Beitrag der ÖAR für den gemeinsamen UPR Bericht Österreich Gleichbehandlung und Nicht-Diskriminierung Frauen/Mädchen mit Behinderungen sind in allen Phasen ihres Lebens der potentiellen Gefahr ausgesetzt, in ihrer körperlichen Integrität verletzt zu werden. Sie leben oft in institutionellen Strukturen, welche sexualisierte Gewalt begünstigen. Frauen/Mädchen mit Behinderungen, vor allem Frauen mit Lernschwierigkeiten (sog. "geistige Behinderung"), sind vielfach nicht umfassend aufgeklärt worden. Dies ist jedoch die Voraussetzung dafür, Sexualität informiert zu leben und "sexuellen Handlungen" zustimmen oder ablehnen zu können. Ihnen bleibt vielfach Partnerschaften, Familiengründung und Mutterschaft verwehrt. Nur wenige Frauen/Mädchen mit Behinderungen leben in Beziehungen oder leben Sexualität nach ihren Vorstellungen. Noch viel weniger Frauen/Mädchen mit Behinderungen sind Mutter und leben diese Rolle. Sie haben überhaupt ein sehr eingeschränktes Repertoire an gesellschaftlichen Rollen. Es besteht kaum Zusammenarbeit mit den staatlichen Stellen der Behindertenhilfe und der Jugendwohlfahrt, wodurch nicht die notwendige Unterstützung für Eltern mit Behinderungen zur Verfügung stehen, um ihre Kinder selbst zu erziehen. Sie werden weniger zu Integration und Selbstständigkeit angeleitet. In der Folge üben die Betroffenen – wenn überhaupt – eher traditionelle weibliche Berufe aus und sind daher einem erhöhten Armutsrisiko ausgesetzt. Das Fußfassen am ersten Arbeitsmarkt von vor allem Frauen/Mädchen mit Lernschwierigkeiten findet nur sehr eingeschränkt statt. Eine gezielte Förderung und der Zugang zu Bildung bleiben ihnen oft verwehrt. Ihre Zukunft liegt meistens in einer geschützten Werkstätte oder in der Beschäftigungstherapie. Recht auf Leben, Freiheit, Sicherheit der Person Psychiatrie/UnterbringungsG In Österreich wird der zwangsweise Aufenthalt von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen in psychiatrischen Krankenanstalten bzw. in psychiatrischen Abteilungen durch das Unterbringungsgesetz geregelt. Demnach sind an eine Unterbringung bisher 3 Voraussetzungen geknüpft. Der Betroffene muss psychisch krank sein, es muss eine ernstliche und erhebliche Gefahr für Leben oder Gesundheit für die Person selbst oder andere (Eigenoder Fremdgefährdung) bestehen und ausreichende andere Behandlungs- und Betreuungsmöglichkeiten fehlen. Fällt eine der Voraussetzungen weg, ist die Unterbringung sofort aufzuheben. Bei Aufnahme ohne Verlangen muss unmittelbar eine Untersuchung durch die Leiterin bzw. den Leiter der Abteilung und eine zweite Fachärztin (bzw. einem Facharzt) für Psychiatrie durchgeführt werden. Mit der Unterbringungs- und Heimaufenthaltsnovelle 2010 wird aus Gründen des herrschenden Mangels an Psychiatern vom Erfordernis einer zweiten Fachmeinung abgesehen. Außerdem wird bei der Fortsetzung der Unterbringung in Bezug auf die Gefährdung eine Zukunftsprognose mit einbezogen, wodurch sich die Anhaltung zum Zweck einer längeren Behandlung fortgesetzt werden kann. Es besteht kein Verfahren zur zwangsweisen Unterbringung in einer sozialen Pflegeeinrichtung. wenn feststeht, dass eine Person nicht mehr in der Lage ist, eine gültige Zustimmung zur Unterbringung zu geben, muss ein Sachwalter eingeschalten werden. In den Jahren 2003 bis 2005 erfolgte fast jede vierte Aufnahme unfreiwillig. In einigen psychiatrischen Anstalten und sozialen Pflegeheimen bestehen noch Netzbetten als Mittel zur Freiheitsbeschränkung von erregten PatientInnen und durch mechanischen Maßnahmen fixierte PatientInnen werden nicht durch eine medizinische Fachkraft kontinuierlich und direkt überwacht, um dem Patienten (der Patientin) menschliche Zuwendung zu geben und seine/ihre Angst zu mindern. Es besteht in Österreich keine Aufsichtsbehörde nach Artikel 16 UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen für alle psychiatrischen Anstalten und alle sozialen Pflegeeinrichtungen. Unabhängige Lebensführung Aufgrund von mangelnden finanziellen Unterstützungen haben Menschen mit schweren Behinderungen sowie Menschen mit Lernbehinderungen keine Chance selbst zu entscheiden, wo und mit wem sie leben wollen. Vielfach ist die Unterbringung in Heimen die einzige Möglichkeit. Doch die Struktur in den Heimen fördert Missbrauch sowie physische und sexuelle Gewalt. Der Weg heraus kann nur über Transparenz und Öffnung der Institutionen sowie die Ausweitung der Persönlichen Assistenz führen. Persönliche Assistenz wird in Österreich weder einheitlich noch umfassend zur Verfügung gestellt, da sie in die Kompetenz der Bundesländer fällt. In manchen Ländern wird sie nur Menschen mit Lernbehinderung gewährt in anderen nur Menschen mit Körperbehinderungen. Bedarfsgerecht wird sie in keinem Bundesland gewährt. Recht auf Arbeit und gerechte Arbeitsbedingungen Die Arbeitslosenquote von Menschen mit Behinderungen beträgt 9,1%. Zwei Drittel der Betriebe, die zur Einstellung von Menschen mit Behinderungen verpflichtet sind, kaufen sich mit einer Ausgleichstaxe von monatlich € 223 davon frei. Ungefähr 13 000 Menschen mit Lernbehinderungen und Mehrfachbehinderungen „arbeiten“ derzeit in geschützten Werkstätten, es sind dies geschützte, vom Arbeitsmarkt segregierte Einrichtungen. Es gilt die Tätigkeit dort nicht als Erwerbstätigkeit, die Menschen erhalten nur ein geringes Taschengeld und haben keine sozialversicherungsrechtliche Absicherung. (gesetzliche Unfall-, Krankenoder Pensionsversicherung). Recht auf Bildung und auf Teilhabe am kulturellen Leben Es gibt kein gesetzlich verankertes und durchsetzbares Recht auf den Besuch eines inklusiven Kindergartens bzw. Kindertagesheims. Eltern von Kindern mit Behinderungen können zwischen dem Besuch einer Volksschule, AHS- Unterstufe, Hauptschule, Kooperative Mittelschule, Neue Mittelschule und einer Sonderschule wählen. Das duale österreichische Schulsystem (Sonderschule neben integrativer Bildung) verursacht erheblich größere Kosten als dies ein Inklusives Schulsystem verursachen würde. Das Ausmaß und die Art der Integration in Schulen ist bundesländerspezifisch. Im Jahr 2006/07 besuchten insgesamt 27.745 Kinder mit Sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) die Pflichtschule. Davon besuchten 52,58% der Kinder mit SPF Integrationsklassen und 47,42% der Kinder mit SPF eine Sonderschule. Ganztagsbetreuungsangebote sind im integrativen Bereich häufig nicht vorhanden. Dadurch sind Eltern gezwungen, sich für den Besuch einer Sonderschule zu entscheiden, da diese häufig ganztägig geführt werden. SchülerInnen mit schweren Beeinträchtigungen, blinde und gehörlose Kinder werden im integrativen System separiert. Die SchülerInnen mit SPF werden meist in Extrazimmern unterrichtet, der Verbleib in der Stammklasse ist zeitlich auf ein Minimum beschränkt. Die Schulpflicht beträgt in Österreich insgesamt neun Jahre. Bislang fehlt der Zugang zur neunten Pflichtschulstufe (einschließlich der Forst- und Landwirtschaftlichen Schulen) sowie zur Hochschulbildung, zum tertiären Bildungsbereich und ebenso zur Erwachsenenbildung bis hin zum lebenslangen Lernen. Der Zugang ist aufgrund der fehlenden gesetzlichen Grundlagen sowie z.B. auch auf Grund der Aufnahmekriterien sowie der individuell angepassten Unterstützungsmaßnahmen, Haltung und Einstellung der Direktor/innen, Lehrer/innen, fehlende inklusive Pädagogik in der Aus- und Fortbildung der LehrerInnen nicht gegeben.