Zusammenfassung

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VO Allgemeine Psychologie I (Benetka) aus http://www.univie.ac.at/Psychologie/allgemeine/
WS 2001/02
1. Vorlesung am 11.10.2001 - Was ist Psychologie?
 Womit befasst sich die Psychologie
 Was ist der Gegenstand der Psychologie
 Ziel der Psychologie
Geschichte der Psychologie
Hermann Ebbinghaus (1908) "Die Psychologie hat eine lange Vergangenheit, doch nur eine
kurze Geschichte"
 erstmals wird der Begriff psychologia in einer seelenkundlichen Abfassung von Rudolf
Goclenius (1547-1628) verwendet
 die deutsche Bezeichnung Psychologie stammt von Christian Wolff (1676-1754)
 die englische Version psychology ist seit 1840 in Gebrauch: Friedrich August Rauch
(1806-1841)
Brückenschlag von der Geschichte der Seelenlehren und -vorstellungen (abendländisch
philosophische Tradition) zur modernen (wissenschaftlichen) Psychologie (Entstehung der
Psychologie als Einzelwissenschaft)
 1879 gründet der Physiologe Wilhelm Wundt an der Univ. Leipzig das erste
experimentalpsychologische Laboratorium der Welt
 Aufstieg der Naturwissenschaften führt zu "Identitätskrise" der Philosophie
(Neubestimmung der Verhältnisse von Philosophie und Einzelwissenschaften war
unumgänglich)
 Lösungsansatz: Probleme der philosophischen Erkenntnistheorie in wahrnehmungs- bzw.
denkpsychologische Fragestellungen umdeuten
Psychologische Laborforschung - am Leitbild der Physiologie
 (Physiologie hat sich als Einzelwissenschaft im 19. Jhdt. aus der Anatomie entwickelt)
 wichtiger Wegbereiter Johannes Müller (1801-1858)
 Kontroverse Vitalisten/Anti-Vitalisten
Zusammenfassende Rückschau: Entwicklung einer unabhängigen, wissenschaftlichen
Psychologie
 Psychologismus
o "führungswissenschaftlicher Psychologismus"
o "reduktionistischer Psychologismus"
 Antipsychologismus
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2. Vorlesung am 25.10.2001 - Psychologie als Wissenschaft
Zugang der Psychologie zum Verhalten - Erleben - Bewusstsein
PSYCHOLOGIE ALS WISSENSCHAFT VOM INNEREN ERLEBEN
Selbstbeobachtung, Introspektion
Immanuel Kant (1724-1804) und
Franz Brentano (1838-1917)
Kritik der Introspektion
Wilhelm Wundt (übernimmt Kantschen Einwand gegen die Introspektion als
wissenschaftliche Methode)
(experimentell erzeugter Willensvorgang) "Externalisierung" psychischer Vorgänge im
Experiment
Retrospektion
Franz Brentano (Begründer der phänomenologischen Psychologie)
Würzburger Schule (Forscherkreis um Oskar Külpe)
- experimentelle Erforschung von Denk- und Willensvorgängen: "rückschauende
Selbstbeobachtung"
von unter experimentellen Bedingungen erzeugten psychischen Vorgängen
Karl Bühler (1879-1963) Gründer des Wiener Psychologischen Institutes
- berühmteste Arbeit der Würzburger Schule: "Tatsachen und Probleme einer Psychologie
der Denkvorgänge" (Habil., 1907/08)
Würzburger Schule:
Das Problem der Selbstbeobachtung
Kommunizierbarkeit inneren Erlebens!
- Normierung der Sprache
wird
zum
Problem
der
sprachlichen
Gestalttheoretische Schule:
Wolfgang Köhler
Max Wertheimer
Kurt Koffka
PSYCHOLOGIE ALS WISSENSCHAFT VOM VERHALTEN
BEHAVIORISMUS
John B. Watson (1878-1958)
Psychologie ist die Wissenschaft vom Verhalten von Organismen
"Psychology as the Behaviorist views it" (John B. Watson, 1913)
".....Psychologie, wie sie der Behaviorist sieht, ist ein vollkommen objektiver, experimenteller
Zweig der Naturwissenschaft. Ihr theoretisches Ziel ist die Vorhersage und Kontrolle von
Verhalten. Introspektion spielt keine Rolle in ihren Methoden, und auch der wissenschaftliche
Wert ihrer Daten hängt nicht davon ab, inwieweit sie sich zu einer Interpretation in
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Bewusstseinsbegriffen eignen. Bei dem Bemühen, ein einheitliches Schema der Reaktionen
von Lebensweisen zu gewinnen, erkennt der Behaviorist keine Trennungslinie zwischen
Mensch und Tier an".
GEISTESWISSENSCHAFTLICHE ODER VERSTEHENDE PSYCHOLOGIE
Wilhelm Dilthey (1833-1911)
Eduard Spranger (1882-1963)
Karl Jaspers (1883- )
Theodor Erismann (1883-1961)
Erleben - Ausdruck - Verstehen
Geisteswissenschaftliche Psychologie geht davon aus, dass das innere psychische Erleben
einer wissenschaftlichen Untersuchung nicht zugänglich ist. Der wissenschaftlichen
Untersuchung zugänglich ist allerdings der Ausdruck dieses Erlebens, seine Objektivationen
in individuellen Handlungen. Über den Erlebnisausdruck ist schliesslich ein Verstehen dieses
Erlebens möglich. Das Verstehen fremder Lebensäusserungen setzt aber ein verwandtes
eigenes Erleben voraus.
Hermeneutik
Methode des Deutens, Auslegens, Verstehens von schriftlichen Texten, gesprochenem
Wort; allgemein von allen irgendwie symbolisch artikulierten Bedeutungen - also von allem
was sinnvoll ist oder auch nur Sinn haben könnte.
Grundlage dieser Methode ist der sogenannte hermeneutische Zirkel
Einzelnes kann nur in seiner Beziehung zum Ganzen, das Ganze aber wiederum nur durch
eine angemessene Interpretation des Einzelnen verstanden werden.
METHODENPLURALISMUS
Karl Bühler "Die Krise der Psychologie" (1927)
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3. Vorlesung am 8.11.2001
Der Traum vom "objektiven Blick ins Erleben"
Was versteht man unter Begriffen wie "Erleben", "Bewusstsein", "Psychisches"?
Alltagsverständnis:
Unterscheidung zwischen immaterieller (psychischer, geistiger)
und materieller (physischer, körperlicher) Welt
Aber:
Es besteht ein Zusammenhang zwischen körperlichen und geistigen Vorgängen
(psychische Erlebnisse bedingen auch körperliche Veränderungen)
Die Frage nach dem Zusammenhang von Physischem und Psychischem, von Geist und
Körper, das sogenannte LEIB-SEELE-PROBLEM ist ein Kernthema, das sich wie ein roter
Faden durch die Geschichte der abendländischen Philosophie bis in die Gegenwart zieht.
In Bezug auf das Leib-Seele-Problem unterscheidet man zwei grundlegende Philosophische
Positionen:
1. dualistisch
2. monistisch (heute wird überwiegend monistische Position akzeptiert)
Vertreter der dualistischen Position: Platon
Die Trennung zwischen Ideen- und Körperwelt geht parallel mit der strikten Trennung
zwischen Seele und Leib: der Leib ist der Seele wesensfremd; er ist, so heißt es bei Platon,
das Grabmal der Seele
Die Seele selbst gliedert er in drei Teile:
1. in einen begehrenden
2. einen entschlossenen, zielstrebigen, "mutartigen"
2. denkenden Seelenteil
Rene Descartes (1596-1650):
Der Leib wird zur an sich toten anorganischen Materie, zum teil einer rein nach
mechanischen Prinzipien funktionierenden Körperwelt. Nach ihm ist alles was dinglich
existiert, in derselben Weise aus kausal miteinander verknüpften Teilen aufgebaut, wie eine
Maschine und jedes Ding jeder Körper verhält sich dementsprechend wie eine Maschine. Für
ihn zählen nicht nur unbelebte physikalische Körper, sondern eben auch der menschliche
Leib und Tiere als solche Körper und alle haben eines gemeinsam: sie existieren räumlich,
sind also räumlich ausgedehnt. Daher nennt Descatres die Körperwelt "res extensa", die
"ausgedehnte Sache".
Der res extensa wird eine geistige Existenz und geistige Identität gegenübergestellt.
Aus der Überlegung, dass da noch etwas substantiell existiert, dessen Natur eben nicht in
einem Räumlich- Ausgedehnt-Sein besteht, sondern in nichts anderem als blossem Denken:
das Ich, die Seele, ein denkendes Etwas - "res cogitans".
Den Umstand, dass Leibliches und Seelisches beim Menschen zusammenwirken erklärt
Descartes durch eine Theorie der Wechselwirkung und Ort der Wechselwirkung ist die
Zirbeldrüse.
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Moderne Psychologie und der "Traum vom objektiven Blick ins Erleben"
Durchsetzung der monistischen Position: Psychophysischer Parellelismus
Gustav Theodor Fechner (1801-1887) - gilt als Begründer der Psychophysik
Fechner war Panpsychist; d.h. er glaubte daran, dass alles was dinglich körperlich existiert
(Menschen, Tiere, Pflanzen, Dinge) auch "sselisch" existiert. Physisches und Psychisches
sind für ihn bloss zwei Weisen, in denen ein- und daselbe Grundwesen erscheinen kann.
Alles was existiert hat eine Innen- und eine Aussenseite.
Ernst Mach (1838-1916)
Der Unterschied zwischen Physischem und Psychischem ergibt sich nicht mehr aus der
Beziehung zum wahrnehmenden Subjekt, sondern daraus, in welcher Art von Vebindung
eine je gegebene Bewusstseinstatsache, ein Element, mit anderen Bewusstseinselementen
aufgefasst wird. Ob ein Element als psychische Eigenschaft oder als physische Eigenschaft
zu betrachten ist, hängt einzig und allein von seiner Beziehung zu anderen Elementen ab.
Georg Elias Müller
5 psychophysische Axiome (1896)
Untersuchung von hirnphysologischen Prozessen:
Hans Berger (1873-1941) - konnte erstmals Potentialschwankungen am menschlichen
Kortex nachweisen und von der geschlossenen Schädeldecke (Kopfhaut) ableiten.
Hubert Rohracher (1903-1972): setzt EEG-Forschungen fort
 erste Hinweise darauf, dass das EEG als guter Indikator für die psychische Wachheit, die
Aktivierung, angesehen werden kann.
 führt in Folge auch Schlafregistrierungen durch
Psychophysiologische Schlafforschung - in den USA von Dement & Kleitmann in den 50er
Jahren weiterentwickelt - stellt eine der wichtigsten Anwendungen in der Psychologie dar.
EEG-Forschung und Psychologie:
Rohrachers Versuch, hirnelektrische Begleiterscheinungen von spezifischen Erlebnisinhalten
sichtbar zu machen und nach Auswirkungen eines Sinnesreizes auf das EG zu suchen,
waren nicht von Erfolg gekrönt; erst mit Hilfe der Computerunterstützung (ab den 60er
Jahren) konnten diese bioelektrischen Reizantworten sichtbar gemacht werden
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4. Vorlesung am 22.11.2001
Psychologie und Mathematik - Psychophysik
Immanuel Kant (1724 – 1804):
Das Problem der Introspektion / Wie ist reine Mathematik möglich?
Kants Einwand gegen die Selbstbeobachtung "...dass dabei der Akt des Beobachtens das
Objekt der Beobachtung selbst verändert" ist als Teilaspekt eines mehr grundsätzlichen
Arguments zu sehen: Die Psychologie kann nie den Rang einer eigentlichen
Naturwissenschaft erreichen, weil die Mathematik nicht auf die Phänomene des inneres
Sinnes anwendbar sei. Eine eigentliche Wissenschaft kann nur eine Wissenschaft sein, in
der die Gesetze der Mathematik ihre Anwendung finden! Was ist nun also so Besonderes an
der Mathematik? Man nehme Z. B. den Satz: die Winkelsumme in einem Dreieck beträgt 180
Grad? Wieso weiß man das? Man weiß das, ohne auch nur ein einziges Dreieck vermessen
zu haben, also unabhängig von empirischen Beobachtungen. Es ist ein Wissen, eine
Erkenntnis vor aller Erfahrung, ein Wissen, dass a priori gültig ist.
Kant´s Kritik der reinen Vernunft behandelt im ersten Teil des Buches „transzendentale
Ästhetik“ eben diese Frage: Wie ist reine Mathematik möglich? Der Gedankengang Kants
lässt sich in etwa wie folgt nachzeichnen: Alles, was wir als Dinge der Außenwelt
wahrnehmen, nehmen wir als etwas wahr, das entweder gleichzeitig da ist oder
nacheinander abfolgt; und alle Dinge, die gleichzeitig da sind, sind für uns entweder mehr
nebeneinander oder eben weiter voneinander entfernt da. Alles, was wir erfahren, ist also
immer in einen Rahmen zeitlicher und räumlicher Relationen eingeordnet. Die entscheidende
Kantische Idee ist es nun, dass Raum und Zeit keine Eigenschaften der Dinge sind und auch
nicht im nachhinein aus den Dingen erschlossen werden. Raum und Zeit sind vielmehr
Eigenschaften unseres Erkenntnisvermögens. Sie gehen jeder Sinneserfahrung voraus, sie
strukturieren, ordnen diese. Ohne diese raum-zeitliche Ordnung blieb alles, was uns
gegeben ist, eine gestaltlose Masse von Empfindungen. Die Einordnung in Raum und Zeit
macht aus Empfindungen Erscheinungen.
Auf diesen a priori gegebenen Anschauungsformen, sagt Kant, beruht nun die absolute
Gültigkeit mathematischer Urteile. Reine Mathematik ist also möglich, weil Raum und Zeit a
priori gegebene Anschauungsformen sind. Auf die empirische Seelenlehre ist Mathematik
nicht anzuwenden weil die seelischen Erscheinungen nur in der Zeit gegeben sind, d. h., nur
ein zeitliche, nicht aber auch eine räumliche Ausdehnung haben. Da die Zeit aber nur eine
Dimension hat, die Anwendung der Mathematik auf die Beschreibung von Erscheinungen
aber die Existenz dieser Erscheinungen in zwei Dimension voraussetzt, ist die Mathematik in
der Psychologie prinzipiell nicht anwendbar. Wichtig ist, dass diese Argument historisch
wirksam war. Ein guter Teil der Geschichte der Entstehung der Psychologie nach Kant ist
nämlich zu schreiben als Geschichte nach der Suche einer zweiten Dimension, in der
psychische Erscheinungen existieren. Einer der glaubte diese 2. Dimension gefunden zu
haben war:
Friedrich Herbart (1776-1841):
Die metaphysischen Voraussetzungen des Herbartschen Systems:
Herbart glaubte, einen substantiellen Träger der psychischen Erscheinungen annehmen zu
müssen, den er die „Seele“ nannte. Diese Seele sollte zu keiner anderen Modifikation fähig
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sein als zur Selbsterhaltung gegen Störung durch andere Wesen, also durch Störungen von
außen. Solche seelischen Selbsterhaltungen nannte Herbart Vorstellungen. Die Seele
erwirbt nun im Laufe ihres Daseins eine Unmenge solcher Vorstellungen, die Herbart wie
etwas Substantielles, also als zeitlich überdauernde und nicht zu vernichtende Wesenheiten
auffasste. Die für unserem Zusammenhang entscheidende Idee Herbarts ist nun, dass
solche Vorstellungen, wenn sie aufeinandertreffen, zu „Intensitäten“, „intensiven Größen“
oder – so der Terminus, den Herbart selbst bevorzugte – „Kräften“ werden. Die Intensität
oder Kraft von Vorstellungen äußert sich nach Herbart einfach in der Klarheit, in der sie im
Bewusstsein erscheinen. Mit dem Begriff der Kraft war jetzt eine – neben der zeitlichen
Abfolge – zweite Dimension eingeführt, in der psychischen Erscheinungen existieren.
Gustav Theodor Fechner (1801-1887):
...gilt als Begründer der Psychophysik (siehe Skriptum Allg.Psych.I Seite 24f). Kritik
Fechners:
Der Grundfehler des Herbartschen Ansatzes ist, dass in ihm jeder Bezug zu physischen
Prozessen und daher ein konkreter Ansatz zu Messungen fehlt. Damit ist das Grundproblem
der Psychophysik auch schon formuliert. Es geht darum, „die funktionellen oder
Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Körper und Seele, allgemeiner zwischen körperlicher
und geistiger, physischer und psychischer Welt“ zu bestimmen. Das Zitat stammt aus der
Einleitung zu dem nachmals so berühmten zweibändigen Werk: Elemente der Psychophysik,
das Fechner im Jahr 1860 erscheinen ließ. Bereits 9 Jahre davor publizierte Fechner die die
Mathematisierung des von ihm postulierten Leib-Seele-Zusammenhangs in einem Buch mit
dem merkwürdigen Titel Zend- Avesta oder über die Dinge des Himmels und des Jenseits.
Die Formel lautete in der ursprünglichen Schreibweise:
dg= K ×db/b
dg.... momentane Änderung der Intensität der geistigen Tätigkeit
b .... die zu einem bestimmten Zeitpunkt gemessene ursprüngliche Intensität der die geistig
Aktivität begleitenden körperlichen Vorgänge
db... momentane Änderung dieser körperlichen Intensität
Durch Integration gelangte Fechner zu einer „Maßformel“
g = log b/b
wobei b den Wert von bbezeichnet, für den g= 0.
Nun begab sich Theodor Fechner, nach Rücksprache mit dem Göttinger Physik-Professor
Wilhelm Weber auf die Suche nach "stützenden Facta". Mittlerweile änderte sich jedoch der
Gegenstandsbereich der Psychophysik. Fechner war es ursprünglich um die Lösung des
Leib-Seele Problems gegangen. Seine Idee einer Psychophysik thematisierte daher den
Zusammenhang zwischen psychischen Vorgängen und den sie begleitenden
hirnphysiologischen Prozessen.Nun sind aber die einem bestimmten psychischen Erleben
zugrundeliegenden Hirnprozesse nicht eindeutig zu identifizieren und daher auch nicht zu
messen.
Fechners Lösung:„Wir werden [...] den Reiz, das Anregungsmittel der Empfindung, als Elle
an die Empfindung anlegen“.Dieses neue Programm nannte Fechner „äußere
Psychophysik“. Als Grundlage für seine nunmehr in den Bereich der empirischen Forschung
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fallende Arbeit rezipierte er die sinnesphysiologischen Arbeiten seines ehemaligen Lehrers
und Leipziger Freundes:
Ernst Heinrich Weber (1795-1878):
Das Prinzip der Weberschen Untersuchungen war denkbar einfach: Es ging darum, zwei
entweder gleichzeitig oder nacheinander dargebotene Reize hinsichtlich ihrer Intensität
miteinander zu vergleichen (siehe Skriptum Allg.Psych.I Seite 25). Fechner brachte die von
Weber in unzähligen verschiedenen Versuchsreihen erzielten Ergebnisse auf eine einfache
mathematische Formel:
ΔS/S = k = konstant
Die Konstante k nennt man Weber-Bruch; sie kennzeichnet die Auflösung unseres
Sinnessystems hinsichtlich eines Reizparameters. Niedriges k bedeutet hohe Auflösung oder
Genauigkeit Fechner übertrug sie in eine in eine Aussage über die Beziehung zwischen
einem infinitesimalen Reizzuwachs (dS) und einem hypothetisch angenommenen
infinitesimalen Empfindungszuwachs (dR).
dR = c × dS/S
durch Integration erhält man die “Maßformel“:
R = C + c × log S
wobei c vom Weber-Bruch k und die additive Konstante C von der Absolutschwelle S0 (C = c ×log S0 ) abhängen.
Was bedeuten diese Formeln inhaltlich? Sie besagen, dass zwischen der Reizintensität S
und der Intensität der Empfindung dieses Reizes eine logarithmische Beziehung besteht.
Praktische Anwendung: Auf der von Fechner postulierten Beziehung basiert z. B. die
Messung der erlebten Lautstärke von Schallereignissen è Phonskala (siehe Skriptum
Allg.Psych.I Seite 27)
Fechners Maßmethoden zur Schwellenbestimmung:
 Herstellungsmethode
 Grenzmethode
 Konstanzmethode
Die von Fechner vorgeschlagenen Methoden zur Skalierung subjektiver Empfindungen sind
indirekte Maßverfahren!
S. S. Stevens:(siehe Skriptum Allg.Psych.I Seite 27)
hat mit direkten Skalierungsverfahren eine Vielzahl von Sinnesleistungen untersucht. Er fand
schließlich heraus, dass die dabei erzielten Resultate mit einer Potenzfunktion (wie sie 1872
schon von Plateau theoretisch gefordert worden war) beschrieben werden können:
R = k Sn
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wobei k eine Proportionalitätskonstante und der Exponent n ein Maß für die Feinheit des
Differenzierungsvermögens ist. Den strukturellen Unterschied zwischen der Fechnerschen
und der Stevensschen Formulierung der psychophysischen Funktion kann man so
formulieren:
Während bei Fechner gleichen Reizverhältnissen gleiche Empfindungsunterschiede
entsprechen, so entsprechen bei Stevens gleichen Reizverhältnisse gleiche
Empfindungsverhältnisse.
5. Vorlesung am 06.12.2001 - Fortsetzung Psychophysik
Die Entwicklung psychophysischer Skalen, die nicht mehr von einer Gleichsetzung von
subjektiver Reizdistanz und Unterscheidbarkeit ausgehen, hängt von der Einführung neuer
Skalierungsmethoden ab. Um die Differenz zum Fechnerschen Ansatz deutlich zu machen,
muss man sich noch den, von Fechner selbst entwickelten psychophysischen Methoden
zuwenden.
Herstellungsmethode:
Die Versuchsperson hat die Aufgabe, einen wahrnehmbaren Reiz solange zu verändern, bis
er nicht mehr wahrnehmbar bzw. umgekehrt, einen noch nicht wahrnehmbaren Reiz solange
zu verändern, bis er wahrnehmbar ist– Bestimmung der absoluten Schwelle; oder sie hat
einen Reizwert so lange zu manipulieren, bis er einem vorgegeben Standardwert gleich
erscheint – (Bestimmung der Unterschiedsschwelle). Die Einstellungen werden mehrfach
hintereinander wiederholt und aus der Verteilung der hergestellten Reizgröße die
Schwellenwerte errechnet.
Grenzmethode:
Die Versuchsperson soll angeben, wenn sie bei aufsteigender Darbietung den Reiz
wahrnimmt bzw. wenn sie bei absteigender Darbietung den Reiz nicht mehr wahrnimmt (–
Bestimmung der absoluten Schwelle); bzw. wenn bei auf- und absteigender Darbietung ein
Reiz einem konstanten Vergleichsreiz gleich erscheint.
Konstanzmethode:
Der Versuchsperson werden in zufälliger Reihenfolge ein konstanter Bezugsreiz mit
wechselnden Vergleichsreizen gepaart dargeboten. Die Versuchsperson soll bei jedem Paar
entscheiden, ob der Vergleichsreiz größer, kleiner oder gleich dem Standardwert ist.
Direkte, indirekte Maßverfahren
Die von Fechner vorgeschlagenen Methoden zur Skalierung subjektiver Empfindungen sind
indirekte Maßverfahren insofern, als sie die subjektiv erlebte Größe von Reizen über den
Umweg der Messung ihrer Unterscheidbarkeit ermitteln und nicht direkt aus den Urteilen der
Versuchspersonen. Die entscheidende Idee sogenannter direkter Skalierungsverfahren ist,
dass wir von den Versuchspersonen verlangen, ihren subjektiven Eindruck der Reizgröße
auf einer numerischen Skala abzubilden. Das kann nun z.B. dadurch geschehen, dass wir
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einen sehr starken und einen sehr schwachen Reiz vorgeben und ihnen die Zahlenwerte 0
und 100 zuschreiben. Jetzt können wir entweder einen Vergleichsreiz darbieten und die
Versuchsperson auffordern, ihn auf diesem Kontinuum durch Zuordnung eines bestimmten
Zahlenwertes einzuordnen; oder wir können die Versuchperson dazu auffordern, selbst
einen Reiz herzustellen, der genau in der Mitte zwischen A und B zu liegen kommt, oder der
doppelt so stark ist wie A etc. Ganz gleich, ob wir einen Vergleichsreiz beurteilen oder
herstellen lassen: Vorausgesetzt wird nur, dass die Versuchsperson in der Lage ist, die
subjektiv erlebte Stärke des Reizes durch Zuordnung von Zahlenwerten konsistent
abzubilden.
S. S. Stevens
Der amerikanische Psychologe S. S. Stevens hat mit direkten Skalierungsverfahren eine
Vielzahl von Sinnesleistungen untersucht. Er fand schließlich heraus, dass die dabei
erzielten Resultate mit einer Potenzfunktion beschrieben werden können:
R = k Sn
wobei k eine Proportionalitätskonstante und der Exponent n ein Maß für die Feinheit des
Differenzierungsvermögens ist. Für Werte von n < 1 ergeben sich negativ beschleunigte
Kurven, die nicht leicht von der von Fechner postulierten logarithmischen Funktion zu
unterscheiden sind. Mit der Fechnerschen Funktion unvereinbar sind die positiv
beschleunigten Kurven, die bei n > 1 auftreten; bei n = 1 ist die Funktion linear. Allgemein
lässt sich also festhalten, dass die mit direkten Skalierungsverfahren erhaltenen
psychophysischen
Kurven
für
verschiedene
Empfindungsdimensionen
einen
unterschiedlichen Verlauf zeigt. Während bei Fechner gleichen Reizverhältnissen gleiche
Empfindungsunterschiede entsprechen, so entsprechen bei Stevens gleichen
Reizverhältnissen gleiche Empfindungsverhältnisse.
Fechner/Stevens
Fechner:
R=log S
S1=1 R1=0
Sn+1/Sn=2 Rn+1-Rn= 0,3
S2=2 R2= 0,3
S3=4 R3=0,6
S4=8 R4=0,9
etc.
Stevens:
R=Sn
S1=1 R1=1
Sn+1/Sn=2 Rn+1/Rn=4
S2=2 R2=4
S3=4 R3=16
S4=8 R4=64
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Die Entscheidung ob man eine bestimmte subjektive Dimension mit indirekten oder mit
direkten Skalierungsverfahren vermisst, ist allein aus pragmatischen Erwägungen zu treffenalso: nicht wer hat recht – Stevens oder Fechner – sondern: welches Verfahren liefert uns für
welche Fragestellung praktisch brauchbare Ergebnisse?
Fechner musste zur Konstruktion einer Messskala für Empfindungsstärken zweierlei
festlegen: einen Nullpunkt der Skala und eine Maßeinheit. Ersteres erreichte er über die
Bestimmung der absoluten Schwelle, letzteres über die Bestimmung von
Unterschiedsschwellen. Zur Bestimmung der absoluten Schwelle bedient man der
Grenzmethode. Bei einer aufsteigenden Darbietung muss die Versuchsperson angeben,
wenn sie den Reiz wahrnimmt. Man erhält also eine Folge von Nein-Urteilen und dann
plötzlich ein Ja das Ja-Urteil zeigt den Schwellenwert an. Wenn die Fechnersche Auffassung
der absoluten Schwelle richtig wäre, dann müsste bei vielmaliger Widerholungen dieses
Versuchs der Punkt der ersten Ja-Antwort immer annähernd gleich sein. Das ist aber nicht
der Fall.
Antwortkriterium
Das Problem lautet: Wann sagt eine Versuchsperson eigentlich Ja? Erst wenn Sie sich ganz
sicher ist, dass sie einen Reiz wahrgenommen hat, oder schon früher, wenn Sie sich nicht
mehr ganz sicher ist, keinen Reiz wahrgenommen zu haben?
Das Zauberwort heißt „Antwortkriterium“. Allgemein lässt sich das Problem wie folgt
formulieren: Wenn wir mit der Grenzmethode z. B. die absolute Hörschwelle von zwei
Personen A und B testen und feststellen, dass die Prüfung bei A einen niedrigeren
Schwellenwert ergibt als bei B, ist dann der Schluss zulässig, dass A besser hört als B?
Nein, denn streng genommen haben wir ja nur festgestellt, dass A bereits bei einem
schwächeren Reiz „ja“ sagt als B. Das kann nun einfach auch bedeuten, dass B genauso gut
hört wie A, aber ein vorsichtigeres Antwortkriterium hat als B.Der grundlegende
Versuchsplan besteht darin, dass in vielen Durchgängen in der Hälfte der Fälle ein
schwellennaher Reiz und in der anderen Hälfte der Fälle nicht dargeboten wird. Die
Versuchsperson soll angeben, ob sie etwas wahrnimmt oder ob sie nichts wahrnimmt. Jede
Antwort wird als Treffer, Fehler, falscher Alarm oder korrekte Ablehnung gewertet. Eine
Person mit hoher Ja-Sagetendenz wird eine hohe Anzahl von Treffern, aber zugleich auch
eine hohe „Falscher-Alarm“-Anzahl haben. Umgekehrt wird eine Person mit starker NeinTendenz eine im Vergleich dazu geringere Anzahl von Treffern, aber auch eine geringere
Anzahl von Falscher-Alarm-Antworten haben. Aus der Anzahl der Treffer und der Anzahl der
falschen Alarme lässt sich ein Sensitivitätsparameter berechnen. Der Sensitivitätsparameter
d’ gibt an, wie gut sich für einen Beobachter das Signal vom Rauschen abhebt, in unserem
Beispiel: wer von den beiden Versuchspersonen besser hört. Der Entscheidungsparameter b
zeigt an, wie kritisch ein Beobachter seinen Signalentdeckungen gegenübersteht.
Signalentscheidungstheorie
Was bedeutet nun die Signalentscheidungstheorie für die Frage nach der „Natur“ der
absoluten Reizschwelle?
Die Antwort ist einfach: Die absolute Schwelle ist keine Naturkonstante, kein Wert, der
einfach und ausschließlich von der verwendeten Reizart abhängt. Nach der
Signalentdeckungstheorie ist unser sensorisches System nie in Ruhe; es gibt immer
neuronale Aktivität. Wenn eine Versuchsperson in einem psychophysischen Experiment
entscheiden soll, ob ein Reiz vorhanden ist oder nicht, so muss sie letztlich entscheiden, ob
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die ständig vorhandene und sich ständig verändernde neuronale Aktivität durch einen Reiz
verursacht ist oder nicht. Diese Entscheidung ist von einem individuell festgelegten Kriterium
abhängig. Wenn die neuronale Aktivität diesen kritischen Wert überschreitet, antwortet sie
mit Ja, wenn nicht, mit Nein. Was wir also eine Schwelle heißen, ist weniger Sache eines
physiologischen als eines psychischen Vorgangs, nämlich Sache eines Urteilsprozesses, der
relativ unabhängig ist von den unmittelbaren Wirkungen der sensorischen Aktivität.
6. Vorlesung am 13.12.2001
Zur Psychologie des Sehens - eine Einführung
Um den Vorgang des Sehens zu verstehen, braucht man Kenntnisse der physikalischen
Optik und der physiologischen Optik. Aber auch wenn man alles Wissen aus diesen
Bereichen zusammennimmt, hat man noch nicht verstanden wie menschliche Wahrnehmung
funktioniert.
Wahrnehmung als aktiver Prozess
Wahrnehmen, Sehen ist kein passiver Vorgang, der irgendeine äußere Realität mehr oder
weniger adäquat widerspiegelt, sondern ein aktiver, gestaltender Vorgang, in dem unter
Rückgriff auf konzeptuelles und perzeptuelles Wissen die Auffassung von der Außenwelt
konstruiert wird.
nativistische Theorie - Produktionstheorie
in Streitpunkt, der sich wie ein roter Faden hindurchzieht durch die Geschichte der
wissenschaftlichen Erforschung der Wahrnehmung ist, ob das, was man wahrnimmt, durch
Außenweltreize bzw. durch die physiologische Funktiotn der Sinnesorgane schon mehr oder
weniger festgelegt ist, oder ob beim Zustandekommen von Wahrnehmungen nicht doch
kreative psychische Akte des Subjekts eine zentrale, wenn nicht überhaupt die Hauptrolle
spielen. Während man von ersterem Standpunkt aus vermutlich eher nativistischen Theorien
zuneigen wird, so tendiert man von letzterem Standpunkt aus eher zur Betonung des
Einflusses der Erfahrung. Der Vorteil einer „Produktionstheorie“ – die Bezeichnung kommt
historisch von der von dem österreichischen Philosophen Alexius von Meinong begründeten
Grazer Schule der Gestaltpsychologie – liegt darin, dass sich von einer solchen Position aus
der Einfluss kultureller Lebensbedingungen auf den Akt Sehens erklären lassen.
Müller-Lyersche Pfeiltäuschung: Wahrnehmung- kulturabhängig?
(Graphik)
Es handelt sich um die berühmte Müller-Lyersche Pfeiltäuschung; auch wenn man weiß,
dass beide Strecken gleich lang sind, unterliegt man der Täuschung. Tun dies alle
Menschen, unabhängig von der Kultur, in der sie leben, in der gleichen Weise. Die Antwort
ist nein. Angehörige von sogenannten Kreis-Kulturen unterliegen der Pfeiltäuschung in
einem weit geringeren Ausmaß, als wir, die wir – und das ist der in diesem Falle
entscheidende Unterschied – uns und unsere Augen unterworfen haben dem Diktakt einer
Architektur des rechten Winkels. Die Zulus z. B. leben in einer Welt ohne Ecken und geraden
Begrenzungen. Ihre Hütten sind rund, sie pflügen ihr Land in Kurven etc. Offenbar hat die
Täuschungsfigur etwas damit zu tun, dass wir in das zweidimensionale Bild perspektivische
Tiefe hineinsehen. Menschen, die einer besonders ausgeprägten aperspektivischen Welt
leben wie die Zulus, tun dies eben nicht.
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Doppeldeutige Figuren
Kernmetapher für jeden Ansatz, der die kognitiven oder subjektiv-konstruierenden Anteile an
den Wahrnehmungsvorgängen betont bzw. das Sehen selbst für einen „intelligenten Akt“
nimmt, sind sogenannte doppeldeutige Figuren.
a)Alternieren zwischen Figur und Hintergrund
b)Umschlagen der Tiefenwahrnehmung
c) Objektwechsel
Doppeldeutige Figuren zeigen uns, dass ein und dasselbe Erregungsmuster im Auge zu
ganz verschiedenen Wahrnehmungen führen kann.
Bottom Up / Top Down
Das Sehen ist als dynamischer Vorgang aufzufassen, als ein beständiges Suchen nach
Hypothesen über Außenweltobjekte, die im Raum um uns vielleicht vorhanden sind, vielleicht
aber auch nicht. Die Hypothese, die wir bilden, können wir uns als ein Resultat vorstellen, zu
dessen Zustandekommen Bottom-Up-Signale von den Augen und Top-Down-Wissen bzw. Annahmen über die Beschaffenheit der Außenwelt beitragen. Ein gutes Beispiel für die
Wirksamkeit von Top-Down-Wissen sind Versuche, in denen mit Hilfe von optischen
Systemen die „normale“ Projektion von Netzhautbildern gestört wird.
Umkehrbrillen
Klassisch sind vor allem Experimente mit Umkehrbrillen, wie sie zunächst von G. M. Stratton
(Ende der neunziger Jahre des 19. Jahrhunderts) und später hier in Österreich von Theodor
Ersimann und Ivo Kohler an der Universität Innsbruck durchgeführt wurden.
Hermann von Helmholtz
Sehen als intelligenter, kreativer Prozess, als ein fortgesetztes Bilden von Hypothesen
darüber, was sich um uns herum in welcher Form, in welcher Größe, in welcher Entfernung
etc. befinden könnte. Dieser Ansatz leitet sich letztlich von Hermann Helmholtz her, der von
den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts an eine höchst interessante, sinnesphysiologisch
fundierte, philosophische Erkenntnistheorie zu entwickeln versuchte. Sinnesempfindungen
sind für Helmholtz nichts anderes als Zeichen für die Beschaffenheit der Außenwelt – und
zwar Zeichen, deren Bedeutung erst durch ein körperliches Inkontakttreten mit der
Außenwelt erschlossen werden kann.
Historischer Überblick:
Die Erforschung der Funktionsweise des menschlichen Auges
Im antiken Griechenland schrieb man dem Auge die Aufgabe zu, einen Lichtstrahl – den
sogenannten Sehstrahl – auszusenden, der die anzusehenden Gegenstände berührt,
abtastet und dann zum Auge zurückkehrt. Erst der arabische Gelehrte Ibn al Haitham,
genannt Alhazen (965-1039) macht das Auge zum Empfänger des Lichts, das von den
Objekten der Außenwelt herkommt. Das Auge wird so zu einem optischen Apparat, der seine
Leistungen durch eine physikalische Qualität erbringt, die wir heute als „Brechung“
bezeichnen. Im 14. Jahrhundert taucht im Mittleren Osten zum ersten Mal ein Apparat auf,
mit dem das Prinzip der Funktionsweise des Auges – im buchstäblichen Sinn – schließlich
veranschaulicht werden konnte: die „Lochkamera“ oder „camera obscura“: Objekte lassen
sich problemlos durch ein nadelgroßes Loch auf einem Bildschirm abbilden.
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VO Allgemeine Psychologie I (Benetka) aus http://www.univie.ac.at/Psychologie/allgemeine/
WS 2001/02
Giovanni Battista della Porta (Magica naturalis, 1558) verbesserte die Vorrichtung, indem er
das Loch durch eine Fokussierlinse ersetzte, um die Bildhelligkeit und damit die
Wiedergabequalität zu erhöhen. Er vermutete auch, dass das Auge nach demselben Prinzip
funktioniert.
Das Auge wurde nun als optisches Instrument angesehen, das den physikalischen Gesetzen
der Optik gehorcht. Johannes Kepler (1571-1630) betonte, dass das Bild der Welt auf der
Netzhaut daher auf dem Kopf stehen muss, und zog als erster den richtigen Schluss daraus:
dass das Sehen nicht allein durch die Physik erklärt werden kann. Die Keplersche
Hypothese des umgekehrten Netzhautbildes wurde vermutlich erstmals durch den
Jesuitenpater Christoph Scheiner (1575-1650) experimentell geprüft.
René Descartes - Das Sinusgesetz der Brechung
René Descartes (1596-1650) publizierte das so genannte Sinusgesetz der Brechung: Wenn
Licht von einem Medium A in ein Medium B übergeht, steht der Sinus des Einfallswinkels
zum Sinus des Ausfallswinkel in einem konstanten Verhältnis
(entdeckt hat das Brechungsgesetz allerdings ein anderer, der niederländische Mathematiker
Willebrord Snell van Rojen (1580-1626))
Korpuskulartheorie - Wellentheorie
Seit dem 17. Jahrhundert standen sich zwei rivalisierende Auffassungen gegenüber: Die von
Isaac Newton (1643-1727) vertretene Teilchentheorie (Korpuskulartheorie) und die von dem
niederländischen Physiker Christiaan Huygens (1629-1695) formulierte Wellentheorie des
Lichts. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts geht man davon aus, dass Licht sowohl Teilchenals auch Welleneigenschaften besitzt. Newton verdanken wir die Entdeckung, dass weißes
Licht eine Art Mischung aus den verschiedenen Spektralfarben ist.
Wir betrachten heute in der Physik Licht aus wellentheoretischer Sicht als
elektromagnetisches Phänomen. Alle elektromagnetische Wellen sind grundsätzlich gleich,
sie unterscheiden sich nur in Hinblick auf ihre Wellenlänge. Sichtbares Licht macht nur einen
kleinen Teil des gesamten elektromagnetischen Spektrums aus.
Der Weg des Lichts im menschlichen Auge
ein in das Auge einfallender Lichtstrahl passiert Cornea, Kammerwasser, Pupille, Linse,
dann weiter den Glaskörper und trifft schließlich auf der Augenrückwand auf die Netzhaut
(Retina). In der Retina liegen die Fotorezeptoren, das sind jene Zellen, die Licht in nervöse
Erregungsimpulse umwandeln.
Die gebündelnden Axone – der Sehnerv – muss – zusammen mit den Blutgefäßen – also
durch die Retina hindurch die Augenhöhle verlassen. Die Retina hat dort eine überraschend
große „blinde Region“, den sogenannten „blinden Fleck“.
Fotorezeptoren
Es gibt zwei Arten von Fotorezeptoren: Nach ihrem Aussehen im Mikroskop werden sie als
Stäbchen und Zapfen bezeichnet. Die in der Peripherie der Retina (in etwa 120 Millionen)
konzentrierten Stäbchen sind bei geringer Beleuchtung aktiv; sie vermitteln lediglich
Helligkeitsunterschiede – also Grauabstufungen. Man spricht von skotopischem Sehen. Die
in etwa 7 bis 10 Millionen Zapfen im Zentrum der Retina sind für das Farbensehen
(fotopisches Sehen) verantwortlich.
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