Petra Stephan_Von der Scham zur

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Inhaltliche Ergänzungen zur Präsentation "Von der Scham zur Selbstachtung"
Disability Pride Tagung
„Die Scham ist vorbei! Verstecken war gestern – Aufbruch ist heute – Vielfalt ist morgen!
Vortrag: Petra Stephan (Dipl.-Psych.)
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"Von der Scham zur Selbstachtung"
heißt mein Beitrag zu dieser Veranstaltung, bei dem ich mich mit einem Gefühl
befasse, welches von uns im Laufe unseres Lebens erworben wird.
Gefühle der Scham werden wir in dem einen oder anderen Ausmaß nie verlieren.
Es wird uns immer begleiten und unsere persönlichen Ressourcen herausfordern.
Schamgefühle erinnert uns an die eigenen Grenzen und die Empfindlichkeit.
Besonders sehr schmerzliche Erlebnisse in unserer Entwicklung fordern es
heraus.
Das Schamgefühl kann uns "klein machen" und von daher ist es wichtig, einmal zu
schauen, welche Fähigkeiten wir diesem entgegensetzen können.
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Wenn wir uns fragen, in welchen Situationen ein Schamgefühl aufkommt; dann
denken die meisten Menschen zuerst an Sexualität, - an sexuell-intime Situationen.
Aber auch an Nacktheit in medizinischen Untersuchungssituationen.
Intim sind alle Bereich eines Menschen, die ihm besonders schützenswert
erscheinen. Bereiche des Körpers, die wir vor Anblicken der Öffentlichkeit
schützen. Krankheiten, die wir der Öffentlichkeit lieber verschweigen möchten und
seelische Momente in denen wir lieber allein wären und nicht öffentlich; z.B. beim
Trauern.
Scham und Intimität gehören zusammen, denn besonders in intimen Situationen
werden wir Schamgefühle wahrnehmen.
Was als intime Situationen aufgefasst wird, ist kulturell und individuell sehr
unterschiedlich. Unsere Reaktionen darauf ebenso.
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Das Schamgefühl bezieht sich nicht nur auf unser Erleben, sondern auch auf
unser Denken, unsere Vorstellungen, unser Verhalten und auf sprachliche
Äußerungen. In dieser Übersicht habe ich es einmal zusammengefasst.
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Scham ist ein erworbenes Gefühl: das heißt Scham wird durch Erziehung von
Eltern und anderen wichtigen Beziehungspersonen vor allem in der Kindheit
geprägt.
Etwa mit 2 1/2 Jahren können wir Scham empfinden. Das hat damit zutun, dass wir
uns in diesem Alter schon als Einzelperson getrennt von unseren Eltern
wahrnehmen können und immer mehr Lernen, was aus der Sicht von
Erwachsenen richtig oder falsch ist. Wir lernen Verbote oder Gebote, Wissen
schon was Lob und Tadel ist, so dass wir unser seelisches Erleben immer mehr
erweitern. Neben der Scham gibt es noch andere Gefühle, die in dieser Zeit gelernt
werden: das sind z.B. Neid, Eifersucht, Verachtung aber auch Stolz.
Allen ist gemeinsam, dass wir mit zunehmender Fähigkeit des Denkens immer
mehr zu unterschiedlichen Einschätzungen dieser Gefühle kommen.
Wir können uns dabei bewusst machen, wann wir diese Gefühle erleben und in
welchen sozialen Situationen. Gleichzeitig können wir dabei uns selbst besser
kennen lernen, wenn wir wissen, in welchen Situationen wir schon einmal
geschämt haben. Vielleicht erinnern wir uns auch daran, wie wir uns verhalten
hatten.
Es gibt von Seiten der Eltern, Erzieher und Lehrer bewusste und unbewusste
Erziehungsmethoden.
Manche von ihnen verwenden Erklärungen und gute Argumente, um uns Normen,
Gebote oder Verbote zu vermitteln; so lange wir dies auch hinterfragen dürfen und
es bei gegenseitiger Achtung auch verschiedene Meinungen geben kann, ist die
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Gefahr niedrig, nicht zu sehr beschämt zu werden - das können wir dann auch
seelisch gute verarbeiten.
Eine andere auch oft angewandt Erziehungsweise ist die „Machtausübung“ mit
massiver sprachlicher und/oder sogar seelischer und körperlicher Gewalt.
Besonders seelische oder körperliche Gewalt – also massive Verbote, Verletzungen und Demütigungen führen zu massiven Ängsten – Ängste, die unsere
seelischen Energien binden und das Denken und Handeln von Menschen
bestimmen. Langfristig kann uns dies in einen Kreislauf von seelischer Schwäche
bringen, aus dem wir nur schwer selbst herauskommen.
Wer als Jugendlicher oder erwachsener Mensch viele Ängste hat, bei dem können
wir davon ausgehen, dass er von viele Erlebnissen von Erniedrigung und
Beleidigung hatte. Auch Bemerkungen spielen dabei eine Rolle, die scherzhaft
oder verharmlosend/ironisch gemeint sind.
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Zu den wesentlichen seelischen Erlebensweisen bei Scham gehören:
Das Erleben von
 Unzulänglichkeit,
 Wertlosigkeit,
 Abgelehnt-Sein,
 Hilflosigkeit,
 Versagt-zu-Haben,
 Ausgestoßen-zu-Seins
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Einige Verhaltensweisen, die bei Scham auftreten sehen Sie jetzt, diese könnten
Sie individuell ergänzen.
Schamreaktion im Körper können auf Dauer wie Stressoren wirken.
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Stressoren führen dann in unserem Körper zu Veränderungen im Stoffwechsel. Im
Stoffwechsel auch des Gehirns - Sie können dort körperliche und seelische
Krankheiten hervorrufen. Massive andauernde Erniedrigung und Demütigung –
wie es häufig bei Menschen mit Folter- Erfahrungen vorkommt, entwickeln oft eine
Schmerzerkrankung, aber auch chronische Angststörungen und Depressionen
können die Folge sein.
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Umgang mit Scham
Öffentliches Eingeständnis hilft Scham zu bewältigen – mit vertrauter Person
sprechen; „Beichte“ wird zum 'Akt der Erlösung' – man wird aktiv und bleibt nicht
passiv mit seiner Scham und seinen Bewertungen allein.
Die Projektion auf andere Personen ermöglicht, dass wir von der Scham, die uns
unangenehm ist, ablenken und diese für uns unangenehme Gefühl bei anderen
Personen verstärkt wahrnehmen.
Durch andere Gefühle, die immer noch leichter zu ertragen sind als Scham, könnte
man mit Wut/Zorn eine Gegenreaktion bilden, die es einem leichter macht, die
Scham zu ertragen.
Das Leugnen oder Vergessen der Scham besetzten Situation ist ein Schutz der
Seele – man will nicht mehr daran denken und sollte jemand einen erinnern wollen,
könnte es abgewehrt werden.
Eine gutes Gleichgewicht zwischen Auseinandersetzung auf der einen Seite und
Abwehr auf der anderen Seite ermöglicht uns, seelisch im Gleichgewicht zu
bleiben.
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Intime Scham (1)
In unserem Leben als behinderte Menschen erleben wir viele medizinische
Untersuchungen. Professionelle stellen uns viele Fragen an vielen verschiedenen
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Zeitpunkten zu über intimen Bereichen unseres Körpers und zu unserem Erleben. zu Lebenszielen, Interessen und Motiven – nicht selten mit negativen
Kommentierungen seitens dieser Berufs-Experten.
Viele negative Bewertungen, die den Selbstwert gering schätzen: Das kannst Du
nicht!, „Das schaffst Du sowieso nicht! „So etwas darfst Du nicht!“ – Killersätze
eben, die besonders uns das Leben, unsere Durchsetzung von Bedürfnissen sehr
erschweren.
Soziale Scham (2)
Leider habe Geringschätzungen, die aus unsere Umwelt, als auch aus einem unmittelbaren Kulturkreis und von einzelnen Personen kommen, eine langfristige
Wirkung auf unser Selbstwertgefühl. Wenn unser Selbstwert vor allem von Schamgefühlen überwältigt wird, fehlt uns langfristige die Selbstachtung und ohne positives Selbstwertgefühl und damit steigende Selbstachtung geraten wir in Hilflosigkeit, eigene Geringschätzung, verstärken Ängste und provozieren depressive seelische Entwicklungen bis zur Selbstaufgaben und Selbsttötungsneigung.
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Wege zur Selbstachtung
Wie erreichen wir auf dem Hintergrund unserer lebensgeschichtlichen Erfahrungen, die Stärkung unseres Selbstwertes und bekommen mehr Selbstachtung.
Mit dem Wort "Selbst" ist immer die eigene Person gemeint; Selbstachtung heißt
damit: Ich achte mich als Mensch, fühle mich wertvoll – auch für meine Mitmenschen und bin es wert, in Würde zu leben.
Wir könnten uns nacheinander mit den Gefühle der Scham als Problembereiche
auseinandersetzen. Nach ihre Schwere, dem Belastungsgrad, der Häufigkeit im
Auftreten in unserem Leben und den Situationen, in denen sie vorkam, beschäftigen – schon, wenn wir das noch einmal lesen, fühlen wir uns unbehaglich, belastet und würden in ein „Jammertal der Scham“ geraten.
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Aus einem Tal – wenn wir es uns bildlich vorstellen, kommen wir oft nur schwer
heraus; von daher möchte ich vorschlagen, uns auf die Lösungsseite der Schamprobleme zu begeben:
Im Folgenden sollen 4 wichtige Eigenschaften oder auch Persönlichkeitsressourcen vorstellen, von denen ich glaube, dass sie für die Stärkung unserer Selbstachtung von großer Bedeutung sind.
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Bindungsverhalten reguliert Nähe und Distanz – Explorationsverhalten und
Bindung! Ein große Ressource ist die Nähe und zu Verlässigkeit zu mindestens
einer Bezugsperson in meinem Leben!
Die Bindungssicherheit hat einen gro0en Einfluss auf meine Fähigkeit mit
Gefühlen – so auch Scham umzugehen;
Bindungssichere Menschen haben oft Vertraute, denen sie auch peinliche, Scham
besetzte Erlebnisse anvertrauen können und dadurch verstärken sie ihre Möglichkeit der Auseinandersetzung, der Reflexion mit sich selbst. Sie kommen damit
auch in den Genuss von positiven Rückmeldung und emotionaler Unterstützung ,
verstärken sie ihre Selbstachtung.
Ein sicher Bindungsmuster bedeutet, dass ein gutes Netzwerk zu eigenen
Unterstützung aufgebaut werden kann. Menschen fällt es relativ leicht, enge
Beziehungen/Bindungen zu anderen Menschen aufzubauen und es ist für sie auch
in Ordnung, wenn sie auf auch einmal auf andere angewiesen bin oder dies auf
Gegenseitigkeit besteht. Sie haben seltener das Problem sich alleingelassen zu
fühlen oder von jemandem vereinnahmt zu werden.
Ein "unsicher-vermeidendes Bindungsmuster" heißt, Angst vor Nähe und zu wenig
Autonomie zu haben. Diesem Personenkreis fällt es ein wenig schwerer enge Beziehungen zu anderen Menschen zu haben. Es fällt ihnen schwer, anderen zu vertrauen. Es macht sie eher nervös, wenn ihnen jemand zu nahe kommt und sie
fühlen sich schnell von anderen vereinnahmt.
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Ein "unsicher – ambivalentes Bindungsmuster" bedeutet die Angst vor zu viel
Autonomie und das starke Bedürfnis nach Nähe. Menschen, die dieses Bindungsmuster aufgebaut haben, machen häufiger die Erfahrung andere Menschen können
ihnen nicht so nahe sein, wie sie es möchten. Sie begeben sich häufiger emotional
in starke Abhängigkeit von anderen.
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Selbstwirksamkeit kann durch 4 Quellen unterstützt werden:
1. Direkte Erfahrung: erfolgreiche Ausführung einer Handlung/Aufgabe
2. Indirekte Erfahrung (Modell-Lernen): Beobachten eines erfolgreichen Modells
3. symbolische Erfahrung: Verbale Überzeugung von anderen (Du schafft das!)
4. Emotionale Erregung: aus der Erregung wird auf die Fähigkeit geschlossen
Eine hohe Selbstwirksamkeit und auch die Erwartung darüber, stützt ebenso den
Selbstwert und führt zu mehr Selbstachtung.
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Seelische Widerstandsfähigkeit (Resilienz) ist der Glaube an die Kontrolle über die
eigene Lebenssituation. Es besteht eine hohe Aktivität für Pläne und Aufgaben
und Menschen suche immer wieder nach Herausforderungen. Insgesamt besteht
bei ihnen die Veränderungsbereitschaft und Überzeugung darüber, dass „Man niemals in den gleichen Fluss steigt.“ Resilienz ist eine erworbene Persönlichkeitsressource. Darüber hinaus beinhaltet sie die Fähigkeiten der Selbstwahrnehmung
und Selbststeuerung, der Problemlösefähigkeit und emotionalen und soziale Kompetenz.
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Eine weitere und für diesen Beitrag letzte Persönlichkeitsfähigkeit ist der Sinn für
Lebenszusammenhänge oder das Kohärenzgefühl. Zu ihm gehören 3 wesentliche
Grundvertrauensfähigkeiten:
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1. Grundvertrauen eines Menschen, dass er die inneren und äußeren
Lebensereignisse/-erlebensweisen strukturieren, vorhersehen und erklären
kann.
2. Grundvertrauen, dass er genügend Ressourcen (persönlich, finanzielle,
kulturell, Hilfeangebote) hat, die zur Bewältigung von stressreichen
Situationen zu Verfügung stehen.
3. Grundvertrauen, dass die Herausforderungen dem Leben Sinn geben und
für einen selbst einen Wert darstellen.
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