Ausgabe 01 - 2016 pdl.konkret ambulant Der praxisnahe Informationsdienst für die Leitung von ambulanten Pflegediensten Übersicht: Das sind die wesentlichen Neuerungen beim Expertenstandard „Chronische Wunden“ Kriterium Das ist gemeint Zielsetzung Beim diabetischem Fußsyndrom handelt es sich um eine Anpassung an den aktuellen Sprachgebrauch. Das individuelle Krankheitsverständnis steht nun deutlich mehr im Vordergrund. Denn jeder empfindet anderes und das Krankheits-verständnis wird von persönlichen Gedanken und Gefühlen, aber auch von sozialen Interaktionen zwischen Ihrem Kunden und seinem persönlichen Umfeld bestimmt. Stellen Sie daher die Ängste und Sorgen Ihrer betroffenen Kunden in den Mittelpunkt Ihrer Anamnese. In der Begründung wird hierzu erläutert, dass hinter jeder chronischen Wunde eine chronische Krankheit steht, die maßgeblich den Alltag Ihrer betroffenen Kunden beeinflusst. Sie führen, ins-besondere durch Schmerzen, Einschränkungen der Mobilität sowie Wundexsudat und -geruch zu erheblichen Beeinträchtigungen der Lebensqualität. Durch Anleitung und Beratung Ihrer Kun-den und ihrer Angehörigen zu alltagsorientierten Maßnahmen im Umgang mit der Wunde und den wund- und therapiebedingten Auswirkungen können die Fähigkeiten zum gesundheitsbezogenen Selbstmanagement so verbessert werden, dass sich positive Effekte für Wundheilung und Lebensqualität ergeben. Des Weiteren verbessern sachgerechte Beurteilung und phasengerechte Versorgung der Wunde sowie regelmäßige Dokumentation des Verlaufs unter Berücksichtigung der Sicht-weise Ihres Kunden auf sein Kranksein die Heilungschancen. Jeder Patient / Bewohner mit einer chronischen Wunde vom Typ Dekubitus, Ulcus cruris venosum / arteriosum / mixtum oder Diabetischem Fußsyndrom erhält eine pflegerische Versorgung, die das individuelle Krankheitsverständnis berücksichtigt, die Lebensqualität fördert, die Wundheilung unterstützt und die Rezidivbildung von Wunden vermeidet. S1a: Die Pflegefachkraft verfügt über aktuelles Wissen und kommunikative Kompetenz, Menschen mit einer chronischen Wunde zu identifizieren und deren Einschränkungen, Krankheitsverständnis und gesundheitsbezogene Selbstmanagementfähigkeiten sensibel und verstehend zu erkunden. Voraussetzung hierfür ist ständig zu aktualisierendes Fachwissen zu Pathophysiologie von Dekubitus, Diabetischem Fußulcus, Ulcus cruris (arteriosum, mixtum, venosum) und der zugrunde liegenden Erkrankungen Mögliche Auswirkungen der Wunde und Therapie auf die Bewältigung des individuellen Alltags und das Erleben der Erkrankung Individuelles Krankheitsverständnis, Körperbildstörungen und mögliche Ängste mit Bezug zur chronischen Wunde. Nach den Vorgaben des Expertenstandards versteht man unter kommunikativer Kompetenz Ihre Fähigkeit, konstruktiv, effektiv und bewusst mit Ihrem Kunden und seinen Angehörigen zu kommunizieren. Diese Kompetenz ist für Sie als Pflegefachkraft unabdingbar, um in der Anamnese alle Faktoren sensibel zu erfragen. Beachten Sie hierbei, dass viele Ihrer Kunden aus Scham nicht über ihre gesundheitlichen Probleme reden wollen. Motivieren Sie daher Ihre Kunden und auch deren Angehörige in einem wertschätzenden Gespräch, über das eigene Krankheitsverständnis zu sprechen. Führen Sie solche Gespräche regelmäßig, denn im Verlauf der Erkrankung kann sich das Krankheitsverständnis ändern. Mit gesundheitsbezogenem Selbstmanagement oder Selbstpflege ist gemeint, dass Ihr Kunde die Bereitschaft und die Verantwortung für die Erhaltung der eigenen körperlichen und psychischen Gesundheit übernimmt. Hierzu gehören beispielsweise tägliche Fußkontrollen bei Menschen mit diabetischer Polyneuropathie oder das Wissen, wann professio-nelle Hilfe notwendig wird. Reduzieren Sie Ihren Kunden in keinem Fall auf seine Wunde! S2: Die Pflegekraft verfügt über aktuelles Wissen zur Behandlung wundbedingter Einschränkungen, zu krankheitsspezifischen Maßnahmen je nach Wundart (z. B. Bewegungsförderung, Druckverteilung oder Kompression), zur Wundversorgung, zur Grunderkrankung und zur Rezidiv- und Infektionsprophylaxe sowie zum Hautschutz und zur Hautpflege. Dieser Zusatz wurde aufgenommen, um deutlich zu machen, dass nicht nur der Schutz der Haut, sondern auch die richtige Pflege der Haut im Vordergrund steht. S4b: Die Einrichtung stellt zielgruppenspezifische Materialien für Information, Beratung, Schulung und Anleitung zur Verfügung. Sie sollen die Selbstpflegekompetenz Ihrer Kunden stärken. Dies bedeutet, dass Sie ihn nicht nur ausführlich beraten, sondern ihm auch zielgerichtet Informationsmaterialien zur Verfügung stellen sollen. P1a: Die Pflegefachkraft erfasst im Rahmen der pflegerischen Anamnese bei allen Patienten / Bewohnern mit einer chronischen Wunde das Krankheitsverständnis, wundund therapiebedingte Einschränkungen sowie Möglichkeiten des gesundheitsbezogenen Selbstmanagements. Der bisherige Bogen zur Selbsteinschätzung („Würzburger Wundscore“) wird von der Expertengruppe nicht mehr empfohlen. Neu aufgenommen wurden jedoch der Fragebogen zur Lebensqualität bei chronischen Wunden (Wound-Qol) und der Frankfurter Aktivitätenkatalog der Selbstpflege-Prävention Diabetisches Fußsyndrom (FAS-PräDiFuß). Diese können Sie sich kostenfrei auf der Website des DNQP (wwww.dnqp.de) herunterladen. Mangels geeigneter Instrumente für die pflegerische Anamnese hat die Expertengruppe jedoch auf Grund-lage ihrer Literaturrecherche eine Kriterienliste zusammengestellt. Mit dieser Liste können Sie zentrale Aspekte für eine differenzierte und systematische Einschätzung wund- und therapiebedingter Einschränkungen und Selbstmanagement-kompetenzen von Ihren Kunden und deren Angehörigen erfassen. Wie Sie diese Liste in ein Formular umwandeln können, zeigen wir Ihnen in den nächsten Ausgabe von „pdl.konkret ambulant“. P2: Die Pflegefachkraft plant gemeinsam mit dem Patienten / Bewohner und seinen Angehörigen unter Einbeziehung der beteiligten Berufsgruppen Maßnahmen zu folgenden Bereichen: wund- und therapiebedingte Beeinträchtigungen, wundspezifische Erfordernisse, Grunderkrankung und Rezidivprophylaxe, Vermeidung weiterer Schäden, Umsetzen medizinischer Verordnungen. Mit dieser Neuerung wird klargestellt, dass Ihr Kunde und das gesamte Behandlungsteam als gleichberechtigte Partner bei der Erstellung von Therapiezielen nebeneinanderstehen. Nach Auffassung der Expertengruppe erhöhen multidisziplinäre Wundteams die Chance der Wundheilung. Ebenso können durch eine übergreifende professionelle Zusammenarbeit Schmerzen und die Häufigkeit der Verbandwechsel reduziert werden. Beziehen Sie Ihren Kunden und seine Angehörigen frühzeitig in die Versorgung der chronischen Wunden und in die Therapie der Grunderkrankung ein. Im Hinblick auf den Umgang mit Körperbildstörungen sollen Sie Ihren Kunden insbesondere durch aktives Zuhören motivieren, Gefühle zu äußern. Planen Sie auf der Grundlage seiner Äußerungen Maßnahmen, und beraten Sie Ihren Kunden zielgerichtet, z. B. zu Hilfsmitteln und Pflegeutensilien, Maßnahmen zur Gewichtsreduktion bzw. -zunahme, Kosmetik und Bekleidung, kosmetischen oder rekonstruktiven chirurgischen Maßnahmen, Aromatherapie, Einreibungen, Ölauflagen oder Massagen, sozialer Unterstützung sowie ggf. Psychopharmaka oder Psychotherapie.