Grundkurs Logik

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Grundkurs Logik - 3. Einheit
8. November 2012
Grundkurs Logik - 3. Einheit
Um die Gültigkeit eines Arguments nachzuweisen, haben wir uns
bisher auf die Wahrheitstafelmethode verlassen.
Das kann aber mitunter sehr aufwändig sein!
Man erinnere sich, dass das Überprüfen eines Arguments, das n
atomare Satzbuchstaben enthält, das Überprüfen von 2n
Interpretationen (Zeilen in einer Wahrheitstafel) erfordert
Für ein Argument mit 6 atomaren Satzbuchstaben müssen wir also
schon eine Tabelle mit 64 Zeilen überprüfen!
Grundkurs Logik - 3. Einheit
(Unter anderem) aus diesem Grund hat man verschiedene Kalküle
entwickelt, mit deren Hilfe man überprüfen kann, ob ein Argument
korrekt ist oder nicht.
Anders als der semantische Folgerungsbegriff, nehmen die
verschiedenen Folgerungsbegriffe, die durch verschiedene Kalküle
bestimmt werden, keinen Bezug auf die Semantik von
AL-Aussagen. D.h. Wahrheit oder ähnliche semantische Begriffe
spielen keine Rolle.
Die Folgerungsbegriffe, die sich aus bestimmten Kalkülen ergeben
nehmen wieder nur auf syntaktische Eigenschaften - die Gestalt
von Zeichenreihen - Bezug.
Das Ziel ist also, durch rein syntaktische Manipulationsregeln
von Zeichenreihen einen “vernünftigen” Folgerungsbegriff zu
entwickeln.
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Korrekheit und Vollständigkeit
“Vernünftig” heißt hier, dass der syntaktische Folgerungsbegriff,
der durch einen Kalkül definiert wird, in einem bestimmten Sinn
äquivalent zum semantischen Folgerungsbegriff ist, d.h. dass gilt:
Wenn β syntaktisch aus Σ folgt, dann folgt β auch
semantisch aus Σ (Korrektheit)
Wenn β semantisch aus Σ folgt, dann folgt β auch
syntaktisch aus Σ (Vollständigkeit)
Einen Kalkül, der beide Eigenschaften hat (der sowohl korrekt als
auch vollständig ist), nennt man auch adäquat.
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Korrekheit und Vollständigkeit
Wir werden uns später noch genauer ansehen, wie man nachweisen
kann, dass ein konkreter Kalkül tatsächlich korrekt und/oder
vollständig ist.
Korrektheit ist zwar oft sehr einfach nachzuweisen, aber
Vollständigkeit ist in der Regel sehr viel aufwändiger zu zeigen.
Für den Moment sollte man sich aber klarmachen, dass sowohl
Korrektheit als auch Vollständigkeit auf jeden Fall Desiderata an
jeden Kalkül sind, den man dazu benutzen werden will, um
Argumente auf ihre Gültigkeit hin zu testen.
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Korrekheit und Vollständigkeit
Einerseits: Wäre ein gegebener Kalkül nicht korrekt, so wäre
es möglich mit Hilfe des Kalküls aus wahren Prämissen falsche
Konklusionen abzuleiten! Das will man natürlich nicht!
Andererseits: Wäre ein gegebener Kalkül nicht vollständig,
so wäre der Kalkül inadäquat in dem Sinne, dass er nicht
genug Ressourcen hätte um jedes intuitiv (d.h. semantisch)
gültige Argument auch als solches zu erweisen!
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Typen von Kalkülen
Ganz grob kann man Kalküle in zwei Kategorien einteilen:
1
Axiomatische Kalküle - einige Axiome werden als
“Grundwahrheiten” gesetzt und es gibt nur wenige
Schlussregeln
2
Regelkalküle - wenige (oder gar keine Axiome) werden
gesetzt - dafür gibt es viele Schlussregeln
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Axiomatischer Kalkül a l Frege-Lukasiewicz – AFL
Lukasiewicz
Frege
Der erste Kalkül, den wir uns ansehen werden, der axiomatische
Kalkül nach Frege-Lukasiewicz, kurz AFL, gehört zur Kategorie
der axiomatischen Kalküle. (Benannt nach seinem “Erfinder”
Gottlob Frege und seinem Weiterentwickler, Lukasiewicz).
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Vorbemerkung
Im folgenden betrachten wir die Junktoren “∧” und “∨” als
definiert durch
(α ∨ β) :⇔ (¬α → β) bzw.
(α ∧ β) :⇔ ¬(α → ¬β)
D.h. kommen in Argumenten Zeichenfolgen vor, die “∨” oder “∧”
enthalten, so müssen diese Zeichen durch die Zeichenfolgen ersetzt
werden, die sie definieren.
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Axiomatischer Kalkül a l Frege-Lukasiewicz – AFL
Es gibt hier drei Axiome - genauer gesagt drei Axiomenschemata.
In Wahrheit hat unser Kalkül also unendlich viele Axiome.
(Es gibt auch axiomatische Kalküle, die mit nur zwei, ja sogar mit
nur einem - sehr komplizierten - Axiomenschema auskommen!)
Ausserdem gibt es nur eine Schlussregel, den Modus Ponens
(auch Abtrennungsregel genannt).
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Die Axiome
1
α → (β → α)
2
(α → (β → γ)) → ((α → β) → (α → γ))
3
(¬α → ¬β) → (β → α)
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Die Axiome
Wie bereits erwähnt, handelt es sich um Axiomenschemata, die
keine WFFs unserer Objektsprache AL sind.
Konkrete Axiome (Sätze unserer Sprache) bekommt man erst,
wenn man konkrete WFFs unserer Objektsprache AL für die
Metavariablen α, β, γ einsetzt.
Dies muss in uniformer Weise geschehen, d.h. es müss für dieselbe
Metavariable immer dieselbe WFF eingesetzt werden.
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Beispiele
Aus dem ersten Axiomenschema ergibt sich z.b.:
p → ((p → q) → p)
Man sagt, dass sich “p → ((p → q) → p)” aus dem ersten
Axiomenschema durch Substitution von “p” für “α” und
“(p → q)” für “β” ergibt, und schreibt das - in Beweisen - auch so
auf:
p → ((p → q) → p) (durch Substitution in Axiomenschema 1:
α/p; β/(p → q)
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Weitere Beispiele für korrekte Substitutionen
(p → ¬q) → (¬r → (p → ¬q)) (Subst. in 1: α/(p → ¬q); β/¬r )
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Weitere Beispiele für korrekte Substitutionen
(p → ¬q) → (¬r → (p → ¬q)) (Subst. in 1: α/(p → ¬q); β/¬r )
(¬r → ((p → r ) → s)) → ((¬r → (p → r )) → (¬r → s)) (Subst.
in 2: α/¬r ; β/p → r ; γ/s)
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Weitere Beispiele für korrekte Substitutionen
(p → ¬q) → (¬r → (p → ¬q)) (Subst. in 1: α/(p → ¬q); β/¬r )
(¬r → ((p → r ) → s)) → ((¬r → (p → r )) → (¬r → s)) (Subst.
in 2: α/¬r ; β/p → r ; γ/s)
(¬(p → p) → ¬q) → (q → (p → p)) (Subst. in 3: α/p → p; β/q)
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Schlussregeln
Die einzige Schlussregel des Kalküls ist der Modus Ponens, der
schematisch so dargestellt werden kann:
α
α→β
β
Die Regel besagt also: wenn ich eine Formel α abgeleitet habe und
eine Formel α → β, dann darf ich mit dem Modus Ponens auch β
ableiten. (α (und β) muss natürlich in allen beteiligten Formeln
dasselbe sein.)
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Definition der Ableitung
Definition
Eine Ableitung in AFL der Konklusion β aus den Prämissen Σ ist
eine nummerierte, endliche Folge von AL-Formeln, in deren letzter
Zeile β steht, sodass für jede Formel α in dieser Folge eine der
folgenden Bedingungen erfüllt ist:
1
α ∈ Σ (α ist eine der Prämissen in Σ)
2
α ergibt sich durch Substitution aus einem der drei
Axiomenschemata
3
α ergibt sich aus zwei vorhergehenden Formeln durch
Anwendung der Schlussregel Modus Ponens
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Syntaktischer Folgerungsbegriff I
Einen ersten syntaktischen Folgerungsbegriff erhält man durch
folgende
Definition
β folgt syntaktisch aus Σ (bzgl. AFL) wenn es eine Ableitung (in
AFL) von β aus Σ gibt.
Falls dies der Fall ist schreiben wir auch kurz Σ `AFL β.
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Bemerkungen
Der hier besprochene syntaktische Folgerungsbegriff ist nicht
der einzige, den wir in dieser Vorlesung besprechen werden.
Wir benutzen deshalb ausdrücklich den Index AFL in `AFL .
Wenn aus dem Kontext ersichtlich ist, mit welchem Kalkül wir
es gerade zu tun haben, lassen wir den Index auch öfters weg
und schreiben statt `AFL auch einfach `.
Die beiden Eigenschaften Vollständigkeit und Korrektheit
bzgl. AFL kann man also kurz so anschreiben:
1
2
Wenn Σ `AFL β, dann Σ β (Korrektheit)
Wenn Σ β, dann Σ `AFL β
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Beispiel
Hier ein erstes Beispiel für eine Ableitung in AFL:
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Beispiel
Hier ein erstes Beispiel für eine Ableitung in AFL:
1. p → ((q → p) → p) (Subst. in 1: α/p; β/q → p)
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Beispiel
Hier ein erstes Beispiel für eine Ableitung in AFL:
1. p → ((q → p) → p) (Subst. in 1: α/p; β/q → p)
2. (p → ((q → p) → p)) → ((p → (q → p)) → (p → p)) (Subst.
in 2: α/p; β/q → p; γ/p)
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Beispiel
Hier ein erstes Beispiel für eine Ableitung in AFL:
1. p → ((q → p) → p) (Subst. in 1: α/p; β/q → p)
2. (p → ((q → p) → p)) → ((p → (q → p)) → (p → p)) (Subst.
in 2: α/p; β/q → p; γ/p)
3. (p → (q → p)) → (p → p) (durch Modus Ponens aus Zeilen 1
und 2)
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Beispiel
Hier ein erstes Beispiel für eine Ableitung in AFL:
1. p → ((q → p) → p) (Subst. in 1: α/p; β/q → p)
2. (p → ((q → p) → p)) → ((p → (q → p)) → (p → p)) (Subst.
in 2: α/p; β/q → p; γ/p)
3. (p → (q → p)) → (p → p) (durch Modus Ponens aus Zeilen 1
und 2)
4. p → (q → p) (Subst. in 1: α/p; β/q)
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Beispiel
Hier ein erstes Beispiel für eine Ableitung in AFL:
1. p → ((q → p) → p) (Subst. in 1: α/p; β/q → p)
2. (p → ((q → p) → p)) → ((p → (q → p)) → (p → p)) (Subst.
in 2: α/p; β/q → p; γ/p)
3. (p → (q → p)) → (p → p) (durch Modus Ponens aus Zeilen 1
und 2)
4. p → (q → p) (Subst. in 1: α/p; β/q)
5. p → p (durch Modus Ponens aus Zeilen 3 und 4)
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Anmerkungen
In der Ableitung von eben wurde keine Prämisse benutzt. Wir
konnten also zeigen, dass die Formel p → p syntaktisch aus der
leeren Prämissenmenge folgt, i.e.
{} ` p → p
bzw. genauer
{} `AFL p → p
Sätze, die aus der leeren Prämissenmenge ableitbar sind, nennt
man auch Theoreme (sie sind das syntaktische Äquivalent zu den
Tautologien)
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Anmerkungen
Man beachte, dass diese konkrete Ableitung nur zeigt, dass
“p → p” syntaktisch aus der leeren Prämissenmenge folgt, aber
nicht, dass z.B. auch “¬p → ¬p” ableitbar wäre.
Andererseits kann man die gegebene Ableitung durch geringfügige
(und offensichtliche) Abänderungen so modifizieren, dass man eine
Ableitung von “¬p → ¬p” aus der leeren Prämissenmenge
bekommt.
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Beispiel
Hier die modifizierte Variante:
1. ¬p → ((q → ¬p) → ¬p) (Subst. in 1: α/¬p; β/q → ¬p)
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Beispiel
Hier die modifizierte Variante:
1. ¬p → ((q → ¬p) → ¬p) (Subst. in 1: α/¬p; β/q → ¬p)
2.
(¬p → ((q → ¬p) → ¬p)) → ((¬p → (q → ¬p)) → (¬p → ¬p))
(Subst. in 2: α/¬p; β/q → ¬p; γ/¬p)
Grundkurs Logik - 3. Einheit
Beispiel
Hier die modifizierte Variante:
1. ¬p → ((q → ¬p) → ¬p) (Subst. in 1: α/¬p; β/q → ¬p)
2.
(¬p → ((q → ¬p) → ¬p)) → ((¬p → (q → ¬p)) → (¬p → ¬p))
(Subst. in 2: α/¬p; β/q → ¬p; γ/¬p)
3. (¬p → (q → ¬p)) → (¬p → ¬p) (durch Modus Ponens aus
Zeilen 1 und 2)
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Beispiel
Hier die modifizierte Variante:
1. ¬p → ((q → ¬p) → ¬p) (Subst. in 1: α/¬p; β/q → ¬p)
2.
(¬p → ((q → ¬p) → ¬p)) → ((¬p → (q → ¬p)) → (¬p → ¬p))
(Subst. in 2: α/¬p; β/q → ¬p; γ/¬p)
3. (¬p → (q → ¬p)) → (¬p → ¬p) (durch Modus Ponens aus
Zeilen 1 und 2)
4. ¬p → (q → ¬p) (Subst. in 1: α/¬p; β/q)
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Beispiel
Hier die modifizierte Variante:
1. ¬p → ((q → ¬p) → ¬p) (Subst. in 1: α/¬p; β/q → ¬p)
2.
(¬p → ((q → ¬p) → ¬p)) → ((¬p → (q → ¬p)) → (¬p → ¬p))
(Subst. in 2: α/¬p; β/q → ¬p; γ/¬p)
3. (¬p → (q → ¬p)) → (¬p → ¬p) (durch Modus Ponens aus
Zeilen 1 und 2)
4. ¬p → (q → ¬p) (Subst. in 1: α/¬p; β/q)
5. ¬p → ¬p (durch Modus Ponens aus Zeilen 3 und 4)
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Beispiel
Ersetzt man alle atomaren Aussagebuchstaben in der
ursprünglichen Ableitung durch Metavariablen bekommt man also
ein Beweisschema (ein “Gerüst” für konkrete Beweise). Mit Hilfe
dieses Schemas lässt sich also jeder Satz der Form δ → δ ableiten.
1. δ → (( → δ) → δ) (Subst. in 1: α/δ; β/ → δ)
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Beispiel
Ersetzt man alle atomaren Aussagebuchstaben in der
ursprünglichen Ableitung durch Metavariablen bekommt man also
ein Beweisschema (ein “Gerüst” für konkrete Beweise). Mit Hilfe
dieses Schemas lässt sich also jeder Satz der Form δ → δ ableiten.
1. δ → (( → δ) → δ) (Subst. in 1: α/δ; β/ → δ)
2. (δ → (( → δ) → δ)) → ((δ → ( → δ)) → (δ → δ)) (Subst. in
2: α/δ; β/ → δ; γ/δ)
Grundkurs Logik - 3. Einheit
Beispiel
Ersetzt man alle atomaren Aussagebuchstaben in der
ursprünglichen Ableitung durch Metavariablen bekommt man also
ein Beweisschema (ein “Gerüst” für konkrete Beweise). Mit Hilfe
dieses Schemas lässt sich also jeder Satz der Form δ → δ ableiten.
1. δ → (( → δ) → δ) (Subst. in 1: α/δ; β/ → δ)
2. (δ → (( → δ) → δ)) → ((δ → ( → δ)) → (δ → δ)) (Subst. in
2: α/δ; β/ → δ; γ/δ)
3. (δ → ( → δ)) → (δ → δ) (durch Modus Ponens aus Zeilen 1
und 2)
Grundkurs Logik - 3. Einheit
Beispiel
Ersetzt man alle atomaren Aussagebuchstaben in der
ursprünglichen Ableitung durch Metavariablen bekommt man also
ein Beweisschema (ein “Gerüst” für konkrete Beweise). Mit Hilfe
dieses Schemas lässt sich also jeder Satz der Form δ → δ ableiten.
1. δ → (( → δ) → δ) (Subst. in 1: α/δ; β/ → δ)
2. (δ → (( → δ) → δ)) → ((δ → ( → δ)) → (δ → δ)) (Subst. in
2: α/δ; β/ → δ; γ/δ)
3. (δ → ( → δ)) → (δ → δ) (durch Modus Ponens aus Zeilen 1
und 2)
4. δ → ( → δ) (Subst. in 1: α/δ; β/)
Grundkurs Logik - 3. Einheit
Beispiel
Ersetzt man alle atomaren Aussagebuchstaben in der
ursprünglichen Ableitung durch Metavariablen bekommt man also
ein Beweisschema (ein “Gerüst” für konkrete Beweise). Mit Hilfe
dieses Schemas lässt sich also jeder Satz der Form δ → δ ableiten.
1. δ → (( → δ) → δ) (Subst. in 1: α/δ; β/ → δ)
2. (δ → (( → δ) → δ)) → ((δ → ( → δ)) → (δ → δ)) (Subst. in
2: α/δ; β/ → δ; γ/δ)
3. (δ → ( → δ)) → (δ → δ) (durch Modus Ponens aus Zeilen 1
und 2)
4. δ → ( → δ) (Subst. in 1: α/δ; β/)
5. δ → δ (durch Modus Ponens aus Zeilen 3 und 4)
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Beispiel
Hier noch ein einfaches Beispiel, das zeigt: {¬p → ¬¬q, ¬q} ` p
1. (¬p → ¬¬q) → (¬q → p) (Subst. in 3: α/p; β/¬q)
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Beispiel
Hier noch ein einfaches Beispiel, das zeigt: {¬p → ¬¬q, ¬q} ` p
1. (¬p → ¬¬q) → (¬q → p) (Subst. in 3: α/p; β/¬q)
2. ¬p → ¬¬q (Prämisse)
Grundkurs Logik - 3. Einheit
Beispiel
Hier noch ein einfaches Beispiel, das zeigt: {¬p → ¬¬q, ¬q} ` p
1. (¬p → ¬¬q) → (¬q → p) (Subst. in 3: α/p; β/¬q)
2. ¬p → ¬¬q (Prämisse)
3. ¬q → p (mit Modus Ponens aus 1 und 2)
Grundkurs Logik - 3. Einheit
Beispiel
Hier noch ein einfaches Beispiel, das zeigt: {¬p → ¬¬q, ¬q} ` p
1.
2.
3.
4.
(¬p → ¬¬q) → (¬q → p) (Subst. in 3: α/p; β/¬q)
¬p → ¬¬q (Prämisse)
¬q → p (mit Modus Ponens aus 1 und 2)
¬q (Prämisse)
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Beispiel
Hier noch ein einfaches Beispiel, das zeigt: {¬p → ¬¬q, ¬q} ` p
1.
2.
3.
4.
5.
(¬p → ¬¬q) → (¬q → p) (Subst. in 3: α/p; β/¬q)
¬p → ¬¬q (Prämisse)
¬q → p (mit Modus Ponens aus 1 und 2)
¬q (Prämisse)
p (mit Modus Ponens aus 3 und 4)
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Für was braucht man Kalküle?
Eine natürliche Frage ist: Für was braucht man eigentlich Kalküle,
um zu entscheiden, ob ein Argument gültig ist - wo uns doch die
Wahrheitstafelmethode zur Verfügung steht?
Darauf gibt es mehrere Dinge zu sagen:
Grundkurs Logik - 3. Einheit
1
Obwohl dies für den besprochenen Kalkül nicht unbedingt
zutrifft, ist es im Allgemeinen einfacher, eine Ableitung in
einem Kalkül zu finden, als eine Wahrheitstafel zu machen man erinnere sich an die Tatsache, dass ein Argument mit 6
Satzbuchstaben bereits eine Wahrheitstafel mit 64 Zeilen
erforderlich macht!
2
Der syntaktische Folgerungsbegriff ist in einem bestimmten
Sinn ein finiter Begriff - im Gegensatz zum semantischen
Folgerungsbegriff: Man erinnere sich daran, dass das Testen
auf semantische Gültigkeit eigentlich die Überprüfung von
unendlich vielen Bewertungsfunktionen (Interpretationen)
erfordert. Syntaktische Gültigkeitkeit ist aber schon gezeigt
durch eine Ableitung - und die ist per definitionem etwas
endliches.
3
Man erinnere sich auch daran, dass unendliche
Prämissenmengen nicht ausgeschlossen wurden:
Grundkurs Logik - 3. Einheit
Wie kann man z.B. zeigen dass aus der unendlichen
Prämissenmenge
Σ := {p1 , p1 → p2 , p1 → (p2 → p3 ), ...}
die Konklusion
β := p2012
folgt?
Grundkurs Logik - 3. Einheit
Gemäßunserer Definition von semantischer Gültigkeit müssten wir
alle Interpretationen durchchecken, in denen alle Prämissen wahr
sind und prüfen, ob in all diesen Interpretationen auch die
Konklusion wahr ist.
Aber es gibt unendlich viele solche Interpretationen!
Eine Wahrheitstafel ist aber ein wesentlich “endliches Gebilde”,
d.h. man kann die Wahrheitstafelmethode nur für Argumente mit
endlich vielen Prämissen benutzen.
Grundkurs Logik - 3. Einheit
Andererseits ist es - selbst im axiomatischen Kalkül - sehr einfach
(wenn auch recht langwierig), die Konklusion aus der
Prämissenmenge abzuleiten. Die ersten paar Zeilen einer Ableitung
würden etwa so aussehen:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
p1
p1
p2
p1
p2
p3
...
(Prämisse)
→ p2 (Prämisse)
(Modus Ponens auf 1, 2)
→ (p2 → p3 ) (Prämisse)
→ p3 (Modus Ponens auf 1, 4)
(Modus Ponens auf 3, 5)
Grundkurs Logik - 3. Einheit
Die Korrektheit des Kalküls garantiert uns ausserdem, dass ein
Argument semantisch gültig ist, falls wir eine konkrete Ableitung
im Kalkül gefunden haben.
Anstatt direkt zu argumentieren, dass aus den unendlich vielen
Prämissen {p1 , p1 → p2 , p1 → (p2 → p3 ), ...} die gewünschte
Konklusion p2012 semantisch folgt, kann man also argumentieren:
1
Die Konklusion folgt syntaktisch aus den Prämissen
2
Wegen der Korrektheit des Kalküls AFL folgt die Konklusion
deshalb auch semantisch aus den Prämissen
Grundkurs Logik - 3. Einheit
Von besonderer Bedeutung ist hier die Vollständigkeit von AFL:
sie garantiert uns nämlich, dass immer WENN ein Argument
semantisch gültig ist, dies im Kalkül auch nachweisbar ist.
Es kann zwar mitunter lange dauern - die Vollständigkeit garantiert
uns aber, dass es wir eine Ableitung finden werden (wenn wir nur
lange genug systematisch suchen), falls das gegebene Argument
semantisch gültig ist.
Grundkurs Logik - 3. Einheit
Dennoch stimmt es, dass Kalküle für die Aussagenlogik nicht die
theoretische Wichtigkeit haben, die sie für die Prädikatenlogik
haben. Für Argumente mit endlich vielen Prämissen steht uns zumindest prinzipiell - immer die Wahrheitstafelmethode als Test
auf Gültigkeit zur Verfügung.
Aufgrund der komplizierteren Semantik der Prädikatenlogik gibt es
aber keine solche Methode für die Prädikatenlogik: D.h. es gibt
kein Verfahren, das es uns erlaubt, für ein beliebiges
prädikatenlogisches Argument (selbst mit der Einschränkung auf
endliche Prämissenmengen) zu entscheiden, ob es semantisch
gültig ist oder nicht.
⇒ (Vollständige und korrekte) Kalküle sind hier also von
besonderer Bedeutsamkeit!
Grundkurs Logik - 3. Einheit
Problem mit AFL
Wenn man sich etwas näher mit dem Kalkül AFL beschäftigt, wird
einem bald auffallen, dass es zwar einfach ist, nachzuvollziehen
wann eine Ableitung korrekt ist; es aber andererseits sehr schwierig
ist, eine korrekte Ableitung zu finden.
Selbst die (im Nachhinein vielleicht einfach wirkende) Ableitung der
Formel “p → p” machte Substitutionen in den Axiomenschemata
erforderlich, die nicht unbedingt offensichtlich sind.
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Das Deduktionstheorem
Auch wenn es im Allgemeinen recht schwierig sein kann, eine
konkrete Ableitung zu finden, so gibt es doch Strategien und
Hilfsmittel, wie man mit Hilfe von AFL zeigen kann, dass ein
Argument gültig ist.
Ein wichtiges tool ist das folgende Metatheorem:
Theorem
Wenn α ` β, dann ` α → β
bzw. allgemeiner:
Theorem
( Deduktionstheorem). Wenn Σ ∪ {α} ` β, dann Σ ` α → β
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Das Deduktionstheorem
Das Deduktionstheorem ist ein Metatheorem, das man in unserer
(informellen) Metatheorie über unseren formalen Kalkül beweisen
kann. (Was wir hier aber nicht tun werden.)
Der Inhalt des (allgemeinen) Deduktionstheorems ist also: Immer
wenn man aus einer Menge von Prämissen Σ zusammen mit der
Prämisse α einen Satz β ableiten kann, dann kann man aus der
Prämissenmenge Σ alleine das Konditional α → β ableiten.
Grundkurs Logik - 3. Einheit
Beispiel
Mit Hilfe des Deduktionstheorems kann man also sehr einfach
zeigen, dass “p → p” ein Theorem ist:
Durch die folgende korrekte Ein-Zeilen-Ableitung ist gezeigt, dass
gilt: p ` p
1. p (Prämisse)
Aufgrund des Deduktionstheorems gilt nun aber auch: {} ` p → p
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Noch ein Beispiel
Wir wollen zeigen, dass “(p → (q → r )) → (q → (p → r ))” ein
Theorem ist, d.h. {} ` (p → (q → r )) → (q → (p → r )).
Dazu zeigen wir zunächst, dass gilt: {p → (q → r ), p, q} ` r
1.
2.
3.
4.
5.
p → (q → r ) (Prämisse)
p (Prämisse)
q → r (Modus Ponens auf 1, 2)
q (Prämisse)
r (Modus Ponens auf 3,4)
Grundkurs Logik - 3. Einheit
Fortsetzung des Beispiels
Durch die Ableitung wurde gezeigt, dass gilt:
{p → (q → r ), p, q} ` r
Eine erste Anwendung des Deduktionstheorems zeigt aber auch,
dass gilt:
{p → (q → r ), q} ` p → r
Eine zweite Anwendung des Deduktionstheorems zeigt, dass gilt:
{p → (q → r )} ` q → (p → r )
Und eine dritte Anwendung des Deduktionstheorem zeigt
schließlich wie gewünscht, dass gilt:
{} ` (p → (q → r )) → (q → (p → r ))
Grundkurs Logik - 3. Einheit
Korrektheit von AFL
Eine weiteres Metatheorem über den Kalkül AFL ist der schon
öfters erwähnte Korrektheitssatz:
Theorem
Wenn Σ `AFL β, dann Σ β
Der Korrektheitssatz sagt also, dass ein AL-Satz β aus einer Menge
von Prämissen semantisch folgt, wenn β in AFL ableitbar ist.
Grundkurs Logik - 3. Einheit
Beweisskizze
Um diesen Satz zu beweisen, nehmen wir an
1
es würde Σ `AFL β gelten und
2
v sei eine Interpretation bzgl. der alle Sätze in Σ wahr sind
Wir haben nun zu zeigen, dass auch β bzgl. v wahr ist.
Grundkurs Logik - 3. Einheit
Beweisskizze
Dies tun wir indem wir uns den Beweisbegriff von AFL noch einmal
genau ansehen:
Man erinnere sich, dass Σ `AFL β gilt, falls es eine Ableitung (in
AFL) von β aus Σ gibt, wobei eine Ableitung eine endliche Folge
von AL-Formeln ist, sodass für jede Formel α dieser Folge gilt:
1
α ∈ Σ (α ist eine der Prämissen in Σ)
2
α ergibt sich durch Substitution aus einem der drei
Axiomenschemata
3
α ergibt sich aus zwei vorhergehenden Formeln durch
Anwendung der Schlussregel Modus Ponens
Grundkurs Logik - 3. Einheit
Beweisskizze
Wir zeigen nun, dass die letzte Formel einer solchen Ableitung von
β aus Σ wahr bzgl. v sein muss, indem wir zeigen, dass jede
Formel in einer korrekten Ableitung bzgl. v wahr sein muss.
Es sei also α eine beliebige Formel in der Ableitung von β aus Σ.
Wir haben drei Fälle zu unterscheiden:
Grundkurs Logik - 3. Einheit
Beweisskizze
Fall 1: α ist eine Prämisse
Fall 2: α ist eine Instanz eines der Axiomenschemata
Fall 3: α ergibt sich aus früheren Zeilen durch Modus Ponens.
Grundkurs Logik - 3. Einheit
Beweisskizze
ad 1.: Nach Annahme muss α wahr bzgl. v sein.
ad 2.: Wenn α eine Instanz eines der Axiomenschemata ist, so
muss α wahr bzgl. v sein, weil α wahr bzlg. JEDER Interpretation
ist (man mache sich durch Wahrheitstafeln klar, dass jede Instanz
eines der Axiomenschemata eine Tautologie ist!)
ad 3.: Wenn sich α aus früheren Zeilen durch Modus Ponens
ergibt, so muss auch α selbst wahr sein, denn der Modus Ponens
ist wahrheitserhaltend (führt also von wahren Sätzen immer auf
wahre Sätze), ein Umstand der sich wieder mit einer
Wahrheitstafel überprüfen lässt.
Grundkurs Logik - 3. Einheit
Zusammenfassung
Kurz:
Falls 1. β aus Σ ableitbar ist und 2. die Prämissen wahr sind, so
muss auch β wahr sein, denn
1
Alle Axiome von AFL sind wahr und
2
die einzige Schlussregel von AFL führt immer von wahren
Sätzen auf wahre Sätze
Grundkurs Logik - 3. Einheit
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