Zoeliakie, Standard und News Vortrag von Univ.-Prof. Dipl.Ing. Dr. H. VOGELSANG Univ.Klin. Innere Med. IV Abt. f. Gastroenterologie/ AKH-Wien Als Prof. Vogelsang 1991 begann, sich speziell der Zoeliakie zu widmen, sagte man ihm das lohne sich wissenschaftlich gesehen nicht. Damals hatte man Frequenzen von 1/10 000 später von 1/1000. Nach einem Screening, wo Menschen untersucht wurden, ob sie Beschwerden hatten oder nicht, sprechen die neuesten Daten von einer Prävalenz von 1/200, in manchen Ländern sogar von 1/100. Prevalence of celiac disease based on clinical or screening data Geographic area Prevalence on clinical diagnosis a Prevalence on screening data Brazil Denmark Finland Germany Italy Netherlands Norway Sahara Slovenia Sweden United Kingdom United States ? 1:10,000 1:1000 1:2300 1:1000 1:4500 1:675 ? ? 1:330 1:300 1:10,000 1:400 1:500 1:130 1:500 1:184 1:198 1:250 1:70 1:550 1:100 1:112 1:111 1:3345 1:266 Worldwide (average) A Classical gastrointestinal symptoms. Vor 15 Jahren waren in der AKH von Prof. Vogelsang 30 Patienten mit Zoeliakie bekannt. Es handelte sich lediglich um klinische Diagnosen, d.h. Patienten die aufgefallen sind durch Symptome. Inzwischen sind in der Zoeliakieabteilung 752 Patienten registriert: 28% Männer und 72% Frauen. Das mittlere Diagnosealter beträgt 33 Jahre (0,5 – 84). Pro Woche werden 1 – 2 Biopsien durchgeführt. Man arbeitet eng mit einem Kinderarzt (OA Dr. Huber) zusammen. Für Erstberatungen hat man eine Diätassistentin zur Verfügung. Weil hier die häufigsten Fehler passieren, arbeitet man eng mit einem Pathologen (Prof. Chott) zusammen. Vor 20 Jahren wurde angenommen, dass Zöeliakie eine reine Kindererkrankung sei. Im Gegensatz dazu wird heutzutage weniger als 50% im Kindheitsalter (immer seltener im Säuglingsalter - ca. 1. Lebensjahr – sondern eher symptomärmer bis zum 8 Lj.) und mehr als die Hälfte im Erwachsenenalter in allen Lebensdekaden, diagnostiziert. Im Prinzip kann jeder Zoeliakie haben. Auf Grund seines Aussehens kann man einen ZoeliakiePatienten nicht von anderen Menschen unterscheiden, außer er ist schwer erkrankt. 60% aller Patienten haben keine typischen Symptome, die den Arzt zunächst zur Diagnose führen. Am ehesten leiden die Patienten unter Blähungen, Stuhlveränderungen, nicht unbedingt Durchfall, gelegentlich breiigere Stühle, Gelegentlich Gewichtsverlust, aber nicht unbedingt, oft auch niedriges Gewicht (sie können so viel essen wie sie wollen und nehmen nicht zu), oft gab es in der Kindheit schon Phasen wo es ihnen nicht gut ging. Compte rendu du 8.5.2005 1 13/05/16 Auf Grund der typischen Laborbefunde in normalen Blutanalysen, die gelegentlich zur Kontrolle bei gesunden Menschen gemacht werden, kann kaum Zoeliakie diagnostiziert werden. Deshalb dauert es oft jahrelang bis jemand darauf kommt, dass es Zoeliakie sein könnte. Am ersten fällt ein Eisenmangel verbunden mit einer Anämie, Hämoglobinmangel, sowie eine leichte Erhöhung der Leberwerte AST oder GPT auf. Vitaminmängel werden primär nicht kontrolliert. Definition Das Wesentliche an der Definition der Zoeliakie-Diagnose ist, dass sie eine Zottenatrophie, also eine Verminderung der Zotten in der Dünndarmschleimhaut (Duodenum) mit einer Verlängerung der Krypten (Kryptenhyperplasie) bestätigt. Zwischen den Darmzellen tritt eine Vermehrung der Lymphozyten auf (+ intraepitheliale Lymphozyten >40 IEL/100 Epithelzellen). Unter glutenfreier Diät sollen diese Patienten dann beschwerdefrei sein. Bei jenen welche vorher keine wesentlichen, erkennbaren Symptome hatten, ist das schwer kontrollierbar. Heutzutage sind Kontrollbiopsien nur bei primär asymptomatischer Zoeliakie nötig und die Glutenbelastung in seltenen, unklaren Fällen. Früher ist man davon ausgegangen, dass im Darm von Zoeliakie-Patienten nichts besonderes zu sehen sei. Später begann man dann durch Gastroskopien, dem Zwölffingerdarm Gewebeproben zu entnehmen. Unter der Lupe sieht man eine mosaikartige Veränderung an den Falzen im Zwölffingerdarm. Dies soll auf jeden Fall dazu führen, dass biopsiert wird. Man sollte überhaupt dazu propagieren, bei allen Gastroskopien mit ähnlichen Beschwerden wie bei Zoeliakie, Gewebeproben zu entnehmen. Auf diese Weise könnte man häufiger und früher die Zoeliakie diagnostizieren. Zottenatrophie gibt es in geringerem Maße auch bei anderen Erkrankungen. Zu bemerken ist allerdings, dass nur bei der Zoeliakie endomysiale oder Tissue-Transglutaminase Antikörper auftreten.. Bei all den anderen Erkrankungen sind die negativ. Wichtig ist der Befund des Pathologen unter dem Mikroskop. Lange existierte kein einheitliches Befundungsschema. Die Befunde lauteten: Befund wie bei Zoeliakie Zoeliakie nicht ausschließbar Vereinbar mit Zoeliakie Da diese Befunde schwer verwendbar waren, wurde ein einheitliches Befundungsschema erstellt, die sogenannten Marshkriterien (nach dem britischen Pathologen M.N.Marsh): Marsh 0-2 : normale bis leichtveränderte Schleimhaut mit vermehrten Lymphozyten und Kryptenhyperplasie (dies bedeutet noch keine Zöliakie) Marsh 3 umfasst verschiedene Stadien der Zottenatrophie, von partieller bis totaler Zottenatrophie (also Zöliakie) Marsh Stadien Marsh 0: 0: normale Mukosa Marsh 1: 1: intraepitheliale Lymphozyten Marsh 2: 2: Kryptenhyperplasie Marsh 3 3a: partielle Zottenatrohie 3b:subtotale Zottenatrophie 3c:totale Zottenatrophie Compte rendu du 8.5.2005 2 13/05/16 Klinische Formen der Zöliakie Es gibt bei der Zöliakie eine mehrfache Eisbergtheorie. Nur ein Teil der Erkrankten ist leicht sichtbar über der Wasserfläche, d.h. nur ein Teil erkennt man auf Grund ihrer typischen Symptome: Blähungen, Durchfälle, Gewichtsabnahme (was man Malabsorption nennt). Diese Form nennt man auch aktive Zöliakie. Das häufigere Auftreten nennt man stumme Zöliakie d.h. hier sind keine typischen Bauchsymptome vorhanden (60%). Eine andere Form ist die sogenannte latente Zöliakie, die gelegentlich vorkommt, wenn jemand als Kind diagnostiziert wurde, dann die Diät abgesetzt hat und nicht gleich wieder eine Zöliakie mit Zottenatrophie entwickelt hat. Zu Bedenken ist, dass hier jederzeit wieder eine Zöliakie auftreten kann, das kann bis zu 13 Jahren dauern. Dann gibt es noch die potentielle Zöliakie die heutzutage immer häufiger diagnostiziert wird, weil man gute Antikörper hat. Endomysiale Antikörper können schon positiv sein, bevor eine Zottenatrophie nachweisbar ist. Wege zur Zöliakie Es gibt zwei Wege zur Z. zu kommen. Der einfachste Weg ist, wenn Patienten typische Beschwerden haben: Durchfälle und Gewichtsabnahme, dann wird man primär darauf drängen eine Biopsie durch Gastroskopie zu entnehmen. Schwieriger wird es, wenn eher untypische Symptome vorhanden sind, vielleicht nur Eisenmangel. Nicht jeder mit Eisenmangel will sich sofort gastroskopieren lassen. Deshalb zuerst immer die endomysialen und die Tissue-Transglutaminase Antikörper im Blut kontrollieren und wenn diese positiv sind dann wird man zur Diagnose auf jeden Fall die Biopsie entnehmen. Die endomysialen Antikörper sind abhängig vom Vorhandensein vom Immunglobulin A. Etwa 10% der Z.-Patienten können kein Immunglobulin A bilden und in diesen Fällen sind die Antikörper dann fälschlicherweise negativ. Dann muss man sich über andere Antikörper behelfen. Es gibt sehr gute Antikörper mit deren Hilfe man frühzeitig auf Z. suchen kann.(dazu später) In Österreich wurden einige Indikationen für ein Zöliakie-Screening aufgestellt: Screening 1: Malabsorption, Durchfälle, Untergewicht Eisenmangel (ein sicheres Risiko dass Z. dahintersteckt, wenn Frauen nach der Menopause noch immer Eisenmangel haben) Vitamin- u. Spurenelementmängel wenn Osteoporose frühzeitig auftritt Screening 2 : Dermatitis herpetiformis Duhring Lymphocytäre Gastritis / lymphocytäre Colitis Verwandte von Zöliakiepatienten Assoziierte Erkrankungen (Diabetes mellitus, Schilddrüsenerkrankungen, kryptogenetische Lebererkrankungen, Epilepsie mit intracerebralen Verkalkungen, nonhereditäre Ataxie, intestinal non-Hodgkin Lymphome) In diesen Fällen kann man nicht mehr von einem Screening reden, hier ist es Diagnose. Compte rendu du 8.5.2005 3 13/05/16 Wie entsteht Zöliakie eigentlich? Drei wichtige Voraussetzungen für die Entstehung der Z.: Zöliakiegenese eine genetische Veranlagung (HLA DQ2 oder DQ8 positiv) 2. Prolamine, Gliadine, Gluten muss zugeführt werden 3. das Enzym, TissueTransglutaminase, zum Vorverdauen des Prolamin. 1. Genetische Disposition Glutenzufuhr (z.B. DQ2/DQ8 +) (z.B. Breinahrung) Glutensensitivität Aktivierung der mukosalen T-Lymphozyten (Granzyme B + intraepithel. Lymphozyten) Der erste Schritt bei der Z. ist der, dass Gliadin zugeführt wird (d.h. Babys die noch keine glutenhaltige Nahrung bekommen haben, können keine Z. entwickeln). 1.Gliadin 2.Infection, Operation, Schwangerschaft 5. Zottenatrophie 3.Tissue-transglutaminase 6. IgA-TTG 4. DQ2/DQ8-Receptor Normalerweise ist die Schleimhaut eine Barriere und das Gliadin kann nicht eindringen. Erst durch eine Infektion, eine Operation oder eine Schwangerschaft wird die Permeabilität (Durchlässigkeit) erhöht und das Gliadin kann in das Gewebe eindringen und trifft hier auf das Enzym, die TissueTransglutaminase. Nachdem es von der Tissue-Transglutaminase verändert wurde, kann es an die Immunzellen DQ2 oder DQ8 ankoppeln, denn nur diese haben die speziellen Rezeptoren an der Compte rendu du 8.5.2005 4 13/05/16 Oberfläche. (Diese Vorverdauung muss vorhanden sein, damit das Gliadin weiterverarbeitet werden kann). Diese Macrophagen (Immunzellen) alarmieren dann ⇨ die Lymphzellen, die sich vermehren und ⇨ Giftstoffe erzeugen, die schließlich zu einem ⇨ Verschwinden der Zotten führen und unabhängig davon auch vermehrt Antikörper, wie Tissue-Transglutaminase oder Gliadinantikörper erzeugen. Man weiß schon lange, dass Z. ein genetisches Phänomen ist, dass es familiär gehäuft auftritt: Eineiige Zwillinge 86% Zweieiige Zwillinge 20% Geschwister 20 – 60% Erstgradige Verwandte 10% Zweitgradige Verwandte nur 1/5 von diesem Risiko. Je ähnlicher Familienangehörige von der Genetik her sind, desto häufiger sind mehrere von der Z. betroffen. Ein Familienscreening ist sehr wichtig, obwohl die meisten keine Beschwerden haben und nicht bereit sind sich Untersuchungen zu unterwerfen, um dann vielleicht eine unangenehme Diät auferlegt zu bekommen. Primär dosiert man bei Familienscreenings die Antikörper. Man kann auch das HLA bestimmen, um zu erfahren ob die Familienangehörigen überhaupt jemals eine Z. entwickeln können. Die Diagnose muss natürlich auch durch Biopsie erfolgen. HLA class I Kindliche und erwachsene Zöliakie haben verschiedene Anlagen Vogelsang , Dig Dis Sci 2003 Es gibt gewisse Hinweise, dass Patienten, die Z. als Kind oder als Erwachsener entwickeln, wahrscheinlich verschiedene Anlagen haben. Man hat nachgewiesen, dass Kinder und Erwachsene verschiedene genetische Phänomene haben. Je jünger Patienten diagnostiziert werden, desto seltener haben sie HLA DQ8. Wahrscheinlich steckt bei denen die als Kind übersehen wurden auch eine Compte rendu du 8.5.2005 5 13/05/16 verschiedene genetische Veranlagung dahinter. Es gibt Patienten bei denen im Kindesalter nie irgendetwas von der Symptomatik auf Z. gegeben war. Ganz sicher ist, dass 96% der Zöliakie-Patienten HLA DQ2 oder DQ8 positiv sind. Bei 87% kann man den Marker DQ2 an der Oberfläche der Macrophagen im Blut nachweisen. Bei DQ8 sind es 5-8%. Die Macrophagen haben Oberflächenrezeptoren in die das Gliadin haargenau passt, und nur so kann die Erkrankung entstehen. Der HLA-Typ ist nur einer der wesentlichen Gene die an der Z. beteiligt sind. Im Stadium der Forschung gibt es verschiedene andere Theorien für Gene auf Chromosom 5, 2, 19, 9. Hier könnten auch in Zukunft gewisse Ansätze für andere Therapien entstehen. Antikörper Nirgends in der Medizin gibt es so gute Tests wie bei der Zöliakie: die endomysialen Antikörper und die Tissuetransglutaminase Antikörper. Beide sind üblicherweise Ig-Antikörper und beide haben eine Empfindlichkeit und eine Spezifizität von über 95%. Die älteren Anti-Gliadin-Antikörper sind nicht so gut geeignet, da sie bei ¼ der Patienten falsch sind. Allerdings nichts in der Medizin ist 100%ig. Je fortgeschrittener die Veränderungen der Schleimhaut, desto verlässlicher sind die endomysialen Antikörper. Bei frühen Stadien sind die Antikörper sehr selten positiv. Da man das weiß, ist die Gewebsprobe (Biopsie) den Antikörpern weitaus überlegen. Ein weiteres Problem ist der IgA-Mangel (Immunglobulin-A). Die endomysialen- sowie die TissueTransglutaminase Antikörper sind alles IgA-Antikörper. Bei 10% der Patienten muss man damit rechnen, dass sie die IgA-Antikörper nicht haben. Hier verwendet man die IgG- TissueTransglutaminase und es ist bewiesen, dass diese bei IgA-Mangel-Patienten auch eine hohe Sensitivität und Spezifizität (99%) haben. Die IgG-Antikörper werden bei Nicht-Mangel-Patienten primär nicht verwendet, da sie hier keine hohe Sensitivität aufweisen. Die glutenfreie Diät Ärzte, die nicht genau Bescheid wissen, machen immer wieder den groben Fehler, eine Diät zu verordnen bevor die Diagnose der Z. gestellt wurde. Die Antikörper sind dann nicht mehr sicher verwertbar, die Histologie ist verwischt und es sind wieder unangenehme Glutenbelastungen nötig. Da es sich um eine genetische Veranlagung handelt, muss die Diät lebenslänglich und sehr streng sein. In der Klinik von Prof. Vogelsang wird nach der Diagnose sofort eine Diätassistentin zu Rate gezogen. Nur diese hat genügend Zeit und Kenntnisse um sich dem Patienten zu widmen. Die meisten Ärzte wissen über die Diät viel zu wenig, um eine ausreichende glutenfreie Beratung zur Verfügung zu stellen. Es ist wichtig Mitglied einer Patientenselbsthilfegruppe zu sein, wo man regelmäßig die neuesten Informationen bekommt Compte rendu du 8.5.2005 6 13/05/16 Vergleich von EMA und TTG-Ak bei Glutenbelastung Normalisierung unter glutenfreier Diät N o r m a l i s i e r u n g Es ist wichtig zu wissen, dass Antikörper von der Glutenzufuhr abhängen. 3-6 Monate nach Beginn der glutenfreien Diät haben sich die Antikörper üblicherweise normalisiert. Das ist auch ein Zeichen, dass die Diät gut befolgt ist. Der Permeabilitätstest Permeabilität heißt Durchlässigkeit. Die Schleimhaut wird durchlässig für Gliadin, wenn sie durch Infektion mit Bakterien geschwächt ist. In Wien testet man mit einem 3fachen Zuckertest. In diesen Zuckerlösungen ist - Saccharose - Lactulose - Mannitol Diese Lösung wird auf nüchternen Magen getrunken und während 5 Stunden wird der Harn gesammelt. Saccharose im Harn ist ein Hinweis auf eine Magenstörung, wie es häufig auch bei Z. der Fall ist. Sind Lactulose oder Mannitol erhöht, dann weist das auf eine Störung im Dünndarm hin. Ähnlich wie die Antikörper sinkt die Permeabilität für Lactulose und Mannitol kontinuierlich unter Diät. In Wien verwendet man diese Analyse um zu messen wie schnell die Darmschleimhaut wieder in Ordnung kommt. Compte rendu du 8.5.2005 7 13/05/16 Erhö Erhöhte Permeabilitä Permeabilität bei Zöliakie unter Diä Diät 100 Laktulose/ Laktulose/Mannitol 92 91 86 90 80 70 74 70 65 68 % abnormal 60 56 54 51 49 52 50 41 40 50 46 42 38 41 L/M S EMA TTGA IEL 32 28 26 30 20 18 10 0 0 3 6 12 12+ Monate glutenfrei Kontrolle Man weiß aus Biopsiestudien aus Holland, dass nach 2 Jahren erst bei 60% der Erwachsenen die Schleimhaut vollkommen normal ist. Bei Kindern sind es etwa 90%. Da es auch bei strenger Diät länger dauert bis sich die Schleimhaut wieder normalisiert hat, sollte erst nach 2 Jahren ein Kontrollbiopsie gemacht werden. Bei den Kontrollen nach 3, 6 und 12 Monaten, später in jährlichen Abständen fragt man den Patienten ob er noch Blähungen resp. Durchfälle hat, ob er problemlos mit der Diät zurecht kommt. Man kontrolliert die endomysialen sowie die Tissue-Transglutaminase-Antikörper. Man kontrolliert natürlich auch gegebenenfalls ob sich die Eisen- und Leberwerte normalisiert haben. Schließlich wird mit dem Permeabilitätstest geprüft ob sich die Schleimhaut unter der Diät gebessert hat Warum ist es wichtig, dass man sich kontrollieren lässt? Bei einer Patientin ist im Kleinkindesalter Z. festgestellt worden. Sie ist beraten aber nicht kontrolliert worden. Sie ist nur 1,57 m groß geworden, obwohl ihre Eltern wesentlich größer sind. Sie hat auch Veränderungen am Zahnschmelz entwickelt. Das ist ein typisches Zeichen, dass während der Kindheit die Diät nicht richtig eingehalten wurde. Im Adoleszenzalter sieht man, dass die genetischmögliche Größe nicht erreicht wurde. Diätfehler sind meist kein schlechter Wille, sondern Unwissen. Untersuchung über die Striktheit der glutenfreien Diät - ¾ der Patienten halten die Diät sehr streng ein - 15% machen gelegentlich einen Fehler - 10% halten sich überhaupt nicht oder nur gering an die Diät Diese Untersuchung hat ergeben, dass - Frauen die Diät besser einhalten als Männer - die Schulausbildung eine wesentliche Rolle spielt Compte rendu du 8.5.2005 8 13/05/16 - Jüngere die Diät besser befolgen als Ältere (Ältere sind oft verzagt und fragen sich warum sie sich das in ihrem Alter noch antun müssen) - Patienten, welche regelmäßig kontrolliert werden, sich besser an die Diät halten, da sie das nötige Feedback erhalten, wenn etwas nicht in Ordnung ist. - die Sicherheit des Arztes oder Betreuers eine große Rolle spielt , ob die Diät streng befolgt wird oder nicht (wenn der Arzt eine gewisse Freiheit bei der Diät zulässt, schaltet der Patient natürlich sofort um) - die primäre Diätberatung ausschlaggebend ist - Patienten, welche Mitglied einer Patientenselbsthilfegruppe sind, die Diät besser befolgen Die schädlichen Eiweiße im Getreide Die schädlichen Eiweiße, Prolamine genannt, Gliadin beim Weizen, Secalin beim Roggen, Hordein bei der Gerste stellen etwa 10-15% des Proteingehalts dieser Getreide dar. Jedoch nicht alles an diesen Eiweißen ist schädlich. Nur einige Aminosäuren, die in einer gewissen Reihenfolge vorkommen (Glutamin-Glutamin-Glutamin-Proline) sind eine schädliche Sequenz, die sich an die DQ2 positiven Macrophagen ankoppeln können. Wenn es möglich wäre einen genmodifizierten Weizen ohne diese Aminosäurensequenzen zu züchten, wäre dieses Getreide für Z.patienten verträglich. Dies dürfte allerdings nicht so einfach sein, da es mehrere dieser Sequenzen gibt. Wie viel g Gluten sind erlaubt? Eine Normaldiät bei einem Österreicher enthält 15-20 g an Gluten pro Tag. Gliadingehalt und Darmtoxizitä Darmtoxizität Je 10 CDCD-Patienten mit 100, 500, 1000mg Gliadin/d Gliadin/d oral fü für 4 Wochen belastet Klinischer Rü ü ckfall bei 0, 33%, 50% R Pathologische Laborwerte/histologische Verä Veränderungen bei 0, 33 %, 87% IEL(intraepitheliale IEL(intraepitheliale Lymphozyten)Lymphozyten)-Erhö Erhöhung auch bei 100 % mit 100mg/d Catassi,1993 Eine italienische Studie zeigt, dass schon bei 100 mg Gluten/Tag Veränderungen der Schleimhaut sichtbar sind. Diese sind natürlich stärker je mehr Gluten man zuführt. Die Lymphozytenvermehrung tritt schon bei 100 mg Gliadin nach 4 Wochen auf. Kleine Mengen haben also schon große Wirkungen und rufen bei wiederholten Diätfehlern langfristige Schäden hervor. Man sollte sich jedoch nicht verrückt machen, dass Kleinigkeiten untergemischt sind. Aus Erfahrung kann Prof. Vogelsang behaupten, dass Patienten die bewusst Gluten meiden, keine Probleme haben. Wie ist Hafer verträglich? Beim Hafer heißt das Prolamin: Avenin. 4 Becher Weizenmehl haben etwa 4 g = 4000 mg an Gluten. Hafer hat nur etwa 1,7 g = 1700 mg von den Prolaminen. Die Struktur der Eiweiße vom Hafer ist relativ weit entfernt von denen des Weizens. Deshalb vertragen die meisten Z.-Patienten reinen Hafer. In einer schwedischen Studie wurden 19 Patienten getestet und haben 12 Wochen lang täglich 50 g reinen Hafer gegessen. Nur einer entwickelte eine schwere Schädigung der Schleimhaut und auch eine D.H.D. Wichtig ist es aber zu reinem Hafer zu kommen, was nicht so einfach ist. Reiner Hafer ist im Allgemeinen für Zöliakiepatienten nicht schädlich, bei einzelnen Patienten besteht jedoch eine erhöhte Empfindlichkeit für Hafer, weshalb eine haferhaltige Diät genauer Kontrollen bedarf. Compte rendu du 8.5.2005 9 13/05/16 Zum Verlauf Z. ist eine der positivsten Veranlagungen die man haben kann. 90% der Patienten sind kurz nach der glutenfreien Diät beschwerdefrei. Bei älteren Menschen dauert es etwas länger. Die Diät sollte streng eingehalten werden, denn bei Nichtbeachtung oder bei Diätfehlern, kann es zu folgenden Komplikationen kommen: - Frauen entwickeln häufiger Fehlgeburten - Es kommt häufiger zu Auto-Immun-Erkrankungen (man weiß noch nicht ob sie durch die Diät unterbindbar sind) - Es kommt häufiger zu Knochenbrüchen (vor der Diät oder wenn diese nicht eingehalten wurde) - Lymphdrüsenkrebs im Dünndarm (3fach erhöht wenn man die Diät nicht einhält) Diagnostisches Vorgehen bei Verdacht auf refraktä refraktäre Zöliakie DefinitionDefinition- Refractory celiac disease RCD – severe villous atrophy mimicking celiac disease but refractory to glutenfree diet SerumSerum-Antikö Antikörper (endomysial, endomysial, TissueTissuetransglutaminase) transglutaminase) Duodenalbiopsie No overt signs of lymphoma Marsh? IEL? Immunohistochemie (CD3+CD8(CD3+CD8-?) TCR ?) TCR Gene Rearrangement (monoklonal (monoklonal?) DQ2/DQ8 ? Enteroskopie (Jejunitis) Jejunitis) FDGFDG-PETPET-Scan (fokal (fokal intestinaler SUV>6 )Lymphom? Lymphom? Bei weniger als 2% kommt es zu der schweren Erkrankungsform, der refraktären Sprue. Therapy of RCD Strict glutenfree diet (?!) Prednisolon 1mg/kg/d Azathioprine 2 mg/kg/d Cyclosporine ILIL-10 ? Infliximab ? Es gibt viele assoziierte Erkrankungen: - Dermatitis Herpetiformis Duhring - Schilddrüsenerkrankungen (Ober- und Unterfunktion) - Diabetes Mellitus Compte rendu du 8.5.2005 10 13/05/16 - Collagenosen (Gelenkerkrankungen) - Haarausfall - Lebererkrankungen (Zirrhosen, die nicht Alkohol zugeordnet werden können) - Ataxie - Epilepsie - Colitis ulcerosa Nach 5jähriger Diät besteht praktisch kein Lymphomrisiko mehr. Am häufigsten treten Lymphkrebse im Dünndarm auf, wenn die Diagnose nach dem 50. Lebensjahr gestellt wurde. EATCL‘ EATCL‘s und PET EATCL‘ EATCL‘s may be diagnosed by FDGFDG-PET and calculation of SUV (>6) No signicant hot spots in the gut of celiac patients (only diffuse accumulation with low SUV) Bei Verdacht eines Lymphoms ist das sogen. Pet-Scan die beste Untersuchung, weil man hier mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Veränderungen erkennen kann. Hoffmann ,Gut 2003 News Es gibt viele Ideen, wie man die Behandlung von Zöliakie vereinfachen könnte. Permeabilität und Zöliakiegenese Das Erste wäre die Permeabilität zu verändern, die Barriere im Dünndarm zu stabilisieren. Compte rendu du 8.5.2005 11 13/05/16 Zukunftsvision für Diabetiker und Zöliakiepatienten: Ein Eiweiß das die Permeabilität stabilisiert. Dieses Eiweiß wirkt einem anderen Eiweiß dem Zonulin (welches die Permeabilität erhöht) entgegen. Es geht darum die Schleimhautdurchlässigkeit im Darm zu stabilisieren, so dass Antigene nicht in den Darm eindringen und hier die T-Zellen zu einer Schleimhautatrophie anregen können. Im Tierversuch, gab man Ratten den Hemmer FZ 101, den Gegenspieler von Zonulin, und konnte so die Zuckerkrankheit verhindern. Für Z. ist jedoch noch nicht nachgewiesen, dass gewisse Mechanismen wirksam werden und zur Verhinderung der Erkrankung führen. Man weiß nämlich nicht sicher, ob die Permeabilität das primäre Problem bei der Z. ist, ob nicht andere Dinge sich abspielen, die die Permeabilität überhaupt nicht benötigen. Wenn man mit solchen Medikamenten behandeln will, müsste man lebenslänglich, kontinuierlich Medikamente einnehmen. Bei jeder kleinen Infektion, bei jeder kleinen Möglichkeit, dass die Schleimhautbarriere geschädigt wird, und das könnte schon durch andere Medikamente sein, könnte Gliadin eindringen. Es bestehen große Zweifel ob dieses Prinzip wirksam werden wird. Eine zweite Idee war das Gliadin zu zerlegen. Das Gliadin ist relativ resistent. Es kann im menschlichen Darm durch die Enzyme, durch die vorhandenen Verdauungsfermente üblicherweise nicht gut aufgetrennt werden. Es gibt jedoch Bakterien, die Enzyme haben Gliadin und Bakterielle Zerlegung (PEP) Breakdown and detoxification of 3333-mer gliadin peptide with PEP. (A) RPLCRPLC-UV215 traces of the 3333mer gliadin peptide incubated in vitro with PEP (B) RPLCRPLC-UV215 traces of in vivo digested 3333-mer gliadin peptide (25 µM) with and without PEP (25 mU/ml) in the rat small intestine (residence time = 20 min). (C) Stimulation of T cell clone (specific for QPFPQPELPY) by 3333mer gliadin peptide after PEP and BBM (dipeptidyl (dipeptidyl peptidase activity ) treatment for different durations, durations, followed by tTGase treatment. treatment. Shan , Science 2002 Das Präparat PEP hat dieses Enzym. Wenn man Gliadin mit diesem PEP zusammenbringt, wird ein Großteil des Gliadin zerlegt und man sieht, dass die Teile die bei dieser Zerlegung entstanden sind keine Antwort mehr bei den Lymphzellen auslösen, was offensichtlich die wesentliche Antwort bei der Z. ist. Man hat ein Konzept entwickelt Gluten durch verschiedene Enzyme zu zerlegen. Compte rendu du 8.5.2005 12 13/05/16 Enzymatische Entgiftung von Gluten Zu den Enzymen, die im menschlichen Darm vorhanden sind (Pepsin, Trypsin, Elastase, Peptidase) gibt man das bakterielle Enzym PEP und die Wunschvorstellung ist ein entgiftetes Gluten zu erhalten Enzymatische Ent Marti, J Pharm Exp Ther 2004 Wenn man dieses vorverdaute Gluten in Zusammenhang mit Lymphzellen bringt, sollten diese weniger reagieren. Die Idee des Enzympräparates ist natürlich faszinierend. Ein Enzym, das ähnlich wie bei den DQ2 das genau auf das Gliadin passt, das das Gliadin in seine Fangarme aufnehmen kann, sich speziell auf das Gluten stürzt und es zerlegen kann. Es gibt praktisch kein Enzym in der Natur, das einen 100% Abbau von einer Substanz macht. Kleine Mengen von Gliadin sind immer noch schädlich für den Betroffenen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass mit so einer Enzymgabe alles Gliadin beseitigt wird. Es könnte ausreichen im Darm des Z.Patienten einen Schaden anzurichten. Es gibt noch eine bessere Idee, wie man Z. behandeln könnte: In Italien, wo die Forschung bezüglich Z. sehr gefördert wird, befasst man sich mit einer Toleranzerzeugung gegen Gliadin. Gliadin ist im weitesten Maße allergienverwandt. Wie bei einer Nahrungsmittelallergie möchte man eine Desensibilisierung vornehmen. Man steigert die Mengen des Allergens immer mehr und macht den Patienten tolerant dagegen. Bei Tierversuchen hat man Mäusen Gliadin in die Nasenschleimhaut gegeben. Man hat festgestellt, dass die Stimulation, die Aktivität von Lymphzellen bei den desensibilisierten geringer war als bei denen die nicht diese Behandlung hatten. Man hat die Lymphozyten etwas weniger aktiv werden lassen, aber man hat doch nachweisen können, dass eine beträchtliche Immunstimulation da war. Bei Compte rendu du 8.5.2005 13 13/05/16 komplementären, alternativen Therapien kann man dieses Phänomen auch oft bemerken. Man bemerkt weniger Reaktionen der Lymphozyten aber eine Zottenatrophie ist weiter vorhanden. Diese Tatsache bringt uns nicht wirklich weiter. Wir brauchen eine gesamte Heilung, einen gesamten Wegfall der Aktivierung der Lymphzellen. Prof. Vogelsang glaubt, dass diese Desensibilisierung zwar weniger Beschwerden bringen könnte, aber keine Heilung ohne gleichzeitige glutenfreie Diät. Schlussfolgerung Mit einer Häufigkeitsrate von 1/100 zählt Z. zu den häufigsten gastro-enterologischen Erkrankungen, häufiger als alle entzündlichen Darmerkrankungen. Die niedergelassenen Ärzte wissen meistens nicht, dass häufig keine typischen Bauchschmerzen und keine Durchfälle vorhanden sind. Man kann heute gut nach Antikörpern suchen, aber die Diagnose sollte auf jeden Fall durch eine Biopsie bestätigt werden, denn es handelt sich hier um eine lebenslängliche Diagnose und die sollte nicht nur von einem Laborwert abhängen. Ein einziges Problem gibt es mit den Antikörpern, wenn ein Immunglobulin-A-Mangel besteht. Die Therapie bedeutet eine strikte lebenslange Diät, die sehr schnell besonders bei jüngeren Patienten eine Besserung bringt. Bei schlechter Diätcompliance oder später Diagnose ist das Risiko von Komplikationen und assoziierten Erkrankungen deutlich erhöht. Die neuen Therapieentwicklungen die im Forschungsbereich erst existieren sind bei Weitem noch nicht anwendungsbereit und es gibt beträchtliche Zweifel allgemein ob das wirklich eine entscheidende Möglichkeit für Z.Patienten bringen wird. Prof. Vogelsang findet dass wir glücklich sein können, dass wir mit dieser Veranlagung konfrontiert sind und nicht mit einer der vielen anderen Möglichkeiten. Wir haben wirklich die Möglichkeit ganz gesund zu werden, weil wir uns mit einer Diät gesund essen können. Compte rendu du 8.5.2005 14 13/05/16