Strahlenschutzkommission Geschäftsstelle der Strahlenschutzkommission Postfach 12 06 29 53048 Bonn http://www.ssk.de Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik Empfehlung der Strahlenschutzkommission Verabschiedet in der 131. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 22. Juni 1995, geändert in der 139. Sitzung am 27. Juni 1996, ergänzt in der 148. Sitzung am 25. September 1997, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 11a am 17. Januar 1998 Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik Inhaltsverzeichnis 2 Seite Vorbemerkung ............................................................................................................................ 7 1 Einführung ........................................................................................................................ 9 2 Zweckbestimmung und sachlicher Anwendungsbereich ................................................ 10 3 Empfehlungen für Richt- und Grenzwerte zum Schutz des Patienten ............................ 11 4 5 6 7 3.1 Statische Magnetfelder ......................................................................................... 12 3.2 Zeitlich veränderliche Magnetfelder (Gradientenfelder) ....................................... 12 3.3 Hochfrequenzfelder ............................................................................................... 16 3.4 Schallimmissionen ................................................................................................. 19 Empfehlungen zum Schutz des Patienten und Sicherheitshinweise 4.1 Exposition während der Schwangerschaft ............................................................. 20 4.2 Exposition und Überwachung von Risikogruppen ................................................ 20 4.3 Implantate und metallische Einschlüsse ................................................................ 21 4.4 Kollisionsgefährdungen ....................................................................................... 22 4.5 Auswirkungen des statischen Magnetfeldes auf elektronische Geräte und Datenträger.............................................................. 22 4.6 Spezielle Gefährdung bei supraleitenden Magneten (Quench) ............................. 23 4.7 Wiederbelebung und Notfallmaßnahmen .............................................................. 23 Empfehlungen zum Schutz des Personals und der allgemeinen Öffentlichkeit 5.1 Schutz des Personals .............................................................................................. 23 5.2 Schutz weiterer Personen ....................................................................................... 25 5.3 Unterstützende Maßnahmen .................................................................................. 26 Anforderungen an den Hersteller 6.1 Bedienungsanleitung.............................................................................................. 26 6.2 Weitere Angaben und Unterlagen vom Hersteller ................................................. 28 6.3 Einweisung durch den Hersteller ........................................................................... 28 NMR-Anwendung in der medizinischen Forschung ....................................................... 28 Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 8 3 Regeln für die Betreiber von NMR-Anlagen 8.1 Anforderungen an das Personal ............................................................................. 31 8.1.1 Anordnung ................................................................................................. 31 8.1.2 Durchführung ............................................................................................. 31 8.1.3 Prüfungen und Kontrollen.......................................................................... 31 8.1.4 Aufgabenzuweisung und Belehrung .......................................................... 32 8.1.5 Personen in Aus- und Weiterbildung ......................................................... 32 8.1.6 Sonstige im NMR-Bereich tätige Personen ............................................... 32 8.2 Gesundheitsschutz der Beschäftigten .................................................................... 33 8.3 Führung und Aufbewahrung der Aufzeichnungen ................................................ 33 8.3.1 Unterlagen über Patienten .......................................................................... 33 8.3.2 Unterlagen über die Beschäftigten ............................................................. 34 8.3.3 Unterlagen über die NMR-Anlage ............................................................. 34 9 Zusammenfassung ........................................................................................................... 35 10 Literatur ........................................................................................................................... 39 Anhang A1 Übersicht über bisherige Beobachtungen und Erfahrungen; Begründungen für die Richt- und Grenzwerte.......................................................................... 42 A1.1 Statische Magnetfelder .................................................................................................... 42 A1.2 Zeitlich veränderliche Magnetfelder (Gradientenfelder) A1.2.1 Allgemeines ...................................................................................................... 43 A1.2.2 Theoretische Überlegungen .............................................................................. 44 Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 4 A1.2.3 Tierexperimentelle Untersuchungen und Beobachtungen am Menschen .......................................................................... 46 A1.3 Hochfrequenzfelder A1.3.1 Allgemeines ...................................................................................................... 48 A1.3.2 Tierexperimentelle Studien ............................................................................... 49 A1.3.3 Untersuchungen am Menschen ......................................................................... 50 A1.4 Literatur ........................................................................................................................... 51 Anhang A2 Technisches Glossar; Größen und Einheiten ............................................................................ 55 Anhang A3 Beispiel für einen Fragebogen zur Risikoabklärung vor der NMR-Untersuchung .................. 63 Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 5 Vorbemerkung Die vorliegende Empfehlung zur Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik empfiehlt Richtwerte zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken. In ihr sind sowohl Basiswerte angegeben, die auf Schwellenwerten für physiologische Wirkungen beruhen, als auch daraus abgeleitete Richt- und Grenzwerte. Damit ist einige Flexibilität in der Anwendung möglich, obwohl die Sicherheitsfaktoren – bedingt durch die bisher noch ungenaue Kenntnis der Schwellen – relativ hoch angesetzt worden sind. Die empfohlenen Richtwerte können jedoch unter der Verantwortung des Arztes überschritten werden. Dafür werden besondere Kontrollmaßnahmen empfohlen. Außerdem kann auch noch der Sicherheitsfaktor zwischen den Basiswerten und den Richt- bzw. Grenzwerten ausgeschöpft werden. Der Strahlenschutzkommission ist bewußt, daß die empfohlenen Werte in der Praxis bisher nur schwierig nachvollzogen und überprüft werden können. Die seit der Ausarbeitung der vorliegenden Empfehlung abgelaufenen technischen Entwicklungen – vor allem im Bereich schneller Bildgebung – waren immens. Andererseits hat sich die Datenlage zu biophysikalischen Wirkungsmechanismen der magnetischen Kernresonanz (NMR) bisher nicht wesentlich verbessert. Neu angelaufene Forschungsvorhaben lassen jedoch in den nächsten 2-3 Jahren auf die Klärung einiger für die NMR-Anwendung wesentlicher Fragen hoffen. Es ist daher beabsichtigt, diese Empfehlung zu gegebener Zeit unter Einbeziehung neuer Erkenntnisse zu überarbeiten. Bis dahin sollten die empfohlenen Richtwerte und Maßnahmen mehr als Leitlinie denn als strikte Handlungsanweisung aufgefaßt werden. Trotzdem ist es unabdingbar, jetzt einen Leitfaden für die Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik herauszugeben, vor allem, weil die vorliegende Empfehlung nicht nur den Aspekt der Richt- und Grenzwerte für den Patienten anspricht, sondern auch eine Fülle weiterer Sicherheitshinweise gibt. Wichtig ist auch die Signalfunktion, die diese Empfehlung auf Hersteller und Anwender haben soll: Es ergehen die Aufforderungen, einerseits die bei verschiedenen Verfahren auftretenden Expositionen tatsächlich am Gerät anzuzeigen und andererseits auch die Häufigkeit verschiedener Sequenzen in den Anwendungen sowie alle außerordentlichen Vorkommnisse zu dokumentieren. Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 6 Einführung Die magnetische Kernresonanz (nuclear magnetic resonance – NMR) hat in Chemie, Biologie und Medizin ein breites Anwendungsfeld gefunden. Die NMR-Bildgebung (magnetic resonance imaging – MRI) wird bei verschiedenen Fragestellungen unterschiedlicher medizinischer Fachgebiete routinemäßig mit großem Erfolg eingesetzt. Die klinischen Schwerpunkte liegen auf dem Gebiet der Diagnostik von Tumoren, Infarkten sowie der entzündlichen und degenerativen Erkrankungen des Hirn- und Weichteilgewebes. Hier gibt es zur bildgebenden NMR-Diagnostik zum Teil keine Alternativen. Daneben konnte auch die NMR-Spektroskopie (magnetic resonance spectroscopy – MRS) zeigen, daß biochemische Informationen aus allen Organen des Menschen nichtinvasiv gewonnen werden können. Der klinische Nutzen von MRI und MRS wurde in einer multizentrischen Studie in der Bundesrepublik Deutschland untersucht und vom BMFT publiziert [BMFT 90]. Weitere Vorteile der NMR in der medizinischen Diagnostik sind die Vermeidung ionisierender Strahlung und die Nichtinvasivität des Verfahrens. Bei beiden klinischen Verfahren, MRI und MRS, wird der Patient jedoch statischen und zeitlich veränderlichen Magnetfeldern sowie hochfrequenten elektromagnetischen Feldern ausgesetzt. Die physikalischen Parameter müssen daher so begrenzt werden, daß diese Felder kein Gesundheitsrisiko darstellen. Ausgenommen sind spezielle Risikogruppen wie Patienten mit aktiven Implantaten (z.B. Herzschrittmachern) sowie mit leitfähigen oder ferromagnetischen Implantaten oder Einschlüssen. In diesen Fällen sind die Risiken gegenüber den diagnostischen Vorteilen von NMR-Untersuchungen abzuwägen [She 89]. Gegebenenfalls ist bei diesen Patienten der Ausschluß von einer NMR-Untersuchung erforderlich; die Ausschlußkriterien müssen festgelegt werden. Im Jahr 1984 hat das Bundesgesundheitsamt Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren veröffentlicht [BGA 84]. Inzwischen haben sich die Möglichkeiten der NMR-Bildgebung durch die gerätetechnische und applikationsorientierte Weiterentwicklung stark verbreitert. Dabei mußten die damals empfohlenen Grenzwerte oft überschritten werden, um den diagnostischen Wert zu verbessern und die Untersuchungszeit zu verkürzen. Bei Patienten, die nicht den o.g. Risikogruppen zuzurechnen sind, wurden nach heutigem Kenntnisstand keine Hinweise auf gesundheitliche Beeinträchtigungen durch NMR-Untersuchungen gefunden. Diese erweiterten Erfahrungen haben zu einer Überprüfung des derzeitigen Wissensstandes über biologische Wirkungen und Reaktionsmechanismen bei den zur Anwendung kommenden Feldern geführt sowie eine Überarbeitung der derzeitigen Empfehlungen in verschiedenen Ländern in Gang gesetzt. Die vorliegende Empfehlung der Strahlenschutzkommission ersetzt die Empfehlungen des Bundesgesundheitsamtes aus dem Jahre 1984. Die Neufassung erfolgte auf der Grundlage der Gesundheitskriterien der Weltgesundheitsorganisation für Magnetfelder [UNEP/WHO/IRPA 87] sowie für Hochfrequenzfelder [UNEP/WHO/ IRPA 93]. Sie beruht darüberhinaus auf den Empfehlungen der International Radiation Protection Association (IRPA), insbesondere deren International Non-Ionizing Radiation Committee [IRPA/INIRC 85, 91; ICNIRP 94], und auf Veröffentlichungen nationaler und internationaler Institutionen [FDA 88, NRPB 91, NHMRC 91, IEC 95]. Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 2 7 Zweckbestimmung und sachlicher Anwendungsbereich Der Zweck dieser Empfehlung ist es, Sicherheitsmaßnahmen zur Vermeidung von Gesundheitsrisiken für die untersuchten Patienten durch die in der NMR-Diagnostik angewendeten Felder festzulegen. Dies geschieht durch Empfehlung entsprechender Grenzwerte auf der Grundlage der biophysikalischen Kenntnisse und klinischen Erfahrungen. Die Empfehlung berücksichtigt auch die berufliche Sicherheit des Anwenders und die Sicherheit der Allgemeinheit. Die Empfehlung richtet sich an Hersteller und Entwickler medizinischer Geräte, NMR-Anwender, Sicherheitsfachleute und nationale Aufsichtsbehörden. Der Anwendungsbereich erstreckt sich auf (1) den Schutz von Personen, die mit einer NMR-Anlage untersucht werden, die an der Anlage tätig sind, die sich innerhalb des Bereiches, der der Verfügungsgewalt des Betreibers unterliegt, oder in der Nachbarschaft dieses Bereiches (zufällig oder beruflich) aufhalten. (2) Expositionen durch statische Magnetfelder, durch zeitlich veränderliche Magnetfelder, durch hochfrequente elektromagnetische Felder, durch Lärm. Auf Möglichkeiten einer Funktionsbeeinträchtigung von elektromedizinischen Geräten sowie Hilfsmitteln bei Patienten (z. B. Herzschrittmachern) wird eingegangen. Auch auf mechanische Gefahren, die von ferromagnetischen Gegenständen im Feldbereich ausgehen, wird hingewiesen. Die Empfehlung erstreckt sich nicht auf die mechanische und elektrische Sicherheit der NMRAnlage oder deren Betrieb. Die Erfüllung der Forderungen des Medizinproduktegesetzes bzw. in der Übergangszeit der Medizingeräteverordnung und der Druckbehälter-Verordnung sowie die Berücksichtigung des allgemeinen Standes der Sicherheitstechnik werden vorausgesetzt. 3 Empfehlungen für Richt- und Grenzwerte zum Schutz des Patienten Bisherige klinische Erfahrungen weisen darauf hin, daß angemessene diagnostische Informationen über einen Patienten durch NMR-Untersuchungen gewonnen werden, die normalerweise weniger als 1 Stunde dauern und die gegebenenfalls mehrmals während des Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 8 Krankheitsverlaufs wiederholt werden. Die unten angegebenen Expositionswerte beziehen sich auf solche NMR-Untersuchungen. Auf Kontraindikationen wird in Kap. 4 hingewiesen. Eine Übersicht über den bisherigen Kenntnisstand und die daraus abgeleitete Begründung für die empfohlenen Richt- und Grenzwerte finden sich im Anhang A1. Die bisherigen Daten über Feldwirkungen erlauben es nicht, Schwellenwerte für gesundheitsschädliche Effekte exakt anzugeben. Die Empfehlungen für Richt- und Grenzwerte folgen daher einem Zwei-Stufen-System, das eine gewisse Flexibilität sowie eine Weiterentwicklung von NMR-Verfahren (zur NMR-Anwendung in der medizinischen Forschung siehe Kap. 7) erlaubt: (1) Exposition bis hin zu Richtwerten beim Normalbetrieb, (2) Exposition bis hin zu Grenzwerten beim Betrieb unter besonders kontrollierten Bedingungen, kurz kontrollierter Betrieb. Die Expositionen unterhalb der Richtwerte gelten für alle Patienten, die nicht zu Risikogruppen zählen (vgl. Kap. 4.1 und 4.2), als sicher. Bei besonderen klinischen Fragestellungen können unter der Verantwortung des Arztes diese Richtwerte bis hin zu den nach dem derzeitigen Forschungsstand empfohlenen Grenzwerten überschritten werden. Gegebenenfalls erfordert dies einen Ausschluß von Risikopatienten (vgl. Kap. 4.2) oder eine genaue Abwägung der diagnostischen Vorteile gegenüber anderen Verfahren. Während einer solchen Untersuchung ist der Patient ständig zu überwachen. Treten ungewöhnliche und unerwartete Beeinträchtigungen des Patienten auf und wird als Ursache dafür die NMR-Anwendung vermutet, so sollten diese unter Angabe der Meßbedingungen und des Patientenzustandes dokumentiert und bewertet werden und, wenn sich daraus allgemeingültige Erkenntnisse ableiten lassen, veröffentlicht werden. 3.1 Statische Magnetfelder Als Richtwert für die Exposition des Patienten durch statische Magnetfelder, unterhalb dessen keine Überwachung unter kontrollierten Bedingungen erfolgen muß, wird eine magnetische Flußdichte1 von 2 Tesla (T) festgelegt. Durch Expositionen des Kopfes und/oder Rumpfes sind bei magnetischen Fluß-dichten bis zu 2 T keine nachteiligen gesundheitlichen Wirkungen zu erwarten. Bei darüber hinausgehenden Flußdichten nimmt die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Patienten zu, insbesondere durch elektro- und elektrohydrodynamische Effekte und bei Bewegungen im Feld. Dies gilt insbesondere für Personen, die zu den Risikogruppen zu zählen sind (vgl. Kap. 4). In Anbetracht dessen müssen die Kreislauffunktionen des Patienten immer dann überwacht werden, wenn Kopf oder Rumpf mit magnetischen Flußdichten über 2 T exponiert werden. Bei der Exposition der Extremitäten sind Flußdichten bis 5 T als tolerabel anzusehen. 1 diese und weitere Meßgrößen sowie Definitionen sind in einem technischen Glossar – vgl. Anhang A2 – erläutert. Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 3.2 9 Zeitlich veränderliche Magnetfelder (Gradientenfelder) Beim Ein- oder Ausschalten der Gradientenfelder werden im Körper elektrische Felder induziert. Je größer der Radius der Leiterschleife und je größer die zeitliche Änderung der magnetischen Flußdichte ist, desto größer ist die induzierte elektrische Feldstärke. Wenn die induzierten Gewebefeldstärken hinreichend groß sind, kann es zur Stimulation peripherer Nerven und Muskeln sowie zur Stimulation des Herzmuskels mit der möglichen Folge von Arrhythmien bis hin zum Herzkammerflimmern kommen. In der Regel kann der Schutz gegen die Stimulation peripherer Nerven und Muskeln auch als Schutz gegen die Herzstimulation angesehen werden, da die kardialen Schwellenwerte deutlich höher liegen. Der Schutz des Patienten vor gesundheitlichen Auswirkungen durch zeitlich veränderliche Gradientenfelder wird – wie bereits in der BGA-Empfehlung [BGA 84] – durch Begrenzung der induzierten Gewebefeldstärken bzw. Stromdichten gewährleistet. Da die Höhe der induzierten Feldstärken von der Orientierung der Magnetfeldgradienten abhängt, ist eine eingehende Information des NMR-Anwenders durch den Hersteller erforderlich. Das Kriterium für die in Tab. 1.1 genannten Richtwerte, wenn kein Betrieb unter besonders kontrollierten Bedingungen erfolgt, ist die Vermeidung der Stimulation peripherer Nervenund Muskelzellen für alle Patienten einschließlich Risikogruppen. Der Sicherheitsfaktor der in Tab 1.1 genannten Richtwerte bis zum Erreichen der Stimulationsschwellen beträgt mindestens 3. Das Kriterium für die in Tab. 1.1 genannten Grenzwerte ist die Vermeidung der Herzstimulation durch einen angemessenen Sicherheitsabstand. Deren schwerwiegende Folgen erfordern eine Überwachung der Herzfunktion (EKG), sofern die in Tab. 1.1 genannten Richtwerte (Kriterium: Vermeidung der Stimulation peripherer Nerven und Muskeln) überschritten werden. Da die Schwellenwerte für die Stimulation peripherer Nerven und Muskeln bzw. des Herzmuskels in Abhängigkeit von der Schaltzeit (Pulsdauer) der Einzelpulse unterschiedlich sind, wird die Tab. 1.1 in unterschiedliche Abschnitte je nach Dauer der Feldänderung unterteilt. Bei sehr kurzer Pulsdauer werden die Erwärmungseffekte zur begrenzenden Bedingung. Bei kurzen Schaltzeiten muß daher nachgewiesen werden, daß die Richt- und Grenzwerte für die spezifischen Absorptionsraten (SAR) (Tab. 2) auch unter Berücksichtigung der Summe der SAR-Werte aller Gradientenfelder (Tab. 1.1) eingehalten werden. Unter bestimmten Voraussetzungen können aus den Beschränkungen für die induzierten elektrischen Feldstärken Grenzwerte für die zeitliche Änderung der magnetischen Flußdichte abgeleitet werden. In Tab. 1.2 sind unter Annahme ungünstiger Bedingungen (vgl. Anhang A1.2) Richt- und Grenzwerte für die Änderungen der magnetischen Flußdichte angegeben, wobei ein angemessener Sicherheitsabstand zu den Stimulationsschwellen peripherer Nerven und Muskeln bzw. zur Herzstimulation besteht. Diese abgeleiteten Werte dürfen überschritten werden, wenn gezeigt werden kann, daß die Basisbegrenzungen nach Tab. 1.1 für die induzierten Feldstärken nicht überschritten werden. Die Richt- und Grenzwerte für Expositionen durch zeitlich veränderliche Magnetfelder sind in Tab. 1 zusammengefaßt. Die empfohlenen Grenzwerte entsprechen den innerhalb der Institutionen NRPB, FDA und IEC entwickelten und publizierten Daten. Dabei wurden zwei Annahmen gemacht: Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 10 (1) Die Stimulationsschwelle für große Impulsdauern (Rheobase) ist für Herzmuskel und myelinierte Nerven gleich. (2) Die Stimulationswirkung erfolgt primär über die zeitliche Änderung der magnetischen Flußdichte (dB/dt). Nach neueren Untersuchungen dürfte die Stimulationsschwelle des Herzens jedoch um mindestens eine Zehnerpotenz höher liegen als die von Nerven [Irn 94, Mou 90, Win 90]. Auch soll die Stimulationswirkung über den Änderungsbetrag des Magnetfeldes und nicht durch dessen zeitliche Ableitung bestimmt werden [Irn 94, Man 93]. Sollte sich diese Sichtweise in Zukunft durchsetzen, wären die Richt- und Grenzwerte der Tab. 1 entsprechend zu überarbeiten. Tab. 1: Richt- und Grenzwerte für die Exposition durch zeitlich veränderliche Magnetfelder (Gradientenfelder) 1.1 Begrenzungen für die induzierte elektrische Feldstärke bzw. spezifische Absorptionsrate Dauer der Feldänderung 1) (Pulsdauer) Richtwert, wenn keine Überwachung unter besonders kontrollierten Bedingungen erfolgt 2) 3) Grenzwert 3) 3.000 s 1 V/m 3 V/m 400 s < 3.000 s 1 V/m 9.000/ V/m 100 s < 400 s 400/ V/m 9.000/ V/m 8 s < 100 s 400/ V/m 0,2 W/100 g 0,1 W/100 g 0,2 W/100 g < 8 s 1.2 Begrenzungen für die zeitliche Änderung der magnetischen Flußdichte 4) Dauer der Feldänderung 1) (Pulsdauer) Richtwert, wenn keine Überwachung unter besonders kontrollierten Bedingungen erfolgt 2) 3) Grenzwert 3) 3.000 s 6 T/s 20 T/s 400 s < 3.000 s 6 T/s 60.000/ T/s 100 s < 400 s 2.400/ T/s 60.000/ T/s 8 s < 100 s 2.400/ T/s 600 T/s 300 T/s 600 T/s < 8 s Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 11 1) Die zeitliche Änderung der magnetischen Flußdichte kann puls- oder sinusförmig sein. Die Dauer der Feldänderung oder Pulsdauer wird definiert als die Halbwertsbreite eines Einzelpulses. Wenn die Wellenform sinusförmig und nicht pulsförmig ist, ist gleich der halben Periodendauer der Sinusschwingung. 2) Auf die Kap. 4.1 und 4.2 sei hingewiesen. 3) in s. 4) Die abgeleiteten (sekundären) Richt- und Grenzwerte für die zeitliche Änderung der magnetischen Flußdichte nach Tab. 1.2 dürfen überschritten werden, wenn gezeigt werden kann, daß die Basisbegrenzungen für die induzierte elektrische Feldstärke bzw. SAR nach Tab. 1.1 nicht überschritten werden. 3.3 Hochfrequenzfelder Mögliche Nebenwirkungen durch die Hochfrequenzfelder bei NMR-Untersuchungen ergeben sich primär aus der thermischen Belastung des Körpers oder der Gewebe. Wie nachfolgend ausgeführt, wird von bestimmten zulässigen thermischen Belastungen ausgegangen; deren Kontrolle hat mit geeigneten Mitteln zu erfolgen. Unter normalen Umgebungsbedingungen kann davon ausgegangen werden, daß eine Exposition des Menschen in Ruhe und für kurze Zeiträume zu einer tolerierbaren Wärmebelastung und zu einer Temperaturerhöhung von weniger als 1 °C führt, wenn die absorbierte Hochfrequenzleistung in der Größenordnung von 1 bis 4 Watt pro kg Körpermasse – gemittelt über den ganzen Körper – liegt. Bei wärmeempfindlichen Personen wird eine Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 0,5 °C empfohlen. Dieser Richtwert von 0,5 °C kann für Expositionszeiten länger als 30 Minuten unter normalen Umgebungsbedingungen (relative Luftfeuchte < 50% und Umgebungstemperatur < 23 °C) eingehalten werden, wenn die absorbierte Hochfrequenzleistung für den ganzen Körper einen Durchschnittswert von 1 Watt pro kg nicht überschreitet (vgl. Tab. 2.2). Für Expositionszeiten von weniger als 30 Minuten sind höhere Werte für die absorbierte Hochfrequenzleistung zulässig, solange keine lokale Temperaturerhöhung auftritt, welche zur Überschreitung der Grenzwerte der Teilkörper-SAR führt. Da die weniger wärmetolerante Personengruppe nicht gut definiert ist, muß eine Überwachung des Blutdrucks, der Herztätigkeit und der Körpertemperatur immer dann empfohlen werden, wenn die Exposition den Ganzkörper-Richtwert überschreitet (vgl. Tab. 2.2). Wenn NMR-Untersuchungen unter besonders kontrollierten Bedingungen erfolgen (zur Überwachung des Patienten vgl. Kap. 4.2), ist eine Temperaturerhöhung des ganzen Körpers um bis zu 1 °C zulässig (vgl. Tab. 2.1). Für Expositionen länger als 30 Minuten bedeutet dies eine Begrenzung des Ganzkörper-Wertes für die absorbierte Hochfrequenzleistung auf durchschnittlich 2 Watt pro kg (vgl. Tab. 2.2). Für kürzere Expositionszeiten gelten höhere Werte unter der o.g. Voraussetzung, daß unzulässige lokale Temperaturerhöhungen vermieden werden (vgl. Teilkörper-SAR-Grenzwerte in Tab. 2.2). Die in Tab. 2.2 angegebenen Zeitintervalle für die Mittelung der absorbierten Hochfrequenzenergie sind für den Ganzkörper und für Teilkörperbereiche unterschiedlich angesetzt. Die thermische Ausgleichszeit ist für den ganzen Körper nicht scharf definiert, Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 12 kann aber mit 15 bis 30 Minuten abgeschätzt werden. Für kleinere Gewebemassen liegen die thermischen Ausgleichszeiten bei ca. 5 Minuten. Zusätzlich zu den in Tab. 2.2 angegebenen Ganzkörper-SAR-Werten als Maß für die Gesamtwärmebelastung ist es aufgrund der ungleichförmigen Verteilung der Energieabsorption im Körper erforderlich, die maximal zulässigen Temperaturen festzulegen (vgl. Tab. 2.1). Die Exposition durch Hochfrequenzfelder beschränkt sich bei einer NMRUntersuchung häufig auf den gerade untersuchten Körperteil. Auch durch die Verwendung von Oberflächenspulen wird die Hochfrequenzabsorption häufig auf relativ kleine Körperbereiche begrenzt. In diesen Fällen können lokal begrenzte Temperaturerhöhungen entstehen, so daß eine Begrenzung der lokalen Gewebetemperatur erforderlich wird. Dies gilt besonders für wärmeempfindliche Teile des Körpers wie Kopf und Testes sowie für Embryo oder Fetus. Andere Körperteile, wie Rumpf und Extremitäten, werden als weniger wärmeempfindlich angesehen. Fruchtschädigende Wirkungen gelten als ausgeschlossen, wenn die Temperatur des Ungeborenen 37,5 °C nicht überschreitet, wobei auch andere Faktoren, wie die Toleranz der Mutter gegenüber einer erhöhten Wärmebelastung, berücksichtigt werden müssen. Für die räumliche Mittelung der absorbierten Hochfrequenzleistungen ist für normal durchblutete Organe, unter Berücksichtigung der thermischen Ausgleichsvorgänge, von Gewebemassen von etwa 100 g auszugehen. Um schwach durchblutete bzw. empfindliche Gewebe, wie Teile des Auges und die Testes, zu schützen, sollte hier die räumliche Mittelung über je 10 g erfolgen. Als Folge von Gewebeinhomogenitäten können außerdem lokal begrenzte Spitzen bei der Hochfrequenzabsorption, sogenannte „hot spots“, entstehen. Es wird davon ausgegangen, daß eine lokale Überwärmung durch die Begrenzungen der lokalen Hochfrequenzenergieabsorption (Tab. 2.2) vermieden werden kann. Die Verteilung der Hochfrequenzenergie im Körper des Patienten bei NMR-Untersuchungen sowie der Umfang der Temperaturerhöhungen als Folge lokaler Spitzen der Hochfrequenzabsorption ist derzeit noch nicht hinreichend erforscht. Hier sind weitere detaillierte dosimetrische Berechnungen sowie die Anwendung von Thermoregulationsmodellen erforderlich. Die Hersteller haben den Anwendern diagnostischer NMR-Geräte geeignete Mittel1 zur Verfügung zu stellen, um Energieabsorptionen im Körper des Patienten zu bestimmen und die Einhaltung der in Tab. 2.2 angegebenen Richt- und Grenzwerte zu kontrollieren. 1 Berechnungsverfahren oder Meßverfahren mittels Körperphantomen Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 13 Tab. 2: Richt- und Grenzwerte für die Exposition durch Hochfrequenzfelder 2.1 Begrenzungen für Temperaturerhöhungen Begrenzung der Temperaturzunahme für den ganzen Körper Richtwert, wenn keine Überwachung unter besonders kontrollierten Bedingungen erfolgt 1) Grenzwert 0,5 °C 1,0 °C Maximale lokale Gewebetemperatur (Richtwerte) Embryonen, Feten, Testes Kopf Rumpf (außer bei Schwangeren) Extremitäten 37,5 °C 38 °C 39 °C 40 °C 2.1 Begrenzungen für spezifische absorbierte Leistung (SAR) bzw. Energie Begrenzung der Ganzkörper-SAR-Werte *) Dauer der Exposition t Richtwert, wenn keine Überwachung unter besonders kontrollierten Bedingungen erfolgt 1) 2) Grenzwert 1 W/kg 30 W min/kg 2 W/kg 60 W min/kg t 30 min t < 30 min Begrenzung der Teilkörper-SAR-Werte (Grenzwert), gemittelt über je 100 g **) Embryonen, Feten, Testes Kopf ***) Rumpf (außer bei Schwangeren) Extremitäten 0,1 W/100g 0,2 W/100g 0,4 W/100g 0,6 W/100g 1) Auf die Kap. 4.1 und 4.2 sei hingewiesen. 2) Die abgeleiteten Begrenzungen für die SAR-Werte dürfen überschritten werden, wenn gezeigt werden kann, daß die Basisbegrenzungen für die Temperaturerhöhung nicht überschritten werden. *) Gemittelt über jedes 15-Minuten-Intervall. **) Gemittelt über jedes 6-Minuten-Intervall. ***) Für Auge Mittelung über 10 g. Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 14 3.4 Schallimmissionen Die raschen Änderungen des durch die Gradientenspulen in einem statischen Magnetfeld fließenden Stroms erzeugen mechanische Kräfte, wodurch im Gerät Schall im hörbaren Frequenzbereich entsteht. Dieser wird als Luftschall in die Umgebung abgestrahlt und macht sich oft in Form lauter Klopfgeräusche, bei manchen Geräten auch als tonhaltiges Geräusch, bemerkbar. Bei längeren Lärmeinwirkungen auf Menschen mit einem Beurteilungspegel 1 von 85 dB (A) und mehr über eine Dauer von täglich 8 Stunden ist das Entstehen von Gehörschäden nicht auszuschließen [VDI 88]. In Anlehnung hieran wird empfohlen, bei NMR-Untersuchungen den Schallpegel (zeitlich gemittelt und frequenzbewertet) am Ohr des Patienten bei einer Gesamtdauer der Exposition von bis zu zwei Stunden auf 91 dB (A) zu begrenzen; hierbei ist die Impulshaltigkeit des Geräusches entsprechend der VDI-Richtlinie zu berücksichtigen. Bei Einhaltung dieses Wertes sind bleibende Gehörschäden nicht wahrscheinlich. Die bei solchen Schallpegeln auftretende erhebliche Belästigung des Patienten, die auch zu Beunruhigungsreaktionen führen kann, ist gegen den diagnostischen Nutzen der Untersuchung für den Patienten abzuwägen. Sollte das NMR-System bei bestimmten Anwendungen die genannten Schallpegelgrenzen nicht einhalten, so ist der Benutzer mindestens durch einen Hinweis in der Bedienungsanleitung darauf aufmerksam zu machen, daß das Anlegen eines Gehörschutzes für den Patienten zwingend notwendig ist. Falls der Patient während der Untersuchung mit Gehörschutz ausgestattet wird, ist darauf zu achten, daß ungeachtet dessen Kontakt mit ihm möglich ist. Für das Personal am Bedienpult gelten die Bestimmungen der Arbeitsstättenverordnung [Arb 75]. Danach darf der Beurteilungspegel am Arbeitsplatz den Wert von 55 dB (A) nicht überschreiten. 4 Empfehlungen zum Schutz des Patienten und Sicherheitshinweise 4.1 Exposition während der Schwangerschaft Im Entwicklungsalter durchlaufen Säugetiere wie auch der Mensch Phasen erhöhter Sensibilität. Wie im Anhang A1.2.3 erläutert, sind fruchtschädigende Wirkungen durch Magnet- und Hochfrequenzfelder nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand nicht definitiv auszuschließen. Bei NMR-Anwendungen sind bisher jedoch keine Fruchtschädigungen festgestellt worden. Bis weitere Daten über NMR-Wirkungen während der Schwangerschaft verfügbar sind, wird empfohlen, vor allem während der ersten drei Entwicklungsmonate NMR-Untersuchungen zu unterlassen. Bei vitaler Indikation sollten, wie möglichst auch in späteren Stadien, Expositionsdauer und Feldstärken auf das zur diagnostischen Information unabdingbare Minimum reduziert und dabei möglichst keine Richtwerte überschritten werden. Auch nach 1 Der Beurteilungspegel kennzeichnet die Wirkung eines Geräusches auf das Gehör. Er ist der Pegel eines achtstündigen konstanten Geräusches oder, bei zeitlich schwankendem Pegel, der diesem gleichgesetzte Pegel. Der Beurteilungspegel wird als äquivalenter Dauerschallpegel zeitlich gemittelt und frequenzbewertet in dB(A) angegeben. Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 15 dem dritten Schwangerschaftsmonat sollten NMR-Untersuchungen nur aufgrund diagnostisch zwingender Fragestellung durchgeführt werden. Die Untersuchung sollte in diesen Fällen nach Risikoabwägung, auch im Vergleich zu anderen diagnostischen Verfahren, durchgeführt werden. 4.2 Exposition und Überwachung von Risikogruppen Systematische Untersuchungen zur Abklärung möglicher Risikogruppen liegen bisher nicht vor. Die NMR-Untersuchung stellt nach den etwa 10jährigen Erfahrungen in der Routineanwendung für den Patienten kein Risiko an sich dar. Bei bestimmten Patientengruppen und bestimmten NMR-Untersuchungen sollte jedoch eine Nutzen-RisikoAnalyse erfolgen. Dieses Gebot gilt insbesondere bei den unten genannten Patienten, bei denen einerseits die NMR-Untersuchung gerade sehr häufig indiziert ist und andererseits eine Untersuchung im für eine Betreuung weniger gut zugänglichen Magneten ein Risiko an sich darstellen kann. Folgende Patientengruppen sind daher mit speziell NMR-tauglichen Instrumenten hinsichtlich Atemfunktion, Herzfrequenz und -rhythmus, Blutdruck und Körpertemperatur fortlaufend zu überwachen (auch bei Einhaltung der Richtwerte): Patienten mit eingeschränkter Thermosensorik oder erhöhter Empfindlichkeit gegenüber Erwärmung, Säuglinge und Kleinkinder, Schwangere, Patienten mit hochgradigen Durchblutungsstörungen (kardial und zerebral), Patienten in extrem schlechtem Allgemeinzustand bzw. kachektische Patienten, sedierte oder anästhesierte Patienten, Patienten mit ausgeprägten aktuellen Herzrhythmusstörungen (z.B. bei kardialer Dekompensation, instabiler Angina pectoris), Patienten mit Anfallsleiden, komatöse und delirante Patienten. Bei Patienten, die oberhalb des Richtwertes exponiert werden, ist eine Überwachung grundsätzlich angezeigt. Taugliche Instrumente und Verfahren sind z.B. nach dem derzeitigen Stand der Technik: Pulsoximetrie mit Lichtleitern für die Herzfrequenz und die Atemfunktion, EKG-Ableitung mit optimaler Abschirmung (Karbonelektroden) und kor- rekter Lokalisation, automatische Blutdruckmessung, Messung der Hauttemperatur mit Lichtleitern. Der verantwortliche Arzt hat Art und Umfang der Überwachung fallbezogen festzulegen. Eine besondere Gruppe sind Patienten mit klaustrophobischen Veranlagungen. Das Problem der Klaustrophobie kann insbesondere bei Geräten mit röhrenförmigem Untersuchungsraum auftreten. Diese Veranlagungen müssen abgeklärt werden, bevor eine Untersuchung durchgeführt wird. Der Klaustrophobie kann ggf. durch eine entsprechende psychologische oder medikamentöse Behandlung begegnet werden. Die Lufttemperatur des Patientenraumes im Kernspintomographen sollte kontinuierlich gemessen und durch Kopplung der Meßeinrichtung mit der Klimaanlage des Gerätes während Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 16 der Untersuchung konstant gehalten werden, um eine zusätzliche Wärmebelastung für den Patienten zu vermeiden. Gibt es anamnestische Hinweise für eine Überreaktion gegenüber Wärme, ist die Untersuchungsdauer zu begrenzen oder für entsprechende Kühlung (Durchlüftung) zu sorgen. Die Kommunikation mit dem Patienten muß in jedem Falle sichergestellt sein (Gegensprechanlage, Alarmknopf). 4.3 Implantate und metallische Einschlüsse Die Magnetfelder in den NMR-Anlagen sind so stark, daß sie ferromagnetische Implantate oder Fremdkörper verlagern und dadurch ernsthafte Verletzungen der Patienten hervorrufen können. Zudem kann eine verstärkte Hochfrequenzabsorption metallischer Fremdkörper zu einer thermischen Schädigung des angrenzenden Gewebes führen. Bei Implantaten kann deren Funktion – bis hin zum Ausfall – beeinträchtigt werden. Bei der Abklärung eines möglichen Risikos sind Faktoren wie Größe, Zusammensetzung und Sitz der Implantate oder Fremdkörper zu beachten. Die Untersuchung von Patienten, die aktive Implantate haben (z.B. Herzschrittmacher, Innenohrimplantate, Nervenstimulatoren, Defibrillatoren, Knochenwachstums-Stimulatoren, Infusionspumpen u.a.), ist kontraindiziert, sofern der Implantationsausweis bzw. der betreuende Arzt nicht Gegenteiliges angeben. Das gilt auch für Patienten, die an elektrisch oder mechanisch betriebene äußere lebenserhaltende Systeme gebunden sind (vgl. auch Kap. 4.4). Ebenso ist die Untersuchung von Patienten mit anderen metallischen Implantaten oder eingeschlossenen Fremdkörpern (elektrisch leitfähig oder ferromagnetisch) im Einzelfall abzuklären. Beispielsweise ist die Untersuchung von Patienten mit intrakranialen Aneurysmen- klammern kontraindiziert, sofern der Arzt nicht sicher ist, daß die Klammern nicht magnetisch sind. Eine Übersicht über das Verhalten von Implantaten und anderen metallischen Objekten in NMR-Anlagen findet sich z.B. bei Shellock [She 93]. 4.4 Kollisionsgefährdungen Auch im Umfeld des Magneten bestehen Gefährdungsmöglichkeiten. Im Streufeld des Magneten erfahren ferromagnetische Gegenstände so starke Anziehungskräfte, daß metallische Objekte zu gefährlichen Projektilen werden können. Daher sind derartige Gegenstände aus dem Untersuchungsraum grundsätzlich fernzuhalten. Hierbei ist neben medizinischen Geräten insbesondere auf die von Begleitpersonen möglicherweise mitgeführten metallischen Gegenstände zu achten (vgl. Kap. 5.2). Es müssen entsprechende Warnschilder aufgestellt und Detektoren für metallische Gegenstände an den Eingängen benutzt werden. Der Hersteller hat über die Ausdehnung der Zone zu informieren, in der Kollisionsgefährdungen und Gefahren durch unkontrollierte Bewegungen von Gegenständen bestehen. 4.5 Auswirkungen des statischen Magnetfeldes auf elektronische Geräte und Datenträger Auch nicht zur NMR-Anlage gehörende Geräte, die sich im Streufeld befinden, können durch Magnetfelder ab etwa 0,1 mT beeinflußt werden respektive Schaden nehmen. Dies gilt für Röntgendurchleuchtungsgeräte, Fernsehmonitore, Elektronenstrahlröhren sowie Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 17 Patientenüberwachungsgeräte. Beeinflußt werden ebenfalls Notfalleinrichtungen bei Magnetfeldern ab 0,2 mT sowie elektronische Implantate (z.B. Herzschrittmacher) bei über 0,3 mT. Computer, Magnetbänder, Kreditkarten und Analog-Uhren sollten vor Feldern von über 1 mT geschützt werden. Die Ausdehnung von Bereichen, in denen solche Felder auftreten, muß bestimmt und durch entsprechende Warnschilder kenntlich gemacht werden. 4.6 Spezielle Gefährdung bei supraleitenden Magneten (Quench) Unter Quench versteht man den plötzlichen Verlust der Supraleitfähigkeit eines derartigen Magneten. Die gespeicherte magnetische Energie setzt sich in Wärme um, was zu einem sofortigen Verdampfen der Kühlflüssigkeit (Helium) führt. Es muß daher eine geeignete Abgasanlage an den Magneten angefügt werden, die im Falle eines Quenches das Helium nach außen leitet, um eine Erstickungsgefahr auszuschließen. Bei einem Versagen (Bruch) der Abgasanlage im Quenchfall muß der Patient vom Personal unverzüglich aus dem Untersuchungsraum entfernt werden. 4.7 Wiederbelebung und Notfallmaßnahmen Bei Unfallsituationen, wie im Falle von Gerätestörungen (z.B. Quench) sowie bei Verlagerungen ferromagnetischer Einschlüsse, Schockzuständen und Kreislaufversagen bei Patienten, kann die Durchführung von Notfallmaßnahmen erschwert sein. Der Anlagenbetreiber hat die Verantwortlichkeiten für ärztliche (und sonstige) Notfallmaßnahmen eindeutig festzulegen. Die Ausrüstung für die Notfallversorgung (Notfallkoffer und ggf. Defibrillator) muß vor Ort funktionsfähig sein. 5 Empfehlungen zum Schutz des Personals allgemeinen Öffentlichkeit 5.1 Schutz des Personals und der Während zeitlich veränderliche und hochfrequente Magnetfelder außerhalb des NMR-Magneten nur in geringen Feldstärken auftreten, reicht das magnetostatische Streufeld bis in den Arbeitsbereich des Personals. Verglichen mit den untersuchten Patienten sind die dabei einwirkenden Feldstärken in der Regel geringer, doch erfolgen die Expositionen wiederholt und über lange Zeiträume. Bisher gibt es keine Anhaltspunkte dafür, daß sich bei langfristiger Tätigkeit im Umfeld des NMR-Magneten biologische Wirkungen akkumulieren. Zum Schutz des Personals vor einer möglichen Langzeitwirkung des Magnetfeldes wird neben einem Spitzenwert ein zeitlich gemittelter Grenzwert empfohlen (Tab. 3). Darüber hinaus sind zum Schutz des Personals verschiedene Forderungen zu stellen: a) Das an NMR-Geräten tätige Personal muß über Expositionswirkungen, Bedienung der Geräte, Risiken und Sicherheitsmaßnahmen belehrt werden. b) Das gesamte Personal im Bereich der NMR-Geräte muß über die Wirkung der Felder auf elektronische medizinische Geräte, Computer, Uhren und Datenträger (z.B. Kreditkarten, Identifikationsgeräte) informiert werden. Insbesondere ist auf Gefahren durch Kraftwirkungen auf ferromagnetische Materialien hinzuweisen. Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik c) 18 Vor der Aufnahme einer Tätigkeit an NMR-Geräten sind die Personen ärztlich zu befragen und zu untersuchen (vgl. Kap. 8.2), dabei sind besonders zu beachten: Aktive Implantate wie Herzschrittmacher oder andere elektronisch ge- steuerte Hilfsmittel, ferromagnetische Metalle im Körper, wie Gefäßclips, Marknägel, Prothesen, Granatsplitter (evtl. Kontrolle durch Röntgenaufnahme oder Metalldetek- toren erforderlich), Schwangerschaft. Entsprechend den Befunden muß individuell über den Einsatz im Magnet- raum entschieden werden. d) Die Gefahrenbereiche sind dem Personal durch Warnschilder und Markierungen deutlich kenntlich zu machen. e) Für die Exposition des Personals durch magnetische, hochfrequente oder elektrische Felder gelten die Grenzwerte am Arbeitsplatz entsprechend den gültigen gesetzlichen Bestimmungen. Die Grenzwertempfehlungen der ICNIRP für die Exposition durch statische Magnetfelder [ICNIRP 94] sind in Tab. 3 angegeben. f) Der Einsatz von Schwangeren im Magnetraum, wo es zu hohen Expositionen kommen kann, wird nicht empfohlen; gegen den Einsatz im Schaltraum bestehen keine Bedenken. g) Eine Begrenzung der Lärmbelastung in Abhängigkeit von der Tätigkeit ist erforderlich. Überschreitet der Beurteilungspegel während der Dauer von 8 Stunden den Wert 85 dB(A), soll Gehörschutz getragen werden. Eine Verständigung durch sichtbare Signale ist zu gewährleisten. Tab. 3: Grenzwerte für die Exposition durch statische Magnetfelder 1) Expositionscharakteristika Magnetische Flußdichte Beruflich Exponierte Arbeitstag (gemittelt über den ganzen Körper; zeitlicher Mittelwert für den Arbeitstag) Spitzenwert für Kopf und Rumpf Spitzenwert für die Extremitäten 200 mT 2T 5T Bevölkerung Dauerexposition, Spitzenwert 40 mT 2) 1) Anmerkungen: 1. Achtung: Personen mit Herzschrittmachern und anderen implantierten, elektrisch aktiven Körperhilfen oder mit ferromagnetischen Implantaten sind durch o.g. Grenzwerte nicht ausreichend geschützt. 2. Die Mehrzahl der Herzschrittmacher wird durch Flußdichten unterhalb von 0,5 mT Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 19 nicht in der Funktion beeinflußt. 3. Personen mit ferromagnetischen Implantaten oder elektrisch aktiven Körperhilfen (außer Herzschrittmachern) können durch Magnetfelder oberhalb einiger mT beeinträchtigt werden. 4. Wenn die magnetischen Flußdichten 3 mT überschreiten, sollten Vorkehrungen getroffen werden, um Gefahren durch Kraftwirkungen auf metallische Objekte zu vermeiden. 5. Analog-Uhren, Kreditkarten, Magnetbänder, Computer-Disketten etc. können durch Expositionen mit Flußdichten über 1 mT beeinflußt werden; dies wird jedoch nicht als sicherheitsrelevant für Personen angesehen. 2) Gelegentlicher Zugang zu speziellen Einrichtungen, in denen die magnetische Flußdichte 40 mT überschreitet, kann unter geeignet kontrollierten Bedingungen erlaubt werden, vorausgesetzt, die entsprechenden Grenzwerte für beruflich Exponierte werden nicht überschritten. 5.2 Schutz weiterer Personen Es ist zu unterscheiden, ob sich Personen in der weiteren Umgebung von NMR-Einrichtungen aufhalten, oder ob sie sich, zum Beispiel als Begleitpersonen von Angehörigen, im Untersuchungsraum aufhalten. Vor dem Betreten des Untersuchungsraumes sind an sie die gleichen Fragen zu richten wie an das Personal (Abschnitt 5.1 c), und sie sind gegebenenfalls nach ferromagnetischen Metallteilen abzusuchen. Bei Kontraindikationen ist ihnen der Zutritt nicht zu gestatten. Für unbeteiligte Personen muß durch Warnschilder bzw. Absperrungen jegliche gesundheitliche Beeinflussung ausgeschlossen werden. Dabei ist wegen der Störung von Herzschrittmachern der Bereich von 0,5 mT deutlich abzugrenzen. 5.3 Unterstützende Maßnahmen Jede technische Hilfe, die geeignet ist, das sicherheitsbewußte Verhalten des Personals zu begünstigen oder Gefährdungen unmittelbar zu mindern, sollte genutzt werden. Dazu gehören z.B.: Unterteilung der Räume nach Bereichen, für die bestimmte Aufenthalts- und Zutrittsbeschränkungen bestehen, Zusammenlegen der Grenzen solcher Bereiche mit Raumwänden, auffallende Farbgebung an den Wänden und Markierung auf dem Boden als Ergänzung von Warnzeichen und Hinweisschildern, Personen- und Materialschleusen mit automatischen Kontrollen, z.B. auf Metallteile, Warnsignale bei ungewöhnlichen Betriebszuständen, Zugangsverriegelungen, die ein Passieren nur in bestimmten Gefahrensituationen zulassen. Beispiele für Warn- und Verbotszeichen zeigt die Abb. 1. Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 6 Anforderungen an den Hersteller 6.1 Bedienungsanleitung 20 Der Hersteller hat für jedes NMR-Gerät eine Bedienungsanleitung in deutscher Sprache mitzuliefern. Darin sind ausführliche Angaben zu machen über Funktionsweise, Gerätekombination, Reinigung – Desinfektion – Sterilisation, Zusammenbau, Funktionsprüfung, Wartung des Gerätes. 6.2 Weitere Angaben und Unterlagen vom Hersteller Der Hersteller muß dem Anwender die Maßnahmen auflisten, die für den sicheren Betrieb der Anlage notwendig sind, und ausführliche technische Unterlagen darüber zur Verfügung stel- Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 21 len. Dazu gehören: Die Pläne für die Organisation der Sicherheitsmaßnahmen und die Regelung des Betriebsablaufes einschließlich der Regelung beim Auftreten von Betriebsstörungen, Pläne für den Einsatz bei Unfällen, für den Brandschutz und zur Vorbereitung der Schadensbekämpfung durch die zuständigen örtlichen Organisationen und Feuerwehren, eine Liste der für den sicheren Betrieb der Anlage notwendigen Zubehörteile, Geräte oder Einrichtungen, ein Inspektionsplan mit Hinweisen auf Prüfungsmaßnahmen und -intervalle, Wartungsunterlagen (Umfang der Maßnahmen, Intervalle), Daten über Patientenexpositionen unter standardisierten Bedingungen, Unterlagen über die spezifischen Betriebsdaten. Weitere Festlegungen für die Sicherheit von Magnetresonanzsystemen für die medizinische Diagnose sind in der diesbezüglichen Internationalen Norm der IEC (IEC-Schriftstück 601-2XY) [IEC 95] festgelegt. 6.3 Einweisung durch den Hersteller Nach den Verordnungen zu § 22 des Medizinproduktegesetzes und in der Übergangszeit nach der Medizingeräteverordnung muß der Hersteller bei Übergabe der Anlage an den Betreiber den für die Anwendung Verantwortlichen in die Funktions- und Betriebsweise sowie die Sicherheitsvorkehrungen und die Maßnahmen bei Unfällen oder Betriebsstörungen einweisen. 7 NMR-Anwendung in der medizinischen Forschung Bei der Durchführung eines genehmigten wissenschaftlichen Forschungsprogramms können Risiken für den Patienten oder Probanden nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Außerdem kann es erforderlich sein, die Anlage so zu betreiben, daß die in den Tab. 1 und 2 genannten Grenzwerte überschritten werden. In diesem Fall sind zusätzliche technische Sicherheitsmaßnahmen, wie Einschaltsperren, in die Anlage zu installieren, um einen unerlaubten Betrieb zu verhindern; weiterhin sind erhöhte Anforderungen an die RisikoNutzen-Analyse durch den verantwortlichen Arzt sowie an die medizinische Überwachung des Patienten zu stellen. Bei diesen Untersuchungen ist eine Kontrollanzeige erforderlich, die deutlich macht, daß die Betriebsbedingungen für den Patienten potentiell gefährlich sind und daß keine klinischen Routineuntersuchungen durchgeführt werden dürfen. Die Anwendung von NMR-Untersuchungen in Form von MRI wird durch das Medizinproduktegesetz bzw. in der Übergangszeit durch die Medizingeräteverordnung nicht umfassend geregelt. MRS wird nicht in speziellen rechtlichen Vorschriften geregelt. Es wird daher empfohlen, aus rechtlichen ebenso wie aus medizin-ethischen Gründen folgende Leitlinien zu beachten, denen die Musterberufsordnung für Ärzte und das Arzneimittelgesetz zugrunde gelegt wurden: Vor jeder NMR-Untersuchung muß, wie bei anderen Untersuchungen an Menschen zu Forschungszwecken, eine Beratung durch die zuständige Ethikkommission erfolgt sein. Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 22 Die zu erwartenden wissenschaftlichen Ergebnisse müssen die Durchführung von Versuchen am Menschen rechtfertigen. Beispiele für solche Ergebnisse könnten sein: Die Zuordnung von NMR-Befunden zu gesunden und krankhaft veränderten Körperstrukturen, die Beurteilung der Wertigkeit von NMR-Befunden bei der Diagnose von Krankheiten, die Entwicklung neuer oder verbesserter Untersuchungs- und Meßverfahren, die Entwicklung von NMR-Kontrastmitteln. NMR-Untersuchungen zu Forschungszwecken am Menschen müssen in der Verantwortung eines sachkundigen Arztes durchgeführt werden. Der Arzt muß umfangreiche Kenntnisse und praktische Erfahrungen in der Anwendung von NMR-Untersuchungen besitzen. Gegebenenfalls ist ein Physiker oder Ingenieur mit einschlägigen Fachkenntnissen (Medizinphysiker) einzubeziehen. Es muß ein Studienplan vorliegen, in dem das Forschungsziel und die anzuwendende Methode einschließlich genauer technischer Untersuchungs-Parameter dargelegt sind. Außerdem müssen die Anzahl sowie die Ein- und Ausschlußkriterien der Patienten schriftlich festgelegt sein. Der Proband muß vor Durchführung der Forschungsmaßnahme über Art und Tragweite der Untersuchung durch einen Arzt aufgeklärt werden. Er hat danach schriftlich sein Einverständnis zu erklären und kann dies jederzeit auch mündlich widerrufen, ohne daß ihm daraus Nachteile entstehen. Vor Durchführung der Untersuchung ist der Proband ärztlich zu untersuchen, wobei insbesondere auf das Vorliegen der in diesen Empfehlungen dargelegten Risiken (s. Kap. 4) zu achten ist. Sind Überschreitungen der in diesen Empfehlungen genannten Grenzwerte beabsichtigt oder möglich, so ist dies im Studienplan schriftlich zu begründen. Dabei sind an die medizinische Überwachung des Patienten erhöhte Anforderungen zu stellen. Insbesondere sind die für Risikopatienten (s. Kap. 4.1, 4.2 und 4.3) vorgesehenen Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten. Auch muß im Einzelfall geprüft werden, inwieweit Personen der in Kap. 4.2 beschriebenen Patientengruppen von der Untersuchung ausgeschlossen werden müssen. Während der Untersuchung muß zwischen dem untersuchenden Arzt und dem Probanden ein ständiger optischer und akustischer Kontakt bestehen. An Kindern und Jugendlichen dürfen NMRUntersuchungen zu Forschungszwecken nur dann vorgenommen werden, wenn die Richtwerte der Tab. 1 und 2 eingehalten werden. Über die Untersuchungsparameter und die Ergebnisse ist Protokoll zu führen. Aufgetretene Nebenwirkungen sollen unter Beifügen des Studienplanes und Angaben über die näheren Umstände einer zentralen Stelle (dem Institut für Strahlenhygiene des Bundesamtes für Strahlenschutz) zur zentralen Dokumentation und gegebenenfalls der zuständigen Behörde zur Erfüllung der Medizingeräteverordnung zugeleitet werden. Es bestehen erhebliche Erkenntnislücken auf dem Gebiet des Gesundheitsschutzes, insbesondere bei Anwendung von MRI- und MRS-Verfahren in Hochfeldgeräten, sowie Forschungsdefizite bei der Identifizierung von Risikogruppen und der Ermittlung eventueller Schwellenwerte. Aus diesen Gründen werden bis zum Vorliegen eindeutiger Befunde Grenzwerte empfohlen, die die Sicherheit von NMR-Untersuchungen für den Menschen gewährleisten. Eine Überschreitung der derzeitigen Grenzen ist nur mit den angesprochenen Auflagen Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 23 möglich. Die Indikationen müssen in solchen Fällen streng gefaßt werden. Außer der Beseitigung der Forschungsdefizite muß gefordert werden, daß Verfahren für eine quantitative Dosimetrie sowie für die Überwachung der Patienten entwickelt werden. 8 Regeln für die Betreiber von NMR-Anlagen 8.1 Anforderungen an das Personal 8.1.1 Anordnung Eine NMR-Untersuchung am Menschen darf nur eine Person anordnen, die zur Ausübung des ärztlichen Berufs berechtigt ist und eine besondere Qualifikation auf dem Gebiet der NMRUntersuchung nachweisen kann. 8.1.2 Durchführung Es ist sicherzustellen, daß die NMR-Anlage nur von Personen betrieben wird, die die notwendigen Kenntnisse besitzen, um sie bestimmungsgemäß betreiben und um auf Havarieund Notfallsituationen entsprechend reagieren zu können. Bei der Anwendung am Menschen muß ständig ein sachkundiger Arzt anwesend sein. 8.1.3 Prüfungen und Kontrollen Aufgrund der Verordnungen zu § 22 des Medizinproduktegesetzes bzw. in der Übergangszeit aufgrund der Medizingeräteverordnung (MedGV) und einschlägiger weiterer Bestimmungen sind sicherheitstechnische Kontrollen (§ 11 MedGV) und Funktionsprüfungen durch Hersteller, Lieferanten und Betreiber vorgeschrieben; vor Erstinbetriebnahme und nach sicherheitsrelevanten Instandsetzungen bzw. Veränderungen sind Prüfungen von Ausrüstung, Zustand und Funktion der Kernspintomographieanlage erforderlich. Sie dienen der Feststellung, ob durch das Zusammenwirken aller Komponenten der Schutz von Patient, Personal und von Personen, die sich in benachbarten Bereichen aufhalten, sichergestellt ist. Die Prüfungen erstrecken sich auf folgende Punkte: Kennzeichnung und Ausdehnung der 0,5 mT-Grenze für Herzschrittmacher- träger, Zutrittsicherung für Unbefugte, ausreichende Anzahl und Kennzeichnung von NOT-AUS-Schaltern, Kennzeichnung des NMR-Raumes an den Zugängen, Lüftungs- und Klimaanlage (Raumtemperatur und Luftfeuchte) (speziell für Anlagen mit supraleitenden Magneten: He-Abzugsöffnung oben, N2-Abzugsöffnung unten; das Quenchrohr ist nach außen zu führen; O2-Monitor im Untersuchungsraum mit akustischer und optischer Anzeige von Sauerstoffkonzentrationen unterhalb von 16% oder 1,5facher Luftwechsel durch Zwangsbelüftung), ausreichende Anzahl und Kennzeichnung von Feuerlöschern (aus nichtferro- magnetischem Material), Kennzeichnung der Fluchtwege, Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 24 optische und akustische Verbindung zum Patienten, Einschaltsperren (z.B. Schlüsselschalter für das Bedienpult), Kälteanlagen, Druckbehälter (Lagerung der Kühlmittel), Vorhandensein eines Metallsuchgerätes, Vorhandensein eines Notfall-Raumes, sicherheitstechnischer Notfallplan, Einhaltung der Expositionsgrenzwerte gegenüber magnetischen und elektromagnetischen Feldern. 8.1.4 Aufgabenzuweisung und Belehrung Jede Person ist in den für sie bestimmten Aufgabenbereich einzuweisen. Dabei ist sie über die Arbeitsmethoden, die möglichen Gefahren, die anzuwendenden Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen, insbesondere über das Verhalten bei Notfallsituationen, zu belehren. Diese Belehrungen sind in jährlichem Abstand zu wiederholen. Über die Belehrungen sind Aufzeichnungen zu führen. 8.1.5 Personen in Aus- und Weiterbildung Personen, die sich zu Aus- und Weiterbildungszwecken an der Anlage aufhalten, sind vor der Aufnahme der Tätigkeit ärztlich zu befragen und ggf. arbeitsmedizinisch zu untersuchen (Abschnitt 5.1.c). Sie müssen ständig von einer Person betreut werden, die über die notwendigen Kenntnisse verfügt und zur Unterweisung berechtigt ist. 8.1.6 Sonstige im NMR-Bereich tätige Personen Wenn betriebsfremde Personen an der Anlage tätig werden (z.B. bei Wartung und Instandsetzung), müssen sie dafür ausgebildet und autorisiert sein. Sie sind ausdrücklich auf mögliche Gefahren und die anzuwendenden Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen hinzuweisen. Personen, die nicht an der NMR-Anlage selbst tätig werden, wie Techniker, Reinigungspersonal, Verwaltung oder Gäste, sind zu belehren. 8.2 Gesundheitsschutz der Beschäftigten Die ärztlichen Eignungsuntersuchungen der Beschäftigten an der NMR-Anlage sollten innerhalb von 12 Wochen vor Aufnahme der Tätigkeit erfolgen. Die Untersuchungen sind entsprechend der Unfallverhütungsvorschrift „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ VBG 100 vom 01.10.1993 [UVV 93] von einem dazu ermächtigten Arzt durchzuführen. Dem Betreiber der Anlage wird mitgeteilt: Für Tätigkeiten am NMR-Gerät bestehen keine gesundheitlichen Bedenken keine gesundheitlichen Bedenken unter bestimmten Voraussetzungen gesundheitliche Bedenken. Schwangere sollen nicht im Magnetraum beschäftigt werden. Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 8.3 25 Führung und Aufbewahrung der Aufzeichnungen Der Betreiber hat dafür zu sorgen, daß alle Aufzeichnungen gewissenhaft vorgenommen werden, die Unterlagen vollständig sind und regelmäßig auf den neuesten Stand gebracht werden. Er hat dafür zu sorgen, daß Änderungen, Weiterentwicklungen und Reparaturen dokumentiert werden und daß die Unterlagen so aufbewahrt werden, daß eine Einsichtnahme jederzeit möglich ist. Die Unterlagen sind aus Haftungsrechtsgründen 30 Jahre aufzuheben. 8.3.1 Unterlagen über Patienten Die ärztlichen Aufzeichnungen über die Patienten sollten so vollständig sein, daß die Rekonstruktion des ganzen Untersuchungsablaufes möglich ist, denn nur so sind Beobachtungen über Unverträglichkeiten, gesundheitliche Störungen oder Schädigungen mit den verursachenden Expositionsparametern zu korrelieren. Für die Befunderhebung wird auf Kap. 4.2 und Anhang A3 verwiesen. Neben den ärztlichen Erhebungen sind auch die technischen Daten der Anlage während der Untersuchung, alle Expositionsparameter und die genaue Dauer der Untersuchung zu dokumentieren. Darüberhinaus wird empfohlen, daß Nachuntersuchungsstudien bei Kindern durchgeführt werden, die in utero oder in der frühen Kindheit einer NMR-Untersuchung unterzogen worden sind. Beobachtungen über Entwicklungsstörungen sollten gesammelt und in der Literatur veröffentlicht werden. Eine zentrale Dokumentation dieser Daten ist wünschenswert. 8.3.2 Unterlagen über die Beschäftigten Es sind Kontrollen über die gesundheitlichen Eignungsuntersuchungen zu führen und zu dokumentieren. Alle Einweisungen und Belehrungen, den Betrieb der Anlage und die Betreuung der Patienten betreffend sowie über Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen und Notfallsituationen, sind mit Datum, Inhalt der Belehrung, Namen der unterweisenden Personen und Unterschrift des Unterwiesenen zu dokumentieren. Es sollte ein Nachweisbuch geführt werden, in dem Expositionsparameter, Aufenthaltsdauer an der Anlage, Arbeitszeit und alle eventuellen Unfallereignisse festgehalten werden. Entsprechende Daten erleichtern wissenschaftliche Auswertungen und dienen darüber hinaus als Beleg für die Erfüllung der Fürsorgepflicht. 8.3.3 Unterlagen über die NMR-Anlage Alle Angaben zur Anlage, alle Prüfprotokolle und Checklisten sind zugänglich aufzubewahren. Zusammenfassung Zweck und Anwendungsbereich Die magnetische Kernresonanz (NMR) hat heute zentrale Bedeutung für viele Anwendungen Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 26 in Chemie, Biologie und Medizin. Für viele Fragestellungen unterschiedlicher medizinischer Fachgebiete wird die NMR-Bildgebung routinemäßig mit großem Erfolg eingesetzt. Zum Teil gibt es keine Alternativen für dieses neue Hilfsmittel der medizinischen Diagnostik. Bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren wird der Patient statischen und zeitlich veränderlichen Magnetfeldern sowie hochfrequenten elektromagnetischen Feldern ausgesetzt. Die physikalischen Parameter müssen so begrenzt werden, daß diese Felder kein Gesundheitsrisiko darstellen. Zu beachten sind spezielle Risikogruppen, wie Patienten mit aktiven Implantaten (z.B. Herzschrittmachern) oder mit leitfähigen oder ferromagnetischen Implantaten oder Einschlüssen. In diesen Fällen sind die Risiken gegenüber den diagnostischen Vorteilen der NMR-Untersuchung abzuwägen. Bei Patienten, die nicht den Risikogruppen zuzurechnen sind, wurden nach heutigem Kenntnisstand keine Hinweise auf gesundheitliche Beeinträchtigungen durch NMR-Untersuchungen gefunden. Der Zweck dieser Empfehlung ist es, Sicherheitsmaßnahmen zur Vermeidung von Gesundheitsrisiken für die untersuchten Patienten durch die in der NMR-Diagnostik angewendeten Felder festzulegen. Dies geschieht durch Empfehlung entsprechender Richtund Grenzwerte auf der Grundlage der biophysikalischen Kenntnisse und klinischen Erfahrungen. Die Empfehlung berücksichtigt auch den Schutz des Personals und der allgemeinen Öffentlichkeit. Die Empfehlung richtet sich an Hersteller und Entwickler medizinischer Geräte, NMR-Anwender, Sicherheitsfachleute und nationale Aufsichtsbehörden. Sie nennt Anforderungen an den Hersteller und beschreibt Regeln für die Betreiber von NMR-Anlagen. Die vorliegende Empfehlung der Strahlenschutzkommission ersetzt die Empfehlung des Bundesgesundheitsamtes aus dem Jahre 1984. Richt- und Grenzwerte Die bisherigen Daten über Feldwirkungen erlauben es nicht, Schwellenwerte für gesundheitsschädliche Effekte exakt anzugeben. Daher wird ein 2-Stufen-System von Richt- und Grenzwerten zum Schutz des Patienten empfohlen, das eine gewisse Flexibilität sowie eine Weiterentwicklung von NMR-Verfahren erlaubt: Exposition bis zu den Richtwerten beim Normalbetrieb, Exposition bis zu den Grenzwerten beim Betrieb unter besonders kontrol- lierten Bedingungen. Expositionen unterhalb der Richtwerte gelten für alle Patienten, die nicht zu Risikogruppen zählen, als sicher. Bei besonderen klinischen Fragestellungen können diese Richtwerte unter der Verantwortung des Arztes überschritten werden, doch müssen die Expositionen unterhalb der nach dem derzeitigen Forschungsstand empfohlenen Grenzwerte bleiben. Gegebenenfalls erfordert dies einen Ausschluß von Risikopatienten oder eine genaue Abwägung der diagnostischen Vorteile gegenüber anderen Verfahren. Während einer solchen Untersuchung ist der Patient ständig mit geeigneten Verfahren zu überwachen. Statische Magnetfelder Als Richtwert für die Exposition des Patienten durch statische Magnetfelder wird eine Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 27 magnetische Flußdichte von 2 Tesla festgelegt. Die Kreislauffunktionen des Patienten müssen immer dann überwacht werden, wenn Kopf oder Rumpf mit magnetischen Flußdichten über 2 Tesla exponiert werden. Allein bei der Exposition der Extremitäten sind Flußdichten bis 5 Tesla als tolerabel anzusehen. Ein Grenzwert für die Exposition des Patienten durch statische Magnetfelder kann derzeit nicht angegeben werden. Zeitlich veränderliche Magnetfelder (Gradientenfelder) Beim Ein- oder Ausschalten der Gradientenfelder werden im Körper elektrische Felder induziert. Wenn die induzierten Gewebefeldstärken hinreichend groß sind, kann es zur Stimulation peripherer Nerven und Muskeln sowie zur Stimulation des Herzmuskels kommen. Der Schutz des Patienten vor gesundheitlichen Auswirkungen durch zeitlich veränderliche Gradientenfelder wird durch Begrenzung der induzierten elektrischen Feldstärke im Gewebe bzw. der zeitlichen Änderung der magnetischen Flußdichte gewährleistet. Das Kriterium für die in Tab. 1 genannten Richtwerte für den Routinebetrieb ist die Vermeidung der Stimulation peripherer Nerven- und Muskelzellen für alle Patienten einschließlich Risikogruppen unter Einbeziehung eines Sicherheitsfaktors von mindestens 3. Das Kriterium für die in Tab. 1 genannten Grenzwerte ist die Vermeidung der Herzstimulation durch einen angemessenen Sicherheitsabstand. Deren schwerwiegende Folgen erfordern eine Überwachung der Herzfunktion, sobald die Richtwerte überschritten werden. Hochfrequenzfelder Mögliche Nebenwirkungen durch die Hochfrequenzfelder bei NMR-Untersuchungen ergeben sich primär aus der thermischen Belastung des Körpers und der Gewebe. Für die Ableitung der Richt- und Grenzwerte wird von bestimmten zulässigen thermischen Belastungen ausgegangen. Der Richtwert der Temperaturzunahme für den ganzen Körper beträgt 0,5° C; wenn NMR-Untersuchungen unter besonders kontrollierten Bedingungen erfolgen, ist eine Temperaturerhöhung des ganzen Körpers um bis zu 1° C zulässig. Zusätzlich zur Begrenzung der Gesamtwärmebelastung ist aufgrund der ungleichförmigen Verteilung der Energieabsorption im Körper eine Begrenzung für maximale lokale Gewebetemperaturen erforderlich. Aus den Werten für die thermische Belastung werden Begrenzungen für die spezifische absorbierte Hochfrequenz-Leistung abgeleitet, die in Tab. 2 angegeben sind. Die Hersteller haben den Anwendern diagnostischer NMR-Geräte geeignete Mittel zur Verfügung zu stellen, um die Energieabsorption im Körper des Patienten zu bestimmen und die Einhaltung der angegebenen Richt- und Grenzwerte zu kontrollieren. Schallemissionen Die raschen Änderungen des durch die Gradientenspulen in einem statischen Magnetfeld fließenden Stroms erzeugen mechanische Kräfte, durch die Schall im hörbaren Frequenzbereich entsteht, der sich in Form lauter Klopfgeräusche bemerkbar macht. Es werden Begrenzungen des Schallpegels angegeben; ggf. ist das Anlegen eines Gehörschutzes für den Patienten notwendig. Empfehlungen zum Schutz des Patienten und Sicherheitshinweise Es wird empfohlen, NMR-Untersuchungen während der Schwangerschaft vor allem während Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 28 der ersten Entwicklungsmonate (Organogenese, Ausdifferenzierung des Gehirns) zu unterlassen. Bei vitaler Indikation sollten, wie möglichst auch in späteren Stadien, Expositionsdauer und Feldstärken auf das zur diagnostischen Information unabdingbare Minimum reduziert und dabei möglichst keine Richtwerte überschritten werden. Für bestimmte Patientengruppen sollte eine Nutzen-Risiko-Analyse erfolgen. Zu den Patientengruppen, die mit speziell NMR-tauglichen Instrumenten auch bei Einhaltung der Richtwerte fortlaufend zu überwachen sind, gehören: Patienten mit eingeschränkter Thermosensorik, Säuglinge und Kleinkinder, Schwangere, Patienten mit hochgradigen Durchblutungsstörungen, Patienten in extrem schlechtem Allgemeinzustand, sedierte oder anästhesierte Patienten, Patienten mit Anfallsleiden sowie Patienten mit ausgeprägten aktuellen Herzrhythmusstörungen. Bei Patienten, die oberhalb des Richtwertes exponiert werden, ist eine Überwachung grundsätzlich indiziert. Es werden Hinweise für taugliche Instrumente und Verfahren gegeben. Klaustrophobische Veranlagungen müssen abgeklärt werden, bevor eine Untersuchung durchgeführt wird. Die Möglichkeit zur NMR-Untersuchung von Patienten mit Implantaten oder metallischen Einschlüssen ist im Einzelfall abzuklären. Die Magnetfelder in den NMR-Anlagen sind so stark, daß sie ferromagnetische Implantate oder Fremdkörper verlagern und dadurch ernsthafte Verletzungen der Patienten hervorrufen können. Bei der Abklärung eines möglichen Risikos sind Faktoren wie Größe, Zusammensetzung und Sitz der Implantate oder Fremdkörper zu beachten. Die Untersuchung von Patienten, die aktive Implantate tragen (z.B. Herzschrittmacher, Innenohrimplantate, Nervenstimulatoren, Defibrillatoren, Infusionspumpen u.a.), ist kontraindiziert, sofern der Implantationsausweis bzw. der betreuende Arzt nichts Gegenteiliges angeben. Weitere Schutzmaßnahmen Auch im Umfeld des Magneten bestehen Gefährdungsmöglichkeiten. Im Streufeld des Magneten wirken so starke Anziehungskräfte auf ferromagnetische Gegenstände, daß metallische Objekte zu gefährlichen Projektilen werden können. Daher sind derartige Gegenstände aus dem Untersuchungsraum grundsätzlich fernzuhalten. Auch nicht zur NMRAnlage gehörende elektronische Geräte und Datenträger, die sich im Streufeld befinden, können durch Magnetfelder beeinflußt werden respektive Schaden nehmen. Die Ausdehnung von Bereichen, in denen solche Felder auftreten, muß bestimmt und durch entsprechende Warnschilder und Markierungen kenntlich gemacht werden. Tab. 3 enthält Grenzwerte für die Exposition des Personals und der allgemeinen Öffentlichkeit durch statische Magnetfelder, wobei für beruflich Exponierte und für die Bevölkerung unterschiedliche Werte angegeben werden. Der Einsatz von Schwangeren im Magnetraum, wo es zu hohen Expositionen kommen kann, wird nicht empfohlen. Anhänge Die Anhänge enthalten eine Übersicht über bisherige Beobachtungen und Erfahrungen, Begründungen für die Richt- und Grenzwerte, eine Zusammenstellung des technischen Vokabulars und einen empfohlenen Fragebogen zur Risikoabklärung vor der NMRUntersuchung, der sich an praktischen Erfahrungen orientiert. Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 10 29 Literatur Ergänzende Literaturhinweise finden sich im Anhang A 1.4. [Arb 75] [BGA 84] [BMFT 90] [FDA 88] [ICNIRP 94] [IEC 95] [Irn 94] [IRPA/ INIRC 85] [IRPA/ INIRC 91] [Man 93] [Mou 90] Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung – ArbStättV) vom 20. März 1975. BGBl I: S. 729 Bundesgesundheitsamt: Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken, verursacht durch magnetische und hochfrequente elektromagnetische Felder bei der NMRTomographie und In-vivo-NMR-Spektroskopie. Bundesgesundheitsblatt 27 (1984) 92-96 BMFT: Kernspintomographie – Multizentrische Studie zur klinischen und ökonomischen Evaluierung, in: Materialien zur Gesundheits- forschung, Band 17, 1990 US-Food and Drug Administration, Center for Devices and Radiological Health (FDA): Magnetic resonance diagnostic device; panel recommendation and report on petitions for MR reclassification. Fed. Reg. 53: 7575-7579, Rockville, MD 20857, 1988 International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection (ICNIRP): Guidelines on limits of exposure to static magnetic fields: Health Physics 66 (1994) 100-106 International Electrotechnical Commission (IEC): Medical electrical equipment. Part 2: Particular requirements for the safety of magnetic resonance equipment for medical diagnosis (Draft). IECSchriftstück 62B /240/DIS, Publication 62B/601-2-33/1 ed., 1995 Irnich, W.: Electrostimulation by time-varying magnetic fields. 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Eng. & Comput. 30 (1990) 162-168 Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik [NHMRC 91] [NRPB 91] [She 89] [She 93] [UNEP/ WHO/ IRPA 87] UNEP/ WHO/ IRPA 93] [UVV 93] [VDI 88] [Win 90] 30 National Health and Medical Research Council (NHMRC): Safety Guidelines for magnetic resonance diagnostic facilities. NHMRCPublication, Australia, 1991 National Radiological Protection Board (NRPB): NRPB Board Statement on Clinical Magnetic Resonance Diagnostic Procedures. Documents of the NRPB, Vol. 2, Nr. 1, Chilton, Didcot, Ox 11 ORQ, 1991 Shellock, F.G.: Biological Effects and Safety Aspects of Magnetic Resonance Imaging. Magnetic Resonance Quarterly 5 (1989) 243-261 Shellock, F.G.: MR Procedures and Biomedical Implants, Materials and Devices: 1993 Update. 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Electrophysiol. 1 (1990) 393-410 Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 31 Anhang A1 Übersicht über bisherige Beobachtungen und Erfahrungen; Begründungen für die Richt- und Grenzwerte Im Anhang A1 wird ein Überblick über biophysikalische Wirkungsmechanismen und mögliche Gesundheitsrisiken bei Exposition in zeitlich konstanten oder veränderlichen Magnetfeldern sowie in Hochfrequenzfeldern gegeben. Weitere Daten vermitteln die im Literaturverzeichnis angegebenen Übersichtsarbeiten sowie die darin enthaltenen Referenzen. Die im Haupttext (Kap. 3) gegebenen Empfehlungen für Richt- und Grenzwerte der statischen und veränderlichen Magnetfelder sowie der Hochfrequenzfelder werden hierdurch näher erläutert, und es wird auf noch bestehende Fragen der Risikoabschätzung hingewiesen. A1.1 Statische Magnetfelder Zu den physikalischen Wirkungen statischer Magnetfelder auf biologische Organismen gehören magnetomechanische Effekte (Verschiebung und Ausrichtung), elektrodynamische Wirkungen auf sich bewegende Elektrolyte sowie Wirkungen auf Elektronenspinzustände bei chemischen Reaktionen. Magnetomechanische Wirkungen auf molekulare und zelluläre Strukturen wie DNA, Netzhautstäbchen und -zapfen sowie Blutzellen sind in Versuchen mit Feldern von mehr als 1 T beobachtet worden. Das gleiche gilt für geringe Konformationsänderungen von Enzymen. In sich bewegenden Volumenleitern, wie z.B. fließendem Blut, können durch elektrodynamische Wirkungen statischer Magnetfelder elektrische Potentialdifferenzen (Hall-Spannung) induziert werden. Werden solche Spannungen durch Felder von mehr als 0,1 T hervorgerufen, so können sie die Aufzeichnung der T-Welle im Elektrokardiogramm (EKG) stören. Die an den Herzklappen und im Aortenbogen durch Blutströmung erzeugten Hall-Spannungen führen beim Menschen unterhalb von 2,5 T sicher nicht zu gesundheitlichen Wirkungen. Es wurde über reversible EEG-Veränderungen berichtet, die durch Felder von mehr als 0,3 T hervorgerufen wurden. Eine Aufklärung der zugrundeliegenden Mechanismen war bisher nicht möglich. Aufgrund der vorliegenden langjährigen Erfahrungen in der Anwendung der magnetischen Kernresonanz in der medizinischen Diagnostik können diese Veränderungen jedoch nicht im Sinne einer Gesundheitsschädigung gedeutet werden. Aus der Literatur ergeben sich bisher keine Hinweise auf nachteilige Wirkungen bei einer Ganzkörperexposition bis zu 2 T und bei einer Exposition der Extremitäten bis zu 5 T. Bei lokalen Expositionen mit 5 T können elektrodynamische und magnetohydrodynamische Effekte die Durchblutung des kardiovaskulären Systems beeinflussen [UNEP/WHO/IRPA 87]. Generell ist davon auszugehen, daß mit zunehmender Flußdichte die Möglichkeit einer Herzfunktionsstörung zunimmt. Dies gilt insbesondere für Personen mit verminderter kardiovaskulärer Funktion und hohem Blutdruck. Dies begründet die Notwendigkeit der Überwachung der Patienten, wenn der in Kap. 3.1 angegebene Richtwert überschritten wird. Versuchspersonen, die 10 T ausgesetzt waren, gaben Unbehagen, u.a. Schwindelgefühle und Brechreiz, an. Bei derselben Flußdichte zeigten Tiere Verhaltensänderungen Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 32 [UNEP/WHO/IRPA 87]. Nach theoretischen Analysen sind bei 24 T direkte Störungen des Ionenleiterstroms sowie der Membraneigenschaften wahrscheinlich. Die Möglichkeit von Wirkungen auf das zentrale Nervensystem bei niedrigeren magnetischen Flußdichten wird diskutiert. Besser abschätzbar sind Kraftwirkungen auf ferromagnetische Objekte im Streufeld des Magneten. Diese erfordern Vorsichtsmaßnahmen bei Patienten mit ferromagnetischen Implantaten. Patienten mit ferromagnetisierbaren Aneurysmenclips, Hämoclips, Herzklappen sowie anderen Implantaten oder Fremdkörpern dürfen ohne vorhergehende Abklärung nicht mit Magnetresonanzverfahren untersucht werden. Risiken ergeben sich durch Wanderungsoder Drehbewegungen der Implantate im Gewebe mit der Folge von Verletzungen oder Blutungen. Ferner ist eine Funktionsbeeinträchtigung von Herzschrittmachern und anderen elektrischen Implantaten möglich. Durch Befragung der Patienten, Kontrolle mit Metalldetektoren oder durch Röntgenkontrolle muß vor der Untersuchung abgeklärt werden, ob solche Materialien bzw. Implantate im Körper des zu Untersuchenden vorhanden sind. Die Mehrzahl der Herzschrittmacher wird für zeitlich konstante Magnetfelder bei magnetischen Flußdichten unterhalb von 0,5 mT in der Funktion nicht beeinflußt. A1.2 Zeitlich veränderliche Magnetfelder (Gradientenfelder) A1.2.1 Allgemeines Die Wirkungen zeitlich veränderlicher Magnetfelder, wie sie durch das Ein- und Ausschalten der Gradientenfelder entstehen, werden über induzierte elektrische Felder vermittelt. Diese können insbesondere in Nervenzellen und Herzmuskelfasern zu Erregungsphänomenen und darüberhinaus zu subtileren Wirkungen, wie z.B. Änderungen von Ionenverteilungsmustern, führen. Von Interesse sind hier die Stimulation peripherer Nerven- und Muskelzellen, die Stimulation des Herzmuskels sowie die Auslösung von Herzkammerflimmern. Während die Stimulation peripherer Muskeln von geringer Bedeutung ist, ist das Herzkammerflimmern sehr schwerwiegend. Diese Wirkungen sind bei der Festlegung der Richt- und Grenzwerte für Gradientenfelder (Tab. 1.1) berücksichtigt worden. Die dabei verwendeten theoretischen Überlegungen und experimentellen Ergebnisse sind im folgenden dargestellt. A1.2.2 Theoretische Überlegungen Die elektrische Stimulation von Nerven- und Muskelfasern durch ein elektrisches Feld ist nur möglich, wenn die Reizintensität (Strom, Spannung, Feldstärke) einen bestimmten Schwellenwert überschreitet. Wirkt der Reiz beliebig lange ein, so ist dieser Schwellenwert am kleinsten; dieser minimale Schwellenwert wird „Rheobase“ genannt. Verkürzt man die Einwirkungsdauer, so steigt der Schwellenwert an. Für Rechteckimpulse der Dauer t läßt sich die Abhängigkeit des Schwellenwertes von der Pulsdauer durch die Formel I (t ) I (1 tchron / t ) darstellen, wobei Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik I t I tchron = = = = 33 die Schwellenintensität (Strom, Spannung, Feldstärke), die Einwirkzeit, auch Impulsdauer genannt, die Rheobase (Minimalschwelle) und die Chronaxie-Zeit ist. Die Chronaxie charakterisiert die Steigung der hyperbolischen Intensitäts-Zeit-Kurve. Nimmt die Impulsdauer den Wert der Chronaxie an, ist die Schwellenintensität gerade doppelt so hoch wie die Rheobase. Ist der Zeitverlauf der im Gewebe induzierten Feldstärke nicht rechteckförmig, behält die Intensitäts-Zeit-Kurve dennoch ihre Gültigkeit, wenn der während der Impulsdauer gebildete Mittelwert der Reizintensität eingesetzt wird. In diesem Sinne sind die Richt- und Grenzwerte nach Tab. 1.1 als Rechteckamplituden oder als Mittelwerte zu interpretieren. Die dort getroffenen Festlegungen für die Richtwerte (R) und Grenzwerte (G) können als Näherungswerte angesehen werden, die nach den Gleichungen ER (t ) 1 V m (1 0,4 ms t ) und EG (t ) 3 V m (1 2 ms t ) berechnet werden. Die Rheobasewerte sind dementsprechend 1 V/m bzw. 3 V/m, die Chronaxie beträgt 0,4 ms bzw. 2 ms. Theoretische Untersuchungen über die Stimulationsschwellen von Nervenzellen sind insbesondere von Reilly [Rei 89, 92] durchgeführt worden. Unter der Annahme, daß das elektrische Feld längs zur Faserachse gerichtet ist, wurden Schwellenwerte von 6,2 bzw. 12,3 und 24,6 V/m für Faserdurchmesser von 20 bzw. 10 und 5 m berechnet. Die korrespondierenden Stromdichten (berechnet mit einer Leitfähigkeit von 0,2 S/m) sind 1,2 bzw. 2,5 und 4,9 A/m2. Für seine weiteren Überlegungen benutzt Reilly den Rheobasewert von 6,2 V/m für periphere 20 m-Nervenzellen. Aus Tieruntersuchungen ist bekannt, daß zeitlich veränderliche Magnetfelder bei kurzen Impulsen (kürzer als etwa 0,4 ms) Kontraktionen von Skelettmuskeln bei Werten der zeitlichen Flußdichteänderung induzieren, bei denen noch keine Herzfunktionsstörungen auftreten. Bei der Bewertung der Stimulation von peripheren Nerven und Muskeln einerseits und der des Herzmuskels andererseits ist zu berücksichtigen, daß die Chronaxie für das Herz mit 2 ms deutlich länger als die für die peripheren Nervenfasern ( ƒ 0,5 ms) ist. Wenn die Impulsdauern für die magnetischen Flußdichteänderungen sehr kurz werden, beginnen die Wärmewirkungen zu dominieren, und für die Sicherheitsüberlegungen werden nun Begrenzungen des Energieeintrags relevant (s. Tab. 1.1). Unter Berücksichtigung der frequenzabhängigen Leitfähigkeit kann abgeschätzt werden, daß im peripheren Gewebe spezifische Absorptionsraten (SAR) von 1-2 W/kg durch während der NMR-Untersuchung periodisch einwirkende magnetische Flußdichteänderungen von 300-600 T/s induziert werden. Aus den Basisgrenzwerten und Richtwerten der Tab. 1.1 sollen nun Begrenzungen für die zeitliche Änderung der magnetischen Flußdichte abgeleitet werden. Es ist nicht einfach, aus Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 34 den Änderungen der magnetischen Flußdichte der verschiedenen Magnetfeldgradienten, die in Impulssequenzen in NMR-Anlagen auftreten, die induzierten Feldstärken zu berechnen. Zahlreiche Unsicherheiten, wie Inhomogenitäten und Anisotropie der elektrischen Leitfähigkeit, können bei vereinfachten Abschätzungen nicht berücksichtigt werden. Die biologische Wirksamkeit ändert sich auch in Abhängigkeit von der jeweiligen Wellenform. Deshalb muß im Falle von nichtsinusförmigen Strömen jede spezifische Situation auf der Grundlage von Wellenform und -frequenz bewertet werden. Bei sinusförmigen Wellenformen wird die Pulsdauer gleich der halben Periode der Sinusschwingung gesetzt (vgl. Fußnote Tab. 1). Die im Körper induzierten elektrischen Feldstärken bzw. Stromdichten hängen außer von der zeitlichen Änderung der magnetischen Flußdichte hauptsächlich von der Größe der wirksamen Induktionsschleifen ab. Auf diese Größe hat die Positionierung des Patienten im Feld einen großen Einfluß. Daher sind bei gleicher Flußdichteänderung die im Rumpf des Körpers induzierten Feldstärken größer als die im Kopf oder in den Extremitäten induzierten Felder. Aus dem gleichen Grund erzeugen transversal zum Körper gerichtete Gradientenfelder größere Felder im Körper als solche, die parallel zur Körperachse gerichtet sind. Die in Tab. 1.2 angegebenen Richt- und Grenzwerte für die zulässigen Änderungen der magnetischen Flußdichte sind als Anhaltspunkte zu betrachten. Diese berechneten Richt- und Grenzwerte gehen von einem Patienten aus, dessen maximaler Radius 0,3 m, entsprechend einem Umfang U von 1,9 m, beträgt. Zum Beispiel kann unter Annahme ungünstiger Bedingungen (Gradientenfeld transversal zur Körperachse, kreisförmige Induktionsschleife, Radius 0,3 m oder mit Halbachsen 0,2 m und 0,4 m) abgeschätzt werden, daß eine magnetische Flußdichteänderung von 1 T/s eine Feldstärke von etwa 0,15 V/m an der Peripherie des Körpers induziert, entsprechend einer Stromdichte von etwa 30 mA/m<M^>2<D> [Rei 92]. Ein geringerer Umfang U bewirkt eine Erhöhung des Flußdichtegrenzwerts um einen Faktor (1,9 m : U) bzw. (0,3 m : U/2). Die Richt- und Grenzwerte dürfen dann überschritten werden, wenn gezeigt werden kann, daß bei unterschiedlichen Orientierungen der Magnetfeldgradienten oder unterschiedlicher Patientengröße die in Tab. 1.1 genannten Basisbegrenzungen für die induzierten Feldstärken eingehalten werden. Bei diesem Nachweis besteht die Möglichkeit, die räumliche Variation von dB/dt zu berücksichtigen. Dies erfordert eine eingehende Information des NMR-Anwenders durch den Hersteller. Dem Anwender müssen die Betriebsbedingungen genannt werden, bei denen die induzierten Feldstärken unter den in Tab. 1.1 genannten Richt- und Grenzwerten bleiben. A1.2.3 Tierexperimentelle Untersuchungen und Beobachtungen am Menschen Die klinischen Erfahrungen zeigen bisher, daß keine gesundheitlich nachteiligen Wirkungen auftreten, wenn die zeitliche Änderung der magnetischen Induktion unterhalb von 6 T/s bleibt. Gilt die Stimulationsschwelle peripherer Nerven als Kriterium, so werden aufgrund der theoretischen Überlegungen keine gesundheitsbeeinträchtigenden Wirkungen durch Expositionen mit Feldänderungen bis 20 T/s erwartet. Dies wird durch experimentelle Untersuchungen an ausgesuchten Freiwilligen bestätigt, die zeigen, daß – abhängig von Frequenz und Schaltzeiten sowie von der Richtung der geschalteten Gradientenfelder – die Stimulation peripherer Nervenzellen ab 30 T/s möglich ist [Coh 90; Bud 90]. Systematische Untersuchungen zur Abklärung möglicher Risiken liegen bisher jedoch nicht Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 35 vor. Insbesondere ist nicht bekannt, ob es spezielle Personengruppen gibt, die besonders empfindlich für induzierte elektrische Felder und Stromdichten sind. Beispiele hierfür sind Personen, bei denen Anomalien in der Erregungsbildung oder Erregungsleitung vorliegen [BGA 84]. Diese Möglichkeiten müssen weiter untersucht werden. Die empirischen Daten über Schwellenwerte für Herz- und neuromuskuläre Stimulationen beruhen sowohl auf einer großen Zahl klinischer Untersuchungen als auch auf Tieruntersuchungen. Die Daten wurden einerseits durch Anlegen von sinusförmigen 50- oder 60 HzStrömen und andererseits von Rechteck-Impulsen über Elektroden gewonnen. Bei Stromdichten von 1-10 mA/m2, die durch kontinuierliche sinusförmige Magnetfelder (3-300 Hz) induziert wurden, konnten keine gesundheitlich nachteiligen Wirkungen beobachtet werden. Abhängig von der Frequenz können Stromdichten von 10-100 mA/m2 zu vorübergehenden, bei den für NMR-Untersuchungen üblichen Untersuchungszeiten jedoch nicht zu manifesten Wirkungen führen. Bei 10-50 Hz und bei Feldern mit mehr als 5 mT treten z.B. Sinneswahrnehmungen wie Lichtblitze in den Augen (Magnetophosphene) auf. Derartig niederfrequente sinusförmige Felder kommen bei der Kernspintomographie nicht vor. Im Bereich von 100-1.000 mA/m2 sind neurale Erregungsphänomene beobachtet worden. Eine Stromdichte von mehr als 1 A/m2 im Herzmuskel oder eine 5 V/m im Gewebe überschreitende elektrische Feldstärke soll Herzkammerflimmern verursachen [UNEP/ WHO/IRPA 87], was jedoch von anderen Autoren bestritten wird [Mou 89, Win 90, Irn 94]. Aus Tierversuchen gewonnene Schwellenwerte für Herzkammerflimmern, bei denen Elektroden unmittelbar am Herz angebracht wurden, zeigen eine log-Normalverteilung mit dem 1%-Wert bei etwa dem halben Medianwert [Rei 92]. Die Verbindung dieser Beziehung mit an Menschen gewonnenen Daten durch Roy [Roy 80], der eine mittlere Flimmerschwelle von etwa 5 A/m2 fand, ergibt einen 1 %-Wert für das Flimmern von etwa 2,5 A/m2. Bei 60 Hz betragen die Schwellenwerte für die Herzmuskelstimulation für den Menschen etwa 40 % der Werte für das 60 Hz-Flimmern, was auf einen Schwellenwert für die Herzmuskelstimulation von etwa 1 A/m2 hinweist. Dieser ist den in Tab. 1.1 genannten Feldstärkegrenzwerten, die auf Empfehlungen von NRPB, FDA und IEC basieren, mit einem angemessenen Sicherheitsabstand zugrundegelegt (siehe A1.2.2). Die Rechtfertigung der Richt- und Grenzwerte der Tab. 1 durch einen StromdichteSchwellenwert von 1 A/m2 für die Herzmuskelstimulation dürfte nach Auffassung einiger Autoren (z.B. [Irn 94]) aus den folgenden beiden Gründen zu pessimistisch sein. Zum einen handelt es sich bei den Flimmerwerten um Effektivwerte, die nicht auf rechteckförmigen Feldverlauf direkt zu übertragen sind. Zum anderen sind die 50/60 Hz-Schwellen deutlich niedriger als für die bei MRI verwendeten Impulse und Impulsdauern zwischen 0,4 ms und 2 ms. Die für das Herz wichtige Rheobasefeldstärke von etwa 60 V/m, entsprechend einer Stromdichte von 10 A/m2, ergibt sich aus der bei Schrittmacherimplantationen gemessenen Spannungsschwelle, die den Wert von 0,15 V nie unterschreitet [Irn 94]. Im Hinblick auf magnetische Resonanzverfahren sollten daher noch genauere Analysen der zu berücksichtigenden Schwellenwerte für die Herzmuskelstimulation vorgenommen werden. Die empfohlene Vorsicht bei der Untersuchung von Schwangeren wird wie folgt begründet. Da Entwicklungsvorgänge stets mit einer Sensibilitätssteigerung einhergehen, sollten die an Biomolekülen, Zellorganellen oder Zellen beobachteten Feldwirkungen im Verlaufe von Differenzierung und Wachstum verstärkt zum Tragen kommen [Kon 89]. Nach dem bisherigen Forschungsstand erscheint diese Annahme weder bestätigt noch widerlegt. An Embryonen Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 36 von Fischen, Amphibien oder Vögeln traten teratogene Wirkungen zumeist nur in „Reaktionsfenstern“, d.h. bei bestimmten Frequenzen, Amplituden oder Wellenformen, auf. Ihr Aussagewert erscheint wegen des großen taxonomischen Abstandes der jeweils untersuchten Arten gegenüber Säugetier und Mensch gering. Die bisher an Säugetieren erhobenen Befunde ergaben keine oder nur marginale Effekte. Nach Untersuchungen an Nagetieren gilt dies auch für die Auslösung mutagener oder vererbbarer Wirkungen. Auch wenn hiermit einschließlich der bisherigen klinischen Beobachtungen gesicherte Hinweise auf Risiken während der Schwangerschaft fehlen, erscheint eine Vermeidung von NMR-Untersuchungen in Phasen erhöhter Sensibilität (insbesondere während des ersten Trimenons) geboten. Wenn eine Indikation zur Untersuchung besteht, sollten die in Tab. 1 genannten Richtwerte nicht überschritten werden. A1.3 Hochfrequenzfelder A1.3.1 Allgemeines Die Frequenzen der Hochfrequenzfelder bei NMR-Untersuchungen sind in der Regel größer als 1 MHz. Oberhalb von etwa 100 kHz dominieren Wärme- gegenüber Reizwirkungen, und zahlreiche Experimente mit Tieren und an Zellkulturen belegen, daß die gesicherten akuten Wirkungen einer Exposition durch Hochfrequenzfelder auf Wärmewirkungen zurückzuführen sind [UNEP/WHO/IRPA 93]. In der Praxis kann als wichtigstes Maß für die Wärmebelastung durch Hochfrequenzexposition die durchschnittliche, über den ganzen Körper gemittelte spezifische Absorptionsrate ( SAR, angegeben in Watt pro kg) angegeben werden. Beim Anstieg der Körpertemperatur ergibt sich eine Erhöhung des Blutflusses und der Herztätigkeit sowie ein Ansteigen der Schweißsekretion und der Verdunstung. Die räumliche Verteilung der SAR innerhalb eines exponierten Tieres oder des Menschen kann jedoch sehr inhomogen sein. Wenn nicht durch Blutfluß und aufgrund verschiedener Thermoregulationsmechanismen ein wirksamer Ausgleich erfolgt, können sich starke lokale Temperaturüberhöhungen ausbilden. A1.3.2 Tierexperimentelle Studien Tierexperimentelle Untersuchungen haben in vielfältiger Weise zur Kenntnis thermischer Effekte beigetragen (Übersicht bei [UNEP/WHO/IRPA 93]). So wurden für Nagetiere und Primaten SAR-Schwellenwerte von 0,3 bis 3 Watt pro kg für thermoregulatorische Reaktionen bestimmt: Hierzu zählen Gefäßerweiterungen, Schwitzen und Verhaltensweisen zur Minimierung der Wärmebelastung sowie eine Reduktion des Grundumsatzes. Diese Reaktionen reflektieren normale Ausgleichsvorgänge bei einer leicht erhöhten Wärmebelastung oder bei geänderten Umgebungsbedingungen. Erhöhte Wärmebelastungen führen zu einer Erniedrigung mentaler Funktionen: Die Durchführung erlernter Aufgaben durch Primaten wird signifikant reduziert, wenn eine Exposition mit 2,5 bis 5 Watt pro kg eine Stunde lang erfolgt. Andere physiologische Effekte, die konsistent mit Reaktionen auf erhöhte Körpertemperatur oder auf Hitzestreß sind, umfassen Veränderungen in der Zusammensetzung des Blutplasmas oder erhöhte Herztätigkeit. Einige Gewebe zeigen eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Hochfrequenzstrahlung. Die Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 37 Linse des Auges ist aufgrund fehlender Durchblutung und ihrer Tendenz, zelluläre Schäden zu akkumulieren, besonders empfindlich. Eine Erwärmung des Auges auf Temperaturen zwischen 41 °C und 43 °C kann zur Trübung der Linse (Katarakt) führen. Nach Untersuchungen an Kaninchenaugen liegen dafür die lokalen SAR-Werte in der Größenordnung von 100 Watt pro kg. Primatenaugen sind jedoch aufgrund anatomischer Unterschiede möglicherweise wärmeempfindlicher. Auch die Testes werden als wärmeempfindlich angesehen. Die Spermiogenese erfordert natürlicherweise Temperaturen von einigen Grad unterhalb der Körpertemperatur. Untersuchungen an Rattentestes haben für eine vorübergehende Abnahme der Fertilität Schwellenwerte zwischen 6 und 10 Watt pro kg ergeben. Tierexperimentelle Untersuchungen unter Einschluß von Primaten haben gezeigt, daß Wärmebelastung zu teratogenen Wirkungen führen kann, wenn die Muttertiere einer längeren Hyperthermie (über 39 °C) ausgesetzt werden. Dies gilt insbesondere während des ersten Drittels der Schwangerschaft. Hierbei liegen die SAR-Werte oberhalb von 6 bis 7 Watt pro kg. In der Regel haben Expositionen unterhalb von 4 Watt pro kg jedoch keine teratogene Wirkungen. Aufgrund der tierexperimentellen Untersuchungen kann davon ausgegangen werden, daß akute oder chronische Expositionen durch Hochfrequenzfelder nicht zu einem Anstieg von Mutationen oder von Chromosomenaberrationen führen, wenn die Temperatur innerhalb der physiologisch tragbaren Schwankungsbreite bleibt. A1.3.3 Untersuchungen am Menschen Bei einer Ganzkörperexposition oder Exposition des Kopfes oder Rumpfes werden keine gesundheitlich nachteiligen Wirkungen erwartet, wenn die Körpertemperatur um 1 °C ansteigt. Daher wird dieser Wert vielfach als Grenzwert für Industriearbeiter bei thermischer Exposition vorgeschlagen. Einfache Abschätzungen ohne Berücksichtigung der Wärmeabgabe des Körpers ergeben, daß ein SAR-Wert von 1 Watt pro kg – gemittelt über den ganzen Körper – in einer Stunde einen Temperaturanstieg von etwa 1 °C verursacht. Unter Berücksichtigung der Regulationsmechanismen wird ein Temperaturanstieg von 1 °C bei einem gemittelten SAR-Wert von etwa 2 bis 3 Watt pro kg innerhalb einer Stunde erzeugt. Dies gilt für Umgebungsbedingungen mit einer Umgebungstemperatur von 25 °C, einer relativen Luftfeuchte von 50 % und einer Luftgeschwindigkeit von 0,1 bis 0,2 m/s; in feuchter und warmer Umgebung ist mit einer weiteren Temperaturerhöhung zu rechnen. Hinzuweisen ist auf die eingeschränkte Wärmetoleranz von älteren Personen, Säuglingen und Schwangeren sowie von Personen mit beeinträchtigter Herz- und Kreislauffunktion [She 89]. Auch zahlreiche Medikamente, wie Diuretika, schmerzstillende Mittel oder Sedativa, erniedrigen die Wärmetoleranz. Beim Embryo und Fetus ist die Wärmeableitung über die Placentabarriere weniger effizient als in gut durchbluteten Organen. Bei NMR-Untersuchungen sind lokale Hitzeschäden und eine Überwärmung des ganzen Körpers durch Begrenzung der zugeführten Hochfrequenzenergie auszuschließen [IRPA/INIRC 91; NRPB 91]. Die genannten Abschätzungen werden durch zahlreiche experimentelle und klinische Modellstudien über thermische Wirkungen bestätigt. Die Kriterien für die Begrenzung der Hochfrequenzexposition unterscheiden sich für die Haut, den Körperkern oder ein begrenztes Gewebevolumen, in dem lokale Temperaturerhöhungen („hot spots“) auftreten können. Ungleichförmigkeiten im Hochfrequenzenergieeintrag, insbesondere bei gefäßarmen Strukturen mit größerer Hochfrequenzabsorption bei geringer Wärmeabgabe, Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 38 wie Auge, Gehirnkammer und Tumoren [She 88], sind in den Richt- und Grenzwerten (Tab. 2) berücksichtigt. Erwähnung verdienen weitere Untersuchungen [She 87] über die Temperaturregulation von Patienten. Die mittlere Erhöhung der Körpertemperatur von 50 Patienten, die zwischen 0,4 und 1,2 Watt pro kg (meistens im unteren Teil dieses Bereiches) für 15 Minuten exponiert wurden, betrug etwa 0,2 °C, im Einzelfall bis zu 0,5 °C . Bei einer anderen Untersuchung an Herzpatienten sowie an Patienten mit eingeschränkter Schweißsekretion wurde Unbehagen nach einer Exposition mit einer Ganzkörper-SAR von 2 Watt pro kg nach 10 Minuten angegeben [Bud 85]. Die Untersuchungen über Reaktionen nach einer Ganzkörperexposition geben keine Information über Reaktionen aufgrund höherer lokaler SAR-Werte. In der Regel kann man davon ausgehen, daß als Folge der Thermoregulationsmechanismen die Toleranz gegenüber der lokalen SAR wesentlich höher ist. Die höchsten SAR-Werte liegen in der Regel an peripheren Körperteilen, wo auch der Kühleffekt am größten ist. Abschätzungen [Cze 87] haben ergeben, daß lokale Gewebetemperaturen von bis zu 38 °C im Kopf, 39 °C im Rumpf und 40 °C in den Extremitäten keine gesundheitsschädlichen Wirkungen hervorrufen. Nach Berechnungen [Ath 89] erhöht sich die Temperatur des Auges um kaum mehr als 1,6 °C, wenn der über den Kopf gemittelte SAR-Wert 3 Watt pro kg beträgt. Unter diesen Bedingungen sind Temperaturerhöhungen des Gehirns von nicht mehr als 1 °C zu erwarten. Aufgrund der bisherigen Untersuchungen erscheinen höhere lokale SAR-Werte für Rumpf und Extremitäten akzeptabel, solange die Grenzwerte für die Ganzkörper-SAR (Tab. 2) nicht überschritten werden. A1.4 Literatur [Ath 89] [BGA 84] [Bud 85] [Bud 90] [Coh 90] Athey, T.W.: A model of the temperature rise in the head due to magnetic resonance imaging procedures. Magnetic Resonance in Med. 9 (1989) 177-184 Bundesgesundheitsamt: Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken, verursacht durch magnetische und hochfrequente elektromagnetische Felder bei der NMRTomographie und In-vivo-NMR-Spektroskopie. Bundesgesundheitsblatt 27 (1984) 92-96 Budinger, T.F., Pavlicek, W., Faul, D.D., Guy, A.W.: RF heating at 1.5 tesla and above in proton imaging. 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Gleichnamige Ladungen stoßen sich ab, ungleichnamige ziehen sich an. Einheit für die Ladung Q: Coulomb (C). 1.2 Strom I: Die in einem Stromkreis fließende Ladung stellt einen elektrischen Strom dar. Die pro Zeitintervall t durch einen vorgegebenen Querschnitt hindurchfließende Ladung wird Stromstärke genannt. Einheit der Stromstärke I: Ampere (A); 1 A = 1 C/s. Es gilt die Beziehung I dQ . dt Anmerkung 1: In einem ausgedehnten Volumenleiter (menschlicher Körper) ist ein Strom nur anzugeben, wenn ein entsprechender Querschnitt definiert wird. Der Begriff „Körperstrom“ meint vielfach den an einer Stelle austretenden und damit meßbaren Strom. Anmerkung 2: siehe auch Erklärung 1.7 1.3 Elektrisches Feld E: Ladungen erzeugen Kraftfelder, die auf andere geladene Körper einwirken. Bezieht man die Kraft F, die ein geladener Körper erfährt, auf seine Ladung Q, dann ist die Feldwirkung unabhängig von der Größe der Körperladung und wird „elektrisches Feld“ oder „elektrische Feldstärke“ E genannt: Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 42 EF Q oder F Q E. Einheit der elektrischen Feldstärke E: Newton pro Coulomb (N/C) bzw. Volt pro Meter (V/m). Das elektrische Feld ist weitestgehend die Ursache aller Leitungsphänomene und auch der Wirkungen an Membranen oder Molekülen. Das elektrische Feld ist ein Vektor, d.h. eine gerichtete Größe. 1.4 Stromdichte i: Die pro Zeit und pro Fläche fließenden Ladungen werden als „Stromdichte“ definiert. Zwischen der treibenden Kraft der Feldstärke und der Stromdichte gibt es für viele Elektronen- oder Ionenleiter einen Zusammenhang, wie er durch das Ohmsche Gesetz vorgegeben wird: i E. wobei die Leitfähigkeit genannt wird. Einheit der Leitfähigkeit : Siemens pro Meter (S/m). Wie die elektrische Feldstärke ist auch die Stromdichte ein Vektor. Anmerkung 1: In einem Volumenleiter ist die Stromdichte nie direkt be- stimmbar, sie wird über die Feldstärke berechnet. Anmerkung 2: Die Definition der Stromdichte wird problematisch bei räumlichen und zeitlichen Inhomogenitäten. Beispielsweise findet die elektrische Leitung bei nichterregten, aber erregbaren Strukturen (Herz, Muskeln) ausschließlich im extra-zellulären Raum statt. Während der Depolarisation beteiligt sich auch der intrazelluläre Raum. Aus der Morphologie der Zellen ergibt sich deswegen auch die Anisotropie in der Leitfähigkeit. Anmerkung 3: Der in medizinischen oder sicherheitstechnischen Diskus- sionen und Schriften benutzte Begriff „Strom“ (Körper- strom, Wirbelstrom) ist in der Regel als „Stromdichte“ zu interpretieren. 1.5 Potential: Wird im Kraftfeld einer elektrischen Ladung eine Probeladung senkrecht zu den Feldlinien bewegt, so wird dazu keine Kraft benötigt. Wenn aber das Produkt aus Kraft und Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 43 Weg null ist, ist keine Arbeit geleistet worden, die potentielle Energie des bewegten geladenen Körpers ist gleich geblieben. Derartige Linien oder Flächen konstanter potentieller Energie nennt man „Äquipotentiallinien“ oder „Äquipotentialflächen“. Sie sind vergleichbar den Höhenlinien, die auch, beispielsweise bei Wasserkraftwerken, ein Maß für die potentielle Energie darstellen. In einem elektrischen Feld hat, unabhängig davon, ob es sich um ein elektrostatisches oder stationäres oder hochfrequentes Feld handelt, jeder Raumpunkt in einem Volumenleiter sein „Potential“, das er je nach Feldrichtung mit anderen Punkten teilt. 1.6 Spannung U: Das Vermögen, potentielle Energie zu gewinnen, hängt nicht nur von dem Potential oder der Höhenlinie alleine ab, sondern auch davon, wie man diese nutzen kann (Höhendifferenz beim Wasserkraftwerk). Die Potentialdifferenz in einem Stromkreis oder einem durchströmten Körper wird Spannung U genannt. Einheit der Spannung U: Volt (V). Alle Messungen zwischen zwei unterschiedlichen Punkten sind grundsätzlich Spannungsmessungen. Wird willkürlich ein Punkt in einem Stromkreis als Bezugspotential oder Referenzpunkt bestimmt, dann ordnen alle Spannungsmessungen für diesen speziellen Fall jedem Meßpunkt ein Potential zu, das mit der gemessenen Spannung identisch ist. Anmerkung 1: Der Begriff „Potential“ in der medizinischen Sprache entstammt der Sprache des vorigen Jahrhunderts und müßte eigentlich durch den modernen Begriff der Spannung abgelöst werden. Anmerkung 2: Das durch Ladungsbewegung in einem starken Magnetfeld erzeugte „Potential“ sagt alleine noch nichts über seine Wirksamkeit aus. Vielmehr ist dazu das von ihm begleitete elektrische Feld maßgebend. 1.7 Das Ohmsche Gesetz: Die zwischen zwei Potentialflächen mit der Spannung U existierende Feldstärke bewirkt, daß Ladungen fließen, deren Menge pro Zeit den Strom der Stärke I darstellt (siehe 1.2). Zwischen der Spannung U und der Stromstärke I in einem Leiter oder leitenden Volumen besteht bei Elektronenleitung und, in vielen Fällen bei Ionenleitung, ein linearer Zusammenhang, den das Ohmsche Gesetz beschreibt: I G U oder U R I, mit Leitwert G, Widerstand R; beide sind reziprok zueinander. Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 44 Einheit des Leitwerts G: Siemens (S), Einheit des Widerstands R: Ohm (). 2 Magnetische Größen 2.1 Magnetische Feldstärke H: Fließt in einem Leiter ein Strom (der Rückleiter werde als sehr weit entfernt angenommen), so wird kreisförmig um den Leiter ein Feld aufgebaut, das auf eine Kompaßnadel eine Kraft ausübt. Dieses Kraftfeld wird als „Magnetfeld“ beschrieben, dessen Feldstärke berechnet sich nach der Formel: H I , 2r mit Stromstärke im Leiter I, Abstand von der Leiterachse r. Einheit der magnetischen Feldstärke H: Ampere pro Meter (A/m). Das magnetische Feld ist ein Vektor. Ein Permanentmagnet erzeugt ein statisches Magnetfeld, dessen Feldstärke ebenfalls mit H beschrieben wird. 2.2 Magnetische Flußdichte B: Die magnetische Flußdichte B ist die magnetische Größe, die für die elek- trischen Wirkungen verantwortlich ist. Sie ist ein Vektor und proportional zum Magnetfeld H, wobei der Proportionalitätsfaktor materialabhängig ist. Für Vakuum, Luft und sehr viele biologische Materialien (Abweichung < 10-5) gilt der Zusammenhang: B 0 H , wobei 0 die Permeabilität des Vakuums genannt wird. Einheit für die magnetische Flußdichte B: Tesla (T). Eine früher gebräuchliche Einheit war das Gauß G, wobei der Zusammenhang besteht: 1 T 10 4 G oder 1 G 0,1 mT . Die Permeabilitätskonstante 0 besitzt den Wert: Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 45 0 1,26 106 Tm A oder 0 1,26 106 Vs Am . Anmerkung: Die Flußdichte 1 T ist eine relativ große Einheit. Dies wird im Vergleich deutlich: Das Erdmagnetfeld hat eine Flußdichte von 30 T bis 50 T in unseren Breiten, ein gängiger Permanentmagnet erzeugt eine Flußdichte zwischen 1 mT und 10 mT. 2.3 Induzierte elektrische Feldstärke E: Ein zeitlich veränderliches Magnetfeld induziert ein elektrisches Feld, das durch eine der Maxwell'schen Formeln beschrieben wird: rot E dB dt . Für einen leitfähigen, kreisförmigen Körper in einem homogenen, magnetischen Feld, senkrecht auf der kreisförmigen Fläche, vereinfacht sich die Maxwell'sche Gleichung zu: E 2r dB dt , wobei r der Radius der Fläche, E die elektrische Feldstärke auf dem Kreis mit dem Radius r und B der Betrag des magnetischen Feldvektors ist. Man redet von einem induzierten Wirbelfeld (fälschlich auch von einem Wirbelstrom(feld)). Dieses Wirbelfeld wird umso stärker, je schneller sich das Magnetfeld ändert. Bei sinusförmig wechselnden Feldern steigt die Wirkung proportional zur Frequenz. Entsprechend obiger Formel ist das induzierte elektrische Feld in der Peripherie am stärksten und nimmt zur Mitte hin proportional zum Radius r ab. Anmerkung 1: Man kann also nicht einer magnetischen Flußdichteänderung unmittelbar eine elektrische Feldstärke zuordnen, sondern muß immer Annahmen über die Größe des Wechselfeldbereiches, also einen möglichen Radius bzw. Umfang eines Körpers, treffen. Anmerkung 2: Ist ein Magnetfeld über dem leitfähigen Körper nicht konstant, sondern lokal eng begrenzt, ist seine Wirkung ebenso begrenzt oder entsprechend reduziert. Die biologische Wirksamkeit von induzierten Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 46 Feldstärken erfordert daher eine Wichtung mit der Fläche des Körpers, innerhalb dessen Wirkungen abgeschätzt werden. Dieser Gesichtspunkt findet bisher in Normen keine gebührende Beachtung. 3 Elektromagnetische Felder Für sich schnell ändernde elektromagnetische Felder (Änderungen im Bereich 10 s bzw. 100 kHz) ergeben sich bei der Betrachtung biologischer Wirkungen insofern Unterschiede gegenüber den unter den Punkten 1 und 2 behandelten statischen Feldern, als – – nach den Maxwell'schen Gleichungen E- und B-Felder immer zusammen auftreten, die Zellgrenzen erregbarer Strukturen kapazitativ überbrückt werden und der intrazelluläre Raum genauso wie der extrazelluläre zur Leitfähigkeit beiträgt. Letzteres hat zur Folge, daß das hochfrequente elektrische Feld an der Membran keine Stimulationseffekte mehr bewirken kann, sondern nur noch Wärme erzeugt . Dabei ist es wegen der Verkopplung gleichgültig, ob ein Feld magnetisch oder elektrisch eingestrahlt wird. 3.1 Spezifische Absorptionsrate SAR: Die Leistung (d.h. die pro Zeitintervall absorbierte Energie) eines elektromagnetischen Feldes in einem leitenden Körper wird, auf das Volumen bezogen, einfach aus dem Produkt aus Feldstärke E und Stromdichte i berechnet und mit Leistungsdichte P' bezeichnet: P' E i E 2 . Einheit der Leistungsdichte P': Watt pro Kubikmeter (W/m3). Da die Stromdichte i nicht direkt bestimmbar ist (siehe Punkt 1.4), wird sie üblicherweise durch das Produkt aus Leitfähigkeit und Feldstärke E ersetzt. Dividiert man die Leistungsdichte durch die Dichte (etwa 1.000 kg/m3 beim Menschen), erhält man aus der Leistungsdichte P' die spezifische Absorptionsrate SAR: SAR 1 P' 1 E 2 ( Dichte) . Einheit der spezifischen Absorptionsrate SAR: Watt pro Kilogramm (W/kg). Die Leitfähigkeit unterscheidet sich im Hochfrequenzfeld deutlich von dem Wert bei niedrigen Frequenzen. Je nach Frequenz kann im Hochfrequenzfeld Werte zwischen 0,5 und 2 S/m, gegenüber 0,2 S/m bei niedriger Frequenz, annehmen. Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 3.2 47 Spezifische Wärmekapazität c p: Wasserreiches biologisches Gewebe hat eine spezifische Wärmekapazität von etwa 80 % derjenigen von Wasser: c p 0,8 c pWasser 3,5kJ (kg K) 3.3 Temperaturerhöhung durch Hochfrequenzfelder: Da Temperaturerhöhung eine Energiezunahme darstellt, muß zu ihrer Berechnung die Leistungsdichte oder die spezifische Absorptionsrate mit der Zeit der Einwirkung multipliziert werden. Dabei muß allerdings die Temperaturänderung aus der Bilanz der eingestrahlten und abgegebenen Energie errechnet werden. Man kann zeigen, daß die Einstellung eines Gleichgewichtszustandes aus eingestrahlter und abgegebener Leistung durch eine Exponentialfunktion beschrieben werden kann, deren Zeitkonstante durch die spezifische Wärmekapazität, das Volumen sowie, in reziproker Zuordnung, die spezifische Kühlleistung an der Oberfläche sowie die Kühlfläche bestimmt wird. Kennt man die Zeitkonstante – hierfür wird oft ein Wert von 6 Minuten angenommen – kann man den Endwert mit Kühlung abschätzen, indem man die Temperaturerhöhung T berechnet, die sich ohne Kühlleistung innerhalb der Zeitkonstanten t ergibt: T c p t SAR t E 2 E2 T c p t Nimmt man als Zeitkonstante 6 Minuten an, ergibt sich vereinfachend für die Temperaturerhöhung um T = 1 °C mit = 1 g/cm3 und = 1 S/m: E2 3,5 kJ kg 1.000 kg m3 9,7 103 (V m)2 360 s 1 S m E 98,6 V m Unter den oben angegebenen starken Vereinfachungen erwärmt sich biologisches Gewebe um 1 °C, wenn etwa 100 V/m permanent einwirken. Diese Feldstärke entspricht einem SAR-Wert von: 10 4 V2 S m3 SAR E 2 1 10 W kg . m 1000 . kg m2 Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 48 Anhang A3 Beispiel für einen Fragebogen zur Risikoabklärung vor der NMR-Untersuchung Sehr geehrter Patient, die Kernspintomographie soll krankhafte Veränderungen für den Arzt sichtbar machen. Anstelle von Röntgenstrahlen werden zur Darstellung Ihres Körpers Radiowellen in einem Magnetfeld verwendet. Damit sind Informationen zu erhalten, die mit anderen Methoden nicht zu gewinnen sind. Mögliche Komplikationen Schädigende Wirkungen sind nach dem derzeitigen Stand unseres Wissens nicht bekannt. Ein bestimmter Personenkreis kann jedoch – um Risiken zu vermeiden – mit dieser Methode nicht untersucht werden. Dieser Fragebogen muß vor der NMR-Untersuchung ausgefüllt werden. Der Zweck dieses Fragebogens ist es, zu klären, ob eine NMR-Untersuchung in Ihrem Fall durch besondere Umstände erschwert werden kann. Beispielsweise ist es wichtig, herauszufinden, ob Sie Metallgegenstände in Ihrem Körper haben. Patientenname: ____________________________________ Datum: _________ 1. Tragen Sie einen Herzschrittmacher oder einen anderen implantierten elektromedizinischen Gegenstand? Ja Nein 2. Leiden Sie an Klaustrophobie (Angst in engen Räumen)? Ja Nein 3. Besteht die Möglichkeit, daß Sie schwanger sind? Ja Nein 4. Sind Sie schon einmal operiert worden? Ja Nein 5. Wenn Frage 4 mit Ja beantwortet wird, geben Sie bitte die Körperteile an, an denen eine Operation durchgeführt wurde: Ja Nein Ja Nein Kopf, Hals oder Gesicht (einschließlich Augen, Ohren oder Mund) Brust Bauch Arme, Beine oder Rücken andere Körperteile: Ja Ja Ja Ja Nein Nein Nein Nein Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 49 _____________________ Ja Nein 7. Haben Sie jemals eine Operation gehabt, bei der Ihnen ein Ja künstliches Hüftgelenk, eine andere künstliche Verbindung, Nägel, Platten oder Schrauben in den Knochen eingesetzt wurden? Nein 8. Sind Sie im metallverarbeitenden Gewerbe beschäftigt? Ja Nein 9. Sind Sie jemals von einem metallischen Fremdkörper verletzt worden,, der nicht entfernt wurde (z.B. Kriegsverletzung)? Ja Nein 10. Tragen Sie a) Zahnersatz, Brücken oder Zahnklammern, die herausnehmbar sind? b) Zahnersatz, Brücken oder Zahnklammern, die nicht herausnehmbar sind? Ja Nein Ja Nein 11. Haben Sie sonstige metallische Gegenstände in Ihrem Körper? Ja Nein 12. Nehmen Sie z.Zt. regelmäßig Medikamente ein? Ja Nein 13. Wenn Frage 12 mit Ja beantwortet wird, geben Sie bitte an, welche Ja Medikamente Sie regelmäßig einnehmen: Nein 6. Wurden Sie in den letzten zwei Monaten operiert? ____________________________________________ 14. Tragen Sie bitte Ihr Körpergewicht ein ___ kg Durchführung der Untersuchung Sie liegen bekleidet auf einer beweglichen Liege, die sich langsam ungefähr 1 bis 2 m in die etwa 50 cm große Öffnung des Gerätes bewegt. Je nach Umfang der Untersuchung beträgt die Untersuchungszeit bis zu 1 Stunde. Während der Meßzeiten, die jeweils 5-20 Minuten dauern und in denen Sie ein Klopfgeräusch hören, sollten Sie ruhig und entspannt liegen. Sie stehen fortwährend unter ärztlicher Beobachtung. Bitte beachten Sie Legen Sie vor Betreten des Untersuchungsraumes Uhren, Wertsachen, Schmuck, Kugelschreiber, Scheckkarten mit Magnetstreifen und andere Metallteile in eines der Schließfächer. Den Schlüssel nehmen Sie bitte mit in den Untersuchungsraum. In der Kabine bitte alles bis auf die Unterwäsche ablegen und ein Patientenhemd anziehen. Empfehlungen zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken bei Anwendung magnetischer Resonanzverfahren in der medizinischen Diagnostik 50 Kontrastmittelgabe Bei dem evtl. notwendigen Kontrastmittel handelt es sich um Gd-DTPA, ein speziell für die Kernspintomographie entwickeltes Kontrastmittel. Bisher sind keine Gegenanzeigen für die Anwendung bekannt. Sehr selten wurden leichte Nebenwirkungen wie kurzfristige, lokale Wärme bzw. Schmerzgefühle im Zusammenhang mit der Venenpunktion und der Kontrastmittelinjektion beschrieben. Bei rascher Injektion können in manchen Fällen Geschmacksempfindungen auftreten. Sehr selten können allergische Reaktionen auftreten, extrem selten bis zum anaphylaktischen Schock. Wir sind auf solche Situationen vorbereitet. Erklärung des Patienten Herr/Frau Dr. _______________________ hat mit mir heute anhand der Hinweise im Merkblatt ein Aufklärungsgespräch geführt, bei dem ich alle mich interessierenden Fragen stellen konnte. Bitte unterschreiben Sie diesen Vordruck, wenn Sie keine weiteren Fragen mehr haben und der Untersuchung zustimmen. Ich willige hiermit in die Untersuchung ein. Datum: _______________________ Unterschrift des Patienten bzw. des Sorgeberechtigten: ___________________________________ Unterschrift des Arztes: ___________________________________