Ethik+Anthropologie

Werbung
Studienbereich 1:
Sinnfragen und Menschenbild
1.Definitionen
1.1 Anthropologie:
= eine Disziplin der Philosophie
1.1.1 Lexikon:
Anthropologie ist die Lehre vom Menschen
 Wissenschaften, die sich mit dem Menschen als
leiblichem, geistigem u. seelischem Wesen befassen,
 Wissenschaft, die den Menschen als Naturwesen
betrachtet (Abstammungslehre, Rassenlehre)
1.1.2 Phil.Atlas:
Anthropologie ist der Versuch, das AllgemeinMenschliche zu bestimmen.
 dient zur Selbstbestimmung des Menschen,
 der Klärung seiner eigenen Stellung in der Welt
gewinnt Praxisbezug im Sinne
 einer sinnvollen Selbstverwirklichung
 in der Gestaltung einer menschenwürdigen Gesellschaft
1.2 Ethik:
= eine Disziplin der Philosophie
1.2.1 Lexikon:
Ethik ist die Wissenschaft vom Wesen und den
Grundlagen des Sittlichen
1.2.2 Phil.Atlas:
Grundfragen
betreffen das Gute, das Haltung und Handlung des
Menschen bestimmen soll.
Frage: Was soll ich tun? – damit ich richtig handle?
Ziel
Methodisch gesichert die Grundlagen für gerechtes,
Vernünftiges und sinnvolles Handeln und (Zusammen-)
Leben aufzeigen.
Prinzipien/ Begründungen
Ohne Berufung auf äußere Autoritäten und Konventionen
(Übereinkunft, Abkommen) allgemein gültig und vernünftig
einsehbar sein
 übergeordneten, kritischen Standpunkt gegenüber
geltender Moral
1
1. Philosophische Grundlagen
1.1 Die Antike
Wichtige Grundzüge der antiken Philosophien sind:
- Die Frage nach dem Urgrund und dem Urgesetz der Welt und damit verknüpft
die Suche nach einem Einheitsgrund.
- Die mit dem Begriff Unverborgenheit verbundenen Themen: Sein, Wahrheit,
wahre Erkenntnis
- Die Beschäftigung mit der Natur des Menschen und seiner sittlichen
Bestimmung: Beschaffenheit der Seele, das Gute und die Tugend.
1.2 Die wichtigsten Vertreter der Antike
Sokrates von Athen (um 470 –399 v.Chr.)
Sein philosophischer Ansatz ist auf dem Hintergrund der Sophisten (Lehrer der
Weisheit) zu verstehen.
Die Bedeutung der Sophisten:
- Mensch wird zum Mittelpunkt philosophischen Bemühens
- Das Denken selbst wird zum phil.Thema
- Damit eng verbunden ist das Problem der Sprache, das eine große Rolle bei
den Sophisten spielt
- Die Kritik der traditionellen moralischen Wertmaßstäbe eröffnet neuen
Horizont des Denkens und ebnet den Weg für eine autonome,
vernunftbegründete Ethik
Sokrates gilt als Begründer der autonomen philosophischen Ethik.
Zentrum seiner Philosophie ist die Frage nach dem Guten und der Tugend.
Als Antrieb dazu : „Erkenne dich selbst“.
Beim Menschen liegt das Gute in dem göttlichen und vernünftigen Teil seiner
selbst: der Seele.
Tugend ist die Sorge um die Seele. Aus der Verfassung der Seele entspringt das
Gutsein des ganzen Menschen, denn sie ist das alles Besorgende und
Umsorgende. Die Seele erfüllt die ihr zukommende Tauglichkeit, wenn Einsicht
und Vernunft herrschen, d.h. jeder Mensch kann von Grund auf nach dem Guten
handeln, solange er über Wissen und Vernunft seines Handelns verfügt.
„Niemand tut freiwillig (also wissentlich) unrecht.“ Denn jede schlechte Handlung
entspringt der Unkenntnis über Gut und Böse. Der Wissende jedoch ist gut.
Das heißt: Wenn wir auf unsere innere Stimme(Seele) hören, handeln wir
automatisch gut, denn in der Seele liegt das Gute. Es liegt deshalb in der Seele
bzw. in der inneren Stimme des Menschen, weil sie für Sokrates das Zeichen
göttlicher Bestimmung ist. Und Gott, das göttliche ist gut.
2
Platon (427-347 v.Chr.)
Schüler Sokrates
Inhalt platonischer Ideenlehre ist ein angenommenes Reich immaterieller,
ewiger und unveränderlicher Wesenheiten, der Ideen.
Ideen (i. S. Platons) sind Urbilder der Realität, nach denen die Gegenstände der
sichtbaren Welt (Realität) geformt sind.
Diese Ideen existieren objektiv, d.h. unabhängig von unserer Kenntnisnahme
oder Gedankenwelt. Sie entspringen nicht unserem Bewußtsein, sondern
werden von diesem erkannt.
=> Objektiver Idealismus
Zwei – Welten – Theorie
Die Welt der Ideen ist der Welt des Vergänglichen, Körperlichen übergeordnet.
Die Welt des Sichtbaren (Vergänglichen)
- indirekt Wahrnehmbares (z.B. Schatten, Spiegelbilder)
- direkt Wahrnehmbares (z.B. Gegenstände, Lebewesen)
Die Welt der Idee, nur dem Geiste zugänglichen
- Bereiche der Wissenschaft z.B. Mathematik, die ihr Anschauungsmaterial
(geometr. Figuren) überschreitend zu geistigen Erkenntnissen wie den allg.
Lehrsätzen gelangt
- das Reich der Ideen, das nur der reinen Vernunft zugänglich ist
Zentraler Punkt seiner Philosophie: Idee des Guten als Ziel und Ursprung allen
Seins.
Die materielle Welt des Werdens (Lebens) wird durch einen Weltbildner gemäß
der Vernunft planvoll angelegt, indem er sie nach dem Vorbild der Ideen
gestaltet.
Nachdem das Gute in der Seele liegt (angelehnt an Sokrates), kommt man zu
der Frage: Woher kennt die Seele dann die Idee?
Ideen werden nicht entwickelt, sie werden geschaut, wiedererinnert.
Alles Erkennen und Lernen ist Wiedererinnerung.
Die Seele ist unsterblich und hat die Ideen in ihrem Vorleben geschaut, aber bei
Eintritt in dem Körper vergessen. Die Seele stammt aus der Sphäre des
Göttlichen, Vernünftigen und inkarniert infolge der sinnlichen Begierde. Sie ist
nun im Körper eingesperrt „gleich einer Krankheit“; der Körper ist das Grab der
Seele. Der Dualismus Platons zeichnet sich ab. Er trennt Leib und Seele scharf
voneinander, wobei die Seele die Herrschaft über den Leib hat.
Er dreiteilt die Seele und schreibt ihr Tugenden zu:
Vernunft – Weisheit
Mut – Tapferkeit
Begierde – Mäßigung
Diesen Tugenden ist die Gerechtigkeit übergeordnet (4 Kardinaltugenden)
Auch ethisch ist die erstrebenswertere Welt die geistige.
Dafür muß das Gute angestrebt werden, durch die o. g. Tugenden, dessen
Belohnung ein Weiterleben der Seele nach dem Tod ist.
3
Aristoteles (384-324 v.Chr.)
Schüler Platons
Unterschied zu Platons Ideenlehre: Das Wesen der Dinge liegt in ihnen selbst,
und nicht in deren sog. Urbildern/Ideen
Dualismus des Aristoteles: Stoff – Form
Im Gegenstand treten beide nur zusammen auf, da der reine Stoff ebensowenig
zu finden ist wie die reine Form.
Werden: auf der „Unterlage“ Stoff formt sich die Form des Gegenstandes aus.
Das Wesen ist nur der Möglichkeit nach angelegt, Wirklichkeit gewinnt es durch
die Form.
Das Wesen der Dinge verwirklicht sich in der Reihenfolge ihrer Erscheinungen,
d.h. jede Entwicklung setzt das Ziel voraus, von der möglichen zur wirklichen
Entfaltung der Substanz.
Die Aristotel. Ethik hat zum Gegenstand den Bereich der menschlichen Praxis
als des auf Entscheidungen beruhenden Handelns. Von Natur aus strebt jedes
Wesen nach einem ihm eigentümlichen Gut, in dem es seine Vollendung findet.
Das menschliche Gute ist die Tätigkeit der Seele gemäß der Vernunft.
In ihr findet der Mensch die Eudämonie (Glückseligkeit), die von den äußeren
Umständen unabhängig ist, als Endziel seines Strebens.
Die ethischen Tugenden findet der Mensch bereits vor. Sie werden durch die
Bestehende Ordnung in der Gesellschaft und im Staat vermittelt und erhalten
Ihre Gültigkeit aus der Tradition und der allg. Zustimmung (z.B. Besonnenheit,
Großzügigkeit). Aus dem Zusammenspiel von Klugheit und eth. Tugend
entspringt die sittliche Haltung des Menschen. Die Klugheit soll die richtigen
Mittel und Wege die zum Guten führen, erkennen, die Tugend gibt das Ziel vor.
Beide zusammen bestimmen den Willen in Richtung auf das Gute hin, indem
sie vermittels der Einsicht dem Streben das richtige Ziel weisen. Die Freiheit
des Willens steht dabei außer Frage.
Die sittliche Haltung entspringt nicht schon aus der Einsicht, sondern wird
durch Praxis, also durch Übung, Gewohnheit und Lernen erworben.
2. Mittelalter
2.1 Die Patristik
Augustinus (354-430)
Legt Grundlage für eine „christliche Philosophie“.
Ansatz einer Bewußtseinsphilosophie:
- Selbsterkenntnis: ist seine Hinwendung zu Gott
- Glaube: Im Glaube kann der Mensch seine Erkenntnismöglichkeit entfalten,
wie umgekehrt die Einsicht den Glauben bestätigt.
Suche nach Voraussetzungen des Erkennens führt A. zur Entdeckung der
Fundierung von Wissen in der inneren Selbstgewißheit des Bewußtseins.
(= das heutige „Unbewußte“)
4
Je mehr der Mensch die abgründigen Tiefen seines Inneren auszuloten versucht,
desto dringender bedarf er eines festen Richtpunktes. Augustinus fand ihn,
wie Descartes, im eigenen Innern, nämlich in der Ungewißheit, im Zweifel.
Wenn der Mensch an allem zweifeln kann, so doch nicht daran, daß er zweifelt.
D.h. daß er denkt, daß er ein denkendes Wesen ist.
Somit wird die Selbstgewißheit des Denkens zum unerschütterlichen
Ausgangspunkt für die Suche nach der Wahrheit.
Er findet die Wahrheit im inneren des Menschen, des menschl. Geistes und von
dort zum Innersten des Herzens: in Gott als dem Urgrund der Wahrheit selber.
Grundbegriff seiner Ethik ist die Liebe, die mit dem Willen zusammenfällt.
Das Endziel des menschl. Strebens liegt in der Glückseligkeit. In der wahren,
d.h. auf Gott ausgerichteten Liebe findet der Mensch die Richtschnur für sein
Handeln, weshalb es außer der Liebe kein anderes moral. Gesetz braucht.
Der Mensch ist jedoch der Selbstliebe verfallen, dem falschen Gut.
Um diese zu befriedigen bedarf es äußerer Güter. Diese dürfen jedoch nur um
des höheren Ziels willen, der Glückseligkeit in Gott gebraucht werden, nicht um
unserer selbst willen (also diese selbst genießen)
2.1 Die Hochscholastik (11. - 12.Jhd. n.Chr.)
Scholastik bedeutet Schule (= schola) und Methode.
Fragen werden rational in ihrem Für und Wider geprüft und einer Lösung
zugeführt.
Albertus Magnus ( um 1206 –1280)
Er unterscheidet klar zwischen dem mit Hilfe der Vernunft lösbaren Fragen und
Glaubensfragen. Alles ist in seinem Sein und Bestand von Gott verursacht. Gott
ist die höchste Wahrheit und das Gute, daher muß alles Erkennen und Handeln
auf ihn hinstreben, um sich zu vollenden.
In seiner Ethik betont er den freien Willen des Menschen. Sittliche Aufgabe ist
Die Formung des triebhaften Begehrens durch die Vernunft. Entscheidende
Instanz ist das Gewissen, das in der grundsätzlichen Haltung wie auch in der
Anwendung auf einen konkreten Fall, wirkt
Die sittliche Anlage, die den Menschen zum Guten drängt, ist die Erinnerung des
ursprünglich guten Lebens vor dem Sündenfall.
Thomas von Aquin (1225 –1274)
Schüler Albertus Magnus, bedeutendster Systematiker des MA
Er verbindet die Philosophie des Aristoteles mit der christl. Offenbarung, deren
wesentlichen Inhalt der Gottesbeweis darstellt. Glaube und Vernunft können
sich nicht widersprechen, da beide von Gott stammen.
5
Ethik
Gut ist, wonach ein jedes Wesen strebt. Oberstes Ziel des Menschen ist das
Glück. Da der Mensch seiner Form nach durch die Vernunftseele bestimmt ist,
erlangt er dieses in der vernunftgemäßen Betätigung der Seele.
Die Tugenden, also die Kardinaltugenden (angelehnt an Platon) bestimmen
Die innere Haltung des Menschen; die äußere Ordnung und die Handlungen
werden von Gesetzen geleitet. Oberster Gesetzgeber ist Gott, da er die
Ordnung für die gesamte Welt gibt.
Das ewige Gesetz ist die göttliche Weisheit, die alles lenkt.
Die Teilnahme am ewigen Gesetz durch die menschl. Vernunft ist das
Naturgesetz. Die Willensfreiheit wird durch das göttl. Gesetz nicht beeinträchtigt.
Nur bei der nicht vernunftbegabten Natur wirkt das Gesetz als normative Regel.
Aus dem Naturgesetz entspringen die allg. obersten Prinzipien des Handelns.
Aus der Erkenntnis, das gut ist, wonach alles strebt, ergibt sich der oberste
Grundsatz praktischer Vernunft :
Das Gute ist zu tun, das Böse zu meiden.
3. Vom Mittelalter zur Neuzeit – Renaissance
3.1 Humanismus
Im Zentrum steht der Mensch und die zugeordneten Themen Natur, Geschichte,
Sprache. Eine Widerentdeckung der antiken Philosophie und Literatur.
Das Ideal des Humanismus ist der über den Ständen stehende, allseitig gebildete
Mensch, der in der Erweiterung seiner Kenntnisse seine Bestimmung als
lernfähiges Wesen erfüllt.
Orientiert am Ideal antiker Humanität ist damit verbunden die moralische Haltung,
wie sie sich in den Tugenden des Maßes, der Gerechtigkeit, ästethischen
Empfindens, der Harmonie mit der Natur, wobei besonders auch die sozialen
Tugenden in der bürgerlichen Gemeinschaft eine große Rolle spielen.
Bedeutendste Vertreter:
Erasmus von Rotterdam (1469 – 1536)
Im Zusammenhang eines kritisch – philologischen Verständnis erwächst das
Bewußtsein der Unabhängigkeit der Vernunft gegenüber jeglicher Autorität
4. Renaissance – Platonismus
betont besonders die Bestimmung des Menschen als geistiges Wesen.
4.1 Giovanni Pico Della Mirandola (1463 – 94)
Die Würde des Menschen entstammt seiner Geistbestimmtheit, die wiederum
die Freiheit des Menschen begründet. Der Mensch steht in der Mitte der Welt,
eben mit der Betonung der freiheitlichen Subjektivität.
6
5. Aufklärung (17. – 18.Jhd.)
Aufklärung ist bestimmt durch den Gebrauch der Vernunft und die eigenständige
Leistung des denkenden Individuums. Distanz zur Tradition und Autorität, die
Hochschätzung der Freiheit und die positive Bewertung der Fähigkeit zu einer
vernünftigen Lösung aller Fragen.
5.1 Rationalismus
Behauptung der Möglichkeit, aus reinen Prinzipien des Denkens den Aufbau der
Wirklichkeit zu erkennen. Die logische Ordnung der Welt ermöglicht es, sie
deduktiv zu erfassen, d.h. vom Allgemeinen zum Besonderen
René Descartes (1596 – 1650)
Ausgangspunkt seiner Philosophie ist der Zweifel.
Er sucht nach einem Ansatzpunkt, der nicht mehr anzuzweifeln ist.
Er stellt alles, auch Gott in Frage, bis er dabei auf das Unzweifelhafteste stößt:
Das Selbstbewußtsein. Selbst im Zweifel muß das Ich vorausgesetzt sein.
=> Selbstbewußtsein des Subjekts als Fundament seiner Philosophie.
Das Ich bezeichnet er als res cogitans (als denkendes Ding). In ihm fallen
„Geist bzw. Seele bzw. Verstand bzw. Vernunft“ zusammen.
Das Gegenstück ist die res extensa, welche die äußere Körperwelt darstellt.
Sie sind durch Ausdehnung und Bewegung, sowie durch Gestalt, Größe, Anzahl,
Ort und Zeit bestimmt. Diese primären Eigenschaften sind rational weil quantitativ
und mathematisch erfaßbar. (sekundär: Sinneswahrnehmung = qualitativ)
Damit begründet Descartes den Rationalismus, da die primären Eigenschaften
echte (Verstandes-) Erkenntnis ist.
„ Wahr kann nur das logisch und rational Erfaßbare sein.“
Der Dualismus zeichnet sich hier zwischen res extensa und res cogitans ab.
Während das Körperliche dem Naturgesetz unterliegt, ist hingegen der Geist frei.
Niedrigste Form dieser Freiheit ist das willkürliche Urteil , d.h. ohne vorher
Vernünftig abgewägt zu haben.
5.2 Empirismus
Diese Philosophie sieht in der (Sinnes-) Erfahrung ihre Grundlage.
Wirklich sind nur einzelne Gegenstände und Phänomene. Der richtige VernunftGebrauch kann diese ordnen und induktive Schlüsse aus ihnen ziehen.
John Locke (1632 – 1704)
Vor der Erfahrung ist überhaupt nichts im Bewußtsein; all unsere Gedanken und
Vorstellungen entstehen erst mit der Zeit aus Erfahrung. Das Vermögen,
Vorstellungen überhaupt bilden zu können, ist aber abhängig von
- äußerer Sinneswahrnehmung (riechen, sehen, fühlen,etc.) und
- innerer Sinneswahrnehmung (Denken, Glauben, Wollen, etc.)
Aus diesen Sinneswahrnehmung entstehen einfache Ideen (Vorstellungen) oder
komplexe. Aber das Bewußtsein nimmt diese Eindrücke nicht passiv in sich auf,
Durch Nachdenken, Überlegen, Glaube und Zweifel bearbeitet das Bewußtsein
Diese Eindrücke. Dadurch entsteht, was er Reflexionsideen nennt.
7
6. Deutscher Idealismus
Immanuel Kant (1724 – 1804)
Schafft Voraussetzungen für den deutschen Idealismus. Kern seines Werkes sind
Die drei Kritiken:
- Kritik der reinen Vernunft
- Kritik der praktischen Vernunft
- Kritik der Urteilskraft
Kant verbindet die kontroversen Haltungen des Rationalismus und Empirismus.
In Kritik der reinen Vernunft untersucht er das menschliche Erkenntnisvermögen
und entdeckt, daß es bestimmte, im Subjekt verankerte Bedingungen gibt, durch
die unsere Auffassung von der Welt geprägt wird. Wie die Welt an sich beschaffen
ist, darüber sind keine Aussagen möglich, da der Mensch die Dinge niemals
unabhängig von dieser Erkenntnisweise betrachten kann.
Die Erkenntnis richtet sich also nicht nach den Gegenständen, sondern sie
bestimmt die Beschaffenheit der Gegenstände.
In Kritik der praktischen Vernunft ist die Beschaffenheit des Willens Bewertungsmaßstab einer Handlung. Danach kann ausschließlich der Wille als gut
bezeichnet werden.
Der Wert einer Handlung bemißt sich nicht nach dem erstrebten Zweck.
Handlungen unterliegen der Erfahrung und können nicht als frei angesehen
werden. Somit kann allein die vernunftgemäße Beschaffenheit des Willens
die sittliche Qualität einer Handlung ausmachen.
Die Pflicht nötigt Wollen und Handeln des Menschen zur Beachtung der moral.
Gesetze, die der Vernunft entspringen.
Das „Sollen“ (Wie/ Wonach soll ich handeln?) stellt sich in Form von Imperativen
(Befehle) dar.
=> kategorischer Imperativ (unbedingter Befehl)
„ Handle so, daß die Maxime (subj. Grundsätze) deines Handelns jederzeit
zugleich als Prinzip einer allg. Gesetzgebung gelten könnte.“
Maxime bestimmen die o.g. Beschaffenheit des Willens und damit den Wert
einer Handlung.
Der kateg. Imperativ als Vernunftsprinzip macht ein Sollen ohne materiale
Bestimmungsgründe( warum der Mensch überhaupt handelt)(z.B. Erziehung,
moral. Gefühl, Wille Gottes, Streben nach Glückseligkeit) möglich.
Freiheit als Autonomie des Willens, Der Mensch als Sinneswesen ist dem
Naturgesetz unterworfen, also fremdbestimmt und damit nicht autonom.
Einzig sein Wille ist frei, durch die Bestimmung der Vernunft, mit der der Mensch
an der (Verstandes-) Welt teilhat.
8
7. 19.Jhd. – von der Neuzeit zur Moderne
7.1 Positivismus
John Stuart Mill ( 1806 – 1873 )
Verteidiger des eth. Utilitarismus.
Ziel des Utilitarismus ist das größtmögliche Glück für die größtmögliche
Anzahl von Menschen.
So wie jeder einzelne von Natur aus nach individuellem Glück strebt, so ist
das Wohl aller ein Gut für die Gesamtheit der Menschen. Die moralische
Richtigkeit einer Handlung ist an den zu erwartenden Folgen zu bemessen,
wobei der Maßstab die Förderung des Glücks (Lust) und die Minderung der
Unglücks (Leiden) der von den Folgen Betroffenen ist.
Weiter ist neben Quantität vor allem die Qualität des Glücks (Lust) zu
Berücksichtigen, da nicht jeder dieser Zustände gleich wertvoll ist.
8. 20. Jhd.
8.1 Phänomenologie (siehe Unterlagen Uzarewic 2.3 2.Sem.)
Edmund Husserl (1859 - 1938)
8.2 Existenzphilosophie
Jean-Paul Sartres (1905 – 80)
Beeinflußt von der Phänomenologie Husserl´s
Sartres unterscheidet zwischen
-
An-sich-Sein, als das vom Bewußtsein unabhängige Sein der Dinge
Es ist was es ist; also tatsächlich vorhanden, somit ist der gegebene IstZustand (Sein) positiv => Positivität
-
Für-sich-Sein, als das durch Bewußtsein bestimmte Sein des Menschen
Der Mensch ist ein Sein, das sich über das Gegenwärtige hinaus auf die
Zukunft hin entwirft; er ist wesentlich durch seine Möglichkeit bestimmt.
Durch diesen Entwurf ist er immer schon über sich hinaus,
er ist, was er noch nicht ist.
Im Gegensatz zu einem Phänomen läßt sich der Mensch nicht auf das
faktisch Gegebene (z.B. Mitmenschen, Leiblichkeit) reduzieren,
er ist nicht nur was er ist, sondern er ist wozu er sich macht.
Die Seinsverfassung des Menschen ist daher Freiheit, denn er kann gar nicht
anders, als sich selbst verwirklichen zu müssen. Er ist zur Freiheit verurteilt.
Dadurch, daß es bei Sartres keinen Gott gibt, ist der Mensch in die volle
Verantwortung für sich geworfen, d.h. er kann keinen Gott für irgend etwas
9
verantwortlich machen. Aber der Mensch hat die Möglichkeit der Verantwortung
für sein eigenes Sein auszuweichen, durch den Bezug zum anderen Menschen:
Indem der andere mein Sein erblickt (nicht nur mit den Augen selbst), ist mein
Sein in der Gegenwart von anderen begründet. Mein Sein ist dem Urteil des
Anderen ausgeliefert.
=> um sich selbst zu erkennen, bedarf es des Anderen
Der Einzelne erfährt sein Selbstsein in der Weise, nicht der Andere zu sein.
8.3 Neopositivismus (logischer Empirismus)
Empirismus: alle Erkenntnis ist vollständig auf sinnliche Empfindungen zurück
führen
Wiener Kreis
Philosophie tritt nicht in Konkurrenz mit der Wissenschaft, sondern hängt von ihr
ab.
Verifikation: Sätze sind dann sinnvoll, wenn sich ihr Inhalt empirisch prüfen
läßt. bzw. wenn sich angeben läßt, wie sie sich prüfen lassen.
8.4 Kritischer Rationalismus
Karl Popper (1902 – 1994), Hans Albert (geb. 1921)
Wissenschaftliche Theorien sind prinzipiell nicht beweisbar, was ein Lernen
Aus Fehlern begründet.
Wissenschaftlicher Fortschritt besteht darin, wiss. Theorien zu widerlegen
(falsifizieren).
Die krit. Rationalität steht im Engagement an der Ideologiekritik:
- Kritik gegen alle nicht-falsifizierbaren Lehren
- Kritik gegen an sich falsifizierbaren Leher, die aber gegen diese Kritik
abgeschirmt werden.
1. Ethik
Die Ethik oder Moralphilosophie befasst sich mit Aussagen über moralische
Werte und moralische Handlungsnormen.
Es lassen sich drei Richtungen innerhalb der Ethik unterscheiden:
1. Die normative oder präskriptive Ethik untersucht die Richtigkeit und
Korrektheit der Aussagen über moralischer Werte und Handlungsnormen.
2. Die deskriptive Ethik untersucht die psychologischen, biologischen, sozialen
und historischen Grundlagen derartiger Urteile.
3. Die Metaethik befasst sich mit der normativen oder deskriptiven Ethik und
fragt nach der Abgrenzung der moralischen von den nicht-moralischen
10
Werten und Handlungsnormen
(sowie nach den erkenntnistheoretischen, sprachphilosophischen und
ontologische Grundlagen der Aussagen über Werte und Handlungsnormen)
1.1 Konsequentialistische Ethik (folgenorientiert)
Konsequentialismus nennt man die Richtung in der Ethik, die behauptet,
Handlungen seien ausschließlich danach zu beurteilen, wie gut oder
erstrebenswert ihre Folgen sind. Sie ist damit von der Deontologie zu
unterscheiden.
Für den Konsequentialisten kann eine Handlung nie allein deshalb für gut gelten,
weil ihr eine richtige Überlegung vorausging (obwohl vielleicht für lobenswert).
Eine konsequentialistische Ethik muß daher mit einer Theorie verknüpft sein, die
erklärt, was in sich selbst gut ist, d. h. mit einer Wertphilosophie z. B. dem
Hedonismus (Sinn des Lebens ist Genießen) oder dem Eudämonismus
(Glückseligkeit ist höchstes Ziel).
Die verbreitetste Form konsequentialistischer Ethik ist der Utilitarismus =
(Erhebung der Nützlichkeit zum Prinzip; Nützlichkeitsstandpunkt).
Auch die teleologischen Ethiken und die Verantwortungsethiken gehören in
diese Gruppe.
Man unterscheidet die Konsequentialisten danach, welche Art von Folgen sie
beurteilen wollen: die der einzelnen Handlung oder die allgemeiner
Handlungsregeln.
Wenn man z. B. in einer gegebenen Situation überlegt, ob eine Lüge
angemessen ist, kann man entweder auf die Folgen dieses konkreten Falls von
Lüge achten oder auf die Folgen des Verstoßes gegen die allgemeine Regel,
daß Lügen verwerflich ist.
Wer allein die Folgen der einzelnen Handlung gelten lassen will, steht der
Handlungskonsequentialismus nahe;
Wer die Folgen der Regelverletzung zum Maßstab nimmt, wird
Regelkonsequentialist genannt.
Entsprechend unterscheidet man im Utilitarismus auch Handlungs- bzw.
Regelfolgen und in der teleologischen Ethik Handlungsteleologen und
Regelteleologen.
1.2 Verantwortungsethik
Verantwortungsethik nennt man die Richtung in der Ethik, die die Verantwortung
zum Zentrum ihrer Überlegungen macht. Die Verantwortungsethiken gehören zu
den konsequentialistischen Ethiken.
Überwiegend geht man davon aus, daß eine bestimmte Form von Freiheit für
(moralische) Verantwortlichkeit notwendig ist.
Da die Veranwortungsethiken sich sowohl auf Verantwortung gegenüber
Menschen als auch auf Verantwortung gegenüber nichtmenschlichen Entitäten
beziehen kann, läßt sich die Verantwortungsethik sowohl Mensch-bezogen als
auch Sach-bezogen ausführen.
11
Als Verantwortung bezeichnet man die ethische Verpflichtung eines
Menschen zum Tun oder Unterlassen, zum Einstehen für die Folgen des Tuns
oder Unterlassens.
1.3 Deontologische Ethik
Die deontologische Ethik ist diejenige Richtung der Ethik, die die Ansicht vertritt,
daß die Erwägungen entscheidend sind, die einer Handlung zugrunde liegen
und nicht nur die Folgen. Sie unterscheiden sich damit von der
konsequentialistischen Ethik.
Beispiele für deontologische Ethiken sind die Gesinnungsethik, die
Pflichtenethik und die Gewissensethik.
Entsprechend der Unterscheidung von Regel- und Handlungskonsequentialismus lassen sich auch in der deontologischen Ethik zwei
Richtungen unterscheiden.
Der Behauptung, die Pflichten ließen sich in allgemeine Regeln fassen (Kant),
steht z. B. die Behauptung entgegen, die Pflicht zeige sich erst in der einzelnen
Handlungssituation (A.Smith).
Deontologische Ethiken sind zumeist, aber nicht zwingend, auf den Menschen
bezogen.
 Angewandte Ethik
2. Gewissen – und Gewissensbildung
2.1 Definitionen
1.Psycholigische Theorie (C.G.Jung)
Gewissen ist Phänomen der Psyche:
- moralisches Gewissen: regt sich bei Verstoß gegen kollektive Normen
- ethisches Gewissen: eigentliche, sittliche Entscheidung (Was soll ich tun?)
2. Philosophische Theorie: (F.Nietzsche)
- Schlechtes Gewissen entwertet Instinkte des Menschen, wirft ihn auf dessen
Bewußtsein zurück.
- G. ist eine Fehlentwicklung...der größten und unheimlichsten Erkrankung des
Menschen, ohne Genesung
3. Nach Erich Fromm
Gewissen ist die Stimme unserer liebenden Fürsorge
12
2.2 Stufen der Gewissensbildung
1.Das elterliche oder Primitivgewissen
Übernahme elterlicher Werte und Normen
- aus Liebe oder Angst
 Gebote und Verbote der Eltern als Gewissen
2. Das Kollektivgewissen
Übernahme der Werte und Normen von der Gruppe
- Machtkämpfe u. Kritik gegenüber Elternmoral
bleibt Gewissensbildung auf dieser Stufe stehen,
 Kollektivgewissen wird zum Gewissen des Einzelnen
 = heteronomes Gewissen (heteros: Autorität; nomos: Gesetz)
Was „Gesetz“ für den Einzelnen ist bestimmt eine fremde Autorität
(Gruppe)
3. Das autonome Gewissen
Akzeptanz der Unvollkommenheit des Menschen
- Orientierung nicht mehr nur an Personen, sonder auch an Werten, Religion,
Ideologien, usw.
 persönliche Gewissensentscheidung wird möglich
 Verantwortung kann selbst übernommen werden
3. Ethik und Professionalität
Wie komme ich zur Ethik?
- deduktiv, d.h. durch Erfahrung
- schlechtes Gewissen durch z.B. einen Regelverstoß,
= Diskrepanz zwischen „sein“ und „sollen“
- induktiv, d.h. durch Erziehung -> Normen und Werte, Glaube, Moral,
Ethiktheorien
Ethik und Pflege
Pflegeethik:
Ethik für Pflegende:
Ethik in der Pflege:
als Berufskodex: Was soll ich tun?
befasst sich mit ethischen Fragen, die im Pflegebereich
auftreten
umfassenster Begriff; beinhaltet Fragen, die relevant für
Pflegende sind, die sie aber meist nicht selbst entscheiden
3.1 Warum ist Ethik im Beruf notwendig?
1. zur Zielbestimmung
2. zur zielgemäßen Berufsausübung
3. zur Einschätzung und Bewertung eigenen und beruflichen Handelns
3.2 Welche Konsequenzen drohen bei unethischem Verhalten?
1. Verlust von Planbarkeit und Verlässlichkeit
13
2. Zunahme von Gefühlen der Angst, Unsicherheit und des Ausgeliefertseins
3. Professionelles Handeln wird erschwert,
Berufszufriedenheit nimmt ab.
3.3 Grundsätzliche Anforderungen an eine praxisrelevante Berufsethik
Basis
Die Realität der Berufsgruppe berücksichtigen:
-
die Eigenheiten des Berufsfeldes, typische und strukturelle Probleme
die Qualifikation der Berufsgruppe
die Organisation und Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen
die spezifischen ethischen Probleme und die Reglementierung der
Handlungsmöglichkeiten
die Möglichkeiten beruflicher Autonomie
das Konfliktlösongsverhalten und Potentiale
die Stellung in der Hierarchie
Ziel
Hilfe in Problem- und Entscheidungssituationen bieten:
-
Nachvollziehbare Analysen vorlegen
Traditionelle Werthorizonte berücksichtigen
Argumentation und Lösungsvorschläge entwickeln
Ethische Theoriebildung in angemessener Weise berücksichtigen
Diskursfähigkeit fördern
Geltungsansprüche begründen
3.4 ethische Anforderungen an die Pflege
- Anteilnahme
- Verantwortung
- Loyalität
- Fürsorge
- Gerechtigkeit
- Aufrichtigkeit
Sich selbst und dem Patienten gegenüber
4. Angewandte Ethik – Pflegeethik
Die angewandte Ethik ist sozusagen die Praxis der theoretischen normativen
Ethik. Die normative Ethik entwickelt tragfähige Argumentationsverfahren zur
Begründung von Normen und Prinzipien. Die angewandte Ethik versucht die
normative Ethik auf verschiedene Anwendungsgebiete zu übertragen.
Beispielsweise als Standesethik (tradit. Ethik des Ärztestandes),
Bereichsspezifische Ethik (Ethik in der Wirtschaft) und als Berufsethik wie die der
Pflegeethik.
14
4.1 Verantwortungsethik – Autonome Moral
Der Mensch kann sittlich, frei und verantwortlich handeln.
 In der verantwortlichen getroffenen Entscheidung verwirklicht sich der Mensch
als sittliches Wesen, d.h. er ist fähig rational, autonom und realistisch zu
entscheiden und danach zu handeln (sittliches Handeln).
Normen sind Regeln, Vorschriften für das theoretische o. praktische Verhalten;
bzw. Maßstab für die bewertende Beurteilung.
Prinzipien sind keine konkreten Normen, sie sind abstrakt; sie wollen Rahmen
oder Maßstab für konkrete Verhaltensnormen sein
 Prinzipienethik
In der Verantwortungsethik geben Prinzipien Orientierung:
( = Vier ethische Prinzipien nach Beauchamp / Childress )
1.
2.
3.
4.
Prinzip der Autonomie
Prinzip der Gerechtigkeit
Prinzip der Fürsorge
Prinzip des Nicht – Schadens
( Respekt vor Selbstbestimmung )
( Gerechtigkeit )
( Gutes tun )
( Nicht – Schaden )
Diese Prinzipien sind gleichzeitig die Prinzipien der Pflegeethik. Sie sind bei
einem ethischen Entscheidungsfindungsprozeß auf jeden Fall zu berücksichtigen!
5. Zentrale Begriffe und Ansichten in der Verantwortlichkeitsethik
Verantwortlichkeitsethik

ethischer Maßstab
Menschenwürdigkeit
Handeln
Gefahr: Objektivismus
Gesinnung
Gefahr: Subjektivismus
Werte
Folgen
Gefahr: Konsequentialismus
Normen
15
Ethische Evaluation der menschlichen Aktivität insgesamt durch
Gewissen
Kanalisieren spontaner ethischer Reaktion

Ethik
Prozess rational-ethischer Reflexion
6.1 Erklärung des Modells
Nach Emanuell Levina heißt Verantwortung, der Klient ruft Hilfe Leistenden als
Partner in die Verantwortung, die ihm (dem Hilfe Leistenden) übertragen wurde.
 die Pflegekraft wird vom Patienten „verantwortlich“ gemacht, durch ihre
ethisch Rechtfertigung.
Nach Van der Arendt ist Pflegeethik gleich Verantworlichkeitsethik
Die Leistungen der Verantwortlichkeitsethik richtet sich nach einer Mischung
aus Gesinnung, Handeln und Folgen. Sie ( Verantw.ethik ) bedient sich also dazu
noch der
- deontologischen Ethik
( Gesinnungsethik )
und der
- konsequentialistischen Ethik ( Utilitarismus ).
Die Leistungen der Verantwortungsethik entspricht den Fragen:
Was soll ich tun? Wie soll ich entscheiden?
Je nach dem wie die Entscheidung letztendlich ausfällt, muß darüber
Rechenschaft abgelegt werden. Als Maßstab der Rechenschaft liegt die
Menschenwürde, wie bei allen ethischen Entscheidungen überhaupt, als Basis
zu Grunde.
Bei der Abwägung der Kriterien für eine ethische, verantwortungsvolle
Entscheidung sind auch Gefahren zu beachten.
Entscheide ich subjektiv, also nach meiner Gesinnung, besteht die Gefahr,
daß meine Entscheidung nur auf Werten beruht. => zu einseitig
Treffe ich meine Entscheidung anhand von Normen, so laufe ich Gefahr, zu
objektiv zu sein, d.h. ich handle oder handle nicht, weil gewisse Normen
bestehen.
Und die letzte Gefahr wäre, mich nur nach den bestmöglichen Folgen meiner
Handlung zu richten, also utilitaristisch (größtmöglicher Nutzen)oder teleologisch
(zielgerichtet)zu entscheiden.
16

allen Gefahren gemein, ist die Einseitigkeit der jeweiligen Entscheidung, die
den Prinzipien der Pflegeethik (Autonomie, Gerechtigkeit, Fürsorge, NichtSchaden) zu wider laufen.
Deshalb sollten alle drei ethischen Richtungen in die Entscheidung mit
einbezogen werden (= Prozess rational-ethischer Reflexion). Nur dann ist eine
ethische Evaluation der menschlichen Aktivität, also das ethisch richtige handeln,
vertretbar. Das eigene autonome Gewissen kanalisiert spontane (und evtl.
einseitige) ethische Reaktion, um letztlich verantwortungsvoll handeln zu können.
6. Prozess ethischer Entscheidungsfindung
1. Schritt:
Erkennen des Problems
Fragen stellen, um das Problem klarer zu sehen,
z.B.:
 Handelt es sich um ein akutes oder um ein potentielles Problem?
 Wie ist das Problem entstanden?
 Weshalb ist es ein schwieriges Problem?
 Welche Fakten sind relevant/irrelevant?
 Welche Werte sind in Frage gestellt?
 Weist das Problem Aspekte auf, die zur Aufwertung der Person eines Beteiligten
beitragen, oder solche die sich mit dem Gewissen nicht vereinbaren lassen?
 Welches sind die Ansichten des Patienten ? Was will er?
 Welche Personen sind direkt betroffen, welch Rolle spielen sie dabei und wie
sehen sie das Problem?
 Welche Erwartungen haben diese Personen bezüglich des Ergebnisses?
 Welche Personen haben eine Schlüsselposition und wie sieht diese aus?
 Welche Aspekte lassen sich verändern, welche nicht?
 Welche weiteren Punkte sind zu berücksichtigen?
2. Schritt:
Planung
Abgeklärtes Problem auf mögliche Lösungen untersuchen
 Welches Vorgehen ist möglich?
Welches sind die kurzfristigen, welches die langfristigen Möglichkeiten?
Welsches sind die Folgen des jeweiligen Vorgehens?
 Wem wird geholfen?
 Besteht die Möglichkeit zu einem Ergebnis zu kommen?
 Wird jemandem durch ein bestimmtes Ergebnis Schaden zugefügt?
Wenn ja, wie?
 Ist das Problem nur mit einer einzigen Entscheidung lösbar?
 Besteht ein zeitliches Limit?
 Welches ist die grundsätzliche Frage bei diesem Problem?
 Geht es um das Recht der Person oder um die Handlung (Deontologie)?
 Geht es um die Folgen einer Handlung (Teleologie)?
17










Geht es darum, die Wünsche des Patienten zu respektieren?
Geht es um berufliche Verantwortung?
Welche ethischen Prinzipien stehen auf dem Spiel?
Besteht ein Konflikt zwischen diesen Prinzipien; überschneiden sie sich?
Geht es um Werte, die einander widersprechen?
Welche Werte sind wichtiger? Weshalb?
Ist es eine Frage der beruflichen Beziehung?
Wird an eine Klausel der Berufsethik appelliert?
Wird dadurch die Situation beeinflußt oder verändert?
Ist ein Kompromiß möglich, oder muß das Problem durch einen
entschiedenen Schritt gelöst werden?
In diesem Stadium sollte man mögliche Widersprüche der Fragen klären.
Es kann auch damit Erkenntnis gewonnen werden, wie das Problem gelöst
werden muß. Wahrscheinlich muß eine Wahl getroffen werden zwischen Für und
Wider. Ethisches Handeln bedingt, daß wir eine Wahl treffen und uns der
Verantwortung, die daraus entsteht bewußt werden.
3. Schritt
Ausführung
Die Entscheidung, die hier getroffen wird, muß so ausfallen, daß sie auch zur
Lösung weiterer Probleme beiträgt.
 Was soll getan werden?
 Wer tut es? Wann? Wie?
Getroffene Entscheidung müssen auch ausgeführt werden.
4. Schritt
Auswertung
Beim Abwägen der verschiedenen Möglichkeiten in der Planungsphase wurden
auch die möglichen Ergebnisse geprüft. Je nach Problem ist die realistische
Bewertung einer ethischen Entscheidung erst viel später möglich.
 Ist das Problem durch die Entscheidung gelöst worden? Wenn nicht, weshalb?
 Inwiefern hat die Lösung einen Einfluß auf das Verhalten in weiteren ähnlichen
Fällen?
 Waren die Erwartungen realistisch? Wenn nicht, weshalb?
 Würden wir nocheinemal in dieser Situation die gleiche Entscheidung treffen?
 Waren dank dieser Entscheidung, weitere ähnliche Entscheidungen leichter zu
Fällen?
 Ist irgendein Aspekt dieser Entscheidung zu einem universellen Gesetz
geworden?
 Wer hat davon einen Nutzen?
 Hat er zur Mehrung des Guten beigetragen?
„Modelle zur Lösung ethisch – pflegerischer Probleme sind Hilfsmittel und geben
uns Richtlinien in die Hand. Sie lösen selber keine Probleme. Wenn wir
Fortschritte machen wollen, müssen wir mehr zu hören als handeln, mehr darauf
18
achten, welches die individuellen Bedürfnisse sind, als fertige Lösungen
anzubieten. Anteilnehmen heißt, der betreffenden Person helfen, ihre eigenen
Antworten zu finden. Wir erkennen besser worin diese Anteilnahme besteht,
wenn wir gewissenhaft unsere eigenen Wertvorstellungen folgen und uns auch
für diese verantwortlich fühlen.“ (Tschudin, V. 2.Sem.)
19
Herunterladen