Antwort RR 360/1997 Drogen-Blitzentzug in der

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Auszug aus dem Protokoll
des Regierungsrates des Kantons Zürich
KR-Nr. 360/1997
Sitzung vom 28. Januar 1998
235. Anfrage (Drogen-Blitzentzug in der Klinik Hard)
Die Kantonsräte Vilmar Krähenbühl und Paul Zweifel, Zürich, haben am 27. Oktober 1997
folgende Anfrage eingereicht:
Gemäss einer Zeitungsmeldung im Tagblatt der Stadt Zürich vom 20. Oktober 1997 soll
der Versuch Drogen-Blitzentzug für Jugendliche in der Zürcher Klinik Hard in Embrach aus
finanziellen Gründen nicht mehr weitergeführt werden. Dies obwohl mit einem ersten
Versuch 1996 gezeigt werden konnte, dass die Methode bei gewissen Süchtigen Erfolg
haben kann. Wenn man bedenkt, wieviel Millionen Franken für die kontrollierte
Drogenabgabe verwendet werden, ist das Vorgehen der verantwortlichen Stellen völlig
unbegreiflich, insbesondere auch deshalb, weil die Bewilligung des Kantonsarztes bereits
vorlag. Jede Methode, die hilft, von der Sucht wegzukommen, sollte auch im Sinne der
Verordnung über die Förderung der wissenschaftlichen Begleitforschung zur
Drogenprävention und Verbesserung der Lebensbedingungen Drogenabhängiger, deren
oberstes Ziel in Artikel 1 es ist, die Drogenabstinenz des Individuums zu erreichen,
weitergeführt werden.
Wir bitten deshalb den Regierungsrat um Beantwortung folgender Fragen:
1. Wer ist verantwortlich für die verordnete Sparmassnahme in der Klinik Hard?
2. Wer hat entschieden, gerade das Projekt Drogen-Blitzentzug zu streichen, und welche
Gründe haben zu diesem Entscheid geführt?
3. Wie viel hatte das Projekt Drogen-Blitzentzug 1996 gekostet (unterteilt in eigentliche
Entzugskosten und Nachbehandlung)?
4. Wie viele von den 14 beteiligten Personen am Versuch 1996 sind von den Drogen
weggekommen bzw. befinden sich in Nachbehandlung? Bei wie vielen Personen war die
Methode völlig wirkungslos?
5. Welchen Stellenwert hat ein Projekt Drogen-Blitzentzug im Vergleich zur kontrollierten
Drogenabgabe aus der Sicht des Regierungsrates?
6. Ist der Regierungsrat bereit, das Projekt Drogen-Blitzentzug in irgendeiner Form weiter zu
verfolgen?
Auf Antrag der Direktion des Gesundheitswesens
beschliesst der Regierungsrat
I. Die Anfrage Vilmar Krähenbühl und Paul Zweifel, Zürich, wird wie folgt beantwortet:
Der forcierte Opiatentzug in Narkose (sogenannter «Blitzentzug» oder «ultra rapid opiate
detoxification (UROD) hat in der Öffentlichkeit grosses Echo gefunden und viele Hoffnungen
geweckt. Bei dieser Technik wird der körperliche Entzug in einer Intensivstation durch
Verabreichung eines Blockers der Opiatrezeptoren in Narkose durchgeführt. Damit lässt sich
die Dauer der körperlichen Entzugssymptome gegenüber den herkömmlichen
Entzugsverfahren stark herabsetzen und das Ausmass der Entzugssymptome
medikamentös beeinflussen. Nach dem Erwachen aus der etwa vierstündigen
Allgemeinnarkose dauern die Entzugssymptome in abgeschwächter Form noch für die
nächsten zwei bis drei Tage an, so dass die Patientinnen und Patienten in dieser Zeit nur
beschränkt aus dem Akutspital entlassen werden können. Die Auswertung der ersten 14
Entzüge durch die Klinik Hard hat gezeigt, dass der rein körperliche Entzug unter
intensivmedizinischen Bedingungen eines Akutspitals recht sicher durchführbar ist.
Eine solche Behandlung kommt aber nur für eine kleine Minderheit von drogenabhängigen
Patientinnen und Patienten in Frage. Es ist eine unabdingbare Voraussetzung für den
forcierten Opiatentzug in Narkose, dass diese Patientinnen und Patienten ausschliesslich
Opiate konsumieren. Dies trifft jedoch nur für rund 5% aller drogenabhängigen Personen zu.
Die meisten Süchtigen konsumieren zusätzlich andere Rauschmittel und müssen deshalb
aus medizinischen Gründen von dieser Therapieform ausgeschlossen werden. Trotz
strenger Auswahl der Patientinnen und Patienten und intensiver psychologischpsychiatrischer Nachbetreuung fiel die Erfolgsquote dieser sehr aufwendigen Methode
niedrig aus. Bereits nach der kurzen Zeit von drei Monaten nach dem Entzug waren wieder 7
der 14 am Pilotprojekt beteiligten Personen rückfällig geworden. Obwohl wegen der
intensivmedizinischen Behandlung und der psychiatrischen Nachbetreuung ausserordentlich
viele Ressourcen in dieses Projekt investiert wurden, konnten im Vergleich zu den üblichen
Entzugsverfahren mit dem «Blitzentzug» selbst bei dieser ausgewählten Gruppe von
drogenabhängigen Personen keine Verbesserung der Erfolgsquote erreicht werden.
Beim forcierten Opiatentzug in Narkose handelt es sich nach wie vor um ein
experimentelles Verfahren. Nach den Ergebnissen der Vorstudie ist unklar, ob es überhaupt
Patientinnen und Patienten mit alleinigem Opiatmissbrauch gibt, die im Hinblick auf einen
dauerhaften Ausstieg vom «Blitzentzug» profitieren können. Die Haltung des Bundesamtes
für Gesundheit, vorerst im Rahmen kontrollierter Studien weitere Erfahrungen zu sammeln,
bevor über die weitere Anwendung der Methode entschieden werden soll, ist zu
unterstützen. Vom Bundesamt für Gesundheit wurde eine Multicenter-Studie
ausgeschrieben, die zum Ziel hat, verschiedene Entzugsverfahren zu vergleichen und auf
deren Brauchbarkeit für die Behandlung Drogenabhängiger zu prüfen. Erst auf der Basis
gesicherter Daten wird es denn auch möglich sein, einen Vergleich zur kontrollierten
Drogenabgabe anzustellen.
Wenn sich im Rahmen der vom Bundesamt für Gesundheit koordinierten MulticenterStudie zeigen sollte, dass der forcierte Opiatentzug in Narkose tatsächlich für gewisse
Patientinnen und Patienten Vorteile bringt, welche mit den herkömmlichen
Behandlungsmethoden nicht erreicht werden können, kann ein entsprechender Auftrag zur
Durchführung dieser Entzugsmethode an geeignete Institutionen formuliert werden.
Allerdings muss vorgängig die Frage der Finanzierung dieser zurzeit umstrittenen Methode
geklärt sein. Die paritätische Kommission für den Spitalleistungskatalog hat es kürzlich
abgelehnt, den Narkoseentzug zur Pflichtleistung der Krankenkassen zu erklären. Zudem
wurden im Rahmen der generellen Sparmassnahmen beim Psychiatrie-Zentrum Hard durch
die Direktion des Gesundheitswesens Einsparungen von rund 2,2 Mio. Franken veranlasst.
Der Anteil der Einsparungen im Suchtbereich betrug unter Einschluss der Aufgabe des
Drop-In Dübendorf weniger als 20 Prozent dieser Summe. Gestützt auf den
Versorgungsauftrag als psychiatrische Stammklinik hatte die Zentrumsleitung ihre Angebote
auf Sparpotentiale hin zu untersuchen und die Auswirkungen einer allfälligen Aufgabe von
Leistungen zu gewichten. Aufgrund dieser Analyse wurde der Entscheid gefällt, das Projekt
mit dem «Blitzentzug» nicht mehr weiterzuverfolgen.
Die Kosten für die Behandlung der 14 Patientinnen und Patienten im Pilotprojekt wurden
wie folgt beglichen:
1. Zahlungen an das Spital BülachFr.43600
2. Leistungen des Psychiatrie-ZentrumsFr.25600
3. Nebenkosten, Medikamente usw.Fr. 5500
Die Finanzierung erfolgte teilweise durch die Patientinnen und Patienten oder freiwillige
Leistungen der Kassen. Wegen der fehlenden Verankerung als Pflichtleistung der Kassen
gestalteten sich insbesondere die Zahlungen an das Spital Bülach schwierig. Ein
ungedeckter Restbetrag von Fr. 14800 musste durch das Psychiatrie-Zentrum Hard
getragen werden und wurde über einen Fonds abgeschrieben. Die 14 Patientinnen und
Patienten werden weiterhin in den Ambulatorien des Psychiatrie-Zentrums nachbehandelt.
Dafür wird durch die Krankenkassen die übliche Poliklinikpauschale vergütet.
II. Mitteilung an die Mitglieder des Kantonsrates und des Regierungsrates sowie an die
Direktion des Gesundheitswesens.
Vor dem Regierungsrat
Der Staatsschreiber:
Husi
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