Begründung und Analyse des Unterrichtsvorhabens 1.Kurze Darstellung der gewählten Unterrichtsmethode Die von uns gewählte Unterrichtsmethode beinhaltet das selbständige Erschließen von Unterrichtsinhalten anhand von Modellen. Bei unserem Modell handelt es sich um ein Strukturmodell. Um das von uns konzipierte Modell näher erläutern zu können, bedarf es einer näheren Betrachtung des Modellbegriffs im Allgemeinen in Form einer Definition: „Modelle sind Wirklichkeit vereinfachte als Ganzes, ideelle eines oder materielle Ausschnittes Abbildungen oder der bestimmter Zusammenhänge der Wirklichkeit , die der Veranschaulichung wesentlicher Struktur- oder Funktionsmerkmale originaler Objekte oder Vorgänge dienen.“ 1( vgl. Meyer, 1990) „Struktur- und Funktionsmodelle werden häufig als Anschauungsmodelle bezeichnet. Strukturmodelle veranschaulichen Baumerkmale lebender Organismen; sie sind vereinfachte Nachbildungen morphologischer und anatomischer Merkmale. Die Ähnlichkeit von Original und Modell ist meist sehr groß. Bei den für den Biologieunterricht relevanten Modellen werden die Merkmale oft vergrößert dargestellt. Strukturmodelle eignen sich besonders zur Veranschaulichung - mikroskopisch kleiner Strukturen, z.B. von Molekülen, Zellen (z.B. Nervenzellen), oder vom Feinbau von Organen (z.B. Modell der menschlichen Niere) - der Lage von Organen in ihrer Gesamtheit (Torso des Menschen ) - des Aufbaus von Originalen, die schwer zu beschaffen oder zu handhaben sind oder Ekelgefühle hervorrufen können ( Rinderauge, Rinderherz )“2 In dem Artikel (Nach Meyer, (1990)...)wird außerdem zwischen zerlegbaren ( Menschenherz, Kirschblüte ), nicht zerlegbaren, bzw. statischen ( Aufbau 1 aus UB 160/14.Jahrg./Dez.1990 , „Modelle“, Basisartikel von Hubertus Meyer 2 s.o. S 5 1 eines Laubblattes, Pilzmodell) und in der Reihenfolge variablen Strukturmodellen ( Modell der verschiedenen Phasen der menschlichen Embryonalentwicklung, Zellteilungsmodell ) unterschieden. Darüber hinaus kann ein Modell flach (z.B. aus Papier ) oder dreidimensional beschaffen sein. Das von uns erdachte Modell zur Nervenzelle (Neuron) ist dreidimensional, was aber die Zerlegbarkeit betrifft, muß man in unserem Fall näher differenzieren. Da die Schüler nämlich den Arbeitsauftrag erhalten, ein Neuron mit Zellkörper, Zellkern, Axon inklusive Hüllzellen und Ranvier´schen Schnürringen und Dendriten mittels Knetmasse selber zu bauen- nachdem sie sich durch das Hören der Geschichte „Eine Reise zu den Nervenzellen“ und dem Vorliegen des Arbeitsauftrags auf einem Arbeitsblatt, wo die Geschichte nochmals aufgeführt ist (und so die Möglichkeit zur „Gedankenmodell“ Korrektur des Erdachten geschaffen haben- ist besteht), diese bereits ein Kategorisierung nur eingeschränkt auf dieses Modell an zu wenden. Die oben angeführten Beispiele beziehen sich nämlich hauptsächlich auf die handelsüblichen, in der Schule benutzten Modelltypen. Geht man jedoch vom Endprodukt aus, kann man dieses Modell wohl als nicht – zerlegbares Anschauungsobjekt bezeichnen. Hierdurch ist dem Schüler die Möglichkeit gegeben, den sonst mikroskopisch kleinen Feinbau der Zelle für sich „begreifbar“ zu machen nachdem er sich ein vereinfachtes Abbild der Wirklichkeit geschaffen hat. Um das Erlernte zu festigen, erhalten die Schüler zusätzlich zu dem Bau den Arbeitsauftrag, den Aufbau des Neurons anschließend in Form einer Präsentation ihrer, den anderen Gruppen und dem Lehrer noch einmal zu erklären und sich anschließend noch- wenn Zeit bleibt- mit den verschiedenen Varianten der Morphologie und der Relation zum Original in Form eines mikroskopischen Bildes (entweder als Foto auf einem Arbeitsblatt, auf die Wand mittels Overhead- Projektor projiziert oder einer Mikroskopievorlage- falls vorhanden) zu beschäftigen. 2 2. Die mit dem Unterrichtsvorhaben verbundenen Organisationsaufgaben Um zu gewährleisten, daß die konzipierte Unterrichtsstunde auch planmäßig vonstatten geht, sollte man sich vorab einigen organisatorischen Überlegungen widmen. 1) Lernvoraussetzungen Um abzusichern, daß in einer bestimmten Klasse eine Methode überhaupt fruchtbar in der vorgesehenen Zeit zu den angestrebte Lernerfolgen führt, empfiehlt es sich für den Lehrer, sich vorher mit den klassenspezifischen Erfahrungen mit bestimmten Methoden auseinander zu setzen. Wir gehen davon aus, daß der 12er- Grundkurs, in dem wir diese Unterrichtsstunde „abhalten“, die Jahre davor auch schon bei uns Biologieunterricht genossen hat, und so an selbständiges Arbeiten in der Gruppe gewöhnt ist. Er ist in der Lage mit dem ausgehändigten Material achtsam um zu gehen und verfügt über ein trainiertes Zeitmanagement, da der Kurs seine Fähigkeiten zur Organisation schon des öfteren unter Beweis zu stellen hatte. 2) Organisation des Materials Für unser Vorhaben brauchen wir folgendes: a) einen ausreichend großen Unterrichtsraum mit Platz zur Gruppenarbeit b) beliebige Kästen in ausreichender Menge und Größe, in denen die Arbeitsutensilien für die einzelnen Gruppen abholfertig verstaut werden c) verschiedenfarbige Knete für Zellkörper, Zellkern und Hüllzellen d) dickes Kabel für Axone e) dünne, evtl. verschiedenfarbige Kabel für Dendriten f) Kassettenrekorder g) Kassette mit Meeresrauschen oder ruhiger Musik für Geschichte h) Scheren, evtl. Messer 3 i) Arbeitsblatt mit Aufgabenstellung j) Arbeitsblatt mit Bild des Mikroskopie- „Originals“ oder Mikroskopievorlage falls beschaffbar k) evtl. vorgefertigte Rollenkarten für die gerechte Arbeitsaufteilung in der Gruppe l) Abbildung mit anders aussehenden Nervenzellen m) Overhead- Projektor oder Tafel 3) Allgemeine Gedanken zum geregelten Unterrichtsablauf Zur Vermeidung von unerwarteten Situationen sollte sich der Lehrer im Vorfeld auch stets Gedanken über eventuelle Schwierigkeiten machen, die den planmäßigen Ablauf der Unterrichtsstunde behindern könnten. Das Zeitmanagement spielt hierfür eine entscheidende Rolle. Man sollte rechtzeitig die Materialien organisieren, um der Nicht- Verfügbarkeit entgegen zu wirken und den Zeitplan einhalten zu können. In unserem Fall heißt das, die Materialkästen zu recht zu legen und aus zu probieren, ob die Aufgabe im vorgegebenen Zeitrahmen praktisch zu erfüllen ist. Die Voraussetzungen der Schüler sind hierfür ausschlaggebend. Weitere Fragen sind: Was mache ich, wenn die Mehrzahl der Schüler zu langsam arbeitet bzw. den Aufbau gemäß der vorliegenden Geschichte nicht versteht ? Eine Möglichkeit wäre hier, an einer Stelle ab zu brechen und zum Frontalunterricht zur näheren Erläuterung des Neuronaufbaus über zu gehen. Das Hinzuziehen der ohnehin schon vorbereiteten Folien dürfte sich hierbei als ratsam erweisen. Nimmt dies nicht zu viel Zeit in Anspruch, hat man immer noch die Möglichkeit die langsameren Schüler Modelle erstellen zu lassen, evtl. auch in Form einer Hausaufgabe. Ist die Zeit nach der näheren Erläuterung jedoch zu weit fortgeschritten, empfiehlt sich eigenständige Heimarbeit, die in der nächsten Stunde kontrolliert wird. Der wahrscheinlichere Fall bei unserer Aufgabenstellung ist jedoch der, daß die Schüler relativ schnell mit den aufgetragenen Arbeiten fertig sind. 4 Für diesen Fall ist es ratsam, sich einen „Puffer“ zu überlegen, der hilft(z.B. für die Lösung einer sinnvollen, [Lernprogression] Zusatzaufgabe wie bei uns das Arbeitsblatt mit den verschiedenen Nervenzelltypen und der Mikroskopievorlage, mit der sich die Schüler den Rest der Stunde beschäftigen) die restliche Zeit zu überbrücken . Eine andere Möglichkeit die je nach Situation eingesetzt werden kann besteht darin, dass diejenigen Gruppen, die bereits fertig sind aufgefordert werden anderen Gruppen ihre Unterstützung anzubieten. 3. Reflexion über die Stimmigkeit von Methode und gewähltem Fachinhalt Es ist das Ziel, dass sich die Schüler eigenständig mit Hilfe eines dreidimensionalen Strukturmodells als Methode, den als Fachinhalt gewählten Bau und die Funktion einer Nervenzelle nachhaltig verdeutlichen. Durch die Dreidimensionalität kann das Modell im Raum frei bewegt und von allen Seiten betrachtet werden. Die komplexe Struktur einer Nervenzelle wird durch „Greifen“ „begreifbar“. Das Modell wird von den Schülern in Dreiergruppen selbst gebaut, sodass ein Gespräch und Meinungsaustausch innerhalb der Gruppe stattfinden muss. Die im Text angesprochenen Strukturen Axon, Axonhügel, Soma, Dendriten, Hüllzellen, müssen den angebotenen Materialien, verschiedenfarbige Knete, dünner Draht und dicker Draht zugeordnet und stimmig kombiniert werden. Die Anatomie der Nervenzelle prägt sich durch den selbständigen Bau, verbunden mit dem Ertasten der Materialien, dem Formen des Soma, sowie des Axonhügels aus Knete, also das aktive Verändern und schließlich schlüssige Kombinieren der Materialien nachhaltig ein. Besonders wichtig ist hierbei die Tatsache, dass das Modell Stück für Stück zusammensetzbar ist, und somit die Komplexität der Nervenzelle, ausgehend von einer einfachen Grundstruktur, z. B. dem Soma, nachvollzogen werden kann. Die einzelnen Strukturen einer Nervenzelle werden durch die Zerlegbarkeit des Modells deutlich gegeneinander abgegrenzt und Lernumwege, z.B. falsches Anbringen der Dendriten, können durch die 5 reversible Befestigung zugelassen werden. Ein Probieren ist möglich, ohne das Lernziel zu gefährden. Mit der anschließenden Präsentation der gruppenweise gebauten Modelle wird zugleich eine Strukturierung, bzw. Gliederung des Erlernten notwendig. Durch eine anschließende Modellkritik wird das Erlernte erneut rekapituliert und der Blick auf die tatsächlichen Gegebenheiten in vivo geschult. Die dabei heraus gearbeiteten Unterschiede zwischen Modell und Nervenzelle in vivo festigen zusätzlich das Erlernte und fördern ein kognitives Lernen. 4. Der auf Schülerseite zu erwartende Kompetenzzuwachs Auf Schülerseite soll die soziale Kompetenz gefördert werden, durch Kommunikation und Kooperation innerhalb der Gruppe Die Schüler werden sensibilisiert für eigenverantwortliches Lernen. Förderung der Problemlösungskompetenz Förderung des selektiven Lesens. Förderung des Hörverständnisses Förderung von handwerklichen Fähigkeiten mit Sensibilisierung des taktilen Sinns Förderung der Organisations- und Planungsfähigkeit eines Vorhabens innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens. Förderung der Präsentationskompetenz mit einhergehender Förderung einer Gliederungs-, bzw. Strukturierungskompetenz. Kognitiver Kompetenzzuwachs auf Schülerseite durch Erlernen von Bau und Funktion der Nervenzelle. 5 Einbindung des Unterrichtsvorhabens in eine Unterrichtssequenz/Unterrichtsreihe Die Unterrichtsstunde ist als Einstieg in eine Unterrichtsreihe zum Überthema Neurophysiologie geplant. Grundlegend für die Behandlung des komplexen Themengebiets ist die Anatomie eines Neurons. Zum vertiefenden 6 Verständnis der Funktion ist in der nachfolgenden Stunden das Ruhe/Aktionspotential zu besprechen. Hierzu muß das Prinzip der Diffusion und die Ionenverteilung in der Zelle wiederholt bzw. erarbeitet werden. Die Erregungsleitung sowie die Struktur und die Funktionsweise der Synapse werden zu Themen der darauffolgenden Stunden. Schwerpunktvorhaben können sich angelehnt an den Lehrplan zum Themengebiet „Drogen“ anschließen. Gerade dieses Themengebiet bietet für die Schüler wahrscheinlich interessante Anwendungsbezüge zum fachlichen Inhalt. 6 Quellenangaben Campbell NA (1998): Biologie. Berlin: Spektrum-Verlag Ellerkmann E (1998): Nervenzellen zum Selberbauen. In: UB 233/22.Jahrgang/April 1998, S.22-24 Meyer H (1990): Modelle. In: UB 160/14. Jahrg./Dez. 1990, S.5 7