Professur Künstliche Intelligenz Diplomarbeit Ein Simulator für das Immunsystem Christin Seifert [email protected] Betreuer: Prof. Dr. Werner Dilger Chemnitz, am 15. Februar 2004 Christin Seifert Ein Simulator für das Immunsystem Diplomarbeit, Technische Universität Chemnitz, 2004 http://archiv.tu-chemnitz.de/pub/2004/0012 Ich möchte hiermit allen danken, die mir während der Erarbeitung dieses Dokumentes auf unterschiedliche Weise unterstützend zur Seite gestanden haben. Als erstes bedanke ich mich bei meinem Betreuer, Prof. Dilger, für die überaus interessante und herausfordernde Aufgabenstellung und für die Unterstützung während meines Studiums. Dank geht auch an René, der während der Erarbeitung der biologisch Grundlagen geduldig meinen Ausführungen gefolgt ist und mit seinen Fragen zum Verständnis beitrug. Für das Korrekturlesen bedanke ich mich ganz herzlich bei Lisa, Frank, René und Sindy. Ein besonderer Dank geht an Lisa, die mich während der Endphase der Arbeit in Graz im Kampf mit vielen Kleinigkeiten sehr lieb unterstützt hat. Nicht vergessen möchte ich alle, die mich spätestens jede Woche gefragt haben, wann denn die Arbeit fertig ist – Jetzt ist sie es. Aufgabenstellung Die Forschungsrichtung der Computational Intelligence (CI) beschäftigt sich mit Problemlösemethoden, deren Ursprung in der Biologie zu finden ist. Beispiele hierfür sind künstliche neuronale Netze und genetische Algorithmen. Ein, im Vergleich zu diesen, junger Ansatz sind die Künstlichen Immunsysteme (AIS). In AIS werden Aspekte des menschlichen Immunsystems auf den jeweiligen Problembereich adaptiert. Die Anwendung immunologisch motivierter Verfahren führt zur Problemlösung. AIS sind als Berechnungsmodell unter anderem wegen folgender Eigenschaften interessant: Fähigkeit zur Mustererkennung Robustheit des Gesamtsystems durch Austauschbarkeit der Elemente (kein Element ist essenziell für die Funktion des Gesamtsystems) und Dezentralisierung (es gibt keine zentrale Steuereinheit) Verteiltheit der Elemente im Raum und damit Ausfallsicherheit des Systems Unempfindlichkeit gegen verrauschte Eingaben Lernen und Gedächtnis Es gibt bereits eine Vielzahl von AIS-Anwendungen in den verschiedensten Bereichen der Informatik, unter anderem in der Computersicherheit, der Robotik und des Data Mining. Ihnen allen gemeinsam ist jedoch die Tatsache, dass ihr zugrunde liegendes Modell die Realität sehr stark abstrahiert. Zudem ist der Einfluss verschiedener Parameter auf die Funktion des Gesamtsystems noch wenig untersucht. In der Arbeit soll der Prototyp eines Immunsystem-Simulators erstellt werden, der die vorhandenen Modelle verfeinert und die Untersuchung der Einflüsse verschiedener Parameter erlaubt. i ii Inhaltsverzeichnis Aufgabenstellung i Abbildungsverzeichnis v Tabellenverzeichnis vii Verzeichnis der Programmlistings ix 1 Grundlagen des Immunsystems 1 1.1 1.2 Bestandteile des Immunsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.1.1 Lymphorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.1.2 Antigenrezeptoren – Immunglobuline, B-Zell- und T-Zell-Rezeptoren . . . . 2 1.1.3 Zellen des Immunsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1.1.4 Das Komplementsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 1.1.5 Zytokine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Immunreaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 1.2.1 Einteilung der Immunreaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 1.2.2 Ablauf der angeborenen Immunreaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 1.2.3 Ablauf der adaptiven Immunreaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2 Modellierung und Implementierung 21 2.1 Simulator-Klasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2.2 Umgebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 2.2.1 Umgebungen für die Bildung und Entwicklung der Immunzellen . . . . . . . 25 2.2.2 Umgebungen der Immunreaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2.3 Rezeptoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2.4 Objekte in den Umgebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2.5 Hilfsklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 iii Inhaltsverzeichnis 2.6 2.5.1 CObjectCreator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 2.5.2 Datensammlung und Statistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Globale Parameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Auswertung und Tests 3.1 3.2 3.3 39 41 Entwicklungsstand der Software . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3.1.1 Installation und Benutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3.1.2 Entwicklungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Test des Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 3.2.1 Selektionsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 3.2.2 Immunreaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Weiterführende Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Literaturverzeichnis 55 Abkürzungsverzeichnis 57 Glossar 59 iv Abbildungsverzeichnis 1.1 Einteilung der Lymphorgane nach ihrer Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1.2 Struktur eines Immunglobulins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.3 Funktionelle Regionen eines Immunglobulins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.4 Entstehung der Vielfalt der schweren Ig-Kette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 1.5 Entstehung der Vielfalt der leichten Ig-Kette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1.6 Struktur eines TCR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1.7 Entstehung der Vielfalt der -TCR-Kette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1.8 Entstehung der Vielfalt der -TCR-Kette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1.9 Zellen des Blutes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 1.10 Aufbau einer B-Zelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 1.11 somatische Hypermutation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 1.12 Übersicht über den Lebenszyklus einer B-Zelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 1.13 Aufbau einer T-Zelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1.14 Übersicht über den Lebenszyklus einer T-Zelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 1.15 Ablauf der Phagozytose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1.16 Beziehung zwischen angeborenem und adaptivem Immunsystem . . . . . . . . . . . 16 1.17 Wirkungsweise von Makrophagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 1.18 Wirkungsweise von neutrophilen Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 1.19 Aktivierung von T-Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1.20 Aktivierung von B-Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 1.21 Immunologisches Gedächtnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 2.1 Collaboration Diagramm für die Klasse AIMS2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2.2 Ablauf der Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 2.3 Interaktion in einer 3D-Umgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2.4 Klassendiagramm CDiscrete3DSpace . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 v Abbildungsverzeichnis 2.5 Vererbungsdiagramm CDiscrete3DSpace . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2.6 Sequenzdiagramm für die Klasse CCreateEnv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2.7 Objekte in CCreateEnv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2.8 Sequenzdiagramm für die Klasse CDevEnv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2.9 Objekte in CDevEnv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2.10 Ablauf der Suche nach Interaktionsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 2.11 Sequenzdiagramm für die Klassen CReactEnv und CTissue . . . . . . . . . . . . . . 29 2.12 Objekte in CTissue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2.13 Objekte in CReactEnv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.14 Beispiel Affinitätsberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2.15 Voreingestellte Längen der Bitstrings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2.16 Vererbungsdiagramm CLivingObject . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 2.17 Klassendiagramm CLivingObject . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 2.18 Ausgaben von ag->print() . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 2.19 Ausgaben von ab->print() . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2.20 Aktivierung einer B-Zelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2.21 Ausgabe von bcell->print() . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2.22 Aktivierung einer T-Zelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2.23 Ausgaben von tcell->print() . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2.24 Ausgaben von apc->print() . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2.25 Klassendiagramm CObjectCreator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 3.1 Selektion bei B- und T-Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 3.2 Einfluss des Parameters AFFINITY_REACTION_THRESHOLD auf die negative Selektion der B-Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Einfluss des Parameters NUM_SELFSEQUENCES auf die negative Selektion der BZellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 3.4 Ablauf der Immunreaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 3.5 Ablauf der humoralen Immunreaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 3.6 Einfluss der Parameter in CTissue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 3.7 Einfluss der Parameter in CReactEnv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 3.3 vi Tabellenverzeichnis 1.1 Anzahl Gensegmente zur Bildung eines Ig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 1.2 Anzahl Gensegmente zur Bildung eines TCR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1.3 Übersicht über T-Zell-Rezeptoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 1.4 Einteilung der Immunantwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2.1 Übersicht über nicht-abstrakte Simulatorklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2.2 Reaktionen der Objekte in Gewebe und peripheren Lymphorganen . . . . . . . . . . 28 2.3 Übersicht Datensammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 3.1 Vergleich zwischen Immunsystem und . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Einfluss des Parameters AFFINITY_REACTION_THRESHOLD auf die negative Selektion der B-Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Einfluss des Parameters NUM_SELFSEQUENCES auf die negative Selektion der BZellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Einfluss des Parameters MHC_REACTION_THRESHOLD auf die negative Selektion der T-Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Einfluss von Parametern auf die Immunantwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 3.2 3.3 3.4 3.5 vii viii Verzeichnis der Programmlistings 2.1 main()-Methode des Simulators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 2.2 Somatische Hypermutation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.3 Mutation des BCR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 ix x 1 Grundlagen des Immunsystems Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den Grundlagen des menschlichen Immunsystems, soweit sie für die angestrebte Modellierung notwendig sind. Es soll sich nicht um eine umfassende theoretische Abhandlung der biologischen und physiologischen Grundlagen handeln. Vielmehr werden an manchen Stellen bewusst Details weggelassen. Im Anhang findet sich ein Glossar und ein Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen. Das Glossar ist mit Hilfe von Online-Lexika entstanden [Wik03] [Urb]. 1.1 Bestandteile des Immunsystems Das menschliche Immunsystem, Lymphorgane und Immunzellen zusammengenommen, wiegt insgesamt etwa 1 Kilogramm. Die Immunreaktion findet vorwiegend in den peripheren Lymphorganen und im Blut statt. Die zentralen Lymphorgane spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der für die adaptive Immunantwort verantwortlichen Immunzellen, den Lymphozyten. Makrophagen und dendritische Zellen sind APC (antigen-präsentierende Zelle), die zur Aktivierung der T-Lymphozyten und der B-Lymphozyten notwendig sind. 1.1.1 Lymphorgane Die Lymphorgane enthalten große Mengen an Lymphozyten, die von nicht-lymphoiden Zellen umgeben sind. Die Interaktion zwischen beiden Zellarten ist essenziell für die Entwicklung der Lymphozyten, das Auslösen der adaptiven Immunantwort und die Ernährung der Lymphozyten. Man unterscheidet zentrale (primäre) und periphere (sekundäre) Lymphorgane. In den zentralen Lymphorganen findet die Entwicklung der Lymphozyten statt. Sowohl die T-Zellen als auch die B-Zellen entstehen im Knochenmark. Die B-Zellen erhielten ihren Namen, weil auch ihre Reifung im Knochenmark (engl. bone marrow) stattfindet. Die T-Zellen wandern im unreifen Zustand in den Thymus und reifen dort heran (daher auch ihr Name). Nach der Reifung gelangen die Lymphozyten über das Blut in die peripheren Lymphorgane und werden als naive Zellen bezeichnet, solange sie ihr spezifisches Ag (Antigen) noch nicht erkannt haben. Die Immunreaktion findet hauptsächlich in den peripheren Lymphorganen statt. Reife Lymphozyten patrouillieren ständig durch die Lymphgewebe. Makrophagen und dendritische Zellen tragen Ag von Infektionsherden zu den peripheren Lymphorganen. Entsprechende B- und T-Zellen reagieren auf die von Makrophagen und dendritischen Zellen präsentierten Ag. Während der Infektion sind Lymphozyten, die ihre spezifischen Ag erkennen, in den Lymphorganen gefangen, vermehren sich und werden 1 1 Grundlagen des Immunsystems zu Effektorzellen. Die peripheren Lymphorgane sind nicht nur Ort der Immunreaktion, sie regulieren auch die Anzahl der Lymphozyten im Organismus. Naive B- und T-Zellen erhalten in diesen Organen Signale, die sie anregen, zu überleben und weiter zu zirkulieren. Die Struktur der peripheren Lymphorgane ist dynamisch, sie verändert sich in Abhängigkeit des Infektionsverlaufes. Die Lymphknoten sind strukturierte Gewebe an den Gefäßschnittstellen, die die Lymphe (gefiltertes Blut) in das Blut zurückführen. Afferente Lymphgefäße leiten Flüssigkeit aus dem Gewebe ab und tragen APC von den infizierten Körperregionen zu den Lymphknoten. Efferente Lymphgefäße transportieren aktivierte Lymphozyten zu den infizierten Stellen im Körper. Die Milz ist ein faustgroßes Organ hinter dem Magen, das Ag aufnimmt und alternde rote Blutzellen aus dem Blut beseitigt. Beim MALT (mucosaassoziiertes Gewebe) unterscheidet man die BALT (bronchienassoziiertes Gewebe) und die GALT (darmassoziiertes Gewebe), zu denen u. a. Rachenmandeln, Gaumenmandeln und Blinddarm gehören. Das MALT enthält die gleiche Menge an Lymphozyten wie der Rest des Immunsystems. Abbildung 1.1 gibt eine Übersicht über die Lymphorgane. Dabei liegt der Einteilung die Funktion der Lymphorgane zugrunde. environment (lymphoid organ) Ab − Ag reaction development of lymphocytes generation of lymphocytes Peyer’s patch bone marrow bone marrow lymph nodes thymus appendix spleen tonsils Abbildung 1.1: Einteilung der Lymphorgane nach ihrer Funktion 1.1.2 Antigenrezeptoren – Immunglobuline, B-Zell- und T-Zell-Rezeptoren Es gibt drei Arten von Ag-Rezeptoren: Ig (Immunglobulin), BCR (B-Zell-Rezeptor) und TCR (TZell-Rezeptor). Ig sind die sezernierte Form des BCR, strukturell nahezu identisch mit diesem, bis auf einen kleinen Teil in der konstanten Region. Der TCR der T-Zellen unterscheidet sich von beiden sowohl strukturell als auch funktionell. Immunglobuline und B-Zell-Rezeptoren Der Aufbau von Ig und BCR ist im Wesentlichen identisch. In diesem Abschnitt werden deshalb die Begriffe Ig, BCR und Ab (Antikörper) synonym verwendet. Ein Ig besitzt eine bewegliche Y-ähnliche Struktur. Es besteht aus einer V-Region (variable Region), dem Teil, der für die spezifische Bindung verantwortlich ist und einer C-Region (konstante Region), dem für die Effektorfunktion (siehe Abschnitt 2) verantwortlichen Teil. Die V-Region unterscheidet sich von Ig zu Ig, wogegen es bei der C-Region nur fünf verschiedene Ausprägungen gibt. Der membrangebundene BCR verfügt nicht über die Effektorfunktionen, da dessen C-Region in der Zellmembran verankert ist. Strukturell setzt sich ein 2 1.1 Bestandteile des Immunsystems Ig aus vier Aminosäure-Ketten zusammen. Jeweils zwei davon sind identisch. Nach ihrem Molekülgewicht werden sie als leichte und schwere Ketten bezeichnet. Wie in Abbildung 1.2 zu sehen ist, bilden jeweils eine schwere und eine leichte Kette zusammen einen Arm des Y. Am Ende des Armes (im Bild oben) befinden sich die zwei identischen Ag-Erkennungsstellen. Jede Kette besteht wiederum aus einer C-Domäne (konstante Domäne) ( und ) und einer V-Domäne (variable Domäne) ( und ). Ig können mit Hilfe von Enzymen gespalten werden, sodass sich feststellen lässt, welcher Teil des Ig welche Funktion erfüllt. Die beiden so gefundenen, funktionellen Teile Fab (antigenbindender Teil) und Fc (kristallisierbarer Teil) eines Ig sind in Abbildung 1.3 zu sehen. VL VH VH VL CL CL CH CH Abbildung 1.2: Struktur eines Immunglobulins Fab Fab Fc Abbildung 1.3: Funktionelle Regionen eines Immunglobulins Spaltung mit Hilfe von Proteasen Es gibt eine immense Vielfalt von Ig. Der Mensch besitzt zu jedem Zeitpunkt mindestens Lymphozyten unterschiedlicher Spezifität [JTWS01]. Die Information zur Herstellung von Proteinen liegt in der DNA (Desoxyribonukleinsäure). Mit Hilfe der RNA (Ribonukleinsäure) als Übersetzer erfolgt die Übertragung der Information auf die Proteine. Normalerweise wird die DNA-Sequenz bijektiv auf eine RNA-Sequenz abgebildet und von dieser erfolgt wiederum eine injektive Abbildung auf die Aminosäuresequenz der Proteine. Wenn man annimmt, dass dies für die Bildung der Ig ebenso der Fall ist, wären für die Kodierung aller Rezeptorvarianten mehr Gene nötig als im Genom vorhanden sind. Hier muss es also einen anderen Mechanismus geben: Der Rezeptor ist auf der DNA nicht als zusammenhängender Teilstrang, sondern in Stücken kodiert. Diese werden dann durch Genumlagerungen während der Reifung der Zelle zu einem Ganzen zusammengebaut; und zwar werden die beteiligten Gensegmente zufällig ausgewählt. So ergibt sich das riesige Ig-Repertoire, das beim Menschen verschiedene Ig umfasst. Es gibt vier Gensegmente, in denen die Information zur Synthese der Rezeptoren kodiert ist: 3 1 Grundlagen des Immunsystems V-Gensegmente (engl. variable) D-Gensegmente (engl. diversity) J-Gensegmente (engl. joining) C-Gensegmente (engl. constant) Das C-Gensegment spielt keine Rolle bei der Kodierung des Ag-bindenden Teiles des Rezeptors, es kodiert die Effektorfunktion des Ig. In Tabelle 1.1 (nach [JTWS01]) ist angegeben, wie viele Gensegmente es von jedem Typ für die verschiedenen Ketten gibt. Typ V D J leichte Kette 70 0 9 schwere Kette 65 27 6 Tabelle 1.1: Anzahl Gensegmente zur Bildung eines Ig Während der Entwicklung der Ab-produzierenden Zelle bildet sich ein V-D-J-C Gen, das die schwere Kette eines speziellen Ig kodiert (siehe Abbildung 1.4). Für die schwere Kette gibt es somit verschiedene Kombinationen. Zur Bildung der leichten Kette wird ein V-J-C Gen benötigt, für das es etwa verschiedene Möglichkeiten gibt 1 . Dies ist in Abbildung 1.5 veranschaulicht. V Segment 65 gene segments 2 1 heavy chain (polypeptide) 95 amino acids 3 3 J Segment 2 D Segment 1 segment r transcription 6 27 3 V Segment D Segment J Segment segment t transcription 2 1 segment s transcription 10−15 amino acids 5 amino acids Abbildung 1.4: Entstehung der Vielfalt der schweren Ig-Kette Enzyme können die Vielfalt zusätzlich erhöhen, indem sie während des Prozesses der Genumlagerung Basenpaare in die Verbindungsstellen zwischen den Gensegmenten einfügen oder dort auch löschen. Zusammenfassend gibt es vier Mechanismen zur Erzeugung der Ig-Vielfalt: 1. kombinatorische Diversität : Gensegmente werden zufällig zu einem Gen zusammengesetzt. 2. junktionale Vielfalt : Während der Genumlagerung können Enzyme an den Verknüpfungsstellen der Gensegmente Basenpaare hinzufügen oder entfernen. 3. Kombination von schweren und leichten Ketten erhöht die Vielfalt. 4. somatische Hypermutation in reifen B-Zellen: siehe Abschnitt 1.1.3. 1 4 Bei der Berechnung muss man beachten, dass es bei der leichten Kette , , und Gensegmente gibt und nur die Gensegmente mit dem gleichen Index zu einem Gen zusammengelagert werden können. 1.1 Bestandteile des Immunsystems V Segment 70 gene segments J Segment 9 3 V Segment 2 1 3 J Segment segment k transcription light chain (polypeptide) 2 1 segment l transcription 13 amino acids 95−101 amino acids Abbildung 1.5: Entstehung der Vielfalt der leichten Ig-Kette Unter Vernachlässigung eine Zahl von der Effekte der somatischen Hypermutation, ergibt sich bereits möglichen Ig-Spezifitäten. Dabei ist der Wert für die junktionale Vielfalt ein geschätzter Wert aus [JTWS01]. T-Zell-Rezeptor Die Ag-erkennenden Moleküle auf den T-Zellen (TCR) existieren nur membrangebunden. Der TCR erkennt ein Ag nicht direkt. Er kann nur an MHC (Haupthistokompatibilitätskomplex)-Moleküle gebundene, kurze Peptidfragmente von Ag erkennen. Strukturell ähnelt der TCR einem membrangebundenen Fab (siehe Abschnitt 1.1.2). Der Aufbau ist in Abbildung 1.6 zu sehen. Der TCR besteht aus einer - und einer -Kette,2 die sich wiederum jeweils aus einer konstanten und einer variablen Region ( und bzw. und ) zusammensetzen. Im Gegensatz zum BCR besitzt der TCR nur eine Ag-Bindungsstelle. α− chain β− chain Vα Vβ Cα Cβ T cell membrane Abbildung 1.6: Struktur eines TCR Typ V D J Kette 70 0 61 Kette 52 2 13 Tabelle 1.2: Anzahl Gensegmente zur Bildung eines TCR Die Vielfalt des TCR entsteht im Wesentlichen durch die gleichen Mechanismen, die beim BCR beschrieben worden sind. In Abbildung 1.7 ist zu sehen, dass die variable Region der -Kette durch 2 Es gibt auch TCR, die aus einer - und einer -Kette bestehen, allerdings ist deren Funktion weitgehend ungeklärt. 5 1 Grundlagen des Immunsystems V und J Gensegmente kodiert wird. Die -Kette entsteht aus einem V-D-J Gen (siehe Abbildung 1.8). Es existieren nur ein Gen und zwei homologe Gene für die jeweiligen konstanten Regionen, damit unterscheiden sich TCR also nicht in ihrer Effektorfunktion. Tabelle 1.2 liefert eine Übersicht über die Anzahl der Gensegmente, die den variablen Teil des TCR kodieren. V Segment J Segment 70 gene segments 3 V Segment J Segment 2 1 segment k 61 3 2 1 segment l transcription transcription alpha chain (polypeptide) Abbildung 1.7: Entstehung der Vielfalt der -TCR-Kette V Segment J Segment 52 13 gene segments 3 3 D Segment 2 1 J Segment V Segment 2 2 1 1 segment r transcription segment s transcription segment t transcription beta chain (polypeptide) Abbildung 1.8: Entstehung der Vielfalt der -TCR-Kette Für die kombinatorische Vielfalt der -Kette ergibt sich ein Wert von , für die der -Kette ein Wert von . Mit einer angenommenen junktionalen Vielfalt von [JTWS01] ergeben sich ca. verschiedene TCR-Spezifitäten. Immunglobulinklassen In Abschnitt 1.1.2 auf Seite 2 wurde der Mechanismus der Genumlagerung von V, D und J Gensegmenten besprochen, die die Spezifität des Ig (konkrete Realisierung der V-Domäne) bestimmen. Des Weiteren gibt es fünf verschiedene C Gensegmente, über die die Effektorfunktion des Ig festgelegt wird. Somit existieren fünf Ig-Isotypen: IgM, IgD, IgG, IgE und IgA, von denen es teilweise Unterarten gibt 3 . Strukturell unterscheiden sich diese Isotypen in der C-Region, z. B. besitzen IgE und IgM keine Gelenkregion, dafür aber eine zusätzliche Domäne der schweren Kette. Es gibt weiterhin Unterschiede in Anzahl und Anordnung von Disulfidbrücken und in der Verteilung von KohlenhydratSeitenketten. Im Wesentlichen werden drei verschiedene Effektorfunktionen unterschieden: 3 6 Dies sind IgG mit IgG1 bis IgG4 sowie IgA mit IgA1 und IgA2. 1.1 Bestandteile des Immunsystems Fc-Bereiche werden von speziellen Rezeptoren auf Immuneffektorzellen erkannt. ne Ag werden z.B. in die Zelle aufgenommen. Gebunde- Fc-Bereiche können an Komplementproteine binden und eine Komplementkaskade auslösen. Fc-Anteil kann Ab in Bereiche befördern, zu denen sie nur mit aktivem Transportmechanismus gelangen können (Tränen, Milch, fetaler Blutkreislauf). Dies geschieht, indem der Fc-Anteil einen Rezeptor aktiviert, der den Transport steuert. Jede der fünf Ig-Klassen besitzt alle drei Effektorfunktionen in unterschiedlichem Maße. Ag-Ab-Bindung Ab erkennen nicht das gesamte Ag sondern nur kleine Regionen auf deren Oberfläche, die so genannten Antigendeterminanten oder Epitope. Dies können Polypeptidketten oder Polysaccharide sein. Dabei können die Aminosäuren, die das Ag erkennt, in der Primärstruktur des Ag-Proteins nebeneinander liegen (kontinuierliche Epitope). Diskontinuierliche Epitope sind durch bindende Aminosäuren gekennzeichnet, die sich in der dreidimensionalen (Tertiär-)Struktur der Proteine nebeneinander befinden, in der Primärstruktur (der Aminosäuresequenz) jedoch entfernt voneinander liegen. Die AgAb-Bindung ist die Summe von folgenden chemischen Wechselwirkungen: elektrostatische Kräfte: Dipol-Dipol-Wechselwirkung Wasserstoffbrückenbindungen zwischen elektronegativen Elementen van-der-Waals-Wechselwirkungen hydrophobe (wasserabweisende) Gruppen ziehen sich zusammen Die aufgezählten Wechselwirkungen sind keine chemischen Bindungen im eigentlichen Sinne (keine kovalenten Bindungen), sie sind reversibel und besitzen in der Einzelwirkung keine starken Anziehungskräfte. Die Stärke der Ag-Ab-Bindung lässt sich nicht eindeutig berechnen und beruht neben den Einzelbindungen noch auf anderen äußeren Faktoren, wie z. B. dem pH-Wert. 1.1.3 Zellen des Immunsystems Abbildung 1.9 gibt eine Übersicht über die Blutzellen. Die roten Blutzellen (Erythrozyten) sind für den Sauerstofftransport im Blut verantwortlich. Die Blutplättchen spielen eine wichtige Rolle bei der Blutgerinnung, z.B. an verletzten Hautstellen. Im Weiteren interessant sind vor allem die weißen Blutzellen (Leukozyten), die ein wesentlicher Bestandteil des Immunsystems sind. B-Zellen Die B-Zellen 4 , eine Unterart der Lymphozyten, sind für die humorale Immunantwort verantwortlich. Ihr Aufbau ist schematisch in Abbildung 1.10 zu sehen. Der BCR wurde in Abschnitt 1.1.2 näher beschrieben. Da es sich bei B-Zellen um APC handelt, ist auf der Oberfläche das MHC-Molekül 4 Die hier als B-Zellen bezeichneten Zellen sind genau genommen eine Unterart der B-Zellen, nämlich B-2-Zellen [JTWS01]. 7 1 Grundlagen des Immunsystems solid blood phase erythrocyte leukocyte platelet granulocyte eosinophile basophile agranulocyte B cell B plasma NK cell B memory naive B monocyte lymphocyte neutrophile T killer T cell T supressor T memory T helper Abbildung 1.9: Zellen des Blutes ausgeprägt. Der CD40-Rezeptor kann costimulierende Signale von T-Helferzellen erkennen, die die B-Zelle zur Reifung anregen. BCR CD40 MHC II B Abbildung 1.10: Aufbau einer B-Zelle Die Entwicklung der B-Zellen findet im Knochenmark statt. Über viele Zwischenstadien entwickelt sich aus einer Stammzelle eine unreife B-Zelle, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die Genumlagerungen für die Rezeptorgene abgeschlossen sind und bereits ein spezifischer BCR auf der Oberfläche vorhanden ist. Durch den Prozess der negativen Selektion werden unreife B-Zellen, die an Selbst-Ag binden – so genannte autoreaktive Zellen – für den Organismus unschädlich gemacht. Dies geschieht durch einen der folgenden vier Mechanismen: klonale Deletion : Apoptose der autoreaktiven Zelle. Rezeptor-Editing : Die autoreaktive Zelle bildet durch Umlagerung der Rezeptorgene einen neuen (nicht-autoreaktiven) Rezeptor. Anergie : Deaktivierung der autoreaktiven Zelle, d.h. sie kann lange Zeit nicht auf Ag reagieren. 8 1.1 Bestandteile des Immunsystems immunologische Ignoranz : Das Ag wird lebenslänglich ignoriert. Dies tritt ein, falls das SelbstAg nur schwach bindet; die Zelle reift trotz leichter Autoreaktivität heran. Es wird angenommen, dass es sich bei diesem Vorgang um einen Balanceakt des Immunsystems handelt, das gezwungen ist, eine Vielzahl von Pathogenen zu erkennen (Rezeptorvielfalt erhalten) und Autoreaktivität verhindern muss, um den Organismus zu schützen. Diese so gereiften Zellen werden im naiven Stadium durch andere Mechanismen in Schach gehalten, z.B. durch ausbleibende costimulierende Signale. Die wesentlichste Funktion der B-Zellen ist die Sekretion von Ab derselben Spezifität wie der BCR. Sie sind damit für die humorale Immunantwort verantwortlich. Eine reife B-Zelle patrouilliert durch die peripheren Lymphorgane und wird naive B-Zelle genannt, bis sie ihr spezifisches Ag gebunden hat. Hat ein Rezeptor sein spezifisches Ag erkannt, nimmt die B-Zelle das gebundene Ag auf und präsentiert es an ihrer Oberfläche mit Hilfe von MHC. Nach Aktivierung der B-Zelle, d.h. nach Erhalt des costimulierenden Signals von T-Helferzellen am CD40-Rezeptor, vervielfältigt sich die Zelle und reift zu B-Lymphoblasten (auch Plasmazellen genannt) heran, die in großen Mengen Ig ausschütten. Diesen Vorgang der Auswahl und Reifung bezeichnet man als klonale Expansion, da eine spezifische B-Zelle durch das Ag ausgewählt und vervielfältigt wird. Der Begriff der klonalen Expansion gehört zur Theorie der klonalen Selektion von Frank Macfarlane B URNET, der folgende vier Grundforderungen postulierte: 1. Jeder Lymphozyt besitzt einen einzigartigen Rezeptortyp. 2. Eine Bindung zwischen Rezeptor und entsprechendem Molekül mit hoher Affinität aktiviert den Lymphozyten. 3. Von aktivierten Lymphozyten abstammende Effektorzellen besitzen die gleiche Spezifität. 4. Autoreaktive Lymphozyten werden bereits während der Entwicklung beseitigt. Eine Spezialität der B-Zellen ist die so genannte somatische Hypermutation, die während des Prozesses der klonalen Selektion abläuft und zu einer Affinitätsreifung führt: Die Gene für die V-Region des Rezeptors mutieren in den Klonen überdurchschnittlich oft (Punkt-Mutationen). Einige dieser mutierten BCR binden besser an das auslösende Ag, diese Klone werden selektiert und reifen heran. Diese Selektion wird durch T-Zellen gesteuert. Niedrigaffine BCR sind nicht in der Lage, sich querzuvernetzen, können somit den CD40-Rezeptor nicht ausprägen und erhalten kein costimulierendes Signal. Sie sterben durch Apoptose. Die somatische Hypermutaion ist in Abbildung 1.11 dargestellt. Durch diesen Prozess werden Ig ausgeschüttet, die das Ag besser erkennen können und die Immunreaktion beschleunigen. Einige dieser Zellen werden zu langlebigen Gedächtniszellen, die den Organismus gegen diesen Erreger immunisieren. Abbildung 1.12 stellt eine Zusammenfassung über die Entwicklung und Funktion der B-Zellen dar. Ein Problem besteht darin, dass einige autoreaktive Zellen zur Reife gelangen. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn das Selbst-Ag im Knochenmark nicht vorkommt oder – wie oben beschrieben – wenn nur eine schwache Bindung zwischen Selbst-Ag und BCR während der Entwicklung ausgeprägt wurde. Eine Möglichkeit, die Immunreaktion zu unterbinden, ist das Unterbleiben costimulierender Signale von den T-Helferzellen. Des Weiteren hat man beobachtet, dass B-Zellen anerg werden, wenn sie chronisch einem löslichen Ag ausgesetzt werden. Die Mechanismen dafür sind noch nicht geklärt, allerdings wird dieses Verhalten u. a. bereits bei der so genannten Hypersensibilisierung von Heuschnupfenpatienten benutzt. 9 Clone 1 B B Clone 2 ... CD40L B CD40 T B7 active B cell CD28 CD40 B CD40L T B7 CD28 1 Grundlagen des Immunsystems Clone n Abbildung 1.11: somatische Hypermutation randomly created immature negative selection during maturation is autoimmune? yes no naive yes is lifetime expired? no no has detected Ag? yes presenting Ag−MHC is costimulated? no yes somatic hypermutation active prob memory death Abbildung 1.12: Übersicht über den Lebenszyklus einer B-Zelle 10 1.1 Bestandteile des Immunsystems T-Zellen Bedingt durch den Aufbau ihrer Rezeptoren sind T-Zellen lediglich in der Lage, Peptid:MHC Komplexe zu erkennen. Es gibt zwei Arten des MHC-Moleküls, die auf unterschiedlichen Zelltypen ausgeprägt werden: MHC-I : Moleküle der Klasse I präsentieren virale Polypeptide. MHC-I findet man auf kernhaltigen Zellen, da diese bevorzugt von Viren befallen werden (sie benötigen die Organellen für ihre Fortpflanzung). MHC-I befördert virale Polypeptide aus dem Zytoplasma an die Oberfläche und präsentiert sie dort zytotoxischen Zellen. MHC-II : Diese Moleküle dienen zur Aktivierung anderer Effektorzellen. Man findet sie deshalb auf B-Zellen, Makrophagen und dendritischen Zellen. MHC-II ist in der Lage, Peptidketten aus den Lysosomen (verdaute Bakterienproteine) aufzunehmen und auf der Oberfläche zu präsentieren. Dadurch werden einige T-Zellen veranlasst, die APC zur Abwehr der Erreger zu stimulieren. In Abbildung 1.13 erkennt man den TCR und einen Corezeptor (hier CD4). Die CD4-T-Zellen (auch T4-Zellen) sind in der Lage, MHC-II:Peptid Komplexe zu erkennen. Die Effektorfunktion dieser Zellen besteht in der Aktivierung der Abwehrfunktion anderer Zellen, deshalb werden sie auch THelferzellen genannt. Ist auf der Zelloberfläche statt des CD4-Rezeptors CD8 ausgeprägt, handelt es sich um eine MHC-I erkennende CD8-T-Zelle (auch T8-Zelle). CD8-T-Zellen sind so genannte zytotoxische oder T-Killerzellen, die bei Aktivierung die befallenen Zellen zur Selbstzerstörung anregen. Die Aktivierung geschieht bei B-Zellen über den CD40L (CD40-Ligand) der T-Zellen, der in der Lage ist, an den CD40-Rezeptor der B-Zellen zu binden. Des Weiteren gibt es T-Supressorzellen. Da diese Zellen noch nicht weiter erforscht sind, soll hier nicht darauf eingegangen werden. Tabelle 1.3 gibt eine Übersicht über den Zusammenhang Corezeptor, MHC-Klasse und Name der Zellunterart. CD4 TCR CD40L T Abbildung 1.13: Aufbau einer T-Zelle T-Zellen entstehen wie die B-Zellen im Knochenmark, wandern aber im unreifen Stadium in den Thymus, wo ihre Entwicklung stattfindet. Auch die T-Zellen unterliegen wie die B-Zellen Selektionsmechanismen. Autoreaktive T-Zellen müssen aussortiert werden, ebenso wie T-Zellen, die nicht in der Lage sind, MHC zu binden. Die Epithelzellen des Thymus besitzen auf ihrer Oberfläche MHCMoleküle beider Klassen. Die positive Selektion lässt diejenigen Zellen überleben, die diese Moleküle erkennen und gleichzeitig wird der Phänotyp der Zelle (Ausprägung des Oberflächenproteins CD4 11 1 Grundlagen des Immunsystems Rezeptorprotein MHC-Klasse Art der Polypeptide Herkunft der Polypeptide Bezeichnung CD4 CD8 MHC-II viral Zytoplasma T-Helferzelle CD4-T-Zelle T4-Zelle MHC-I bakteriell Lysosome T-Killerzelle CD8-T-Zelle T8-Zelle Tabelle 1.3: Übersicht über T-Zell-Rezeptoren oder CD8) festgelegt. Durch dendritische Zellen und Makrophagen werden Selbst-Peptid:Selbst-MHC Komplexe präsentiert und autoreaktive, unreife Zellen sterben (negative Selektion ). Die Aufgabe der T-Zellen besteht in der Regulierung der zellulären Immunantwort. Dies geschieht durch die unterschiedlichen Reaktionen der T-Zell-Unterarten auf APC: Wenn T-Zellen auf B-Zellen MHC-II:Ag Komplexe erkennen, regen sie diese zur Ig-Produktion an. T-Zellen, die MHC-II:Ag Komplexe auf Makrophagen binden können, regen diese zur Verdauung der Krankheitserreger in den Vesikeln an. Dies geschieht allerdings nur, falls die befallene Makrophage das Oberflächenmolekül B7 ausbildet, das sich an den CD28-Rezeptor der T-Zelle binden kann (costimulierendes Signal). CD8Zellen führen bei Aktivierung zur Zerstörung der befallenen Zelle. Auch hier findet der Prozess der klonalen Selektion statt. Einige der aktivierten T-Zellen differenzieren zu Gedächtniszellen, sodass die Reaktion auf eine zweite Infektion mit demselben Erreger schneller und für den Menschen meistens unbemerkt verläuft. In Abbildung 1.14 ist eine Übersicht über den Lebenszyklus einer T-Zelle zu sehen. randomly created immature positive and negative selection during maturation is autoimmune? yes no is able to bind MHC? no yes naive is lifetime expired? yes no no has detected Ag−MHC complex? yes is costimulated? no yes active prob memory death Abbildung 1.14: Übersicht über den Lebenszyklus einer T-Zelle 12 1.1 Bestandteile des Immunsystems Makrophagen Makrophagen sind große, einkernige, phagozytierende Zellen, die aus Monozyten entstehen, wenn diese aus dem Blut ins Gewebe wandern. Sie sind in der Lage, unspezifisch Pathogene zu erkennen und zu vernichten, indem sie diese phagozytieren. Die Phagozytose verläuft in vier Schritten, die in Abbildung 1.15 dargestellt sind: (a) Das Pathogen wird durch die Membran der phagozytierende Zelle umflossen. (b) Es wird ein als Phagosom bezeichnetes Vesikel gebildet, in dem das Pathogen eingeschlossen ist. (c) In der Zelle fusioniert das Phagosom mit einem oder mehreren Lysosomen, die Enzyme enthalten. (d) In diesem so genannten Phagolysosom wird der Krankheitserreger enzymatisch gespalten. Nucleus Phagolysosom Ag M M Lysosom (a) Makrophage umfließt Ag Phagolysosom Phagosom M M (c) Verschmelzen von Phagosom und Lysosom (d) Ag-Partikel in Lysosom Lysosom (b) Aufnahme Ag Abbildung 1.15: Ablauf der Phagozytose Eine weitere Aufgabe der Makrophagen ist das Auslösen der adaptiven Immunantwort. Dies geschieht einerseits durch die Präsentation von MHC:Peptid Komplexen und andererseits durch die Ausschüttung von Botenstoffen, so genannten Lymphokinen. Granulozyten Wie in Abbildung 1.9 zu sehen ist, handelt es sich bei den Granulozyten ebenfalls um Leukozyten. Ihren Namen haben sie von dem im Zytoplasma vorhandenen Granula. Granulozyten sind relativ kurzlebig, bei einer Infektion verlassen sie das Blut und wandern zu den Infektionsherden. Dort wirken sie unter anderem bei der Phagozytose von Bakterien und bei der Vernichtung von Parasiten mit. Man unterscheidet drei Arten dieser Zellen, die nach ihrer Färbbarkeit benannt sind: eosinophile Granulozyten: mit Eosin (rot) färbbar. neutrophile Granulozyten: mit neutralen (pH-Wert ) Farbstoffen färbbar. basophile Granulozyten: färbbar mit basischen (pH-Wert ) Farbstoffen. 13 1 Grundlagen des Immunsystems Natürliche Killerzellen NK-Zellen (natürliche Killerzellen) bilden zusammen mit den B- und T-Zellen die Lymphozyten. Sie sind in der Lage, infizierte Zellen und Tumorzellen zu erkennen und zu vernichten. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der so genannten ADCC (antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität), der Vernichtung von Zellen, die mit Ab markiert sind. Sie besitzen Rezeptoren, die an den Fac-Bereich der Ig binden können. Dendritische Zellen Dendritische Zellen sind langlebige APC, die sich im naiven Zustand im peripheren Gewebe aufhalten. Sie sind zum einen in der Lage, Bakterien anhand typischer Oberflächenmerkmale zu erkennen und zu phagozytieren. Zum anderen nehmen sie ständig mit einem rezeptorunabhängigen Mechanismus, der Makropinozytose, extrazelluläres Material auf. Werden sie durch die Aufnahme von Ag aktiviert, wandern sie zu den peripheren Lymphorganen und lösen dort die adaptive Immunreaktion aus, indem sie T-Zellen aktivieren. Ihren Namen erhielten sie durch ihr Aussehen, da ihre langen Fortsätze an die Dendriten von Neuronen erinnern. 1.1.4 Das Komplementsystem Unter dem Komplementsystem versteht man eine Sammlung von Plasmaproteinen, die unter gegenseitiger Wechselwirkung unspezifisch extrazelluläre Pathogene angreifen. Es gibt drei Möglichkeiten, das Komplementsystem zu aktivieren: spontan (direkte Bindung an Pathogen) durch Ag:Ab Komplex über an die Bakterienoberfläche gebundenes Lektin Da die Komplementreaktion in vielen aufeinander aufbauenden Teilreaktionen verläuft, spricht man von Komplementkaskaden. In der Kaskade sind mehrere Kontrollmechanismen vorhanden (bedingte Aktivierungen), sodass ein Angriff auf körpereigene Stoffe verhindert wird. Eine Aktivierung des Komplements kann drei verschiedene Folgen haben: Opsonierung von Krankheitserregern: Anlagern von Plasmabestandteilen an das Pathogen, um dessen Phagozytose zu vereinfachen. Chemoattraktion : Es werden weitere Phagozyten zum Infektionsherd gelockt. Das Pathogen wird zerstört, indem Poren in der Zellwand erzeugt werden. 1.1.5 Zytokine Zytokine sind Proteine, die von Zellen aufgrund einer Aktivierung gebildet werden. Sie beeinflussen das Verhalten anderer Zellen mit entsprechenden Rezeptoren. Dabei kann sich ihre Wirkung unterschiedlich weit erstrecken: autokrine Wirkung: Die ausschüttende Zelle beeinflusst nur sich selbst. 14 1.2 Immunreaktion parakrine Wirkung: Benachbarte Zellen werden im Verhalten beeinflusst. endokrine Wirkung: Das Verhalten entfernt liegender Zellen wird beeinflusst. Man unterscheidet mehrere Unterarten der Zytokine. Von Lymphozyten ausgeschüttete Zytokine werden Lymphokine oder Interleukine genannt. Zytotoxische Zellen bilden Zytotoxine, die zur Vernichtung der Zielzelle führen. Chemokine sind Zytokine mit Chemoattraktor-Wirkung; sie steuern die Wanderung von Immunzellen zum Entzündungsherd. Diese Botenstoffe können aktivierende, aber auch hemmende Wirkung haben. Zur Zeit sind mehrere Tausend dieser Proteine bekannt [Ibe03]. Einige Beispiele sind nachfolgend aufgeführt: Co-Stimulierung von T-Zellen B7.1 Aktivierung von B-Zellen, Induzierung des Ig-Klassenwechsels Apoptose der Zielzelle CD40L FasL (Fas-Ligand) Chemoattraktion von CD4-T-Zellen, Monozyten, eosinophilen Zellen Inhibitor von Makrophagenfunktionen 1.2 IL-16 IL-10 Immunreaktion Im Weiteren soll die Bedeutung der im Abschnitt 1.1 erläuterten Bestandteile des Immunsystems im Gesamtprozess der Immunreaktion beschrieben werden. 1.2.1 Einteilung der Immunreaktion Man unterscheidet zwischen angeborenem und adaptivem Immunsystem; es handelt sich hierbei jedoch nicht um zwei vollständig getrennte Systeme. Vielmehr gibt es eine Reihe von Wechselwirkungen, die in Abbildung 1.16 verdeutlicht sind. Des Weiteren unterscheidet man zwischen spezifischen und unspezifischen Erkennungsprozessen sowie humoraler und zellulärer Immunantwort. Unspezifische Erkennungsprozesse findet man im angeborenen Immunsystem z. B. bei den Makrophagen und den Komplementproteinen. Ihre keimbahnkodierten Rezeptoren sind in der Lage, allgemeine Merkmale von Pathogenen zu erkennen. Auf den Zellen des adaptiven Immunsystems findet man spezifische Rezeptoren, die nicht direkt im Genom kodiert sind. Die B-Zellen steuern die humorale Immunantwort, indem sie Ig sezernieren, die sich frei in Blut und Lymphe bewegen können (humor lat. flüssig). Die zelluläre Immunität wird durch die T-Zellen vermittelt, die in der Lage sind, infizierte Zellen zu erkennen und zu vernichten. Eine Übersicht über die Einteilung und die beteiligten Zellarten gibt Tabelle 1.4. spezifisch unspezifisch zellulär T-Zellen Makrophagen, NK-Zellen, neutrophile Zellen humoral von B-Zellen produzierte Ab Komplement Tabelle 1.4: Einteilung der Immunantwort 15 1 Grundlagen des Immunsystems elimination innate immunity information adaptive immunity elimination (a) Angeborenes Immunsystem erkennt Erreger, kann sie aber nicht allein beseitigen. no detection innate immunity detection adaptive immunity marking elemination (b) Erreger sind für angeborenes Immunsystem nicht erkennbar. Abbildung 1.16: Beziehung zwischen angeborenem und adaptivem Immunsystem 16 1.2 Immunreaktion 1.2.2 Ablauf der angeborenen Immunreaktion Nur selten führen Mikroorganismen, denen der Mensch ständig ausgesetzt ist, zu erkennbaren Krankheiten. In den meisten Fällen kann das angeborene Immunsystem die Erreger vernichten, bevor sie sich im Körper ausbreiten und vermehren können. Die adaptive Immunreaktion kommt dann in Gang, wenn die angeborenen Mechanismen nicht in der Lage sind, die Erreger zu erkennen oder diese zu zahlreich sind. Das angeborene Immunsystem kann die Erreger bis zu 96 Stunden in Schach halten, also die Zeit überbrücken, die für das Auslösen der adaptiven Immunantwort benötigt wird. Die Rezeptoren der angeborenen Immunität sind keimbahnkodiert und deswegen nicht in der Vielfalt vorhanden wie die der adaptiven Immunität. Allerdings können sie allgemeine Merkmale, wie z. B. oft vorkommende Hüllproteine von Bakterien erkennen. Die ersten Zellen, die eingedrungene Pathogene angreifen, sind die großen Fresszellen – die Makrophagen. Diese halten sich kontinuierlich im Gewebe auf und sind deshalb immer als erste am Ort einer Infektion. Sie sind in der Lage, Bakterien an allgemeinen Merkmalen zu erkennen und zu phagozytieren. Dabei setzen sie Zytokine und Chemokine frei (siehe Abbildung 1.17). B M M B M B Cytokines Chemokines Bacterium (a) Erkennung von Pathogenen (b) Verdauung im Phagolysosom (c) Präsentation von Peptiden und Ausschüttung von Botenstoffen Abbildung 1.17: Makrophagen erkennen und vernichten Pathogene und präsentieren Peptide Auch die Komplementproteine können Pathogene erkennen, an ihre Oberfläche binden und die Komplementkaskade auslösen. Dies kann erstens zur Verstärkung der Phagozytose durch Opsonierung führen, zweitens können weitere Phagozyten angelockt werden und drittens können einige Bakterien direkt durch das Komplement zerstört werden. Entweder durch das aktivierte Komplement oder durch die Botenstoffe der Makrophagen wird eine Entzündung ausgelöst. Dies äußert sich durch Wärme, Schmerz, Rötung und Schwellung – Symptome, die allesamt auf die Wirkung der Zytokine auf die Blutgefäße zurückgeführt werden können: Erweiterung der Blutgefäße führt zu erhöhter Durchlässigkeit. Die Fließgeschwindigkeit des Blutes wird verringert; Lymphozyten haben mehr Zeit, sich ans Endothel zu heften. Die Adhäsionskraft des Gefäßwandendothels wird erhöht, indem Moleküle gebildet werden, die Leukozyten binden können. Dadurch können sich patrouillierende Leukozyten an das Endothel heften und in das infizierte Gewebe 17 1 Grundlagen des Immunsystems einwandern. Die ersten so angelockten weißen Blutzellen sind die neutrophilen Granulozyten, die im Blut aber nicht in gesundem Gewebe vorkommen. Neutrophile Zellen gehören ebenfalls zu den Phagozyten und können Pathogene zum einen direkt und zum anderen über das Komplement erkennen (siehe Abbildung 1.18). N N Bacterium (a) direkt complement protein Bacterium (b) über Komplement Abbildung 1.18: Neutrophile Zellen erkennen und vernichten Pathogene Auf dieselbe Art und Weise werden Monozyten aus dem Blut angelockt, die bei Eintritt in das Gewebe zu Makrophagen differenzieren. Die auch als Entzündungszellen bezeichneten Makrophagen und neutrophilen Zellen setzen außerdem weitere, für Mikroorganismen toxische Stoffe frei (u. a. Wasser stoffperoxid , Stickstoffoxid ). 1.2.3 Ablauf der adaptiven Immunreaktion In manchen Fällen gelingt es Pathogenen, das angeborene Immunsystem zu überwinden: Viren besitzen keine unveränderlichen Moleküle, die über unspezifische Rezeptoren erkannt werden können. Bakterien und Viren können Kapseln bilden und sind so für das angeborene Immunsystem nicht erkennbar. Einige Pathogene sind in der Lage, innerhalb der Phagosome in Makrophagen zu wachsen. Um diese Pathogene dennoch unschädlich machen zu können, werden aufgenommene Ag durch APC an der Oberfläche präsentiert. Durch Entzündungsvorgänge wird die Fließgeschwindigkeit der Lymphe erhöht und Ag sowie APC schnell zu den lymphatischen Geweben transportiert, wo sie die B- und T-Zellen aktivieren und somit die adaptive Immunantwort auslösen können. Die zelluläre Immunreaktion Dendritische Zellen nehmen im infizierten Gewebe durch Makropinozytose oder Phagozytose Pathogene auf und wandern aktiviert zum nächsten Lymphknoten. Zur Aktivierung von T-Zellen sind zwei Signale nötig, zum einen die Bindung an einen MHC:Peptid Komplex und zum anderen die Bindung 18 1.2 Immunreaktion von B7 an den CD28-Rezeptor als costimulierendes Signal. Die Möglichkeiten zur Aktivierung der T-Zellen sind in Abbildung 1.19 veranschaulicht. B M D B7 CD28 CD28 T (a) durch B-Zellen B7 B7 CD28 T (b) durch dendritische Zellen T (c) durch Makrophagen Abbildung 1.19: T-Zellen können durch unterschiedliche APC aktiviert werden Aktivierte CD4-T-Zellen (Killerzellen) exprimieren FasL, der an den Fas-Rezeptor (virus-)infizierter Zellen binden kann und deren Apoptose auslöst. Weiterhin werden Zytokine freigesetzt, die Löcher in die Zielzelle bohren können. Eine aktivierte CD4-T-Zelle führt somit immer zum Tod der Zielzelle. CD8-T-Zellen dagegen aktivieren über CD40L B-Zellen und Makrophagen. B-Zellen werden zur Ig-Produktion angeregt und Makrophagen dazu veranlasst, aufgenommene Bakterien zu zerstören. Einmal aktivierte T-Zellen benötigen kein costimulierendes Signal für ihre Effektorfunktion mehr, somit können sie jede beliebige infizierte Zelle aktivieren oder zerstören. Die humorale Immunreaktion Die Aktivierung von B-Zellen erfolgt durch Ag meist in den peripheren Lymphorganen. Costimulierende Signale erhalten sie entweder vom Ag selbst oder von aktivierten CD8-T-Zellen (siehe Abbildung 1.20). Aktivierte B-Zellen werden geklont, dabei finden im BCR Mutationen statt (somatische Hypermutation). Die Klone mit hochaffinen BCR entwickeln sich zu Plasmazellen oder BGedächtniszellen. Die Plasmazellen sezernieren Ab, die über efferente Lymphgefäße zum Infektionsherd gelangen und dort ihre spezifischen Ag binden. So werden sie für Phagozyten und Komplementsystem erkennbar gemacht. Das immunologische Gedächtnis Das immunologische Gedächtnis ist die wichtigste Folge der adaptiven Immunantwort. Es verhindert zum einen den Krankheitsausbruch bei erneuter Infektion mit demselben Erreger, zum anderen ermöglicht es langfristige Immunität als Folge von Impfungen. Nach Verschwinden des Ag am Ende einer Infektion wird in den meisten Ag-spezifischen Zellen die Apoptose ausgelöst. Einige Zellen überleben jedoch und es bildet sich eine Population von langlebigen 19 1 Grundlagen des Immunsystems T CD40 CD40L Co−Signal B B (a) durch aktivierte T-Zellen (b) durch Ag Abbildung 1.20: B-Zellen können unterschiedlich aktiviert werden Gedächtniszelle n. Diese existieren unabhängig von der Präsenz ihres spezifischen Ags, ihre Anzahl wird wahrscheinlich durch Zytokine konstant gehalten. Beim erneuten Kontakt mit dem Erreger wird die Immunreaktion nur von Gedächtniszellen hervorgerufen, nicht von naiven Lymphozyten. Beim Vergleich der Reaktion nach primärer und sekundärer Immunisierung findet man sowohl quantitative als auch qualitative Unterschiede. Abbildung 1.21, adaptiert aus [JTWS01], verdeutlicht die quantitativen Unterschiede. So erreicht die sekundäre Immunantwort nach kürzerer Verzögerungszeit ein höheres Niveau und es werden außerdem Ab mit höherer Affinität gebildet. Diese Affinitätsreifung über Immunisierungsprozesse hinweg resultiert aus der wiederholten Selektion und somatischen Hypermutation der B-Zellen. Ähnliche Beobachtungen sind für die T-Zell-vermittelte Immunität gemacht worden, allerdings liegen diesen andere, noch nicht vollständig geklärte Mechanismen zugrunde. Antibody −1 µg ml serum primary response secondary response 10000 1000 100 10 1 0.1 0.01 0.001 ... 4 8 12 first antigene contact 16 20 24 60 64 68 72 days second antigene contact Abbildung 1.21: Immunologisches Gedächtnis Quantitative Unterschiede zwischen primärer und sekundärer Immunantwort 20 2 Modellierung und Implementierung Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Implementierung des Immunsystem-Simulators (Abkürzung für Another IMmune System Simulator). Es wird erläutert, wie die in Kapitel 1 beschriebenen Immunkomponenten und Prozesse abstrahiert werden. Konkrete Details der Implementierung werden nur insofern angesprochen, als dass sie für das Verständnis des Modells notwendig sind. Seit den 60er Jahren ist bekannt, dass sich objektorientierte Sprachen für die Implementierung von Simulatoren besonders eignen [DN66]. ist in der objektorientierten Sprache C++ geschrieben. C++ st eine weit verbreitete Sprache, sodass Compiler dafür auf vielen Systemen vorhanden sind. Des Weiteren ist C++-Bytecode im Allgemeinen performanter als Java-Bytecode, der auf einer virtuellen Maschine ausgeführt wird. Der Simulator enthält Klassen, die Immunorgane und Immunkomponenten modellieren, sowie Hilfsklassen für Verwaltungs- und Statistikzwecke. Die Struktur des Kapitels lehnt sich an die Klassenhierarchie an. Nach der Simulatorklasse in Abschnitt 2.1 werden in Abschnitt 2.2 die einzelnen Umgebungen beschrieben. In Abschnitt 2.3 wird die Modellierung der Rezeptoren wie z. B TCR und BCR erläutert. Abschnitt 2.4 enthält die Beschreibung der Objekte in den Umgebungen. Am Ende wird noch kurz auf Hilfsklassen und einstellbare globale Parameter eingegangen (Abschnitte 2.5 und 2.6). Es werden nur die jeweils wichtigsten Attribute und Methoden der Klassen beschrieben. Die API Dokumentation von enthält detaillierte Informationen zu den Klassen, ihren Attributen und Methoden. Diese ausführliche Beschreibung der Schnittstelle ermöglicht das Einbinden der Klassen in eigene Programme sowie eine effiziente Weiterentwicklung des Simulators. Die API-Dokumentation ist unter http://archiv.tu-chemnitz.de/pub/2004/0012 und auf der beiliegenden CD zu finden. Tabelle 2.1 enthält eine Übersicht über die nicht-abstrakten Klassen des Simulators, ihre primären Aufgabe und welchen Realweltausschnitt sie abstrahieren. 2.1 Simulator-Klasse Die Simulator-Klasse AIMS2 enthält als Membervariablen je ein Objekt der vier Klassen CCreateEnv, CDevEnv, CTissue, CReactEnv, die die Umgebungen der Immunreaktion modellieren. Weiterhin enthält sie je ein Objekt der Klasse CObjectCreator und CStatistics. Das Collaboration Diagramm in Abbildung 2.1 zeigt die entsprechenden Membervariablen. In der main() -Funktion des Programms (siehe Listing 2.1), die beim Starten als erstes gerufen wird, wird eine Instanz der Klasse AIMS2 erzeugt, initialisiert und die Simulation gestartet. Dabei werden in der Methode initSelf() alle „körpereigenen“ Selbst-Sequenzen (für die Selbst-Ag) erzeugt. D. h. der Simulator besitzt über die gesamte Simulationszeit das Wissen, was für ihn „körpereigen“ bedeutet. 21 2 Modellierung und Implementierung Klassenname AIMS2 CCreateEnv CDevEnv CTissue CReactEnv CPeptide CAbObject CAgObject CAPC CBCell CTCell CPosition CObjectCreator CStatistics Aufgabe Simulatorklasse, Hauptschleife Modell der Immunorgane Entwicklung B-Zellen Entwicklung T-Zellen Initiierung der Immunreaktion Aktivierung der Immunabwehr Modell der Immunkomponenten Bereitstellung der Rezeptoren humorale Immunantwort Infektion oder Teil des Organismus (Selbst-Ag) Aktivierung T-Zellen humorale Immunantwort zelluläre Immunantwort Hilfsklassen Modellierung der 3D-Position Generierung von Objekten Statistische Auswertungen Modell von Organismus Knochenmark Thymus Körpergewebe periphere Lymphorgane Protein Ab Ag APC B-Zelle T-Zelle Tabelle 2.1: Übersicht über nicht-abstrakte Simulatorklassen m_objectCreator m_objectCreator CObjectCreator m_objectCreator m_tissue m_objectCreator CTissue m_tissue CCreateEnv m_createEnv m_createEnv m_tissue m_stats m_reactEnv CStatistics m_reactEnv CReactEnv m_reactEnv CDevEnv m_devEnv m_devEnv m_reactEnv Abbildung 2.1: Collaboration Diagramm für die Klasse AIMS2 22 AIMS2 2.2 Umgebungen Die Anzahl der Selbst-Sequenzen wird in der Datei globals.h festgelegt, die Bitfolgen sind zufällig. Außerdem werden in der Methode initSelf() die MHC-Moleküle zufällig erzeugt. i n t main ( i n t a r g c , char a r g v [ ] ) { AIMS2 s i m u l a t o r ; simulator . initSe lf ( ) ; simulator . runSimulation ( ) ; r e t u r n EXIT_SUCCESS; } Listing 2.1: main()-Methode Die eigentliche Simulation (Methode runSimulation() ) läuft in einer Schleife eine vordefinierte Anzahl von Schritten (siehe Abschnitt 2.6). In jedem Simulationsschritt werden die run() -Methoden aller vier Umgebungen gerufen. Danach werden durch die Statistikklasse die für die Auswertung relevanten Daten gesammelt. Den Ablauf der Simulation zeigt Abbildung 2.2. NUM_SIM_CYCLES runSimulation() m_createEnv−>run() m_devEnv−>run() m_reactEnv−>run() m_tissue−>run() m_stats−>run() m_stats−>printToDatFiles() Abbildung 2.2: Ablauf der Simulation 2.2 Umgebungen Die Klasse CDiscrete3DSpace stellt die im Simulator verwendeten diskreten 3D-Umgebungen zur (Z – Menge der Verfügung. Ein Objekt E der Klasse ist mathematisch gesehen eine Teilmenge des ganzen Zahlen). !#"%$&'(! !(#"%$)*+#,! +-"$/. (2.1) kann sich ein Objekt der Klasse CLivingObject (und somit Objekte der Auf jeder Position 021 Unterklassen CBCell, CAgObject etc.) befinden. Die Objekte sind in der Membervariablen m_objects gespeichert. m_objects ist eine STL-Map [Hew94] und verwaltet Abbildungen zwischen Positionen im 3D-Raum und Zeigern auf 3D-Objekte. Eine STL-Map ist als binärer Suchbaum implementiert, was schnellen Zugriff auf die Objekte über deren Position erlaubt. Die Objekte selbst haben kein Wissen über ihre Position und sie wissen auch nicht, in welcher Umgebung sie sich befinden. Zwei Objekte können miteinander interagieren, wenn sie sich in einer Umgebung nebeneinander befinden, d. h. Ob kann mit Objekt auf Position 0 3 41 1 jekt auf Position 0 3 interagieren, wenn Folgendes gilt: 5 5 5 5 5 5 6 7 8 7 6 (2.2) 5 5 5 95 1 ist5 somit wie folgt definiert: Der Interaktionsradius eines Objektes auf5 Position + :<; = >1 8 7 8 7 6 ?. (2.3) 23 2 Modellierung und Implementierung Gleichung 2.3 bedeutet auch, dass ein Objekt nicht mit sich selbst in Interaktion treten kann. Abbildung 2.3 zeigt eine B- und eine T-Zelle, die miteinander interagieren können. zmax B T ymax zmin xmin ymin xmax Abbildung 2.3: Interaktion in einer 3D-Umgebung Die Klasse CDiscrete3DSpace stellt Methoden zur Verwaltung von Objekten zur Verfügung. Das sind z. B. Methoden für das Hinzufügen und Entfernen von Ojekten in die bzw. aus der Umgebung. In der abstrakten Methode createCells() werden in jedem Simulationsschritt die Datenstrukturen zur Verwaltung der einzelnen Zellarten für den schnelleren Zugriff aufgebaut. Außerdem werden die Zellen für Statistikzwecke gezählt. Weiterhin können Objekte durch die Umgebung zufällig bewegt werden. Die Objekte bewegen sich nicht selbst, da sie kein Wissen über ihre Position haben. Die Methode doLifeCycle() ist ebenfalls abstrakt und für die Alterung der Zellen zuständig. Sie erniedrigt den Zähler für die restliche Lebenszeit von Objekten und erhöht den Zähler für den Reifegrad unreifer Immunzellen. Abbildung 2.4 zeigt das UML-Klassendiagramm [Obj03] von CDiscrete3DSpace. CDiscrete3DSpace # xMin, yMin, zMin: int # xMax, yMax, zMax: int # freePlaces: int # m_objects: map<CPosition, CLivingObject*> # createCells() :void # doLifeCycle(): void # doMovements(): void # getRandomPosition(): CPosition # initAttributes(): void + CDiscrete3DSpace() + ~CDiscrete3DSpace() + addObjectAtPosition(object: CLivingObject*, pos: CPosition): void + deleteObject(object: CLivingObject*): void + deleteObjectAtPosition(pos: CPosition): void + getNumFreePlaces(): int + getObjectAtPosition(pos: const CPosition): CLivingObject* + getRandomFreePosition(): CPosition + isPositionFree(pos: CPosition): bool + printObjects(): void + removeObjectAtPosition(pos: CPosition): void + run(): void Abbildung 2.4: Klassendiagramm CDiscrete3DSpace 24 2.2 Umgebungen Im Simulator gibt es vier Umgebungen, die alle von CDiscrete3DSpace abgeleitet sind: 1. CCreateEnv – Modell des Knochenmarks 2. CDevEnv – Modell des Thymus 3. CTissue – Modell des Körpergewebes 4. CReactEnv – Modell der peripheren Lymphorgane Im Vererbungsdiagramm in Abbildung 2.5 ist zu sehen, dass CCreateEnv und CDevEnv sowie CTissue und CReactEnv jeweils von der gleichen (abstrakten) Oberklasse (CCreateNDevEnv bzw. CCreateEnvNTissue ) abgeleitet sind. Warum dies sinnvoll ist, wird in den Abschnitten 2.2.1 und 2.2.2 näher beschrieben. CDiscrete3DSpace CCreateNDevEnv CCreateEnv CDevEnv CReactEnvNTissue CReactEnv CTissue Abbildung 2.5: Vererbungsdiagramm CDiscrete3DSpace 2.2.1 Umgebungen für die Bildung und Entwicklung der Immunzellen Die zentralen Lymphorgane sind für die Bildung und Reifung der B- und T-Zellen verantwortlich. Die abstrakte Klasse CCreateNDevEnv enthält gemeinsame Attribute und Methoden der Klassen CCreateEnv (modelliert Knochenmark) und CDevEnv (modelliert Thymus): m_matureCells doLifeCycle() moveMatureCellsToEnv() Die Membervariable m_matureCells enthält alle Zellen, deren Reifung beendet wurde. Die Funktion doLifeCycle() lässt die Zellen altern und reifen. Die reifen Zellen werden dann innerhalb der abstrakten Methode moveMatureCellsToEnv() in eine andere Umgebung bewegt. Die Methode ist deshalb abstrakt, weil erst in der Unterklasse spezifiziert wird, in welche Umgebung die reifen Immunzellen bewegt werden. Modell des Knochenmarks Die Klasse CCreateEnv modelliert das Knochenmark. Die Umgebung enthält die für den Prozess der negativen Selektion (Abschnitt 1.1.3, Seite 7) benötigten Selbst-Ag und B-Zellen in der STL-Map m_objects. In der Hauptschleife der Simulatorklasse AIMS2 wird lediglich die run() -Methode der Klasse CCreateEnv gerufen. Den Ablauf dieser Methode veranschaulicht Abbildung 2.6. Innerhalb von run() werden zunächst durch createCells() an zufälligen freien Plätzen der Umgebung Selbst-Ag und B-Zellen erzeugt. Deren Anzahl kann in der Konfigurationsdatei globals.h (siehe Abschnitt 2.6) festgelegt werden. Als nächstes wird die Funktion für die negative Selektion von B-Zellen 25 2 Modellierung und Implementierung run() createCells() negSelectionOfBCells() doLifeCycle() moveMatureCellsToEnv() doMovements() Abbildung 2.6: Sequenzdiagramm für die Klasse CCreateEnv gerufen. Dabei wird für alle B-Zellen festgestellt, ob sich ein Ag in der Nähe befindet (d. h. ob Gleichung 2.2 erfüllt ist). Falls dies der Fall ist, wird die Affinität zwischen BCR und Ag berechnet. Ist diese höher als ein einstellbarer Schwellwert (Parameter AFFINITY_REACTION_THRESHOLD in der Datei globals.h), wird die B-Zelle vernichtet und gezählt. Danach durchlaufen alle Objekte in der Umgebung einen Alterungs- und Reifeschritt (Methode doLifeCycle() ). Reife B-Zellen werden anschließend ins Körpergewebe, also in ein Objekt der Klasse CTissue, bewegt. Am Schluss der run() Methode wandern alle Zellen auf einen zufälligen Nachbarplatz (falls dieser frei ist). Abbildung 2.7 veranschaulicht die Abläufe im Modell des Knochenmarkes. In der Abbildung sind neben dem Klassennamen rechts oben jeweils alle in der Umgebung verfügbaren Zellarten abgebildet. CCreateEnv B createCells( ) isSelfAg selection mechanisms B B B B state == IMMATURE B B B CTissue B state == NAIVE Abbildung 2.7: Objekte in CCreateEnv Modell des Thymus Bei der Modellierung des Simulators wird ignoriert, dass T-Zellen eigentlich im Knochenmark gebildet werden und lediglich ihre Entwicklung im Thymus stattfindet. T-Zellen werden durch die Methode createCells() der Klasse CDevEnv erzeugt. Im Attribut m_objects werden neben T-Zellen SelbstAPC verwaltet. Die run()-Methode (Abbildung 2.8) läuft ähnlich ab wie in der Klasse CCreateEnv. Sie unterscheidet sich nur in der Art des Selektionsmechanismus: B-Zellen durchlaufen die negative Selektion (Methode negSelectionOfBCells() ), T-Zellen die positive und negative Selektion (Methode posAndNegSelectionOfTCells() ). Zuerst werden in der Methode createCells() T-Zellen und APC erzeugt. Während der positiven Selektion (Methode posAndNegSelectionOfTCells() ) werden die T-Zellen markiert, die das MHC-Molekül einer benachbarten APC binden können. T-Zellen, die mit dem präsentierten Peptid benachbarter 26 2.2 Umgebungen run() createCells() posAndNegSelectionOfTCells() doLifeCycle() moveMatureCellsToEnv() doMovements() Abbildung 2.8: Sequenzdiagramm für die Klasse CDevEnv Selbst-APC eine Bindung eingehen, werden vernichtet. Reife Zellen werden nach CReactEnv bewegt, wenn sie die Markierung besitzen, also in der Lage sind, MHC zu binden. Andernfalls werden sie vernichtet. Abbildung 2.9 veranschaulicht die Abläufe in CDevEnv. CDevEnv createCells( ) APC APC T APC APC isPresentingPeptide selection mechanisms T T T T state == IMMATURE T T T T CReactEnv state == NAIVE Abbildung 2.9: Objekte in CDevEnv 2.2.2 Umgebungen der Immunreaktion Die Klasse CReactEnvNTissue fasst als Oberklasse von CReactEnv und CTissue Gemeinsamkeiten in der Implementierung von Körpergewebe und peripheren Lymphorganen zusammen. Kernstück dieser Klasse ist die Methode checkInteraction(), in der Interaktionsmöglichkeiten zwischen den Objekten der Umgebung geprüft werden. Die Tabelle 2.2 fasst alle möglichen Reaktionen zwischen den Objekten (Zellen, Ag und Ab) zusammen. Ein in einer Spalte bedeutet, dass das Aufeinandertreffen der entsprechenden beiden Objekte keinen Einfluss auf das Objekt in der entsprechenden Zeile hat. Die verwendeten Abkürzungen haben folgende Bedeutungen: RAD react and die – es findet eine Reaktion statt, die zum Tod des Objektes in der Zeile führt, wenn die Affinität hoch genug ist. So stirbt z. B. eine APC, wenn sie auf eine aktivierte T-Zelle trifft, die ihr gebundenes Ag erkennt. C1S cell gets signal – das Objekt in der entsprechenden Zeile erhält das erste stimulierende Signal, wenn die Affinität hoch genug ist. Eine B-Zelle erhält ihr erstes Signal beim Zusammentreffen mit dem entsprechenden Ag. C2S cell gets signal – das Objekt in der entsprechenden Zeile erhält das costimulierende Signal, 27 2 Modellierung und Implementierung wenn die Affinität hoch genug ist. Eine T-Zelle erhält sowohl das erste als auch das costimulierende Signal beim Zusammentreffen mit einer entsprechenden APC. EAP eat and present – die APC nimmt das Ag unspezifisch auf und präsentiert das Polypeptid auf der Zelloberfläche. Ag Ag Ab B-Zelle T-Zelle APC Ab RAD B-Zelle RAD C1S T-Zelle C2S C1S, C2S EAP APC C1S, C2S RAD Tabelle 2.2: Reaktionen der Objekte in Gewebe und peripheren Lymphorganen Aus der Tabelle ist ersichtlich, dass es für die Implementierung ausreicht, alle T-Zellen und alle Ag zu durchlaufen und auf Interaktionsmöglichkeiten mit Nachbarzellen zu überprüfen. Erste Tests haben gezeigt, dass speziell für die Aktivierung der B-Zellen der Interaktionsradius wie in Gleichung 2.2 definiert, nicht ausreicht. Die B-Zellen erhielten nie das zweite (costimulierende) Signal von den TZellen, weil es zu unwahrscheinlich war, dass sich eine bereits aktivierte T-Zelle der gleichen Spezifität wie die B-Zelle in deren Nachbarschaft befindet. Deswegen ist für die Umgebung CReactEnvNTissue gemäß (und ihre Unterklassen) der Interaktionsradius eines Objektes auf Position 1 Gleichung 2.4 definiert. 5 5 5 5 5 5 8 7 8 7 +:<; = < 1 . (2.4) Abbildung 2.10 zeigt die Methode checkInteraction() in Pseudonotation. Die verwendeten Methoden doTCell[Bcell|APC]Reaction() und doAg[Ab|BCell|APC]Reaction() implementieren die in Tabelle 2.2 veranschaulichten Prozesse. Die Methode doTCellAPCReaction() zum Beispiel berechnet die Affinität des durch die APC präsentierten Peptides zum TCR und die des MHC-Moleküls zum CD8-Rezeptor der T-Zelle. Wenn beide jeweils über einer gewissen, vom Anwender zu definierenden Schranke liegen (siehe Abschnitt 2.6), wird die T-Zelle aktiviert. Je höher diese Schranken sind, desto unwahrscheinlicher ist eine Bindung und damit eine Aktivierung. Eine T-Zelle wird aktiviert, indem ihr Attribut state auf ACTIVE gesetzt wird. Die weiteren in der run() Methode der Klasse CReactEnvNTissue gerufenen Methoden (siehe Abbildung 2.11) sind analog zu denen in CCreateEnv und CDevEnv (siehe Seiten 25 und 26). Die Methode moveCellsToEnv() ist abstrakt und besitzt für beide Unterklassen eine andere Implementierung, die in den nächsten beiden Unterabschnitten näher beschrieben wird. Modell des Körpergewebes Im Modell des Körpergewebes – der Klasse CTissue – werden T-Zellen, B-Zellen, APC, Ag und Ab verwaltet. Abbildung 2.12 veranschaulicht die Abläufe in CTissue. B-Zellen werden nach ihrer Reifung als naive B-Zellen aus dem Knochenmark (CCreateEnv ) in das Körpergewebe (CTissue ) transferiert. Falls sie innerhalb der Methode checkInteraction() ihr spezifisches Ag erkennen, wird ihr Status auf AG_DETECTED gesetzt, d. h. die B-Zelle hat ihr erstes Signal erhalten. Die Methode checkInteraction() ist detaillierter im Abschnitt 2.2.2 beschrieben, da sie von 28 2.2 Umgebungen foreach T-Zelle t do 0 = Position von t; foreach 0 1 do Obj = Objekt an Position 0 ; if Obj ist eine B-Zelle then doTCellBCellReaction(t, Obj); end if Obj ist eine APC then doTCellAPCReaction(t, Obj); end end end foreach Antigen a do 0 = Position von a; foreach 0 1 do Obj = Objekt an Position 0 ; if Obj ist ein Antikörper then doAgAbReaction(a, Obj); end if Obj ist eine B-Zelle then doAgBCellReaction(t, Obj); end if Obj ist eine APC then doAgAPCReaction(t, Obj); end end end Abbildung 2.10: Ablauf der Suche nach Interaktionsmöglichkeiten zwischen Objekten in CReactEnvNTissue run() createCells() checkInteraction() doLifeCycle() moveCellsToEnv() doMovements() Abbildung 2.11: Sequenzdiagramm für die Klassen CReactEnv und CTissue 29 2 Modellierung und Implementierung CTissue T APC B createCells( ) APC APC APC APC APC APC B B B B B B B state == NAIVE state == AG_DETECTED T CReactEnv CCreateEnv isPresentingPeptide B B T state == ACTIVE T T state == ACTIVE T produced by active b cells Abbildung 2.12: Objekte in CTissue der Oberklasse CReactEnvNTissue geerbt wird. B-Zellen, die ihr erstes Signal erhalten haben, werden innerhalb der Methode moveCellsToEnv() in die peripheren Lymphorgane (CReactEnv ) bewegt, wo sie ihr zweites Signal von aktivierten T-Zellen erhalten. Die Methode createCells() erzeugt neben zufälligen Ag auch APC. Außerdem implementiert sie die klonale Expansion von T-Zellen. Auch alle vorhandenen Ag werden am Anfang jedes Simulationsschrittes geklont. Dies modelliert die Vermehrung von Pathogenen im Wirtskörper (Bakterien, Viren). Trifft ein APC auf ein beliebiges Ag, erhält sie den Status presentsPeptide =TRUE und wird ebenfalls nach CReactEnv bewegt. Aktive B- und TZellen kommen aus den peripheren Lymphorganen (CReactEnv ) ins Körpergewebe (CTissue ). Solche T-Zellen vermehren sich hier durch Teilung und können infizierte APC abtöten. B-Zellen produzieren Ab, die ihr spezifisches Ag vernichten können. Modell der peripheren Lymphorgane Wie in Abbildung 2.13 zu sehen, sind im Modell der peripheren Lymphorgane – der Klasse CReactEnv – APC, B-Zellen und T-Zellen enthalten. Naive T-Zellen kommen aus CDevEnv (Thymus), aktive APC und B-Zellen, die ihr erstes Signal erhalten haben, kommen aus CTissue (Körpergewebe). Naive T-Zellen werden beim Zusammentreffen mit einer entsprechenden APC bzw. B-Zelle aktiviert. BZellen können von aktivierten T-Zellen ihr zweites, das costimulierende Signal erhalten. Solche BZellen durchlaufen den Prozess der klonale Expansion mit somatischer Hypermutation. Sie teilen sich, wobei der BCR mutiert wird. Jede B-Zelle speichert im Attribut remainingSomHypSteps die Anzahl verbleibender Schritte für die somatische Hypermutation. Die Mutation des BCR erfolgt in Abhängigkeit dieses Wertes: Je größer der Wert, desto mehr Mutationen. Der folgende vereinfachte 30 2.2 Umgebungen Auszug aus dem Quelltext (Listing 2.2) veranschaulicht die Implementierung. Die dabei verwendete Methode mutateBCR() wird im Abschnitt 2.4 über B-Zellen näher erläutert. Durch Klonierung neu entstandene B-Zellen und B-Zellen, die soeben aktiviert wurden, bekommen ihre Lebenszeit erhöht. Dies modelliert den lebensverlängernden Einfluss von Chemokinen und Zytokinen auf solche Zellen aus dem biologischen Vorbild. Aktivierte B- und T-Zellen werden nach CTissue bewegt, um dort die körperfremden Ag bzw. infizierte APC zu vernichten. i f ( b c e l l > g e t S t a t e ( ) = = SOM_HYP ) { i f ( b c e l l >getRemainin g SomHy p Ste p s ( ) < = 0 ) { b c e l l > s e t S t a t e ( ACTIVE ) ; b c e l l > s e t L i f e t i m e ( INITIAL_CELL_LIFETIME ) ; } else { / c l o n e b c e l l i f enough s p a c e / i f ( ( ! ( r a n d ( ) % BCELL_CLONE_RATE_IN_CREACTENV) ) & & ( t h i s >g e t N u m F r e e P l a c e s ( ) > = 1 ) ) { CBCell c l o n e = new CBCell ( b c e l l ) ; C P o s i t i o n pos = t h i s >g e t R a n d o m F r e e P o s i t i o n ( ) ; c l o n e >mutateBCR ( ) ; c l o n e >decrRemainin g SomHy p Ste p s ( ) ; c l o n e > s e t L i f e t i m e ( INITIAL_CELL_LIFETIME ) ; t h i s > a d d O b j e c t A t P o s i t i o n ( c l o n e , pos ) ; } } Listing 2.2: Somatische Hypermutation CReactEnv B T T T T B B state == NAIVE APC CTissue APC B state == SOM_HYP APC B isPresentingPeptide B B state == ACTIVE B T CTissue CDevEnv APC B B state == AG_DETECTED T T T T state == ACTIVE Abbildung 2.13: Objekte in CReactEnv 31 2 Modellierung und Implementierung 2.3 Rezeptoren Wie in Abschnitt 1.1.2 beschrieben, resultiert die Ag-Ab-Bindung aus einer Vielzahl von Wechselwirkungen. Dieser Sachverhalt kann am exaktesten unter Verwendung von Antikörperbibliotheken [AG00] modelliert werden. Eine solche Modellierung ist jedoch nicht Anliegen dieser Diplomarbeit. Die Grundbausteine von Ag und Ab sind Aminosäuren. Aus der Aminosäuresequenz (der Primärstruktur des Proteins) resultiert letztlich auch die dreidimensionale Tertiärstruktur, die die Bindungsmöglichkeiten bestimmt. Ein Protein hat endlich viele Aminosäuren, die Anzahl anderer Einflüsse wie z. B. des pH-Wertes ist ebenfalls endlich. Daher ist es zumindest in erster Näherung plausibel, Rezeptoren über eine endliche Anzahl kontinuierlicher Merkmale zu beschreiben. In [dCT02] werden mehrere Formenräume vorgeschlagen, die bei der Implementierung künstlicher Immunsysteme eingesetzt werden. Allgemein ist ein dimensionaler Formenraum gemäß Gleichung 2.5 definiert. (2.5) Ein , ist dann die Modellierung eines konkreten Merkmales, z. B. die erste Aminosäure im Protein oder der pH-Wert. Die verschiedenen Formenräume unterscheiden sich in den Mengen . Ein Ag ist somit ein ?" !1 . Es wird vernachlässigt, dass nicht das gesamte Ag bindet. Die Bindungsstärke zwischen 1 ergibt sich über ein geeignetes Abstandsmaß . Die Affinität zwischen und ist dann entweder komplementär zum Abstand (je größer , desto kleiner ) oder nicht komplementär. Im Simulator wird aus Effizienzgründen ein binärer Hamming-Formenraum verwendet. Dabei ist Also = / ?. / ?. / ?. / ?. = / ?. Als Abstandsmaß wird der Hamming-Abstand verwendet. Für zwei Bitstrings ist dieser definiert als Die Affinität (2.7) ist als nicht-komplementär zu gemäß Gleichung 2.9 definiert. nach Gleichung 2.10. Dabei ist Berechnen lässt sich die Affinität mit Komplexität Funktion Exklusives Oder. Daraus folgt, dass Gleichung 2.10 mit 32 (2.6) und (2.8) (2.9) die binäre (2.10) . Abbildung 2.14 zeigt ein Beispiel zur Berechnung der Affinität nach . 2.4 Objekte in den Umgebungen XOR 1 0 0 1 1 1 0 0 1 1 0 0 0 1 0 1 1 0 1 0 1 1 0 1 0 1 1 0 1 1 1 1 0 1 1 1 1 0 0 1 1 l Affinity = 11/14 Abbildung 2.14: Beispiel Affinitätsberechnung Wie in Abschnitt 1.1.2 beschrieben, gibt es Ig-Spezifitäten. D. h. man benötigt Bits, um diese zu kodieren. Bits sind für die Kodierung der TCR-Spezifitäten notwendig. Es wird jedoch aus Effizienzgründen angenommen, dass Ag aus genau einem kontinuierlichen Epitop bestehen. APC präsentieren somit immer das gesamte Epitop auf ihrer Oberfläche. D. h., dass im Simulator die Länge des TCR gleich der Länge des BCR ist. Voreingestellt (siehe Abschnitt 2.6) sind die Längen der Bitstrings, wie sie in Abbildung 2.15 zu sehen sind. Ag 0 45 Ig/BCR 0 45 MHC molecule 0 13 CD4/CD8 receptor 0 13 TCR 0 45 Ag:MHC complex Ag 0 MHC 45 63 Abbildung 2.15: Voreingestellte Längen der Bitstrings Die Bildung der Ag, Ab, TCR und BCR geschieht zufällig. Damit werden die im Grundlagenabschnitt beschriebenen Genumlagerungen modelliert. Für die positive Selektion der T-Zellen muss ein „körpereigenes“ MHC-Molekül definiert sein. Dieses wird beim Initialisieren des Simulators zufällig erzeugt. Ebenso wie die Selbst-Ag, die für die negative Selektion von B- und T-Zellen benötigt werden. 2.4 Objekte in den Umgebungen Die STL-Map m_objects verwaltet in allen Umgebungen Objekte der Klasse CLivingObject. Diese Klasse besitzt jedoch abstrakte Methoden (siehe Klassendiagramm 2.17), es können also gar keine Objekte dieser Klasse existieren. Hier wird das Prinzip des Polymorphismus verwendet. So ist es möglich, Objekte der Unterklassen CAPC, CBCell, CTCell, CAbObject und CAgObject einfach gemeinsam zu verwalten. Abbildung 2.16 zeigt das Vererbungsdiagramm. Allen Unterklassen von CLivingObject gemeinsam ist das Attribut remainingLifeTime, die restliche Lebenszeit der Objekte, und entsprechende Methoden zum Verändern und Abfragen derselben. Alle verfügbaren Methoden sind im Klassendiagramm in Abbildung 2.17 zu sehen. Außerdem ist die abstrakte Methode print() definiert, die es allen Objekten erlaubt, ihren aktuellen Status auszugeben. Beispiele davon sind in den folgenden Unterkapiteln zu finden. 33 2 Modellierung und Implementierung CLivingObject CAbObject CAgObject CImmuneCell CAPC CBCell CTCell Abbildung 2.16: Vererbungsdiagramm CLivingObject CLivingObject # remainingLifeTime: int + CLivingObject() + ~CLivingObject() + decrRemainingLifeTime(): void + incRemainingLifeTime(): void + isLifeTimeExpired(): bool + print(): void + setLifeTime(lifetime: int): void Abbildung 2.17: Klassendiagramm CLivingObject Antigene Die Klasse CAgObject modelliert Pathogene im Allgemeinen. Im Attribut m_epitop wird das Epitop in Form eines Bitstrings verwaltet. Dessen Länge lengthEpitope wird am Anfang der Simulation global festgelegt (siehe Abschnitt 2.6). Die Boolsche Variable isSelfAg gibt an, ob es sich bei dem Ag um ein „körpereigenes“ Objekt handelt. D. h. ob das Epitop eine der im CObjectCreator verwalteten Selbst-Sequenzen ist. Abbildung 2.18 zeigt, welches Wissen ein Ag-Objekt im Simulator über sich selbst besitzt. Ein Ag weiß weder auf welcher Position noch in welcher Umgebung es sich befindet. Diese Information hat nur die entsprechende Umgebung selbst. CAgObject 0x8091eb8 remainingLifeTime: 7 Epitop: 1 0 0 0 0 0 0 1 [8] isSelfAg: 0 Abbildung 2.18: Ausgaben von ag->print() Antikörper Die von B-Zellen produzierten Ab sind für die humorale Immunantwort verantwortlich. Objekte der Klasse CAbObject werden von reifen B-Zellen erzeugt und in der Umgebung platziert. Trifft solch ein Ab auf ein Ag, wird die Affinität zwischen dem Epitop des Ag und der Sequenz m_paratop des Ab berechnet. Ist dieser Wert größer oder gleich dem globalen Parameter AFFINITY_REACTION_THRESHOLD (siehe Abschnitt 2.6), so wird das Ag vernichtet. Ebenso wie ein Ag hat ein Ab sehr wenig intrinsisches Wissen (Abbildung 2.19). 34 2.4 Objekte in den Umgebungen CAbObject 0x80b4c68 remainingLifeTime: 10 Paratop: 0 0 0 1 0 0 1 0 [8] Abbildung 2.19: Ausgaben von ab->print() B-Zellen Die B-Zell-Reifung in der Klasse CCreateEnv vernichtet diejenigen B-Zellen, deren BCR ein SelbstAg binden kann. Reife B-Zellen gelangen ins Körpergewebe (CTissue ). Treffen sie dort auf ihr spezifisches Ag, nehmen sie es auf (Methode eatAndPresent() ) und gelangen in den Zustand AG_DETECTED. Zellen in diesem Zustand werden in die perhiperen Lymphorgane (CReactEnv ) bewegt, können durch einen T-Zelle ihr costimulierendes Signal erhalten und in den Zustand SOM_HYP übergehen. Die folgende Liste gibt eine Übersicht über die möglichen Zustände einer B-Zelle. IMMATURE: Nach Erzeugung der Zelle befindet sich diese INITIAL_MATURITY_STEPS Simulationsschritte im unreifen Zustand. NAIVE: Dies ist der Grundzustand nach der Reifung. AG_DETECTED: Trifft eine B-Zelle auf ihr spezifisches Ag, so geht sie in diesen Zustand über. Die B-Zelle hat ihr erstes Signal erhalten. SOM_HYP: Der Zustand nach Erhalt des costimulierenden Signals durch eine T-Zelle hält SOMATIC_HYPERMUTATION_STEPS Simulationszyklen an. ACTIVE: Die somatische Hypermutation ist beendet und die Zelle schüttet Ab aus. Abbildung 2.20 zeigt die nötigen Schritte zur Aktivierung einer B-Zelle. Dabei findet Schritt 2.20(a) im Körpergewebe und Schritt 2.20(b) in den peripheren Lymphorganen statt. state == ACTIVE T Peptide TCR BCR Peptide MHC−Receptor MHC 2 1 setState(AG_DETECTED) state == AG_DETECTED setState(ACTIVE) B B (a) erstes Signal durch BCR (b) zweites Signal durch T-Zelle Abbildung 2.20: Aktivierung einer B-Zelle Bei der somatischen Hypermutation wird der BCR in einzelnen Bitstellen verändert. Das geschieht mit einer variablen Mutationsrate. Diese hängt von der Anzahl Simulationsschritte ab, die sich die Zelle schon im Zustand SOM_HYP befindet. Je länger das der Fall ist, desto weniger Mutationen finden statt. Listing 2.3 zeigt die Implementation der Methode mutateBCR(), die in Listing 2.3 gerufen wird. 35 2 Modellierung und Implementierung v o i d CBCell : : mutateBCR ( ) { v e c t o r < bool > s e q = t h i s >m_BCR . g e t S e q u e n c e ( ) ; i n t m u t a t i o n R a t e = t h i s >somHypStep ; for ( int i = 0 ; i < seq . s i z e ( ) ; i ++) { i f ( ! ( rand ( ) % mutationRate ) ) seq [ i ] = seq [ i ] ^ seq [ i ] ; } t h i s >m_BCR. s e t S e q u e n c e ( s e q ) ; } Listing 2.3: Mutation des BCR Eine B-Zelle, die ihr erstes Signal bereits erhalten hat und deren Lebenszeit noch zwölf weitere Simulationsschritte beträgt, ist in Abbildung 2.21 zu sehen. CBCell 0x808bb18 state: 2 maturityLevel: 0 remainingLifeTime: 12 BCR: 0 0 0 0 0 1 0 0 [8] MHC: 0 1 0 1 1 [5] presentedPeptide: 0 1 0 0 1 1 1 1 [8] Abbildung 2.21: Ausgabe von bcell->print() T-Zellen T-Zellen reifen im Thymus, der im Simulator durch die Klasse CDevEnv modelliert ist. Wird eine TZelle erzeugt, werden TCR und CD8-Rezeptor mit zufälligen Bitstrings initialisiert (Attribute m_TCR und m_CD8_Receptor ). Der Anfangswert der Boolschen Variable isAbleToBindMHC ist FALSE. TZellen durchlaufen die Prozesse negative und positive Selektion. Kann die T-Zelle bis zum Ende des Reifeprozesses (maturityLevel gleich Null) das MHC-Molekül einer APC binden und wurde sie nicht als autoreaktiv erkannt, gelangt sie in den Zustand NAIVE. Naive T-Zellen werden in die Umgebung CReactEnv bewegt. Die Aufgabe von T-Zellen ist die Vernichtung infizierter Körperzellen. Für ihre Aktivierung sind zwei Signale notwendig. Das erste erhält die T-Zelle, wenn die Affinität des TCR zum präsentierten Peptid einer Nachbarzelle größer gleich AFFINITY_REACTION_THRESHOLD ist. Dies wird in der Methode getAffinityTCRToPeptide() der Klasse CTCell verifiziert. Das costimulierende Signal erhält die T-Zelle, wenn die Methode getAffinityCD8ToPeptide() zwischen CD8-Rezeptor und MHC-Molekül der präsentierenden Zelle eine Affinität über dem Schwellwert AFFINITY_MHC_THRESHOLD berechnet. Die Aktivierung von T-Zellen kann entweder durch B-Zellen oder durch APC, wie in Abbildung 2.22 dargestellt, erfolgen. Abbildung 2.23 zeigt die Ausgabe einer unreifen T-Zelle, die in der Lage ist, MHC zu binden und nach zwei weiteren Simulationsschritten zur naiven T-Zelle wird, insofern sie nicht noch als autoreaktiv erkannt und vernichtet wird. 36 2.5 Hilfsklassen presentsPeptide == TRUE APC Peptide MHC TCR MHC−Receptor 2 1 setState(ACTIVE) T Abbildung 2.22: Aktivierung einer T-Zelle CTCell 0x808ea58 state: 0 isAbleToBindMHC: 1 maturityLevel: 2 remainingLifeTime: 14 TCR: 0 1 1 0 1 1 1 0 [8] CD8: 1 0 0 0 1 [5] Abbildung 2.23: Ausgaben von tcell->print() APC Die Hauptfunktion von APC ist die Aktivierung von T-Zellen. Ag werden unspezifisch aufgenommen und in einer für T-Zellen erkennbaren Form präsentiert. Das aufgenommene Ag wird im Attribut m_presentedPeptide verwaltet. Die Aufnahme benachbarter Ag ist in der Methode eatAndPresent() implementiert, die das Epitop des Ag in dem Attribut m_presentedPeptide speichert und die Boolsche Variable presentsPeptide auf TRUE setzt. Mit Hilfe des MHC-Moleküls m_MHCMolecule auf der APC kann eine benachbarte T-Zelle das präsentierte Peptid erkennen. Dies geschieht, indem die T-Zelle mit ihrem CD8-Rezeptor an das MHC-Molekül und mit ihrem TCR an das präsentierte Peptid bindet (siehe Abbildung 2.22). Abbildung 2.24 zeigt die Ausgabe einer APC, die noch 13 Simulationsschritte zu leben hat und sich im Zustand presentsPeptide befindet. CAPC 0x808cf00 remainingLifeTime: 13 MHC: 0 1 0 1 1 [5] presentedPeptide: 1 0 1 0 0 1 1 0 [8] Abbildung 2.24: Ausgaben von apc->print() 2.5 Hilfsklassen Die in diesem Kapitel beschriebenen Klassen bilden keine Immunkomponenten ab. CObjectCreator verwaltet zum einen das Wissen über das Selbst („körpereigene Eiweiße“) und zum anderen stellt er den Umgebungen alle in Kapitel 2.4 beschriebenen Objekte bereit. Die Klasse CStatistics dient der Datensammlung zu Auswertungszwecken. 37 2 Modellierung und Implementierung 2.5.1 CObjectCreator CObjectCreator verwaltet in den Membervariablen m_selfSequences und m_MHC das Wissen des Simulators über das Selbst. Das ist notwendig, weil sichergestellt werden muss, dass in die Umgebungen für die Entwicklung der Immunzellen (CCreateEnv und CDevEnv ) nur Selbst-Ag bzw. Selbst-APC gelangen. Auch das MHC-Molekül muss auf allen APC einheitlich ausgeprägt sein, damit die T-Zellen in ihrer Entwicklung lernen können, Zellen mit diesem Molekül auf der Oberfläche zu erkennen. Am Anfang der Simulation werden durch Aufruf der Methode initCreateSelfSequences() die SelbstSequenzen zufällig erzeugt. Deren Anzahl kann über den Parameter NUM_SELFSEQUENCES festgelegt werden (siehe Abschnitt 2.6). Analog erzeugt initCreateMHC() das MHC-Molekül. 1 Die Klasse stellt außerdem Methoden bereit, die beim Aufruf Objekte aller in Kapitel 2.4 beschriebenen nicht-abstrakten Klassen zurück liefern. Abbildung 2.25 zeigt das Klassendiagramm und alle verfügbaren get-Methoden. CObjectCreator # m_MHC: vector<CPeptide*> # m_SelfSequences: vector<CPeptide*> # getMHC(): CPeptide # getSelfSequence(): CPeptide # getSequence(): CPeptide + CObjectCreator() + ~CObjectCreator() + getAPCObject(): CAPC* + getAbObject(): CAbObject* + getAgObject(): CAgObject* + getBCellObject(): CBCell* + getSelfAPCObject(): CAPC* + getSelfAgObject(): CAgObject* + getTCellObject(): CTCell* + initCreateMHC(number: int, length: int): void + initCreateSelfSequences(number: int, length: int): void + printMHCMolecules(): void + printSelfSequences(): void Abbildung 2.25: Klassendiagramm CObjectCreator 2.5.2 Datensammlung und Statistik In jedem Simulationsschritt werden durch die Klasse CStatistics alle relevanten Daten aus den vier Umgebungen gesammelt und gespeichert. Da sehr viele private Attribute gelesen werden, wurde auf die Implementierung von get-Methoden für jedes Attribut verzichtet. Stattdessen ist die Klasse CStatistics als friend-Klasse für alle Umgebungen deklariert. Ein Objekt der Klasse kann also auf alle privaten Attribute der Umgebungen zugreifen, was dem Prinzip der Datenkapselung widerspricht, aber die Effizienz und die Übersichtlichkeit des Quellcodes fördert. Tabelle 2.3 enthält eine Übersicht über alle gesammelten Daten. In der letzten Spalte steht das Attribut, in welchem die jeweilige Datenreihe gespeichert wird. Der Dateiname für die Ausgabe wird durch Anhängen des Suffixes .log aus diesem generiert. In den Dateien steht in der i-ten Zeile die Anzahl der entsprechenden Zellen in der jeweiligen Umgebung im i-ten Simulationsschritt. Die Visualisierung kann dann z. B. mit dem Programm gnuplot [WK02] erfolgen. 1 Indem in der Datei globals.h der Parameter NUM_MHC_MOLECULES entsprechend gesetzt wird, können mehrere MHC-Moleküle erzeugt werden. Dies wird für die mögliche Erweiterung des Simulators zur Unterscheidung von CD4und CD8-T-Zellen benötigt. 38 2.6 Globale Parameter CCreateEnv B-Zellen Gesamtzahl Anzahl durch negative Selektion vernichteter Ag Gesamtzahl CDevEnv T-Zellen Gesamtzahl Anzahl durch negative Selektion vernichteter Anzahl durch positive Selektion vernichteter APC Gesamtzahl CTissue B-Zellen Gesamtzahl Anzahl mit Status AG_DETECTED Anzahl aktiver T-Zellen Gesamtzahl Anzahl aktiver APC Gesamtzahl Anzahl derer, die Peptid präsentieren Ag Gesamtzahl Anzahl Selbst-Ag Anzahl der bei Immunreaktion vernichteter Ab Gesamtzahl Anzahl der bei Immunreaktion vernichteter CReactEnv B-Zellen Gesamtzahl Anzahl mit Status AG_DETECTED Anzahl mit Status SOM_HYP Anzahl aktiver T-Zellen Gesamtzahl Anzahl aktiver APC Gesamtzahl Anzahl derer, die Peptid präsentieren ce_b ce_b_negSel ce_ag de_t de_t_posSel de_t_posSel de_apc ts_b ts_b_detected ts_b_active ts_t ts_t_active ts_apc ts_apc_presenting ts_ag ts_ag_self ts_ag_death ts_ab ts_ab_death re_b re_b_ag_detected re_b_somhyp re_b_active re_t re_t_active re_apc re_apc_presenting Tabelle 2.3: Übersicht über gesammelte Daten aus den Umgebungen 2.6 Globale Parameter In der Datei globals.h werden alle Parameter für die Simulation eingestellt. Dies geschieht in der aktuellen Version vor dem Kompilieren des Programms, die Datei wird in allen anderen Quelldateien als Headerdatei eingebunden. Über RECEPTOR_LENGTH wird die global im Simulator verwendete Länge der Rezeptoren eingestellt. TCR, BCR, Ag besitzen dieselbe Länge. MHC_LENGTH definiert die Länge der MHCMoleküle. Über NUM_SIM_CYCLES wird die Anzahl der Simulationsschritte festgelegt. Die Anzahl der Selbst-Sequenzen steht im Parameter NUM_SELFSEQUENCES. AFFINITY_REACTION_THRESHOLD und AFFINITY_MHC_THRESHOLD legen fest, ab welchem Affinitätswert davon ausgegangen wird, dass der Rezeptor sein Peptid erkannt hat. Für die Umgebungen kann die Ausdehnung eingestellt werden. SPACE_[X|Y|Z]MIN ist das Mini- 39 2 Modellierung und Implementierung mum in der jeweiligen Dimension, SPACE_[X|Y|Z]MAX sind die oberen Schranke (dieser Wert wird nicht angenommen). Eine Umgebung hat somit _ _ _ _ _ 8 _ 8 Plätze. Des Weiteren wird festgelegt, wie viele neue Objekte pro Simulationsschritt in den jeweiligen Umgebungen erzeugt werden sollen, sofern freie Plätze vorhanden sind. Die entsprechenden Parameter sind NUM_NEW_AG_PER_CYCLE_IN_CCREATEENV, NUM_NEW_BCELLS_PER_CYCLE_IN_CCREATEENV, NUM_NEW_APC_PER_CYCLE_IN_CDEVENV, NUM_NEW_TCELLS_PER_CYCLE_IN_CDEVENV, NUM_NEW_AG_PER_CYCLE_IN_CTISSUE und NUM_NEW_APC_PER_CYCLE_IN_CTISSUE. Die Objekte bekommen bei ihrer Generierung ihre Lebenszeit mit INITIAL_CELL_LIFETIME, INITIAL_AG_LIFETIME, INITIAL_SELFAG_LIFETIME bzw. INITIAL_AB_LIFETIME initialisiert. Immunzellen benötigen INITIAL_MATURITY_STEPS bis zur Zellreifung. Weitere einstellbare Werte sind: AG_CLONE_RATE_IN_CTISSUE Die Anzahl der Simulationsschritte modulo derer die Ag in CTissue geklont werden. BCELL_CLONE_RATE_IN_CREACTENV Die Anzahl der Simulationsschritte modulo derer die B-Zellen in CCreateEnv geklont werden. TCELL_CLONE_RATE_IN_CTISSUE Die Anzahl der Simulationsschritte modulo derer die T-Zellen in CTissue geklont werden. SOMATIC_HYPERMUTATION_STEPS Die Anzahl der Simulationsschritte, die eine B-Zelle im Zustand der somatischen Hypermutation verbleibt. AB_PRODUCTION_RATE Die Anzahl Ab, die von einer aktiven B-Zelle pro Simulationsschritt produziert werden. 40 3 Auswertung und Tests In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst. Der Beschreibung des aktuellen Entwicklungsstandes im Abschnitt 3.1 folgen Testreihen der vorliegenden Version (Abschnitt3.2). Im Abschnitt 3.3 werden abschließend weitere mögliche Entwicklungsschritte aufgezeigt. 3.1 Entwicklungsstand der Software Dieser Abschnitt beschreibt Version 1.0 der Software vom 20.12.2003. Auf der beiliegenden CD findet sich sowohl die Software als auch die dazugehörige API-Dokumentation. 3.1.1 Installation und Benutzung Die Software wurde unter Linux (Kernel 2.4.21, gcc 3.3) entwickelt und getestet. Zum Ausführen werden lediglich ein C++ Compiler und die STL-Bibliotheken benötigt. Empfohlen wird der Gnu C Compiler (gcc) ab Version 3.31 . Im Verzeichnis mit dem Quellcode müssen dann nur noch configure und make ausgeführt werden. Nach dem Kompilieren steht das ausführbare Programm aims2 im aktuellen Verzeichnis zur Verfügung, das die Simulation mit den voreingestellten Parametern startet. Wird das Programm mit dem Kompilerflag DEBUG_ON kompiliert, wird während des Programmlaufes ein ausführliches Logfile aims.dbg im temporären Verzeichnis angelegt. Für andere Plattformen und Betriebssysteme liegen keine Erfahrungen vor, sollte aber auf allen heute erhältichen Systemen mit installiertem C++ Compiler lauffähig sein. 3.1.2 Entwicklungsstand ist im aktuellen Entwicklungsstand kommandozeilenbasiert. Die Simulation wird über Parameter gesteuert. Diese Einstellungen werden in einer Konfigurationsdatei vorgenommen (siehe Abschnitt 2.6). Im Folgenden wird beschrieben, welche Komponenten und Prozesse eines realen Immunsystems im Simulator modelliert wurden. Es werden T-Zellen, B-Zellen und APC unterschieden. Daraus resultiert auch die Unterscheidung der Rezeptoren BCR, TCR und CD8. B-Zellen und APC tragen ein MHC-Molekül auf ihrer Oberfläche. T-Zellen werden nur aktiviert, wenn sie neben einem entsprechenden Peptid am TCR auch das MHC-Molekül an den CD8-Rezeptor binden können. Im Simulator läuft sowohl die zelluläre (T-Zell-vermittelte) als auch die humorale (B-Zell-vermittelte) Immunantwort ab. Es gibt vier verschiedene Umgebungen als Modelle von Körperorganen: Klasse CCreateEnv : Modell des Knochenmarks Klasse CDevEnv : Modell des Thymus 1 Mit früheren Versionen wurden beim Entwickeln Laufzeitprobleme in der Implementierung der STL festgestellt. 41 3 Auswertung und Tests Klasse CTissue : Modell des Körpergewebes Klasse CReactEnv : Modell der peripheren Lymphorgane Folgende Immunprozesse sind im Simulator implementiert: Mechanismus der Genumlagerung bei der Entstehung der Immunzell-Rezeptoren negative Selektion von B-Zellen positive und negative Selektion von T-Zellen klonale Expansion von B-und T-Zellen somatische Hypermutation von B-Zellen Hofmeyr und Forrest vergleichen in ihrer Arbeit [HF00] das Modell ihres AIS mit dem Immunsystem von Wirbeltieren. Daran angelehnt zeigt Tabelle 3.1 eine Gegenüberstellung des realen Immunsystems und des Modells, das dem Simulaor zugrunde liegt. + Peptid/Protein/Epitop/Paratop Rezeptoren B-Zellen, T-Zellen variable Ab-Region konstante Ab-Region Gedächtniszellen Pathogen Bindung Zirkulation Thymus Knochenmark MHC Zytokine erstes Signal zweites Signal klonale Selektion, somatische Hypermutation positive Selektion von B-Zellen positive und negative Selektion von T-Zellen Bitstring Bitstring Klassen CBCell, CTCell Bitstring NICHT MODELLIERT NICHT MODELLIERT 2 Bitstring Affinitätsmaß komplementär zum HammingAbstand Objektbewegung am Ende jedes Simulationsschrittes Klasse CDevEnv Klasse CCreateEnv Bitstring NICHT MODELLIERT Bindung Peptid an TCR bzw. BCR B-Zellen: durch T-Zellen T-Zellen: CD8-Rezeptor Kopieren von Objekten, Bitmanipulation am BCR MODELLIERT MODELLIERT Tabelle 3.1: Vergleich zwischen Immunsystem und 2 Die Implementierung von Gedächtniszellen in das bestehende System ist einfach. Es muss lediglich bei einigen aktivierten B-Zellen die Lebenszeit auf „unendlich“ gesetzt werden und ein neuer Zustand MEMORY definiert werden, von dem aus sie bei erneutem Zusammentreffen mit ihrem spezifischen Ag direkt in den Zustand ACTIVE gelangen. 42 3.2 Test des Systems 3.2 Test des Systems Durch die Klasse CStatistics werden in jedem Simulationsschritt Daten über die Anzahl der Zellen gesammelt. Dies geschieht separat für jede Zellart in allen Umgebungen. In den Diagrammen in diesem Abschnitt ist die Anzahl über den Simulationsschritten aufgetragen. Zur besseren Visualisierung wurden die einzelnen Datenpunkte mit einer Linie verbunden. Für die Tests über Parametereinflüsse auf das Simulationsergebnis wurden nur einige Parameter ausgewählt und variiert, die Erarbeitung umfassender Testreihen ist nicht Teil dieser Arbeit. Die hier präsentierten Tests sollen vielmehr dazu beitragen, die Arbeitsweise des Simulators zu verdeutlichen. In vielen dieser Tests sind die Umgebungen relativ klein (1000 bis 3375 Plätze). Dies ist zum einen der Effizienz der Simulation und zum anderen der Übersichtlichkeit geschuldet. Auf keinen Fall kann man aus diesen kleinen Testreihen generelle Aussagen über den Simulationsverlauf in Abhängigkeit von Parameterkonfigurationen ableiten. Tendenzielle Aussagen sind jedoch zulässig. 3.2.1 Selektionsmechanismen Abbildung 3.1 zeigt die Effekte der negativen und positiven Selektion auf die Zellpopulationen für 50 Simulationsschritte. Alle Umgebungen hatten eine Ausdehnung von zehn Einheiten in jeder Dimension, d. h. 1000 verfügbare Plätze. Die Länge der Rezeptoren, von Epitop und Paratop betrug zehn Bit. Das MHC-Molekül wie auch der CD8-Rezeptor waren Bitstrings der Länge 5. Die Parameter AFFINITY_REACTION_THRESHOLD und MHC_REACTION_THRESHOLD hatten die Werte 0,6 bzw. 0,5. Im Simulator existierten 128 Selbst-Sequenzen. Mit dieser Konfiguration werden im Durchschnitt ca. 7,5% der B-Zellen als autoreaktiv erkannt und vernichtet. 10,9% der T-Zellen werden durch die negative Selektion aussortiert und 9,6% durch die positive. Außerdem ist in den Abbildungen zu sehen, dass die Anzahl Selbst-Ag und Selbst-APC am Anfang der Simulation linear ansteigt und dann konstant bleibt. Das liegt daran, dass ab einem gewissen Simulationsschritt (in Abbildung 3.1(a) ab Schritt 10) keine freien Plätze in der Umgebung mehr vorhanden sind. Die Plätze, die durch den Tod der selektierten Immunzellen frei werden, werden in der Implementierung zuerst wieder mit Immunzellen (also B- und T-Zellen) besetzt. Pro Simulationsschritt werden gleichviel oder mehr Plätze durch Immunzellen frei, als neu besetzt werden: Gleichviel Plätze würden frei, wenn alle Zellen nur aufgrund ihres Reifestadiums aus der Umgebung wegbewegt würden. Durch die Selektionsmechanismen können es mehr sein. Diese zusätzlichen freien Plätze werden dann durch Ag besetzt. Einflüsse von Parametern Für die Tests in der Umgebung CCreateEnv wurden beispielhaft die Parameter AFFINITY_REACTION_THRESHOLD und NUM_SELFSEQUENCES ausgewählt und variiert. Die Konfiguration ist die gleiche wie in diesem Abschnitt weiter oben beschrieben, mit Ausnahme der beiden variierten Parameter. Die Variation des Parameters AFFINITY_REACTION_THRESHOLD ergibt signifikante Unterschiede im Simulationsablauf. Für Affinitätsgrenzen zwischen 0,5 und 0,8 wurden jeweils 50 Schritte simuliert. Abbildung 3.2 zeigt die Visualisierung der Simulationen. Tabelle 3.2 fasst die Ergebnisse zusammen. Ein Eintrag entspricht der gemittelten Anzahl Zellen über alle 50 Simulationsschritte hinweg. Wie zu erwarten, werden mit fallender Affinitätsgrenze mehr B-Zellen selektiert, da die Wahrscheinlichkeit einer Bindung beim Zusammentreffen von Ag und B-Zelle zunimmt. 43 3 Auswertung und Tests 40 20 35 Selbst-APC T-Zellen tote T-Zellen; neg. tote T-Zellen; pos. 30 15 25 10 20 B-Zellen tote B-Zellen Ag 15 10 5 5 0 0 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 0 5 10 (a) Selektion der B-Zellen 15 20 25 30 35 40 45 50 40 45 50 40 45 50 (b) Selektion der T-Zellen Abbildung 3.1: Selektion bei B- und T-Zellen 20 20 15 15 10 B-Zellen tote B-Zellen Ag 10 5 B-Zellen tote B-Zellen Ag 5 0 0 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 0 5 10 (a) Affinitätsgrenze=0,5 20 25 30 35 (b) Affinitätsgrenze=0,6 20 20 15 15 10 15 B-Zellen tote B-Zellen Ag 10 5 B-Zellen tote B-Zellen Ag 5 0 0 0 5 10 15 20 25 30 35 (c) Affinitätsgrenze=0,7 40 45 50 0 5 10 15 20 25 30 35 (d) Affinitätsgrenze=0,8 Abbildung 3.2: Einfluss des Parameters AFFINITY_REACTION_THRESHOLD auf die negative Selektion der B-Zellen 44 3.2 Test des Systems Affinitätsgrenze Anzahl B-Zellen 0,5 0,6 0,7 0,8 15,36 16,8 18,16 18,62 Anzahl selektierter B-Zellen 1,72 1,26 0,54 0,24 Anteil selektierter B-Zellen 11,2% 7,5% 3,0% 1,3% Tabelle 3.2: Einfluss des Parameters AFFINITY_REACTION_THRESHOLD auf die negative Selektion der B-Zellen Bei einer Rezeptorlänge von zehn Bit ergeben sich 1024 verschiedene Bitstrings. In der folgenden Simulation wurden zuerst ca. 10% (128) der möglichen Bitstrings als Selbst-Sequenzen definiert und dann 50% (512). Der entsprechend modifizierte Parameter heißt NUM_SELFSEQUENCES. Die Affinitätsgrenze betrug 0,6. Abbildung 3.3 und Tabelle 3.3 fassen die Ergebnisse zusammen. Der Wert der Anzahl (selektierter) B-Zellen ist der Durchschnittswert über die 50 Simulationsschritte. Die Simulationen mit beiden Konfigurationen wurden zehn mal wiederholt, sodass die Werte in der Tabelle gemittelte Werte darstellen. Daraus lässt sich ein leichter Einfluss der Anzahl von Selbst-Sequenzen ablesen: je mehr Selbst-Sequenzen, desto mehr B-Zellen werden selektiert. Im konkreten Beispiel führt eine Vervierfachung der Anzahl Selbst-Sequenzen zu einer Erhöhung des Anteils selektierter Zellen um 1,55%. Eigentlich würde man ein zahlenmäßig eindeutigeres Ergebnis erwarten. Dass dies nicht der Fall ist, liegt hauptsächlich an der begrenzten Dimension der Umgebung ( ), die die Anzahl gleichzeitig existierender Selbst-Sequenzen beschränkt. 20 20 15 15 10 B-Zellen tote B-Zellen Ag 10 5 B-Zellen tote B-Zellen Ag 5 0 0 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 0 (a) 128 Selbst-Sequenzen 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 (b) 512 Selbst-Sequenzen Abbildung 3.3: Einfluss des Parameters NUM_SELFSEQUENCES auf die negative Selektion der BZellen Anzahl SelbstSequenzen 128 512 Anteil SelbstSequenzen 12,5% 50% Anzahl B-Zellen 16,58 16,34 Anzahl selektierter B-Zellen 0,9 1,14 Anteil selektierter B-Zellen 5,43% 6,98% Tabelle 3.3: Einfluss des Parameters NUM_SELFSEQUENCES auf die negative Selektion der BZellen 45 3 Auswertung und Tests Zur Untersuchung der negativen Selektion der T-Zellen in CDevEnv wurde der Parameter MHC_REACTION_THRESHOLD variiert. Im ersten Experiment war eine Bindung des MHC-Moleküls an den CD8-Rezeptor schon bei 50% komplementärer Bits gegeben (MHC_REACTION_THRESHOLD ist 0,5). Im zweiten Experiment mussten mindestens 90% aller Bits komplementär sein (MHC_REACTION_THRESHOLD ist 0,9), um eine Bindung herzustellen. Alle anderen Parameter wurden gegenüber vorhergehenden Experimenten nicht verändert. Tabelle 3.4 fasst die Ergebnisse beider Tests zusammen. Im ersten Fall werden weniger T-Zellen selektiert und vernichtet als im zweiten. Das ist plausibel, weil bei einer Affinitätsgrenze von 0,5 nur 50% der Bitstellen im TCR genau komplementär zum MHC-Molekül sein müssen. Der TCR der T-Zellen wird zufällig erzeugt. Daher gibt es im Durchschnitt mehr T-Zellen mit mindestens 50%iger Komplementarität (diejenigen mit mindestens 90%iger Komplementarität sind Teil dieser Menge). Somit müssen im ersten Fall weniger Zellen als nicht-MHC-bindend aussortiert werden. MHCAffinitätsgrenze 0,5 0,9 Anzahl T-Zellen 19,12 19,12 Anzahl negativ selektierter T-Zellen 1,9 2,86 Anteil negativ selektierter T-Zellen 9,9% 15,0% Tabelle 3.4: Einfluss des Parameters MHC_REACTION_THRESHOLD auf die negative Selektion der T-Zellen 3.2.2 Immunreaktion Im Organismus wird die Immunreaktion in den peripheren Lymphorganen (CReactEnv ) durch Zellen des angeborenen Immunsystems initiiert. Diese wurden vorher im Körpergewebe (CTissue ) aktiviert. Im Körpergewebe findet auch die eigentliche Immunreaktion statt. Abbildung 3.4 zeigt das -Umgebung. Die Affinitätsgrenzen Ergebnis der Simulation der Immunreaktion in einer AFFINITY_REACTION_THRESHOLD und MHC_REACTION_THRESHOLD hatten bei diesem Experiment jeweils den Wert 0,7. Es wurden 100 Simulationsschritte durchgeführt. Das erste Bild zeigt die B-Zellen und Ab im Körpergewebe. Ab Simulationsschritt 30 gibt es fast nur noch aktive B-Zellen. Dementsprechend werden sehr viele Ab ausgeschüttet. Die Ab-Konzentration steigt vom Schritt 30 bis zum Schritt 34 an und fällt dann wieder ab. Von Simulationsschritt 50 an gibt es sehr viele aktive B-Zellen und keine Ab mehr. Durch Ausgaben des Simulators auf der Kommandozeile wurde überprüft, dass die aktiven B-Zellen wirklich Ab produzieren. Diese können aber nicht in die Umgebung eingebracht werden, weil keine Plätze mehr frei sind. Die schon existierenden Ab reagieren entweder mit ihrem spezifischen Ag und werden dabei vernichtet oder ihre Lebenszeit läuft aus. Die B-Zellen selbst verhindern das Einbringen neuer Ab in die Umgebung, weil sie die ganzen Plätze besetzen. Der Platzmangel in den Umgebungen ist ein häufiges Problem und wird im Abschnitt 3.3 besprochen. Teilbild 3.4(b) zeigt sehr anschaulich die klonale Expansion der B-Zellen. Es gibt relativ wenig Zellen, die nur ihr erstes Signal erhalten haben. Nach Erhalt des zweiten (costimulierenden) Signals werden die B-Zellen geklont und durchlaufen die somatische Hypermutation. Es sind insgesamt weniger aktive Zellen in der Umgebung als hypermutierende, da aktive Zellen am Ende jedes Simulationszyklusses ins Körpergewebe transferiert werden. Abbildung 3.4(d) scheint inkonsistent zu Abbildung 3.4(c) zu sein. In CTissue gibt es über die ganze Simulationszeit hinweg aktive T-Zellen. Von Simulationsschritt 35 an gibt es jedoch in den peripheren 46 3.2 Test des Systems 350 4000 3500 300 3000 250 B-Zellen B-Zellen, erstes Signal aktive B-Zellen Ab B-Zellen B-Zellen, erstes Signal B-Zellen, som. Hyp. aktive B-Zellen 2500 200 2000 150 1500 100 1000 50 500 0 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 0 10 20 (a) B-Zellen in CTissue 30 40 50 60 70 80 90 100 80 90 100 (b) B-Zellen in CReactEnv 600 12 T-Zellen aktive T-Zellen T-Zellen aktive T-Zellen 500 10 400 8 300 6 200 4 100 2 0 0 0 10 20 30 40 50 60 (c) T-Zellen in CTissue 70 80 90 100 0 10 20 30 40 50 60 70 (d) T-Zellen in CReactEnv Abbildung 3.4: Ablauf der Immunreaktion in CTissue und CReactEnv 47 3 Auswertung und Tests Lymphorganen (CReactEnv ) quasi keine T-Zellen mehr. Das Problem ist wiederum der Platzmangel in der Umgebung. (Dabei ist zu beachten, dass sich in CReactEnv auch noch APC aufhalten, sodass der Platzmangel an den beiden Grafiken 3.4(c) und 3.4(d) nicht ersichtlich ist). Um dieses Problem zu umgehen, reicht es nicht, die Dimension der Umgebungen zu erhöhen. Tests haben gezeigt, dass es dann zu keiner Immunreaktion mehr kommt, weil die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Zellen miteinander interagieren können, sinkt. Vorschläge, wie dieses Problem behoben werden kann, werden in Abschnitt 3.3 gemacht. Die Ab-Ag-Reaktion aus dem gleichen Experiment zeigt Abbildung 3.5. Im ersten Bild ist zu sehen, dass die Zahl der Ag in der Umgebung von Simulationsbeginn sehr schnell ansteigt und fast die ganze Umgebung CTissue mit Ag besetzt ist (es gibt insgesamt 3375 Plätze). Das liegt zum einen daran, dass sich die Ag exponentiell vermehren (Klonierung in jedem Schritt) und zum anderen dauert die Entwicklung der Immunzellen in CCreateEnv und CDevEnv fünf Simulationszyklen 3 . Der Organismus hat also erst nach einer gewissen anfänglichen Lernzeit überhaupt eine Möglichkeit auf Ag zu reagieren. Abbildung 3.5(b) zeigt einen vergrößerten Ausschnitt aus Abbildung 3.5(a). Ein Großteil der ausgeschütteten Ab reagieren mit ihrem spezifischen Ag. Die Anzahl der vernichteten Ag und Ab ist gleich, da im Simulator immer nur ein Ag mit einem Ab reagieren kann und beide bei dieser Reaktion vernichtet werden. Die Abbildungen zeigen, dass die humorale Immunantwort im Simulator stattfindet. Wie deren Intensität noch erhöht werden könnte, wird in Abschnitt 3.3 besprochen. 3500 Ag Ab vernichtete Ag vernichtete Ab 140 3000 120 2500 Ag Ab vernichtete Ag vernichtete Ab 100 2000 80 1500 60 1000 40 500 20 0 0 0 10 20 30 40 50 60 70 (a) gesamter Simulationsverlauf 80 90 100 25 30 35 40 45 50 (b) vergrößerter Ausschnitt Abbildung 3.5: Ablauf der humoralen Immunreaktion in CTissue Einflüsse von Parametern In diesem Abschnitt soll exemplarisch der Einfluss der beiden Parameter AFFINITY_REACTION_THRESHOLD und MHC_REACTION_THRESHOLD auf die Immunreaktion untersucht werden. Beide erhalten in vier Versuchen jeweils den gleichen Wert zwischen 0,5 und 0,8. Es wurden 100 Schritte in einer -Umgebung simuliert. Abbildung 3.6 zeigt den Simulationsverlauf für die B-Zellen in CTissue, Abbildung 3.7 in CReactEnv. Tabelle 3.5 enthält die Gesamtzahl der jeweiligen Zellart über die 100 Simulationsschritte summiert. 3 Dies wird über den Parameter INITIAL_MATURITY_STEPS gesteuert, der in diesem Experiment den Wert fünf hatte. 48 3.2 Test des Systems 50 60 45 50 40 35 40 B-Zellen B-Zellen, erstes Signal aktive B-Zellen Ab 30 25 B-Zellen B-Zellen, erstes Signal aktive B-Zellen Ab 30 20 20 15 10 10 5 0 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 0 10 (a) Parameter haben Wert 0,5 20 30 40 50 60 70 80 90 100 (b) Parameter haben Wert 0,6 60 60 B-Zellen B-Zellen, erstes Signal aktive B-Zellen Ab B-Zellen B-Zellen, erstes Signal aktive B-Zellen Ab 50 50 40 40 30 30 20 20 10 10 0 0 0 10 20 30 40 50 60 70 (c) Parameter haben Wert 0,7 80 90 100 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 (d) Parameter haben Wert 0,8 Abbildung 3.6: Einfluss der Parameter AFFINITY_REACTION_THRESHOLD und MHC_REACTION_THRESHOLD auf die humorale Immunantwort in CTissue 49 3 Auswertung und Tests Über die Ab-Produktion in CTissue (Abbildung 3.6) in Abhängigkeit der beiden Parameter lassen sich nur bedingt Aussagen treffen. Es ist in den ersten drei Teilabbildungen zu sehen, dass eine erhöhte Affinitätsgrenze nicht zu einer erhöhten Anzahl aktiver B-Zellen und somit zu erhöhter Ab-Produktion führt. Konkrete Werte aus Tabelle 3.5 belegen dies: bei einer Affinitätsgrenze von 0,5 gibt es ca. 2500 aktive B-Zellen, bei 0,6 3100 und bei einem Wert von 0,7 für die Affinitätsgrenzen gibt es nur etwa 1800 aktive B-Zellen. Der Test mit Affinitätsgrenzen von 0,8 (Abbildungen 3.6 und 3.7) unterscheidet sich im Simulationsverlauf deutlich von den anderen drei Teilexperimenten (Werte 0,5, 0,6 und 0,7). Es gibt insgesamt nur 82 aktive B-Zellen, 2 aktive T-Zellen und keine Ab. D. h es findet in diesem Fall eigentlich keine Immunreaktion statt. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Bindung stattfindet, ist zu gering: Für eine Bindung müssen mindestens 80% der Bits der Bindungspartner komplementär sein. Der Schluss „Je kleiner die Affinitätsgrenzen (desto wahrscheinlicher eine Bindung), desto stärker ist die Immunreaktion (Anzahl aktiver Zellen)“ ist nicht zulässig, wie die Experimente zeigen. Diese Reduktion wäre zu vereinfacht. Es gibt andere Einflussfaktoren, die eine große Rolle spielen: Der Zufall hat großen Einfluss auf den Simulationsverlauf: Es hat sich gezeigt, dass auch Experimente mit Affinitätsgrenze 0,5 gibt, bei denen keine Immunreaktion eintritt. Es müssten hinreichend viele Experimente mit derselben Konfiguration gemacht werden, um Zufallseinflüsse auszuschließen. Ein anderer Einflussfaktor ist der beschränkte Platz in den Umgebungen. Es können oftmals keine aktiven Zellen oder Ab mehr hinzugefügt werden. Außerdem ist wird mit steigendem Platzmangel die Bewegungsmöglichkeit der Objekte in der Umgebung beschränkt. Dies führt gleichzeitig dazu, dass die Wahrscheinlichkeit dafür sinkt, dass ein Objekt im nächsten Schritt andere Objekte in seiner Interaktionsumgebung hat. Das ganze System ist mit steigendem Platzmangel weniger dynamisch. Wie dieses Problem zu lösen wäre, wird in Abschnitt 3.3 besprochen. 0,5 0,6 0,7 0,8 309 62 372 18 88 60 684 23 102 24 433 10 0 0 524 2 3371 269 2544 2 212396 2994 187470 21932 4168 294 3100 68 207131 3139 182107 21885 3564 262 1767 3 210635 2701 185795 22139 3313 140 82 0 40133 1302 32388 6443 T-Zellen T-Zellen CTissue aktive T-Zellen CTissue T-Zellen CReactEnv aktive T-Zellen CReactEnv T-Zellen B-Zellen CTissue B-Zellen im Zustand AG_DETECTED CTissue aktive B-Zellen CTissue Ab CTissue B-Zellen CReactEnv B-Zellen im Zustand AG_DETECTED CReactEnv B-Zellen im Zustand SOM_HYP CReactEnv aktive B-Zellen CReactEnv Tabelle 3.5: Einfluss der Parameter AFFINITY_REACTION_THRESHOLD und MHC_REACTION_THRESHOLD auf die Immunantwort 50 3.2 Test des Systems 4000 4000 3500 3500 3000 B-Zellen B-Zellen, erstes Signal B-Zellen, som. Hyp. aktive B-Zellen 3000 2500 2500 2000 2000 1500 1500 1000 1000 500 500 0 B-Zellen B-Zellen, erstes Signal B-Zellen, som. Hyp. aktive B-Zellen 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 0 10 (a) Parameter haben Wert 0,5 30 40 50 60 70 80 90 100 80 90 100 (b) Parameter haben Wert 0,6 4000 4000 3500 3500 3000 20 B-Zellen B-Zellen, erstes Signal B-Zellen, som. Hyp. aktive B-Zellen 3000 2500 2500 2000 2000 1500 1500 1000 1000 500 500 0 B-Zellen B-Zellen, erstes Signal B-Zellen, som. Hyp. aktive B-Zellen 0 0 10 20 30 40 50 60 70 (c) Parameter haben Wert 0,7 80 90 100 0 10 20 30 40 50 60 70 (d) Parameter haben Wert 0,8 Abbildung 3.7: Einfluss der Parameter AFFINITY_REACTION_THRESHOLD und MHC_REACTION_THRESHOLD auf die humorale Immunantwort in CReactEnv 51 3 Auswertung und Tests 3.3 Weiterführende Aufgaben In diesem Abschnitt wird beschrieben, wie sich in der aktuellen Version beobachtete Probleme lösen lassen und welche Erweiterungsmöglichkeiten es sowohl für die Implementierung als auch für das Modell gibt. Bei den Tests war festzustellen, dass der Platz in den Umgebungen zu Problemen führte: Waren die Umgebungen zu klein dimensioniert, waren alle verfügbaren Plätze rasch besetzt und es konnten z. B keine Ab produziert werden. Außerdem sind dann keine Zellbewegungen mehr möglich, was dem biologischen Vorbild nicht entspricht. Wurde die Dimension vergrößert, fand keine Interaktion mehr zwischen den Zellen statt, sodass es zu keiner Immunreaktion kam. (B-Zellen z. B. müssen zuerst mit ihrem spezifischen Ag interagieren und danach mit einer speziellen T-Zelle.) Es sind verschiedene Lösungsmöglichkeiten denkbar. Zum ersten könnte eine geeignete Konfiguration des Simulators das Problem lösen (große Umgebungen, viele Simulationsschritte, Affinitätsgrenze niedrig). Zum zweiten ist es denkbar, den Interaktionsradius der Zellen weiter zu vergrößern. Dies kann für alle Zellen gleich geschehen; es ist aber auch möglich, nur z. B. den B-Zellen, die ihr erstes Signal erhalten haben, einen größeren Interaktionsradius zu geben. Das würde adäquat den Einfluss von Zytokinen modellieren: B-Zellen, die ihr erstes Signal erhalten haben, schütten Zytokine aus, um aktive T-Zellen anzulocken. Von denen erhalten sie dann ihr zweites Signal. Weiterhin könnten umfassende systematische Tests zum besseren Verständnis der Arbeitsweise des Immunsystems führen. Interessant wäre es, zu erfahren, bei welcher Konfiguration es zu einer Immunreaktion mit Vernichtung aller Ag kommt und ob es eine Konfiguration gibt, die zum Tod des Organismus führt. Bei der Diskussion von Abbildung 3.5 wurde festegestellt, dass das Immunsystem eine Lernphase benötigt, bevor es überhaupt die Möglichkeit hat, auf Ag zu reagieren. Weitere Tests könnten zeigen, ob die Immunreaktion effektiver abläuft, wenn Ag erst eingebracht werden, wenn die ersten Immunzellen bereits zur Reife gelangt sind. Eine Erweiterung der Statistikklasse könnte Aufschluss geben, wie schnell ein Ag gefunden und vernichtet wird und wie viele Selbst-Ag angegriffen werden. Außerdem wäre es interessant, eine Zelle über ihre gesamte Lebenszeit zu verfolgen, in welchen Umgebungen eine bestimmte Zelle wann mit welchen anderen Zellen interagiert. Eine Verfeinerung des Modells ist ebenso denkbar. Modellierungen von Gedächtniszellen sowie CD4-T-Zellen sind nur ein paar Beispiele dafür. Außerdem könnte die somatische Hypermutation genauer modelliert werden: Klone, die in einer gewissen Zeit kein Ag binden können, sterben. Die, die das Ag gut binden können, werden auf irgendeine Art bevorzugt. So könnte z. B. ihre Mutationsrate langsamer verringert werden oder sie erhalten eine längere Lebenszeit. Für die praktische Benutzbarkeit wäre es wünschenswert, die Parameter per Konfigurationsdatei einstellen zu können, ohne neu kompilieren zu müssen. Die Konfiguration des Simulators wäre ebenso über eine graphische Benutzeroberfläche denkbar. In dieser könnten dann auch die Umgebungen visualisiert werden (Zellkonzentrationen). Für diesen Zweck können die Umgebungen auch zweidimensional sein. (Dafür müssen im Simulator die Parameter für obere und untere Grenze in einer Dimension auf denselben Wert gesetzt werden). Der Grundlagenabschnitt hat versucht zu vermitteln, dass das biologische Vorbild künstlicher Immunsysteme enorm komplex ist. Das Modell, das dem Simulator zugrunde liegt, ist detaillierter als die Modelle in derzeitigen künstlichen Immunsystemen. Es wurde gezeigt, dass im implementierten Simulator die verschiedenen Immunprozesse, wie z. B. Selektionsmechanismen oder Immunreaktion, 52 3.3 Weiterführende Aufgaben ablaufen. Außerdem wurde durch Beispieltests belegt, dass die Funktion des Systems sehr stark von Parametereinstellungen abhängt. Erweiterungsmöglichkeiten gibt es sowohl in Bezug auf das Modell als auch für die konkrete Implementierung. Einige Möglichkeiten wurden im letzten Abschnitt vorgeschlagen. 53 3 Auswertung und Tests 54 Literaturverzeichnis [AG00] A NTIBODY G ROUP, I NSTITUTO DE B IOTECNOLOGÍA , UNAM: ABG: Directory of 3D structures of antibodies. http://www.ibt.unam.mx/vir/, Februar 2000. [dCT02] C ASTRO , L EANDRO N. DE und J ONATHAN T IMMIS: Artificial Immune Systems: A New Computational Intelligence Approach. Springer, 2002. 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Fas-Ligand F C . . . . . . . . . . . . . kristallisierbarer Teil engl. fragment crystalizable GALT . . . . . . . . . darmassoziiertes Gewebe engl. gut-associated lymphoid tissue I G . . . . . . . . . . . . . Immunglobulin MALT . . . . . . . . . mucosaassoziiertes Gewebe MHC . . . . . . . . . . Haupthistokompatibilitätskomplex engl. major histocompatibility complex NK-Z ELLEN . . . natürliche Killerzellen RNA . . . . . . . . . . Ribonukleinsäure engl. ribonucleic acid 57 Abkürzungsverzeichnis TCR . . . . . . . . . . . T-Zell-Rezeptor engl. T cell receptor V-D OMÄNE . . . . variable Domäne V-Domäne V-R EGION . . . . . variable Region 58 Glossar Affinitätsreifung Während der humoralen Immunantwort entstehen Affinität zur ihrem Antigen. Anergie Zelle reagiert auch bei ausreichender Stimulierung nicht auf ihr in einem inaktivem Zustand. Antikörper mit wachsender Antigen, sie befindet sich Antigen ist eine vom Immunsystem als fremd erkannte Substanz. Ein Antigen löst meist eine Immunreaktion aus; ist dies nicht der Fall, wird es als Tolerogen bezeichnet. Antikörper sind von B-Zellen gebildete Immunglobuline. Sie können spezifisch an ihr gen binden und spielen eine entscheidende Rolle bei der humoralen Immunantwort. Anti- Apoptose wird der programmierte Zelltod genannt. Von der Zelle selbst initiiert, wird dabei die DNA des Zellkernes zerstört, sodass keine Proteinsynthese mehr möglich ist. antigen-präsentierende Zelle APC sind u. a. Makrophagen und dendritische Zellen. Sie Antigene auf ihrer Oberfläche in die sekundären Lymphorgane und präsentietransportieren ren diese dort den T- und B-Zellen, um sie zu aktivieren. Aminosäure Aminosäuren sind Carbonsäuren (Carbonylgruppe: ), bei denen ein Wasserstoffatom durch eine Aminogruppe ( ) ersetzt ist. Aminosäuren sind Bestandteile der Prote ine. B-Lymphozyt B-Zelle B-Zelle B-Zellen sind eine Unterart der ständig ist. CD4-T-Zelle T-Helferzelle CD8-T-Zelle T-Killerzelle Chemokine sind Lymphozyten, die für die humorale Immunantwort zu- Zytokine mit chemoattraktiver Wirkung. dendritische Zelle APC, die mit ihren langen Fortsätzen um ihnen Antigene zu präsentieren. Lymphozyten umschließen kann, Disulfidbrücken sind inter- oder intramolekulare Wechselwirkungen zwischen zwei Schwefelatomen (-S-S-). In Polypeptiden treten sie bevorzugt zwischen den Aminosäuren Cystein und Cystin auf. Enzym Enzyme sind katalytisch wirksame Proteine. Sie beschleunigen die Reaktion, indem sie die Aktivierungsenergie herabsetzen. Das Enzym nimmt an der Reaktion teil, indem eine Enzym:Substrat Komplex gebildet wird, es wird aber durch die Reaktion nicht verändert. Epitop ist die Antikörperbindungsstelle am Antigen, auch Antigendeterminante genannt. 59 Glossar Exon Der für die Synthese von Proteinen benötigte Teil eines Gens wird Exon genannt. Das Gegenteil sind Introns, die nicht direkt ein Protein kodieren. Deren Funktion ist noch nicht vollständig geklärt. Lymphozyt, der dafür sorgt, dass die Immunantwort bei Gedächtniszelle ist ein langlebiger weiteren Kontakten mit dem Erreger schneller und effizienter verläuft. Gen ist eine DNA-Sequenz, die als Einheit transkribiert (übersetzt) wird. Ein Gen kodiert nahe verwandte Proteine. Genom Summe aller Gene im Erbgut. Gens. Die Gensegmente enthalten die Kodierung der VGensegment ist ein Teil eines Domänen der Polypeptidketten von Antigenrezeptoren. Sie werden durch somatische ReExons für vollständige V-Domänen zusammengesetzt. kombination zu Granulozyt Granulozyten gehören zu den weißen Blutzellen. Sie können Pathogene zerstören oder phagozytieren. Es gibt eosinophile, basophile und neutrophile Granulozyten. Immunglobuline wird eine Familie von Plasmaproteinen genannt, die bei der Immunreaktion beBCR ist ein membrangebundenes Immunglobulin. teiligt sind. Der Interleukine Lymphokine Isotyp eines Immunglobulines wird auch seine Klasse genannt. Beim Menschen gibt es die Isotypen IgA, IgD, IgE, IgG und IgM. Sie unterscheiden sich strukturell in den konstanten Regionen ihrer schweren Ketten und funktionell in ihrer Effektorfunktion bei der Bindung an ein Antigen. klonale Deletion ist der Prozess der Eliminierung autoreaktiver unreifer Lymphozyten. Selektion klonale Lymphozyten genannt, klonale Expansion wird der Prozess der Reifung und Vermehrung von die durch ihr spezifisches Antigen aktiviert wurden. klonale Selektion klonale Selektion Die Theorie der klonalen Selektion ist der Grundgedanke der adaptiven Immunität. Danach gibt es keine reifen autoreaktiven Lymphozyten (diese wurden durch die klonale Deletion eliminiert) und reife Lymphozyten, die auf ihr spezifisches Antigen treffen, durchklonale Expansion. laufen den Prozess der Kohlenhydrat Die Klasse der Kohlenhydrate unterteilt sich in Monosaccharide, Disaccharide und (hydratiPolysaccharide. Ihr Name kommt von ihrer allgemeinen Summenformel sierter Kohlenstoff). Wichtige Kohlenhydrate sind z. B. Glucose, Saccharose, Stärke und Zellulose. Komplementkaskade Gesamtheit voneinander abhängiger Reaktionen des tems. Komplementsys- Komplementsystem Als Komplement bezeichnet man im Blut gelöste Proteine, die bei der unspezifischen Immunabwehr eine wichtige Rolle spielen. Sie heften sich an Pathogene oder infizierte Zellen und machen sie so anderen Abwehrmechanismen erkennbar. Lymphknoten sind hochorganisierte lymphatische Strukturen an den Schnittstellen des lymphatischen Gewebes. Hier wird die adaptive Immunantwort eingeleitet. Lymphozyten treffen in 60 Glossar den Lymphknoten auf zu Effektorzellen. Antigene und APC und werden bei entsprechender Spezialisierung Lymphoblast auch Plasmazelle genannt, ist ein aktivierter Lymphozyt, der in der Lage ist, sich zu teilen und zu Effektorzellen zu differenzieren. Lymphokine sind von leukine. Lymphozyten abgegebene Zytokine. Weitere Bezeichnung ist Inter- Lymphozyt Die Lymphozyten sind eine Unterart der weißen Blutkörperchen (Leukozyten). Die erworbene Immunität basiert im Wesentlichen auf den Lymphozyten, dabei speziell auf den B-Zellen und den T-Zellen. Lysosom ist ein mit Enzymen gefülltes Vesikel, in dem organische Stoffe abgebaut werden. Makrophage Makrophagen entwickeln sich aus einer Unterart der weißen Blutzellen, den Monozyten. Makrophagen sind antigen-präsentierende Zellen und spielen bei der humoralen sowie der zellulären Immunantwort eine Rolle. Makropinozytose bezeichnet die rezeptorunabhängige Aufnahme extrazellulären Materials. Dieser Mechanismus wird z. B. von dendritischen Zellen angewendet. Milz gehört zu den peripheren Lymphorganen. Sie ist ein faustgroßes Organ, das direkt hinter dem Magen liegt. Ihre Funktion besteht in der Vernichtung alternder roter Blutzellen und in der Antigenen aus dem Blut. Aufnahme von Mutation bezeichnet die sprunghafte Veränderung eines negative Selektion Gens. klonale Deletion Opsonierung ist der Prozess der Anlagerung von Plasmabestandteilen an Phagozytose zu vereinfachen. Antigene, um deren Pathogen ist ein infektiöser Mikroorganismus, der im Wirt Krankheiten hervorruft. Phänotyp Die Menge aller tatsächlich ausgebildeten Merkmale eines Organismus wird als Phänotyp bezeichnet. Phagolysosom entsteht durch die Verschmelzung von Phagosom und Phagosom ist ein bei der Vesikel, das das Phagozytose entstandenes Lysosom(en). Pathogen enthält. Phagozytose ist der Prozess der Aufnahme und Verdauung von Fremdpartikeln in Vesikeln. positive Selektion Während der Reifung der T-Zellen im Thymus überleben nur diejenigen Zellen, die in der Lage sind, Peptid:MHC Komplexe zu binden. klonale Selektion Protein ist ein langkettiges Polypeptid bestehend aus Aminosäuren. Rezeptor-Editing ist der Prozess des Austausches einer leichten Kette eines autoreaktiven Rezeptors gegen eine andere, sodass der resultierende Rezeptor nicht mehr autoreaktiv ist. somatische Rekombination ist die Umordnung der Gensegmente für den Lymphozytenrezeptor während der Zellreifung. Da diese Änderungen nur in Körperzellen ablaufen, werden sie nicht vererbt. 61 Glossar somatische Hypermutation Nach der Aktivierung naiver B-Zellen werden die Gensegmente überdurchschnittlich oft mutiert. So werden BCR mit erhöhter Ab-Affinität gebildet. Die Veränderungen werden nicht vererbt. TT-Helferzelle wird auch CD4-T-Zelle genannt. Die T-Helferzellen bilden eine Unterart der Zellen, die andere Zellen zur Immunabwehr gegen Erreger aktivieren kann. Sie erkennen MHCII:Peptid Komplexe. T-Killerzelle auch CD8-T-Zellen. Die T-Killerzellen bilden eine Unterart der T-Zellen, die in der Lage ist, andere Zellen abzutöten. Sie werden durch MHC-I:Peptid Komplexe aktiviert. T-Lymphozyt T-Zelle. T-Zelle Unterart der Lymphozyten, die für die zelluläre Immunantwort zuständig ist. V-Domäne ist der variable Bereich der Polypeptidkette eines Immunglobulines. Vesikel Als Vesikel bezeichnet man eine von Membran umschlossene Zellorganelle, die auch Bläschen genannt wird. Zytokine sind von Zellen aufgrund eines Aktivierungssignals abgegebene halten der Zelle selbst oder anderer Zellen beeinflussen. 62 Proteine, die das Ver- Selbstständigkeitserklärung Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit mit dem Titel Ein Simulator für das Immunsystem selbständig angefertigt, nicht anderweitig zu Prüfungszwecken vorgelegt, keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt und wörtliche sowie sinngemäße Zitate als solche gekennzeichnet habe. Chemnitz, den 15. Februar 2004 Chemnitz, am 15. Februar 2004 -----BEGIN PGP SIGNED MESSAGE----Hash: SHA1 Selbstständigkeitserklärung =========================== Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit mit dem Titel EIN SIMULATOR FÜR DAS IMMUNSYSTEM selbständig angefertigt, nicht anderweitig zu Prüfungszwecken vorgelegt, keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt und wörtliche sowie sinngemäße Zitate als solche gekennzeichnet habe. Chemnitz, am 15.02.2004 -----BEGIN PGP SIGNATURE----Version: GnuPG v1.2.3 (GNU/Linux) iD8DBQFALp0/022CSK/fZF0RAqA+AJ9uziKsWwcG0ogkrAskf+phGF5hwgCeOdy5 mZQdKMHyURQ/qzandhJR3lQ= =uwSy -----END PGP SIGNATURE----- 63