Das mentale Lexikon Proseminararbeit Sprache und Denken , INHALTSVERZEICHNIS Gliederung …………....................................................................... Seite 3 Einleitung ………………………………………..………….......... Seite 3 1. Inhalt und Struktur des mentalen Lexikons ………….. Seite 3 1.1. Wortschatzumfang des mentalen Lexikons …………. Seite 3 1.2. Struktur des mentalen Lexikons ……………………... Seite 4 2. Modelle zur Sprachproduktion und Spracherkennung.. Seite 5 2.1. Sprachproduktionsmodell nach W. Levelt …………… Seite 5 2.2. Interaktives Aktivierungsmodell ……………………... Seite 6 3. Erstsprachenerwerb…..………………………………….. Seite 6 3.1. Studie zum Erwerb der Kategorien Nomen und Verb im Deutschen und Koreanischen ………………………Seite 7 4. Sprachstörungen und Sprechstörungen ………………... Seite 9 4.1. Sprachstörungen ……………………………………… Seite 9 4.2. Sprechstörungen ……………………………………… Seite 10 Schlussbetrachtung ………………………………………………….Seite 10 Literaturverzeichnis ………………………………………….......... Seite 11 Seite 2 von 12 , Zur Gliederung dieser Arbeit Im ersten Teil dieser Arbeit befasst sich Waltraud Tiefengraber unter Punkt 1 und 2 mit der Struktur des menschlichen Wortspeichers und erläutert an Hand von Modellen wie das Produzieren und Erkennen von Wörtern vor sich geht. Danach beschäftigt sich Yvonne Bormes unter Punkt 3 und 4 mit dem Spracherwerb von Kindern und den dabei entstehenden Fehlern bis hin zu Sprachstörungen. Einleitung Miteinander kommunizieren, Wörter erkennen und selbst produzieren – eine der wohl wichtigsten und herausragendsten Errungenschaften der Menschheit. Wie lernen Menschen nun aber sich mittels Sprache zu verständigen? Kleinkinder erlernen im Allgemeinen „spielerisch“ ihre Muttersprache und nicht nur das: wachsen Kinder „zweisprachig“ auf, beherrschen sie auch diese Zweitsprache oft perfekt. Wie die meisten von uns aus Erfahrung wissen, können wir – sind wir den Kinderschuhen erst entwachsen – eine uns fremde Sprache in den meisten Fällen nur mit viel Mühe, Geduld und Zeitaufwand erlernen. Im Kleinkind-Alter dagegen vergrößert sich unsere Ausdrucksfähigkeit von Tag zu Tag ohne mühsames Vokabel lernen, wir finden uns im Labyrinth von Wörtern und Sätzen wie von selbst zurecht und sogar die richtige Grammatik mit einer fehlerfreien Satzstruktur stellt sich über kurz oder lang von alleine ein und vor allem – über den einmal erworbenen und jederzeit abrufbereiten Wortschatz verfügen wir unser Leben lang und erweitern diesen ständig. „Der Erwerb einer Sprache stellt angesichts des grammatischen Regelsystems und des Umfangs des mentalen Wortschatzes eine der bedeutendsten mentalen Leistungen des Menschen dar“. (vgl. Schwarz 1992, 102). Hier stellt sich nun die Frage, wie unser Gehirn dieses enorme Wissen verwaltet und speichert, sodass wir jederzeit darauf Zugriff haben und wie dieser Speicher – unser mentales Lexikon – beschaffen ist. 1. Inhalt und Struktur des mentalen Lexikons 1.1. Wortschatzumfang des mentalen Lexikons „Im Anfang war das Wort. Doch als das zweite Wort hinzukam, fing der Ärger an. Denn mit ihm kam die Syntax, die so viele Leute ins Straucheln gebracht hat.“ (Simon 1981, 111 zitiert von Aitchison 1197, 302). Nichtsdestotrotz, unser mentales Lexikon enthält unser gesamtes Wissen über die Sprache, und zwar nicht nur das phonologische, artikulatorische, Seite 3 von 12 , morphologische, syntaktische sowie das Wissen über die Bedeutung von Wörtern, sondern auch Informationen über die Rechtschreibung und motorische Befehle zum Schreiben. Interessant ist nun zuallererst einmal festzustellen, auf wie viele Wörter sich der Wortschatz eines Erwachsenen beläuft. Einem Schätzwert zufolge, basierend auf Tests, durchgeführt an britischen Universitätsstudenten, verfügt jeder gebildete Erwachsene über ca. 50 000 aktiv benutzte Wörter, wobei sich diese Anzahl, berücksichtigt man auch Personen- und Ortsnamen, Redewendungen usw., noch erhöht. Weiters zeigten Experimente, dass Sprecher ein Wort ihrer Muttersprache innerhalb einer Fünftelsekunde vom Anlaut an erkennen und bis zu drei Wörter pro Sekunde produzieren. Dieser große Wortschatz und die Schnelligkeit mit der wir Wörter produzieren und erkennen, lassen nun darauf schließen, dass unser mentales Lexikon ausgezeichnet organisiert und systematisch strukturiert ist. 1.2. Struktur des mentalen Lexikons Wie sieht jedoch diese Struktur aus, sind die Wörter, ähnlich einem Wörterbuch, alphabetisch geordnet und gespeichert, ist unser mentales Lexikon also eine Art Mega-Enzyklopädie? Dem widerspricht die Tatsache, dass wir bei Versprechern nicht das Wort wählen, das dem gewünschten alphabetisch am nächsten steht, stattdessen produzieren wir meist eines mit ähnlicher Lautung und Schreibung, z.B. Anekdote statt Antipode. Auch die Bedeutung spielt hierbei eine Rolle, da auch Wörter mit ähnlichem Sinn verwechselt werden, z.B. „die Einwohner des Autos“ statt „die Insassen des Autos“. Im Gegensatz zu Wörterbüchern ist außerdem der Inhalt des mentalen Lexikons nicht begrenzt. Es werden ständig neue Wörter, oft schon während des Sprechens, hinzugefügt und ein Eintrag ist mit weitaus mehr Information versehen als dies je ein Wörterbucheintrag sein kann. Weiters wird in Wörterbüchern meist nur eine Aussprachemöglichkeit eines Wortes angeführt, wir verstehen jedoch auch unterschiedliche Aussprachevarianten eines Wortes. Dies sind einige Argumente die dafür sprechen, dass unser mentales Lexikon Wörter nicht in alphabetischer Abfolge speichert. Woraus lässt sich dann schließen, welche Struktur unser Wortspeicher aufweist? Wichtige Hinweise können uns dabei die von mir bereits oben erwähnten Versprecher, die uns allen hin und wieder unterlaufen, liefern. Diese Versprecher lassen sich in zwei Hauptgruppen einteilen, und zwar in so genannte Montagefehler und Selektionsfehler. Bei Montagefehler werden die richtigen Einheiten falsch angeordnet, wie z.B. Wurtworzel für Wortwurzel. Interessanter sind für uns jedoch Selektionsfehler, da hier augenscheinlich eine falsche Seite 4 von 12 , Einheit aus dem mentalen Wortspeicher ausgewählt wird. Solche Selektionsfehler basieren entweder auf Bedeutungsähnlichkeit, Lautähnlichkeit oder beidem, z.B. „Sie ist ökonomisch (ökumenisch) getauft worden.“ Wir können daher annehmen, dass viele Versprecher keine „Freudschen Versprecher“ sind, die gegen den Willen des Sprechers verdrängte Gedanken verraten, sondern dass sie uns viel eher Aufschlüsse über die Anordnung des mentalen Lexikons geben. Bei weiteren Untersuchungen wurde festgestellt, dass Wörter sehr wahrscheinlich als ganze Einträge gespeichert sind, wobei Flexionsendungen normalerweise beim Sprechen angehängt werden, hingegen sind Derivationspräfixe und –suffixe aber bereits mit ihrem Stamm verknüpft. Ein Sprecher ist jedoch auch in der Lage, Wörter bei Bedarf zu zerlegen „dabei greift er auf einen Speicher mit Hintergrundinformationen zurück, der mit dem „lexikalischen Werkzeugkasten“ gekoppelt ist, mit dessen Hilfe neue Wörter erzeugt werden können“ (vgl. Aitchison, 1997, 172). Wie produzieren wir nun aber diese Wörter und wodurch sind wir in der Lage, diese zu erkennen? Hier ist es hilfreich sich vorzustellen, dass Wörter wie Münzen zwei Seiten besitzen: Auf der einen Seite die Bedeutung und Wortart, die „Lemmata“ – die semantischsyntaktische Ebene, auf die Erzeugung von Sprache ausgerichtet, auf der anderen Seite die Wortformen, die Lautstrukturen – die phonetisch-phonologische Ebene, auf das Verstehen von Sprache ausgerichtet. Diese beiden Hauptkomponenten besitzen jedoch keine festen Grenzen, sondern überschneiden sich auch mit anderen Aspekten der Sprache. 2. Modelle zur Sprachproduktion und Spracherkennung: 2.1. Sprachproduktionsmodell nach W. Levelt Um zu erklären, welche Vorgänge bei der Wortproduktion und der Worterkennung vor sich gehen, wurden verschiedene Modelle und Theorien entwickelt. Nach dem Sprachproduktionsmodell von W. Levelt (1989) verläuft der Weg einer Wortproduktion über das Konzeptualisieren, Formulieren und Artikulieren. Im Konzeptualisator werden vorsprachliche Botschaften erstellt; das, was wir mitteilen möchten, wird dann in eine Form gebracht und dient als Eingabe für den Formulator. Dieser hat die Aufgabe, die syntaktische Struktur in eine lautliche Form zu bringen – die grammatische Enkodierung und phonologische Enkodierung. Der Artikulator wiederum hat die Funktion, die phonologische Form der Wörter artikulatorisch umzusetzen – die sprachliche Äußerung ist geboren. Seite 5 von 12 , 2.2. Interaktives Aktivierungsmodell Sehr anschaulich finde ich auch den Prozess der Wortproduktion und Worterkennung an Hand des interaktiven Aktivierungsmodelles erklärt. Hier wird die Wortsuche als elektrisches Netzwerk dargestellt, in dem der Strom zwischen verschiedenen Punkten hin- und herfließt. Dieser Strom aktiviert im semantischen Feld eine Gruppe von Wörtern, die für den gesuchten Begriff in Betracht kommen. Von hier fließt der Strom zu den entsprechenden phonologischen „Vorwahlnummern“ und aktiviert dort eine größere Anzahl von Wörtern. Danach werden diese wieder zurück in den semantischen Bereich geleitet, wo abermals weitere Wörter aktiviert werden. Während der Strom zwischen diesen Punkten hin- und herfließt, werden immer neue verwandte Wörter aktiviert. Bei Überprüfung aller aktivierter Knoten werden die Favoriten immer stärker erregt – sie leuchten, bildlich gesprochen, auf – während die weniger passenden schwächer werden. Dies geschieht so lange, bis das gewünschte Wort übrig bleibt. Es werden daher vielmehr Wörter aktiviert, als man benötigt, wie dies auch bei der Worterkennung der Fall ist, jedoch sind Ausgangspunkte des Worterkennens die Laute und nicht die Bedeutungen. Auch hier breitet sich eine Aktivierungswelle über die Wörter aus, wobei jeder identifizierte Laut sofort Verbindungen mit all den Wörtern herstellt, die einen ähnlichen Laut am ungefähr gleichen Ort aufweisen. Jedes in Frage kommende Wort wird nun mit seinen möglichen Bedeutungen verknüpft, danach werden mit Hilfe der Semantik die Laute und mit Hilfe der Laute die Bedeutung eingegrenzt. Wieder werden nun die Favoriten stärker erregt und die ungeeigneten Wörter allmählich unterdrückt, so lange, bis das passende Wort übrig bleibt. (Vgl. Aitchison 1997, 284). Diese Ausführungen lassen daher den Schluss zu, dass die von mir bereits oben erwähnten beiden Hauptkomponenten, zuständig für Worterzeugung und Worterkennung, verschieden strukturiert sind und mit anderen Gebieten der Sprache interagieren. 3. Erstsprachenerwerb Wie erwerben Kinder die Bedeutung von Wörtern? Jean Aitchison hat auf diese Frage folgendes Modell parat: “Im Wesentlichen haben Kinder drei unterschiedliche, wenn auch miteinander verknüpfte Aufgaben zu bewältigen: Sie müssen etikettieren, sortieren und ein Netzwerk bauen […]. Beim Etikettieren müssen kleine Kinder entdecken, dass Lautketten als Namen von Dingen benutzt werden können. Beim Sortieren müssen sie herausfinden, welche Dinge das gleiche Etikett erhalten. Und beim Netzwerk bauen müssen sie bestimmen, in welcher Beziehung die Wörter zueinander stehen.“(1997, 222) Seite 6 von 12 , Die Symbolbildung, das Etikettieren, das Erkennen der Zusammengehörigkeit einer bestimmten Lautkombination mit einem bestimmten Objekt, entwickelt sich in der Zeit vor dem zweiten Geburtstag. Dabei bezeichnen „frühe Wörter“ lediglich Situationen. (vgl. Aitchison 1997, 224) Beim Sortieren lernt das Kind Etiketten in allen Situationen richtig zu verwenden. Bei diesem Prozess kann es zu Fehlern wie Überdiskriminierungen und Übergeneralisierungen kommen. Bei der Überdiskriminierung sind Kinder „überkorrekt“, nehmen also für ein Wort ein kleineres Bedeutungsfeld an, als es tatsächlich der Fall ist. So fällt es manchem Kind schwer zu akzeptieren, dass das Wort „weiß“ sowohl Schnee, als auch ein unbeschriebenes Blatt Papier bezeichnen kann, weil es es in einem bestimmten Kontext kennen gelernt hat. Auf Übergeneralisierungen trifft man seltener, hierbei wird z.B. der Begriff „Ball“ für alles Runde verwendet. Es existieren drei Theorien, wie es zu Übergeneralisierungen kommen kann: Lückenfüllen: Auf Grund von Mangel an Wörtern ist das Kind gezwungen auf Wörter zurück zu greifen, die aus Erwachsenensicht dafür nicht geeignet sind. Geistiger Nebel (mental fog): Zu Beginn des Spracherwerbs erscheinen Bedeutungen unscharf und werden erst präziser, wenn das Kind die bruchstückhaften Einträge in seinem Lexikon genauer differenzieren kann. Falsche Analysen: Kinder gehen von Prototypen aus. Bei der Einteilung von neuen Objekten, die dem Prototyp ähneln, wählen sie oft andere Kategorien als Erwachsene. So kann etwa alles, was die Form eines Mondes hat, unabhängig von Größe und Beschaffenheit in die Kategorie Mond eingeordnet werden. (vgl. Aitchison 1997, 226ff.) Sprachliche Rückentwicklungen sind ein Indiz für den Bau und das Einpassen von Wörtern in ein semantisches Netzwerk. Möglicherweise erkennt ein Kind, dass zwei Wörter ähnliche Bedeutungen haben, aber nicht, wie es sie im Zusammenhang mit anderen Satzteilen richtig selektiert und anwendet. 3.1. Studie zum Erwerb der Kategorien Nomen und Verb im Deutschen und Koreanischen Diese Untersuchung von Christina Kauschke beschäftigt sich mit der Frage, ob die zeitliche Abfolge des Auftretens verschiedener Wortarten im Lexikonerwerb sich nach generellen kognitiven Mustern richtet oder von Beginn an Charakteristika der Muttersprache orientiert ist. Existieren psychologische Beziehungen zwischen Sprache und Kognition? Am Beispiel Seite 7 von 12 , des Erwerbs der grammatischen Kategorien Nomen und Verb untersucht die Autorin, ob die Erwerbsreihenfolge der Wortarten sprachübergreifende sprachspezifische Muster zeigt. Die Unterscheidung zwischen Nomen und Verben ist wichtig, damit Wörter gewissen Kategorien zugeordnet werden können. Für die Studie wird die Theorie von Genter als Grundstein verwendet. Sie besagt, dass die Beziehung zwischen der wahrnehmbaren Welt und der Wortart beim Nomen enger ist als bei Verben. Deshalb erfolgt der Erwerb von Verben langsamer (vgl. Kauschke 2003, 17) und verhilft dem Nomen laut noun bias-Hypothese1 so zu seinem Status als dominierende Wortart. Ein Stolperstein für diese Hypothese sind die empirischen Studien, die sich auf die Sprachentwicklung bei Kindern im asiatischen Raum, speziell im Mandarin-Chinesischen und im Koreanischen, beziehen. „In diesen Sprachen wird das Verblexikon simultan zum Nomenlexikon […] aufgebaut.“ (Kauschke 2003, 19) Eine Erklärung dafür liefern folgende Charakteristika der Sprachen: Koreanisch ist ein SOVSprache, somit steht das Verb am Satzende und ist für das Kind besonders gut wahr zu nehmen. Zudem sind Koreanisch und Mandarin pro-drop-Sprachen, d.h. Subjekte werden oft weggelassen. Doch auch der Input ist sprachspezifisch. Chinesische und koreanische Mütter verwenden häufiger Verben und handlungsgerichtete Äußerungen als englische Mütter, die Nomen bevorzugen und sich auf Objekte beziehen und diese benennen. Diese Beobachtungen resultieren aus dem freien Sprechen, beim abendlichen Vorlesen eines Buches etwa dominiert in beiden Sprachen die Verwendung von Nomen. (vgl. Kauschke 2003, 19f) Im Jahr 200 kam die Forschungsgruppe um M. Kim auf Grund ihrer Studie Early lexical development in English- und Korean-speaking chlidren: language-general and languagespecific patterns zu dem Schluss, dass im Lexikonerwerb sowohl allgemein-kognitive, sprachübergreifend wirkende Erwerbsprinzipien als auch sprachspezifische Besonderheiten von Bedeutung sind. Für Ersteres spricht die Beobachtung, dass in beiden Sprachen zum Zeitpunkt des 50-Wort-Stadiums mehr Nomen als Verben erworben werden, obwohl der koreanische Input Verben betont. Der bedeutend größere Anteil an Verben bei koreanischen Kindern geht hingegen auf die oben erwähnten sprachspezifischen Charakteristika des Inputs zurück, was sich im frühen Wortschatz der Kinder zeigt. (vgl. Kauschke 2003, 29). “It seems that English-speaking children learn nouns, and particularly nouns whose referents are simple objects or individuals, before they learn predicate terms." (Gentner, 1982) 1 Seite 8 von 12 , 4. Sprachstörungen und Sprechstörungen Man unterscheidet zwischen einer Sprachstörung, bei der die gedankliche Erzeugung von Sprache gestört wird, und einer Sprechstörung, die bei der motorischen Erzeugung von Lauten auftritt. 4.1 Sprachstörungen Eine Sprachentwicklungsstörung (SES) zeichnet sich durch nicht altersgemäße Fertigkeiten Aussprache, Wortschatz und Satzbau betreffend aus. Wenn die Fähigkeit zu sprechen ursprünglich vorhanden war und durch die Folgen eines Unfalls, eines Tumor oder Ähnliches verloren gegangen ist, spricht man von Sprachabbau und –verlust (Aphasie). Störungen der Schriftsprache nennt man Dyslexie und Dysgraphie Dysgrammatismus bezeichnet die Unfähigkeit, Sätze nach den Regeln der Grammatik und Syntax korrekt zu bilden. Darunter fallen Fehler der Wortbeugung und der Wortstellung im Satz sowie Fehler bei der Kongruenz von Subjekt und Verb. Dabei kann man folgende Unterteilung entsprechend der Steigerung der Störung vornehmen: o paragrammatisch: Die Regeln der Satzbildung werden beachtet, zwei Sätze jedoch zu einem verschmolzen, z.B. Ich war in Köln bin ich gewesen. o agrammatisch: Satzbildende grammatische Elemente wie Artikel werden weg gelassen, z.B. Laden gehen einkaufen. o Ein- oder Zweiwortsätze: Hier ist kein vollständiges Satzmuster mehr erkennbar. (vgl. Geriatrisches Symposium) Man spricht im Allgemeinen von einer lexikalisch-semantische Störung, da in der Regel Mischformen der folgenden zwei untergeordneten Kategorien vorherrschen. o Konzeptuell semantische Störungen können sich durch fehlenden Bedeutungsgehalt, z.B. in der Unfähigkeit Obst und Gemüse zu unterscheiden, während die Differenzierung bei Tieren funktioniert, ausdrücken. o Lexikalische Zugriffsstörungen könnte man auch als Wortfindungsstörungen bezeichnen. Häufige Wörter bleiben aktivierbar, seltenere nicht. (vgl. Wikipedia) Seite 9 von 12 , 4.2 Sprechstörungen Zu den Sprechstörungen gehören die bekannten Redeflussstörungen, die sich durch Unterbrechungen des Sprechablaufs, Pausen, Wiederholungen und Einschübe auszeichnen. Hierbei betrachtet man folgende Varietäten: Stottern: Es kann zwischen der Wiederholung einzelner Buchstaben zu Beginn des Sprechens und dem Steckenbleiben im Redefluss unterschieden werden. Begleitend zum Stottern kommt es häufig zum Anspannen des Körpers beim Sprechen. (vgl. Inwert 1978, 116ff) Beim Stammeln fehlen in der Sprache einzelne Laute, die durch andere ersetzt werden. Darunter fällt das bekannte Lispeln ( Sigmatismus ) oder das fehlerhafte Aussprechen des „R“( Rhotazismus ). (vgl. Führing 1978, 51) Poltern bezeichnet eine verwaschene Aussprache, die durch zu schnelles Reden und Verschlucken von Lauten entsteht. Außerdem vertauschen die Betroffenen oft aufeinander folgende Laute und es kommt zu Verschmelzungen zweier Wörter / zweier Sätze. Anders als beim Stottern verbessert sich das Sprechen, wenn sich die Person auf den Sprechvorgang konzentriert. Auch Wiederholungen von Lauten oder Zögern im Redefluss kommen beim Poltern nicht vor. (vgl. Führing 1978, 147f) Schlussbetrachtung Die überaus umfangreichen Forschungen, die sich mit den Vorgängen unseres mentalen Lexikons beschäftigen, ergeben faszinierende Einblicke in diese Materie, wenn auch noch teilweise mit widersprüchlichen Resultaten. Wir haben uns in dieser Arbeit mit dem Aufbau und der Struktur unseres Wortspeichers beschäftigt und sind dann auf die Wortproduktion und Worterkennung näher eingegangen. Weiters haben wir uns mit dem sich regional unterscheidenden Erstsprachenerwerb und Sprach- und Sprechstörungen befasst. Bei der Arbeit an diesem Projekt sind wir zu dem Schluss gekommen, dass es neben den bisher bereits existierenden Forschungsergebnissen für Sprachwissenschafter auf diesem Gebiet sicherlich noch viel zu tun gibt, um die Rätsel des menschlichen Wortspeichers mit seinen großartigen Leistungen vielleicht in Zukunft einmal endgültig lösen zu können. Seite 10 von 12 , Literaturverzeichnis: Aitchison, Jean (1997): Wörter im Kopf. Eine Einführung in das mentale Lexikon. Tübingen: Max Niemeyer Verlag. Butzkamm, Wolfgang / Butzkamm, Jürgen (1999): Wie Kinder sprechen lernen. Kindliche Entwicklung und die Sprachlichkeit des Menschen. Tübingen: Francke Cherubim, Dieter (Hrsg.) (1980): Fehlerlinguistik. Beiträge zum Problem der sprachlichen Abweichung. Tübingen: Max Niemeyer (Germanistische Linguistik, 24). Dittmann, Jürgen: Wörter im Geist. Das mentale Lexikon. In: Dittmann & Schmidt (Hrsg.): Über Wörter. Freiburg: Rombach 2002. Führing, Maximilian [u. a.] (1978): Die Sprachfehler des Kindes und ihre Beseitigung. 7.Aufl. Wien: Österreichischer Bundesverlag Inwert, Hans: Zur Symptomatik und Therapie des Stotterns. In: Brennpunkte der Patholinguistik (1978). Hrsg. von Günter Peuser. München: Wilhelm Fink (Patholinguistica, Bd.2) Kauschke, Christina: Der Erwerb der Kategorien Nomen und Verb im Deutschen und Koreanischen. Eine sprachvergleichende Untersuchung. In: Spracherwerb und Konzeptualisierung. Hrsg. von Stefanie Haberzettel und Heide Wegener. Frankfurt am Main: Peter Lang 2003. S. 15-33. Linke, Angelika / Nussbaumer, Markus/Portmann, Paul R. (2004): Studienbuch Linguistik. 5., erweiterte Auflage. Tübingen: Niemeyer (= Reihe Germanistische Linguistik 121). Meibauer, Jörg / Rothweiler, Monika (Hrsg.) (1999): Das Lexikon im Spracherwerb. Tübingen, Basel: Francke (UTB für Wissenschaft, mittlere Reihe, 2039) Schwarz, Monika (1996): Einführung in die kognitive Linguistik. 2., überarbeitete und aktualisierte Auflage. Tübingen/Basel: Francke (= UTB 1636). Seite 11 von 12 , Frank Rosenbauer: Wie funktioniert Lesen? Online im Internet: URL:http://rosenbauer.de/funktioniert_lesen.htm [Stand 22.3.2006] Kirsten Biedermann: Sprachstörungen. Online im Internet: URL: http://www.sprachheilberater.de/Sprachstoerungen.htm [Stand 22.3.2006] Wikipedia: Sprachstörung. Online im Internet: URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Sprachst%C3%B6rung [Stand 22.3.2006] Wikipedia: Sprechstörung. Online im Internet: URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Sprechst%C3%B6rung [Stand 22.3.2006] Geriatrisches Symposium: Sprache und Sprechen. Online im Internet: URL: http://www.aphasie-station.de/symposium901/sprache_und_sprechen.htm [Stand 27 Seite 12 von 12