Der Haushalt als Wirtschaftseinheit und Marktteilnehmer

Werbung
Mikroökonomie
Begleittext zur gleichnamigen Lehrveranstaltung
an der Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie Köln
von
Professor Dr. Rainer Willeke
Universität zu Köln
2
Inhalt
I.
Vorbemerkung – das Wesen der Mikroökonomie
II.
Der private Haushalt als Wirtschaftseinheit
und Marktteilnehmer
III.
Die Nachfrage an den Konsumgütermärkten
und die Nachfrageelastizität
IV. Das Unternehmen als Wirtschaftseinheit
und Marktteilnehmer
V.
Absatz- und Erlösgestaltung
VI. Angebot und Nachfrage
VII. Veränderungen von Angebot und Nachfrag
VIII. Marktformen
IX. Gleichgewichtsfindung bei unterschiedlichen Marktformen
Anmerkung
Es empfiehlt sich, zu den einzelnen Kapiteln dieses Skriptums die
entsprechenden Teile des Skriptums zur Vorlesung „Einführung in die
Volkswirtschaftslehre“ noch einmal zu lesen.
Die zu den Abschnitten dieses Textes „Mikroökonomie“ gehörenden
Zeichnungen und graphischen Darstellungen werden im jeweiligen
Zusammenhang während der Vorlesung an der Tafel entwickelt
3
I.
Vorbemerkung
Die „Mikroökonomie“ ist ein Teil der Volkswirtschaftslehre, genauer gesagt,
ein Teil der Allgemeinen oder Theoretischen Volkswirtschaftslehre. Das
Besondere der Mikroökonomie ist der Ausgangspunkt der Überlegungen. Die
Bezeichnung „Mikroökonomie“ läßt das schon erkennen: Mikro heißt klein.
Wie beginnen in der Mikroökonomie mit den Einzelwirtschaften, den priv.
Haushalten und den Unternehmen. Natürlich ist auch dabei der Blick auf die
Volkswirtschaft, auf das volkswirtschaftliche Gesamtsystem gerichtet. Aber die
Mikroökonomie
geht
Schritt
für
Schritt
vor.
Sie
beginnt
mit
den
Einzelwirtschaften, mit den Planungen und Entscheidungen der Konsumenten
und der Unternehmen. Die Mikroökonomie als Teil der VWL bleibt dann
allerdings nicht bei der Betrachtung und Analyse dieser Einzelwirtschaften
stehen. Sie konzentriert sich vielmehr in den anschließenden Schritten auf
das Zusammenwirken und Ineinandergreifen der Einzelwirtschaften in
Marktbeziehungen: Es geht um die Planung der Käufe und Verkäufe von
Gütern, um Angebot und Nachfrage an den Märkten der Konsumgüter, der
Investitionsgüter und der Produktionsfaktoren.
Die ersten Schritte in die Mikroökonomie bilden also jeweils eine Theorie des
privaten
Haushalts
(der
Konsumeinheiten)
und
eine
Theorie
des
Unternehmens (der Produktionseinheiten). Dem schließt sich eine Theorie
des Zusammenspiels der Haushalte und Unternehmen an, also eine Theorie
des Marktes und des Marktgeschehens. Dabei geht es insbesondere um die
Erklärung der Preisbildungsprozesse auf den Güter- und Faktormärkten,
Märkte, die sehr unterschiedlich aufgebaut sind. Wir unterscheiden deshalb
verschiedene Marktformen, und je nach der vorliegenden Marktform müssen
4
die
Wirtschafteinheiten
–
die
Haushalte
und
Unternehmen
-
als
Marktteilnehmer ihre Pläne und Entscheidungen in unterschiedlicher Weise
festlegen. Und deshalb ergeben sich je nach Marktform auch unterschiedliche
Preisbildungsprozesse.
Das
Zustandekommen
der
Preise
und
der
Marktgleichgewichte sieht etwa bei einem Polypol ganz anders aus als bei
einem Monopol oder einem Oligopol.
Denjenigen, die meine Einführung in die VWL gehört haben, müßte das
Gesagte schon irgendwie bekannt vorkommen. Denn die Vorlesung
„Mikroökonomie“ erweitert, vertieft und ergänzt die Überlegungen, die auch
schon in der Einführung in die VWL angesprochen worden sind. Wir wollen im
Folgenden mit der „Mikroökonomie“ aber einen entscheidenden Schritt
weiterkommen und das Bild vom volkswirtschaftlichen
Netzwerk
komplett
machen – vom Netzwerk ineinandergreifender Marktbeziehungen.
In einigen Vorbemerkungen soll zunächst aber noch einmal kurz die
Beziehung zwischen Volkswirtschaft und Volkswirtschaftslehre umrissen
werden, um so zu erkennen, was die VWL ist, und was sie uns an
Erkenntnissen liefern kann. Dabei wird dann auch die Unterscheidung
zwischen der Mikroökonomie und Makroökonomie verständlich.
Gegenstand der Volkswirtschaftslehre ist die Volkswirtschaft. Sie zeichnet
zunächst ein Bild vom Aufbau und der Gliederung der Volkswirtschaft. Und sie
erklärt sodann, wie aus dem Tätigwerden der Glieder – aus den
Überlegungen, Planungen und Entscheidungen der Einzelwirtschaften – das
Wirtschaftsgeschehen, die Abläufe der Volkswirtschaft ausgelöst werden.
Also: Wie kommen die Bewegungen, Veränderungen und Prozesse zustande,
die fortgesetzt als volkswirtschaftliches Geschehen ablaufen und zu
bestimmten Ergebnissen führen, - die Prozesse der Preisbildung, des
5
Wettbewerbs, der Einkommensverteilung, aber auch der Beschäftigung, der
Konjunkturschwankungen und des Wachstums.
Wir wollen also erkennen, was in der Volkswirtschaft abläuft und warum es so
und nicht anders abläuft. Doch, was ist das überhaupt, die Volkswirtschaft?
Als Volkswirtschaft bezeichnen wir ein gesellschaftliches System, ein
Gesamtsystem, das aus vielen Teilen, aus vielen Einzelwirtschaften,
zusammengesetzt ist. Die Einzelwirtschaften sind die Handlungseinheiten, die
Wirtschaftssubjekte, die ihre wirtschaftlichen Verhältnisse planen und
gestalten. Das System „Volkswirtschaft“ ergibt sich
dann aus dem
Ineinandergreifen und Zusammenwirken der Einzelwirtschaften. Denn diese
Einzelwirtschaften stehen nicht isoliert da, die Haushalte und Unternehmen
sind vielmehr durch zwischenbetriebliche Arbeitsteilung und regelmäßige
Austauschbeziehungen miteinander verbunden, sie bilden ein Netz und
handeln in einem Netzwerk. Diese Arbeitsteilung und Spezialisierung der
Einzelwirtschaften steigert die Produktivität enorm, aber sie haben auch eine
Kehrseite. Die Wirtschaftseinheiten können sich nicht mehr selbst versorgen;
sie sind auch Gedeih und Verderben voneinander abhängig.
Wir haben das aktuell ja in aller Deutlichkeit erlebt. Die zunehmende
internationale Arbeitsteilung, das weltweite Zusammenwachsen der Märkte,
die wir Globalisierung nennen, hat in den achzigen und neunziger Jahren
einen rasanten Wachstumsschub ausgelöst, - von dem vor allen die bislang
zurückhängenden Länder Asiens begünstigt wurden: China, Indien, die
Rohstofflieferanten wie Rußland, Kasachstan und die Erölförderländer. Der
große Vorteil für die entwickelten Industrie- und Dienstleistungsländer, nicht
zuletzt für Deutschland, ergab sich aus der sprunghaften Ausweitung der
Exportmärkte. In der Finanz- und Konjunkturkrise ab 2007 erlebten wir dann
6
aber die Schattenseite der internationalen Abhängigkeit: der Export
schrumpfte besonders stark. Uns traf es hart, weil die deutschen Exporte zum
größten Teil aus Investitionsgütern und industriellen Vorleistungen bestehen
(Maschinen, Anlagen, Fahrzeuge, Chemieprodukte u. ä.). Aber ist deshalb
das System der Arbeitsteilung, besonders der internationalen Arbeitsteilung,
falsch, müssen wir die Uhr zurückdrehen? Um Gotteswillen nein. Die Krise
läuft aus, gerade die noch in der Entwicklung stehenden Ländern b rauchen
Investitionsgüter. Es kann wieder durchgestartet werden.
Doch kehren wir zu unserem kleinen Einmaleins der VWL zurück. Ich habe
gesagt: die Einzelwirtschaften – die privaten Haushalte und die Unternehmen
- verfolgen ihr wirtschaftliches Ziel – ihr streben nach Nutzen oder Gewinn - im
Rahmen der Volkswirtschaft als Marktteilnehmer: als Käufer und Verkäufer,
als Arbeitnehmer und Arbeitgeber, als Mieter und Vermieter, als Kreditgeber
und Kreditnehmer
usw. Und, das sahen wir auch schon: Für die
Einzelwirtschaften ist es ein ungeheurer Vorteil, daß sie nicht allein stehen,
nicht isoliert wirtschaften müssen, sondern in einer Arbeitsteilung stehen,
zusammen mit vielen, vielen anderen Wirtschaftssubjekten. Der einzelne
Konsument und Produzent agiert im Rahmen der Volkswirtschaft. Ja er ist
selber ein Glied der Volkswirtschaft, Glied eines Verbundes, der es den
Menschen ermöglicht, ihre einzelwirtschaftlichen Ziele besser und immer
besser zu erreichen. Der Erfolg der Einzelwirtschaften, etwa die Höhe des
erzielbaren Einkommen, hängt natürlich auch von den eigenen Fähigkeiten
und Anstrengungen, aber weitgehend auch vom Erfolg der Gesamtwirtschaft
ab, etwa von der Konjunkturentwicklung.
Deshalb fragen wir jetzt, was die Volkswirtschaft als Leistungsverbund der
Einzelwirtschaften, als Leistungsverbund, in dem wir ja auch alle stehen,
bewirken und erreichen soll? Worin liegen das Ziel und der Erfolg der
Volkswirtschaft? Bei der Antwort auf diese Frage muß man vorsichtig
7
vorgehen
und
eine
kurzfristige
und
eine
langfristige
Betrachtung
unterscheiden. Die kurzfristige Betrachtung geht von der jeweils bestehenden,
der jeweils aktuell gegebenen Lage der Volkswirtschaft aus. Kurzfristig, und
das heißt jetzt im Rahmen der jeweils aktuell gegebenen Bedingungen
(Ausstattung mit Produktionsfaktoren, Stand der Technik) müssen die
vorhandenen Produktionsmöglichkeiten
so weit und so effektiv es geht,
ausgenutzt werden, um so die Bedürfnisse der Menschen bestmöglich zu
befriedigen. Dieses Optimum unter den jeweils gegebenen Bedingungen
herzustellen, wird als die statische Aufgabe der Volkswirtschaft bezeichnet.
Haben in dieser Ausrichtung alle Produktionsfaktoren im Ganzen der
Volkswirtschaft ihre produktivste Verwendung gefunden, so sprechen wir von
der optimalen Faktorallokation.
Doch das ist nicht alles, das Ziel der volkswirtschaftlichen Anstrengungen geht
weiter.
Nicht
nur
sind
die
jeweils
schon
bestehenden
Produktionsmöglichkeiten bestmöglich zu nutzten. Diese Möglichkeiten sollen
vielmehr verbessert und fortgesetzt ausgeweitet werden - im Interesse einer
noch besseren Güterversorgung in der Zukunft. Vor allem die durch
Forschung und Entwicklung angestoßenen technische Fortschritte und die
fortgesetzten Investitionen in Sachkapital und Humankapital lassen das
Produktionspotential der Volkswirtschaft – also den möglichen Umfang der
Produktion – größer werden. Durch technische und organisatorische
Innovationen und durch Investitionen steigt die Ergiebigkeit im Einsatz der
vorhandenen Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital. Das sind die
Produktionsfaktoren, die von den privaten Haushalten bereitgestellt und von
den
Unternehmen
nachgefragt
werden
und
die
dann
in
den
Produktionsprozessen die Güter schaffen, mehr und bessere Güter. Durch die
Bereitstellung und durch den Einsatz der Produktionsfaktoren werden die
Leistungen erbracht, für die als Gegenwert die Einkommen bezahlt werden,
8
Einkommen der Haushalte, mit denen der Konsum finanziert wird, und von
denen somit die menschliche Bedürfnisbefriedigung abhängig ist. Steigende
Produktivität, also Mehrergiebigkeit im Faktoreinsatz, führt zu steigender
Güterproduktion und ermöglicht damit entsprechend steigende Einkommen.
Dieser Anstieg der Produktion einer Volkswirtschaft – gemessen als realer
Anstieg des Brutto-Inlandsprodukts – und dieser Anstieg der Einkommen –
gemessen als realer Anstieg des Volkseinkommens pro Kopf – ist das
Wirtschaftswachstum.
Schwankungen
in
Und
der
die
Stärke
Erscheinung der Konjunktur.
Das
dabei
des
im
Zeitablauf
Wirtschaftswachstums
auftretenden
bildet
die
kontinuierliche Wirtschaftswachstum ist
getragen vom technischen und organisatorischen Fortschritt und von den
fortlaufenden Investitionen in das Human- und Sachkapital. Und diese
expansive Entwicklung im Bereiche von Technik und Organisation, die
Neuerungen und Verbesserungen sucht, ist auf das engste verzahnt mit einer
immer weitergehenden Spezialisierung und Arbeitsteilung. Dazu gehört auch
die räumliche Ausweitung der Märkte (EU, Globalisierung). Mit den größeren
und immer vielgestaltiger werdenden Märkten entstehen fortgesetzt größere
Spielräume für die Arbeitsteilung und für den Güteraustausch.
Nun, wenn wir von der Konjunkturschwankungen sprechen, von der
Beschäftigung und den Wachstumsaussichten, dann denken wir durchweg an
die konkreten Gegebenheiten der Wirtschaft in bestimmten Ländern oder
Regionen, in Deutschland etwa oder in anderen Ländern oder in der EU. Wie
wird es bei uns weitergehen, und wie sind wir, die Einzelwirtschaften, davon
betroffen? Das sind Fragen, die interessieren. Aber um diese praktischen
Fragen fundiert beantworten zu können, brauchen wir eine Hilfe, ein
Instrumentarium. Wir müssen die Zusammenhänge kennen. Mit welchen
9
Handlungseinheiten und Entscheidungsträgern haben wir es zu tun? Was sind
überhaupt Märkte, Marktverschiebungen, Konjunkturschwankungen? Wir
brauchen m. a. W. ein Gedankenbild, ein Modell vom Aufbau der
Volkswirtschaft und von den Abläufen, die das volkswirtschaftliche Geschehen
darstellen. Wenn wir deshalb im Weiteren dieser Vorlesung von der
Volkswirtschaft
und
der
Marktwirtschaft
–
also
von
unserem
Erkenntnisgegenstand - sprechen, dann zielen unsere Überlegungen nicht auf
einzelne konkrete nationale Volkswirtschaften, nicht auf die deutsche
Volkswirtschaft etwa. Wir wollen vielmehr mit dem Begriffen „Volkswirtschaft“
und „Marktwirtschaft“ Gedankenbilder vom Aufbau, von der Gliederung und
vom Funktionieren volkswirtschaftlicher Systeme entwickeln. Erst wenn wir so
einen fundierten Überblick über den Aufbau einer Volkswirtschaft gewonnen
haben, und wenn wie die Prozesse kennen, die zwischen den Gliedern der
Volkswirtschaft, also zwischen den Wirtschaftssubjekten, ablaufen, können wir
mit Hilfe dieses Instrumentariums an die Wirklichkeit herantreten. Dann
können wir darangehen, das konkrete Geschehen in einzelnen Ländern und
Ländergruppen zu erfassen, zu analysieren und zu erklären, - etwa den
Preisverfall bei Gebrauchtwagen infolge der Abwrackprämie oder ein
verdächtiges preistreibendes Wettbewerbsverhalten der Kraftstoffanbieter in
der Ferienzeit oder die offenen Fragen zur Ordnung des Bankensektors und
zur weiteren Entwicklung von Konjunktur-, Beschäftigung und Wachstum.
Diese grundlegenden Begriffe, diese Modellüberlegungen über den Aufbau
des Wirtschaftssystems und dieses Instrumentarium, mit denen wir die
wirtschaftlichen Zusammenhänge ableiten, bietet uns die theoretische
Volkswirtschaftslehre.
Diese Wissenschaft
gliedert sich nun in
zwei
Betrachtungs- und Vorgehensweisen, man kann auch sagen, in zwei
Methoden, mit denen die Volkswirtschaft und das volkswirtschaftliche
Geschehen anvisiert, erfaßt und erklärt wird: Nämlich in die Mikroökonomie
10
und die Makroökonomie. Das sind aber nicht etwa zwei voneinander
abweichende, sich widersprechende Theorien. Es handelt sich vielmehr um
zwei verschiedene Betrachtungsweisen, um zwei verschiedene Blickwinkel,
aus
denen
der
angesprochen
gleiche
wird.
Es
Gegenstand,
sind
dies
eben
zwei
die
„Volkswirtschaft“,
Betrachtungsweisen,
die
zusammengehören und die sich ergänzen. Das ist nicht schwer zu erkennen.
Die
baut
Mikroökonomie
das
System
„Volkswirtschaft“
aus
seinen
Bestandteilen, aus seinen Gliedern, zusammen: Sie geht von den privaten
Einzelwirtschaften aus, sie erklärt das Verhalten der privaten Haushalte und
die Planungen und Entscheidungen der Unternehmen (Konsumtheorie und
Produktionstheorie).
Dabei
betrachtet
die
Mikroökonomie
die
Einzelwirtschaften aber nicht als isolierte Einheiten, sondern in ihrer
wechselseitigen Abhängigkeit. Denn sie berücksichtigt sofort, betrachtet und
analysiert die Marktbeziehungen, die zwischen den Einzelwirtschaften
ablaufen, Einzelwirtschaften als Marktteilnehmer – als Anbieter und
Nachfrager. Und genau das ist auch der Kern, der Schwerpunkt der
Mikroökonomie: die Prozesse der Preisbildung, der Preisbildung auf den
Güter- und Faktormärkten. Und dabei geht es nicht nur um das jeweilige
Zustandekommen der Preise, sondern auch um die weiteren Auswirkungen
der Preishöhe auf die Angebots- und Nachfrageplanung. Die auf den Märkten
zustande kommenden Preise steuern den Einsatz der Produktionsfaktoren,
steuern die Ausrichtung der Produktion und dabei auch die Bildung und
Verteilung der Einkommen. Denn auch die Einkommensverteilung basiert auf
einer Preisbildung; sie ergibt sich aus der Preisbildung für Produktionsfaktoren
(Lohn, Zins, Grundrente). Kurz zusammengefaßt können wir festhalten: Die
Mikroökonomie
betrachtet
das
arbeitsteilige,
über
Märkte
gehende
Ineinandergreifen der Einzelwirtschaften mit den Theoriebereichen des
Konsums,
der
Produktion,
Einkommensverteilung.
der
Marktpreisbildung
und
der
11
Die
Makroökonomie
(Makro
→
Wirtschaft
im
Großen)
betrachtet
demgegenüber die Volkswirtschaft sofort als einen Gesamtzusammenhang,
als ein integriertes Kreislaufgefüge, gleichsam aus der Vogelperspektive. Die
Einzelwirtschaften werden zu Sektoren zusammengefasst (Gesamtkonsum,
Gesamtinvestition, gesamte Staatsaktivitäten, gesamter Export- und Import).
Die Ausgangs- und Endpunkte des Kreislaufgeschehens sind hier, in der
makroökonomischen Theorie, also nicht die einzelnen Wirtschaftssubjekte –
nicht die einzelnen Haushalte und Unternehmungen – sondern die genannten
großen
Sektoren
der
Volkswirtschaft:
Der
Gesamtkonsum,
die
Gesamtinvestition, die gesamten staatliche Einnahmen und –ausgaben und
die
zusammengefassten
makroökonomischen
Außenwirtschaftsgrößen,
Ansatz
die
Kraftpole,
-
das
zwischen
sind
denen
im
die
Leistungsströme (= Güterströme) und die Zahlungsströme (= Geldströme)
ablaufen. Die Volkswirtschaft wird hier also nicht als Netzwerk der
Einzelwirtschaften
angesprochen,
sondern
als
ein
System
von
volkswirtschaftlichen Gesamtgrößen und von Abhängigkeiten (Funktionen)
zwischen diesen Gesamtgrößen - etwa C = f(Y) oder I = f(ΔY,i,T) =
makroökonomische
Konsumfunktion
und
makroökonomische
Investitionsfunktion.
Die einzelwirtschaftlichen Vorgänge von Angebot und Nachfrage – also die
Handlungen
der
Wirtschaftssubjekte
–
sind
damit
zusammengefaßt
(aggregiert) zu den Größen „Gesamtkonsum“, „Gesamtinvestition“, „gesamte
Staatseinnahmen und Staatsaugaben“, „Gesamtexport und Gesamtimport“.
Diese makroökonomische Theorie der Kreislaufzusammenhänge benutzen wir
besonders
bei
der
Erklärung
der
Konjunkturschwankungen,
Wachstumsstärke und der Inflationsursachen.
der
12
Die Blickrichtung der Mikroökonomie geht demgegenüber – um es noch
einmal
zu
sagen
-
von
unten
nach
oben.
Sie beginnt
mit
den
Einzelwirtschaften – den Haushalten und Unternehmen. Sie analysiert die
Ziele, Pläne und Entscheidungsaufgaben dieser Einzelwirtschaften. Das ist
der Startpunkt: Einmal die Theorie des Haushalts (Konsum) und dann die
Theorie der Unternehmen (Produktion). Doch bei dieser Analyse dieser
Analyse der Einzelwirtschaften bleiben wir nicht stehen. Die Haushalte und
Unternehmen
werden
vielmehr
sofort
in
ihrer
marktwirtschaftlichen
Verknüpfung und Einbindung betrachtet: eben als Marktteilnehmer -
als
Anbieter und Nachfrager auf den Gütermärkten und auf den Faktormärkten
(z.B. auf dem Arbeitsmarkt). Den Ausdruck „Mikroökonomie“ darf also nicht
mißverstanden werden. Wir gehen zwar von den Einzelwirtschaften aus, aber
wir betrachten sie nicht isoliert, sondern als Marktteilnehmer. Und wir machen
dabei den entscheidenden Schritt: Wir betrachten und analysieren das
Aufeinandertreffen der Wirtschaftseinheiten als Verkäufer und Käufer auf den
Märkten; wir erklären damit das Zustandekommen der Preise und beobachten
den Wettbewerb und die Auswirkungen der Preishöhe auf die weitere
Gestaltung von Angebot und Nachrage. Im Mittelpunkt der Mikroökonomie
stehen also die Erscheinungen Märkte, Preisbildung und Wettbewerb. Die
Mikroökonomie bietet damit im Blick auf die Wirtschaftspolitik die Basis für die
Wettbewerbspolitik, für die Industrie- und Strukturpolitik, für Teile der
Außenhandelspolitik (Zölle, Subventionen) und ähnlich Problemfelder.
Da in der Mikroökonomie die Aktivitäten von Unternehmen als den
Produktionseinheiten eine wesentliche Rolle spielen, ergeben sich ganz
natürlich Überlappungen mit der Betriebswirtschaftslehre. Der Unterschied
liegt aber im Folgenden. Die Mikroökonomie betrachtet die Unternehmen, wie
schon gesagt, primär als Marktteilnehmer, - denn wir sind in der VWL an den
13
Marktprozessen und Marktwirkungen interessiert. Für die BWL ist dagegen
das Unternehmen oder der Betrieb mit allen ihren Erscheinungsformen,
Tätigkeiten und Funktionen der Erkenntnisgegenstand, wobei aber natürlich
auch in der BWL das marktwirtschaftliche Umfeld und die markwirtschaftliche
Einbindung der Unternehmen berücksichtigt werden. Es gibt leider einige
wenige Begriffe und Bezeichnungen, die in der BWL und in der
volkswirtschaftlichen Mikroökonomie unterschiedlich verwendet werden – z. B.
die Bezeichnung der Produktionsfaktoren oder der Begriff des Kapitals. In
diesen wenigen Fällen werde ich in dieser Vorlesung deutlich auf die
Unterschiede aufmerksam machen.
Mit
diesen
einleitenden
Überlegungen
habe
ich
auch
schon
das
Arbeitsprogramm der Lehrveranstaltung kenntlich gemacht. Wir beginnen mit
der Theorie des privaten Haushalts (Erwerbs- und Konsumplanung) und der
Theorie des Unternehmens (Produktionsplanung). Dem schließt sich die
Lehre vom Markt, vom Marktgeschehen, im Wesentlichen also die Lehre von
der
Preisbildung
und
den
Preiswirkungen
an.
Wir
betrachten
das
Zustandekommen der Preise und die Wirkungen der Preishöhe auf die
weitere Gestaltung von Angebot und Nachfrage und zwar auf der Grundlage
der verschiedenen Marktformen. Auf dieser Basis schließlich können wir auch
einige
wesentliche
Fragen
der
Einkommensbildung
Einkommensverteilung aufgreifen.
II.
Der private Haushalt als Wirtschaftseinheit und Marktteilnehmer
und
14
a)
Allgemeines
Der private Haushalt ist, kurz formuliert, die Wirtschaftseinheit der
Konsumplanung. Zu diesem Zweck hat er zwei ineinandergreifende Aufgaben
zu lösen. Es geht einmal um die Planung der Einkommenserzielung und dann
um die Planung der Einkommensverwendung. Die Einkommensverwendung,
das ist dann im westlichen die Beschaffung, also der Einkauf von
Konsumgütern für die Bedürfnisbefriedigung, und zudem auch die Planung
von Ersparnissen.
Umfassend gesagt, besteht die wirtschaftliche Aufgabe des Haushalts darin,
im Rahmen der jeweils verfügbaren Mittel die Bedürfnisse des Haushalts bzw.
der Haushaltsmitglieder bestmöglich zu befriedigen. Wie der Haushalt konkret
aussieht, wie er zusammensetzt ist, das bleibt in der theoretischen
Betrachtung unberücksichtigt. Die Mikroökonomie unterscheidet also nicht
weiter zwischen Familienhaushalten, Single-Haushalten usw. Der Haushalt
der Theorie ist vielmehr eine abstrakte Wirtschaftseinheit. Diese hat die
Aufgabe, sich pro Zeiteinheit (ZE) = Planungsperiode bestimmte Mittel zu
beschaffen (Erwerbsplan), über die dann zielgemäß verfügt werden muß
(Konsumplan). Zielgemäß heißt, die verfügbaren Mittel sind n der Art und
Weise
zu
verwenden,
daß
für
den
Haushalt
das
höchstmögliche
Versorgungsniveau erreicht wird. Dieses wirtschaftliche Ziel des privaten
Haushalts wird Nutzenmaximierung genannt
.
Nun, private Haushalte – das sind wir alle, in unserer Eigenschaft als
Konsumenten. Um unseren Güterbedarf zu decken, müssen wir planen und
entscheiden. Gewiß, die Pläne und Entscheidungen der privaten Haushalte
sind in aller Regel nicht so groß und komplex wie die Pläne von
Unternehmungen.
Trotzdem
ist
und
bleibt
es
aber
so,
daß
die
15
Bedürfnisbefriedigung der Menschen durch eine planmäßige Verwendung von
Konsumgütern das Ziel ist – das eigentliche und letzte Ziel allen
Wirtschaftens. Sicherlich, die Güternachfrage eines einzelnen Haushalts ist im
Ganzen der Volkswirtschaft als Größe unwesentlich. Aber die Nachfrage aller
Haushalte zusammengenommen – also der Gesamtkonsum – ist der mit
Abstand größte Block der volkswirtschaftlichen Gesamtnachfrage. Das
deutsche BIP dient in der Verwendung zu fast 60% dem privaten Konsum –
dagegen beträgt der Staatsverbrauch kapp 19%, die Gesamtinvestition 17 –
18% und der Außenbeitrag (der Exportüberschuß) 4 – 5%. Diese
Größenordnung des volkswirtschaftlichen Gesamtkonsums – fast 60% macht es verständlich, daß in den zurückliegenden Jahren und auch zur Zeit
bei der Beobachtung der Konjunktur mit besonderer Aufmerksamkeit auf die
Konsumentwicklung – etwa auf die Umsatzzahlen des Einzelhandels geachtet wird.
Der private Haushalt – so sagte ich – ist die Planungseinheit des Konsums.
Dabei steht vor dem eigentlichen Konsum, dem Konsumieren, die Nachfrage
nach Konsumgütern. Die Konsumgüter müssen ja beschafft – in der Regel
gekauft – werden, bevor sie dem Konsum zugeführt werden können, - dem
Verbrauch oder dem Gebrauch der Güter. In der Mikroökonomie ist der
Haushalt deshalb ein Marktteilnehmer, hier ein Nachfrager, ein Käufer von
Konsumgütern. Wenn wir von Konsumplanung sprechen, dann meinen wir
damit in der Regel nicht die Planung der Konsumakte, nicht etwa die Planung
der Essvorgänge,
sondern die Einkaufsplanung für Konsumgüter. Die
Konsumplanung führt also zu Marktentscheidungen. Und diese Planung der
Einkäufe muß dann so gestaltet werden, daß sich durch die anschließende
Verwendung der Konsumgüter – also durch den eigentlichen Konsum - die
höchsterreichbare Bedürfnisbefriedigung ergibt. „Höchsterreichbar“ – das
heißt, auf der Grundlage der verfügbaren Mittel. Gefragt ist damit nach der
16
optimalen
Verwendung
eines
pro
Zeiteinheit
(pro
Planungsperiode)
verfügbaren Geldbetrags – der „Konsumsumme“ (KS) – durch bestimmte
Nachfrageentscheidungen (Nachfrageentscheidungen ist gleichbedeutend mit
Kaufentscheidungen). Frage dann: Wovon hängt die Größe der Nachfrage
des Haushalts nach den verschiedenen von ihm gewünschten und in die
Planung
einbezogenen
Konsumgütern
ab?
Welche
Einflußfaktoren
beherrschen die Kaufentscheidungen? Wovon hängt es ab, ob der Haushalt
diese oder jene Menge des einen und des anderen Konsumgutes nachfragt?
Die Antwort auf diese Frage kann zunächst vereinfacht werden, indem
angenommen wird, daß die Konsumsumme, also der Geldbetrag, den der
Haushalt pro ZE für Konsumgütereinkäufe einsetzen kann und will, eine für
die Einkaufplanung gegebene Größe ist. Wir werden aber sehen, daß die
Höhe des Einkommens und – davon abgeleitet die Höhe der Konsumsumme nicht
einfach
gegebene
Größen
sind,
sondern
selber
geplant
und
erwirtschaftet werden müssen, nämlich durch den Einsatz der dem Haushalt
verfügbaren
Produktionsfaktoren
gegen
Entgelt.
Das
ist
der
Erwerbswirtschaftsplan des Haushalts, mit dem das Einkommen angestrebt
wird.
Doch von dieser Aufgabe, der Aufstellung des Erwerbswirtschaftsplans, sehen
wir jetzt im ersten Schritt einmal ab. Wir unterstellen zunächst einmal, um den
Überblick einfach zu halten, daß die pro ZE einsetzbare Konsumsumme
feststeht, für den Haushalt ein Datum ist. Wenn ferner angenommen wird, daß
auch die Bedürfnisstruktur des Haushalts, also die Präferenzen gegenüber
den zum Kauf angebotenen Gütern, festliegen und sich in der betrachteten
Zeitpanne
auch
nicht
ändern,
dann
hängt
die
Planung
der
Konsumgüternachfrage ausschließlich von der Höhe der für den Erwerb der
17
Güter zu zahlenden Preise ab. Frage wir so, mit den genannten
Vereinfachungen, nach der Nachfrage in bezug auf ein bestimmtes Gut, dann
spielt vor allem der Preis dieses betrachteten Gutes eine wesentliche Rolle.
Mitbedeutet sind aber auch die Preise anderer Güter, wenn diese gegenüber
dem betrachteten Gut entweder Substitutionsgüter oder Komplementärgüter
sind. Darauf komme ich gleich zurück.
Die wesentlichen Einflußfaktoren der Konsumgüternachfrage eines Haushalts
sind damit genannt: 1. Die Konsumsumme, die in der Regel vom verfügbaren
Einkommen
abgeleitet
wird;
2.
die
Preise
der
Güter,
die
in
die
Einkaufsüberlegungen des Haushalts einbezogen werden, und 3. der
subjektive Faktor, die Bedürfnisstruktur oder – was das Gleiche bedeutet – die
Stärke der Präferenzen gegenüber den in der Planung berücksichtigten
Gütern. Wir fassen diese drei Einflußfaktoren in der einzelwirtschaftlichen
Konsumfunktion zusammen:
c = f(P1, P2 … Pn; KS; B)
Damit sind die drei Faktoren genannt, welche die Nachfrage der Haushalte
nach Konsumgütern und damit deren Konsumplanung bestimmen. Frage wir
jetzt im nächsten Schritt nach der Nachfrage, die sich auf ein bestimmtes Gut,
sagen wir auf Gut 1, richtet, dann müssen wir die Bedeutung des Preises
dieses Gutes 1 hervorheben und die auf das Gut 1 bezogene Einkaufs- und
Konsumfunktion wie folge schreiben:
c1 = f(P1; Pp2 … Pn; KS; B)
Wir unterscheiden jetzt vier Einflußfaktoren: 1. den Preis des betrachteten
Gutes 1; 2. die Preise anderen Güter; die auch auf die Nachfrage nach
18
unserem betrachteten Gut 1 einwirken (das sind die Preise von Substitutionsund Komplementärgütern); 3. die Höhe des Konsumsumme, die in der Regel
von verfügbaren Einkommen abhängt und 4. den subjektive Faktor, die
individuelle Bedürfnisstruktur.
Wenn man den Gesamteinfluß dieser vier Faktoren in ihrer Bedeutung
gleichzeitig betrachten und erfassen will, dann ist dies ein ziemlich
unübersichtlicher, komplexer Zusammenhang. Die erste, alle Faktoren
umfassende Konsumfunktion wird deshalb vereinfacht, wenn die Bedeutung
jeweils eines Einflußfaktors herausgehoben und beobachtet werden soll.
Dann kann man bei der Überlegung unterstellen, daß sich nur dieser eine
Faktor verändert, während die anderen Einflußfaktoren gegeben sind und
konstant bleiben. So kann man sich etwa auf die Wirksamkeit des Preises des
betrachteten
Gutes
1
konzentrieren,
und
dann
bei
den
weiteren
Überlegungen annehmen, daß sich die Konsumsumme, die Preise anderer
Güter (Substitutions- und Komplementärgüter) und die Bedürfnisstruktur nicht
gleichzeitig auch verändern, sondern konstant bleiben. Man nennt dies
Isolationsmethode: Die Ableitung isoliert die Auswirkungen von Änderungen
nur eines Faktors. Wir werden später mit einer solchen reduzierten
Konsumfunktion arbeiten, bei der wir die nachgefragte Menge eines Gutes nur
vom Preise dieses Gutes abhängig sein lassen
und die anderen
Einflußfaktoren als konstant unterstellen und damit sozusagen auf Eis legen.
Diese reduzierte Funktion sieht dann einfach so aus:
c1 = f(P1). ceteris paribus
(alle anderen Einflußfaktoren gelten als gegeben und konstant ).
Doch bevor wir uns der Planung der Konsumgüterkäufe und der
Konsumplanung zuwenden, müssen wir noch einige Vorfragen klären.
19
Zunächst und ganz wichtig: Die Annahme einer für die Einkaufsplanung
einfach gegebenen Konsumsumme ist für die Analyse der wirtschaftlichen
Probleme des Haushalts zu eng. Es muß doch zunächst einmal danach
gefragt werden, wie der Haushalt das einsetzbare Einkommen erzielt, und
wovon die Höhe des erzielten Einkommens abhängig ist, welches dann die
Grundlage für die Festlegung der Konsumsumme bildet. Damit betrachten wir
die andere Seite der wirtschaftlichen Aktivitäten des privaten Haushalts, den
Einkommenserwerb, den Erwerbsplan.
Und dann muß als weitere Vorfrage auch noch die Bildung von Ersparnissen
und die Auflösung von Ersparnissen angesprochen werden. Denn das, was
der Haushalt in einer Zeitspanne als Konsumsumme einsetzt, ist ja oft nicht
das ganze verfügbare Einkommen. Häufig wird ein Teil gespart. Die
Konsumsumme ergibt sich dann als verfügbares Einkommen minus Ersparnis.
Aber auch das Gegenteil kommt vor: Es wird auf Ersparnisse zurückgegriffen.
Dann besteht die Konsumsumme aus dem verfügbaren Einkommen plus
aufgelöster
Ersparnis.
Es
gibt
noch
eine
weitere
Möglichkeit,
die
Konsumsumme zu gestalten, die Kreditaufnahme, die Verschuldung. Müssen
dann in der Zukunft die Schulden zurückgezahlt werde, dann verkleinert dies
die Konsumsumme. Bei solchen Kreditüberlegungen spielen die Höhe des
Zinses, die sonstigen Vertragsbedingungen und die Erwartungen über die
zukünftige Einkommensentwicklung eine wesentliche Rolle.
b)
Erwerbsplan: Der Haushalt als Anbieter von Produktionsfaktoren
Die Planung der Konsumgütereinkäufe setzt die Verfügbarkeit von Kaufkraft
voraus. Dieser Geldbetrag stammt in der Regel aus Leistungseinkommen.
Leistungseinkommen erzielt der Haushalt durch die Bereitstellung von
20
Produktionsfaktoren, Arbeit vor allem, u. U. auch Geldkapital (Zinseinnahmen)
und Grund und Boden (Miet- oder Pachteinnahmen). Am wichtigsten für die
meisten Haushalte ist natürlich die Bereitstellung von Arbeitsleistungen und
den Erwerb eines Arbeitseinkommens (Lohn, Gehalt u. Ä.). Die Lohnquote
vom
Volkseinkommen macht bei uns 65% aus. Rechnet man zu den
Arbeitseinkommen der abhängig Beschäftigten noch die Vergütung der
Arbeitleistungen der Selbständigen hinzu (man nennt diese Summe dann die
Arbeitseinkommensquote),
so
kommt
man
sogar
auf
73%
des
Volkseinkommens. Der Anteil der Einkommen aus Vermögen beträgt also nur
27%.
Nun, wenn wir so auf die Erwerbsplanung, auf den Einkommenserwerb
schauen, dann betrachten wir den privaten Haushalt als Anbieter und zwar
als Anbieter von Produktionsfaktoren auf den Faktormärkten (Arbeitsmarkt,
Geld- und Kapitalmarkt und Markt für Grund und Boden). Am wichtigsten für
die allermeisten Haushalte ist aber – wie schon gesagt - das Angebot von
Arbeitsleistungen auf dem Arbeitsmarkt.
Wir betrachten hier also die Leistungseinkommen, das sind die Gegenwerte
für die Bereitstellung von produktiven Diensten der Faktoren Arbeit, Boden
und Kapital. In unserer wirtschaftlichen Realität sind allerdings nicht alle
verfügbaren Einkommen solche Leistungseinkommen. Einkommen können
auch durch Transferzahlungen der Sozialversicherungsträger, des Staates
oder der Kommunen entstehen, also durch Übertragungen etwa in Form von
Renten, Pensionen, Sozialversicherungsleistungen, Unterstützungen und
Ähnlichem. Von solchen Einkommensübertragungen, so wichtig sie sind,
wollen wir im Folgenden aber absehen. Das Wesen und die Bedeutung von
Transfereinkommen werden in der Finanzwissenschaft
behandelt. Im
21
Folgenden sollen uns nur die fortlaufend im Marktprozeß entstehenden
Leistungseinkommen interessieren, also die Einkommen, die der Haushalt als
Anbieter von Produktionsfaktoren – als Anbieter von produktiven Leistungen –
erzielt. Hier steht der private Haushalt als Leistungsanbieter des Faktors
Arbeit den Arbeitgebern, meistens den Unternehmen oder auch öffentlichen
Arbeitgebern, gegenüber. Das sind die Nachfrager der Leistungen; für die
Dienste zahlen sie Löhne u8nd Gehälter, die den Haushalten als Einkommen
zufließen.
Ausgangspunkt für die Bestimmung der Versorgungsmöglichkeiten eines
Haushalts, d. h. für das Ausmaß der erreichbaren Bedürfnisbefriedigung, ist
mithin die Verfügbarkeit von Produktionsfaktoren, nach denen auf den
Faktormärkten Nachfrage besteht und für die ein Preis (=Einkommen) gezahlt
wird: Lohn für den Faktor Arbeit, Zins für den Faktor Kapital und Grundrente
für den Faktor Boden. Verfügt der Haushalt über Produktionsfaktoren
bestimmter Art und Qualität in bestimmten Mengen dann lautet die erste
Frage: Wieviel der an sich verfügbaren Produktionsfaktoren wird der Haushalt
nicht selber nutzen, sondern für die Arbeitsteilung bereitstellen und auf den
Faktormärkten anbieten, um Geldeinkommen zu erhalten?
Nun, von den insgesamt verfügbaren Faktoreinheiten, die im Prinzip auch
bereitgestellt werden könnten – etwa von den bereitstellbaren Arbeitsstunden
– wird der Haushalt solange zusätzliche Einheiten zu den herrschen
Faktorpreisen an Arbeitsmarkt anbieten, wie das zusätzliche Geldeinkommen
höher bewertet wird als die Abgabe weiterer Arbeitsstunden. Verglichen
werden also der Nutzengewinn aus dem zusätzlichen Einkommen und die
Nutzeneinbuße als Folge von weniger Zeit zur Eigenverwendung (Freizeit).
Ähnlich ist es bei den Überlegungen, die das Sparen von verfügbaren
22
Geldbeträgen und die Vermögensbildung betreffen. Hier werden die
Nutzeneinbuße durch weniger Gegenwartskonsum (Sparen) und der
Nutzengewinn durch mehr Konsummöglichkeiten in der Zukunft (Verwendung
von Ersparnissen) miteinander verglichen. Es wird also so lange gespart, wie
die zukünftige Verfügbarkeit von Kaufkraft höher eingeschätzt wird als die
Verwendung
in
der
Gegenwart
(Gegenwartskonsum).
Und
bei
der
Bereitstellung von Grundstücken (Immobilien) ist es entsprechend. Hier
müssen der Nutzengewinn aus den zusätzlichen Miet- und Pachteinnahmen
und die Nutzeneinbuße aus den verringerten Möglichkeiten der Eigennutzung
einander gegenübergestellt werden.
Es geht also immer um die Gegenüberstellung von zusätzlich erreichbaren
Nutzen (zusätzlichres Geldeinkommen) und den dafür in Kauf zu nehmenden
Nachteilen
(Nutzeneinbußen).
Solange
der
Nutzengewinn
aus
dem
Einkommenszuwachs höher eingestuft wird als die Nutzeneinbuße (weniger
Freizeit,
weniger
Gegenwartskonsum,
weniger
Eigennutzung
von
Grundstücken), solange erbringt die Hergabe weiterer Produktionsfaktoren
eine Lageverbesserung: ein höheres Versorgungsniveau wird erreicht. Es
muß also ein Gleichgewicht angestrebt werden. Dieses Gleichgewicht ist
erreicht, wenn eine letzte, zusätzliche Faktoreinheit – etwa eine weitere
Arbeitsstunde – im Einkommenserwerb genausoviel Zusatznutzen erbringt,
wie an Nutzen verloren geht durch den Verzicht auf eine weitere Stunde
Freizeit. Die Bereitstellung weitere Faktoreinheiten würde per Saldo zu einer
Verschlechterung der Versorgungslage führe. Weil die Eigennutzung – etwa
Freizeit – höher geschätzt wird..
Nun, das klingt wie Theorie und ist es auch. Denn in der Praxis ist die
Herstellung dieses Gleichgewichts von Nutzenzuwachs und Nutzeneinbuße
23
nur sehr unvollkommen möglich. Für die theoretisch vorausgesetzten
Gestaltungsmöglichkeiten,
etwa
Arbeitsleistungen
mehr
oder
weniger
einzusetzen, gibt es ja bekanntlich zahlreiche Vorgaben und Einschränkungen
durch Gesetze, Tarifverträge usw. Das gilt vor allem für den Faktor Arbeit und
die Gestaltbarkeit der Arbeitszeiten. Doch ganz starr ist es nicht; selbst beim
Faktor Arbeit gibt es Gestaltungsspielräume. (Zweitjob, Überstunden,
Schwarzarbeit usw.). Der Grundgedanke ist jedenfalls richtig und der lautet:
Der Haushalt bringt solange zusätzliche Faktoreinheiten auf die Faktormärkte,
wie der Nutzengewinn aus dem zusätzlichen Geldeinkommen höher geschätzt
wird als die Nutzeneinbußen, die mit der Abgabe der Faktoren verbunden sind
– weniger Freizeit, weniger Gegenwartskonsum, weniger Eigennutzung von
Grundstücken.
Soviel zum Erwerbswirtschaftsplan des Haushalts. Die Überlegung und
Planung geht, um es noch einmal zu sagen, von der Ausstattung des
Haushalts mit Produktionsfaktoren aus und umfaßt dann die bestmöglichen
Verwertung dieser Produktionsfaktoren auf den Faktormärkten verglichen mit
der Eigennutzung. Ist diese Entscheidung getroffen, dann fließt dem Haushalt
pro Zeiteinheit ein Geldeinkommen in bestimmter Höhe zu – als Gegenwert
für die Bereitstellung der Faktoren und für deren Einsatz und Nutzung im
Produktionsprozeß.
Dieses zufließende Einkommen ist das Bruttoeinkommen, und das ist nun
allerdings nicht dem verfügbaren oder disponiblen Einkommen gleich
(Nettoeinkommen). Im groben Durchschnitt gehen vom Bruttoeinkommen
26% an Steuern und 20% an Sozialabgeben ab, so daß nur wenig mehr als
die Hälfte des zufließenden Einkommens tatsächlich verfügbares Einkommen
wird. Doch auch dieser Betrag wird oft nicht voll und ganz für
Konsumausgaben eingesetzt. Es gehen die Ersparnisse ab. In Deutschland
haben wir eine durchschnittliche Sparquote, die zwischen 10 und 13% der
24
verfügbaren Einkommen schwankt. Die für Konsumausgaben geplante
Summe kann aber auch über das pro Periode zufließende Einkommen
ausgedehnt werden, wenn auf vorhandene Ersparnisse zurückgegriffen wird;
wenn, wie man sagt, entspart wird. Durch Sparen und Entsparen kann die
Konsumsumme vom zufließenden Einkommen abgekoppelt werden. Also:
verfügbares Einkommen einer Periode minus Ersparnisbildung und plus
Auflösen von vorhandenen Ersparnissen ergibt die
Konsumsumme (KS)
dieser Periode.
c)
Das Konsumgleichgewicht
d)
Wir können jetzt im nächsten Schritt davon ausgehen, daß der Erwerbsplan
einschließlich des Sparplans festgelegt ist und damit die KS für die
Konsumplanung eine gegebene Größe bildet. Über diesen Geldbetrag muß
der Haushalt pro Zeiteinheit (ZE) disponieren und zwar so disponieren, daß
das Ziel erreicht wird, das höchsterreichbare Versorgungsniveau – das
Nutzenmaximum – zu realisieren. Die Lösung dieser Aufgabe erfordert zwei
miteinander verbundene Entscheidungen:
Herzustellen sind gleichzeitig
a)
das
Budgetgleichgewicht
(auch
Budgetbeschränkung
oder
Budgetrestriktion genannt) und
b)
das Substitutionsgleichgewicht.
Der erste Schritt, die Darstellung des Budgetgleichgewichts, ist sehr einfach
zu erkennen und eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Die Aussage lautet:
Die gesamten Konsumausgaben pro Periode (=KS) müssen gleich sein der
Summe der geplanten und getätigten Einzelausgaben. M.a.W. die Summe der
Ausgaben für die pro Periode geplanten Einkäufe entspricht dem insgesamt
25
für Konsumzwecke geplanten Geldbetrag. (oder, noch schlichter gesagt: Man
kann nicht mehr ausgeben, als pro ZE an Geldmitteln zur Verfügung steht.)
Formelmäßig zusammengefaßt heißt das:
KS = x1 ∙ p1 + x2 ∙ p2 + ….. xn ∙ pn.
(x1 bis xn sind die im Einkaufsplan berücksichtigten Konsumgütermengen, p1
bis pn sind die zugehörigen Konsumgüterpreise, Preise mal Mengen ergeben
die Ausgaben insgesamt = Konsumsumme.)
Das dürfte soweit klar sein. Jetzt kommt die zweite, die schwierigere Frage:
Wie wird die KS zwischen den in der Einkaufsplanung berücksichtigten Gütern
1 bis n aufgeteilt? Wie viel wird von Gut 1, wie viel von Gut 2, wie viel von Gut
3, wie viel von Gut n gekauft? – natürlich immer in den Budgetgrenzen der
gegebenen KS. - Zur Beantwortung dieser Frage muß man sich zuerst klar
machen, daß der private Haushalt, der Konsument, als Käufer einer riesigen
Zahl von Alternativen, also von Wahlmöglichkeiten. gegenübersteht. Er kann
etwa mehr von Gut 1 einkaufen; damit wird aber Kaufkraft gebunden, so daß
nur noch weniger von anderen Gütern eingekauft werden kann. Mehr hier,
weniger dort Und das gegenüber einem Angebot, das tatsächlich nicht wirklich
voll überschaut werden kann.
Doch in jedem Fall ist es so, daß Mehreinkäufe bei dem einen Gut auf Kosten
möglicher Einkäufe anderer Güter gehen. Die Alternativen, zwischen denen
der Haushalt durch Umschichtungen von Geldmitteln wählen kann und wählen
muß, bestehen also im Grunde aus Substitutionsentscheidungen: Von einem
Gut eine größere Menge, dann aber kleinere Mengen von einem oder
mehreren anderen Gütern. Der Mehreinkauf an einer Stelle geht auf Kosten
von Einkaufsmöglichkeiten an anderen Stellen. Ein getätigter Einkauf
substituiert andere statt dessen auch mögliche Einkäufe. Die Aufgabe des
26
Konsumenten besteht jetzt darin, in der Einkaufsplanung die Mittel so zu
verwenden
und
festzulegen,
daß
durch
an
sich
mögliche
Mittelumschichtungen (also durch Substitutionen in der Einkaufsplanung)
keine bessere Lage und d.h. kein weiterer Nutzenzuwachs mehr erreicht
werden kann.
Diese anzustrebende Zielsituation des Nutzenmaximums kann man wie folgt
beschreiben: Die optimale Verwendung des Geldbetrages der Konsumsumme
ist dann erreicht, wenn eine zusätzliche Geldeinheit – ein zusätzlicher € - in
allen bestehenden Verwendungsmöglichkeiten den gleichen Nutzenzuwachs
erbringen würde. Wäre der erreichbare Nutzenzuwachs bei einer bestimmten
Veränderung der Ausgaben größer als der Nutzen aus der bisher getätigten
Verwendung, dann würde eine Umschichtung der Mittel von der alten zu einer
neuen Entscheidung zu einem Anstieg des Gesamtnutzens führen. Mittel,
deren Verwendung einer vergleichsweise niedrigeren Nutzen stiften, müssen
umdirigiert werden, zu einer veränderten Verwendung mit höherem Nutzen.
Die Bestlage als Gleichgewicht ist dann offenbar erreicht, wenn durch an sich
mögliche
Umschichtungen
von
Mitteln,
von
Geldbeträgen,
keine
Lageverbesserung mehr erreicht werden kann. Dann ist die optimale
Verwendung der Konsumsumme und damit das Nutzenmaximum realisiert.
Fassen wir unserer bisherigen Überlegungen und Schlußfolgerungen noch
einmal kurz zusammen: Die Einkaufsplanung des privaten Haushalts wird von
drei Einflußfaktoren bestimmt:
a) von der Größe der Konsumsumme, die sich aus dem verfügbaren
Einkommen ableitet;
b) von den Preisen der Güter, die in der Einkaufsplanung berücksichtigt
werden; und
27
c)
von
den
den
Gütern
und
Güterkombinationen
zugemessenen
Nutzenstiftungen, die man Präferenzen nennt, und die sich aus der
Bedürfnisstruktur des Haushalts ergeben.
Von diesen drei Seiten aus können dann auch bestimmte Änderungen des
Einkaufsplans ausgelöst werden: (a) durch Änderungen des verfügbaren
Einkommens und der Konsumsumme; (b) durch Änderungen bei den für die
Einkaufsplanung relevanten Preisen und (c) durch Änderungen der
Bedürfnisstruktur und damit der Präferenzen gegenüber den Gütern. Mit
solchen Datenänderungen werden wir uns in den nächsten Schritten
beschäftigen.
d) Die Nachfrage des Haushalts nach einzelnen
Gütern
Die Bedeutung des Güterpreises
Wir haben bis jetzt von dem gesamten Konsumgüterbündel gesprochen,
das der Haushalt für eine Zeiteinheit plant und damit über die die insgesamt
geplanten Konsumausgaben und deren optimale Aufteilung. Im Folgenden
wollen wir die Betrachtung einengen und uns der Nachfrage nach jeweils
einzelnen Gütern zuwenden, die Bestandteile des Güterbündels sind.
Betrachten wir also irgendein Gut 1. Frage jetzt: Wovon, von welchen
Einflußfaktoren hängt die Nachfrage eines Haushalts nach einem
bestimmten Gut 1 ab – nach Äpfeln etwa, es können auch Krawatten oder
Kinokarten sein? Also die Nachfrage nach irgendeinem Konsumgut, das wir
Gut 1 nennen.
Daß jetzt der Preis des betrachteten Gutes 1, also P1, eine besondere,
herausgehobene Bedeutung für die nachgefragte Menge dieses Gutes
28
haben muß, dürfte klar sein. Je höher der Preis, um so kleiner die
Nachfragemenge, vorausgesetzt, daß die übrigen Einflußfaktoren gegeben
sind und unverändert bleiben (ceteris paribus). Auf dieses „Gesetz der
Nachfrage“ komme ich gleich zurück.
Die Bedeutung der Preise von Substitutions- und Komplementärgütern
Doch nicht nur der Preis des betrachteten Gutes ist von Bedeutung, auch
die Preise anderer Güter können die Nachfrage nach Gut 1 beeinflussen.
Das ist, wie wir schon mehrfach gesehen haben, dann der Fall, wenn es
sich im Hinblick auf Gut 1 um substitutive oder komplementäre Güter
handelt. Die Nachfragefunktion im Hinblick auf Gut 1 lautet dann so;
N1 = f (P1, Ps, Pk, KS, B);
KS = f(E).
P1 ist der Preis des betrachteten Gutes. Ps und Pk sind die Preise von
sonstigen Gütern, die auch auf die Nachfrage nach Gut 1 einwirken. Und
zwar sind Ps die Preise von substitutiven Gütern und Pk die Preise von
komplementären Gütern. Substitutionsgüter sind ähnliche Güter, die dem
gleichen Bedarfszweck dienen, also Ersatzgüter, Ausweichgüter, die man
an Stelle von Gut 1 verwenden kann: Kartoffeln, Nudeln, Reis etwa oder
verschiedene Fleischsorten oder unterschiedliche Obstarten oder auch eine
Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln gegenüber einer Fahrt mit dem
eigenen Wagen. Frage, wie verändert sich die von Gut1 nachgefragte
Menge, wenn bei Substitutionsgütern Preisänderungen eintreten? Nun,
sinken die Preise von Substitutionsgütern, werden damit die Ausweichgüter
vergleichsweise billiger, dann sinkt die Nachfrage nach dem betrachteten
Gut 1. Umgekehrt: Wenn die Substitutionsgüter teurer werden, dann wird
das betrachtete Gut 1 im Vergleich preiswerter, und dies läßt die Nachfrage
nach
diesem
Gut
ansteigen.
Der
Effekt
–
Preisänderung
bei
29
Substitutionsgütern bewirkt Mengenänderung bei einem betrachteten Gutes
- ist also gleichläufig: Steigt der Preis eines Substititionsgutes, dann steigt
die vom betrachteten Gut nachgefragte Menge (das jetzt preisgünstiger
geworden ist) und umgekehrt: Sinkt der Preis eines Substititionsgutes, dann
sinkt die Nachfrage nach dem betrachteten Gut, (das jetzt ja im Vergleich
teurer geworden ist).
Anders ist es bei komplementären Gütern. Komplementäre Güter sind
Güter, die zusammen, gleichsam als Bündel, nachgefragt werden müssen,
weil sie nur im Zusammenwirken den angestrebten Nutzen zu stiften in der
Lage sind: Beispiele etwa Auto und Benzin oder Kühlschrank und
elektrischer Strom, Rechner und Monitor beim PC usw. Hier ist es
logischerweise so, daß bei einem nennenswerten Preisanstieg des
komplementären Gutes (z.B. Benzin), nicht nur dessen Nachfrage sinkt,
sondern auch die Nachfrage nach dem betrachteten Gut (z.B. Autos), weil
die Gesamtnutzung der zusammengehörenden Güter teurer geworden ist.
Im allgemeinen, und was die Anzahl der Fälle betrifft, sind die
Nachfrageeffekte bei Substitutionsgütern wichtiger als die zwischen
Komplementärgütern. Das Vorhandensein von Substitutionsgütern (von
Ausweichmöglichkeiten)
und
das
Aufkommen
immer
neuer
Substitutionsgüter sind ja ein ganz wesentliches Element des Wettbewerbs
in der modernen Volks- und Weltwirtschaft. Man denke nur an die
Instrumente der Elektronik und Kommunikation, wo Jahr für Jahr auf den
großen Messen (etwa CEBIT) neue Instrumente, neue Kombinationen und
Lösungen mit den vorhandenen, älteren Varianten in Konkurrenz treten.
Die Bedeutung von Änderungen der Konsumsumme
30
Das wäre also als erster Punkt, die Bedeutung der Preise für die Nachfrage
des Haushalts nach einem bestimmten Gut 1. Wie sieht es nun bei den
anderen Einflußfaktoren aus, der Konsumsumme und der Bedarfstruktur?
Nun, sehr übersichtlich und sofort einleuchtend ist die Bedeutung des
verfügbaren
Einkommens
Konsumsumme.
Bei
bzw.
der
steigendem
vom
Einkommen
Einkommen
und
abgeleiteten
steigender
Konsumsumme wird die Nachfrage nach den begehrten Konsumgütern und
damit in der Regel auch nach dem betrachteten Gut 1 mit ansteigen und
umgekehrt: Eine sinkende Konsumsumme führt in der Regel zu sinkender
Nachfrage. Es gibt, beim Einfluß von Einkommen und Konsumsumme,
jedoch zwei Ausnahmefälle. Einmal die sog. Sättigungsgüter: Ist das
zugrunde liegende Bedürfnis durch die bisher schon nachgefragte Menge
voll und ganz gesättigt, dann wird ein Anstieg des Einkommens und des
Gesamtkonsums zu keiner weitere Ausweitung der Nachfrage nach diesem
Gut führen. Man denke etwa an gewöhnliches Speisesalz oder an
Streichhölzer. Hier werden Preisausschläge in halbwegs normalem Umfang
kaum Änderengen der Nachfragemenge veranlassen.
Schließlich gibt es noch den Fall der inferioren Güter: Dies sind
vergleichsweise
geringwertig
eingeschätzte
Güter,
höherwertige, aber teurere Substitutionsgüter gibt.
zu
denen
es
Pauschalreisen ins
Sauerland oder auch nach Mallorca sind gut und schön, aber es sind
inferiore Güter gegenüber einer Reise in die Karibik oder Südsee. Oder ein
Essen bei McDonald’s ist ein inferiores Gut gegenüber einem Essen in
einem Sternerestaurant. Bei solchen inferioren Gütern läuft es umgekehrt
zur allgemeinen Regel. Hier ist es so, daß die Nachfrage sinkt, wenn das
Einkommen und der Gesamtkonsum in nennenswertem Umfang ansteigen,
weil man sich jetzt, auf dem höheren Einkommensniveau, höherwertige –
sog. superiore Güter - leisten kann. Soviel zunächst zu Veränderungen von
31
Einkommen und Konsumsumme. Wir kommen bei den Elastizitäten noch
einmal auf diese Zusammenhänge zurück.
Veränderungen der Bedürfnisstruktur und der Präferenzen
Es
bleiben
bei
einem
Blick
auf
die
Einflußfaktoren
der
Konsumgüternachfrage noch der subjektive Faktor, also die Bedürfnisse
und deren individuelle Bedeutung, die Bedürfnisstruktur. Auch hier können
Änderungen eintreten, und es treten in der Realität ja auch fortgesetzt
Änderungen ein: Manche Güter und Gütergruppen gewinnen an Bedeutung
und kommen in Mode; andere Güter verlieren demgegenüber an Interesse
und Zuspruch. Das bedeutet mit anderen Worten, daß sich die Präferenzen
des Haushals gegenüber den Konsumgütern verschieben und eine neue
Rangordnung des Bedarfs eintritt. Solchen Veränderungen in der Bedarfsund Präferenzstruktur folgt die Nachfrage gleichgerichtet mit mehr Käufen
oder weniger Käufen.
e) Das Gesetz der Nachfrage
Von den Einflußfaktoren, die wir in der zuerst dargestellten, umfassenden
Nachfragefunktion zusammengefaßt haben, besitzt nicht jeder Faktor die
gleiche Bedeutung. In den meisten Analysen des Nachfrageverhaltens
interessiert in erster Linie der Preis des jeweils betrachteten Gutes; also P1
im Blick auf die Nachfrage nach dem herausgegriffenen Gut 1. Diese
direkte Preis-Mengen-Abhängigkeit bildet für das volkswirtschaftliche
Geschehen
in
der
Regel
den
wichtigsten
und
offenkundigsten
Zusammenhang. Die Frage lautet, um es noch einmal zu sagen: Wie wirkt
sich die Höhe des Preises eines bestimmten Gutes auf die von diesem Gut
32
nachgefragte Menge aus? Wenn wir so fragen, verkürzen wir die
umfassende Nachfragefunktion, von der wir ausgegangen sind, auf:
N1 = f(P1).
Eine
solche
Isolierung
Zusammenhänge
kann
zunächst
man
einmal
durchaus
vornehmen,
möglichst
einfach
um
die
darzustellen.
Allerdings, wenn wir so die Nachfrage nach einem Gut nur in Abhängigkeit
vom Preis dieses gleichen Gutes betrachten, dann muß unterstellt werden,
daß die übrigen Einflußfaktoren gegeben sind und unverändert bleiben.
(ceteris paribus). Die anderen Faktoren sind nach wie vor in konstant
bleibender Stärke wirksam. Aber Veränderungen der nachgefragten Menge
sind jetzt einzig und allein durch Preisänderungen des betrachteten Gutes
verursacht (Isolationsmethode). Und für diese Abhängigkeit gilt die
bekannte, auch von mir eben schon einmal genannte Aussage: Die
nachgefragte Menge verhält sich gegenläufig zu Preisänderungen. Sinkt der
Preis, dann steigt die Nachfragemenge, steigt der Preis, dann geht die
Nachfragemenge
zurück.
Vorausgesetzt
Einflußfaktoren bleiben unverändert.
immer:
Die
anderen
Würde etwa der Preis des Gutes
ansteigen und gleichzeitig auch das Einkommen und die Konsumsumme
größer werden, dann könnte die Wirkung des Preisanstiegs durch den
Einkommensanstieg ganz oder teilweise aufgefangen werden. Eine
eindeutige Aussage wäre dann nicht mehr möglich.
Die Abhängigkeit der von einem bestimmten Gut nachgefragten Menge von
der
Höhe
des
Nachfragekurve:
Preises
dieses
Gutes
zeigt
die
Darstellung
der
33
Das damit unterstellte Nachfrageverhalten ist plausibel: Preissenkungen
regen in der Regel die Kaufbereitschaft an, Verteuerungen mindern die
Kaufbereitschaft. Das ist einleuchtend; und von einer solchen Wirkung geht
man ja auch durchweg aus. Preissenkungen sollen Käufer anlocken, und
bei Preissteigerungen muß man mit einem Nachfragerückgang rechnen.
Man hofft vielleicht, daß sich der Verlust an Kundschaft in engen Grenzen
hält.
Dieses
Normalverhalten
der
Nachfrage
–
Mengenänderung
gegenläufig zur Preisänderung - nennt man wohl das Gesetz der
Nachfrage.
Zur genaueren Erklärung dieses auch in der Nachfragekurve ausgedrückten
Verhaltens kann man zwei Wirkungen der Preisänderung heranziehen und
miteinander kombinieren: Den Substitutionseffekt der Preisänderung und
den
Einkommenseffekt
der
Preisänderung.
Zunächst
der
Substitutionseffekt: Wird ein bestimmtes Gut billiger, dann sinkt der Preis
dieses Gutes auch gegenüber den Preisen substitutiver Güter, und dies
bewirkt
eine
Nachfrageverlagerung
zum
billiger
gewordenen
Gut
(=Substitutionseffekt). Der Einkommenseffekt kommt hinzu: Die bisher zum
höheren Preis nachgefragte Menge kann jetzt – nach der unterstellten
Preissenkung – mit einem vergleichsweise kleineren Geldbetrag eingekauft
werden. Es bleibt also Kaufkraft über, die zu Mehrkäufen verwendet werden
kann und so eine Mehrnachfrage – nach den betrachteten Gut und natürlich
auch
nach
anderen
Gütern
-
auslöst
(=Einkommenseffekt).
Der
Kaufkraftgewinn aus der Preissenkung ermöglicht Mehrnachfrage. Bei
einem Preisanstieg läuft es umgekehrt: Ein Nachfrageverlust tritt ein, weil
ein Teil der Nachfrage auf im Preis nicht gestiegene Substitutionsgüter
abwandert und weil der Preisanstieg Kaufkraft bindet.
34
f) Die Bedeutung der Konsumtheorie
Die Überlegungen und Schlußfolgerungen zur Konsumtheorie sind sehr
abstrakt. Wir brauchen ja nur an unser eigenes tatsächliches Verhalten zu
denken und dies mit den theoretischen Aussagen zu vergleichen.
Sicherlich, wir bemühen uns als Konsumenten mit unserem begrenzten
Einkommen und mit der entsprechend begrenzten Konsumsumme den
bestmöglichen Versorgungsstand zu erreichen. Wir vergleichen auch die
bestehenden Alternativen in der Verwendung unseres Geldes und suchen
nach der Lösung, die wir als die beste Verwendung einstufen. Aber für die
optimale
Wahrnehmung
der
Konsummöglichkeiten
bestehen
doch
wesentliche Einschränkungen. Ich will gar nicht von Steuern und Abgaben
sprechen,
auch
beim
verbleibenden
Nettoeinkommen
gibt
es
Einschränkungen für die freie Konsumwahl. Viele Ausgaben gehen schon
ab, noch bevor man an eine Auswahl der Einkäufe denken kann: Miete,
Versicherungsprämien, Schuldzinsen, Raten von Ratenkäufen usw. Was
bei den Konsumentscheidungen wirklich zur freien Verfügung steht, ist
weniger als das Nettoeinkommen.
Wenn wir also unsere Überlegungen näher an die Wirklichkeit heranbringen
wollen, dann müssen wir sagen, die KS, über die der Haushalt mit dem Ziel
der Nutzenmaximierung frei planen und entscheiden kann, ist kleiner als
das
Nettoeinkommen.
Das
gilt
besonders
bei
einer
kurzfristigen
Betrachtung, wenn etliche Verträge festliegen und sonstige Bindungen
bestehen. Auf längere Sicht, über die Jahre hinweg ist das natürlich anders,
dann können etliche Ausgabenposten gestaltet und angepaßt werden: man
kann sich etwa eine andere Wohnung suchen, man kann Versicherungen
35
kündigen, man kann aus manchen Verträgen aussteigen usw. Diese Dinge
sind individuell, von Haushalt zu Haushalt, sehr unterschiedlich. Die
Grundgedanken der Konsumtheorie müssen deshalb für die konkrete,
praktische Anwendung modifiziert werden. Aber, und das möchte ich jetzt
doch betonen, die Grundgedanken und die die wesentlichen Aussagen der
Theorie sind zutreffend. Der Haushalt bemüht sich, er ist bestrebt, seine
begrenzten Geldmittel angesichts der Vielfalt von Alternativen so zu
verwenden, daß das höchstmögliche Versorgungsniveau erreicht wird (=
Ziel „Nutzenmaximierung“).
Der Haushalt wird dieses Ziel allerdings nie hundertprozentig erreichen, nie
voll erreichen können. Er verfügt ja nicht über alle relevanten Informationen.
Es fehlt einfach die Zeit, sich alle relevanten Informationen zu verschaffen.
Wenn ich in der Apotheke Kopfschmerztabletten kaufe, dann könnte ich
diese Tabletten von einer Internetapotheke sicher um 25% billiger
bekommen. Wenn ich weiter suche wohl auch um 30 oder 35%. Aber lohnt
sich der Zeitaufwand einer solchen Suche, Bestellung und Auslieferung?
Wahrscheinlich
bleibe
ich
dann
doch
bei
einer
bestimmten
Internetapotheke, mit der ich gute Erfahrungen gemacht habe, obwohl ich
weiß, daß es anderswo noch etwas billiger geht. Vielleicht wechsle ich aber
auch
die
Quelle,
wenn
ich
einen
guten
Tip
bekommen
habe.
Möglicherweise bleibe ich aber auch bei meiner alten Apotheke an der
Ecke, etwa weil ich Bedenken habe, meine Kreditkartennummer in das
Internet zu geben. Das muß jeder selber für sich entscheiden. Und es gibt
ja nicht nur ein Entscheidungsfeld, sondern ungeheuer viele. Welchen
Telekommunikationsanbieter oder welchen Energieversorger soll ich
nehmen? Lohnt sich ein Wechsel? Wären Versorgungs- und Servicerisiken
damit verbunden? Habe ich die Zeit und Gelegenheit, mir wirklich voll
umfassende und verläßliche Informationen zu verschaffen? Habe ich den
36
Überblick, auch die Sachkompetenz, wo und von wem kann ich mich
zuverlässig beraten lassen? Fragen über Fragen, - und das alles neben
dem Beruf und neben der VWA. Trotzdem aber ist und bleibt es natürlich
richtig, sich so gut es eben geht, einen Überblick über die bestehenden
Möglichkeiten zu verschaffen. Und es ist wichtig, die dazu bestehenden
Informationshilfen in Anspruch zu nehmen.
Die Konsumenten wollen ihr wirtschaftliches Ziel, ihre bestmögliche
Versorgungslage erreichen. Sie sind bestrebt, - aber die verfügbare Zeit ist
ein knappes, ein sehr knappes Gut. Es bleibt deshalb dabei, wir alle
müssen als Konsumenten, als Nachfrager an den Konsumgütermärkten, auf
einer unvollständigen Informationsbasis planen und entscheiden. Es kommt
noch hinzu. Obwohl der Haushalt in der Regel bestrebt ist, überlegt und
vernünftig zu handeln, lassen sich Konsumenten immer wieder einmal zu
unbedachten Handlungen verleiten, etwa zu nicht geplanten, im Grunde
unsinnigen Spontankäufen. Das kommt immer wieder einmal vor, bei dem
einen
mehr,
bei
dem
anderen
weniger.
Aber,
ist
deshalb
die
Wirtschaftstheorie, die ein vernünftiges, rationales Handeln unterstellt,
unbrauchbar? Nein, das ist sie nicht. Denn welche
Fehler die
Wirtschaftssubjekte auch immer machen und auch in Zukunft immer wieder
einmal machen werden, ihr Wille, ihr Bestreben gehen sicherlich nicht
dahin, solche Fehler zu machen. Ihr Bestreben und ihre Anstrengungen
zielen vielmehr darauf, der vernünftigen Zielsetzung zu folgen. Für den
Konsumenten
heißt
dies,
das
mögliche
Nutzenmaximum
bei
der
Verwendung der knappen Mittel, also der begrenzten KS, zu erreichen. Mit
unseren Modellaussagen zur Lösung dieses Problems geben wir also keine
Fotografie der Realität vom wirklichen Verhalten; aber die theoretischen
Aussagen bieten doch eine Annäherung an die Wirklichkeit, indem sie das
von den Wirtschaftssubjekten gewollte und angestrebte Verhalten als
37
gegeben unterstellt. Ob eine Theorie dann gut oder schlecht ist, ergibt sich
aus ihrer Fähigkeit, das tatsächliche Geschehen in der wirtschaftlichen
Wirklichkeit erklären zu können. Also etwa: Wie verhält sich die
Konsumnachfrage in einer Volkswirtschaft, wenn in einer bestimmten
Situation zu einem bestimmten Zeitpunkt der Rohölpreis abhebt und damit
die Preise für Benzin und Heizöl ansteigen oder die Preise für
konventionelle Computer und Laptops sinken oder wenn in einer
Konjunkturflaute bei ansteigender Arbeitslosigkeit der Gesamtkonsum
zurückgeht usw.? Bei solchen und ähnlichen Fragen hat sich die Theorie,
so wie sie vorgetragen habe, und die z. T. sicher etwas abgehoben und
nicht sehr realistische erscheint, doch als leistungsfähig erwiesen. Wir
können nicht unbedingt das Verhalten des einzelnen Konsumenten, aber
wir können sehr wohl das Verhalten der Konsumenten im Rahmen der
Volkswirtschaft erklären und voraussagen.
g)
Die Marktnachfrage
Unsere bisherigen Überlegungen waren auf die Einkaufplanung des
einzelnen privaten Haushaltes ausgerichtet. Damit ist der Typ der
Wirtschaftseinheit „Haushalt“ als Nachfrager an Konsumgütermärkten
dargestellt und dessen typische Planungs- und Entscheidungsaufgaben
kenntlich gemacht. Wir wollen jetzt im nächsten Gedankenschritt Gruppen
von solchen Haushalten bilden und diejenigen Haushalte zusammenfassen,
die als Nachfrager nach einem bestimmten Gut 1 auftreten, das auf einem
bestimmten Markt angeboten wird.
Jeder dieser Haushalte kauft
entsprechend den beschriebenen Einflußfaktoren eine bestimmte Menge
dieses Gutes. (Einflußfaktoren sind der Preis des Gutes 1, die Preise von
Substitutions- und Komplementärgütern, die Konsumsumme und die
subjektive
Bedürfnisstruktur.)
Wenn
wir
jetzt
die
einzelnen
38
Nachfragemengen aller Käufer zusammenfassen, dann erhalten wir die
Größe
der
Marktnachfrage.
Schematisch
können
wir
diese
Zusammenfassung der Teilmengen zur Marktnachfrage mit folgender
Graphik darstellen: (1, 2. 3).
Natürlich umfaßt ein normaler Konsumgütermarkt nicht nur drei Nachfrager;
in der Regel wird es eine Vielzahl von Käufern sein. Aber die
Schlußfolgerung ist aus dem vereinfachten Beispiel klar erkennbar: Die
Marktnachfrage ist die Summe der von den einzelnen Haushalten individuell
geplanten Einkaufsmengen. Und die Größe der gesamten Marktnachfrage
muß sich bei eintretenden Preisänderungen in der gleichen Weise und in
der gleichen Richtung verändern, wie die Nachfrage des einzelnen
Haushalts. Also: Wie verändert sich die Marktnachfrage, wenn auf dem
betrachteten Markt eine Preisänderung eintritt?
Die Marktnachfragekurve faßt die individuellen Entscheidungen der
einkaufenden Konsumenten zusammen.
alternative
Preise
–
alternative
→ Zeichnung (Aussagen:
Nachfragemengen
---
Hinweis:
Auseinanderhalten der Fälle a) Veränderungen der Nachfragemenge in
Anhängigkeit
von
Veränderungen
des
Preises
(entlang
einer
Nachfragekurve) und b) Veränderungen der Nachfrage (Verschiebungen
der Nachfragekurve).
39
III. Die Elastizität der Marktnachfrage
(direkte Preiselastizität, Kreuz-Preiselastizität, Einkommenselastizität)
a)
Die direkte Preiselastizität der Nachfrage
Der von links oben nach rechts unten fallende Verlauf der Nachfragekurve ist
durch das Wahlverhalten der privaten Haushalte plausibel begründet.
Allerdings, diese allgemeine Richtungsaussagen – sinkender Preis steigende
Nachfragemenge und umgekehrt fallender Preis steigende Nachfragemenge reichen oft nicht aus, um konkrete, auf einen bestimmten Markt bezogene
Nachfrageanalysen abzustützen. Es interessiert nicht nur die allgemeine
Richtung der Preis-Mengen-Änderung, man möchte auch das genaue
Ausmaß kennen, - das Ausmaß, in dem die Nachfragemenge auf bestimmte
Preisänderungen reagiert. Also zahlenmäßig: Wie stark genau ist die Reaktion
der Marktnachfrage, wenn sich der Preis, der zu zahlen ist, um einen
bestimmten Betrag ändert? Mit der so gestellten präzisen Frage ist die Frage
nach der Preiselastizität gestellt – genauer: die Frage nach der direkten
Preiselastizität der Nachrage.
Gegeben sei eine Marktnachfragekurve. (---) Diese gibt, wie schon gesagt, auf
den ersten Blick nur einen Richtungshinweis: Je niedriger der Preis, desto
größer die nachgefragte Menge und umgekehrt. Tatsächlich zeigt der genaue
Verlauf einer Nachfragekurve im Koordinatenfeld aber auch das genaue
Ausmaß von möglichen Preis-Mengenänderungen. Jedem Preis entlang der
Kurve ist ja eine bestimmte Menge zugeordnet, und jede bestimmte
Preisänderung läßt eine ganz bestimmte Mengenänderung erkennen. Fällt der
Preis etwa von p1 auf p2 (-∆p) so vergrößert sich die Nachfragemenge von x1
auf x2 (+∆x). Um jetzt das genaue Maß der dieser Preis-Mengen-Änderun
anzugeben, muß festgestellt werde, um wieviel Prozent sich die nachgefragte
40
Menge verändert, wenn beim Preis, der zu zahlen ist, eine bestimmte
prozentuale Änderung eintritt. Es wird also die ausgelöste prozentuale
Mengenänderung auf
die sie auslösende prozentuale Preisänderung
bezogen. Dieser Ausdruck, dieser Quotient - prozentuale Mengenänderung
durch prozentuale Preisänderung - bildet den Wert der direkten Preiselastizität
der Nachfrage. Die Formel dazu lautet:
- e = ∆x/∆p ∙ p/x. Also: absolute Mengenänderung durch absolute
Preisänderung
Minuszeichen
mal
vor
Ausgangspreis
dem
Ausdruck
durch
besagt,
Ausgangsmenge.
daß
sich
entlang
(Das
der
Nachfragekurve Preis und Menge gegenläufig bewegen. Steigt der Preis,
so sinkt die Menge; sinkt dagegen der Preis, so steigt die Menge. Preis und
Menge verändern sich also gegenläufig.)
Den mit dieser Formel berechneten Wert nennt man Elastizitätskoeffizient. Ein
Koeffizient von 2 etwa bedeutet, daß die prozentuale Mengenreaktion doppelt
so stark ausfällt wie die prozentuale Preisänderung. Sinkt der Preis z. B. um
3%, dann würde die Nachfragemenge um 6% ansteigen
In der wirtschaftlichen Realität bestehen hier große Unterschiede. Die
Reaktion der Nachfrage auf bestimmte Preisänderungen bei verschiedenen
Gütern auf verschiedenen Märkten ist sehr unterschiedlich. Bei Gütern des
täglichen
Bedarfs
–
besonders
bei
Grundnahrungsmittel
–
ist
die
Preiselastizität in der Regel sehr gering (deutlich ‹ 1, etwa 0,3 –; das gilt
allerdings nur für entwickelte, relativ wohlhabende Volkswirtschaften. In armen
Ländern an der Hungergrenze sind die Reaktionen deutlich stärker. Bei
Gütern des gehobenen Bedarfs und des Luxusbedarfs kann dagegen auch in
den entwickelten Ländern mit einer relativ hohen Elastizität gerechnet werden
(› 1). Zudem spielt die Substituierbarkeit des betrachteten Gutes eine ganz
wesentliche Rolle: je mehr Substitutionsmöglichkeiten es gibt, desto stärker
41
reagiert die Nachfrage, d. h. desto höher liegt der Elastizitätswert - und
umgekehrt: Wenn keine geeigneten Substitutionsgüter (Ausweichgüter,
Ersatzgüter) vorhanden sind, dann ist der Elastizitätswert relativ klein. Die
Nachfrage kann ja nicht ausweichen, es muß verzichtet werden..
Um die hier – bei der Reaktionsstärke der Marktnachfrage - liegenden, sehr
unterschiedlichen Möglichkeiten zu ordnen, werden drei Fälle bzw. drei
Elastizitätsfelder unterschieden:
1. Überproportionale Reaktion = elastische Nachfrage (-e Wert ›1).
2. Unterproportionale Reaktion = unelastische Nachfrage (-e Wert ‹1).
3. Der dazwischen liegende Fall einer proportionalen Nachfragereaktion (-e
Wert =1).
Den ersten Fall – überproportionale Reaktion - hätten wir, wenn etwa ein
Preisanstieg um 3% eine Reduktion der Nachfragemenge um 6% auslösen
würde. Der zweite – unterproportionale Reaktion - Fall würde vorliegen, wenn
die Preissteigerung um 3% nur eine Verkleinerung der Nachfragemenge um
1% auslösen würde. Im dritten Fall – proportionale Reaktion - würde eine
Preissteigerung um 3% zu einer Reduktion der nachgefragten Menge um
ebenfalls 3% führen.
Nun, bei den meisten Gütern des normalen Bedarfs privater Haushalte liegt
der Elastizitätskoeffizient in der Nähe von 1. Doch hier eine kurze Anmerkung
zur
Schreibweise:
In
manchen
Darstellungen
wird
der
Wert
des
Elastizitätskoeffizienten der Nachfrage mit einem Minuszeichen geschrieben
(wegen der Gegenläufigkeit von Preis und Menge). In der von mir
vorgezogenen
Schreibweise
ist
das
anders.
Hier
haben
wir
beim
Elastizitätskoeffizienten positive Werte, weil das Minuszeichen zum Symbol
42
auf die linke Seite der Gleichung gebracht ist (-e). Für die inhaltliche
Aussagen, für das, was zum Ausdruck gebracht werden soll, spielt die
Schreibweise aber natürlich keine Rolle. Beide Schreibweisen sind erlaubt
und üblich.
b)
Die Kreuz-Preiselastizität
Bei diesem Elastizitätswert wird danach gefragt, wie sich die Nachfragemenge
für ein bestimmtes Gut (Gut 1) verhält, wenn sich der Preis eines anderen
Gutes (Gut 2) – eines substitutiven oder komplementären Gutes – in einem
bestimmten Umfang ändert. Die Elastizitätsformel lautet hier: ke = ∆x1/∆p2 ∙
p2/x1.
Es ist also die gleiche Formel; nur Preis und Menge beziehen sich auf zwei
unterschiedliche Güter.
Auch bei dieser Beziehung – bei der Kreuzelastizität - gibt es starke und
schwache Reaktionen; auch hier können wir gliedern in überproportionale,
unterproportionale und proportionale Reaktionen..
Für die Kreuz-Preiselastizität hat man noch eine bestimmte Verwendung. Mit
diesem Elastizitätswert kommt zum Ausdruck, ob zwischen zwei Gütern eine
substitutive oder eine komplementäre Beziehung besteht, - oder ob für die
zwei
betrachteten
Güter
überhaupt
keine
quantitativ
erfaßbarer
Nachfragezusammenhang besteht (weder substitutiv noch komplementär).
Die Sache ist einfach: Verändert sich der Preis eines Gutes und verändert
sich die Nachfragemenge bei einem anderen Gut in der gleichen Richtung, so
handelt es sich um substitutive Güter. Steigt etwa der Preis von Butter
nennenswert, dann steigt die Nachrage nach Margarine, vorausgesetzt, daß
43
der Margarinepreis unverändert bleibt oder fühlbar weniger stark ansteigt
(Gleichläufigkeit). Umgekehrt ist es bei komplementären Gütern. Steigt der
Preis eines Komplementärgutes deutlich (z.B. Benzin), dann sinkt die
Nachfrage nach dem betrachteten anderen Gut (z.B. Auto). Komplementäre
Reaktionen auf Preisänderungen sind oft schwach; sie treten häufig auch erst
mit einer gewissen Verzögerung ein. Wenn sich etwa die Preisverhältnisse
zwischen den verschiedenen Energieträgern und deren Einsatzmöglichkeiten
nachhaltig ändern, dann wird die Nachfrage nach den entsprechenden,
verschiedenen
Heizsystemen
wohl
reagieren,
-
aber
natürlich
mit
Verzögerungen. Eine zunächst immer kostspielige Umrüstung wird erst
vorgenommen, wenn sich die Maßnahme insgesamt lohnt auch finanziert
werden kann.
Die Intensität substitutiver Beziehungen ist dagegen von großer Bedeutung;
sie kann auch ganz kurzfristig schon wirksam werden. Preisverschiebungen
zwischen Obst- und Gemüsearten wirken gerade im Frühsommer deutlich auf
das Nachfrageverhalten ein. Hier, bei Substituten ist die Stärke der
Kreuzelastizität ein Maß für die Intensität des Wettbewerbs zwischen
konkurrierenden Gütern. Im Extremfall: Würde bei einem in jeder Hinsicht
homogenen Oligopol ein Anbieter seinen Preis senken, so würde er die
gesamte Marktnachfrage auf sich ziehen, und die übrigen Anbieter würden –
wenn sie Preissenkung nicht mitmachen – überhaupt keine Nachfrage mehr
finden. Hat der erste Oligopolist ausreichende Kapazitätsreserven, um die
Gesamtnachfrage beliefern zu können, dann müssen die mitanbietenden
Oligopolisten in jedem Fall ihre Preise ebenfalls senken. Nun, in der Realität
bestehen aber meistens heterogene Märkte und unvollkommene Substitute.
Auf solchen Märkten würden nach einer Preissenkung eines Anbieters die
übrigen Anbieter wegen bestehender Präferenzen nur einen Teil ihrer
Absatzmenge verlieren.
44
Nun, stellt man sich die Gütereinkäufe normaler Haushalte vor Augen, dann
ist es aber natürlich so, daß zwischen vielen in der Einkaufsplanung
berücksichtigten Gütern überhaupt keine erkennbaren Nachfragebeziehungen
bestehen. Wenn man ein Paar einfache Sportschuhe kauft, wird das kaum
einen Einfluß auf die gewohnte Nachfrage nach Nahrungsmitteln haben. Die
Kreuz-Preiselastizität ist dann gleich null. Die beiden Güter sind in der
Nachfrageplanung des Haushalts nicht miteinander verbunden. Bei diesem
Punkt muß man aber allerdings etwas vorsichtig sein. Denn ganz streng
genommen konkurrieren alle Käufe miteinander, weil immer, bei jedem Kauf,
ein Teil der begrenzten Konsumsumme verwendet wird, Kaufkraft also, die
auch für andere Zwecke hätte eingesetzt werden könnten. Bei etwas größeren
Beträgen wird das auch durchaus spürbar. Auf Anhieb würde man nicht
sagen, daß eine Urlaubsreise und ein neuer Wintermantel substitutive Güter
sind. In der Einkaufsplanung können sie das aber durchaus werden; wenn
man sich entscheiden muß und das eine nur auf Kosten des anderen realisiert
werden kann.
c)
Die Einkommenselastizität
Neben den Preisen, die zu zahlen sind, wirkt auch die Höhe der Einkommen
(bzw. die Größe der von den verfügbaren Einkommen abgeleiteten
Konsumsummen) auf die Nachfrage des Haushalts nach bestimmten Gütern
ein.
c1= f (KS) - ceteris paribus
Verändern sich die Einkommen und die Konsumsummen, steht dem Haushalt
also mehr oder weniger Kaufkraft zu Verfügung, so führt dies in der Regel zu
45
einer Änderung die nachgefragten Gütermengen. Diese Beziehung wird durch
die Einkommenselastizität der Nachfrage gemessen:
ε = ∆x1/∆E ∙ E/x (E = Höhe des verfügbaren Einkommens).
Bei
der
Verwendung
der
Einkommenselastizität
ist
es
üblich
vom
„Einkommen“ und nicht von der „Konsumsumme“ zu sprechen. Der gemeinte
Zusammenhang ist aber der gleiche.
In
der
Regel
hat
die
Einkommenselastizität
einen
positiven
Wert
(Gleichläufigkeit). Steigen die Einkommen der Haushalte, die Käufer auf
einem bestimmten Markt sind, so steigt in der Regel auch die an diesem
Markt nachgefragte Menge. Das Ausmaß dieser positiven Nachfragereaktion
auf Änderungen der Einkommen ist bei verschiedenen Gütern und
Gütergruppen aber sehr unterschiedlich. Bei höherwertigen, relativ teuren
Gütern ist die Reaktion stärker als bei billigeren Gütern des täglichen Bedarfs.
Gewöhnliche Grundnahrungsmittel haben in entwickelten Ländern eine
Einkommenselastizität von nur etwa 0,2%. Bei Gütern, die nicht viel kosten
und bei denen der nach ihnen bestehende Bedarf meistens vollständig
gedeckt wird (z.B. Speisesalz, Streichhölzer), ist die Einkommenselastizität
gleich = 0 (Sättigungsgüter). Es gibt sogar, ich sagte es schon einmal,
„inferiore
Güter“
–
preisgünstige,
aber
Gütervarianten, die bei einem nennenswertem
weniger
hoch
eingestufte
Einkommensanstieg durch
höherwertige, aber auch teurere Güter ersetzt werden. Hier, bei den inferioren
Gütern, geht infolge des höheren Einkommens also die Nachfrage zurück; es
besteht
eine
negative
Einkommenselastizität
(Gegenläufigkeit).
Bei
steigendem Wohlstand mit im Schnitt steigenden Einkommen nimmt die Zahl
der als inferior eingestuften Güter zu. So wird oft einfache Kleidung durch
bessere und teurere Kleidung ersetzt oder statt Discounterwein leistet man
46
sich einen Wein vom Fachhändler oder statt der Reise nach Mallorca wird –
vielleicht – ein Trip in die Karibik gebucht.
IV. Das Unternehmen als Wirtschaftseinheit und Marktteilnehmer
a)
Einführung
Wenn wir uns jetzt den Zielen, Plänen und Entscheidungsaufgaben des
Unternehmens zuwenden, wird man zunächst wohl an die ungeheure
Vielfältigkeit und Vielgestaltigkeit dieses Wirtschaftssektors denken. Die
Unterschiede, die hier bei den Produktionseinheiten bestehen, sind nicht zu
übersehen: Es gibt große, mittlere und kleine Unternehmen; es gibt dabei die
ganz großen, weltweit tätigen Konzerne, und es gibt den Kiosk an der Ecke.
Und alle diese Unternehmen sind in einer kaum überschaubaren Vielzahl von
Produktionszweigen und Branchen tätig. Und auch was die Anzahl der von
einem
Unternehmen
Unterschiedlichkeit
Zementhersteller
hergestellten
enorm.
Zementhersteller,
mit
Einproduktunternehmen.
Produkte
vielen
Stellen
anbetrifft,
auch
Standorten
wir
dem
die
so
ganz
sind
etwa
ist
die
großen
praktisch
die
großen
Pharmaunternehmen gegenüber oder Siemens oder General Electric, um nur
ein paar Beispiele zu nennen, da sehen wir Riesenpaletten von Produkten
und Produktkombinationen. Kaum vorstellbar, daß der Vorstandsvorsitzende
von – sagen wir mal – Nestle oder Unilever, um mal zwei Hersteller von
Konsumgütern zu nennen, in der Lage ist, alle einzelnen Produkte seines
Konzern aufzuzählen. Doch so interessant und wichtig bei einer Anwendung
der Theorie auf die Praxis diese Vielfalt und Unterschiedlichkeit auch ist, beim
Aufbau
des
theoretischen
Überblicks,
bei
der
Erarbeitung
der
47
Denkinstrumente müssen wir von dieser Vielfalt und Unterschiedlichkeit
absehen.
Wie der private Haushalt so wird in der Mikroökonomie auch das
Unternehmen
(bedeutungsgleich
„Unternehmung“)
als
eine
abstrakte
Wirtschafteinheit betrachtet. Es ist ein Zweckgebilde, dessen Aufgabe darin
besteht, im arbeitsteiligen System der Volkswirtschaft die Güterproduktion
(=Wertschöpfung) zu planen und zu organisieren und zwar in der Regel mit
dem Ziel, eine Überschuß, einen Gewinn, zu erzielen. Es wird bei der Analyse
des Produktionsvorgangs also nicht unterschieden nach kleinen und großen
Unternehmen, nicht nach Produktionszweigen und Gesellschafsformen. Bei
den zur Verdeutlichung der Ableitungen herangezogenen Beispielen wird der
Anschaulichkeit
wegen
gerne
die
industrielle
Produktion
(das
sog.
verarbeitendes Gewerbe) gewählt. Da hat man die Gütererzeugung plastisch
vor Augen. Die dabei gewonnenen Feststellungen und Schlußfolgerungen
gelten in den Grundzügen aber allgemein; sind auch auf die übrigen
Produktionsfelder - einschließlich der erwerbswirtschaftlich orientierten
Dienstleistungsbereiche - anzuwenden.
„Produktion im volkswirtschaftlichen Zusammenhang“ bedeutet, daß sich das
Unternehmen die nach dem gewählten technischen Verfahren in den
Planungsperioden benötigten Produktionsfaktoren (Einsatzfaktoren, Inputs)
von anderen
Wirtschaftseinheiten – von privaten Haushalten und von
vorgelagerten Unternehmen – beschafft und zur eigenen Leistungserstellung
einsetzt. Die so durch die Kombination der Produktionsfaktoren erbrachten
Leistungen (Produktionsmengen, Dienstleistungseinheiten) werden dann
weiterverkauft, gegen Entgelt, an private Haushalte oder an andere
nachgelagerte Unternehmen (Umsatz, Gewinnung von Erlösen). Die hier als
48
Regelfall unterstellte erwerbswirtschaftliche Ausrichtung bedeutet, daß alle
Teilziele des Unternehmens – Beschaffung, Fertigung, Absatz - auf ein
meßbares, vergleichbares marktwirtschaftliches Erfolgsziel ausgerichtet sind.
Diese Zielsetzung kann in der Realität – besonders bei Großunternehmen –
sehr komplex sein und außer den Interessen der Beteiligten (Management,
Kapital, Arbeit) auch gesellschaftliche Vorgaben – etwa sozialpolitischer und
umweltbezogener Art – umfassen. Das konkret angestrebte Ziel oder besser
das Zielbündel muß dann vom Unternehmen in einem Zielfindungsprozeß
diskutiert und formuliert werden. In der Miroökonomie wird aber dieses
Problem komplexer Zielbündel in der Regel beiseite gelassen; als Startpunkt
der Überlegungen wird ein einfaches Erfolgsziel unterstellt, nämlich die auf
eine Planungsperiode bezogene (damit kurzfristige) Gewinnmaximierung. Bei
der Behandlung wirtschaftspolitisch relevanter Problemfelder (Monopole,
Oligopole,
Wettbewerbsbeschränkungen)
wird
hinsichtlich
des
Unternehmensziels aber eine kritisch differenzierende Darstellung entwickelt.
Die
einfache
Ausgangspunkt
Zielsetzung
der
unentbehrlich,
Gewinnmaximierung
weil
private,
ist
jedoch
als
erwerbswirtschaftliche
Unternehmen zur Existenzsicherung einen ausreichenden Gewinn erzielen
müssen.
Funktioniert
der
Wettbewerb,
so
tendiert
der
erzielbare
Maximalgewinn zur Größe des existenzsichernden Gewinns.
b)
Produktion und Produktionsfunktion
Unter Produktion wird ein Umwandlungs- (oder Transformations-)prozeß
verstanden: Der Einsatz einer bestimmten Menge von Produktionsfaktoren
(Inputs) führt bei Anwendung eines bestimmten technischen Verfahrens pro
Zeiteinheit zu einem bestimmten Produktionsergebnis (Ausbringung, Output,
Leistung). Dabei handelt es sich um eine Abhängigkeit von Größen in einen
quantitativ
und
zeitlich
bestimmten
Vorgang.
Produktionsfaktoren
–
49
einschließlich aller übernommenen Vorleistungsgüter - werden in bestimmten
Mengen und in einer bestimmten Zusammensetzung (in einem bestimmten
Mengenverhältnis) miteinander kombiniert und zwar immer bezogen auf eine
bestimmte Zeitpanne als Planungsperiode. Ziel der Kombination von
Produktionsfaktoren ist es also, in der Planungsperiode eine bestimmte
Produktionsmenge (Output), herzustellen. Daß der gewählte Faktoreinsatz,
der Input, geeignet ist und dazu führt, die geplante Produktionsmenge
zeitgerecht bereitzustellen, folgt aus der angewandten Produktionstechnik;
also aus der bestimmten Art und Weise, wie die verschiedenen Faktoren
zusammengebracht werden und zusammenwirken.
So
betrachtet,
handelt
es
sich
bei
der
Produktion
um
ein
Abhängigkeitsverhältnis. Der Output hängt vom Input ab. Diese Abhängigkeit
der Produktionsmenge von bestimmten Faktoreinsatzmengen wird als
Produktionsfunktion bezeichnet. Die damit erfaßte Abhängigkeitsbeziehung
hat zunächst eine technische und sodann eine ökonomische Seite. Die
technischen Informationen über eine bestehende Produktionsmöglichkeit
bilden die Ausgangslage; sie wird mit der physischen Produktionsfunktion zum
Ausdruck gebracht. Diese physische Produktionsfunktion wird auch als
Mengengerüst der Produktion bezeichnet:
xt = f(q1, q2, q3, …., qn)t.
Also: Die Bereitstellung der Produktionsmenge X in der Zeitspanne t wird
durch den kombinierten Einsatz der Faktormengen q1 bis qn ermöglicht.
Dabei handelt es sich um eine mengenmäßige Abhängigkeit vom Output zum
Input, eine Abhängigkeit die sich aus der Wahl eines bestimmten technischen
Verfahrens
ergibt.
Produktionsvorgangs
Für
ist
die
die
wirtschaftliche
technische
Betrachtung
Aussage
über
dieses
Input-
und
50
Outputmengen aber nur der erste Schritt. Die für uns entscheidende
ökonomische Aussage diese Funktion ergibt sich erst, wenn die physischen
Mengenangaben auf der Inputseite der Funktion mit den zugehörigen Preisen
– den zugehörigen Faktorpreisen – bewertet, also multipliziert werden. Dann
wir aus dem Mengengerüst ein Wertgerüst:
xt = f(q1p1+q2p2+q3p3 …. + qnpn)t .
Hier zeigt sich als Ergebnisgröße wiederum der Output pro Zeiteinheit.
Multipliziert man diese Menge x mit dem erwarteten Absatzpreis, so erhalten
wir den Produktionswert (oder wie wir später noch genauer sagen werden)
den Bruttoproduktionswert. Aus diesem Produktionswert wird nach einem
Verkauf der Erlös, heute meist Umsatz genannt.
Doch
schauen
wir
jetzt
auf
die
Inputseite,
auf
die
bewertete
Faktorkombination. Aus den physischen Mengengrößen der Einsatzfaktoren
sind jetzt Geldgrößen geworden, die wir zusammenfassen, addieren können.
Diese monetär bewerteten Faktoreinsatzmengen - das Wertegerüst - ergeben
in der Summe die (Gesamt-) Kosten der Produktionsmenge x. Bewerten wir
auch auf der anderen Seite diesen Output x mit dem Absatzpreis, dann
stehen sich je Planungsperiode der Erlös und die Kosten gegenüber; die
Differenz Erlös minus Kosten ergibt als Ergebnis- und Erfolgsgröße den
Umsatzgewinn pro Periode. Diese Überlegung zeigt, daß Produktion in
wirtschaftlicher Sicht Wertschöpfung bedeutet. Es geht im Blick auf die
Bedürfnisbefriedigung nicht um die technische Transformation, sondern um
die Tatsache, daß durch die Transformation ein Wertzuwachs geschaffen
wird: Der Wert des Outputs übersteigt den Wert der Inputs. Die zentralen
Begriffe dieser Überlegung müssen wir uns noch einmal anschauen.
51
c) Produktionsfaktoren
Die Faktoreisatzmengen bilden die produktive Kombination, die ist ein Bündel
von komplementär zusammenwirkenden Produktionsfaktoren. Die VWL faßt
die Produktionsfaktoren bekanntlich sehr einfach in drei Gruppen zusammen:
Arbeit, Boden (Natur) und Kapital (Sach- und Humankapital). Diese
Gliederung bietet einen allgemeinen Überblick über die Faktorausstattung
einer Volkswirtschaft und wird auch für Überlegungen und Modellbildungen
der
Makroökonomie
verwendet,
z.B.
für
die
Berechnung
des
sog.
Produktionspotentials einer Volkswirtschaft. In der Mikroökonomie, also für
unsere Überlegungen, ist es aber in der Regel zweckmäßig, die auf
einzelwirtschaftliche Produktionsprozesse ausgerichtete Gliederung der BWL
zu verwenden. Dann werden folgende Gruppen von Produktionsfaktoren
genannte und unterschieden: (1.) die dispositive Arbeit (Management:
Organisation, Planung, Kontrolle), (2.) die ausführende (objektbezogene)
Arbeit, (3.) die Betriebsmittel (Maschinen, Anlagen, Gebäude u. ä.), (4.) die
Werkstoffe (Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe) und (5.) die Vorleistungsgüter
(Teile, Komponenten, Systeme u. ä.). Diese viel verwendete Gliederung ist
auch nicht immer ideal; sie orientiert sich etwas einseitig an der industriellgewerblichen
Produktion.
Bei
der
Anwendung
auf
die
Dienstleistungsproduktion z.B. muß sie modifiziert werden, hier ist der Einsatz
qualifizierter
Arbeit
herauszuheben.
In
den
folgenden
theoretischen
Ausführungen wird diese Frage aber keine Rolle spielen. Wir werden keine
bestimmten Produktionszweige betrachten, sondern den Produktionsvorgang
in
seinen
allgemeinen
Grundzügen
analysieren.
Die
verwendeten
Produktionsfaktoren können dann abstrakt bezeichnet werden als Faktoren 1
bis
n.
Das
können
dann
irgendwelche
Produktionsfaktoren
sein:
Arbeitsstunden, Maschinenstunden, Rohstoffmengen, eingekaufte Fremdteile
usw. und so fort. Die entsprechenden Einsatzmengen dieser Faktoren 1 bis n
52
sind dann q1 bis qn. Und die jeweils dazu gehörenden Faktorpreise lauten p1
bis pn.
d) Produktionstechnik
Das bei der Kombination der Produktionsfaktoren im Produktionsprozeß
verwendete
technische
Verfahren,
die
Technik,
wird
in
der
volkswirtschaftlichen Gliederung nicht selten als vierter Produktionsfaktor
bezeichnet. Es ist aber zweckmäßiger, die Produktionsfaktoren einerseits und
die Produktionstechnik andererseits auseinanderzuhalten und einander
gegenüberzustellen: Denn die verwendete Technik steht nicht in einer Reihe
neben den anderen Produktionsfaktoren, sie ist vielmehr die bestimmte Art
und Weise, in welcher die Produktionsfaktoren zusammenwirken, um in der
Planungsperiode eine bestimmte Produktionsmenge zu erzeugen. Der
Vorgang dieser Umwandlung von Faktoren in Produkte beruht auf
physikalischen und/oder chemischen Gesetzmäßigkeiten. Der jeweilige
„Stand des technischen Wissens“ umfaßt dann die Gesamtheit der
menschlichen Kenntnisse über geeignete Verfahren der Faktorkombination,
die in einer Zeitspanne zu bestimmten geplanten Produktionsergebnissen
führen. Technischer Fortschritt bedeutet dann eine Ausweitung, eine
Vermehrung dieser Kenntnisse durch Forschung und Erfahrung. Ein
technisch-ökonomischer Fortschritt liegt aber nur dann vor, wenn die
Neuerung als Verfahrensinnovation zu einer Verbesserung im Verhältnis von
Outputwert zum Inputwert führt, m. a. W. zu einer Kostensenkung. Handelt es
sich bei der Neuerung nicht um eine Verfahrensinnovation sondern um eine
Produktinnovation, dann muß das neue oder verbesserte Gut zu einem Preis
verkauft werden können, der zumindest einen Normalgewinn enthält, so daß
es sich lohnt, die Produktion aufzunehmen. Es reicht nicht, daß etwas neu ist;
es muß auch eine Verbesserung im Hinblick auf die Bedürfnisbefriedigung
53
bringen. Das kann nur der Nachfrager entscheiden. Der Markt, der Käufer,
letzten
Endes
der
Konsument
muß
die
Neuerung
durch
seine
Zahlungsbereitschaft akzeptieren. Die wirtschaftliche Betrachtung, die uns
allein
interessiert,
erfordert
also
eine
Bewertung
sowohl
des
Produktionsergebnisses als auch der Faktoreinsatzmengen. Dabei ist der
Bewertungsmaßstab immer der Preis. Die Ausbringungsmengen (Output) und
die Faktoreinsatzmengen (Input) müssen mit den jeweils zugehörigen
Produktpreisen bzw. Faktorpreisen multipliziert werden.
e) Produktivität und Grenzproduktivität
Die Fähigkeit einer bestimmten Faktorkombination, in der Planungsperiode
eine bestimmte Produktionsmenge (Ausbringung, Output) zu erzeugen, nennt
man Produktivität. Wird das Produktionsergebnis nur auf den Einsatz eines
Faktors bezogen – etwa auf die Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden - , so
spricht
man
von
Kapitalproduktivität).
Mißt
partieller
man den
Produktivität
Zuwachs,
(Arbeitsproduktivität,
der sich
infolge des
Mehreinsatzes einer weiteren Einheit eines der Produktionsfaktoren bei der
Produktionsmenge oder beim Produktionswert ergibt, so wird dies als
physische oder als wertmäßige Grenzproduktivität des betrachteten Faktors
bezeichnet. Diese Produktivitätskennzahlen können also mengenmäßig als
technische Produktivität oder
- für uns wichtiger – wertmäßig als
wirtschaftliche Produktivität ausgedrückt werden. Ein Produktivitätsfortschritt
liegt dann vor, wenn durch technischen Fortschritt und Rationalisierung mit
einem unveränderten Faktoreinsatz eine größere Produktionsmenge oder mit
geringerem Faktoreinsatz eine unveränderte Produktionsmenge hergestellt
werden
kann
/“ökonomisches
Prinzip“).
Auch
eine
solche
Veränderung/Verbesserung kann zunächst mengenmäßig und dann - durch
Multiplikation der Mengen mit den zugehörigen Preisen - wertmäßig
ausgedrückt werden.
54
f) Optimale Faktorkombination
Ist die für eine Periode geplante Produktionsmenge x festgelegt, so kommt es
in wirtschaftlicher Hinsicht darauf an, diese Menge so kostengünstig wie nur
möglich herzustellen. Dies erfordert die Vermeidung technischer und
ökonomischer Verschwendung. Technische Verschwendung liegt dann vor,
wenn zur Herstellung der geplanten Produktionsmenge von einem oder
mehreren Produktionsfaktoren eine größere Menge verwendet wird, als nach
dem gewählten technischen Verfahren erforderlich wäre (Ziel: „technische
Effizienz“). Die Forderung nach Vermeidung ökonomischer Verschwendung
setzt die Vermeidung technischer Verschwendung voraus, reicht aber noch
weiter. Sie verlangt, daß nicht nur ein übermäßiger Einsatz von Faktormengen
vermieden wird, sondern daß die geplante Produktionsmenge mit der am
niedrigsten bewerteten Faktorkombination – also zu den niedrigstmöglichen
Kosten – hergestellt wird. Dies setzt die Auswahl des in ökonomischer Sicht
bestmöglichen technischen Verfahrens voraus, d.h. aus allen bekannten
technischen
Möglichkeiten
Produktionsmenge
der
erbringen,
Faktorkombination,
muß
dasjenige
die
die
technische
geplante
Verfahren
ausgewählt und verwirklicht werden, das die Erreichung des Produktionsziels
zu minimalen Kosten gewährleistet (Ziel: „ökonomische Effizienz“). Dieses Ziel
ist dann erreicht, wenn durch an sich mögliche Veränderungen des gewählten
technischen Verfahrens keine weitere Kostensenkung mehr erreicht werden
kann.
g) Die Systematik der Produktionsfunktionen
Eine
zur
Erzeugung
einer
bestimmten
Produktionsmenge
geeignete
Faktorkombination bildet stets einen Zusammenhang komplementärer Güter.
Denn die Einsatzmengen der verschiedenen Produktionsfaktoren (etwa
55
Arbeitsstunden,
Maschinenlaufzeiten,
Materialmengen
usw.)
müssen
zusammenwirken, um das Produktionsziel zu erreichen. Ist das technische
Verfahren gegeben und die technisch effiziente Faktorkombination hergestellt,
dann kann zur Erreichung des Produktionsziels auf keine Faktoreinheit
verzichtet werden.
In vielen Fällen läßt es die Technik aber zu, Einheiten verschiedener
Produktionsfaktoren gegenseitig zu substituieren – etwa Einheiten Arbeit
gegen Einheiten Kapital und umgekehrt -, ohne daß dadurch die
Produktionsmenge verändert würde. (Wohl ändern sich dadurch die gesamten
Produktionskosten.) Je nach dem, ob und in welchem Ausmaß eine solche
Substitution bei gegebenem Stand des technischen Wissens möglich ist,
unterscheidet man typische Produktionsfunktionen.1 Es gibt zunächst die
beiden Grenzfälle: (1.) überhaupt keine Substitutionsmöglichkeit = starre
Einsatzproportionen und (2.) unbegrenzte Substituierbarkeit. In einem
dazwischen liegenden 3. Fall wird eine begrenzte Substituierbarkeit
unterstellt. Dieser 3. Fall ist der wichtigste; er wird als „klassische
Produktionsfunktion“ bezeichnet und auf ihm beruht der „ertragsgesetzliche
Kostenverlauf“.
Zu 1.
Es können produktionstechnische Zwänge vorliegen – etwa in der
chemischen Industrie -, die dazu führen, daß die Produktionsfaktoren, die zur
Erzeugung bestimmter Produktionsmengen nötig sind, nur in einem ganz
bestimmten
mengenmäßigen
Einsatzverhältnis
(ohne
technische
Verschwendung) nutzbar sind. Es bestehen dann starre Einsatzproportionen
und überhaupt keine Substitutionsmöglichkeit. Soll die Produktion um einen
1
In der modernen BWL wird eine noch wesentlich weitergehende Systematik entwickelt, die im folgenden aber nicht
verwendet werden muß
56
bestimmten
Prozentsatz
ausgeweitet
werden,
so
müssen
alle
Produktionsfaktoren um den gleichen Prozentsatz vermehrt zum Einsatz
kommen. Würde die Menge nur eines Faktors vermehrt eingesetzt, so führt
dies zu keine Mehrproduktion; es liegt dann technische und ökonomische
Verschwendung vor.
Zu 2. Ein denkbarer, aber in der Mikroökonomie nicht relevanter Grenzfall
unterstellt eine unbegrenzte Substituierbarkeit zwischen Produktionsfaktoren.
Dies schließt die Möglichkeit ein, daß ein Produktionsfaktor (etwa Arbeit)
vollständig durch einen anderen (etwa Kapital) ersetzt werden kann. Dann
würde es also möglich sein, die Produktion nur mit einem Produktionsfaktor
durchzuführen. Dies ist ein irrealer Fall.
Zu 3. Die „klassische Produktionsfunktion“ unterstellt demgegenüber eine
innerhalb bestimmten Grenzen mögliche Substituierbarkeit. Die Ersetzung von
Mengen eines Faktors durch zusätzliche Mengen eines oder mehrerer andere
Faktoren ist möglich, aber nur in einem bestimmten Umfang und mit sich
ändernder Ergiebigkeit der Faktoreinsätze. Diese Aussage stützt sich auf das
Ertragsgesetz.
h) Das Ertragsgesetz
Das
Ertragsgesetz
(Gesetz
vom
zunächst
zunehmenden
und
dann
abnehmenden Ertragszuwachs) betrachtet einen produktionstechnischen
Zusammenhang in Mengengrößen. Es betrachtet also eine physische
Produktionsfunktion, die allerdings beträchtliche wirtschaftliche Auswirkungen
haben kann. Das Gesetz unterstellt, und das ist der springende Punkt, daß
von den für die Produktion eines Gutes benötigten Produktionsfaktoren
57
zumindest ein Faktor nur in einer fest gegebenen Menge vorhanden ist und,
wenn eine Ausweitung der Produktion geplant ist, nicht vermehrt beschafft
und eingesetzt werden kann. Es gibt dann einen fixen Produktionsfaktor;
dieser Faktor steht für die Produktion nur in einer bestimmten Menge zur
Verfügung. Angenommen: Die Produktionsmenge soll ausgeweitet werden.
Wenn zu diesem Zweck jetzt die übrigen zur Produktion notwendigen
Faktoren, die zusätzlich beschaffbar sind, die „variablen Faktoren“, jeweils von
eins beginnend schrittweise vermehrt eingesetzt werden, so führt dies zu
einem Produktionsanstieg und zwar
zunächst sogar mit steigenden
Ertragszuwächsen. Das heißt, die Produktionsmenge steigt zunächst
überproportional verglichen mit dem verstärkten Einsatz der variablen
Faktoren. Warum? Nun, weil die variablen Faktoren gegenüber dem
mengenmäßig gegebenen fixen Faktor zunächst in zu geringer Menge
eingesetzt (unteroptimal) werden. Das ändert sich bei weiterem Mehreinssatz
der variablen Faktoren dann Schritt für Schritt. Bei einer bestimmten Menge
der kontinuierlich vermehrt eingesetzten variablen Faktoren erreicht die
Kombination dieser Faktoren mit dem gegebenen fixen Faktor ein optimales
Verhältnis. Wird jetzt der Einsatz der variablen Faktoren weiterhin vermehrt,
so fallen zwar noch immer positive, in der Menge aber abnehmende
Ertragszuwächse an. Diese noch positiven Ertragszuwächse werden in der
Folge kleiner und kleiner, bis
der Gesamtertrag – die gesamte
Produktionsmenge - sein Maximum erreicht hat. Der weitere Ertragszuwachs
fällt auf null. Würden die variablen Faktoren auch dann noch über diesen
Punkt des Produktionsmaximums hinaus in steigender eingesetzt, so kämme
es zu einem unsinnigen Ergebnis. Ein Übermaß im Einsatz der variablen
Faktoren würde dann eine Produktionsstörung auslösen und zu einem Sinken
der Ertragsmenge führen. Die wäre offensichtlich ein technisch und
wirtschaftlich unsinniges Ergebnis,
58
Diese Ableitung des Ertragsgesetzes wird am besten mit einer Zeichnung
verdeutlicht:
Die volkswirtschaftlich wesentliche Aussage des Ertragsgesetzes ist folgende:
Ist ein Faktor, der zur Produktion eines bestimmten Gutes erforderlich ist, nur
in einen bestimmten begrenzten Umfang vorhanden, also nicht vermehrbar,
dann kann die Produktion dieses Gutes durch den vermehrten Einsatz der
anderen, der variablen Faktoren zwar ausgedehnt werden, aber – und das ist
entscheidend – vom Punkt einer optimalen Kombination des fixen und der
variablen Faktoren an nur noch mit sinkenden Produktionszuwächsen und nur
bis
zu
einer
bestimmten
Grenze.
Der
nicht
vermehrbare
(fixe)
Produktionsfaktor zieht eine Grenze für das Produktionswachstum (s.
Landwirtschaft „Gesetz vom abnehmenden Bodenertrag“).
Diese Ableitung des Ertragsgesetzes und die Schlußfolgerungen daraus
stoßen aber auf einen entscheidenden kritischen Punkt, der die praktischen,
wirtschaftspolitischen
Auswirkungen
des
Ertragsgesetzes
noch
immer
kompensiert, ja mehr als kompensiert hat. Das Gesetz fußt auf der Annahme,
daß kein technischer Fortschritt eintritt, der die sinkende Tendenz der
Ertragszuwächse kompensieren könnte.2
Diese technische Gesetzmäßigkeit wurde zunächst als „Gesetz vom abnehmenden Bodenertrag“ für die
landwirtschaftliche Produktion beobachtet. Als fixer Faktor galt die Bodenfläche, variable Faktoren waren der Einsatz
2
59
Die mengenmäßigen Aussagen des Ertragsgesetzes können leicht zu
ökonomischen
Abhängigkeiten
umgeformt
werden,
wenn
man
die
Faktoreinsatzmengen (fixer Faktor plus variable Faktoren) mit ihren jeweiligen
Faktorpreisen multipliziert. Der Wert dieser Faktoreinsätze sind die Kosten der
jeweiligen Produktionsmengen. Diese setzen sich aus dem Wert des fixen
Faktors oder der fixen Faktoren (fixe Kosten) und dem Wert des oder der
variablen Faktoren (variable Kosten) zusammen. Diese Überlegung führt von
der bewerteten Produktionsfunktion zu Kostenfunktion:
Xt = f(Kt) → Kt = f(Xt).
i) Kostenminimierung durch Faktorsubstitution
In der Regel bietet die Gestaltung der Produktion, dargestellt durch eine
Produktionsfunktion, die Möglichkeit einer begrenzten Faktorsubstitution
(klassische Produktionsfunktion, auch ertragsgesetzlichre Produktionsfunktion
genannt). Hier können innerhalb bestimmter Grenzen Einheiten des einen
durch Einheiten anderer Produktionsfaktoren ersetzt werden, ohne daß sich
die Produktionsmenge ändert. Die geplante Produktionsmenge x kann also
mit unterschiedlich zusammengesetzten Faktorkombinationen hergestellt
werden. Es gibt dann für die Produktionsplanung alternative technische
Lösungen. Die Frage lautet dann, welche dieser verschiedenen möglichen
Kombinationen weist die vergleichsweise niedrigsten Kosten auf? Diese Frage
kann mit einer einfachen analytischen Überlegung (und auch mit einer
graphischen Darstellung) beantwortet werden. Der Übersichtlichkeit halber
von Arbeitszeit und Saatgut. Das Gesetz gilt aber auch für die industriell-gewerbliche Produktion, soweit überhaupt
variable und keine starren Einsatzproportionen für die Faktoren bestehen, wenn also eine begrenzte Substitution möglich
ist. In den Lehrbuchdarstellungen des Ertragsgesetzes werden der Einfachheit halber oft nur der Einsatz von jeweils
einem fixer und einem variabler Faktor unterstellt. Es kann jedoch realistischerweise durchaus auch eine größere Zahl
von Einsatzfaktoren unterstellt werden. Für die Gültigkeit des Ertragsgesetzes reicht es aus, wenn von allen eingesetzten
Faktoren die Einsatzmenge nur einer Produktionsfaktors nicht vermehrt eingesetzt werden kann.
60
soll dabei unterstellt werden, daß zur Produktion des geplanten Outputs nur
zwei Produktionsfaktoren q1 und q2 benötigt werden.
Angenommen, die Produktionsmenge x steht fest und die Preise der beiden
Faktoren (p1 und p2) sind gegeben. Dann darf es in der kostenminimalen
Kombination
offensichtlich
nicht
mehr
möglich
sein,
durch
eine
Faktorsubstitution die Gesamtkosten (p1q1+q2p2) zu senken. Diese Lage ist
dann erreicht, wenn die Grenzproduktivitäten der beiden Faktoren sich
zueinander verhalten wie ihre Preise. Diese abstrakte Aussage ist im Grunde
leicht nachzuvollziehen. Wir nehmen an, daß für die beiden Faktoren folgende
Faktorpreise bestehen; p1 = 5€ und p2 = 8€. Das Preisverhältnis zwischen
den Faktoren 1 und 2 beträgt dann 5 zu 8. Würde nun in einer zunächst
verwirklichten Faktorkombination das Verhältnis der Grenzerträge 10/8
betragen, dann wäre zu wenig vom Faktor 1 eingesetzt. Die Kosten können
gesenkt werden, indem der Faktor 1 solange vermehrt und der Faktor 2
solange vermindert eingesetzt werde, bis sich infolge des Ertragsgesetztes
ein Verhältnis von 5 zu 8 eingestellt hat.3 Bei jedem anderen Verhältnis der
Grenzproduktivitäten müssen die Einsatzmengen der Faktoren verändert
werden. Das Kostenminimum erfordert, daß sich die Grenzproduktivitäten der
Faktoren zueinander verhalten wie ihre Preise. Dabei ist angenommen, daß
die Faktorpreise gegeben und bekannt sind.
(Fakultativ je nach verfügbarer Zeit: graphische Lösung unter Verwendung
von Isokostenlinien und Isoquantenkurven).
j) Einzelwirtschaftliche Produktionswerte
3
Dieses Gesetz vom Ausgleich der gewogenen Grenzerträge entspricht formal dem weiter oben behandelten Gesetz vom
Ausgleich der gewogenen Grenznutzen (2. Gossensches Gesatz).
61
Zum Abschluß dieses Abschnitts müssen wir noch einige für die Erfassung
des Produktionsergebnisses von Unternehmen (Produktionswerte) wichtige
Begriffe kennen lernen. Der Gesamtwert der Produktion eines Unternehmens
(Produktionsmenge mal Marktpreis) heißt Bruttoproduktionswert (gelegentlich
auch einfach Produktionswert genannt). Zieht man vom Bruttoproduktionswert
den Wert der Vorleistungen (Vorleistungsgüter) ab, so ergibt sich die
Bruttowertschöpfung. Subtrahiert man von diesem Wert die Abschreibungen
sowie diem indirekten Steuern (Gütersteuer) und die Einfuhrzölle und addiert
man die Einkommenssubventionen, so ergibt sich die Nettowertschöpfung
(„value added“). Das ist die Gesamtheit der durch die Unternehmensaktivität
gebildeten Einkommen (Löhne/Gehälter, Zinsen und Grundrenten an
Haushalte, Gewinn). Zeichnung
V. Kosten und Kostenverläufe
a) Kostenbegriff
Mit den bisherigen Überlegungen zur Produktion sind bereits die Erscheinung
und der Begriff der Kosten angesprochen und erfaßt worden. Die
Produktionsfunktion zeigt die Abhängigkeit der Produktionsmenge (pro
Zeiteinheit) von einer bestimmten Kombination von Produktionsfaktoren.
Werden
diese
Faktoreinsatzmengen
mit
den
jeweils
zugehörigen
Faktorpreisen bewertet, so ergibt sich in der Summe die Höhe der
Produktionskosten
als
Geldausdruck.
Wird
diese
Beziehung
der
Produktionsfunktion (Output ist abhängig vom Inputwert) umgekehrt (Inputwert
ist abhängig vom Output), so ergibt sich damit die Kostenfunktion, jeweils
bezogen auf eine bestimmte Zeitspanne, also die Abhängigkeit der
anfallenden Kosten von der geplanten Ausbringungsmenge: Kt = f(xt).
62
Unter Kosten versteht man mithin den (1.) leistungsbezogenen, (2.) monetär
bewerteten
Faktorverzehr
(3.)
je
Planungsperiode.
Der
Leistungs-
(Produktions-)bezug des Kostenbegriffs schließt die Kosten zur Erhaltung der
notwendigen Produktionskapazität (Abschreibungen → Ersatzinvestitionen)
ein.4
Eine gewisse Verständnisschwierigkeit kann sich aus der Abweichung
zwischen dem volkswirtschaftlichen Kostenbegriff und dem Kostenbegriff der
betrieblichen Erfolgsrechnung (G + V-Rechnung und Bilanz) ergeben. In der
VWL umfassen die Kosten – entsprechend der oben genannten Definition –
den gesamten leistungsnotwendigen Faktorverzehr. Teile dieser Kosten
werden
aber
in
der
betrieblichen
Leistungsrechnung
(nicht
in
der
Kostenrechnung = Kalkulation) als (Ergebnis-) Gewinnbestandteile betrachtet,
nämlich die Verzinsung des Eigenkapitals sowie die Vergütung der
dispositiven
Arbeitsleistung
des
Unternehmers
(Unternehmerlohn
plus
Risikoprämie). Diese „kalkulatorischen“ Kostenbestandteile werden in der
VWL – wie alle Kostenbestandteile - zu „Opportunitätskosten“ bewertet. Die
monetäre Bewertung erfolgt also nach der höchsterreichbaren Vergütung
dieser Faktoreinsätze in einer alternativen Verwendung (Investition des
Eigenkapitals über den Kapitalmarkt oder alternative Beschäftigung der
Unternehmer über den Arbeitsmarkt). Die Unterscheidung zwischen den
„buchhalterischen Kosten“ und dem „Wert der gesamten Faktorbindung“
beeinflußt die Größe des ausgewiesenen Gewinns. In der Buchhaltung sind
Eigenkapitalzins und Unternehmervergütung Bestandteile des Gewinns als
Überschuß,
4
der
dem
Unternehmer
zusteht,
Einkommen
aus
Eine ausführlichere Definition, die aber mit oben genannten inhaltlich übereinstimmt lautet: Kosten sind der monetär
bewertete Verzehr von Gütern (Inputeinheiten) materieller und immaterieller Art zur Erstellung und Marktverwertung
(Verkauf) betrieblicher Leistungen sowie zur Aufrechterhaltung hierfür notwendiger Kapazitäten. 8Zu dieser Definition
wäre hinzuzufügen, daß Kosten betrieblicher Leistungen auch für selbsterstellte und selbstgenutzte Anlagen – also nicht
für eine Marktverwertung – anfallen können.
63
Unternehmertätigkeit. Bei einer volkswirtschaftlichen Betrachtung gehören
diese Inputgrößen – die Arbeitsleistungen sowie die Bereitstellung von Kapital
und Grundvermögen durch den Unternehmen - aber zu den Kosten. Diese
produktiven Dienste könnten ja auch außerhalb des eigenen Unternehmens
gegen Entgelt eingesetzt werden. Der Gewinn als Leistungsüberschuß über
alle Faktordienste ist also kleiner als der in der Bilanz ausgewiesene Gewinn.
Gelegentlich wird die marktgerechte Vergütung der Unternehmerbeiträge als
„Normalgewinn“ bezeichnet und den Kosten zugeordnet. Echte Gewinne (als
besondere Einkommenskategorie)
sind dann nur die „übernormalen
Gewinne“, die durch technische Leistungsvorsprünge (Innovationen) oder
auch durch monopolistische Marktmacht entstehen.
Während es sich bei der vorstehend erörterten Unterscheidung um eine Frage
der Problemorientierung handelt, ist eine weitere Unterscheidung, nämlich die
Unterscheidung zwischen internen und externen Kosten, von substantieller
und gegebenenfalls auch von wirtschaftpolitischer Bedeutung. Interne Kosten
sind solche, die den Verursacher der Kosten auch in vollem Umfang belasten;
für die er zahlen muß. Externe Kosten sind dagegen Kosten, die den
Verursacher nicht oder nicht in vollem Umfang belasten, die vielmehr von
bestimmten Dritten oder von der Allgemeinheit zu tragen sind.5 Hier ist in
erster Linie an Belastungen der Umwelt zu denken, soweit diese nicht durch
Kompensationszahlungen,
spezielle
Steuer,
technische
Auflagen,
kostenpflichtige Lizenzen usw. internalisiert sind, d. h. den Verursachern
angelastet werden. Externe Kosten, die den Verursacher nicht treffen, führen
zu einer Unterschätzung der tatsächlichen anfallenden Kosten und lassen das
Güter- oder Leistungsangebot billiger erscheinen, als es in Wirklichkeit ist.
Dies begünstigt eine wirtschaftliche Verschwendung von Ressourcen. Die
Umweltpolitik, die für eine Internalisierung sorgen soll, kann mit ihren
5
Verursacher externer Kosten können nicht nur Unternehmungen, sondern auch private Haushalte oder staatliche
Einrichtungen sein.
64
Aktivitäten aber auch übermäßig hohe Belastungen schaffen, die dann die
Konkurrenzfähigkeit von Unternehmen und Regionen oder auch die
Realeinkommen
von
privaten
Haushalten
schmälern
und
zu
Wettbewerbsverzerrungen führen. Die Internalisierung von externen Kosten
muß deshalb auf bester wissenschaftlicher Grundlage mit politischem
Augenmaß erfolgen.
b) Kostenverläufe
Der Kostenverlauf betrachtet den Anstieg der Gesamtkosten bei einer
Ausweitung der pro Zeiteinheit geplanten Produktionsmenge. Die ganz
allgemeine Aussage dazu ist: Wenn sich bei den sonstigen Einflußfaktoren
der Kosten nichts ändert, wenn insbesondere kein technischer Fortschritt und
keine Senkung der Faktorpreise eintritt, dann wird eine Ausweitung der
Produktionsmenge pro Zeiteinheit zu einem Anstieg der Kosten führen. So
müssen wir die → Kostenfunktion lesen:
∆X → ∆K
Doch wie stark werden die Kosten steigen? Wie wird das Verhältnis zwischen
der Ausweitung der Produktion und dem Anstieg der Kosten sein? Werden die
Kosten
proportional
mit
der
Produktionsmenge
ansteigen
(-)
oder
überproportional (-) oder umgekehrt unterproportional (-)?
Nun, wesentlich für die Formulierung und Beantwortung dieser Frage ist die
Unterscheidung
zwischen
dem
sog.
„kurzfristigen“
und
dem
sog.
„langfristigen“ Kostenverlauf. Diese für alle weiteren Ableitungen ganz
wesentliche Unterscheidung muß man allerdings richtig verstehen. Vor allen:
„Kurzfristig“ und „langfristig“ geben keine konkreten Zeitspannen an; also nicht
etwa „kurzfristig“ gleich Planungsperioden bis zu einem Jahr, und alles
65
„langfristig“, wenn der Planungsspielraum über ein Jahr hinausgeht (oder so
ähnlich). Solche Unterschiede in den zeitlichen Planungserfordernissen sind
von Produktionszweig zu Produktionszweig ganz unterschiedlich. Ein
Ladengeschäft kann oft in einigen wenigen Wochen ausgebaut werden, bei
einem Kraftwerk kann das Jahre dauern. Bei der Unterscheidung zwischen
dem kurzfristigen und dem langfristigen Kostenverlauf darf man also nicht an
konkrete Zeitspannen denken. Man muß vielmehr danach fragen, ob in der
betrachteten
Zeitspanne
die
Einsatzmengen
der
Produktionsfaktoren
geplanten Veränderungen der Produktionsmenge bereits angepaßt werden
können oder ob diese Möglichkeit noch nicht besteht. „Kurzfristig“ bedeutet
dann: Noch nicht alle Produktionsfaktoren können Veränderungen der
Produktionsmenge
angepaßt
Faktorkombination.
Oder,
Produktionsausweitung
werden,
etwas
sondern
anders
nur
formuliert:
oder Produktionseinschränkung
ein
Eine
Teil
der
geplante
muß bei einer
gegebenen und kurzfristig nicht veränderbaren Produktionskapazität erfolgen.
Also Veränderungen der Produktionsmenge sind möglich, aber nur im
Rahmen einer gegebenen Produktionskapazität. Es besteht kurzfristig eine
eindeutige Produktionsgrenze, nur bis da hin kann die Menge ausgeweitet
werden.
Beim
„langfristigen“
Kostenverlauf
dagegen
gibt
es
diese
Begrenzung, diese Restriktion nicht mehr. Langfristig kann ja auch die
Produktionskapazität selbst verändert und geplanten Änderungen der
Produktionsmenge angepaßt werden: Die Kapazität kann durch Investitionen
vergrößert und durch Desinvestitionen verkleinert werden. Langfristig gibt also
keine gegebene Kapazitätsgrenze; die Kapazität ist dann selbst ein Teil der
Produktionsmengenplanung.
Doch zurück zum kurzfristigen Kostenverlauf, der für unsere weiteren
Überlegungen wichtiger ist. Ich sagte: Bei der Analyse des kurzfristigen
Kostenverlaufs ist unterstellt, daß nur ein Teil der insgesamt verwendeten
66
Produktionsfaktoren und damit nur ein Teil der anfallenden Gesamtkosten bei
einer Ausweitung der Produktion vermehrt eingesetzt und bei einer
Einschränkung der Produktion vermindert eingesetzt werden kann. Diesen
anpaßbaren Teil der Gesamtkosten bilden die variablen Kosten. Ein anderer
Teil der Gesamtkosten fällt dagegen „kurzfristig“ in einer bestimmten,
unveränderbaren Größe an, kann also in der betrachteten Zeitspanne nicht
ausgeweitet oder eingeschränkt werden. Dieser Teil der Gesamtkosten sind
die fixen Kosten. Und wegen der Existenz fixer Kosten besteht – um es noch
einmal
zu
sagen
-
eine
Kapazitätsgrenze,
eine
Grenze
für
die
Ausdehnungsfähigkeit der Produktion.
Ein Beispiel: Die Eisen- und Stahlindustrie leidet z. Zt. einer deutlich
geschrumpften Nachfrage. Es bestehen beträchtliche Freikapazitäten. Durch
vermehrten Arbeits-, Material- und Energieeinsatz(variable Faktoren) könnte
die Produktion relativ schnell, sozusagen von heute auf morgen, ausgeweitet
werden. Die damit ansteigenden Kosten, das sind die variablen Kosten.
Unverändert bleiben dagegen die Kapazitätskosten, die Zinsen auf das
eingesetzte Kapital, die zeitabhängigen Abschreibungen, die sonstigen
Kosten der Betriebsbereitschaft und Verwaltung. Das sind dann die fixen
Kosten.
„Fixe Kosten“ sind mithin die Kosten, die „kurzfristig“ – d. h. in der
betrachteten Planungsperiode - nicht oder noch nicht anpaßbar sind. Die
Produktionsfaktoren, die solche fixen Kosten verursachen, können erst in der
sog. „langfristigen“ Betrachtung, die mehrere Planungsperioden umfaßt, durch
Investitionen oder Desinvestitionen in größerem oder kleinerem Umfang
eingesetzt werden.6 Zu diesen fixen Kosten gehören insbesondere die
In der BWL wird weiter unterschieden in „absolut fixe Kosten“, die schon allein mit der Existenz des Untermnehmens
anfallen (Stillstandskosten) und „intervallfixer Kosten“, die nach Erreichen einer Kapazitätsschwelle sprunghaft
6
67
Verzinsung des investierten Kapitals, die zeitabhängigen Abschreibungen und
die nicht gestaltbaren Personalkosten. Variable Kosten sind u. a. der Materialund Energieeinsatz, die leistungsabhängigen Abschreibungen und die
gestaltbaren Personalkosten (etwa durch Überstunden und Zusatzschichten).
Wir definieren jetzt so: Fixe Kosten sind der Teil der Gesamtkosten, der
unabhängig von der produzierten Menge (besser noch: unabhängig vom
Beschäftigungsgrad der vorhandenen Kapazität) in bestimmter, nicht
veränderbarer Höhe anfallen. Die variablen Kosten sind demgegenüber der
Teil
der
Gesamtkosten,
der
gleichgerichtet
mit
Veränderungen
der
Produktionsmenge bzw. mit Veränderungen des Beschäftigungsgrades
ansteigen oder sinken.
Dabei kann der Anstieg der variablen Kosten bei einer Ausweitung der
Produktion grundsätzlich proportional, überproportional oder unterproportional
zu den Änderungen der Produktionsmenge verlaufen. Danach werden
proportionale, progressive und degressive Kosten unterschieden.
Wesentlich für den kurzfristigen Kostenverlauf ist also die Existenz fixer
Kosten und damit – wenn die Wirksamkeit der fixen Kostenelemente erschöpft
ist – das Erreichen einer Kapazitätsgrenze. In der graphischen Darstellung
bilden die fixen Kosten einen bis zur Kapazitätsgrenze reichenden
Kostensockel, auf dem der ansteigende Verlauf der variablen Kosten liegt.
Und, um es noch einmal zu sagen: Fixe Kosten sind eine von den
Planungsfristen abhängige Erscheinung. Je länger der betrachtete Zeitraum
ist, um so mehr fixe Kosten werden variabel, also gestaltbar uns anpaßbar. In
ansteigen (Sprungkosten). Mit dieser Begriffsfassung verwischt sich aber die Abgrenzung zu langfristigen
Kostenverlauf.
68
der „langfristigen Betrachtung“ gibt es dann gar keine fixen Kosten mehr; dann
sind alle Kostenbestandteile veränderbar, also je nach Plan in größeren oder
kleineren Mengen einsetzbar.
In
der
betrieblichen
Wirklichkeit
moderner
Volkswirtschaften
können
Produktionsfunktionen und die entsprechenden Kostenverläufe je nach
Produktart, Produktionsvolumen und Produktionstechnik außerordentlich
unterschiedlich sein.7 Es gibt zahlreiche, mehr oder weniger voneinander
abweichende, z. T. sehr komplexe empirische Kostenfunktionen. Die
wichtigsten werden in der BWL behandelt. Für manche einfache einführende
Überlegungen wird in manchen Lehrbüchern auch gerne eine besonders
einfache Kostenfunktion verwendet, bei der – auf dem Block der fixen Kosten
- die variablen Kosten proportional mit der Produktionsmenge ansteigen
(variable Kosten = proportionale Kosten = gleichbleibende Grenzkosten).
Einen solchen kurzfristigen Kostenverlauf gilt es aber nur in Ausnahmefällen.
c) Der ertragsgesetzliche Kostenverlauf („klassische Kostenfunktion“)
Doch gegenüber allen anderen Möglichkeiten hat sich eine ganz bestimmte
Variante
der
kurzfristigen
Produktions-
und
Kostenfunktion
für
das
Verständnis der Zusammenhänge als besonders geeignet und nützlich
erwiesen. Diese auch in den Lehrbüchern am meisten verwendete
7
In der BWL wird deshalb eine Mehrzahl von Produktionsfunktionen behandelt.
69
Produktionsfunktion
zusammen
mit
dem
zugehörigen
kurzfristigen
Kostenverlauf basiert auf dem Ertragsgesetz („klassische Produktions- und
Kostenfunktion“). Wesentlich für diese Kostenfunktion ist ein typischer Verlauf
der variablen Kosten bei einem gegebenen Fixkostenblock und einer festen
Kapazitätsgrenze. Der Kostenverlauf ergibt sich dann in drei Abschnitten aus
dem sich ändernden Kombinationsverhältnis zwischen den gegebenen fixen
Faktoren (bewertet = fixe Kosten) und den hinzutretenden variablen Faktoren
(bewertet = variable Kosten). Den überproportionalen Ertragszuwächsen in
der ersten Phase des Ertragsgesetzes entspricht ein unterproportionaler
Anstieg der variablen Kosten. Bei einer fortlaufenden Ausweitung der
Produktionsmenge in Richtung auf die Kapazitätsgrenze wird dann ein
Wendepunkt erreicht. In der Nähe des Wendepunktes haben wir für einen
kurzen Abschnitt proportional ansteigende Erträge und damit auch einen
proportionalen Anstieg der variablen Kosten. Daran anschließend gibt es im
dritten
Abschnitt
kontinuierlich
in
Richtung
auf
null
abnehmende
Ertragszuwächse. Daraus folgt, daß die variablen Kosten beginnen,
überproportional (=progressiv) anzusteigen und zwar um so steiler, je weiter
sich die Produktion der Kapazitätsgrenze nähert. Denn dann kommt es zu
außergewöhnlich hohen Mehrkosten (übernormaler Verschleiß, zunehmender
Reparaturanfälligkeit, steigen Personalkosten wegen Überstunden u. ä.).
Man kann diesen Vorgang im Gesamtzusammenhang auch so beschreiben:
Kommt es bei einer gegebenen Kapazität von null aus beginnend zu einer
kontinuierlichen Ausweitung der Produktion, so verbessert sich zunächst das
70
Kombinationsverhältnis zwischen den fixen Kosten und den hinzutretenden
variablen Kostenbestandteilen. Die Kostenzuwächse, die Grenzkosten, sinken
zunächst; sie erreichen ein Minimum, wenn die hinzutretenden variablen
Kosten ein optimales Verhältnis zu den unverändert anfallenden Fixkosten
erreicht haben. Von da an steigen die variablen Kosten an und zwar bei einer
Annäherung an die Kapazitätsgrenze immer steiler, weil jetzt variable Kosten
mit den gegebenen fixen Kosten im Übermaß kombiniert werden.
In der graphischen Darstellung erscheint der beschriebene Kostenverlauf wie
ein
auf
dem
Fixkostensocke
Produktionseinheit
zu
hingestrecktes
Produktionseinheit
S
(S-förmig).
hinzutretenden
Die
von
Kosten,
die
Grenzkosten, zeigen den Anstieg der variablen Kosten und damit – weil die
fixen Kosten ja unverändert in gleichbleibender Höhe anfallen – auch den
Anstieg der Gesamtkosten.8 Wird dieser Grenzkostenverlauf isoliert in ein
eigenes Koordinatenfeld übertragen, so ergibt sich eine U-förmige Gestalt.
Die Grenzkosten beginnen mit den Kosten für die erste Einheit; sie sinken
dann bis zu einem Minimum und steigen anschließend an. Der Wechsel von
sinkenden
zu
steigenden
Grenzkosten
zeigt
die
Wirksamkeit
des
Ertragsgesetzes. (hier steigen ja zunächst die Grenzerträge, erreichen ein
Maximum und fallen dann ab.) Außer diesen Grenzkosten gibt es Stückkosten
8
Unter Grenzkosten wird der Anstieg der variablen und damit auch der gesamten Kosten Verstanden, der sich ergibt,
71
(„Durchschnittskosten“) in drei Varianten, die ebenfalls als Kurven dargestellt
werden. Wir haben die variablen Stückkosten (VK/X), die Fixkosten pro Stück
(FK/X) und die gesamten Stückkosten (FK+VK/X). Beim Verlauf der gesamten
Stückkosten treten jeweils zu den variablen Stückkosten die anteiligen fixen
Kosten hinzu. Da die letzteren, die fixen Kosten pro Stück, bei steigender
Produktionsmenge fortgesetzt sinken, nähert sich die Kurve der gesamten
Stückkosten der Kurve der variablen Stückkosten immer mehr an.
Damit haben wir – neben der kontinuierlich sinkenden Kurve der fixen
Stückkosten – drei U-förmige Kostenkurven gewonnen, die zueinander in
einen gesetzmäßigen Zusammenhang stehen: Der ansteigende Ast der
Grenzkostenkurve schneidet zuerst die Kurve der variablen Stückkosten und
dann die die Kurve der gesamten Stückkosten jeweils in deren Minimum.
Solange die Grenzkosten noch niedriger sind als die variablen Stückkosten
bzw. als die gesamten Stückosten, haben diese Stückkostenkurven einen
sinkenden Verlauf (sie werden von den unter ihnen liegenden Grenzkosten
gleichsam nach unten gezogen). Schneidet dann der ansteigende Ast der
Grenzkosten zunächst die Kurve der variablen und dann die Kurve der
gesamten Stückkosten von unten nach oben, dann steigen die Grenzkosten
über die Stückkosten an und ziehen diese in die eine und dann die andere
Kurve in die Höhe.
72
Damit zeigen sich in dieser Darstellung drei Kostenminima, die für die
(kurzfristige)
Produktionsgestaltung
wesentliche
Punkte
darstellen
(„kurzfristig“ heißt: Möglichkeiten der Produktionsgestaltung bei gegebene
Fixkosten
und
gegebener
Kapazitätsgrenze).
Das
Minimum
der
Grenzkostenkurve zeigt den Beginn der Wirksamkeit des Ertragsgesetzes,
das Minimum der variablen Stückkosten heißt Betriebsminimum, und das
Minimum der gesamten Stückkosten wird Betriebsoptimum genannte.
Betriebsminimum besagt, daß zumindest diese minimalen Stückkosten durch
Erlöse
gedeckt
werden
müssen,
damit
auch
nur
eine
kurzfristige
Weiterführung des Betriebs lohnend ist. Werden nicht einmal die variablen
Kosten – die größtenteils schon kurzfristig zu Zahlungsverpflichtungen führen
(sog. out of pocket costs) -, gedeckt, dann ist die sofortige Schließung des
Betriebs die einzige wirtschaftliche Alternative. Werden dagegen die variablen
und evtl. noch ein Teil der fixen Kosten von Erlösen gedeckt, dann lohnt es
sich, den Betrieb noch eine Zeit lang weiterzuführen. Das geht, bis bestimmte
kurzfristig
fixe
Kosten
variabel
werden,
wenn
etwa
bestimmte
Ersatzinvestitionen nicht weiter aufgeschoben werden können. (-) Der dritte
Ausdruck „Betriebsoptimum“ muß richtig interpretiert werden. Er bezeichnet
die optimale Kombination von fixen und variablen Kosten, ist also ein
Kostenoptimum. Dieser Punkt zeigt aber in der Regel nicht die Produktionsund Angebotsmenge, die das Gewinnmaximum erbringt. Wenn der erzielbare
Preis zu zusätzlichen Erlösen (Grenzerlösen) führt, die über den zusätzlichern
Kosten (Grenzkosten) liegen, dann wird die Produktion zur Erzielung des
Gewinnmaximums über das Betriebminimum hinaus ausgedehnt und zwar bis
zu der Menge, bei der die ansteigenden Grenzkosten die Höhe des
73
Grenzerlöses
erreichen.9
(kurzfristige
K’=E’,
Gleichgewichtsbedingung
langfristige Gleichgewichtsbedingung K’=E’ und gleichzeitig P≥DK).
d) Der langfristige Kostenverlauf
In der langfristigen Betrachtung sind definitionsgemäß alle eingesetzten
Produktionsfaktoren – auch die „fixe Kosten“ verursachenden Faktoren –
variabel, und d.h., sie sind bei jeder geplanten Veränderungen der
Produktionsmenge anzupassen. Es gibt dann keine fixen Kosten mehr; die
Kapazitätsgrenze
kann
durch
Investitionen
ausgeweitet
und
durch
Desinvestitionen zurückgefahren werden. Es gibt also auch keine „gegebene
Produktionskapazität“ mehr.
Im ersten
Schritt werden für die Analyse dieses sog. langfristigen
Kostenverlaufs oft sehr unrealistische Annahmen gemacht: ein gegebener,
unveränderter Stand der Technik und gegebene, unveränderte Faktorpreise,
zu denen jede benötigte Faktormenge beschafft werden kann. Werden diese
Annahmen
gemacht,
dann
kann
durch
eine
einfache
Addition
(Aneinanderreihung) von zusätzlichen Kapazitätsstufen die Produktion zu
gleichbleibenden Kostenbedingungen – zu langfristig gleichbleibenden
Stückkosten - ausgeweitet werden. In diesen Fall spricht man auch von
„gleichbleibenden Skalenerträgen“ („Skalen = in Stufen ausgeweitete
Produktionsmenge). Zeichnung
Diese Aussage wurde schon in der „Einführung“ behandelt und weiter oben noch einmal im Zusammenhang
aufgegriffen.
9
74
Die im Grunde ziemlich wirklichkeitsfremde Annahme, daß buchstäblich alle
benötigten
Produktionsfaktoren
zu
unveränderten
Bedingungen
(Faktorpreisen) und mit gleichbleibender Produktivität unbegrenzt beschaffbar
und einsetzbar sind, kann jedoch modifiziert werden. So kann etwa unterstellt
werden, daß ein zentraler Produktionsfaktor – nämlich die unternehmerische
Planungs-,
Koordinierungs-
und
Kontrollkompetenz
-
nicht
beliebig
vermehrbar ist. Wird diese Annahme gemacht, dann hätten wir mit dieser
„dispositiven Arbeit“ wieder einen fixen Faktor, und dann wird wieder das
Ertragsgesetz wirksam. In Abhängigkeit von dem annahmegemäß nicht
vermehrbaren Faktor „Planungs- und Entscheidungskompetenz“ ergibt sich
bei einer in Stufen erfolgenden Ausweitung der Kapazität zunächst eine
Senkung der langfristigen Stückkosten (steigende Skalenerträge); es wird
dann im weiteren ein langfristiges Minimum der Stückkosten erreicht (optimale
Betriebs- und Unternehmensgröße). Bei einer weiteren Kapazitätsausweitung
ergibt sich dann schließlich ein Anstieg der langfristigen Stückkosten
(sinkende Skalenerträge als Folge einer Überforderung der Planungs-,
Koordinierungs- und Entscheidungskapazität). - Zeichnung
Nun, Überlegungen dieser Art, die eine in die Zukunft, u. U. weit in die Zukunft
greifende Planung stützen sollen, werden allerdings erst wirklich sinnvoll,
wenn sie mit weiteren Annahmen oder Prognosen verbunden werden. Dazu
gehören die absehbaren technischen Produktionsfortschritte (Kostensenkung)
zusammen mit der Produktentwicklung, ferner wahrscheinliche Änderungen
75
der Faktorpreise (u. a. Entwicklung der Personalkosten, Zinsbelastungen,
Energie-
und
Materialkosten)
einschließlich
von
Änderungen
der
Infrastrukturausstattung bestimmter Standorte und auch von Änderungen der
(welt-) wirtschaftlichen und politischen Rahmengedingungen (Regulierungen,
Zölle, Steuern, Umweltauflagen usw.).
Nun, die Realität zeigt bei diesen in die Zukunft reichenden Entwicklungen
ganz unterschiedliche Tendenzen und natürlich viel Unsicherheit, die nur mit
Schätzung unter Inkaufnahme mehr oder weniger großer Risiken überbrückt
werden können. Gewiß haben sich die Planung-, Koordinierungs- und
Kontrollkapazität der Unternehmensführung und auch die Möglichkeiten der
Marktbeobachtung und Absatzprognosen infolge der rasanten Entwicklung
der IT-Technologien und des Datenmanagements gewaltig gesteigert.
Trotzdem, wenn wir die Entwicklungen in den letzten zwei – drei Jahrzehnte
überschauen, dann sehen wie neben Erfolgen auch spektakuläre Mißerfolge
in
der
Unternehmensführung.
Auffälligen
Zusammenschlüssen
und
Konzentrationsbewegungen stehen ebenso auffällige Entflechtungen und
Neugruppierungen gegenüber. Man kann sogar innerhalb relativ kurzer
Fristen eine Art Modewechsel feststellen: Der Hang zur Ausweitung und
Diversifizierung der Produktionspalette ist durch ein Streben nach der Bildung
und Verstärkung von Kernkompetenzen abgelöst worden. Nicht mehr
Angliederung und vertikale Ausweitung sondern Outsourcing – Verringerung
der Produktionstiefe - heißt die Parole. Man denke etwa an die letzten zwei
Jahrzehnte
der
Automobilindustrie
oder
an
noch
immer
laufenden
Bemühungen von EADS/Airbus, für etliche an sich gut beschäftigte
Zulieferwerke neu Eigentümer zu finden. Oder man denke an die geplante
Neuausrichtung des Metro-Handelskonzerns hier in Köln. Man möchte eine
Konzentration auf die qweltweit stärksten Wachstumsfelder, das sind der
Großhandel Cash and Carry und der Elektrohandel Saturn/Media Markt. Die
76
Supermarktkette möchte man verkaufen an einen großen ausländischen
Handelskonzern (z.B. Carrefour oder Ahold); und Kaufhof/Galeria hängt noch
etwas in der Luft. Hier wird es
in irgendeiner Form zu einer
Zusammenführung mit den Resten von Karstadt kommen; denn in
Deutschland hat wohl nur eine Warenhauskette ausreichenden Platz.
der
Sache
sehr
interessanten
praktischen
und
Die in
wissenschaftlichen
Überlegungen zur optimalen Betriebs- und Unternehmensgröße zusammen
mit der optimalen Unternehmensstruktur (economies of scale und economies
of scope) sind alles in allem noch wenig abgesichert und in der VWL sowie
auch in der BWL noch in vollem Fluß.
V.
Absatz und Erlösgestaltung
a)
Begriff und Verlaufsformen
Der Zweck der erwerbswirtschaftlichen Produktion ist in aller Regel die
marktmäßige Verwertung der Produkte, also der Verkauf, der Absatz. In
Ausnahmefällen kann natürlich auch für den Eigenbedarf produziert werden
(Gartenprodukte, do-it-yourself, ein Bauunternehmen baut für eigene Zwecke
einen Lagerschuppen usw.) In der Regel und in der Masse der Fälle wird aber
für den Absatz am Markt produziert. Den produzierenden und anbietenden
Unternehmen fließt dann durch den Verkauf als Gegenwert ein Erlös zu, der
auch
Umsatz
genannt
wird.
Der
Gesamterlös
pro
Zeiteinheit
(pro
Planungsperiode) ergibt sich dann als Produkt aus Absatzmenge und
Absatzpreis (E = X∙P).
Was die Gestaltung der Erlöse (Umsatz) in Abhängigkeit von der Produktionsund Absatzmenge betrifft, so kann das anbietende Unternehmen nur einen
der beiden Bestimmungsfaktoren eigenständig kontrollieren: Es plant und
77
bestimmt die Produktion der zum Verkauf angebotenen Menge. Die Menge ist
also stets Aktionsparameter des Unternehmens. Beim Preis ist das anders;
der Preis ist eine Marktgröße und damit extern – durch die Wettbewerbslage
oder durch das Verhalten der Nachfrager - bestimmt oder jedenfalls
wesentlich beeinflußt. Es gibt hier beträchtliche Unterschiede. Ob das
anbietende Unternehmen den Absatzpreis seiner Produkte immerhin mehr
oder weniger stark beeinflussen kann – also ob es Preispolitik bzw.
Preiswettbewerb betreiben kann - oder ob der Absatzpreis für den Anbieter
eine durch das Marktgeschehen vorgegebene Größe – für den Anbieter ein
Datum
-
ist,
das
hängt
von
der
bestehenden
Marktform
und
Wettbewerbsintensität in Verbindung damit von der Größe des Marktanteils
ab. Diese Sachverhalte werden aus dem Aufbau der verschiedenen Märkte
abgeleitet; das werden wir später noch sehen.
Grundsätzlich sind für den Verlauf der Erlöse, also für den Anstieg der Erlöse
in Abhängigkeit von einem Anstieg der der Absatzmenge pro Zeiteinheit, zwei
typische Möglichkeiten zu unterscheiden: (1.) Der Absatzpreis ist für den
einzelnen Anbieter am Markt eine von ihm nicht beeinflußbare Marktgroße,
ein einzelwirtschaftliches Datum. Dann ergibt sich der Periodenerlös einfach
aus dem Produkt: gegebener Preis mal geplante und realisierte Absatzmenge.
(2.) Hängt dagegen der erzielbare Preis vom Angebotsverhalten des
Unternehmens ab, also von der Menge, die es verkaufen möchte, dann ist –
bei gegebener Nachfrage – eine Ausweitung der absetzbaren Menge nur zu
einem reduzierten Preis möglich. Der Periodenerlös ergibt sich dann als
Produkt aus dem geforderten Preis und der zu diesem Preis absetzbaren
Menge. Also auch hier ist der Erlös das Produkt aus Mange mal Preis; aber
der Preis ist für den Anbieter kein Datum, keine aus dem Marktgeschehen für
ihn gegebene Größe. Der Preis ist für das einzelne anbietende Unternehmen
vielmehr ein Problem. Es selbst muß den richtigen, d.h. den für das eigene
78
Unternehmen günstigsten Preis finden. Denn der Absatzpreis wird durch sein
Verhalten, durch die Planung der Menge, die verkauft werden soll,
entscheidend beeinflußt. Um zu erkennen, welche Mengen zu bestimmten
Preisforderungen absetzbar sind, muß das Verhalten der Käufer beobachtet
und vorausgesehen werden.
Diese beiden Fälle für die Erlösgestaltung: (1) Preis = Datum; (2) Preis =
Problem, wollen wir jetzt genauer betrachten.
b)
Absatzpreis als Marktdatum
Ein marktgegebenes Datum, also eine für den einzelnen Anbieter und
natürlich auch für den einzelnen Nachfrager gegebene Größe ist der Preis nur
in der Marktform eines homogenen Polypols („vollständiger Wettbewerb“). Auf
einem solchen Markt bildet sich der Preis, wie wir noch sehen werden, durch
das Aufeinanderwirken von Angebot und Nachfrage auf dem anonymen
Markt. Die einzelnen Anbieter und Nachfrager mit ihren minimalen
Marktanteilen sind für das Marktgeschehen und das Zustandekommen des
Marktpreises unbedeutend. Sie müssen den jeweils bestehenden Marktpreis
akzeptieren und in ihre Planung übernehmen. Als Gestaltungsgröße, als
Aktionsparameter,
steht
hier
ausschließlich
die
Produktions-
und
Angebotsmenge zur Verfügung. Ist damit der Absatzpreis gegeben und kann
deshalb kein Preiswettbewerb stattfinden, so sind nur die Produktionskosten
gestaltbar. Hier und nur hier liegt die Wettbewerbsaufgabe der Unternehmen.
Über
vergleichsweise
niedrigere
Produktionskosten
kann
ein
Gewinnvorsprung gegenüber den Mitbewerbern erreicht werden. Lediglich
diese Form des Wettbewerbs ist möglich: Ein Wettbewerbsvorsprung und
damit ein übernormaler Gewinn sind nur durch einen Vorsprung in der
79
Kostenoptimierung möglich. Das wäre etwa der Fall, wenn einzelne
Produzenten und Anbieter einen kostensenkenden technischen Fortschritt
schneller entdecken und realisieren als die anderen, die hinterher hinkenden
Mitanbieter.
Dieser Fall „Absatzpreis ist einzelwirtschaftliches Datum“ darf also nicht mit
einer staatlichen Preisfixierung verwechselt werden. Der für den einzelnen
gegebene Preis ist vielmehr das Resultat der freien Preisbildung am
anonymen Markt, der die Form eines homogenen Polypols aufweist. Dann
kann der einzelne Anbieter seine Produktions- und Angebotsmenge im
Rahmen seiner im Vergleich zum Gesamtmarkt extrem kleinen Kapazität
ausweiten oder einschränken, ohne daß dies die Höhe des Marktpreises
fühlbar beeinflussen würde. Der einzelne hat für sich gesehen keinen Einfluß
auf die Preishöhe.
Die zu diesem Fall gehörende graphische Darstellung ist sehr einfach. Die als
Datum gegebene Preishöhe wird als Linie parallel zur Mengenachse
gezeichnet. Sie zeigt, daß zu diesem Preis jede – einzelwirtschaftlich
produzierbare - Angebotsmenge auch tatsächlich verkauft werden kann
(Preis-Absatzfunktion bis zur Kapazitätsgrenze). Da hier also jede weitere
Mengeneinheit zum gleichen Preis – dem jeweils herrschen Marktpreis abgesetzt werden kann, entspricht der Grenzerlös, der Erlöszuwachs beim
Absatz einer weiteren Produkteinheit,
dem Preis (=Stückerlös). Der
Gesamterlös ergibt sich dann als Produkt aus gegebenem Preis und
realisierter Absatzmenge. Graphisch verläuft er vom Nullpunkt aus als
ansteigende gerade Linie, wobei der Steigungswinkel durch die Höhe des
Preises bestimmt ist.
80
c)
Preis als Problem der Absatz- und Erlösplanung
In den meisten Fällen des praktischen Marktgeschehens haben wir den zuerst
besprochenen einfachen Zusammenhang aber nicht. Meistens gestatten es
die gegebenen Marktverhältnisse den anbietenden Unternehmen, ihre
Absatzpreise über eine bestimmte, mehr oder weniger weite Spanne zu
variieren. Die Anbieter können und müssen dann den günstigsten Preis
finden. Sie können dann Preisanhebungen oder Preissenkungen vornehmen,
ohne als Folge einer Preisanhebung den gesamten Absatz zu verlieren oder
als Folge eine Preissenkung die gesamte Marktnachfrage auf sich zu ziehen.
Innerhalb bestimmter, durch den Wettbewerb gezogener Grenzen kann und
muß dann die Höhe des geforderten Absatzpreises bewußt geplant und als
Aktionsparameter eingesetzt werden. Nur durch die Wahl der richtige
Preishöhe ist die gewinngünstigste Lage zu erreichen (Preispolitik). Die
Spannweite der möglichen und sinnvollen Preisgestaltung hängt von der
jeweils gegeben Marktform und damit von der Art und Intensität des
Wettbewerbs ab. Beim Monopol ist der preispolitische Spielraum groß, bei
Oligopolen mit leicht austauschbaren Substitutionsgütern ist er meistens sehr
klein.
Die allgemeine Aussage lautet dann: Unter im übrigen gegebenen und
unveränderten
Preisforderungen
Umständen,
der
-
insbesondere
Konkurrenten
und
bei
bei
unveränderten
unverändertem
Nachfrageverhalten -, kann das anbietende Unternehmen durch eine
81
Preissenkung seine Absatzmenge ausweiten. Bei einer Preisanhebung tritt
dagegen ein Absatzverlust ein. Die Linie, die im Koordinatenfeld anzeigt,
welche Mengen jeweils bei unterschiedlich hohen Preisen absetzbar ist, heißt
Preis-Absatzfunktion (PAF). Sie sinkt im Koordinatenfeld von links oben nach
rechts unten; wir haben also eine geneigte PAF. In der wirtschaftlichen
Realität kann den anbietenden Untermnehmen natürlich immer nur ein
Ausschnitt aus der PAL bekannt sein; ein Ausschnitt in der Nähe des jeweils
geltenden Preises. Nur für kleine und mäßige Änderungen des Preises wird
es im allgemeinen einigermaßen zutreffende Erwartungen über das
ausgelöste Verhalten der Nachfrager geben. Um die Darstellung des Falles
aber einfach und übersichtlich zu halten, wird diese Spanne, die für die
praktische Preispolitik relevant ist, als gerade Linie ausgedehnt. Die Linie wird
durchgezogen, und die Preis-Absatzfunktion bildet dann eine Gerade von der
Preisachse (Ordinate) bis zur Mengenachse (Abszisse). Sie beginnt mit der
Preishöhe; bei der die Absatzmenge auf Null fällt und endet bei einer Menge,
zu der kein Preis mehr erzielbar ist (Sättigungsmenge). Zeichnung
Frage jetzt: Wie gestalten sich die Gesamterlöse aus Menge mal Preis, wenn
wir eine geneigte, fallende Preis-Absatzfunktion zugrunde legen? Nun, wegen
des fallenden Verlaufs der PAF liegen die Grenzerlöse – die Zuwächse zum
Gesamterlös beim Mehrabsatz einer Mengeneinheit - unter den zugehörigen
Preisen. Das muß man sich – am besten an Hand der Graphik - kurz klar
machen.(→)
82
Wir unterstellen eine Preissenkung, die im Ausmaß genau ausreicht, um den
Mehrabsatz einer weiteren Mengeneinheit zu bewirken. Als Folge dieser
Preissenkung steigt also die abgesetzte Menge um eine Einheit, und dies
erbringt
einen
Mehrerlös
in
Höhe
des
nunmehr
erzielbaren
(heruntergesetzten) Preises. Doch gleichzeitig tritt diese Preissenkung auch
für die bisher Absatzmenge ein, die ja zu einem höheren Preis abgesetzte
wurde. Und dies mindert den Erlös.10 Dem Erlöszuwachs P2 (neuer,
niedrigerer Preis für die zusätzlich verkaufte Mengeneinheit) steht also eine
Erlösminderung gegenüber X1 ∙ (P1 – P2) – (alte Menge X1 mal
Preisreduktion P1 – P2). Betrachten wir dazu eine einfaches Zahlenbeispiel.
P1 = 75
X1 = 50
P2 = 74,5 X2 = 51
Gesamterlös = 3750
Gesamterlös = 3799,50
Grenzerlös = 74,50 – (0,5 mal 50) = 49,50
Dieser Grenzerlös von 49,50 zeigt sich als Anstieg der Gesamterlöse von
3750 auf 3799,50.
Der Verlauf der Grenzerlöse liegt deshalb wegen der zur Absatzsteigerung
erforderlichen Preisreduktion unter der geneigten PAF. Der Grenzerlös liegt
damit unter dem jeweils zugehörigen Preis. Bildet die PAF, wie der Einfach
halber unterstellt, eine gerade Linie, dann verläuft auch die Grenzerlösfunktion
linear, und zwar oben vom Schnittpunkt der PAF mit der Preisachse bis zur
10
Von der evtl. bestehenden Möglichkeit, Teile der abgesetzten Gesamtmenge zu unterschiedlichen Preisen verkaufen
zuz können, wird hier abgesehen. Der Stückerlös entspricht dann stets dem für den Gesamtabsatz geltenden Preis. Das
Problem einer monopolistischen Preisdifferenzierung wird an späterer Stelle besprochen.
83
Hälfte der Sättigungsmenge auf der Mengenachse. Dieser Verlauf der
Grenzerlöse hat für die – später zu behandelnde - Ableitung von
Preisbildungsprozessen und Gleichgewichtspunkten zentrale Bedeutung.
Die Gestaltung der Gesamterlöse in Abhängigkeit von der Absatzmenge ist
jetzt leicht zu erkennen. Die Größe der Gesamterlöse ergibt sich ja als
Produkt aus der jeweiligen Menge mit den zugehörigen Preisen entlang der
PAF. Dem entsprechend steigen die Gesamterlöse vom Nullpunkt aus
zunächst an; sie erreichen ein Maximum (in obigem Beispiel ist dies
50∙100=500) und fällt dann wieder auf null zurück. Das Maximum der
Gesamterlöse ist erreicht, wenn die fallenden Grenzerlöse die Mengenachse
schneiden, wo also der zunächst positive Grenzerlös null wird und von da an
negative Werte zeigt. Dann werden die Gesamterlöse fortgesetzt kleiner: Der
Vorteil aus der Mengenausweitung und dem Mehrabsatz wird durch den
Nachteil der Preisreduktion für die bisherige Absatzmenge überkompensiert.
Diese Überlegung zeigt schon, daß für die wirtschaftliche Planung der
Angebotsmenge nur derjenige Abschnitt der PAF relevant sein kann, bei dem
der Grenzerlös positiv ist und der Gesamterlös sein Maximum noch nicht
erreicht hat.
VI. Angebot und Nachfrage
a)
Der Markt in der Mikroökonomie
Die meisten wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Wirtschaftssubjekten sind
Marktbeziehungen:
Beziehungen
zwischen
Käufern
und
Verkäufern,
Arbeitgebern und Arbeitnehmer, Vermietern und Mietern usw. Der mit
Abstand größte Teil der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung ergibt sich aus
Marktbeziehungen: Die Beschaffung der Produktionsfaktoren auf den
84
Faktormärkten, die Beschaffungsketten für die Vorleistungsgüter und der
Verkauf auf den Absatzmärkten. Es gibt aber Ausnahmen. Ein Teil der
volkswirtschaftlichen Wertschöpfung (BIP) läuft nicht über Märkte und kann
nicht zu Marktpreisen bewertet werden; dies gilt insbesondere für die
staatlichen Leistungen zur Deckung des Kollektivbedarfs. Ein weiterer Teil der
tatsächlichen Wertschöpfung wird nicht einmal in der Produktionsstatistik
erfaßt, nämlich die produktiven Wirtschaftsleistungen privater Haushalte
(Kochen, Einmachen, Gartenbau, do-it-yourself u.s.w.). Gleichwohl, um es
noch einmal zu sagen, der mit großem Abstand größte Teil der
wirtschaftlichen Planungen und Entscheidungen erfolgt in Marktbeziehungen
zwischen den Wirtschaftseinheiten, - und unsere Wirtschaftsordnung heißt
deshalb zu Recht Marktwirtschaft.
Im Theoriebereich der Makroökonomie wird die Gesamtheit der Märkte einer
Volkswirtschaft in drei Gruppen von Märkten zusammengefaßt und zwischen
1. Gütermärkten, 2. Faktormärkten – unter besonderer Betonung des
Arbeitsmarktes -
und 3. Finanzmärkten (Geld- und Kapitalmärkte)
unterschieden. Die Mikroökonomie dagegen konzentriert sich zunächst auf die
Gütermärkte und stellt von diesen die Verbindungen zu den Faktormärkten
her. Denn von den Faktormärkten müssen die Produktionsfaktoren für die
Produktionsprozesse beschafft werden, und hier auf den Faktormärkten
kommt die Vergütung der Faktoren, die funktionelle Einkommensverteilung,
zustande.11
Im Folgenden stellen wir aber die Gütermärkte in den Mittelpunkt unseres
Interesses. Gütermärkte können nach den unterschiedlichsten Merkmalen
gegliedert und eingeteilt werden: Sachgüter- und Dienstleistungsmärkte,
Verbraus- und Gebrausgüter, Märkte für fertige Konsumgüter, für fertige
11
Die Geld- und Kapitalmärkte werden mit unterschiedlichen Akzenten in der Makroökonomie, Konjunkturpolitik,
Finanzwissenschaft sowie in der betriebswirtschaftlichen Finanzierungslehre behandelt.
85
Investitionsgüter, für Vorleistungsgüter, für Rohstoffe, für Energie u.s.w. Die
Mikroökonomie sieht aber, – wenn nicht etwas anderes ausdrücklich gesagt
wird –, von dieser konkreten Vielfalt der bestehenden Märkte ab. Zunächst
muß das Gemeinsame interessieren und herausgestellt werden. Was ist der
Markt, wie funktioniert er, welche Wirkungen gehen von ihm aus? Um den
Aufbau und das Funktionieren des marktwirtschaftlichen Systems – die im
Netzwerk der Märkte bestehenden Zusammenhänge und Abhängigkeiten - zu
erkennen, müssen zunächst abstrakte Marktmodelle gebildet und analysiert
werden.
Die
dabei
gewonnenen
Modellaussagen
dienen
dann
als
Instrumente, mit denen wir die vielgestaltige Realität aufgreifen und erklären.
Die verschiedenen Marktformen (Polypol, Oligopol, Monopol), die in der
Mikroökonomie und dabei in der Lehre von der Preisbildung unterschieden
werden,
haben
den
Zweck,
die
besonderen
Marktverhältnisse
herauszuarbeiten, die für die Preisbildung entscheidend sind, und die dann
zeigen, wie die zustande kommenden Preise auf die weitere Gestaltung von
Angebots- und Nachfragemengen einwirken. Zu diesen generell bedeutsamen
Einflußfaktoren gehören etwa die Zahl der Marktteilnehmer auf beiden
Marktseiten, die Größe und Streuung der Marktanteile, das Bestehen von
Präferenzlagen bestimmter Angebote in der Beurteilung der Käufer, Die
Möglichkeiten des Zutritts für neue Anbieter oder Nachfrager, die Stärke und
Schnelligkeit, mit der technische Veränderungen die Produktions- und
Angebotsbedingungen
verändern
und
Anpassungen
im
Einsatz
der
Produktionsfaktoren auslösen u.s.w.12 Für den Einstieg müssen wir uns aber
einem einfachen Marktmodell zuwenden.
Besonders zu diesen Abschnitten wird ein Nachlesen der entsprechenden Passagen des Skripts „Einführung in die
VWL“ empfohlen.
12
86
b)
Das Basismodell
Der Markt, das wissen wir, ist das Aufeinandertreffen von Verkäufern und
Käufern und damit von angebotenen und nachgefragten Gütermengen. Man
kann auch etwas genauer sagen: der Markt ist das Aufeinandertreffen von
Verkaufs- und Kaufwünschen in bezug auf ein bestimmtes Gut - zum Zwecke
der Preisbildung und Umsatzgestaltung. Die Anbieter und Nachfrager an
einem Markt sind Gruppen von Wirtschaftssubjekten, die das Bestreben
haben, als Anbieter das Gut möglichst vorteilhaft, zu einem möglichst hohen
Preis zu verkaufen, als Nachfrager dagegen dieses Gut möglich vorteilhaft,
also zu einem möglich niedrigen Preis zu kaufen. Die Interessen der beiden
Marktseiten hinsichtlich der Preishöhe sind also notwendig konträr: – die
Verkäufer streben einen möglichst hohen, die Käufer einen möglichst
niedrigen Preis an. Das damit bestehende natürliche Spannungsverhältnis
zwischen dem Erwerbsstreben der Verkäufer und dem Versorgungsinteresse
der Käufer muß aufgelöst werden; und es wird durch die Preisbildung gelöst,
durch das Finden eines von beiden Seiten akzeptierten Preises, zu dem dann
die Umsätze erfolgen können und die Angebotsmenge der Nachfragemenge
entspricht..
Ein solcher Gleichgewichtspreis wird tatsächlich erreicht, weil sowohl die
Mengen des an den Markt gebrachten Angebots als auch die nachgefragte
Mengen von der Höhe des Preises abhängig sind, und weil diese
Abhängigkeit der Mengen von der Preishöhe in umgekehrter Richtung
verläuft. Eine Preissteigerung führt – wenn nicht gleichzeitig auch die Kosten
ansteigen - zu einer Ausweitung der Angebotsmenge. Und die Verteuerung
läßt gleichzeitig die Nachfragemenge so lange sinken, bis bei einer
bestimmten Preishöhe die geplanten Mengen beider Marktseiten größengleich
werden. Und umgekehrt: Eine Preissenkung bewirkt eine Einschränkung des
87
Angebots und zugleich eine Ausweitung der Nachfrage, sodaß sich die
Mengen von Angebot und Nachfrage aufeinander zu bewegen. Also: Sowohl
die Angebotsmenge wie auch die Nachfragemenge stehen in einer
bestimmten funktionalen Abhängigkeit von der Preishöhe, und zwar ist die
Abhängig gegenläufig.
Am einfachsten ist diese Aussage in einem Koordinatenfeld zu erkennen, in
welchem
die
gegenläufige
Preisabhängigkeit
der
Angebots-
und
Nachfragemenge – die Angebots- und Nachfragefunktion - durch eine
ansteigende Angebotskurve und eine fallende Nachfragekurve dargestellt
wird. Der Schnittpunkt dieser beiden Kurven markiert die Gleichgewichtslage:
Die diesem Preis – dem Gleichgewichtspreis - zugeordneten Mengen von
Angebot und Nachfrage sind größengleich. Es ist dann auch leicht zu
erkennen, daß bei jeder anderen Preishöhe ein Ungleichgewicht entsteht.
Liegt der Preis über der Gleichgewichtslage dann verursacht dies einen
Angebotsüberhang, liegt der Preis unter dieser Lage, dann ergibt sich daraus
ein Nachfrageüberhang. Solche Überhänge – also entweder nicht absetzbare
Angebotsmengen oder
nicht
bedienbare Nachfragemengen
– zeigen
Ungleichgewichte an und zeigen damit, daß zu diesem Preis der bestmögliche
Interessenausgleich zwischen den beiden Marktseiten nicht oder noch nicht
hergestellt ist. Es muß auf dem Markt eine Bewegung ausgelöst werden, die
zum Gleichgewicht führt. Und so ist es auch. Ein Angebotsüberhang drückt
auf den Markt; er löst einen Wettbewerb der Verkäufer aus und so einen
Preisdruck,
der
Nachfrageüberhang
dann
zeigt
zum
eine
Gleichgewicht
führt.
Verknappung
an;
Ungekehrt:
dadurch
wird
Ein
ein
Überbietungswettbewerb auf der Käuferseite und ein Anstieg des Preises
ausgelöst, bis genügend Nachfrage ausfällt und das Gleichgewicht hergestellt
ist.
88
Diese Annahme einer steigenden Angebotskurve und einer fallenden
Nachfragekurve ist durch die Analyse des typischen Anbieter- und
Nachfragerverhaltens gut abgestützt. Die Unternehmen reagieren als
Produzenten bei einem Preisanstieg entlang ihrer Grenzkostenkurve mit einer
Ausweitung der Produktions- und Angebotsmenge. Die privaten Haushalte
schränken bei einer Preissteigerung die Nachfragemenge ein und zwar als
Folge des Substitutions- und des Einkommenseffektes. Preissenkungen
haben jeweils den umgekehrten Effekt.
Dieses sehr einfache Basismodell setzt allerdings zweierlei voraus. Zu einen
können hier die Anbieter und Nachfrager auf die jeweilige Preishöhe und auf
eintretende Preisänderungen nur mit Mengenentscheidungen reagieren. Der
Preis ist für die einzelnen Marktteilnehmer als für alle geltender Marktpreis
vorgegeben; es ist eine Größe, die der einzelne Anbieter und Nachfrager nicht
beeinflussen kann. Ferner sind hier die individuellen Angebots- und
Nachfragemengen der einzelnen Marktbeteiligten jeweils in einer, für den
gesamten Markt geltenden Angebots- und Nachfragekurve zusammengefaßt.
Die Teilmengen des Marktangebots, die von den verschiedenen Anbietern
stammen, müssen dann in der Beurteilung der Käufer also völlig
unterschiedslos, homogen sein.
Eine solche Art der Preisbildung, wie sie durch die bekannte Graphik
dargestellt wird, setzt mithin ganz bestimmte Strukturbedingungen voraus. (1.)
Es muß sich bei diesem Basismodell um einen Polypolmarkt handeln: d.h. die
Zahl der Marktteilnehmer muß so groß und die Marktanteile der einzelnen
müssen so klein sein, daß der herrschende Marktpreis als Plandatum
betrachtet
werden
muß
(Verhaltensweise
als
Preisnehmer
und
Mengenanpasser). (2.) Es muß sich um einen in jeder Hinsicht homogenen
89
Markt handeln. Das Bestehen von Präferenzen – von sachlichen, räumlichen,
zeitlichen oder persönlichen Präferenzen - würde die Einheit des Marktes
aufspalten und
Teilmärkte entstehen lassen. Auf diesen würden sich
unterschiedliche Preise bilden. (3.) Es sind zudem bei den Marktteilnehmern
volle
Markttransparenz und die Fähigkeit zu schnellen Reaktionen auf
Preisänderungen zu unterstellen. Anderenfalls würde es – bei unzureichenden
Informationen und nennenswerten Anpassungsfristen – zu Verzögerungen in
der
Erreichung
des
neuen
Gleichgewichts
und
damit
leicht
zu
Fehleinschätzungen und zu Fehlentscheidungen im Blick auf die Preisbildung
kommen.
Diese Bedingungen können der Realität nur selten und auch nur
näherungsweise erfüllt sein. Beispiele sind Wertpapier- und Produktenbörsen
und andere perfekt organisierte Märkte, etwa Auktionen. Obwohl es in der
Praxis eher ein Ausnahmefall ist, zeigt das einfache Basismodell aber doch
schon sehr klar die Grundzüge und Aufgaben des Marktgeschehens, der
Preisbildung und der Lenkung der Produktion durch die bestehenden bzw.
erwarteten Preise. Die Darstellung läßt auch klar erkennen, daß staatliche
Eingriffe in die freie Marktpreisbildung zu Störungen führen müssen: d.h.
staatliche Bindungen des Preises über oder unter der Gleichgewichtslage
lassen Ungleichgewichte Angebots- oder Nachfrageüberhängen entstehen.
Solche als Störungen empfundenen Ungleichgewichte veranlassen die Politik
dann
in
der
vorzunehmen,
Regel,
um
zusätzliche,
mit
noch
weiter
reichenden
verwaltungswirtschaftlichen
Eingriffen
Maßnahmen
die
planwirtschaftlich verursachten Ungleichgewichte mehr schlecht als recht
abzubauen
(durch
Kontingentierungen,
durch
Produktions-
bzw.
Anbaubeschränkungen, durch einen steuerfinanzierten Aufkauf und evtl.
durch die Vernichtung von Überschüssen usw. Wir kennen das besonders aus
der
Landwirtschaft
bes.
Milchwirtschaft
und
auch
aus
der
90
Wohnungswirtschaft. Politische Eingriffe in das Marktgeschehen blockieren
die Wirksamkeit der marktmäßigen Angebotssteuerung und blockieren auch
den Antrieb der Markt- und Wettbewerbskräfte. Sie lenken die Produktion und
den Einsatz der Produktionsfaktoren genau in die falsche Richtung, d.h. an
der Nachfrage vorbei.
Das
Marktgeschehen
und
die
Voraussetzungen,
unter
denen
das
Marktgeschehen wirken kann, sind also entscheidend dafür, ob die
marktwirtschaftliche Ordnung in Ordnung ist oder nicht. Schon unser erster,
noch sehr einfacher Überblick, daß die freie Preisbildung für die Ordnung des
Systems
„Marktwirtschaft“
entscheidende
Funktionen
wahrnimmt
und
wahrnehmen muß. Wir wollen folgende Funktionen bzw. Aufgaben der
Marktpreisbildung unterscheiden und festhalten:
(1.) Das Markt- und Wettbewerbsverhalten der Anbieter und Nachfrager muß
die Herstellung von Marktgleichgewichten sichern (Ausgleichsfunktion). (2.)
Damit wird die Güterproduktion (und das heißt auch: der Einsatz der
Produktionsfaktoren)
ausgerichtet
auf
die
an
den
Märkten
(Produktionslenkungsfunktion).
(3.)
wirksame
Der
Nachfrage
Wettbewerb
hat
gleichzeitig dafür zu sorgen, daß der Einsatz der Produktionsfaktoren in
einzelwirtschaftlicher und in volkswirtschaftlicher Hinsicht so effizient wie
möglich erfolgt (= optimale Faktorkombination und optimale Faktorallokation).
(4.) Die in das Markt- und Wettbewerbssystem eingebundene Preisbildung auf
den Faktormärkten, an denen sich Unternehmen und private Haushalte
gegenüberstehen, muß zu einer der (Grenz-) Produktivität entsprechenden
Faktorvergütung
führen.
Das
ist
eine
leistungsentsprechende
91
Einkommensverteilung
(Bildung
der
Faktorpreise,
funktionale
Einkommensverteilung).13
c.)
Störungen des Marktoptimums
Das Idealbild einer optimalen Marktsteuerung und die wirtschaftliche Realität
weichen allerdings nicht selten voneinander ab. Wir müssen ergänzen und
betonen:
Nur
bei
Marktpreisbildung
–
funktionsfähigem
entsprechend
Wettbewerbs14
den
genannten
führt
die
Funktionen
freie
-
zur
wirtschaftlich bestmöglichen Verwendung der Produktionsfaktoren (optimale
Faktorkombination
und
optimale
Faktorallokation)
und
damit
zur
bestmöglichen Versorgungslage. Es gibt nur wenige Ausnahmen von der
Regel; man spricht dann von Marktversagen. Den wichtigsten Fall bietet die
Erscheinung externer Effekte (externe Kosten und externe Nutzen).
Abweichungen vom Optimum können außerdem durch Unterschiede (durch
eine Asymmetrie) in der Verfügbarkeit marktrelevanter Informationen
entstehen. Dazu einige Hinweise.
Externe Kosten sind Kostenbestandteile, die nicht vom Verursacher getragen
werden, sondern bestimmte Dritte (Nachbarn) oder auch die Allgemeinheit
(Steuerzahler) belasten (z.B. nicht internalisierte Umweltschäden). Das
Bestehen externe Kosten, also dem Verursacher nicht angelastete Kosten
nennenswerten Umfangs, führen zu einer über das Optimum hinausgehenden
Produktion und damit zu einer Faktorverschwendung. Die Begrenzung der
13
Dies ist eine andere Ausdrucksweise für die übliche Einteilung der volkswirtschaftlichen Funktionen der freien
Marktpreisbildung; (1.) Ausgleichsfunktion, (2.) Produktionslenkungsfunktion und (3.) Verteilungsfunktion. Wenn die
Aufgaben des Wettbewerbs beschrieben werden, sind zusätzlich noch die „dynamischen Funktionen“ zu nennen: die
flexible Anpassung der Produktion an eintretende Nachfrageänderungen sowie der Antrieb zur Entwicklung von
Verfahrens- und Produktinnovationen.
14
Genaueres in der Lehrveranstaltung „Wettbewerb und Wettbewerbspolitik“
92
Produktion durch eine volle Kostenanlastung greift nicht richtig. Sind solche
externen Kosten erkannt, und können sie in ihrer Höhne ausreichend
zuverlässig bewertet werden, dann müssen sie den Verursachern angelastet
werden
(durch
besondere
Abgaben,
technische
Auflagen
etwa
zur
Abgasemission u. Ä.). Man nennt dies Internalisierung externer Kosten. Es
gibt aber umgekehrt auch externe Nutzen, das sind Nutzenstiftungen, die dem
Verursacher nicht zugute kommen, sondern die andere Dritte oder die
Allgemeinheit begünstigen, ohne daß der Verursacher dafür eine Vergütung
erhält (z.B. kostenlose Öffnung von privaten Parkanlagen oder von
Firmenparkplätzen, allgemein zugängliche Schloß- und Gartenanlagen u. ä.)
Bei nennenswerten externen Nutzen besteht die Gefahr, daß das Angebot
hinter dem erwünschen Ausmaß zurückbleibt. Zur Korrektur käme eine
Erhebung von Gebühren durch den Nutzenstifter in Frage, die für ihn aber nur
sinnvoll ist, wenn die Erträgnisse eindeutig größer sind als der oft nicht
geringe Einrichtungs- und Kontrollaufwand. Öffentliche Beihilfen wären zu
bedenken. (Es gibt Beispiele externer Nutzen von durchaus beträchtlichem
Ausmaß. Man denke etwa, um nur ein Beispiel zu nennen, an die TwitterPlattform für die Übermittlung von zeitnahen Kurznachrichten, die in
massivem Umfang genutzt wird. Dem Erfinder und Betreiber ist es aber noch
nicht gelungen, für sich in größerem Umfang Erträge zu erschließen, - etwa
durch Werbeeinschübe.)
Der zweite Punkt betrifft die Informationslage der Marktteilnehmer. Eine
asymmetrische, also ungleiche Verteilung von marktrelevanten Informationen
über
Preise,
Gütereigenschaften
u.
Ä.
kann
zu
unerwünschten
Wissensvorsprüngen und als Folge zu Fehlentscheidungen der schlechter
Informierten, zur mangelhaften Nutzung von bestehenden Marktchancen,
auch zu Übervorteilung und Betrügereien führen. In der Regel ist der
professionell spezialisierte Informationsstand der Produzenten und Anbieter
93
höher als das meistens laienhafte Wissen der privaten Haushalte. Hier
können – neben individuellen Anstrengungen zur Informations- und
Erfahrungssammlung etwa per Internet – Beratung durch den Handel, aber
auch öffentlich geförderte Stiftungen für Warenvergleiche und Warentests,
Kennzeichnungsregeln,
zuverlässige
und
gut
verständliche
Beipackerläuterungen u. Ä. eine Verbesserung herbeiführen. Ein besonderes
und kriminelles Kapitel sind Insidergeschäfte mit Aktien und anderen
Wertpapieren; wenn etwa leitende Angestellte oder auch Aufsichtsräte ihre
noch nicht allgemein bekannten Kenntnisse - etwa über beabsichtigte
Beteiligungen - für lukrative private Börsengeschäfte ausnutzen. Hier gibt es
allerdings inzwischen eine ziemlich effektive Börsenaufsicht.
d)
Die Preiselastizität des Angebots
Der Begriff der Preiselastizität müßte schon ein alter Bekannter sein. Denn wir
haben die Preiselastizität der Marktnachfrage (direkte Preiselastizität, KreuzPreiselastizität.
Einkommenselastizität)
bereits
an
früherer
Stelle
einigermaßen ausführlich besprochen. Es ging dabei um die Frage: Wie stark
die Nachfragemenge reagiert, wenn eine Änderung des Preises des
betrachteten Gutes, Änderungen anderer Preise oder Änderungen des
verfügbaren Einkommens eintreten. Genauer formuliert: Um wieviel Prozent
ändert sich die von einem Gut nachgefragte Menge, wenn sich eine der
genannten Bezugsgrößen um einen bestimmten Prozentsatz verändert - um x
Prozent
steigt
oder
fällt.
Nun,
eine
entsprechende
Elastizität
und
entsprechende Elastizitätswerte gibt es auch für die Produktions- und
Angebotsgestaltung und damit für das Marktangebot. Dabei messen wir die
prozentuale Reaktion des Marktangebots eines Gutes auf eine prozentuale
Änderung des Preises dieses Gutes. Wir verwenden dazu, wie bei der
Nachfrage, die allgemeine Elastizitätsformel, die wir jetzt folgendermaßen
schreiben:
94
a = ∆q/∆p ∙ p/q.
Gegenüber der Preiselastizität der Nachfrage besteht aber, was die
Wirkungsrichtung
betrifft,
ein
wesentlicher
Unterschied:
Weil
in
der
Produktionsplanung die Angebotsmengen den Preisänderungen in der
gleichen Richtung nach oben oder unten folgt, weisen die Elastizitätswerte
des Angebots – im Gegensatz zur Preiselastizität der Nachfrage - positive
Werte auf: Steigende Preise lösen ein steigendes Angebot aus, sinkende
Preise führen zu einem sinkenden Angebot.
Im übrigen können aber wieder die drei Elastizitätsfelder unterschieden
werden. (1.) Elastisches Angebot = Elastizitätskoeffizient größer als 1 (=
überproportionale
Reaktion).
(2.)
Unelastisches
Angebot
=
Elastizitätskoeffizient kleiner als eins (unterproportionale Reaktion). Und
dazwischen liegend = Elastizitätskoeffizient von eins (= proportionale
Reaktion).
Das Ausmaß der Angebotsreaktionen auf veränderte Absatzpreise kann sehr
unterschiedlich sein. Im wesentlichen aber hängt die Reaktion des Angebots
von zwei Sachverhalten ab. Als erstes ist die verwendete Produktionstechnik
u nennen. Bei arbeitsintensiven Technologien ist in der Regel die Elastizität
des Angebots größer als bei kapitalintensiven Technologien: So kann oft das
Angebot von Dienstleistungen veränderten Markt- und
Preisverhältnissen
schneller und stärker angepaßt werden, als das Angebot im Maschinen- und
Anlagenbau. Noch wichtiger ist aber ein zweiter Punkt, der für nahezu alle
Produktionszweige
Bedeutung
besitzt,
Angebotselastizität vom jeweiligen
nämlich
die
Abhängigkeit
der
Auslastungsgrad der vorhandenen
Produktionskapazitäten. Bestehen in einzelnen Unternehmen, vielleicht in
ganzen
Brachen
oder
in
der
Konjunkturflaute
fast
im
gesamten
95
Produktionssystem Freikapazitäten in großem Umfang, dann verursachen
schon
geringe
Erholungstendenzen
der
Nachfrage
mit
kleinen
Preissteigerungen eine starke, weit überproportionale Ausweitung des
Angebots. Ungenutzte Produktionsmöglichkeiten stehen ja auf Abruf bereit
und warten auf Nachfrage. Wird dagegen, etwa in der Hochkonjunktur, bei
nahezu voller Auslastung bereits an der Kapazitätsgrenze gearbeitet, dann
können auch nennenswerte Preissteigerungen, wenn überhaupt, nur noch in
geringem Umfang eine Mehrproduktion und eine Ausweitung des Angebots
bewirken. Vielleicht können noch weitere Überstunden gefahren und der
Maschinenpark über die Normalgrenzen hinaus noch stärker belastet werden.
So kann dann noch etwas mehr produziert werden. Die anormale
Beanspruchung führt dann aber zu steil ansteigenden Grenzkosten. Hier lohnt
eine Mehrproduktion nur bei ungewöhnlich stark angestiegenen Preisen.
Bei diesen Überlegungen über die Reaktion der Angebotsmenge bei
eintretenden oder erwarteten Preisänderungen bewegen wir uns im
Planungsbereich der kurzfristigen Produktions- und Kostenverläufe, es
bestehen Kapazitätsgrenzen. Anders liegen die Dinge natürlich in der
langfristigen Planung, wenn unterstellt wird, daß die verfügbare Zeit ausreicht,
die Produktionskapazitäten durch Investitionen auszuweiten, also die die
Kapazitätsgrenze zu verschieben.
VII.
Veränderungen von Angebot und Nachfrage
a.)
Variationsmethode
Bei
der
Beschreibung
von
Veränderungen
im
Angebots-
und
Nachfrageverhalten auf einem Markt müssen zwei Vorgänge streng
auseinander gehalten werden. (1.) Veränderungen der Angebots- oder
Nachfragemenge entlang gegebener Angebots- und Nachfragekurven. Und
96
(2.): Veränderungen der Angebots- oder Nachfragebedingungen auf einem
betrachteten Markt, die in Verschiebungen der entsprechenden Angebotsoder Nachfragekurven zu Ausdruck kommen. Der erste Vorgang – durch
Preisänderungen ausgelöste Mengenänderungen – ist in den letzten
Abschnitten
bereits
behandelt
worden.
Hier
sind
die
sonstigen
Marktbedingungen gegeben – außer dem als veränderlich behandelten Preis.
Dies kommt in den unverändert gegebenen Kurven zum Ausdruck.
(Zeichnung)
Es werden hier also lediglich die Mengenänderungen erfaßt, die sich als Folge
der unterstellten Preisänderungen bei dem betrachteten Gut ergeben. Das
sind Bewegungen entlang gegebener Angebots- und Nachfragekurven.
Der zweite Vorgang unterstellt und betrachtet dagegen Veränderungen der
Angebots- oder der Nachfragelage, die durch die übrigen Einflußfaktoren
ausgelöst
werden,
–
etwa
Angebotsausweitungen
infolge
eines
kostensenkenden technischen Fortschritts oder Nachfrageverschiebungen
ausgelöst etwa durch Bedarfsänderungen oder durch Veränderungen der
verfügbaren Einkommen. Hier verändern sich die Bedingungen von Angebot
und Nachfrage, und Änderungen dieser Art zeigen sich in Verschiebungen der
Angebots- und Nachfragekurven. Mit einer solchen Verschiebung wird dann
ein neues Marktgleichgewicht kenntlich gemacht. Die eingetretene Änderung
des Marktergebnisses zeigt sich, wenn der alte Gleichgewichtspunkt mit dem
neuen Gleichgewichtspunkt verglichen wird und beide Punkte – das alte und
das neue Gleichgewicht – miteinander verbunden werden.
97
Angenommen:
Die
Nachfragekurve
Angebotsseite
sind
führt
Nachfragebedingungen
gegeben
dagegen
und
ein
und
die
entsprechende
bleiben
unverändert.
technischer
Fortschritt
Auf
zu
der
einer
Kostensenkung. Dann verschiebt sich die Angebotskurve nach rechts unten.
Es zeigt sich als Folge ein neues Gleichgewicht: (Zeichnung)
Zu einem niedrigen Preis wird jetzt also eine größere Menge angeboten und
nachgefragt. - Ein anderes Beispiel: Marktangebot und Angebotskurve sind
gegeben und bleiben unverändert. Die Nachfrage nach dem betrachteten Gut
steigt dagegen, etwa weil das betrachtete Gut eine steigende Wertschätzung
gewinnt. Die Nachfragekurve schiebt sich nach rechts und der Preis zieht an,
weil zunächst einmal das Angebot (noch) nicht vergrößert werden kann. Auch
kann man dann ein neues Gleichgewicht dem alten Gleichgewicht
gegenüberstellen.
Einen
Gleichgewichtspunkt,
solchen
wobei
die
Vergleich
von
Verschiebung
altem
das
und
Ergebnis
neuem
einer
Datenänderung auf der Angebots- oder auf der Nachfrageseite ist, nennt man
Variationsmethode. Die Ausgangslage wird durch eine Variation der
Einflußfaktoren gestört. Und verglichen werden dann das alte und das neue
Gleichgewicht. Der zwischen den beiden Lagen liegende Anpassungsprozeß
und die notwendige Anpassungsfrist werden dabei – in dieser einfachen
Variationsmethode - nicht berücksichtigt.
98
b)
Übergangs- und Anpassungsanalyse
Wenn eine Datenänderung (technischer Fortschritt, Veränderungen der
Faktorpreise, Nachfrageverschiebungen wegen veränderter Einkommen oder
Präferenzen u. Ä.) auf eine bestehende Gleichgewichtslage trifft, dann ist es
in der Realität aber natürlich nicht so, daß das neue Gleichgewicht mit einem
Sprung (zeitlos) erreicht wird. Es wird vielmehr ein zeitfordernder, mehr oder
weniger langer Übergangs- und Anpassungsprozeß ausgelöst. Es können
sogar während dieses Prozesses schon wieder weitere Datenänderungen
eintreten, noch bevor das neue Gleichgewicht erreicht wurde, so daß sich der
angestrebte
Gleichgewichtspunkt
erneut
verschiebt. Wenn Übergänge
zwischen Marktgleichgewichten als zeitfordernde Prozesse, also in einer
Prozeßanalyse, angesprochen und erklärt werden, dann spricht man einer
dynamischen Analyse (im Gegensatz zu einer statischen Analyse, in der mit
der Variationsmethode nur die alte und die neuen Gleichgewichtslage
miteinander verglichen werden).
Einen
in
Schritten
ablaufenden
Anpassungsprozeß
kann
man
sich
folgendermaßen vorstellen: Ein bestehendes Marktgleichgewicht wird gestört,
sagen wir durch eine modebedingte Ausweitung der Nachfrage nach dem hier
angebotenen Produkt. Die Nachfragekurve verschiebt sich dann also nach
rechts oben und läßt den Preis zunächst einmal stark ansteigen. Ganz
kurzfristig,
während
der
laufenden
Marktperiode,
kann
die
plötzlich
aufgetretene Mehrnachfrage ja nur mit einem Lagerabbau begegnet werde,
wenn nennenswerte Lagerbestände überhaupt vorhanden sind (man nennt
diesen ersten Anpassungsschritt auch wohl die Momentananpassung). Im
nächsten Anpassungsschritt wird aber schon mehr produziert, allerdings
zunächst nur im Rahmen der kurzfristigen Anpassungsmöglichkeit, d. h. durch
eine Ausweitung der Produktion im Rahmen der bestehenden Kapazität. Zeigt
99
sich dann, daß die Nachfragesteigerung von Dauer ist, so kommt es zur
langfristigen Anpassung der Produktions- und Angebotsmenge durch einen
Ausbau der Produktionskapazität, also durch eine Erweiterungsinvestition. Es
zeigen sich damit drei Anpassungsschritte, die jeweils durch eine typische
Angebotskurve dargestellt werden können: momentan, kurzfristig, langfristig
(Zeichnung).
Zunächst, in der Momentananpassung, haben wir eine sehr steil verlaufende
Kurve. Diese zeigt nur meistens sehr begrenzte die Angebotsausweitung
durch einen Lagerabbau an. Anschließend sehen wir eine weniger steil
verlaufende Kurve, die die kurzfristige Reaktion kenntlich macht, also die
Produktionsausweitung im Rahmen der bestehenden Kapazität durch einen
vermehrten Einsatz variabler Produktionsfaktoren. Eine dritte, deutlich flacher
verlaufende Kurve läßt schließlich die langfristige Anpassung erkennen, die
durch eine Kapazitätsausweitung ermöglicht wird.
Diese Darstellung einer in Schritten erfolgenden Reaktion betrifft die
Anpassungsmöglichkeiten einzelner Unternehmen, die als Produzenten und
Anbieter auf dem betrachteten Markt tätig sind. Was diesen Markt insgesamt
und das Marktangebot betrifft, also die zusammengefaßten Angebotsmengen
aller hier tätigen Anbieter, so wird die Anpassung des Angebots insgesamt
meistens nicht so ruckartig erfolgen, wie bei den einzelnen Anbietern. Der
Vorgang der Ausweitung oder Edinschränkung des Marktangebots kann sich
100
vielmehr in kleinen Schritten glätten, weil die einzelnen Anbieter ihre
Planungen und Entscheidungen in der Regel nicht im Gleichschritt vollziehen.
Die einen werden schneller sein als die anderen. Und dann ist es möglich,
daß sich bei den anbietenden Firmen die Vorgänge der momentanen,
kurzfristigen und langfristigen Anpassung so überlappen, daß sich beim
Gesamtmarkt ein ziemlich kontinuierlicher und glatter Übergang von alten zum
neuen Gleichgewicht zustande kommt.
Außerdem kann sich in der langfristigen Anpassung die Zahl der
Marktteilnehmer verändern und zusätzliche Anbieter in den Markt eintreten
und das Gesamtangebot noch stärker ausweiten. Umgekehrt können Anbieter
den Markt verlassen und so zu einer Reduktion der Nachfrage beitragen.
Die beschriebenen Anpassungsprozesse erfordern Zeit, aber sie laufen
meistens ohne besondere strukturelle Störungen ab. In Ausnahmefällen kann
es allerdings auch zu Störungen im Ablauf des
Anpassungsprozesses
kommen, so daß das neue Gleichgewicht erst stark verzögert, mit unnötigen
Friktionsverlusten
oder
u.
U.
überhaupt
nicht
erreicht
wird
(„ungleichgewichtige Märkte“). Dies kann der Fall sein, wenn die technischen
Produktionsbedingungen so sind, daß für den ganzen Produktionszweig eine
Anpassung (eine Angebotsausweitung oder eine Angebotseinschränkung)
nicht in einer Mehrzahl von kleinen Anpassungsschritten erfolgen kann,
sondern wenn die gesamte Anpassung in einem einzigen großen Schritt
erfolgen muß (näherungsweise u. a. im Schiffsbau als Folge stark zyklischer
Frachtratenänderungen, - früher besonders auch in der Landwirtschaft bei der
Viehaufzucht). Dann kann es zu starken Ausschlägen und zu Zyklen in der
Produktion
kommen,
wenn
die
Gefahren
der
diskontinuierlichen
Marktentwicklung nicht rechtzeitig erkannt und in der Angebotsplanung
101
berücksichtigt werden. Besonders problematisch ist die Lage, wenn ein
verhältnismäßig preiselastisches
Angebot
auf
eine sehr
unelastische
Nachfrage trifft.
Das bekannteste Beispiel ist der „Schweinezyklus“. Bei der Viehaufzucht gab
es früher eine unkoordinierte, nahezu gleichzeitige Reaktion der Landwirte auf
eingetretene Preisänderungen. Ein Preisauftrieb veranlaßt auf breiter Front
eine Ausweitung der Viehbestände. Nach der Aufzuchtszeit kommt dann auf
einen Schwung das gesamte Mehrangebot auf den Markt. Auf dem
Absatzmarkt ist aber – jedenfalls in entwickelten Ländern - mit einer
unelastischen Nachfrage zu rechnen. Das plötzlich angestiegene Angebot
führt dann zu einem extremen Preisverfall und drückt den Preis unter die alte
Gleichgewichtslage. Der dann bestehende vergleichsweise sehr niedrige
Preis veranlaßt die Landwirte, die Viehaufzucht deutlich einzuschränken.
Dann aber kommt In der nächsten Periode ein wesentlich kleineres Angebot
auf den Markt und läßt den Preis – wegen der starren Nachfrage - wieder
kräftig ansteigen. In der Folge kann sich dieses Auf und Ab ständig
wiederholen. Theoretisch, bei entsprechenden Elastizitätswerten von Angebot
und Nachfrage, kann es so von Anpassungsschritt zu Anpassungsschritt
sogar
zu
fortgesetzt
zunehmenden
Abweichungen
von
der
Gleichgewichtslage kommen (Spinnwebtheorem).
Doch diesen Extremfall „explodierender Märkte“ gibt es in der Realität nicht.
Zunehmende Erfahrungen, die zu immer besseren brachenbezogenen
Erwartungen führen, ferner eine wesentlich planvollere Lagerhaltung und
zudem der fortgesetzt intensivere internationale Güteraustausch verhindern,
daß sich solche „explodierende“ Prozesse in der Praxis über nennenswerte
Fristen ergeben
können.
Zeigt
sich
trotzdem
ein Überangebot
mit
102
Preissenkungstendenzen dann greift oft die Politik mit Marktregulierungen ein
(Milchwirtschaft, Zuckerwirtschaft usw.), - durchweg ohne nachhaltigen Erfolg.
VIII.
Der Markt und die Marktformen
a.) Vom Basismodell zu den Marktformen
In
der
Wirtschaft,
so
wie
wir
sie
kennen,
gibt
es
Märkte
der
unterschiedlichsten Art. Man sie nach zahlreichen Merkmalen unterscheiden
und einteilen: Waren- und Dienstleistungsmärkte, freie und organisierte
Märkte,
wie
etwa
Börsen,
-
weiterhin
Konsumgüter-
und
Investitionsgütermärkte, Märkte für Fertiggüter und Vorleistungsgüter usw.
und so fort.
Wenn wir dagegen von Marktformen oder Marktstrukturen sprechen, dann soll
damit nicht ein äußeres Geschehen und auch keine Stufe in der
Produktionskette angesprochen werden. In der Lehre von den Marktformen
interessiert vielmehr nur ein Aspekt; es interessieren diejenigen Merkmale
oder Kriterien von Märkten, die für die Art, den Ablauf und das Ergebnis der
Preisbildung entscheidend sind. Wie bilden sich die Preise am Markt bei
unterschiedlichen Konstellationen von Angebot und Nachfrage, - man kann
auch sagen: bei unterschiedlichen Wettbewerbslagen.
Es suchen also nach den für die Preisbildung bedeutsamen Sachverhalten.
Dabei interessieren und zunächst solchen Merkmalen von Märkte, die man
von außen, als außerhalb stehender Beobachter feststellen kann. Da zeigen
103
sich als erstes die Strukturmerkmale der Märkte, wie (a) die Zahl der Anbieter
und Nachfrager, in Verbindung damit (b) die Größe und Streuung der
Marktanteile, (c) die Art der Marktbeziehungen, bei denen bestimmte
Präferenzen bestehen können,
und schließlich (c) die Bedingungen,
Möglichkeiten und Schwierigkeiten des Marktzutritts für weitere Anbieter oder
Nachfrager, um die wichtigsten Strukturmerkmale von Märkten zu nennen,
die wir gleich noch etwas ausführlicher ansprechen sollen.
Doch warum interessier diese Strukturmerkmale für die Erklärung der
Preisbildungsprozesse? Nun, weil die jeweils gegebenen Marktstrukturen auf
das Verhalten der Marktteilnehmer einwirken. Oft ist es sogar so, daß die
gegebene Struktur, der gegebene Marktaufbau, den anbietenden und
nachfragenden Wirtschaftseinheiten das ihnen mögliche Verhalten im
Preisbildungsprozeß
geradezu
vorgibt.
Wir
brauchen
deshalb
die
Strukturmerkmale, um das Verhalten der Marktteilnehmer erklären und
ableiten zu können. In Abhängigkeit von der gegebenen Marktstruktur
bestehen
für
die
Verhaltensweisen.
Anbieter
Die
und
Nachfrager
einsetzbaren
die
ihnen
Aktionsparameter
möglichen
und
dabei
insbesondere die im Wettbewerb einsetzbaren Mittel hängen von der
Marktstruktur ab, in die der einzelne Anbieter und Nachfrager eingebunden ist.
Bei der Besprechung des einfachen Basismodells der Bildung des
Gleichgewichtspreises haben wir ja schon gesehen, daß in diesem Modell die
einzelnen Marktteilnehmer nur einen sehr engen Handlungsspielraum haben.
Entscheiden können und müssen sie nur über die angebotenen bzw.
nachgefragten
Mengen
(Mengenanpasser).
Die
Eigenschaften
des
Marktgutes und insbesondere auch der jeweils geltende Marktpreis sind
dagegen für die einzelnen Marktteilnehmer gegebene Sachverhalte, Daten
der Planung, die sie nur hinnehmen, aber nicht beeinflussen können. Das
ergibt sich zwingend aus der unterstellten Marktform eines homogenen
Polypols.
104
Hier ist es also ganz eindeutig: Aus der Marktstruktur (sehr viele, sehr kleine,
homogen) folgt das Marktverhalten (Preisnehmer und Mengenanpasser) und
auch
dem
ineinandergreifenden
Marktverhalten
(Bestimmung
der
Angebotsmenge zu minimalen Kosten) ergeben sich der Preisbildungsprozeß
(gefunden wird die Preishöhe, die die Angebots- und Nachfragemenge gleich
macht). Damit ist das Marktergebnis zustande gekommen. Der für die
Erklärung des Preisbildungsprozesses entscheidende Zusammenhang läuft
also von der objektiven, erkennbaren und beschreibbaren Marktstruktur zu
den subjektiven, von beteiligten Personen getragenen Marktaktivitäten. Diese
Verhaltensweisen formen die ablaufenden Marktprozesse und bestimmen
damit die Marktergebnisse.
Bevor wir im weiteren etwas genauer an die Kriterien herangehen, nach
denen die Marktformen unterschieden werden, sind einige allgemeine
Eigenschaften zu nennen, die für die von uns vorgestellten und analysierten
Märkte gelten sollen. Unterstellt sind 1.) freie Märkte: Die Marktteilnehmer
können nach ihren Interessen frei entscheiden. Auf der Basis der allgemeinen,
für alle geltenden Rechtsordnung unterliegen die Anbieter und Nachfrager
keiner staatlichen Regulierung. 2.) Handeln nach dem Rationalprinzip. Die
Marktteilnehmer haben eine wirtschaftliche Zielsetzung – etwa Maximierung
des Periodengewinns -, das sie konsequent verfolgen. 3.) Markttransparenz.
Die
Anbieter
und
Nachfrage
besitzen
die
für
ihr
Marktverhalten
entscheidenden Informationen. Bestehende Marktchancen bleiben aus
Unkenntnis nicht ungenutzt. 4.) Schnelle Anpassungsreaktionen. Kommt es
zu Datenänderungen (Kostenänderungen, Nachfrageverschiebungen u. Ä.),
so können die Marktteilnehmer zügig auf diese Änderungen reagieren; es
kommt
zu
keinen
Anpassungsprozesse.
Verzögerungen
oder
Störungen
im
Zuge
der
105
Nun, diese Eigenschaften der Märkte vorauszusetzen, ist nötig, um bestimmte
gesetzmäßige Ableitungen von Marktprozessen, also von Ursache und
Wirkung, machen zu können. Würde statt dessen etwa der Staat die Preise
festlegen, dann könnte überhaupt kein Preisbildungsprozeß zustande
kommen.
Oder
würde
das
Rationalprinzip
nicht
gelten
und
die
Marktteilnehmer ganz willkürlich und unvorhersehbar handeln, dann wären
über die Marktprozesse und über die Marktergebnisse keine bestimmten
Aussagen möglich.
Die genannten Bedingungen sind also Modellannahmen, die wir unterstellen,
um klare und überprüfbare Aussagen über Marktprozesse ableiten zu können.
Wir behaupten damit nicht, daß in der Realität diese Bedingungen auch
tatsächlich hundertprozentig gegeben sind. Aber – sehen wir einmal von
Eingriffen des Staates ab -, so kann man doch vernünftigerweise davon
ausgehen, daß die Wirtschaftssubjekte und Marktteilnehmen jedenfalls
bemüht sind, nach dem Rationalprinzip – also zielorientiert – zu handeln. Die
Wirtschaftssubjekte sind deshalb auch bestrebt, gut informiert zu sein, also,
soweit wie möglich, für Markttransparenz zu sorgen. Schließlich werden sie
sich auch anstrengen, ohne Verzögerungen im eigenen Interesse auf
eingetretene Änderungen mit Anpassungshandlungen zu reagieren. Das
Bestreben, so zu planen und zu handeln, ist in der Regel vorhanden und
wirksam.
Und
deshalb
dürfen wir
unterstellen,
daß
die
genannten
Bedingungen zwar nicht voll und ganz realisiert sind, aber in der Realität doch
näherungsweise bestehen. Selbst Konsumenten, die bestimmt nicht immer
und jederzeit streng rational entscheiden, werden in der Regel überlegt planen
und nicht etwa grundsätzlich willkürlich und unüberlegt entscheiden.
b.) Zweck der Unterscheidung von Marktformen
106
Wie schon gesagt: Marktformen kennzeichnen und gliedern die Märkte nach
bestimmten
Eigenschaften,
Zustandekommen
des
die
für
die
Marktausgleichs
Preisbildung
wesentlich
sind.
und
für
Wie
das
bereits
ausführlicher dargestellt wurde, werden zu diesem Zweck vorweg bestimmte
übergreifende
Annahmen
entscheidende
Problem
über
–
das
den
Markt
gemacht,
Zustandekommen
der
um
das
hier
Preise
und
Umsatzmengen – klar herausarbeiten zu können. Unterstellt werden dazu, um
es noch einmal zu sagen: Freie Märkte ohne staatliche Regulierungen,
Handels nach dem Rationalprinzip, Markttransparenz und zügige, störungsfrei
Anpassung an Datenänderungen.15 Bei diesen Vorgaben spricht man oft von
den Bedingungen eines „vollkommenen Marktes“.
„Marktformen“ im engeren Sinn fassen dann diejenigen Eigenschaften
zusammen, die vom Aufbau, von der Struktur der Märkte her auf die
Verhaltensweise der Anbieter und Nachfrager einwirken und dann - über das
Verhalten der Anbieter und Nachfrager - auf die Art und das Ergebnis des
Preisbildungsprozesses einwirken.
Zur Gliederung der Marktformen wollen wir vier Kriterien (= Eigenschaften)
bzw. Gruppen von Kriterien verwenden:
1. Die Anzahl der Marktteilnehmer auf der Angebots- und Nachfrageseite
zusammen mit der entsprechenden Größe und Streuung der Marktanteile.
2. Die Art der Marktbeziehung zwischen Anbietern und Nachfragern mit der
wesentlichren Unterscheidung zwischen homogenen und heterogenen
Märkten.
Diese Annahmen eines „vollkommenen Marktes“ sind nicht selbstverständlich. Sie werden ind Lehrveranstaltung
„Wettbewerb und Wettbewerbspolitik“ kritisch behandelt.
15
107
3. Die Möglichkeiten bzw. Hindernisse für einen Marktzugang, also für den
Zutritt weiterer neuer Marktteilnehmer, die dann als Konkurrenten der schon
im Markte stehenden Anbieter oder auch Nachfrager auftreten.
4. Die Stellung des Marktes in einer bestimmten Marktentwicklungsphase von
der Einführungsphase eines neuen Produktes bis Stagnations- oder
Rückbildungsphase.
(Die ersten zwei Gruppen von Merkmalen bilden die Strukturkriterien von
bestehenden Märkten. Die Kriterien 3 und 4 Bilden fassen Außenwirkungen
zusammen, die auf das Marktgeschehen einwirken und evtl. die
Marktstruktur verändern.)
1. Zahl der Marktteilnehmer und relative Größe der Marktanteile
Nach der Zahl der Marktteilnehmer werden in einem ersten Schritt „viele“,
„wenige“ und „einer“ auf der Angebots- und auf der
Nachfrageseite
unterschieden. Diesen drei Fällen werden dann, zunächst unter der
Annahme
einer
gleichmäßigen
(symmetrischen)
Verteilung
der
Marktanteile, die Positionen „klein“, „mittelgroß“ und „groß“ zugeordnet.
„Viele kleine“ bilden das Polypol, „wenige mittelgroße“ das Oligopol und „ein
großer“ das Monopol. Aus diesen drei Varianten auf der Angebots- und
Nachfrageseite ergeben sich dann 9 Grundformen, von denen aber nur das
zweiseitige Polypol („vollständiger Wettbewerb“), das Angebotsoligopol, das
Angebotsmonopol und das zweiseitige Monopol von größerer Bedeutung
sind und hier im weitern aufgegriffen werden. Zusätzlich zu diesen
genannten Fällen sollen aber wegen ihrer beträchtlichen praktischen
Bedeutung noch zwei Fälle mit einer asymmetrischen Streuung im
Größenverhältnis der Marktanteile hinzutreten: Einmal das Teiloligopol und
dann das Teilmonopol. Beim Teiloligopol steht neben de kleinen Zahl von
Oligopolisten noch eine Mehrzahl von kleinen Mitanbietern am Markt, die je
108
für sich keinen nennenswerten Markteinfluß besitzen, sondern sich dem
Marktverhalten der Großen anpassen. (Branchen mit einer Spitzengruppe
von 2 bis 5 Großanbietern, die etwa 70% Marktanteil kontrolliert; daneben
teilen sich zusätzliche Kleinanbieter die restlichen 30%). Von einiger
praktischen (wettbewerbspolitischen) Bedeutung ist auch das Teilmonopol,
das aus einem marktbeherrschenden Anbieter als Marktführer und einer
Anzahl kleiner, je für sich einflußlosen Mitanbietern besteht.
2. Homogene und heterogene Marktbeziehungen
Die unter Punkt (1) nach den Kriterien der Zahl und der Marktanteile
genannten Marktstrukturen sind in ihren Angebots- Nachfrage-Beziehungen
entweder homogene oder heterogene Märkte. Bei einem homogenen Markt
weisen die individuellen Angebote der einzelnen Verkäufer, die zusammen
das Marktangebot bilden, in der Beurteilung der Käufer keinerlei
Unterschiede auf. (Prinzip der Unterschiedslosigkeit). Deshalb bestehen
hier auch keinerlei Präferenzen für Einzelangebote und dementsprechend
auch keine besondere Kundenbindungen. Näherungsweise homogene
Märkte sind z.B. Wertpapier- und Produktenbörsen, Weltmärkte für
standardisierte Rohstoffe (z.B. Rohöl der Sorte BRENT) u. Ä. Die meisten
Märkte allerdings – besonders die Märkte von fertigen Konsum- und
Investitionsgütern – sind dagegen heterogen. Die Angebote verschiedener
Verkäufer werden von den Käufern nicht als gleichwertig, sonders als mehr
oder weniger unterschiedlich eingestuft. Damit entstehen Präferenzen
hinsichtlich der angebotenen Güter oder Dienste und Präferenzlagen
(Vorzugsstellungen) für bestimmte Anbieter.
Bei diesen Vorzugslagen werden sachliche, räumliche, zeitliche und
persönliche Präferenzen unterschieden. (a) Sachliche Präferenzen sind in
109
der Regel am wichtigsten. Sie beziehen sich auf die Sache, soll heißen auf
die vom Käufer bewerteten Eigenschaften des Produkts (Qualität, Größe,
Aufmachung usw.). (b) Bewertungsunterschiede bestimmter Angebote
können ferner aus der Standortlage der Käufer und Verkäufer resultieren.
Dies führt zu räumlichen Präferenzen. Negativ eingestuft werden meistens
große
Entfernungen,
hohe
Transportkosten,
Zugangsschwierigkeiten
(Parkmöglichkeiten u. Ä.) und daraus resultierende Zeitverluste. Außerdem
können sich (c) aus den Zeitpunkten, an denen die Leistung (Auslieferung
des Gutes) und die Gegenleistung (Zahlung) erbracht werden, zeitliche
Präferenzen ergeben. Schnelle Leistung und Gegenleistung sind in der
Regel erwünscht; negativ wirken dagegen lange Lieferfristen und
ausgedehnte Zahlungsziele. Endlich können sich (d) aus persönlichen
Bindungen
(Bekanntschaften,
Freundschaften
in
Vereinen
usw.)
persönliche Präferenzen ergeben, die für bestimmte Anbieter Vorzugslagen
schaffen.
Die Wirksamkeit von Präferenzen löst die Einheitlichkeit des Marktes auf
und läßt Teilmärkte, oft Teilmärkte einzelner Firmen, entstehen, auf denen
allerdings Substitute, oft sehr enge, leicht austauschbare Substitute
angeboten werden, sodaß wirksamer Wettbewerb zwischen den Varianten
des Gutes besteht. Denn diese Varianten zielen auf den gleichen Bedarf.
Die Teilmärkte überlappen sich also.
Wichtig ist ferner, daß es für die Kaufentscheidungen natürlich nicht auf
eine einzelne Präferenz ankommt, sondern auf den Netto-Effekt aller
wirksamen Präferenzen. So kann etwa eine ausgeprägte sachliche
Präferenz für eine bestimmte Marke eines bestimmten Herstellers ebenfalls
bestehende räumliche und zeitliche Präferenzen überkompensieren (man
110
nimmt etwa einen weiten Weg mit vergleichsweise hohen Transportkosten
und auch längere Lieferfristen in Kauf, um an das gewünschte
Produkt/Marke eines bestimmten Herstellers zu kommen). Die Gesamtheit
aus sachlichen, räumlichen, zeitlichen und persönlichen Präferenzen für
das nachgefragte Gut bildet ein Bündel von bewerteten Eigenschaften,
welches dem zu zahlenden Preis gegenübergestellt wird. Es kommt bei der
Beschreibung und Beurteilung von Märkten aber noch ein wichtiger Punkt
hinzu.
3. Das Marktzugangsproblem
Auf das Marktgeschehen, auf die Wettbewerbsintensität und die Preisbildung
wirkt oft nicht nur die zum jeweiligen Zeitpunkt bestehende Konstellation der
anbietenden und nachfragenden Wirtschaftssubjekte ein, sondern auch die
Möglichkeit für weitere, zusätzliche Produzenten, als Mitanbieter auf dem
Markt aufzutreten zu können.16 Muß mit einem Marktzutritt von Mitanbietern
gerechnet werden („externer Wettbewerb“), dann führt dies oft bei den schon
im Marte stehenden Unternehmen – vor allem wenn es sich um
Oligopolmärkte handelt - zu vorsorglichen Reaktionen, etwa gezielt niedrigen
Preisen oder besonders
aufwendigen Werbeanstrengungen,
um den
geplanten Marktzutritt riskant und möglichst nicht rentabel erscheinen zu
lassen. Eintrittswillige Außenseiter sind ohnedies oft mit beträchtlichen
Startkosten belastet (besondere Transaktionskosten, Marketing, Bau von
Anschlüssen,
Einrichtung
von
Niederlassungen
usw.).Für
die
Produktivitätsentwicklung der Volkswirtschaft sind aber die Möglichkeit zu
einem unbehinderten Marktzutritt und damit der externe Wettbewerb von
großer
Bedeutung.
Offene
Märkte
stärken
die
Intensität
und
die
Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs ganz wesentlich. So erwünscht deshalb
16
Die Marktzutrittsprobleme beziehen sich meistens auf die Angebotsseite. Für die Nachfrage wird in der Regel ein
„freier“ Marktzutritt unterstellt. Es aber bemerkenswerte Ausnahmen, wenn Großnachfrager das Marktgeschehen
wesentlich mit beeinflussen (etwa Handelsketten, Staat als Nachfrager von Rüstungsgütern usw.).
111
der Marktzutritt gesamtwirtschaftlich auch ist, für ihn bestehen aber oft
besondere
Hindernisse
und
häufig
erhebliche
Schwierigkeiten
der
unterschiedlichsten Art. Dazu gehören hohe Einfuhrzölle, mengenmäßige
Einfuhrbeschränkungen, politisch bürokratische Behinderungen, Patente,
fehlendes Know-how, hoher Kapitalbedarf, - um nur die wichtigsten zu
nennen.
4. Der Markt in der Entwicklungsphase
Schließlich werden die Verhaltensweisen der Marktteilnehmer und damit die
Preisbildungsprozesse auch durch die Einflüsse der Entwicklungsphase
mitbestimmt, in der sich der betrachtete Markt befindet. An relevanten
Marktphasen werden die Einführungsphase, die Expansionsphase, die
Ausreifephase und die Stagnations- und Rückbildungsphase unterschieden.
(a) In der Einführungsphase wird ein neues Produkt auf den Markt gebracht.
Forschung, Entwicklung und Markteinführung erfordern hohe Kosten. Das
zunächst bestehende Produktmonopol des innovativen Unternehmens
gestattet aber auch meistens hohe Preisforderungen, (es sei denn, das neue
Produkt steigt als Substitut in einen Wettbewerbsmarkt ein.) Da das
Pionierunternehmen oft durch ein (oder mehrere) Patent(e) geschützt ist,
bestehen zunächst für zusätzliche Mitanbieter massive Marktzutrittsschranken
(z.B. sehr Lizenzabgaben). Dies ändert sich (b) in der anschließenden
Expansionsphase. Sind die Patente ausgelaufen und läßt sich eine deutlich
ansteigender Nachfrage erkennen, dann strömen zusätzliche Anbieter dieses
oder ähnlicher Güter in den Markt. Die Marktstruktur ändert sich zu einem –
zunächst engen und dann weiten - Oligopol. Evtl. kann sogar ein (meist
heterogenes) Polypol entstehen. Die Lage drängt angesichts der langsam
nachlassenden Nachfrageexpansion und der steigenden Anbieterzahl zu
intensivem
Preiswettbewerb
und
innovativer
Produktgestaltung.
Die
Marktzutrittsschranken sinken. Je mehr Anbieter bereits in einem Markt
112
stehen, desto leichter ist es in der Regel für weitere Anbieter, in diesen Markt
einzutreten. Das für den Oligopolfall oft typische wettbewerbsvermeidende
Verhalten tritt angesichts der noch weiter laufenden Nachfrageexpansion noch
nicht ein. (c) In der Ausreifungsphase zeigen sich dann allerdings zunehmend
Sättigungstendenzen
und
sinkende
Gewinnchancen.
Bei
steigendem
Rationalisierungsdruck in der Fertigung und Logistik kommt es zunächst zu
immer härterem Preis-, Produkt- und Werbewettbewerb. Grenzanbieter fallen
aus. Der Markt tendiert zu einer Verengung, in Richtung auf ein Oligopol.
Damit
nimmt
die
Neigung
zu,
den
Wettbewerb
durch
eine
Verhaltensabstimmung einzuschränken. Auch die Möglichkeiten zu einer
(meist heimlichen und illegalen) Begrenzung des Wettbewerbs werden
leichter, wenn die Zahl der Beteiligten sinkt. (d) Noch ausgeprägter greift
dieses volkswirtschaftlich unerwünschte Verhalten in der Stagnations- und
Rückbildungsphase. Die Zahl der Anbieter sinkt weiter. Bleibt dann auf einem
abgesenkten Niveau die Nachfrage – etwa für Ersatzbeschaffungen – noch in
einem bestimmten Umfang erhalten, so läge im Interesse der Anbieter, (wenn
dies nicht verboten wäre), eine Monopolisierung durch eine straffe
Kartellbildung (Syndikat) nahe. Bricht die Nachfrage ganz weg, dann ist
allerdings eine völlige Neuausrichtung der Branche erforderlich.
Wesentlich für eine Betrachtung und Bewertung von Märkten, die sich in
bestimmten Entwicklungsphasen befinden, ist die mit der Entwicklung
wechselnde wettbewerbsbezogene und wettbewerbspolitische Beurteilung
von Monopolen und von (weiten und engen) Oligopolen. Sind Märkte mit
hohem
Konzentrationsgrad
(evtl.
patentgeschützte
Monopole)
in
der
Einführungsphase neuer Produkte nützlich, oft notwendig, so ändert sich dies
in der Expansionsphase meist automatisch (Wegfall der Patente, Zustrom
neuer Mitanbieter, Einführung von Nachahmungsprodukten). Beim Auftreten
von Sättigungstendenzen tritt dann eine grundlegende Änderung ein. Jetzt,
113
wenn sich die Marktnachfrage kaum noch ausweitet, treten die negativen
Konsequenzen von marktbeherrschenden Lagen einzelner Anbieter oder
kleinen Anbietergruppe (enges Oligopol) voll in Erscheinung. Die Tendenz zu
legalen (und Umständen auch zu illegalen) Kooperationen nehmen zu.
Preiswettbewerb wird möglichst und jedenfalls solange vermieden, bis ein
echter Verdrängungswettbewerb mit Preisunterbietungen einsetzt. Anders
wird das Bild wieder, wenn eine neue Technologie die alte ganz oder
weitgehend ersetzt, und eine völlige Umstrukturierung und Neuausrichtung
der Branche erfolgt. Man denke etwa an das Ruhrgebiet und das Auslaufen
der Steinkohleförderung, die noch vor 80 Jahren die wirtschaftliche Basis der
Region war.
IX.
Das Gleichgewicht eines anbietenden Unternehmens
bei
unterschiedlichen Marktformen
a.)
Das zweiseitig homogene Polypol
Struktur: Auf der Angebots- und auf der Nachfrageseite des Marktes stehen
sehr viele kleine Marktteilnehmer. Die Marktanteile sind so geringfügig, daß
Mengenänderungen
einzelner
Anbieter
keinen
Einfluß
für
das
Marktgeschehen und den Marktpreis besitzen.
Verhaltensweise: Der jeweils auf dem Markt zustande gekommene Preis
(Marktpreis, Gleichgewichtspreis) ist für die einzelnen Anbieter und natürlich
auch für die einzelnen Nachfrager eine gegebene Größe. Sie können sich nur
als Preisnehmer und Mengenanpasser verhalten. Ausschließlich
die
Produktionsmenge (und die Produktionskosten) sind Aktionsparameter.
Gleichgewichtsfindung:
Der
einzelne
Anbieter
orientiert
seine
Mengenentscheidung an der für ihn gegebenen Preishöhe (= Stückerlöse)
114
und an den eigenen Kosten. Für den einzelnen Anbieter, verläuft die PreisAbsatzfunktion (PAF) in Höhe des Marktpreises parallel zu Mengenachse.
Dann ist eine Ausweitung der Produktions- und Angebotsmenge solange
gewinnsteigernd, wie die Grenzkosten noch unter dem Preis (=StE = GE)
liegen. Der Anbieter bringt deshalb diejenige Menge auf den Markt, bei der die
ansteigenden Grenzkosten die PAF von unten nach oben schneiden
(GK=GE). Das ist die vergleichsweise günstigste Situation; sie zeigt aber nicht
die Höhe des Gewinns oder evtl. des minimalen Verlustes. Für die Höhe des
so erzielten Gewinns ist der Verlauf der Stückkosten (StK) entscheidend.
Denn der Stückgewinn (StG) ergibt sich als P – StK und der Gesamtgewinn
als StG ∙ X. Kurzfristig kann ein Preis bis zur Höhe der minimalen variablen
StK (Betriebsminimum) akzeptiert werden. Auf die Dauer muß der Preis aber
zumindest die vollen StK (einschließlich der kalkulatorischen Posten:
Verzinsung des Eigenkapitals und Unternehmervergütung) decken.
Die
für
die
volkswirtschaftliche
Faktorverwendung
(Faktorallokation)
günstigste Lage würde dann erreicht, wenn die PAF die Kurve der vollen StK
genau an deren Minimum tangiert. Dann erreicht die Produktionsmenge das
Betriebsoptimum. Bei freiem und leichtem Marktzutritt kann in der Tat eine
Tendenz erwartet werden, bei der der interne und externe Wettbewerb die
Angebotsmengen so weit ansteigen läßt, daß die Produktionsstruktur in die
Nähe des volkswirtschaftlichen Optimums kommt. Eine solche Tendenz
behauptet die von den Klassikern der VWL unterstellte Preisgravitation zu den
Kosten des produktivsten Anbieters. Natürlich sind aber die Anbieter immer
bestrebt, mit einer verbesserten Kostenlage einen übernormalen Gewinn zu
erzielen. Sie dehnen bei gesunkenen Grenzkosten ihr Angebot aus und
operieren rechts vom Betriebsoptimum im Bereich steigender StK.
115
b.)
Das reine Monopol
Struktur: Ein einzelner Anbieter beliefert einen abgegrenzten Markt, der auch
keinem fühlbaren Substitutionswettbewerb ausgesetzt ist. Der Monopolist hat
also keine Konkurrenten, deren Verhalten er beachten müßte. Er sieht sich
lediglich dem Verhalten der Nachfrager und d. h. einer von links oben nach
recht unten fallenden PAF gegenüber. Dieser Verlauf zeigt dem Monopolisten
an, welche Menge er absetzen kann, wenn von ihm ein Preis in bestimmter
Höhe festgelegt wird. Es wird ferner im üblichen Monopolmodell unterstellt,
daß
von
allen
Nachfragern
Preisdifferenzierung
gegenüber
der
gleiche
Preis
bestimmten
verlangt
wird;
Nachfragegruppen
eine
wird
–
zunächst - als Möglichkeit beiseite gelassen.
Verhaltensweise: Der Monopolist braucht bei seiner Angebotsstrategie –
außen den eigenen Kosten – lediglich das Verhalten der Marktgegenseite
beachten. Fordert er einen bestimmten Preis, so kann er diejenige Menge
absetzten, die die Nachfrager zu diesem Preis zu zahlen bereit ist. Bringt er
dagegen eine bestimmte Menge an den Markt, so muß er den Preis
akzeptieren, zu dem diese Menge absetzbar ist. Er kann also nicht beide
Aktionsparameter „Preis“ und „Menge“ von sich aus fixieren.
Gleichgewichtsfindung: Von der gegebenen PAF leitet der Monopolist den
zugehörigen Verlauf der Grenzerlöse ab (s. Abschnitt über den Erlösverlauf).
Um den Gewinn zu maximieren, bringt er diejenige Menge auf den Markt, bei
der die ansteigende Grenzkostenkurve die fallende Grenzerlösfunktion
schneidet. Der diesem Schnittpunkt zugeordnete Preis auf der PAF wird
Cournotscher-Punkt genannt. Zur Bestimmung des Gewinns ist der Verlauf
der Stückkosten zusätzlich heranzuziehen. Der Stückgewinn zeigt sch dann
als Abstand zwischen dem Preis (Punkt auf der PAF) und den Stückkosten.
Dieser StG multipliziert mit der Menge ergibt den Gesamtgewinn. Als
Grenzfall
ist
eine
Lage
denkbar,
bei
der
der
Monopolist
keinen
116
Monopolgewinn erzielt, sondern gerade nur die vollen Kosten decken kann.
Diese Lage ergibt sich, wenn die PAF den noch sinkenden Verlauf der
Stückkostenkurve genau im Cournotschen-Punkt tangiert. Dann gilt: GK=GE
und gleichzeitig StK=P. Dies ist gewiß ein Ausnahmefall.
c.)
Das heterogene Polypol
Struktur: Viele kleine Anbieter, deren Marktanteile die für das Marktgeschehen
unbedeutend sind, beliefern einen heterogenen Gesamtmarkt. Im einfachsten
Fall bestehen nur sachliche Präferenzen. Alle Anbieter bieten jeweils ein
Produkt an, das sich in der Wertschätzung der Nachfrager von den Produkten
der anderen Anbieter unterscheidet. Dann hat jeder Anbieter einen eigenen
Firmenmarkt, der aber wegen der Ähnlichkeit der Produkte fühlbarem
Substitutionswettbewerb ausgesetzt ist.
Verhaltensweise: Wegen der Präferenzlage stehen die Anbieter einer
geneigten PAF gegenüber. Die ermöglicht es ihnen, über eine gewisse
Spanne von Preisforderungen hinweg eine monopolähnliche Preis-AbsatzPolitik zu betreiben. Dieser (monopolistische) Spielraum ist aber durch den
Substitutionswettbewerb der vielen anderen Mitanbietern begrenzt. Der
einzelne Anbieter muß deshalb außen den eigenen Kosten die Wirkung des
Nachfrageverhaltens angesichts der bestehenden Substitutionsmöglichkeiten
beachten. Verändert ein Anbieter den geforderten Preis über eine gewisse
Spanne hinaus, so muß er mit starken Kundenreaktionen rechnen. Ein
deutlich angehobener Preis wird zu überproportionalen Absatzverlusten, eine
wesentliche Preissenkung zu überproportionalen Absatzgewinnen führen.
117
Gleichgewichtsfindung: Der Anbieter steht einer geneigten PAF gegenüber,
die aber doppelt geknickt ist, also aus drei Abschnitten besteht. In der Nähe
des jeweils geforderten Preises hat die PAF den normalen, mäßig geneigten
Verlauf. In diesem „monopolistischen Bereich“ kann die Preisforderung
bewegt werden, ohne daß überproportionale Nachfragereaktionen eintreten.
Für diese relative „Kundentreue“ sorgt die sachliche Präferenz. Wird der Preis
aber über einen gewissen Schwellwert angehoben, dann verläuft die PAF
wesentlich flacher (elastischer), denn infolge des jetzt vergleichsweise hohen
Preises wird die Präferenz für viele der bisherigen Käufer überkompensiert.
und ein beträchtlichen Absatzverlust tritt ein. Wird umgekehrt der Preis unter
einen gewissen Schwellwert gesenkt, dann drängt der günstige Preis die für
die Konkurrenzgüter bestehenden Präferenzen zurück und ein beträchtlicher
Absatzgewinn
ist
die
Folge.
Für
jeden
Anbieter
eines
durch
Produktdifferenzierung heterogenen Marktes besteht also eine doppelt
genickte PAF mit einem monopolistischen Bereich in der Nähe des jeweils
geltenden Preises. Dieser Abschnitt ist der für die Preis-Absatz-Bestimmung
relevante Bereich. Verlängert man diesen Abschnitt jeweils bis zur
Mengenachse bzw. bis zur Preisachse, so kann an Hand dieser Linie der
Grenzerlösverlauf für den monopolistischen Abschnitt abgeleitet werden. Die
Findung des Gleichgewichts erfolgt dann formal wir im Monopolfall. Wegen
des Wettbewerbs der vielen Mitanbieter mit z. T. engen Substituten läßt die
Marktform aber in der Regel keinen nennenswerten übernormalen Gewinn zu.
Dies gilt vor allem, wenn der Marktzutritt für weitere Anbieter frei und leicht zu
vollziehen ist. Dann kann sich als Folge des Wettbewerbsdrucks oft eine Lage
einstellen, die als Grenzfalls des Monopols beschrieben wurde und bei der
Preis gerade nur die vollen Stückkosten deckt (GK=GE und gleichzeitig
P=StK, also nur volle Kostendeckung).
118
e.) Der Oligopolfall
Struktur: Einige wenige Großanbieter beliefern den Markt mit so bedeutenden
Marktanteilen, daß Veränderungen der Angebotsmenge eines Oligopolisten
den Gesamtmarkt und damit die Marktpositionen seiner Wettbewerber
wesentlich beeinflußt. Diese Marktform kann man noch gliedern und enge
Oligopole (2 – 4 Anbieter) und weite Oligopole (5 – etwa 10 Anbieter)
unterscheiden.
Verhaltensweise: Wegen seiner marktstarken Stellung muß der Oligopolist
außen den Reaktionen der Marktgegenseite auch die von ihm ausgelösten
Reaktionen seiner Konkurrenten voraussehen und in seine Planung
einbeziehen. Mit solchen Reaktionen, schnell oder evtl. verzögert,
muß
jedenfalls gerechnet werden, weil jeder Oligopolist mit Maßnahmen der
Preisgestaltung,
der
Produkt-/Modellentwicklung
oder
auch
der
Werbestrategie die Verhältnisse des Gesamtmarktes für alle fühlbar
beeinflußt, u. U. sogar verändert.
Gleichgewichtsfindung: Das Planungs- und Entscheidungsproblem des
Oligopolisten unterscheidet sich von der Planung der anderen besprochenen
Marktformen dadurch, daß er als Oligopolist keiner für ihn gegebenen PAF
gegenübersteht. Da die Wettbewerber auf Maßnahmen des zuerst aktiven
Oligopolisten – etwa auf Preissenkungen - spürbar reagieren, müssen vor
jeder geplanten Aktion Erwartungen über die Konkurrentenreaktionen gebildet
werden. Über die Art und das Ausmaß der Reaktionen kann aber
beträchtliche
Unsicherheit
Konkurrentenreaktionen
und
bestehen.
deren
Doch
Auswirkungen
erst
auf
wenn
die
die
eigene
119
Marktstellung einigermaßen verläßlich beurteilt sind, kann das Endergebnis
einer geplanten eigenen Maßnahme abgeschätzt werden (Bumerangeffekt).
Die theoretische Behandlung des Oligopolfalls muß sich deshalb auf
bestimmte
Annahmen
(Reaktionshypothesen)
über
wahrscheinliches
stützen.
Dazu
ist
Konkurrentenverhalten
zweckmäßigerweise
eine
Untergliederung der Marktform „Oligopol“ vorzunehmen. Da bei homogenen
Oligopolmärkten und ausreichender Markttransparenz nur ein einheitlicher
Preis gelten kann, ist bei dieser Oligopolvariante eine bewußte Koordination in
der kleinen Gruppe von Anbietern nicht vermeidbar. Dabei braucht und darf es
sich aber nicht um eine (verbotene) Absprache handeln, die Abstimmung
kann auch spontan auf der Basis einer einheitlichen Marktbeurteilung
erfolgen.17 Es liegt auch nahe zu versuchen, die Mengenplanungen durch die
einzelnen Oligopolisten so vorzunehmen, daß die Gesamtangebotsmenge in
etwa
dem
Monopolangebot
entspricht
(Theorie
einer
gemeinsamen
Gewinnmaximierung). Ein solches Verhalten ist am ehesten bei homogenen
und zugleich engen Oligopolen zu erwarten. Voraussetzung ist allerdings, daß
ein Marktzutritt neuer Anbieter nicht ohne weiteres möglich ist.
Die
meisten
Oligopolangebote
stehen
jedoch
in
heterogenen
Marktbeziehungen; das gilt vor allem für Fertiggüter (Konsum- und
Investitionsgüter). Bei solchen heterogenen Oligopolen ist zur Analyse der
Gleichgewichtsfindung die Unterscheidung zwischen engen und weiten
Oligopolen besonders wichtig. Bei engen heterogenen Oligopolen – etwa bei
Automobilherstellern von Marken der gleichen Größenklasse – besteht trotz
mäßig unterschiedlicher Preise und nicht identischer Ausstattungsdaten –
17
Über diese Frage hat es mehrfach Streit zwischen dem Bundeskartellamt und den in Deutschland tätigen
Mineralölkonzernen gekommen. Bisher konnte den Firmen ein verbotenes abgestimmtes Verhalten nicht nachgewiesen
werden.
120
meistens eine enge wechselseitige Abhängigkeit. Schnelle, in die gleiche
Richtung
gehende
Konkurrentenreaktionen
sind
dann
besonders
bei
preispolitischen Maßnahmen zu erwarten. Preiswettbewerb wird deshalb oft
vermieden
oder
durch
die
günstige
Zahlungsbedingungen
oder
Sonderausstattungen verschleiert. Innovative Produktpolitik braucht dagegen
seine Zeit, kann allerdings beschleunigt oder verlangsamt werden (s.
Elektrifizierung
des
Werbeanstrengungen
Automobilantriebs).
knüpfen
in
der
Auffällige,
Regel
an
übernormale
preis-
und/oder
produktpolitischen Maßnahmen an, um diese bekannt zu machen und
Publicity herzustellen.
Sollen oder müssen die Preise von Produktvarianten der Oligopolisten an
veränderte Marktlagen (z. B. an steigende Energiekosten) oder auch an den
allgemeinen Inflationstrend angepaßt werden, dann erfolgt dies meistens in
der Art einer Preisführerschaft. Gibt es in der Konkurrentengruppe einen nach
dem Marktanteil eindeutig größten Anbieter, so macht diese in der Regel den
ersten Änderungsschritt (dominante Preisführerschaft). Sind die Gewichte
einigermaßen gleich gestreut, dann wird die Rolle des Preisführers reihum
oder nach dem Grad der Risikobereitschaft übernommen (barometrische
Preisführerschaft). Bei dem Versuch, eine Preisrunde zu beginnen, kann es
natürlich zu Fehlschlägen kommen und zu Marktzwängen oder zu politischem
Druck, die dazu führen, die Preisänderung wieder zurückzunehmen.
Insgesamt ist die Oligopoltheorie nach wie vor ein schwieriges Gebiet, auf
dem noch viele Fragen offen sind.
Die Überlegungen zur Marktformenlehre werden weitergeführt in der
Vorlesung „Wettbewerb und Wettbewerbspolitik“.
Herunterladen