Transport

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Das Netzwerk auf Regionalebene: Chancen und
Einführungsprobleme
Prof. Dr.-Ing. Ivica Veža
Fakultät für Elektrotechnik, Maschinen- und Schiffsbau
Universität Split, Kroatien
1. Einleitung
Die Weltindustrie befindet sich derzeit in ihrer stärksten Umstrukturierung seit der
Industriellen Revolution. Die Entwicklung ist gekennzeichnet durch zwei Trends:
 die dynamische Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien,
durch welche neue Märkte entstehen und ganze Branchen redefiniert werden,
 die Globalisierung der Wirtschaft, durch welche neue Absatz- und Beschaffungsmärkte entstehen.
Diese Entwicklungen zwingen die Unternehmen, ihre Produktionsstrategien neu
auszurichten. Neue Konkurrenten, starke Nachfrageschwankungen und stagnierende
Märkte setzen viele Unternehmen unter einen enormen Kostendruck.
Gegenwärtige Organisationsstrukturen großer Unternehmen sind hierarchisch
aufgebaut und auf den Taylor-Prinzipien gegründet. Diese funktionellen
Organiationsstrukturen können nicht die Marktanforderungen erfüllen und die
Unternehmen gegenüber der Konkurrenz absichern. Die insoweit erforderliche
Anpassung sowie den Übergang vom Prinzip des Reagierens zum Prinzip des
Agierens können nur dezentrale, dynamische Organisationsstrukturen gewährleisten.
Eine mögliche Art und Weise der Realisierung des Agierens am Markt ist die
Einführung neuer Kooperationsformen, die auf Netzwerken gegründet sind.
Um das Ziel der Entwicklung einer Konzeption für ein regionales Netzwerk zu
erreichen, wurde eine Kooperationsanalyse von Unternehmen der Region SplitDalmatien durchgeführt.
2. Die Analyse der Kooperation in der Region Split-Dalmatien
Die Befragung über Kooperationen der Region Split-Dalmatien wurde in 59
Unternehmen aus den Bereichen Elektrotechnik, Chemie, Maschinenbau, Schiffsbau
sowie Baustoffindustrie durchgeführt. Hierbei waren 35% der Unternehmen kleine
Unternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitern, 45% mittelständische Unternehmen mit 50
bis 500 Mitarbeitern und 20% Großunternehmen mit über 500 Mitarbeitern.
Mittels einer Umfrage wurde die Kernkompetenz einzelner Unternehmen evaluiert.
Die Kernkompetenzen der befragten Unternehmen stellt die Tabelle 1 dar.
Table 1. Die Kernkompetenzen der befragten Unternehmen (in %)
Forschung und Entwicklung
9
Marketing, Vertrieb
12
Einkauf
6
Arbeitsvorbereitung
27,8
Bearbeitung
16,6
Montage
16,6
Instandhaltung
12
In einem weiteren Schritt der Analyse wurden die Kooperationsformen untersucht:
 die über mehrere Wertschöpfungsstufen eingerichtete vertikale Kooperation (eine
Kooperation über Zulieferketten) wurde von 64% der Unternehmen durchgeführt,
 nur 5% der Unternehmen kooperieren horizontal, z.B. mit Konkurrenten oder
branchenfremden Partnern,
 ein Supply Chain Management realisieren 26% der Unternehmen,
 Kooperative Netzwerke (z.B. Kundenlieferantennetzwerk, virtuelle Unternehmen)
nutzen lediglich 5% der Unternehmen.
Ausgehend von den auf die gestellten Fragen gegebenen Antworten muss
festgestellt werden, dass die Unternehmen der Region Split-Dalmatien sehr wenig
kooperieren. Zumeist wird vertikal innerhalb der technologischen Kette kooperiert, in
den Phasen der Bearbeitung und Montage (Tabelle 2). Diese Daten korrespondieren
mit der Verteilung der Kernkomptenzen (Tabelle 1). Sehr selten kooperieren die
Unternehmen bei der Entwicklung neuer Produkte oder Dienstleistungen, weil die
Entwicklung hauptsächlich auf den Kauf von Lizenzen gegründet wird.
Tabelle 2. Kooperationsbereiche (in %)
Forschung und Entwicklung
Marketing, Vertrieb
Bearbeitung
Montage
Qualitätsversicherung
Instandhaltung
7
23
30
28
6
6
Die Zahl der Unternehmen, mit denen ein Unternehmen kooperiert, lag zwischen 1
und 10, im Durchschnitt bei 5,8. 30,7% der Unternehmen arbeiten mit einem Partner,
25,7% mit zwei oder mehr Partnern gleichzeitig zusammen, 43,6% pflegen
langfristige Kooperationen. Hervorzuheben ist, dass die Meisten der Unternehmen
langfristige Partnerschaften anstreben, weil mit der Zeit die Kosten anfänglicher
Abstimmungsvorgänge amortisiert werden können.
Nur
wenige
Unternehmen
kooperieren
mit
einem
oder
mehreren
europäischen(23,1%) oder weltweiten(0,6%) Partnern. Die meisten Unternehmen
(76,3%) geben an, mit kroatischen Partnern zusammenzuarbeiten, davon 34,4%
innerhalb der Region Split-Dalmatien. Gründe für die unterentwickelte europa- und
weltweite Kooperation sind die Erfüllung globaler Anforderungen, der
Qualitätstandard, sowie die Preise der Produkte/Dienstleistungen, Flexibilität und
Auslieferungstermine. Die Probleme melden sich, weil die Unternehmen der Region
Split-Dalmatien die Kapazitäten mit veralteter Technologie und einem großen
Abschreibungsanteil nutzen.
3. Erwartung und Probleme bei der Einführung der Netzwerkunternehmen
Die Erwartungen der Unternehmen bei der Einführung von kooperativen Netzwerken
werden analysiert. Die entscheidenden Gründe waren die Kostensenkungen und die
Vermeidung von Investitionen (Tabelle 3). Das ist ganz logisch, weil sich die
kroatischen Unternehmen einerseits nach dem Übergang von der Plan- zur
Marktwirtschaft und der Reduzierung bzw. dem Wegfall ehemaliger Märkte (Zerfall
des ehemaligen Landes und der Sowjetunion) stärker am Weltmarkt orientieren
müssen. Auf der anderen Seite befinden sich die Unternehmen in Privatisierungsund Restrukturierungsprozessen und haben demzufolge nicht genügend
Investitionsmittel zur Verfügung. Darum suchen die Kooperationsverhältnisse.
Tabelle 3. Erwartungen an Kooperation (in %)
Kostensenkungen
Vermeidung von Investitionen
Höhere Produktqualität
Höhere interne Konkurrenz
Know-how Zuwachs
Kürzere Time-to-Market
Kurzfrist. und langrist. Kapazitätsengpass
Reduktion des Risikos
33
26
10
10
7
7
5
2
Trotz sehr klarer Erwartungen an Kooperation ist in der Praxis noch eine Vielzahl von
Problemen zu lösen (Tabelle 4). Die wesentlichen Kooperationshemmnisse lassen
sich in folgende Gruppen aufteilen:
 Vertrauenkultur. Aus Tabelle 4 ist ersichtlich, dass Misstrauen den größte Anteil
der Kooperationshemmnisse in der Region bildet. Grund hierfür ist, dass die
Unternehmen im Rahmen ihrer Tätigkeiten mehrere Funktionen zu halten
wünschen. Das kam besonders zum Ausdruck bei der Analyse der
Kernkompetenzen. Zumeist definierten die Unternehmen alle Funktionen als
Kernkompetenzen und waren bereit, nur wenige Tätigkeiten anderen
Unternehmen zu überlassen. Die Ursache dieser Hemmnisse sind kulturelle
Charakteristika der Region, in welcher Kontrolle gegenüber Vertrauen der
Vortzug gegeben wird.
Table 4. Kooperationshemmnisse (in %)
Misstrauen
Zweifel an Kompetenz
Unsicherheit, Risiko
Widerstand Personal
Partner nicht gefunden
Know-how Abfluss
Kostensteigerungen
Längere Time-to-Market


35
24
23
6
7
2
2
1
Arbeits- und Verhaltenstradition. In den ehemaligen sozialistischen Ländern
gestalteten sich die Arbeitsverhältnisse sehr problematisch. Die Unternehmen
standen
im
Staatseigentum,
die
Arbeitsplätze
waren
gesichert.
Transformationsprozesse in der kroatischen Wirtschaft schreiten zudem sehr
schleppend voran. Um das Ziel der Vergrößerung der Kompetenz industrieller
Unternehmen zu erreichen, ist die Realisierung/Forcierung des mentalen
Reengineering wichtiger als die des geschäftlichen Reengineering. Maschinen
kann man kaufen, neue Organisationstrukturen kann man gestalten, das
Hauptproblem aber bleibt die Veränderung der Arbeit- und Verhaltenskultur.
Organisation. Einzelne Unternehmen, welche sich an einer Zusammenarbeit in
Netzwerk beteiligen würden, besutzen eine funktionelle organisatorische Struktur
mit einer ausgeprägten hierarchischen Pyramide. Grundlegende Nachteile dieser
Struktur sind die problematische Kommunikation und langsame Anpassung an
Veränderungen in der Umwelt. Bei der Einführung von Netzwerken stellen der
Abbau realer und mentaler Mauern zwischen einzelnen Produktionsfunktionen

sowie der Übergang von der Funktional- zur Prozessorganisation die größten
Probleme dar.
Motivation. Selbsmotivation sowie die Motivation anderer Mitarbeiter ist von
zentraler Bedeutung für den Erfolg der einzelnen Unternehmen. Die Motivation in
den industriellen Unternehmen der Region ist gering, weil die Entlohnung nicht
ausreichend für die Absicherung existenzieller menschlicher Bedürfnisse ist.
Darüber hinaus beeinflussen hohe Kündigungsraten und eine Arbeitslosigkeit von
22% die Motivation negativ. Die Mitarbeiter werden zu Überstunden gezwungen
und hoch motiviert. In einer solchen Umgebung gestaltet sich die Einführung
neuer Organisationsstrukturen wie Netzwerke äußerst schwierig.
4. Vision KIKMU
Die Vision der Kooperative Initiative kleine und mittele Unternehmen in Dalmatien
(KIKMU) ist die Verbindung und gegenseitige Kooperation von Unternehmen der
Region Split-Dalmatien. Die Koordination wird hierbei von der Universität Split und
der Industrie und Handelskammer übernommen.
Die Basis der KIKMU bildet ein kooperativer Markt, auf welchem die einzelnen
Unternehmen ihre Produkte oder Dienstleistungen anbieten, adäquate Partner für
gemeinsame Kooperationen finden und mieinander kommunizieren können.
Kooperative Plattform würden die Informationen über die Erfahrungen einzelner
Teilnehmer im und mit dem Netzwerk, Informationen über den Markt, Kunden,
Trends und Innovationen. Kommunikation und Zugang zum kooperativen Know-how
erfolgen über das Internet.
Die Ziele dieser Kooperation werden nur dann realisiert zu realisieren sein, wenn die
einzelnen Unternehmen mittels im Vorhinein vereinbarter Regelungen und mit
gegenseitigem Vertrauen kooperieren können. Sie müssten schnell, preiswert und
qualitativ hochwertig agieren. Jedes Unternehmen würde im Netzwerk mit eigenen
speziellen Kenntnissen und Ressourcen, beziehungsweise mit eigenen
Kernkompetenz teilnehmen.
Mit der Verbindung der Unternehmen können neue Kunden aquiriert, größere und
komplexere Aufträge realisiert werden. Diese Aufträge könnten nicht einzelne
Unternehmen selbst erfüllen. Auf diese Weise wird der Kunde seine Aufträge mittels
Kooperation optimal erfüllt sehen, mit den aus der Kooperation resultierenden
Vorteilen bezüglich Kosten, Ressourcen und Arbeitsergebnissen. Mittels des
Netzwerkes entsteht während der Realisierung eines Auftrages temporär aus den
kleinen und mittleren virtuell ein großes Unternehmen.
Einzelne Unternehmen im Netzwerk müssten:
 flexibel agieren können,
 wirtschaftlich erfolgreich sein,
 kooperationsfähig sein,
 die Bereitschaft für Innovationen haben.
Im Netzwerk würden die Dienstleistungs- (Marketing, Konstruktion, Informatik- und
Kommunikation usw.) beziehungsweise Produktionsunternehmen (Metallindustrie,
Schiffsbau, Komponenent- und Systemslieferanten usw.) vereint sein.
5. Zusammenfassung
Eine der zukünftigen Unternehmensformen ist zweifellos das Netzwerk. Im Rahmen
des Projektes “Analyse und Modellierung des Netzwerks“, welches vom kroatischen
Ministerium für Forschung und Technologie unterstützt wird, werden die
Möglichkeiten und Konzeptionen für ein Netzwerk aus klein- und mittelständischen
Unternehmen im Bereich der Metallindustrie der Region Split-Dalmatien entwickelt.
Hauptziel des Netzwerkes ist die Vergrößerung von technologischen Kompetenzen
und letztlich der Anschluss an den Weltmarkt. Das Netzwerk wird auf Basis der von
den Unternehmen vorgegebenen Kernkompetenzen gebildet. Für die Realisierung
dieses Konzeptes gilt es, folgende Hauptprobleme zu lösen: Arbeit- und
Verhaltenstradition, Mittelmanagement, Motivation und gegenseitiges Vertrauen.
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