Hinweis: Dieses Protokoll stammt von der Seite www.chids.de (Chemie in der Schule). Dort können unterschiedliche Materialien für den Schulunterricht herunter geladen werden, unter anderem hunderte von Experimentalvorträgen so wie der vorliegende: http://online-media.uni-marburg.de/chemie/chids/veranstaltungen/uebungen_experimentalvortrag.html Philipps-Universität Marburg Fachbereich Chemie Bezeichnung der Veranstaltung: Übungen im Experimentalvortrag für Studierende des Lehramts Beteiligte Dozenten: Reiß, Philipp; Neumüller, Bernhard; Koert, Ulrich; Müller,Ulrich Protokoll zum Vortrag Niedermolekulare Kohlenhydrate oder einfach Zucker Fabian Gelies Sommersemester 2003 Experimentalvortrag SS 2003 Fabian Gelies Inhaltsverzeichnis Einleitung Seite 3 Vorbereitung Demonstration Mutarotation Seite 4 Abschnitt A: Kohlenhydrate Allgemein Seite 5 Versuch 1: Elementaranalyse Versuch 2: Schwefelsäureverkohlung Abschnitt B: Molekülstrukturen Seite 9 Versuch 3: Funktionelle Gruppen Demonstration: Mutarotation Abschnitt C: Reaktivität, Verwendung, Nutzen Seite 14 Versuch 4: Katalysierte Verbrennung Versuch 5: Silberspiegel (* Als Anlage ist diesem Protokoll der „schwarz/weiß Handzettel (6 auf 1)“Ausdruck der Powerpoint - Präsentation angefügt, welche parallel zu den Experimenten den Vortrag begleitet. *) 2 Experimentalvortrag SS 2003 Fabian Gelies Einleitung Der Vortrag ist gegliedert in die Abschnitte A, B und C. Diese Struktur ist natürlich in erster Linie orientiert an der thematischen Einordnung und Ausrichtung der einzelnen Vortragsteile und Experimente. Genauso orientiert sich an dieser Einteilung der Stil der Präsentation im Hinblick auf die Verständlichkeit für Zuhörer mit unterschiedlichem Vorwissen. So ist der Abschnitt A, Kohlehydrate allgemein, weitgehend elementar aufgebaut. Die Experimente sind einfach und übersichtlich gestaltet (Einschränkung auf Durchführung qualitativer Analysen). Auch ohne ausgeprägtes Vorwissen sollen hier chemische Zusammenhänge und Sachverhalte deutlich werden. Die aufgezeigten Reaktionsgleichungen dienen zur Unterstützung der Aussagen, sind aber nicht unbedingt erforderlich um die gezogenen Schlüsse nachzuvollziehen. Auf der schulischen Ebene ist dieser Abschnitt der Sekundarstufe I zuzuordnen. Im Abschnitt B, Molekülstrukturen, wird dann in gewisser Weise auf die Grundkenntnisse im Bereich der analytischen und organischen Chemie angeknüpft. Vieles wird vereinfacht und allgemeinverständlich dargestellt. Es ist aber sicher für das Verständnis vorteilhaft in irgendeiner Form mit Projektionen organischer Moleküle, wie beispielsweise „FischerStrukturen“, vertraut zu sein. Dieser Abschnitt könnte im schulischem Bereich dem Übergang zwischen Sekundarstufe I und II, also der Jahrgangstufe 11, zugeordnet werden. Der abschließende Abschnitt C, Reaktivität, Verwendung, Nutzen, greift dann sehr unterschiedliche Aspekte auf. Es werden im Zusammenhang mit der Zuckerverbrennung weitreichende biochemische Abläufe angesprochen, zu deren genauem Verständnis erhebliches Vorwissen gebraucht wird. Hier wäre in der Schule eine Besprechung in einem Leistungskurs oder im fächerübergreifenden Unterricht mit der Biologie eine denkbare Plattform. Auf jeden Fall sollte Abschnitt C dem Bereich der Sekundarstufe II zugeordnet sein. 3 Experimentalvortrag SS 2003 Fabian Gelies Der Vortrag beginnt mit einem Vorgriff auf den Abschnitt B, denn für die Demonstration Mutarotation soll zwischen zwei Messungen etwa eine halbe Stunde Zeit vergehen, damit sich ein Gleichgewicht einstellen kann. Die genauere Besprechung und Auswertung erfolgt dann an späterer Stelle. Vorbereitung der Demonstration: Mutarotation Geräte: Overheadprojektor mit Demopolarimeter (Analysator und Polarisator), 250 mL Becherglas (BG) hohe Form (Probenrohr), 300 mL Erlenmeyerkolben (EK), 250 mL Messzylinder, Magnetrührer mit Fisch Chemikalien: Na2HPO4/NaH2PO4 (Pufferlösung im Messzylinder) 50 g Glucose (im EK) Durchführung: 1. Kalibrierung des Polarimeters auf 0° (Polarisator steht senkrecht zu Analysator) 2. Zubereitung der optisch aktiven Substanz - 230 mL Pufferlösung in einem Schuss unter kräftigem Rühren in EK geben - Sobald Lösung nicht mehr getrübt, umfüllen in BG bis zum angezeichneten Eichstrich - BG in den Stahlengang des Polarimeters stellen 3. Drehwinkel ablesen Bemerkungen: Die Zubereitung und Messung des Drehwinkels erfolgt ohne Zeitverzug, so dass nach 20 bis 30 Sekunden ein Anfangsmesswert gefunden ist. Dieser liegt bei knapp +20°. Es wird zu diesem Zeitpunkt noch keine Angabe über die optisch aktive Substanz gemacht. Es wird nur festgestellt, dass es sich dabei um ein Kohlenhydrat handelt. Alles weitere zur Auswertung folgt in Abschnitt B. (* Die Skizze eines Polarimeters ist abgebildet in der Powerpoint – Präsentation (siehe Anlage) *) 4 Experimentalvortrag SS 2003 Abschnitt A Fabian Gelies Kohlenhydrate allgemein Für einen Chemiker, einen Chemiestudenten und einen Schüler im Chemieunterricht ist der Begriff Kohlenhydrate klar besetzt. Es handelt sich dabei um ein Teilgebiet beziehungsweise eine Stoffklasse in der organischen Chemie genauso wie Carbonsäuren oder Alkohole. Hier soll aber nicht dieser Systematik bei der thematischen Aufbereitung gefolgt werden. Lässt man einmal die Chemie und die damit verbundene Einordnung völlig beiseite, dann sieht man, dass Kohlenhydrate ein wichtiger Begriff im Zusammenhang Ernährung ist. Man findet Kohlenhydrate in jedem Haushalt, insbesondere in Kühl- und Küchenschrank, wie man auf vielen Lebensmittelverpackungen nachlesen kann: Viele Verpackungen haben einen standardisierte Angabe über die enthaltenen Nährwerte aufgedruckt, wobei neben dem Brennwert des Lebensmittels auch der Anteil an enthaltenem Eiweiß, Kohlenhydraten und Fett angegeben wird. (* Siehe dazu auch Folie 4 der Powerpoint – Präsentation (Anlage) *) Betrachtet man unterschiedliche Lebensmittel, so stellt man eine große Variation in der Zusammensetzung der Nährwerte fest: So enthält beispielsweise eine Flasche mit Sonnenblumenöl kein Eiweiß oder Kohlenhydrate, aber zu 100 % Fett. Es lässt sich auch ein Lebensmittel mit extrem hohem Kohlenhydratgehalt finden: Traubenzucker enthält zu 99,5 % Kohlenhydrate und besitzt zudem mit 1700 KJ pro 100 g einen beachtlich hohen Brennwert. Dieses feine, weiße Pulver besteht also fast ausschließlich aus Kohlenhydraten und wird zudem immer im Zusammenhang mit gesteigerter körperlicher Leistungsfähigkeit bei sportlicher Aktivität gesehen. Damit ist die ideale Untersuchungssubstanz (US) gefunden, mit der in den durchgeführten Experimenten beispielhaft die Eigenschaften und das chemische Wesen der Kohlenhydrate nähergebracht werden sollen. 5 Experimentalvortrag SS 2003 Fabian Gelies Der erste betrachtete chemische Gesichtspunkt ist die Untersuchung auf die elementare Zusammensetzung der US: Versuch 1: Elementaranalyse Geräte: a) RG, RG - Klammer, Bunsenbrenner 100 mL EK (als RG Ständer) b) Stativ: Stange, Platte, 2 Klammern RG, Gaseinleitungsrohr mit Stopfen, 100 mL EK, Bunsenbrenner Chemikalien: a) Glucose (US), blaues (getrocknetes) CoCl2 - Papier (beides in RG) b) Glucose (US), CuO (in RG übereinander geschichtet), Kalkwasser (in EK) Durchführung mit Beobachtung: a) RG mit US und CoCl2 - Papier erhitzen bis Zersetzung eintritt Dampfentwicklung wird sichtbar; Kondensation an Glaswand Farbänderung des Papiers von blau nach rosa b) RG mit US und CuO kräftig erhitzen; entweichende Gase in EK einleiten Kalkwasser wird trüb Bemerkungen: In Teil a) wird nachgewiesen, dass die US beim Erhitzen Wasser abspaltet. Mit der Abspaltung von H2O ist dann klar, dass in der US die Elemente Sauerstoff und Wasserstoff enthalten sind. blau rosa Reaktionsgleichung: Co[CoCl4](s) + 12 H2O 2 Co(H2O)6Cl2(s) In Teil b) wird ein Nachweis auf Kohlenstoff geführt. Dazu wird zunächst in der US enthaltener Kohlenstoff in einer Redoxreaktion mittels Kupfer(II)oxid zu Kohlenstoffdioxid umgesetzt. Dieses wird dann per Carbonatfällung in Kalkwasser nachgewiesen. Reaktionsgleichungen: 2 CuO(s) + C(s) 2 Cu(s) + CO2(g) Ca2+ + 2 OH- + CO2(g) CaCO3(s) + H2O 6 Experimentalvortrag SS 2003 Fabian Gelies Über die durchgeführte Elementaranalyse lassen sich Kohlenhydrate charakterisieren als Verbindungen, welche die Elemente Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff enthalten. Elementaranalysen für sämtliche anderen bekannten Elemente würden bei der US wie bei allen anderen Kohlenhydraten negativ verlaufen. Also sind Kohlenhydrate ausschließlich aus den drei oben genannten Elementen zusammengesetzt. Die über die Verbindungen Wasser und Kohlenstoffdioxid geführten Nachweise sind insofern charakteristisch, da Kohlenhydrate bei der pflanzlichen Photosynthese aus eben diesen Verbindungen aufgebaut werden. Eine fortgeführte Elementaranalyse, wie zum Beispiel die Ermittlung der genauen Massen der einzelnen Zersetzungsprodukte, ermöglicht dann auch quantitative Angaben. So lässt sich für die US aussagen, dass Kohlenstoff und Wasser im gleichen Verhältnis vorliegen. Allgemein findet man bei Kohlenhydraten, dass Wasserstoff und Sauerstoff wie im Wassermolekül immer im Verhältnis 2 : 1 enthalten sind. Diese Tatsache ist sicherlich auch ausschlaggebend für die Namengebung, denn man kann die Stoffklasse der Kohlenhydrate als „hydratisierten Kohlenstoff“ mit der allgemeinen Summenformel Cm(H2O)n auffassen. Eine bessere Darstellung der Summenformel, auch im Hinblick auf die Molekülstruktur, ist allerdings CmH2nOn . (Im Gegensatz zu Salzhydraten ist die Dehydratisierung auch nicht einfach durch Wasserzugabe rückgängig zu machen, sondern sie kommt einer echten Zersetzung gleich.) Bei der chemischen Stoffbezeichnung von Kohlenhydraten findet man meist die Endung -ose. Als Beispiele seien Fructose (Fruchtzucker), Saccharose (Haushaltszucker), Maltose (Malzzucker), Lactose (Milchzucker) oder Cellulose (Zellstoff) genannt. Dabei gibt es eine vielfältige Variation der Molekülgröße: Monosaccharide wie Fructose bestehen nur aus einem, während Polysaccharide wie Cellulose aus zahllosen Grundbausteinen zusammengesetzt sind. Mit geeigneten Experimenten, beispielsweise Siedepunkt- oder Gefrierpunktveränderungen lassen sich die Molekülgrößen ermitteln. Bei der US handelt es sich um einen Einfachzucker, mit der Summenformel C6H12O6 . 7 Experimentalvortrag SS 2003 Fabian Gelies Für diesen Vortrag ist aufgrund der stofflichen Fülle die Betrachtung eingeschränkt auf niedermolekulare Kohlenhydrate, also auf die Verbindungen, die umgangssprachlich als Zucker bezeichnet werden. Hinweis: Die Verbindung Stärke, die auch zu den Kohlenhydraten gehört, ist Thema in einem der nachfolgenden Vorträge in diesem Semester. Versuch 2: Schwefelsäureverkohlung Geräte: Glasflasche, Spritzflasche, 250 mL Becherglas (BG) hohe Form, BG klein, Glasstab, Spatel Chemikalien: konzentrierte Schwefelsäure (in Glasflasche), Wasser (in Spritzflasche), Haushaltszucker (Saccharose) (im hohen BG bis etwa 1/3 eingefüllt), Toilettenpapier (Cellulose) (auf dem Boden des kleinen BG) Durchführung mit Beobachtung: Vorgelegte Saccharose im hohen BG mit Wasser durchfeuchten, dann mit einem Schuss konzentrierter Schwefelsäure versetzen. Schwarzes, hervorquellendes Verkohlungsprodukt gegebenenfalls mit Spatel und Glasstab stabilisieren oder kontrolliert abbrechen. Papier im kleinen BG mit Schwefelsäure versetzen sofortige Verkohlung zu schwarzem Brei Bemerkungen: Die extreme wasserziehende Kraft der Schwefelsäure führt zu einer sofortigen Zersetzung der Kohlenhydrate. Im Fall der Saccharose kommt es durch das Aufschäumen zur spektakulären Volumenzunahme. Reaktionsgleichung: CmH2nOn(s) + H2SO4(l) Cm(s) + H2SO4 . n H2O 8 Experimentalvortrag SS 2003 Abschnitt B: Fabian Gelies Molekülstrukturen Aus den in Abschnitt A durchgeführten Experimenten und gegebenen Informationen folgt Klarheit über die Elementzusammensetzung und die allgemeine Summenformel für Kohlenhydrate: CmH2nOn . Allerdings ist damit noch keine weitreichende Einordnung im chemischen Sinne möglich: Betrachtet man zum Beispiel das Molekül „Essigsäure“, so stellt man fest, dass seine Summenformel C2H4O2 genau in die allgemeine Formel für Kohlenhydrate passt. Essigsäure gehört aber bekanntlich nicht zu den Kohlenhydraten, was auch mit einem Blick auf die Nährwertangaben einer Essigflasche zweifelsfrei belegt werden kann. Somit zeigt sich mit diesem Beispiel, dass eine Klassifizierung organischer Stoffe anhand der darin enthaltenen funktionellen Gruppen erfolgt. Versuch 3: Funktionelle Gruppen Nachweise auf a) Hydroxygruppe und b) Aldehydgruppe Geräte: a) 3 RG, RG - Ständer, Glasflasche, Tropfpipette b) 3 RG, RG - Ständer, Glasflasche, Tropfpipette RG – Klammer, Bunsenbrenner Chemikalien: a) Wasser (im 1. RG), Etanol (im 2. RG), US (im 3. RG) Cerammoniumnitrat - Reagenz b) Wasser (im 1. RG), Aldehydhaltige Lösung (im 2. RG), US (im 3. RG) Benedikt – Reagenz (Na-Citrat/NaCO3/CuSO4) Durchführung mit Beobachtung: a) Die drei RG werden mit einigen Tropfen Creammoniumnitrat - Reagenz versetzt 1. RG nur gelbliche Eigenfärbung durch Reagenz (negativ); 2. RG deutliches Auftreten roter Färbung (positiv) 3. RG kurzzeitige Auftreten roter Färbung (positiv) 9 Experimentalvortrag SS 2003 Fabian Gelies b) Die drei RG werden mit einigen Tropfen Benedikt - Reagenz versetzt und anschließend über dem Bunsenbrenner erhitzt 1. RG keine Veränderung nach dem Erwärmen 2. RG nach Erwärmen Farbveränderung von bläulich über grün bis rotbraun 3. RG nach Erwärmen Farbveränderung von bläulich über grün bis rotbraun Bemerkungen: Cerammoniumnitrat ist ein klassisches Nachweisreagenz für Alkohole, also Hydroxygruppen. In einer Ligandenaustauschreaktion wird aus dem vorliegenden Komplex ein Nitrat - Teilchen gegen einen Alkohol - Rest getauscht und es kommt daraufhin zur roten Färbung der Lösung. Da Cer in der Oxidationsstufe +4 vorliegt, kann es infolge von Oxidationen, wie im Fall der US, zur baldigen Entfärbung kommen. (Gleichgewicht) Reaktionsgl.: [Ce(NO3)6]2-(aq) + ROH(aq) + H2O [Ce(OR)(NO3)5]2-(aq) + NO3(aq) + H3O+(aq) Das Benedikt - Reagenz ist eine Modifikation der üblicherweise zum Nachweis von Aldehyden eingesetzten Fehlingschen – Reagenzien. (Man erreicht durch die Modifikation, dass das Reagenz weitaus weniger aggressiv ist und somit auch besser für Schülerversuche verwendet werden kann.) Das Reaktionsprinzip entspricht dem bei der Fehlingschen - Probe: Zunächst kommt es in der Komplexbildungsreaktion zum Entstehen des blauen Kupfertartratkomplexes. In Gegenwart eines Aldehydes kommt es dann zur Redoxreaktion. Dabei werden Cu2+- Ionen zur Oxidationsstufe +1 reduziert und im alkalischen Milieu als rotbraunes Kupfer(I)oxid ausgefällt. Reaktionsgleichungen: (Gleichgewicht) Komplexbildung: Cu2+(aq) + 2 C4H4O62-(aq) + 2 OH-(aq) Cu[(C4H3O6)2]4-(aq) + 2 H2O blau Redoxreaktion: 2 Cu2+(aq) + R-CHO(aq) + 4 OH-(aq) Cu2O(s) + R-COOH(aq) + 2 H2O rotbraun 10 Experimentalvortrag SS 2003 Fabian Gelies Nachdem nun die Frage nach den enthaltenen funktionellen Gruppen beantwortet ist, sei nun an dieser Stelle ein Sprung zu einem Chemiker gemacht der ein Jahrhundert vor uns lebte und arbeitete und sich intensiv mit der US beschäftigt hat. Emil Fischer (1852 bis 1919) leistete entscheidende Arbeit bei der Aufklärung der Molekülstruktur von Glucose (Damit ist an dieser Stelle erstmals im Vortrag der Chemische Name für die US „Traubenzucker“ genannt). Im Jahre 1888 kündigte Fischer an, er wolle die räumliche Orientierung im Glucose - Molekül aufklären. Er ging bei seinen Überlegungen davon aus, dass es von einer Aldohexose mit ihren 4 asymmetrischen C - Atomen insgesamt 8 Paare von Spiegelbildisomeren gibt. In seinen langwierigen Untersuchungen oxidierte Fischer Monosaccharide zu Säuren und Dicarbonsäuren. Dadurch gingen in den Molekülen Asymmetriezentren verloren, und die optische Aktivität konnte sich ändern. Fischer verkürzte die Kohlenstoffkette von Monosacchariden, und er baute gezielt bestimmte Zucker nach. Er bestimmte dann bei den Reaktionsprodukten die optische Aktivität. Nach der Auswertung aller Ergebnisse konnte Fischer ein Modell der Raumstruktur von Glucose in der Kettenform, also Aldehydform, vorlegen. 1902 erhielt er den Nobelpreis. Schon bald nach den Untersuchungen von Fischer zeigten weitere Ergebnisse der Zuckerchemie, dass das Glucose Molekül eine cyclische Struktur hat, und die Fischer Projektionsformeln wurden entsprechend modifiziert. Heute verwendet man neben der Fischer - Projektion auch verschiedene andere Varianten der Darstellung. Um die Realitätsnähe der zweidimensionalen Projektionen zu veranschaulichen, wird an die Zuhörer des Vortrags ein dreidimensionales Kugel - Modell eines Glucosemoleküls ausgegeben. (* Fischer - Projektionen und verschiedene andere der üblichen Darstellungsformen sind in der begleitenden Powerpoint - Präsentation abgebildet (siehe Anlage) *) 11 Experimentalvortrag SS 2003 Fabian Gelies Wie schon erwähnt führte Fischer bei seinen Untersuchungen Tests auf die optische Aktivität durch. Diese optische Aktivität ist auch die Grundlage der zu Beginn des Vortrags vorbereiteten Demonstration. Zunächst sollen vor der Auswertung der Demonstration an dieser Stelle die wichtigsten Begriffe und Zusammenhänge knapp erläutert werden: Für das Vorhandensein optischer Aktivität benötigt man in einer Verbindung ein Kohlenstoff – Atom, welches 4 verschiedene Substituenten besitzt. Man spricht auch oft von einem Chiralitätszentrum. Existieren von einer Verbindung Bild und Spiegelbild, die sich nicht durch Drehung ineinander überführen lassen, so liegt ein Enantiomerenpaar vor. Zur Veranschaulichung wird den Zuhörern des Vortrags ein solches einfaches Enantiomerenpaar, zusammengebaut aus einem Chemie - Modell – Baukasten, übergeben. Letztlich bewirkt die optische Aktivität einer Substanz oder Lösung die Drehung von durchstrahlendem, polarisiertem Licht. Diese ist messbar als „Drehwinkel“ mittels eines Polarimeters. Der gemessene Drehwinkel ist dabei proportional abhängig von Konzentration c und durchstrahlter Weglänge l. Der spezifischen Drehwinkel, bezeichnet als sp, gibt nun für eine optisch aktive Substanz den Drehwinkel unter Standardbedingungen an. Demonstration: Mutarotation Geräte: und Chemikalien: siehe oben Durchführung: Es wird ungefähr eine halbe Stunde nach der Anfangsmessung eine 2. Messung des Drehwinkels durchgeführt. Dieser beträgt nun weniger als +15°. 12 Experimentalvortrag SS 2003 Fabian Gelies Bemerkungen: Bei der verwendeten optisch aktiven Substanz handelt es sich um -Glucose. Da die Anfangsmessung unmittelbar nach dem Lösevorgang genommen wird, kann man davon ausgehen, dass als zu Reaktionsbeginn die optisch aktive Substanz zu 100% aus -Glucose besteht. -Glucose besitzt einen spezifischen Drehwert von +112,2°.mL.g-1.dm-1. Das heißt, theoretisch ist unter den gewählten Bedingungen (Konzentration der Lösung und Höhe des Flüssigkeitsspiegels im durchstrahlten BG) ein Drehwinkel von ungefähr 21° zu Reaktionsbeginn zu erwarten. Im Laufe der abgewarteten halben Stunde hat sich die Situation verändert. In wässrigen Lösungen stellt sich immer ein Gleichgewicht ein, so dass -Glucose zu etwa 37% vorhanden ist, während -Glucose zu etwa 63% vorliegt. -Glucose besitzt den im Vergleich zur -Glucose weitaus niedrigeren Drehwert von + 18,7°.mL.g-1.dm-1. Diese Gleichgewichtsverschiebung spiegelt sich nun im messbaren Drehwinkel wieder und erklärt die deutliche Absenkung. An dieser Stelle ist anzumerken, dass es sich bei der durchgeführten Demonstration nur um eine Veranschaulichung mit modellhaftem Charakter handelt. Die Ablesegenauigkeit des Polarimeters liegt im Gradbereich und bei einem durchstrahlten Becherglas handelt es sich selbstverständlich nicht um ein exaktes optisches Gerät. Bei den Untersuchungen zu Mutarotation im Rahmen des Organischen Praktikums haben wir ein Polarimeter mit optischer Bank verwendet, so dass wir bei der Auswertung durchaus quantitative Aussagen treffen konnten. Selbst Emil Fischer vor über 100 Jahren hat seine Forschungsergebnisse auf Basis solcher Untersuchungen und Messungen gewinnen können. 13 Experimentalvortrag SS 2003 Fabian Gelies Abschnitt C Reaktivität, Verwendung, Nutzen Dieser Abschnitt bietet für das Thema Glucose eine Vielzahl an Anknüpfungspunkten. Da wir in den Experimentalvorträgen über alles sprechen dürfen, keinesfalls aber länger als 50 Minuten, sind nur zwei, dafür aber besonders gegensätzliche Punkte herausgegriffen: Der erste Punkt ist die Betrachtung des Energieumsatzes bei biochemischen Reaktionen. Unter den Nährstoffen versteht man Kohlenhydrate als sofort abrufbaren Energielieferanten. Direkt nach erfolgter Aufnahme beginnt schon mit dem Speichel und erst recht in der Säure des Magens die Verdauung. Verdauung bedeutet für Kohlenhydrate die Aufspaltung in Monosccharide. Diese können dann über die Darmwandzellen direkt in die Blutbahn gelangen. Traubenzucker, welches bereits als Monosaccharid vorliegt, gelangt also nach der Aufnahme ohne Zeitverzug ins Blut. Die eigentliche Energieumwandlung im Körper, oft bezeichnet als „stille Verbrennung“ ist dann nichts anderes als eine Oxidation. Nachdem eine Aktivierungsenergie überwunden ist, kann es zur Freisetzung großer Energiemengen kommen. Versuch 4: Katalysierte Verbrennung Geräte: Tiegelzange, Wassergefäß (zum löschen), Bunsenbrenner Chemikalien: Zuckerwürfel, Asche, Wasser Durchführung: 1. Zuckerwürfel mit Tiegelzange in die Brennerflamme halten Zucker schmilzt und karamelisiert, brennt aber nicht 2. Mit Asche eingeriebenen Zuckerwürfel mit Tiegelzange in die Brennerblamme halten Zucker brennt und erlischt erst beim Eintauchen in Wasser 14 Experimentalvortrag SS 2003 Fabian Gelies Bemerkungen: Entscheidend für den Reaktionsstart bei der Verbrennung von Zucker ist es zu erreichen, dass man die Aktivierungsenergie herabsetzt. Bei der im Experiment gezeigten unkontrollierten Verbrennung „in vitro“ erreicht man dies durch die katalysierende Asche. „In vivo“, also im menschlichen Körper, sorgen Enzyme für die notwendige Absenkung der Aktivierungsenergie. Es liegt ein stoffwechselphysiologisches Grundprinzip vor, die Aufteilung der Reaktion in Einzelschritte. Die freigesetzte Wärmeenergie bei einer unkontrollierten Verbrennung wäre für den Körper gar nicht nutzbar, da Wärme nicht gespeichert werden kann. Aus diesem Grund ist im menschlichen Körper der Ablauf in einer Reaktionssequenz mit geringerem Wärmeverlust entwickelt: Es erfolgt eine Speicherung der nutzbaren Energie als chemische Verbindung Adenosintriphosphat (ATP). Bei der Bio - Synthese kann dieses dann wieder gespalten werden. (* Das Prinzip einer gekoppelten Reaktion wir beispielhaft durch eine Abbildung auf Folie 23 der Powerpoint - Präsentation veranschaulicht (siehe Anlage) *) Reaktionsgleichung der Oxidation von Glucose: C6H12O6 + 6 O2 6 CO2 + 6 H2O Die Reaktionsgleichung für die Umsetzung von Glucose in vitro wie in vivo ist gleich, nur werden im zweiten Fall gekoppelt 38 ATP - Moleküle aufgebaut. Auf diese Weise erzielt man einen beachtlichen Wirkungsgrad von 39%. Der zweite Punkt betrifft die Anwendung von Glucose in einem anorganischen Bereich. Hier soll im Experiment blankes Silber mit Hilfe von Glucose geschaffen werden: Versuch 5: Silberspiegel Geräte: RG, 100 mL EK (als RG - Ständer), dunkle Glasflasche (für AgNO3), Glasflasche (für NaOH), Pipette, Glasflasche (für NH3), 100 mL BG (für Glucose Lösung), Bunsenbrenner, 200 mL BG (für Abfälle) 15 Experimentalvortrag SS 2003 Fabian Gelies Chemikalien: AgNO3, NaOH, NH3, Glucose (jeweils in wässriger Lösung) Durchführung mit Beobachtung: - AgNO3 - Lösung etwa 2 bis 3 cm hoch in RG einfüllen - Mit 2 Tropfen NaOH versetzen dunkler Niederschlag - Zugabe von NH3 - Lösung bis Niederschlag vollständig gelöst - RG mit Glucose - Lösung auf etwa 2/3 auffüllen - RG vorsichtig über Bunsenbrenner erhitzen Abscheidung des Silberspiegels an Glaswand - RG in BG für Abfälle entleeren Bemerkungen: Um die optisch ansprechende Abscheidung des Silbers an der Gefäßwand zu erreichen, ist es notwendig, die in Lösung befindlichen Ionenkonzentrationen gut abzustimmen. So ist die Silberspiegelreaktion in drei gekoppelte Schritte aufgeteilt: Gleichgewicht Silberoxidfällung: + 2 Ag (aq) + 2 OH-(aq) Ag2O(s) + H2O Gleichgewicht Komplexbildung: Ag+(aq) + 2 NH3(aq) [Ag(NH3)2]+(aq) +1 Redoxreaktion: Wärme +1 + R-CHO(aq) + 2 Ag (aq) +2 OH-(aq) +3 0 R-COOH(aq) + 2 Ag(s) + H2O Glucose fungiert auch in dieser Reaktion als Reduktionsmittel. Genauer gesagt wird das Kohlenstoff - Atom der Aldehydgruppe oxidiert, so dass sich eine Carbonsäure bildet. Aus diesem Grund ist Glucose hier ohne weiteres Austauschbar gegen ein beliebiges anderes Aldehyd, wie zum Beispiel Benzaldehyd. 16