedoch in heterogenen Marktbeziehungen; das gilt vor allem für Fertiggüter (Konsum- und Investitionsgüter). Bei solchen heterogenen Oligopolen ist zur Analyse der Gleichgewichtsfindung die Unterscheidung zwischen engen und weiten Oligopolen besonders wichtig. Bei engen heterogenen Oligopolen – etwa bei Automobilherstellern von Marken der gleichen Größenklasse – besteht trotz mäßig unterschiedlicher Preise und nicht identischer Ausstattungsdaten – 17 Über diese Frage hat es mehrfach Streit zwischen dem Bundeskartellamt und den in Deutschland tätigen Mineralölkonzernen gekommen. Bisher konnte den Firmen ein verbotenes abgestimmtes Verhalten nicht nachgewiesen werden. 120 meistens eine enge wechselseitige Abhängigkeit. Schnelle, in die gleiche Richtung gehende Konkurrentenreaktionen sind dann besonders bei preispolitischen Maßnahmen zu erwarten. Preiswettbewerb wird deshalb oft vermieden oder durch die günstige Zahlungsbedingungen oder Sonderausstattungen verschleiert. Innovative Produktpolitik braucht dagegen seine Zeit, kann allerdings beschleunigt oder verlangsamt werden (s. Elektrifizierung des Werbeanstrengungen Automobilantriebs). knüpfen in der Auffällige, Regel an übernormale preis- und/oder produktpolitischen Maßnahmen an, um diese bekannt zu machen und Publicity herzustellen. Sollen oder müssen die Preise von Produktvarianten der Oligopolisten an veränderte Marktlagen (z. B. an steigende Energiekosten) oder auch an den allgemeinen Inflationstrend angepaßt werden, dann erfolgt dies meistens in der Art einer Preisführerschaft. Gibt es in der Konkurrentengruppe einen nach dem Marktanteil eindeutig größten Anbieter, so macht diese in der Regel den ersten Änderungsschritt (dominante Preisführerschaft). Sind die Gewichte einigermaßen gleich gestreut, dann wird die Rolle des Preisführers reihum oder nach dem Grad der Risikobereitschaft übernommen (barometrische Preisführerschaft). Bei dem Versuch, eine Preisrunde zu beginnen, kann es natürlich zu Fehlschlägen kommen und zu Marktzwängen oder zu politischem Druck, die dazu führen, die Preisänderung wieder zurückzunehmen. Insgesamt ist die Oligopoltheorie nach wie vor ein schwieriges Gebiet, auf dem noch viele Fragen offen sind. Die Überlegungen zur Marktformenlehre werden weitergeführt in der Vorlesung „Wettbewerb und Wettbewerbspolitik“.