BR-Alpha IT Kompakt, Folge 11: Grundlagen der Produktpolitik: Produktentwicklung und Markierung Dr. rer pol. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/Europea Business School 1. Einführung Im Zentrum des Marketing stehen die von Unternehmen entwickelten und erstellten Produkte und Dienstleistungen. Durch Produkte und Dienstleistungen erzielen Unternehmen Umsätze und Gewinne. Durch Produkte und Dienstleistungen werden die Bedürfnisse von Kunden befriedigt und die Anforderungen der Kunden zufriedengestellt. Deswegen erstaunt es nicht, dass die Produktpolitik in der Marketingpraxis und der Marketingtheorie auch als „das Herz des Marketing“ charakterisiert wird. Aber darüber hinaus hat der Stellenwert der Produktpolitik in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen. Dies ist u.a. darauf zurückzuführen, dass wir auf zahlreichen Produktmärkten eine technisch-funktionale Angleichung von Produkten unterschiedlicher Hersteller mit immer kürzeren Produktlebenszyklen, d.h. Verweildauern im Markt, finden, denken Sie etwa an den Bereich der Unterhaltungselektronik oder die Automobilindustrie oder dass wir gerade auf Dienstleistungsmärkten eine ausgesprochene Vielfalt an Dienstleistungsprodukten finden, so dass sich die Kunden einem kaum überschaubaren Angebot und erheblichen Orientierungsschwierigkeiten gegenüber sieht, denken Sie z.B. die Situation im Markt für Versicherungsdienstleistungen. Es gibt hinreichende Begründungen dafür, dass sich Sachgüter- wie Dienstleistungsunternehmen mit dem Thema Produktpolitik auseinander setzen sollten, um ihren Marketing- und Unternehmenserfolg sicherzustellen. 2. Was ist Produktpolitik? Die Antwort auf die Frage, was ist Produktpolitik, war in der Marketingtheorie lange Zeit durch ein instrumentelles Denken im Rahmen des sog. Marketing-Mix geprägt. Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003 S. 1 Nach dieser tendenziell statischen Auffassung ist die Produktpolitik neben der Preis, Kommunikations- und Distributionspolitik eines von vier Marketinginstrumenten, die auf Basis einer systematischen Marktforschung entsprechend der im Markt definierten Marktsegmente, also Kundengruppen, zu gestalten sind. Im englischen Sprachraum wird dabei auch von den 4 P´s product, promotion, price und place gesprochen. Nach diesem Verständnis umfasst die Produktpolitik u.a. die Festlegung von Produkteigenschaften, von Garantie- und Serviceleistungen, die Wahl des Produktprogramms, die Entwicklung neuer Produkte sowie die Markenbildung. Chart 1: Einordnung der Produktpolitik – Instrumenteller Ansatz Einordnung der Produktpolitik Produktentwicklung Produktprogramm Serviceleistungen Markierung Marktsegmente Kontrahierungspolitik Kommunikationspolitik Produktpolitik Distributionspolitik Marktforschung Quelle: in Anlehnung an Mattmüller, 2000 Ein wesentlicher Nachteil der statischen Betrachtung der Produktpolitik besteht darin, dass sie die Marketingprozesse der Unternehmenspraxis, die sehr stark an dem Ablauf von Geschäftsprozessen zwischen Unternehmen und Kunden orientiert sind, nicht hinreichend widerspiegelt. Vor diesem Hintergrund streben moderne Marketingkonzepte ein marketing- und damit auch produktpolitisches Verständnis an, dass sich unmittelbar an dem Ablauf von Tauschprozessen bzw. Geschäftsbeziehungen orientiert. Ein Beispiel dafür ist der integrativ prozessuale Marketingansatz. In dessen Mittelpunkt steht die Vorbereitung und Anbahnung sowie der Abschluss und die Realisierung von Tauschprozessen sowie daraus abgeleitete Marketingfunktionen. Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003 S. 2 Chart 2: Einordnung der Produktpolitik – Integrativ-Prozessualer Ansatz Datenauswertung Datenerfassung Einleitung der Folgetransaktion ng ru ie lis ea R Begleitung der Leistungsnutzung Abgabe/ Annahme Leistung Information Imagebildung AnbieterNachfragerBeziehung Handlungsauslösung Einigung über Objekt(e) Einigung über Menge(n) Einigung über Qualifi- Einigung Gegenzierung über leistung zur Lei- Kondition(en) stung A bs ch lu ss ei Vo rb er Ansatzpunkte der Produktpolitik im Rahmen von Marktprozessen MarktBekanntprogramm- machung erstellung DatenInterpretation ng nu ah nb A tu ng Produktpolitik und Integrativ Prozessualer Ansatz Quelle: in Anlehnung an Mattmüller, 2000 Mit dieser dynamischen Perspektive finden sich die Aufgaben der Produktpolitik in allen Phasen der Markttransaktion sowohl in Form der Marktprogrammgestaltung, d.h. der Produktentwicklung und Gestaltung von Produktprogrammen, der Bekanntmachung, Information und Imagebildung durch die Produktmarkierung, der Einigung über die Objekte bzw. Produkte sowie in der Qualifizierung zur Leistungsabgabe bzw. der Begleitung der Leistungsnutzung durch ein Unternehmen. Um das Marketingverständnis zur Produktpolitik jedoch vollständig zu klären ist eine weitere Frage zu beantworten. Sie lautet: Was ist ein Produkt bzw. eine Dienstleistung? Chart 3 gibt uns dazu eine Antwort. Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003 S. 3 Chart 3: Produktverständnis des modernen Marketing Produktverständnis des modernen Marketing Produktzusatzmerkmale Produktgrundmerkmale Produktkern • Materieller Kern • Dienstleistungskern • Grundnutzen • Markierung • Preis • Serviceleistungen • Garantieleistungen • Transaktionsleistung • Verbundleistung Quelle: in Anlehnung an Meyer/Mattmüller, 1999 Kunden sind dann zufrieden und loyal, wenn ihre Erwartungen an Produkte sowie Dienstleistungen übertroffen werden. Um die Kundenerwartungen zu erfüllen bzw. zu übertreffen, müssen Produkte nicht nur aus einem Produkt- bzw. Leistungskern bestehen, sondern weisen darüber hinaus ergänzende Produktgrundmerkmale in Form der Markierung und des Produktpreises sowie Produktzusatzmerkmale, z.B. in Form produkterweiternder Service- und Garantieleistungen auf. Produkte oder Dienstleistungen sind nicht nur materielle Güter oder Services sondern Nutzenbündel, die für den Kunden nutzenstiftende Funktionen ausüben. Um es auf eine einfache Formel zu bringen: Ein Automobil wird nicht nur gekauft, weil es einen Produktkern hat, der u.a. vier Räder und ein ausgeklügeltes innovatives Antriebsaggregat umfasst um den Kunden von A nach B zu transportieren, sondern weil es Freude am Fahren vermittelt, das Fabrikat einer imageträchtigen Marke ist und umfangreiche Serviceleistungen in Form von Leasing- und Finanzierungsangeboten, Mobilitätsgarantien und Pannenservice und vieles mehr umfasst. Eine Versicherungsleistung wird nicht nur gekauft, um im Schadensfall Leistungsansprüche geltend zu machen, sondern weil der Kunde darüber hinaus gehende Nutzenerwartungen z.B. in Form einer individuellen Betreuung sowie umfassender Informationen erwartet. Das folgende Chart verdeutlicht dies an einem konkreten Beispiel aus der Versicherungsbranche. Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003 S. 4 Chart 4: Das Produktversprechen der Allianz Private Krankenversicherung Das Produktversprechen der Allianz Privaten Krankenversicherung Zusätzliche Service-Leistungen Infos zum Thema Gesundheit medizinische Vorsorge Kundenbetreuung während Krankheit Beratung/Betriebsfunktionen umfangreiche Tarifpalette individuelle Leistungskombination Leistungsregulierung Versicherungsschutz tarifliche Kernleistungen 1. Kernprodukt 2. Marktleistung 3. Erweiterte Services Quelle: Vereinte Krankenversicherung, Allianz Gruppe, 2002 Das Produktversprechen der Allianz Private Krankenversicherung besteht aus dem Kernprodukt, den Marktleistungen sowie erweiterten Services, die in ihrer Gesamtheit das Nutzenbündel an diese Versicherungsleistung bestimmen und den Erwartungen des Kunden an tarifliche Kernleistungen im Krankheitsfall, einer individuellen Kundenberatung und Kundenbetreuung sowie zusätzlichen Serviceleistungen in Form von Informationen zum Thema Gesundheit, medizinischer Vorsorge usw. umfasst. 3. Ausgewählte Aufgabenbereiche der Produktpolitik Die Produktpolitik eines Unternehmens umfasst ein sehr umfangreiches Aufgabenspektrum. Maßnahmen, die den Produktkern betreffen, sind Gegenstand der Produktentwicklungspolitik und umfassen sowohl Aufgaben der Produktinnovation, der Produktvariation, der Produktmodifikation, sowie der Produktelimination. Aufgaben im Bereich der Produktgrundmerkmale umfassen die Aufgabenstellung der Markierung sowie der Preisfindung bzw. Preispositionierung. Produktzusatzmerkmale beziehen sich auf die Gestaltung von Service- und Garantieleistungen sowie das Angebot von Verbundleistungen. Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003 S. 5 Die weiteren Ausführungen konzentrieren sich auf zwei Schlüsselbereiche des Produktkerns und der Produktgrundmerkmale, die für den Erfolg des Produktangebots einer Unternehmung von zentraler Bedeutung sind. Es handelt sich dabei um die Produktentwicklungspolitik in Form der Produktinnovation sowie die Markierungspolitik eines Unternehmens. 3.1 Produktentwicklungspolitik Die Produktentwicklungspolitik ist Ausdruck der notwendigen Dynamik der Produktpolitik eines Unternehmens. Nur eine dynamische Produktpolitik kann den Marketing- und Unternehmenserfolg sicherstellen. Die Einführung neuer, d.h. innovativer Produkte durch ein Unternehmen, aber auch die Veränderung bestehender Produkte schafft das Potenzial, den Unternehmenserfolg positiv zu beeinflussen. Beispielsweise erzielt Hewlett Packard die Hälfte seiner Konzerneinnahmen mit Produkten, die es ein Jahr vorher noch nicht gab. Neue Produkte dienen nicht nur dem kurzfristigen Erfolg, sondern können zur langfristigen Absicherung einer führenden Marktposition auf neuen Märkten genutzt werden. Allerdings setzt dies voraus, die Risiken einer innovationsorientierten Produktpolitik realistisch einzuschätzen und entsprechend vorsichtig zu handeln. Als das entscheidende Kriterium für den Erfolg neuer Produkte gilt der wahrgenommene Vorteil eines Produktes aus Sicht des Kunden. Von daher ist die Kundenorientierung eines Unternehmens die Schlüsselgröße, um den ökonomischen Erfolg von Produktinnovationen sicherzustellen. Um eine optimale und erfolgreiche Produktentwicklungspolitik sicherzustellen, finden sich in der Unternehmenspraxis unterschiedliche Konzepte der Produktentwicklung. Diese haben den Charakter dynamischer Prozessmodelle, in deren Verlauf unterschiedliche, mit der Entwicklung neuer Produkte anfallende Tätigkeiten bzw. Einflussfaktoren seitens des Unternehmens zu managen sind. Von wesentlicher Bedeutung ist es, die Kunden bereits frühzeitig in den Prozess der Produktentwicklung zu involvieren (vgl. Chart 5). Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003 S. 6 Chart 5: Idealtypischer Produktentwicklungsprozess Idealtypischer Produktentwicklungsprozess 0. Situationsanalyse II. Screening III. Konzeptentwicklung IV. Konzeptbewertung V. Produktentwicklung VI. Produktbewertung Bewertungsphasen Gestaltungsphasen I. Opportunity Identification VII. Nullserie VIII. Markttest IX. Markteinführung Quelle: Hansen / Hennig-Thurau/ Schrader, 2001 Ausgangspunkt der systematischen Weiter- oder Neuentwicklung von Produkten ist eine strategische Analyse der Unternehmenssituation (Phase 0: Situationsanalyse), um bspw. festzustellen, in welche Phase des Produktlebenszyklus sich ein Produkt befindet und welchen Handlungsbedarf dies generiert. Im Rahmen der Phase I: Opportunity Identification) geht es darum, mögliche Produktideen für neue Produkte oder alternative Positionierungen für modifizierte bestehende Produkte zu ermitteln. Die Screeningphase II entscheidet darüber, ob ein eingeschlagener Weg weiter verfolgt oder abgebrochen werden soll. In der Phase der Konzeptentwicklung wird eine Produktidee weiterentwickelt um in ein konkretes Produktkonzept überführt, dass in der Konzeptbewertung (Phase IV) aus Sicht der Kunden, des Marketing und anderer Anspruchgruppen zu bewerten ist. Im Rahmen der Produktkonstruktion wird das Produktkonzept in ein reales Produkt überführt (Phase V) und hinsichtlich seiner Funktionalität und kundenseitigen Akzeptanz getestet (Produktbewertung Phase VI). Auf Basis einer Nullserie (Phase VII) erfolgt ein abschließender Markttest (Phase VIII), der im Falle erfolgreicher Testergebnisse zu einer umfassenden Markteinführung des Produkts führt (Phase IX). Einer der größten Produktflops der letzten Jahre war der Satellitentelefondienst IRIDIUM des Amerikanischen Technologiekonzerns Motorola: Das Produktbündel Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003 S. 7 aus Satellitennetz, Satellitenmobiles und begleitenden Serviceprogrammen floppte. Hauptgrund für das Scheitern waren die fehlenden Kunden: Der Satellitendienst hatte auf Millionen Benutzer gehofft, im Jahr 2000 waren es jedoch erst 55.000. Der Siegeszug des Internet, hohe Kosten von anfangs 3000 $ für die schweren und unhandlichen Satellitentelefone sowie extrem hohe Gebühren von zu Beginn 7 $ pro Minute schreckten die Kunden ab. Die Verluste des Programms summierten sich auf annähernd 5 Mrd. $. Wovon hängt der Erfolg eines neu entwickelten Produktes oder einer Dienstleistung im Markt ab? Letztendlich entscheiden Kunden über den ökonomischen Erfolg oder Misserfolg eines Produkts oder einer Dienstleistung. Deswegen kommt dem Aufbau und der Aufrechterhaltung eines hohen Präferenzwertes als kundengerichtetem Ziel der Produktpolitik eine zentrale Bedeutung zu. Unter einem Präferenzwert verstehen wir den durch einen Kunden erwarteten subjektiven Produktnutzen sowie das damit verbundene Ziel einer hohen Kundenzufriedenheit. Die Gestaltung der Kundenpräferenz erfolgt im Rahmen der Positionierung eines Produktes oder einer Dienstleistung. Dabei werden Produkte anhand zentraler Produkteigenschaften in einem mehrdimensionalen Marktraum positioniert, mit den Wettbewerbsprodukten bzw. –positionierungen verglichen und Strategien der Präferenzwertoptimierung durch Anpassung des Produkts an die bestehenden Bedürfnisse oder durch Veränderung von Kundenbedürfnissen abgeleitet. Aber Kunden treffen ihre Kaufentscheidungen nicht isoliert, sondern unter Einfluss der Angebote relevanter Wettbewerber. Konsequenterweise muss der Wettbewerb aktiv in die Betrachtung eingebunden werden. Im Rahmen wettbewerbsgerichteter Ziele strebt die Produktpolitik eine Alleinstellung des Produkts i.S. einer unique selling proposition (usp) an. Unternehmen verfolgen dieses Ziel, indem sie ihre Produkte mit einem einzigartigen Produktvorteil ausstatten und sich auf diese Weise von der Konkurrenz abheben. Chart 6 verdeutlicht dieses Vorgehen anhand unseres bereits erwähnten Fallbeispiels aus der Versicherungsbranche. Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003 S. 8 Chart 6: Produktpositionierung am Beispiel der Allianz Private Krankenversicherung Angestrebte Markenpositionierung im Versicherungsmarkt Sicherheit / Sympathie Allianz hoch Private Krankenversicherung Modernität / Dynamik hoch gering gering = Positionierung Wettbewerb Quelle: Vereinte Krankenversicherung, Allianz Gruppe, 2002 Mit einer Produktpositionierung muß ein konkretes Leistungsversprechen verbunden sein. Im Fall der Allianz Private Krankenversicherung lässt sich dieses Leistungsversprechen mit der Aussage „Mehr tun“ bündeln. Chart 7: Grundpositionierung: Die Allianz Private Krankenversicherung Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003 S. 9 Grundpositionierung: Die Allianz Private Krankenversicherung „MEHR TUN“ Die Allianz Private Krankenversicherung ist der engagierte und zuverlässige Partner, für den der individuelle Kunde im Mittelpunkt steht. Sie bietet ihm nicht nur unkomplizierte und schnelle Kostenerstattung, sondern tut mehr: Sie engagiert sich, denkt mit und steht mit Rat und Tat zur Seite - immer dann, wenn der Kunde es will. Quelle: Vereinte Krankenversicherung, Allianz Gruppe, 2002 3.2 Die Produktmarkierung Neben der Produktentwicklungspolitik stellt die Markierung eines Produktes bzw. Produktprogramms einen weiteren Schlüsselfaktor für eine erfolgreiche Produktpolitik dar. Marken unterscheiden die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen. Marken ermöglichen damit die Wiedererkennung bzw. Identifizierung von Markenartikeln durch Kunden und beeinflussen darüber hinaus die gesamte Wahrnehmung von Produkteigenschaften und Produktqualitäten seitens des Kunden. Marken wirken imagebildend. Sie vermitteln den Kunden einen ideellen Nutzen, reduzieren den Suchaufwand des Kunden, steigern das Vertrauen des Kunden in die konstante Qualität des Markenprodukts und sind damit die Grundlage für den Aufbau dauerhafter Kundenbeziehungen. Chart 7 verdeutlicht die Vorteile von Produktmarken aus Sicht der Kunden und Unternehmen. Chart 8: Vorteile von Produktmarken Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003 S. 10 Die Vorteile von Produktmarken Vorteile für den Kunden • eindeutige Orientierung bei einem kaum überschaubaren Angebot unterschiedlichster Produkte, • bündeln rationalen und emotionalen Nutzen, • werden immer in die Überlegung zur Kaufentscheidung mit einbezogen Vorteile für das Unternehmen • Klare Differenzierung vom Wettbewerb • Deutliche Umsatz- und Kostenvorteile durch starke Markenbindung - höhere Umsätze je Kunde - höhere Preisbereitschaft Quelle: McKinsey, marketing journal 02/02 Als Teilbereich der Produktpolitik weist die Markenpolitik insofern eine Querschnittsfunktion auf, als sie Fragestellungen der Produktentwicklungspolitik (z.B. bzgl. der Positionierung von Produkten), der Produktverpackung (z.B. der Visualisierung des Markenzeichens auf der Verpackung) und der Programmpolitik (z.B. des Markentransfers auf andere Produkte) aufweist. Der Aufbau von Marken kann nur langfristig erfolgen und ist äußerst kostenintensiv. So kann allein die deutschlandweite Einführung eines neuen Produktes Markeninvestitionen in Höhe von zwei- bis dreistelligen Mio € Beträgen erfordern. Der Einsatz der Marke ist Ausdruck der Markenstrategie eines Unternehmens. In Verbindung mit der Produktentwicklung kommt dabei der Frage eine besondere Bedeutung zu, ob neue Produkte eine Verbindung zu bereits existierenden Produktmarken oder Herstellermarken aufweisen sollen oder nicht. Erfolgt eine Bezugnahme auf bereits etablierte Marken, liegt eine Markentransferstrategie vor. Wird dagegen – z.B. aus Gründen der Risikoreduktion – keine Markenverbindung hergestellt, wird von einer Neu- bzw. Einzelmarkenstrategie gesprochen. Voraussetzung dafür ist, das die Marke über eine ganz bestimmte Position am Markt und über eine spezifische Markenidentität verfügt. Der wesentliche Vorteil dieser Strategie ist in der Unabhängigkeit und Eigenständigen Führung der Marke zu sehen. Ein wesentlicher Nachteil besteht in der Kostenintensität eigenständiger Marken. Für jede Produktmarke muss aufs neue um Glaubwürdigkeit und Vertrauen gerungen werden, um dauerhafte Kundenbindungen sicherzustellen. Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003 S. 11 Kostendegressionseffekte über verschiedene Marken können kaum genutzt werden. Entsprechend finden sich Einzelmarkenstrategien i.d.R. nur bei finanzstarken Unternehmen, die in der Lage sind, verschiedene Einzelmarken parallel zu vermarkten. Denken Sie dabei u.a. an die Konzerne Procter & Gamble mit den Einzelmarken Ariel, Tempo, Punica, Pampers oder Henkel mit den Einzelmarken Pritt, Schauma Schampoo, Persil und Der General. Markentransferstrategien zielen darauf ab, das Renommee einer Unternehmensoder Produktmarke für die Einführung eines neuen Produktes zu nutzen. Unternehmen erreichen damit ein breiteres Anwendungsfeld für den Einsatz ihre Vermarktungsinstrumente und damit Kostendegressionsvorteile (z.B. in Form einheitlicher Werbung und Produktverpackungsdesigns). Markentransferstrategien sind dann förderlich, wenn ein Herkunfts-Goodwill im Markt besteht und dieser absatzfördernd für ein neues Produkt ist. Um Produkte und Dienstleistungen erfolgreich in den Markt zu führen, und im Rahmen von Geschäftsbeziehungen zukünftige Kaufentscheidungen der Kunden anzubahnen, ist nicht nur die Entwicklung innovativer und leistungsfähiger Produkte sowie die Markenbildung, sonder auch die Markenkommunikation von zentraler Bedeutung. Mit ihr werden Produkt bekannt gemacht und über sie informiert, mit ihr werden Produkt- und Markenimages gebildet und Kaufentscheidungen des Konsumenten ausgelöst. Die Markenkommunikation bedient sich dabei der ganzen Palette möglicher Kommunikationsmedien Literaturhinweise Hansen, U./Hennig-Thurau, Th./Schrader, U. (2001): Produktpolitik, 3. Aufl., Stuttgart Hermann, A. (2001): Stichwort Produktpolitik, in: Diller, H. (Hrsg.): Vahlens Großes Marketing Lexikon, 2. Aufl., München, S.1412-1413 Jeschke, K. (1995): Nachkaufmarketing. Kundenzufriedenheit und Kundenbindung auf Konsumgütermärkten, Frankfurt/Main, Berlin, Paris New York Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003 S. 12 Mattmüller, R. (2000); Integrativ-Prozessuales Marketing. Eine Einführung, Wiesbaden Meyer, A./Mattmüller, R. (1999): Marketing, in: Corsten, H./Reiß, M. (Hrsg.); Betriebswirtschaftslehre, 3. Aufl., München, S.811-890 Sabel, H. (1995): Produktpolitik, in: Tietz, B. (Hrsg.): Enzyklopädie der Betriebswirtschaftslehre IV, Handwörterbuch des Marketing, Stuttgart, Sp. 21352151 Dr. Kurt Jeschke, FH Deggendorf/EBS, 2003 S. 13