Studienbereich 1: Sinnfragen und Menschenbild 1.Definitionen 1.1 Anthropologie: = eine Disziplin der Philosophie 1.1.1 Lexikon: Anthropologie ist die Lehre vom Menschen Wissenschaften, die sich mit dem Menschen als leiblichem, geistigem u. seelischem Wesen befassen, Wissenschaft, die den Menschen als Naturwesen betrachtet (Abstammungslehre, Rassenlehre) 1.1.2 Phil.Atlas: Anthropologie ist der Versuch, das AllgemeinMenschliche zu bestimmen. dient zur Selbstbestimmung des Menschen, der Klärung seiner eigenen Stellung in der Welt gewinnt Praxisbezug im Sinne einer sinnvollen Selbstverwirklichung in der Gestaltung einer menschenwürdigen Gesellschaft 1.2 Ethik: = eine Disziplin der Philosophie 1.2.1 Lexikon: Ethik ist die Wissenschaft vom Wesen und den Grundlagen des Sittlichen 1.2.2 Phil.Atlas: Grundfragen betreffen das Gute, das Haltung und Handlung des Menschen bestimmen soll. Frage: Was soll ich tun? – damit ich richtig handle? Ziel Methodisch gesichert die Grundlagen für gerechtes, Vernünftiges und sinnvolles Handeln und (Zusammen-) Leben aufzeigen. Prinzipien/ Begründungen Ohne Berufung auf äußere Autoritäten und Konventionen (Übereinkunft, Abkommen) allgemein gültig und vernünftig einsehbar sein übergeordneten, kritischen Standpunkt gegenüber geltender Moral 1 1. Philosophische Grundlagen 1.1 Die Antike Wichtige Grundzüge der antiken Philosophien sind: - Die Frage nach dem Urgrund und dem Urgesetz der Welt und damit verknüpft die Suche nach einem Einheitsgrund. - Die mit dem Begriff Unverborgenheit verbundenen Themen: Sein, Wahrheit, wahre Erkenntnis - Die Beschäftigung mit der Natur des Menschen und seiner sittlichen Bestimmung: Beschaffenheit der Seele, das Gute und die Tugend. 1.2 Die wichtigsten Vertreter der Antike Sokrates von Athen (um 470 –399 v.Chr.) Sein philosophischer Ansatz ist auf dem Hintergrund der Sophisten (Lehrer der Weisheit) zu verstehen. Die Bedeutung der Sophisten: - Mensch wird zum Mittelpunkt philosophischen Bemühens - Das Denken selbst wird zum phil.Thema - Damit eng verbunden ist das Problem der Sprache, das eine große Rolle bei den Sophisten spielt - Die Kritik der traditionellen moralischen Wertmaßstäbe eröffnet neuen Horizont des Denkens und ebnet den Weg für eine autonome, vernunftbegründete Ethik Sokrates gilt als Begründer der autonomen philosophischen Ethik. Zentrum seiner Philosophie ist die Frage nach dem Guten und der Tugend. Als Antrieb dazu : „Erkenne dich selbst“. Beim Menschen liegt das Gute in dem göttlichen und vernünftigen Teil seiner selbst: der Seele. Tugend ist die Sorge um die Seele. Aus der Verfassung der Seele entspringt das Gutsein des ganzen Menschen, denn sie ist das alles Besorgende und Umsorgende. Die Seele erfüllt die ihr zukommende Tauglichkeit, wenn Einsicht und Vernunft herrschen, d.h. jeder Mensch kann von Grund auf nach dem Guten handeln, solange er über Wissen und Vernunft seines Handelns verfügt. „Niemand tut freiwillig (also wissentlich) unrecht.“ Denn jede schlechte Handlung entspringt der Unkenntnis über Gut und Böse. Der Wissende jedoch ist gut. Das heißt: Wenn wir auf unsere innere Stimme(Seele) hören, handeln wir automatisch gut, denn in der Seele liegt das Gute. Es liegt deshalb in der Seele bzw. in der inneren Stimme des Menschen, weil sie für Sokrates das Zeichen göttlicher Bestimmung ist. Und Gott, das göttliche ist gut. 2 Platon (427-347 v.Chr.) Schüler Sokrates Inhalt platonischer Ideenlehre ist ein angenommenes Reich immaterieller, ewiger und unveränderlicher Wesenheiten, der Ideen. Ideen (i. S. Platons) sind Urbilder der Realität, nach denen die Gegenstände der sichtbaren Welt (Realität) geformt sind. Diese Ideen existieren objektiv, d.h. unabhängig von unserer Kenntnisnahme oder Gedankenwelt. Sie entspringen nicht unserem Bewußtsein, sondern werden von diesem erkannt. => Objektiver Idealismus Zwei – Welten – Theorie Die Welt der Ideen ist der Welt des Vergänglichen, Körperlichen übergeordnet. Die Welt des Sichtbaren (Vergänglichen) - indirekt Wahrnehmbares (z.B. Schatten, Spiegelbilder) - direkt Wahrnehmbares (z.B. Gegenstände, Lebewesen) Die Welt der Idee, nur dem Geiste zugänglichen - Bereiche der Wissenschaft z.B. Mathematik, die ihr Anschauungsmaterial (geometr. Figuren) überschreitend zu geistigen Erkenntnissen wie den allg. Lehrsätzen gelangt - das Reich der Ideen, das nur der reinen Vernunft zugänglich ist Zentraler Punkt seiner Philosophie: Idee des Guten als Ziel und Ursprung allen Seins. Die materielle Welt des Werdens (Lebens) wird durch einen Weltbildner gemäß der Vernunft planvoll angelegt, indem er sie nach dem Vorbild der Ideen gestaltet. Nachdem das Gute in der Seele liegt (angelehnt an Sokrates), kommt man zu der Frage: Woher kennt die Seele dann die Idee? Ideen werden nicht entwickelt, sie werden geschaut, wiedererinnert. Alles Erkennen und Lernen ist Wiedererinnerung. Die Seele ist unsterblich und hat die Ideen in ihrem Vorleben geschaut, aber bei Eintritt in dem Körper vergessen. Die Seele stammt aus der Sphäre des Göttlichen, Vernünftigen und inkarniert infolge der sinnlichen Begierde. Sie ist nun im Körper eingesperrt „gleich einer Krankheit“; der Körper ist das Grab der Seele. Der Dualismus Platons zeichnet sich ab. Er trennt Leib und Seele scharf voneinander, wobei die Seele die Herrschaft über den Leib hat. Er dreiteilt die Seele und schreibt ihr Tugenden zu: Vernunft – Weisheit Mut – Tapferkeit Begierde – Mäßigung Diesen Tugenden ist die Gerechtigkeit übergeordnet (4 Kardinaltugenden) Auch ethisch ist die erstrebenswertere Welt die geistige. Dafür muß das Gute angestrebt werden, durch die o. g. Tugenden, dessen Belohnung ein Weiterleben der Seele nach dem Tod ist. 3 Aristoteles (384-324 v.Chr.) Schüler Platons Unterschied zu Platons Ideenlehre: Das Wesen der Dinge liegt in ihnen selbst, und nicht in deren sog. Urbildern/Ideen Dualismus des Aristoteles: Stoff – Form Im Gegenstand treten beide nur zusammen auf, da der reine Stoff ebensowenig zu finden ist wie die reine Form. Werden: auf der „Unterlage“ Stoff formt sich die Form des Gegenstandes aus. Das Wesen ist nur der Möglichkeit nach angelegt, Wirklichkeit gewinnt es durch die Form. Das Wesen der Dinge verwirklicht sich in der Reihenfolge ihrer Erscheinungen, d.h. jede Entwicklung setzt das Ziel voraus, von der möglichen zur wirklichen Entfaltung der Substanz. Die Aristotel. Ethik hat zum Gegenstand den Bereich der menschlichen Praxis als des auf Entscheidungen beruhenden Handelns. Von Natur aus strebt jedes Wesen nach einem ihm eigentümlichen Gut, in dem es seine Vollendung findet. Das menschliche Gute ist die Tätigkeit der Seele gemäß der Vernunft. In ihr findet der Mensch die Eudämonie (Glückseligkeit), die von den äußeren Umständen unabhängig ist, als Endziel seines Strebens. Die ethischen Tugenden findet der Mensch bereits vor. Sie werden durch die Bestehende Ordnung in der Gesellschaft und im Staat vermittelt und erhalten Ihre Gültigkeit aus der Tradition und der allg. Zustimmung (z.B. Besonnenheit, Großzügigkeit). Aus dem Zusammenspiel von Klugheit und eth. Tugend entspringt die sittliche Haltung des Menschen. Die Klugheit soll die richtigen Mittel und Wege die zum Guten führen, erkennen, die Tugend gibt das Ziel vor. Beide zusammen bestimmen den Willen in Richtung auf das Gute hin, indem sie vermittels der Einsicht dem Streben das richtige Ziel weisen. Die Freiheit des Willens steht dabei außer Frage. Die sittliche Haltung entspringt nicht schon aus der Einsicht, sondern wird durch Praxis, also durch Übung, Gewohnheit und Lernen erworben. 2. Mittelalter 2.1 Die Patristik Augustinus (354-430) Legt Grundlage für eine „christliche Philosophie“. Ansatz einer Bewußtseinsphilosophie: - Selbsterkenntnis: ist seine Hinwendung zu Gott - Glaube: Im Glaube kann der Mensch seine Erkenntnismöglichkeit entfalten, wie umgekehrt die Einsicht den Glauben bestätigt. Suche nach Voraussetzungen des Erkennens führt A. zur Entdeckung der Fundierung von Wissen in der inneren Selbstgewißheit des Bewußtseins. (= das heutige „Unbewußte“) 4 Je mehr der Mensch die abgründigen Tiefen seines Inneren auszuloten versucht, desto dringender bedarf er eines festen Richtpunktes. Augustinus fand ihn, wie Descartes, im eigenen Innern, nämlich in der Ungewißheit, im Zweifel. Wenn der Mensch an allem zweifeln kann, so doch nicht daran, daß er zweifelt. D.h. daß er denkt, daß er ein denkendes Wesen ist. Somit wird die Selbstgewißheit des Denkens zum unerschütterlichen Ausgangspunkt für die Suche nach der Wahrheit. Er findet die Wahrheit im inneren des Menschen, des menschl. Geistes und von dort zum Innersten des Herzens: in Gott als dem Urgrund der Wahrheit selber. Grundbegriff seiner Ethik ist die Liebe, die mit dem Willen zusammenfällt. Das Endziel des menschl. Strebens liegt in der Glückseligkeit. In der wahren, d.h. auf Gott ausgerichteten Liebe findet der Mensch die Richtschnur für sein Handeln, weshalb es außer der Liebe kein anderes moral. Gesetz braucht. Der Mensch ist jedoch der Selbstliebe verfallen, dem falschen Gut. Um diese zu befriedigen bedarf es äußerer Güter. Diese dürfen jedoch nur um des höheren Ziels willen, der Glückseligkeit in Gott gebraucht werden, nicht um unserer selbst willen (also diese selbst genießen) 2.1 Die Hochscholastik (11. - 12.Jhd. n.Chr.) Scholastik bedeutet Schule (= schola) und Methode. Fragen werden rational in ihrem Für und Wider geprüft und einer Lösung zugeführt. Albertus Magnus ( um 1206 –1280) Er unterscheidet klar zwischen dem mit Hilfe der Vernunft lösbaren Fragen und Glaubensfragen. Alles ist in seinem Sein und Bestand von Gott verursacht. Gott ist die höchste Wahrheit und das Gute, daher muß alles Erkennen und Handeln auf ihn hinstreben, um sich zu vollenden. In seiner Ethik betont er den freien Willen des Menschen. Sittliche Aufgabe ist Die Formung des triebhaften Begehrens durch die Vernunft. Entscheidende Instanz ist das Gewissen, das in der grundsätzlichen Haltung wie auch in der Anwendung auf einen konkreten Fall, wirkt Die sittliche Anlage, die den Menschen zum Guten drängt, ist die Erinnerung des ursprünglich guten Lebens vor dem Sündenfall. Thomas von Aquin (1225 –1274) Schüler Albertus Magnus, bedeutendster Systematiker des MA Er verbindet die Philosophie des Aristoteles mit der christl. Offenbarung, deren wesentlichen Inhalt der Gottesbeweis darstellt. Glaube und Vernunft können sich nicht widersprechen, da beide von Gott stammen. 5 Ethik Gut ist, wonach ein jedes Wesen strebt. Oberstes Ziel des Menschen ist das Glück. Da der Mensch seiner Form nach durch die Vernunftseele bestimmt ist, erlangt er dieses in der vernunftgemäßen Betätigung der Seele. Die Tugenden, also die Kardinaltugenden (angelehnt an Platon) bestimmen Die innere Haltung des Menschen; die äußere Ordnung und die Handlungen werden von Gesetzen geleitet. Oberster Gesetzgeber ist Gott, da er die Ordnung für die gesamte Welt gibt. Das ewige Gesetz ist die göttliche Weisheit, die alles lenkt. Die Teilnahme am ewigen Gesetz durch die menschl. Vernunft ist das Naturgesetz. Die Willensfreiheit wird durch das göttl. Gesetz nicht beeinträchtigt. Nur bei der nicht vernunftbegabten Natur wirkt das Gesetz als normative Regel. Aus dem Naturgesetz entspringen die allg. obersten Prinzipien des Handelns. Aus der Erkenntnis, das gut ist, wonach alles strebt, ergibt sich der oberste Grundsatz praktischer Vernunft : Das Gute ist zu tun, das Böse zu meiden. 3. Vom Mittelalter zur Neuzeit – Renaissance 3.1 Humanismus Im Zentrum steht der Mensch und die zugeordneten Themen Natur, Geschichte, Sprache. Eine Widerentdeckung der antiken Philosophie und Literatur. Das Ideal des Humanismus ist der über den Ständen stehende, allseitig gebildete Mensch, der in der Erweiterung seiner Kenntnisse seine Bestimmung als lernfähiges Wesen erfüllt. Orientiert am Ideal antiker Humanität ist damit verbunden die moralische Haltung, wie sie sich in den Tugenden des Maßes, der Gerechtigkeit, ästethischen Empfindens, der Harmonie mit der Natur, wobei besonders auch die sozialen Tugenden in der bürgerlichen Gemeinschaft eine große Rolle spielen. Bedeutendste Vertreter: Erasmus von Rotterdam (1469 – 1536) Im Zusammenhang eines kritisch – philologischen Verständnis erwächst das Bewußtsein der Unabhängigkeit der Vernunft gegenüber jeglicher Autorität 4. Renaissance – Platonismus betont besonders die Bestimmung des Menschen als geistiges Wesen. 4.1 Giovanni Pico Della Mirandola (1463 – 94) Die Würde des Menschen entstammt seiner Geistbestimmtheit, die wiederum die Freiheit des Menschen begründet. Der Mensch steht in der Mitte der Welt, eben mit der Betonung der freiheitlichen Subjektivität. 6 5. Aufklärung (17. – 18.Jhd.) Aufklärung ist bestimmt durch den Gebrauch der Vernunft und die eigenständige Leistung des denkenden Individuums. Distanz zur Tradition und Autorität, die Hochschätzung der Freiheit und die positive Bewertung der Fähigkeit zu einer vernünftigen Lösung aller Fragen. 5.1 Rationalismus Behauptung der Möglichkeit, aus reinen Prinzipien des Denkens den Aufbau der Wirklichkeit zu erkennen. Die logische Ordnung der Welt ermöglicht es, sie deduktiv zu erfassen, d.h. vom Allgemeinen zum Besonderen René Descartes (1596 – 1650) Ausgangspunkt seiner Philosophie ist der Zweifel. Er sucht nach einem Ansatzpunkt, der nicht mehr anzuzweifeln ist. Er stellt alles, auch Gott in Frage, bis er dabei auf das Unzweifelhafteste stößt: Das Selbstbewußtsein. Selbst im Zweifel muß das Ich vorausgesetzt sein. => Selbstbewußtsein des Subjekts als Fundament seiner Philosophie. Das Ich bezeichnet er als res cogitans (als denkendes Ding). In ihm fallen „Geist bzw. Seele bzw. Verstand bzw. Vernunft“ zusammen. Das Gegenstück ist die res extensa, welche die äußere Körperwelt darstellt. Sie sind durch Ausdehnung und Bewegung, sowie durch Gestalt, Größe, Anzahl, Ort und Zeit bestimmt. Diese primären Eigenschaften sind rational weil quantitativ und mathematisch erfaßbar. (sekundär: Sinneswahrnehmung = qualitativ) Damit begründet Descartes den Rationalismus, da die primären Eigenschaften echte (Verstandes-) Erkenntnis ist. „ Wahr kann nur das logisch und rational Erfaßbare sein.“ Der Dualismus zeichnet sich hier zwischen res extensa und res cogitans ab. Während das Körperliche dem Naturgesetz unterliegt, ist hingegen der Geist frei. Niedrigste Form dieser Freiheit ist das willkürliche Urteil , d.h. ohne vorher Vernünftig abgewägt zu haben. 5.2 Empirismus Diese Philosophie sieht in der (Sinnes-) Erfahrung ihre Grundlage. Wirklich sind nur einzelne Gegenstände und Phänomene. Der richtige VernunftGebrauch kann diese ordnen und induktive Schlüsse aus ihnen ziehen. John Locke (1632 – 1704) Vor der Erfahrung ist überhaupt nichts im Bewußtsein; all unsere Gedanken und Vorstellungen entstehen erst mit der Zeit aus Erfahrung. Das Vermögen, Vorstellungen überhaupt bilden zu können, ist aber abhängig von - äußerer Sinneswahrnehmung (riechen, sehen, fühlen,etc.) und - innerer Sinneswahrnehmung (Denken, Glauben, Wollen, etc.) Aus diesen Sinneswahrnehmung entstehen einfache Ideen (Vorstellungen) oder komplexe. Aber das Bewußtsein nimmt diese Eindrücke nicht passiv in sich auf, Durch Nachdenken, Überlegen, Glaube und Zweifel bearbeitet das Bewußtsein Diese Eindrücke. Dadurch entsteht, was er Reflexionsideen nennt. 7 6. Deutscher Idealismus Immanuel Kant (1724 – 1804) Schafft Voraussetzungen für den deutschen Idealismus. Kern seines Werkes sind Die drei Kritiken: - Kritik der reinen Vernunft - Kritik der praktischen Vernunft - Kritik der Urteilskraft Kant verbindet die kontroversen Haltungen des Rationalismus und Empirismus. In Kritik der reinen Vernunft untersucht er das menschliche Erkenntnisvermögen und entdeckt, daß es bestimmte, im Subjekt verankerte Bedingungen gibt, durch die unsere Auffassung von der Welt geprägt wird. Wie die Welt an sich beschaffen ist, darüber sind keine Aussagen möglich, da der Mensch die Dinge niemals unabhängig von dieser Erkenntnisweise betrachten kann. Die Erkenntnis richtet sich also nicht nach den Gegenständen, sondern sie bestimmt die Beschaffenheit der Gegenstände. In Kritik der praktischen Vernunft ist die Beschaffenheit des Willens Bewertungsmaßstab einer Handlung. Danach kann ausschließlich der Wille als gut bezeichnet werden. Der Wert einer Handlung bemißt sich nicht nach dem erstrebten Zweck. Handlungen unterliegen der Erfahrung und können nicht als frei angesehen werden. Somit kann allein die vernunftgemäße Beschaffenheit des Willens die sittliche Qualität einer Handlung ausmachen. Die Pflicht nötigt Wollen und Handeln des Menschen zur Beachtung der moral. Gesetze, die der Vernunft entspringen. Das „Sollen“ (Wie/ Wonach soll ich handeln?) stellt sich in Form von Imperativen (Befehle) dar. => kategorischer Imperativ (unbedingter Befehl) „ Handle so, daß die Maxime (subj. Grundsätze) deines Handelns jederzeit zugleich als Prinzip einer allg. Gesetzgebung gelten könnte.“ Maxime bestimmen die o.g. Beschaffenheit des Willens und damit den Wert einer Handlung. Der kateg. Imperativ als Vernunftsprinzip macht ein Sollen ohne materiale Bestimmungsgründe( warum der Mensch überhaupt handelt)(z.B. Erziehung, moral. Gefühl, Wille Gottes, Streben nach Glückseligkeit) möglich. Freiheit als Autonomie des Willens, Der Mensch als Sinneswesen ist dem Naturgesetz unterworfen, also fremdbestimmt und damit nicht autonom. Einzig sein Wille ist frei, durch die Bestimmung der Vernunft, mit der der Mensch an der (Verstandes-) Welt teilhat. 8 7. 19.Jhd. – von der Neuzeit zur Moderne 7.1 Positivismus John Stuart Mill ( 1806 – 1873 ) Verteidiger des eth. Utilitarismus. Ziel des Utilitarismus ist das größtmögliche Glück für die größtmögliche Anzahl von Menschen. So wie jeder einzelne von Natur aus nach individuellem Glück strebt, so ist das Wohl aller ein Gut für die Gesamtheit der Menschen. Die moralische Richtigkeit einer Handlung ist an den zu erwartenden Folgen zu bemessen, wobei der Maßstab die Förderung des Glücks (Lust) und die Minderung der Unglücks (Leiden) der von den Folgen Betroffenen ist. Weiter ist neben Quantität vor allem die Qualität des Glücks (Lust) zu Berücksichtigen, da nicht jeder dieser Zustände gleich wertvoll ist. 8. 20. Jhd. 8.1 Phänomenologie (siehe Unterlagen Uzarewic 2.3 2.Sem.) Edmund Husserl (1859 - 1938) 8.2 Existenzphilosophie Jean-Paul Sartres (1905 – 80) Beeinflußt von der Phänomenologie Husserl´s Sartres unterscheidet zwischen - An-sich-Sein, als das vom Bewußtsein unabhängige Sein der Dinge Es ist was es ist; also tatsächlich vorhanden, somit ist der gegebene IstZustand (Sein) positiv => Positivität - Für-sich-Sein, als das durch Bewußtsein bestimmte Sein des Menschen Der Mensch ist ein Sein, das sich über das Gegenwärtige hinaus auf die Zukunft hin entwirft; er ist wesentlich durch seine Möglichkeit bestimmt. Durch diesen Entwurf ist er immer schon über sich hinaus, er ist, was er noch nicht ist. Im Gegensatz zu einem Phänomen läßt sich der Mensch nicht auf das faktisch Gegebene (z.B. Mitmenschen, Leiblichkeit) reduzieren, er ist nicht nur was er ist, sondern er ist wozu er sich macht. Die Seinsverfassung des Menschen ist daher Freiheit, denn er kann gar nicht anders, als sich selbst verwirklichen zu müssen. Er ist zur Freiheit verurteilt. Dadurch, daß es bei Sartres keinen Gott gibt, ist der Mensch in die volle Verantwortung für sich geworfen, d.h. er kann keinen Gott für irgend etwas 9 verantwortlich machen. Aber der Mensch hat die Möglichkeit der Verantwortung für sein eigenes Sein auszuweichen, durch den Bezug zum anderen Menschen: Indem der andere mein Sein erblickt (nicht nur mit den Augen selbst), ist mein Sein in der Gegenwart von anderen begründet. Mein Sein ist dem Urteil des Anderen ausgeliefert. => um sich selbst zu erkennen, bedarf es des Anderen Der Einzelne erfährt sein Selbstsein in der Weise, nicht der Andere zu sein. 8.3 Neopositivismus (logischer Empirismus) Empirismus: alle Erkenntnis ist vollständig auf sinnliche Empfindungen zurück führen Wiener Kreis Philosophie tritt nicht in Konkurrenz mit der Wissenschaft, sondern hängt von ihr ab. Verifikation: Sätze sind dann sinnvoll, wenn sich ihr Inhalt empirisch prüfen läßt. bzw. wenn sich angeben läßt, wie sie sich prüfen lassen. 8.4 Kritischer Rationalismus Karl Popper (1902 – 1994), Hans Albert (geb. 1921) Wissenschaftliche Theorien sind prinzipiell nicht beweisbar, was ein Lernen Aus Fehlern begründet. Wissenschaftlicher Fortschritt besteht darin, wiss. Theorien zu widerlegen (falsifizieren). Die krit. Rationalität steht im Engagement an der Ideologiekritik: - Kritik gegen alle nicht-falsifizierbaren Lehren - Kritik gegen an sich falsifizierbaren Leher, die aber gegen diese Kritik abgeschirmt werden. 1. Ethik Die Ethik oder Moralphilosophie befasst sich mit Aussagen über moralische Werte und moralische Handlungsnormen. Es lassen sich drei Richtungen innerhalb der Ethik unterscheiden: 1. Die normative oder präskriptive Ethik untersucht die Richtigkeit und Korrektheit der Aussagen über moralischer Werte und Handlungsnormen. 2. Die deskriptive Ethik untersucht die psychologischen, biologischen, sozialen und historischen Grundlagen derartiger Urteile. 3. Die Metaethik befasst sich mit der normativen oder deskriptiven Ethik und fragt nach der Abgrenzung der moralischen von den nicht-moralischen 10 Werten und Handlungsnormen (sowie nach den erkenntnistheoretischen, sprachphilosophischen und ontologische Grundlagen der Aussagen über Werte und Handlungsnormen) 1.1 Konsequentialistische Ethik (folgenorientiert) Konsequentialismus nennt man die Richtung in der Ethik, die behauptet, Handlungen seien ausschließlich danach zu beurteilen, wie gut oder erstrebenswert ihre Folgen sind. Sie ist damit von der Deontologie zu unterscheiden. Für den Konsequentialisten kann eine Handlung nie allein deshalb für gut gelten, weil ihr eine richtige Überlegung vorausging (obwohl vielleicht für lobenswert). Eine konsequentialistische Ethik muß daher mit einer Theorie verknüpft sein, die erklärt, was in sich selbst gut ist, d. h. mit einer Wertphilosophie z. B. dem Hedonismus (Sinn des Lebens ist Genießen) oder dem Eudämonismus (Glückseligkeit ist höchstes Ziel). Die verbreitetste Form konsequentialistischer Ethik ist der Utilitarismus = (Erhebung der Nützlichkeit zum Prinzip; Nützlichkeitsstandpunkt). Auch die teleologischen Ethiken und die Verantwortungsethiken gehören in diese Gruppe. Man unterscheidet die Konsequentialisten danach, welche Art von Folgen sie beurteilen wollen: die der einzelnen Handlung oder die allgemeiner Handlungsregeln. Wenn man z. B. in einer gegebenen Situation überlegt, ob eine Lüge angemessen ist, kann man entweder auf die Folgen dieses konkreten Falls von Lüge achten oder auf die Folgen des Verstoßes gegen die allgemeine Regel, daß Lügen verwerflich ist. Wer allein die Folgen der einzelnen Handlung gelten lassen will, steht der Handlungskonsequentialismus nahe; Wer die Folgen der Regelverletzung zum Maßstab nimmt, wird Regelkonsequentialist genannt. Entsprechend unterscheidet man im Utilitarismus auch Handlungs- bzw. Regelfolgen und in der teleologischen Ethik Handlungsteleologen und Regelteleologen. 1.2 Verantwortungsethik Verantwortungsethik nennt man die Richtung in der Ethik, die die Verantwortung zum Zentrum ihrer Überlegungen macht. Die Verantwortungsethiken gehören zu den konsequentialistischen Ethiken. Überwiegend geht man davon aus, daß eine bestimmte Form von Freiheit für (moralische) Verantwortlichkeit notwendig ist. Da die Veranwortungsethiken sich sowohl auf Verantwortung gegenüber Menschen als auch auf Verantwortung gegenüber nichtmenschlichen Entitäten beziehen kann, läßt sich die Verantwortungsethik sowohl Mensch-bezogen als auch Sach-bezogen ausführen. 11 Als Verantwortung bezeichnet man die ethische Verpflichtung eines Menschen zum Tun oder Unterlassen, zum Einstehen für die Folgen des Tuns oder Unterlassens. 1.3 Deontologische Ethik Die deontologische Ethik ist diejenige Richtung der Ethik, die die Ansicht vertritt, daß die Erwägungen entscheidend sind, die einer Handlung zugrunde liegen und nicht nur die Folgen. Sie unterscheiden sich damit von der konsequentialistischen Ethik. Beispiele für deontologische Ethiken sind die Gesinnungsethik, die Pflichtenethik und die Gewissensethik. Entsprechend der Unterscheidung von Regel- und Handlungskonsequentialismus lassen sich auch in der deontologischen Ethik zwei Richtungen unterscheiden. Der Behauptung, die Pflichten ließen sich in allgemeine Regeln fassen (Kant), steht z. B. die Behauptung entgegen, die Pflicht zeige sich erst in der einzelnen Handlungssituation (A.Smith). Deontologische Ethiken sind zumeist, aber nicht zwingend, auf den Menschen bezogen. Angewandte Ethik 2. Gewissen – und Gewissensbildung 2.1 Definitionen 1.Psycholigische Theorie (C.G.Jung) Gewissen ist Phänomen der Psyche: - moralisches Gewissen: regt sich bei Verstoß gegen kollektive Normen - ethisches Gewissen: eigentliche, sittliche Entscheidung (Was soll ich tun?) 2. Philosophische Theorie: (F.Nietzsche) - Schlechtes Gewissen entwertet Instinkte des Menschen, wirft ihn auf dessen Bewußtsein zurück. - G. ist eine Fehlentwicklung...der größten und unheimlichsten Erkrankung des Menschen, ohne Genesung 3. Nach Erich Fromm Gewissen ist die Stimme unserer liebenden Fürsorge 12 2.2 Stufen der Gewissensbildung 1.Das elterliche oder Primitivgewissen Übernahme elterlicher Werte und Normen - aus Liebe oder Angst Gebote und Verbote der Eltern als Gewissen 2. Das Kollektivgewissen Übernahme der Werte und Normen von der Gruppe - Machtkämpfe u. Kritik gegenüber Elternmoral bleibt Gewissensbildung auf dieser Stufe stehen, Kollektivgewissen wird zum Gewissen des Einzelnen = heteronomes Gewissen (heteros: Autorität; nomos: Gesetz) Was „Gesetz“ für den Einzelnen ist bestimmt eine fremde Autorität (Gruppe) 3. Das autonome Gewissen Akzeptanz der Unvollkommenheit des Menschen - Orientierung nicht mehr nur an Personen, sonder auch an Werten, Religion, Ideologien, usw. persönliche Gewissensentscheidung wird möglich Verantwortung kann selbst übernommen werden 3. Ethik und Professionalität Wie komme ich zur Ethik? - deduktiv, d.h. durch Erfahrung - schlechtes Gewissen durch z.B. einen Regelverstoß, = Diskrepanz zwischen „sein“ und „sollen“ - induktiv, d.h. durch Erziehung -> Normen und Werte, Glaube, Moral, Ethiktheorien Ethik und Pflege Pflegeethik: Ethik für Pflegende: Ethik in der Pflege: als Berufskodex: Was soll ich tun? befasst sich mit ethischen Fragen, die im Pflegebereich auftreten umfassenster Begriff; beinhaltet Fragen, die relevant für Pflegende sind, die sie aber meist nicht selbst entscheiden 3.1 Warum ist Ethik im Beruf notwendig? 1. zur Zielbestimmung 2. zur zielgemäßen Berufsausübung 3. zur Einschätzung und Bewertung eigenen und beruflichen Handelns 3.2 Welche Konsequenzen drohen bei unethischem Verhalten? 1. Verlust von Planbarkeit und Verlässlichkeit 13 2. Zunahme von Gefühlen der Angst, Unsicherheit und des Ausgeliefertseins 3. Professionelles Handeln wird erschwert, Berufszufriedenheit nimmt ab. 3.3 Grundsätzliche Anforderungen an eine praxisrelevante Berufsethik Basis Die Realität der Berufsgruppe berücksichtigen: - die Eigenheiten des Berufsfeldes, typische und strukturelle Probleme die Qualifikation der Berufsgruppe die Organisation und Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen die spezifischen ethischen Probleme und die Reglementierung der Handlungsmöglichkeiten die Möglichkeiten beruflicher Autonomie das Konfliktlösongsverhalten und Potentiale die Stellung in der Hierarchie Ziel Hilfe in Problem- und Entscheidungssituationen bieten: - Nachvollziehbare Analysen vorlegen Traditionelle Werthorizonte berücksichtigen Argumentation und Lösungsvorschläge entwickeln Ethische Theoriebildung in angemessener Weise berücksichtigen Diskursfähigkeit fördern Geltungsansprüche begründen 3.4 ethische Anforderungen an die Pflege - Anteilnahme - Verantwortung - Loyalität - Fürsorge - Gerechtigkeit - Aufrichtigkeit Sich selbst und dem Patienten gegenüber 4. Angewandte Ethik – Pflegeethik Die angewandte Ethik ist sozusagen die Praxis der theoretischen normativen Ethik. Die normative Ethik entwickelt tragfähige Argumentationsverfahren zur Begründung von Normen und Prinzipien. Die angewandte Ethik versucht die normative Ethik auf verschiedene Anwendungsgebiete zu übertragen. Beispielsweise als Standesethik (tradit. Ethik des Ärztestandes), Bereichsspezifische Ethik (Ethik in der Wirtschaft) und als Berufsethik wie die der Pflegeethik. 14 4.1 Verantwortungsethik – Autonome Moral Der Mensch kann sittlich, frei und verantwortlich handeln. In der verantwortlichen getroffenen Entscheidung verwirklicht sich der Mensch als sittliches Wesen, d.h. er ist fähig rational, autonom und realistisch zu entscheiden und danach zu handeln (sittliches Handeln). Normen sind Regeln, Vorschriften für das theoretische o. praktische Verhalten; bzw. Maßstab für die bewertende Beurteilung. Prinzipien sind keine konkreten Normen, sie sind abstrakt; sie wollen Rahmen oder Maßstab für konkrete Verhaltensnormen sein Prinzipienethik In der Verantwortungsethik geben Prinzipien Orientierung: ( = Vier ethische Prinzipien nach Beauchamp / Childress ) 1. 2. 3. 4. Prinzip der Autonomie Prinzip der Gerechtigkeit Prinzip der Fürsorge Prinzip des Nicht – Schadens ( Respekt vor Selbstbestimmung ) ( Gerechtigkeit ) ( Gutes tun ) ( Nicht – Schaden ) Diese Prinzipien sind gleichzeitig die Prinzipien der Pflegeethik. Sie sind bei einem ethischen Entscheidungsfindungsprozeß auf jeden Fall zu berücksichtigen! 5. Zentrale Begriffe und Ansichten in der Verantwortlichkeitsethik Verantwortlichkeitsethik ethischer Maßstab Menschenwürdigkeit Handeln Gefahr: Objektivismus Gesinnung Gefahr: Subjektivismus Werte Folgen Gefahr: Konsequentialismus Normen 15 Ethische Evaluation der menschlichen Aktivität insgesamt durch Gewissen Kanalisieren spontaner ethischer Reaktion Ethik Prozess rational-ethischer Reflexion 6.1 Erklärung des Modells Nach Emanuell Levina heißt Verantwortung, der Klient ruft Hilfe Leistenden als Partner in die Verantwortung, die ihm (dem Hilfe Leistenden) übertragen wurde. die Pflegekraft wird vom Patienten „verantwortlich“ gemacht, durch ihre ethisch Rechtfertigung. Nach Van der Arendt ist Pflegeethik gleich Verantworlichkeitsethik Die Leistungen der Verantwortlichkeitsethik richtet sich nach einer Mischung aus Gesinnung, Handeln und Folgen. Sie ( Verantw.ethik ) bedient sich also dazu noch der - deontologischen Ethik ( Gesinnungsethik ) und der - konsequentialistischen Ethik ( Utilitarismus ). Die Leistungen der Verantwortungsethik entspricht den Fragen: Was soll ich tun? Wie soll ich entscheiden? Je nach dem wie die Entscheidung letztendlich ausfällt, muß darüber Rechenschaft abgelegt werden. Als Maßstab der Rechenschaft liegt die Menschenwürde, wie bei allen ethischen Entscheidungen überhaupt, als Basis zu Grunde. Bei der Abwägung der Kriterien für eine ethische, verantwortungsvolle Entscheidung sind auch Gefahren zu beachten. Entscheide ich subjektiv, also nach meiner Gesinnung, besteht die Gefahr, daß meine Entscheidung nur auf Werten beruht. => zu einseitig Treffe ich meine Entscheidung anhand von Normen, so laufe ich Gefahr, zu objektiv zu sein, d.h. ich handle oder handle nicht, weil gewisse Normen bestehen. Und die letzte Gefahr wäre, mich nur nach den bestmöglichen Folgen meiner Handlung zu richten, also utilitaristisch (größtmöglicher Nutzen)oder teleologisch (zielgerichtet)zu entscheiden. 16 allen Gefahren gemein, ist die Einseitigkeit der jeweiligen Entscheidung, die den Prinzipien der Pflegeethik (Autonomie, Gerechtigkeit, Fürsorge, NichtSchaden) zu wider laufen. Deshalb sollten alle drei ethischen Richtungen in die Entscheidung mit einbezogen werden (= Prozess rational-ethischer Reflexion). Nur dann ist eine ethische Evaluation der menschlichen Aktivität, also das ethisch richtige handeln, vertretbar. Das eigene autonome Gewissen kanalisiert spontane (und evtl. einseitige) ethische Reaktion, um letztlich verantwortungsvoll handeln zu können. 6. Prozess ethischer Entscheidungsfindung 1. Schritt: Erkennen des Problems Fragen stellen, um das Problem klarer zu sehen, z.B.: Handelt es sich um ein akutes oder um ein potentielles Problem? Wie ist das Problem entstanden? Weshalb ist es ein schwieriges Problem? Welche Fakten sind relevant/irrelevant? Welche Werte sind in Frage gestellt? Weist das Problem Aspekte auf, die zur Aufwertung der Person eines Beteiligten beitragen, oder solche die sich mit dem Gewissen nicht vereinbaren lassen? Welches sind die Ansichten des Patienten ? Was will er? Welche Personen sind direkt betroffen, welch Rolle spielen sie dabei und wie sehen sie das Problem? Welche Erwartungen haben diese Personen bezüglich des Ergebnisses? Welche Personen haben eine Schlüsselposition und wie sieht diese aus? Welche Aspekte lassen sich verändern, welche nicht? Welche weiteren Punkte sind zu berücksichtigen? 2. Schritt: Planung Abgeklärtes Problem auf mögliche Lösungen untersuchen Welches Vorgehen ist möglich? Welches sind die kurzfristigen, welches die langfristigen Möglichkeiten? Welsches sind die Folgen des jeweiligen Vorgehens? Wem wird geholfen? Besteht die Möglichkeit zu einem Ergebnis zu kommen? Wird jemandem durch ein bestimmtes Ergebnis Schaden zugefügt? Wenn ja, wie? Ist das Problem nur mit einer einzigen Entscheidung lösbar? Besteht ein zeitliches Limit? Welches ist die grundsätzliche Frage bei diesem Problem? Geht es um das Recht der Person oder um die Handlung (Deontologie)? Geht es um die Folgen einer Handlung (Teleologie)? 17 Geht es darum, die Wünsche des Patienten zu respektieren? Geht es um berufliche Verantwortung? Welche ethischen Prinzipien stehen auf dem Spiel? Besteht ein Konflikt zwischen diesen Prinzipien; überschneiden sie sich? Geht es um Werte, die einander widersprechen? Welche Werte sind wichtiger? Weshalb? Ist es eine Frage der beruflichen Beziehung? Wird an eine Klausel der Berufsethik appelliert? Wird dadurch die Situation beeinflußt oder verändert? Ist ein Kompromiß möglich, oder muß das Problem durch einen entschiedenen Schritt gelöst werden? In diesem Stadium sollte man mögliche Widersprüche der Fragen klären. Es kann auch damit Erkenntnis gewonnen werden, wie das Problem gelöst werden muß. Wahrscheinlich muß eine Wahl getroffen werden zwischen Für und Wider. Ethisches Handeln bedingt, daß wir eine Wahl treffen und uns der Verantwortung, die daraus entsteht bewußt werden. 3. Schritt Ausführung Die Entscheidung, die hier getroffen wird, muß so ausfallen, daß sie auch zur Lösung weiterer Probleme beiträgt. Was soll getan werden? Wer tut es? Wann? Wie? Getroffene Entscheidung müssen auch ausgeführt werden. 4. Schritt Auswertung Beim Abwägen der verschiedenen Möglichkeiten in der Planungsphase wurden auch die möglichen Ergebnisse geprüft. Je nach Problem ist die realistische Bewertung einer ethischen Entscheidung erst viel später möglich. Ist das Problem durch die Entscheidung gelöst worden? Wenn nicht, weshalb? Inwiefern hat die Lösung einen Einfluß auf das Verhalten in weiteren ähnlichen Fällen? Waren die Erwartungen realistisch? Wenn nicht, weshalb? Würden wir nocheinemal in dieser Situation die gleiche Entscheidung treffen? Waren dank dieser Entscheidung, weitere ähnliche Entscheidungen leichter zu Fällen? Ist irgendein Aspekt dieser Entscheidung zu einem universellen Gesetz geworden? Wer hat davon einen Nutzen? Hat er zur Mehrung des Guten beigetragen? „Modelle zur Lösung ethisch – pflegerischer Probleme sind Hilfsmittel und geben uns Richtlinien in die Hand. Sie lösen selber keine Probleme. Wenn wir Fortschritte machen wollen, müssen wir mehr zu hören als handeln, mehr darauf 18 achten, welches die individuellen Bedürfnisse sind, als fertige Lösungen anzubieten. Anteilnehmen heißt, der betreffenden Person helfen, ihre eigenen Antworten zu finden. Wir erkennen besser worin diese Anteilnahme besteht, wenn wir gewissenhaft unsere eigenen Wertvorstellungen folgen und uns auch für diese verantwortlich fühlen.“ (Tschudin, V. 2.Sem.) 19