Pubertätsgebundene antisoziale Tendenz

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Differentielle Psychologie
Zusammenfassung: Asendorpf – Psychologie der Persönlichkeit (3.Aufl.)
Kapitel 6: Persönlichkeitsentwicklung
Das Dynamisch- interaktionistische Paradigma geht von langfristigen Eigenschaftsänderungen
trotz mittelfristiger Stabilität aus. Ändern sich einzelne Eigenschaftswerte einer Person, ändert
sich auch ihre Persönlichkeit im Sinne der Gesamtheit aller Persönlichkeitseigenschaften:
Persönlichkeitsentwicklung hat stattgefunden.
Auch eine Stabilisierung oder Destabilisierung zählt als Persönlichkeitsentwicklung.
Langfristige Persönlichkeitsentwicklung zwischen zwei Zeitpunkten setzt also eine mittelfristig
stabile Persönlichkeit zu einem der beiden Zeitpunkte voraus.
6.1 Stabilität, Kontinuität und Vorhersagekraft
6.1.1 Individuelle, universelle und differentielle Entwicklung
Im Alltag geht man davon aus, dass Persönlichkeitsveränderung stattfindet, wenn eine
Verhaltenstendenz nicht konstant ist.
In der empirischen Persönlichkeitspsychologie wird Persönlichkeitsentwicklung aber als
differentielle Veränderung gesehen.
Beispielsweise wenn die Intelligenzleistung von Peter innerhalb eines Jahres konstant bei 18
Punkten bleibt, obwohl altersgemäß eine Steigerung hätte eintreten müssen, dann liegt eine
Persönlichkeitsveränderung vor.
Man vergleicht eine Person also immer mit der Mehrheit einer Population. Differentielle
Entwicklung bedingt langfristige Instabilität und umgekehrt. Wenn der durchschnittliche
Entwicklungsverlauf einer Merkmalsausprägung steigt, der individuelle Entwicklungsverlauf einer
Person aber konstant bleibt, so fällt der differentielle Entwicklungsverlauf, der sich durch den
Vergleich des individuellen mit dem durchschnittlichen Entwicklungsverlauf ergibt.
Merke: Im Verlauf des Erwachsenenalters nimmt der Neurotizismus ab, während
Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit zunehmen; bei Extraversion ergeben sich
unterschiedliche Veränderungen je nach Unterfaktor. Hierbei handelt es sich um
durchschnittliche Entwicklungsveränderungen, nicht um Persönlichkeitsentwicklung im
strengen Sinne.
Methodenproblem: nur Längsschnittstudien sind geeignet um Altersveränderungen von
Kohorteneffekten zu unterscheiden.
Merke2: Durchschnittliche Entwicklungsveränderungen können durch intrinsische
Reifungsprozesse, aber auch durch durchschnittliche Umweltveränderungen bedingt
sein. Ein Beispiel für Letzteres ist der neurotizismussenkende Effekt der ersten
Partnerschaft.
Merke3: Durchschnittliche Entwicklungsveränderungen basieren immer auf
individuellen Entwicklungsverläufen, die sich darin unterscheiden, ob, wann und wie
stark die Veränderung im Einzelfall eintritt. Unterschiede im Ausmaß der Veränderung
können zu Persönlichkeitsveränderungen führen.
1
6.1.2 Langfristige Stabilität von Eigenschaften
Längsschnittstudien mit vielen Messwiederholungen sind am umfassendsten für die empirische
Untersuchung. Allerdings sind sie extrem aufwendig!
Wenn man langfristige Stabilität von Eigenschaften untersucht, reichen oft auch „Zwei-PunktStudien“ aus. Dies wäre dann die ausgedehnte mittelfristige Stabilität (Retestreliabilität).
Persönlichkeitsstabilität ist ungerichtet (es ist egal, ob einzelne Werte zu- oder abnehmen – im
Gegensatz zur Persönlichkeitsveränderung).
Deshalb sind Stabilitätsaussagen nicht so aussagekräftig, wie Aussagen zur gerichteten
Veränderung.
Die vier Prinzipien der Stabilität von Eigenschaften:
Korrelationen beschreiben die mittlere Stabilität von Eigenschaften in der betrachteten
Stichprobe, nicht der einzelnen Person! (Längsschnittstudien zu zwei Messzeitpunkten T1 und
T2:
1.) Stabilität sinkt in vergleichbarem Alter mit wachsendem Retestintervall. Dies Kurve lässt
sich annähernd durch die Funktion r21= R mal rª beschreiben, wobei r21diebeobachtete
Stabilität zwischen T1 und T2, R die kurzfristige Retestreliabilität der Messung, r die
wahre Einjahresstabilität und a die Länge des Retestintervalls in Jahren ist.
2.) Stabilitäten sind für unterschiedliche Persönlichkeitsbereiche unterschiedlich hoch. Am
stabilsten ist der IQ, mittelhoch stabil sind Temperamentseigenschaften und am
wenigsten stabil sind allgemeines Selbstwertgefühl und Lebenszufriedenheit.
3.) Für viele Eigenschaften sinkt die Stabilität mit zunehmend instabiler Umwelt
4.) Bei Kindern und Jugendlichen ist die Stabilität über ein Testintervall fester Länge meist
umso geringer, je jünger die untersuchte Stichprobe ist. Im Erwachsenenalter sind die
Ergebnisse unabhängig vom ersten Messzeitpunkt. Im hohen Alter können die
Stabilitäten wieder sinken.
Im Alter destabilisieren sich viele Eigenschaften wieder, während es im Verlauf von
Kindheit und Jugend pubertätsbedingt zu einer vorübergehenden Destabilisierung
kommen kann. (entgegen dem Trend zu einer zunehmenden Stabilisierung von
Eigenschaften im Verlauf d. Kindheit.)
Die allgemein zunehmende Stabilisierung von Persönlichkeitseigenschaften hat folgende
Ursachen:
- zunehmende Reliabilität der Eigenschaftsmessungen
- Stabilisierung des Selbstkonzepts (Selbstkonsistenzerhöhende Tendenzen in der
Selbstwahrnehmung, Selbsterinnerung und Selbstdarstellung, siehe 4.7.3)
- Wachsender Einfluss der Persönlichkeit auf die Umwelt - dynamisch-interaktionistische
Sicht. Kinder sind bis zu gewissem Alter „Gefangene ihrer Familie und das
Ausbildungssystems. Je älter sie werden, desto mehr können sie ihre Umwelt auch
beeinflussen. (Z.B. wählt man sich eine zu sich ähnliche Umwelt – sei dies der aggressive
Freundeskreis, oder der gleichintellektuelle Ehepartner – und stabilisiert somit die eigenen
Eigenschaften (Aggressivität, IQ) ) (kumulative Stabilität) - Bezug zu
Entwicklungspsychologie!!!
Abgesehen von Messproblemen in der Kindheit schein die zunehmende Stabilität der
Persönlichkeit u. a. auf einer Stabilisierung des Selbstkonzepts und auf einem
zunehmenden Persönlichkeitseinfluss auf die eigene Umwelt zu beruhen.
2
Merke2: Die Stabilität sozial-emotionaler Persönlichkeitseigenschaften wächtst bis zum
Alter von 50 Jahren diskontinuierlich an und erreicht dort ein sehr hohes Niveau. Dies ist
unvereinbar mit der Auffassung, die Persönlichkeit werde bereits in der frühen Kindheit
weitgehend geprägt. (gegen psychoanalytische Auffassung)
6.1.3 Stabilität der Persönlichkeit
Im vorigen Abschnitt wurde die variablenorientierte Sicht eingenommen, es wurde über die
Stabilitäten einzelner Persönlichkeitseigenschaften diskutiert.
Um die Stabilität der Persönlichkeit im Sinne des gesamten Eigenschaftsmusters zu untersuchen,
muss die individuumzentrierte Sicht eingenommen werden.
Eine zunehmende Stabilisierung findet sich nicht nur für einzelne Eigenschaften,
sondern auch für Eigenschaftsprofile. Meist wird die Korrelation über die Items von QSort-Profilen (siehe 2.4.3) bestimmt.
Resilienz:
Konstrukt, das dem ersten Faktor der Q-Faktorenanalyse des verwendeten Q-Sort-Verfahrens
entspricht (4.1.2) – resiliente Kinder sind charakterisiert durch diverse sozial erwünschte
Eigenschaften (kognitive und soziale Kompetenz..
Je höher die Resilienz der Kinder, desto höher die Stabilität im nachfolgenden
Altersintervall.
Dieser Zusammenhang dürfte auf einer besseren Umweltkontrolle resilienter Kinder (was aber
auch erleichtert in einer stabilen Umwelt entwickelt werden kann) oder auf interindividuellen
Unterschieden in der Umweltstabilität (einschließlich Kohärenz des Eindrucks von
Bezugspersonen) beruhen.
Merke: Es gibt im Kindesalter einen deutlichen Zusammenhang zwischen Resilienz und
Persönlichkeitsstabilität, der auf einer besseren Umweltkontrolle resilienter Kinder oder
auf interindividuellen Unterschieden der Umweltstabilität beruhen dürfte.
6.1.3 Kontinuität von Eigenschaften
Zwei zusätzliche Gründe für die zunehmende Stabilisierung von
Persönlichkeitseigenschaften:
- zunehmende Konstruktvalidität von Eigenschaftsmessungen
- zunehmende Kontinuität von Eigenschaftskonstrukten
Vgl. mit Schmetterling: welche Eigenschaften hat eine Raupe, die auf die spätere
Flügelausprägung schließen lässt?
Hohe Stabilität  hohe Kontinuität eines Konstrukts (und hohe Konstruktvalidität)
Niedrige beobachtete Stabilität:
- Personen könnten sich tatsächlich differentiell, also auch auf Konstruktebene entwickelt
haben
- Eigenschaftskonstrukt weist zwar Kontinuität auf, aber mindestens eine der
Eigenschaftsmessungen sind nicht konstruktvalide (3.2.3)
- Eigenschaftskonstrukt weist keine Kontinuität zwischen den Messzeitpunkten auf – d.h.
die beiden verglichenen Messungen beziehen sich auf unterschiedliche Konstrukte.
3
Merke: Aus einer hohen beobachteten Stabilität folgt eine hohe Kontinuität und Stabilität
des Eigenschaftskonstrukts und eine hohe Konstruktvalidität der Eigenschaftsmessung
zu beiden Zeitpunkten. Eine niedrige beobachtete Stabilität kann auf einer niedrigen
Kontinuität oder Stabilität des Eigenschaftskonstrukts oder an einer niedrigen
Konstruktvalidität einer oder beider Eigenschaftsmessungen liegen.
Schon im Alter von wenigen Monaten kann Intelligenz valide gemessen werden. Die so
erfasste Intelligenz zeigt bis in die späte Kindheit hinein eine gewisse Stabilität (und
damit auch Kontinuität). Die mit den Bayley-Skalen gefundenen viel geringeren
Stabilitäten gehen offensichtlich darauf zurück, dass diese Skalen Intelligenz im
Säuglingsalter nur schlecht erfassen.
Homotype (gleichartige) Stabilität:
Dasselbe Messverfahren wir in unterschiedlichem Alter angewandt.
Heterotype (andersartige ) Stabilität:
Das Messverfahren variiert mit dem Alter, soll aber dasselbe Konstrukt erfassen
Die Korrelation zwischen visuellem Wiedererkennen im Säuglingsalter und späterem IQ
ist ein Beispiel für eine hohe heterotype Stabilität.
Beispiel für heterotype Stabilität:
Aggression in einer Längsschnittstudie on Huesmann (1984):
Die Aggressivitätseinschätzung im Alter von 8 Jahren sagt die Zahl der Verurteilungen wegen
krimineller Vergehen vorher. (Auch kann die Aggressivität der Eltern dies vorhersagen!)
 Hier zeigt sich, dass die Korrelationen zwischen Eltern und Kind höher waren, als die
Stabilitäten für ein und dieselbe Person bei gleichem Testabstand.
 Erklärung durch Diskontinuität v. Aggressivität zwischen 8J. und 30J.
Merke: Bei diskontinuierlichen Konstrukten unterschätzen homotype Stabilitäten die
Zusammenhänge auf Konstruktebenen. In diesem Fall können heterotype Stabilitäten
höher ausfallen, wenn sie sich auf jeweils altersangemessenen Operationalisierungen
beziehen.
Merke2: Die Kontinuität von Konstrukten lässt sich nicht nur über die beobachtbare
homo- oder heterotype Stabilität der Konstruktindikatoren prüfen, sondern auch über
zeitliche Konstanz des nomologischen Netzwerkes, das das Konstrukt umgibt. (Beispiel
IQ: Vorhersageleistung für Leistungskriterien in vielen Alterstufen gut) Die Big Five
zeigen eine solche Kontinuität ab dem Kindergartenalter selbst dann, wenn
Erfassungsinstrument und Urteiler wechseln.
6.1.5 Langfristige Vorhersagekraft der Persönlichkeit
Da die Stabilität von Persönlichkeitseigenschaften in der frühen Kindheit niedrig ist, stellt sich die
Frage, ob man aus solchen Persönlichkeitseigenschaften überhaupt überzufällige Prognosen bis
ins Erwachsenenalter erstellen kann?!
Metanalyse von Caspi & Silva (1995):
Unterkontrolliertheit und Gehemmtheit im Alter von 3 Jahren sind Risikofaktoren für
einige psychiatrische und kriminelle Auffälligkeiten. Die weitaus meisten
unterkontrollierten oder gehemmten Kinder entwickeln sich jedoch normal.
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Merke2: Niedrige Gewissenhaftigkeit und hohe Fröhlichkeit waren bei den
hochintelligenten Kindern der Terman-Studie Risikofaktoren für einen frühen Tod. Dies
liegt vermutlich an ihrer Leichtsinnigkeit, die u.a. einen ungesunden Lebenswandel und
vermehrte Unfälle fördert. Würden weniger intelligenten Kinder mit berücksichtigt,
dürften diese Risiken noch stärker ausgeprägt sein.
Merke3: In der Nonnen-Studie erhöhte eine positive Einstellung zum Leben im jungen
Erwachsenenalter deutlich die Lebenserwartung. Dies kann wegen der risikoarmen
Umwelt im Kloster kaum auf Frauen insgesamt und erst recht nicht auf Männer
generalisiert werden. Deshalb besteht kein Widerspruch zu den Ergebnissen der
Terman-Studie
Merke4: Die Vorhersagekraft von Persönlichkeitseigenschaften steigt mit zunehmendem
Alter bei der Persönlichkeitserfassung; dies liegt an der zunehmenden Stabilität der
Eigenschaften.
6.1.6 Diskussion
Die Tradition immer von langfristig stabilen Eigenschaftskonstrukten zu suchen, hat wenig
praktischen Nutzen.
Denn bei langfristiger hoher Stabilität (und somit auch Kontinuität) liegt keine bedeutsame
differentielle Entwicklung vor.
Persönlichkeitsentwicklung erfordert niedrige langfristige Stabilität.
Niedrige Stabilität kann aber auch an Messproblemen oder Diskontinuitäten liegen.
Wichtiger sind daher Analysen der Einflüsse auf die Persönlichkeit und ihre Entwicklung!
6.2 Einflüsse auf die Persönlichkeitsentwicklung
Monokausale Erklärungen der Form „eine Ursachen- eine Wirkung“ halten in der
Persönlichkeitspsychologie empirischen Überprüfungen nicht stand. Dazu ist der
Prozess der Persönlichkeitsentwicklung zu komplex.
Aus Bedingungen (Risiken) kann nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit eine Wirkung
vorausgesagt werden.
Erklärt werden sollen nicht Eigenschaftswerte einer Person, sondern die
Eigenschaftsunterschiede in einer bestimmten Population.
6.2.1 Direkte und indirekte Einflussschätzung
A B
B A
A B
C  A, B (C kann also eine Drittvariable sein!)
Was ist ein guter Prädiktor? Ein guter Prädiktor ist einer, der inkrementelle Validität besitzt, d.h.
der viel Varianz am Kriterium aufklärt. Dazu rechnet man Pfadanalysen / multiple Regressionen.
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Mediationsanalyse: Je niedriger der Pfadkoeffizient des schwächeren Prädiktors ist (relativ zu
seiner Korrelation mit der Eigenschaft), desto stärker ist sein Effekt indirekt über den anderen
Prädiktor vermittelt.
Bei der indirekten Einflussschätzung wird die Persönlichkeitsähnlichkeit der Partner in
bestimmten Personenpaaren interpretiert als Ausdruck gemeinsamer Einflüsse auf ihre
Persönlichkeit. Die Ähnlichkeit ist das Ergebnis aller ähnlich und unähnlich machenden
Wirkungen.
6.2.2 Relativer Einfluss von Genom und Umwelt
Grundbegriffe der Populationsgenetik:
Die Populationsgenetik interessiert sich für genetische Unterschiede zwischen Mitgliedern
derselben Population.
Genom = Genotyp: ändert sich nicht im Laufe des gesamten Lebens (abgesehen von
pathologischen Veränderungen), in allen Zellen gespeichert.
Genetische Ähnlichkeit bei verschiedenem Verwandtschaftsgrad:
Elter – Kind: 50 %
Großeltern – Kind: 25 %
Geschwister unterschiedlichen Alters: 50 %
Zweieiige Zwillinge: 50 %
Eineiige Zwillinge: 100%
Adoptiveltern – Kind: 0 %
Adoptivgeschwister: 0%
Genetische Einflussschätzungen sind von der vorhandenen Variabililtät der Genome und
Umwelten in der untersuchten Population abhängig.
Genom-Umwelt-Kovarianzen:  6.2.5
Varianz einer Eigenschaft X = genetischer Anteil + Umweltanteil + Fehleranteil
V(X) = V(G) + V(U) + V(F)
Aussagen über den genetischen Einfluss auf Eigenschaften sind populationsabhängig! (z.B. wenn
unqualifizierte Leute als Lehrer eingestellt werden, erhöht sich die Variabilität des
Schulunterrichts  Erhöhung des Umwelteinflusses auf Schulleistung, da bestimmte Schüler
durch sehr schlechten Unterricht benachteiligt würden)
Genetische Einflussschätzungen für eine bestimmte Eigenschaft können von Kultur zu
Kultur und auch zwischen verschiedenen historischen Zeitpunkten der Entwicklung ein
und derselben Kultur variieren.
Zwillings- und Adoptionsmethode:
Der genetische Einfluss auf eine Eigenschaft lässt sich durch diese unabhängigen Methoden
indirekt schätzen.
Zwillingsmethode:
- Annahme, dass Umweltvarianz von ein- und zweieiigen Zwillingen gleich groß
ist.
- Größere Ähnlichkeit eineiiger Zwillinge liegt also nur noch an der größeren genetischen
Ähnlichkeit.
6
-
Die Differenz der Korrelationen der Eigenschaft zwischen ein – und zweieiigen
Zwillingspaaren schätzt 50 % des genetischen Varianzanteils.
Bsp: Korreliert der IQ zwischen älteren eineiigen Zwillingen in westlichen Kulturen
typischerweise um 0,85 und zwischen älteren zweieiigen Zwillingen um 0,60.
Daraus ergibt sich ein genetischer Anteil an der IQ-Varianz von 2 * 25 % = 50 %.
Adoptionsmethode:
- Annahme, dass die Umweltvarianz von Adoptivgeschwistern so groß ist wie die
Umweltvarianz leiblicher Geschwister.
- Größere Ähnlichkeit von leiblichen Geschwistern beruht dann nur noch auf ihrer
größeren genetischen Ähnlichkeit.
- Da leibliche Geschwister durchschnittlich 50% ihrer Allele teilen, Adoptivgeschwister
jedoch keine, schätzt die doppelte Differenz zwischen den Korrelationen für leibliche
und Adoptivgeschwister den genetischen
- Bsp. IQ:
gleiches Ergebnis wie Zwillingsmethode:
IQ korreliert bei leiblichen Geschwistern um 50 % und zwischen Adoptivgeschwistern
um 0,25  genetischer Anteil an der IQ-Varianz von 50 %
Bei einer Reliabilität von 0,90 beträgt der Fehleranteil an der IQ-Varianz 10 %; (genetische
Varianz von 50 %) damit verbleiben für die Umweltvarianz 40 %.
Mittlere Korrelation von Persönlichkeitseigenschaften zwischen leiblichen Geschwistern:
0,19 %.
Merke: Während die Zwillings- und Adoptionsmethode im Falle des IQ zum gleichen
Ergebnis kommen, führt die Zwillingsmethode bei Persönlichkeitsurteilen regelmäßig zu
höheren genetischen Einflussschätzungen als die Adoptionsmethode.
Dies kann drei Gründe haben:
1) es gibt nichtadditive Effekte einzelner Allele (Wechselwirkungen). Z. B. kann eine
bestimmte Allelkombination Effekte haben, die einzelne Allele nicht haben.
Die Wahrscheinlichkeit, dass zweieiige Zwillinge die gleichen Allelkombinationen haben,
sinkt mit zunehmender Allelzahl (bei zwei: 25%; bei drei: 12,5 %, bei 10: 0,01%).
 Überschätzung der genetischen Varianz durch die Zwillingsmethode, Unterschätzung
durch die Adoptionsmethode
 gleiches Ergebnis bei IQ deutet darauf hin, dass es hauptsächlich durch additive
Effekte zustande kommt, bei Persönlichkeitsurteilen scheinen auch nicht-additive Effekte
eine Rolle zu spielen
2) Die Umwelt von eineiigen Zwillingen ist wahrscheinlich ähnlicher. (empirisch allerdings
nicht nachgewiesen.)
3) Kontrasteffekt:
Üblicherweise handelt es sich bei den Methoden zur Persönlichkeitsbeurteilung um
Selbst- und Elternurteile. Die Urteiler übertreiben Unterschiede zwischen den
Geschwistern, weil sie diese primär untereinander und nur sekundär mit anderen Kindern
vergleichen.
Die Zwillingsmethode überschätzt bei Persönlichkeitsbeurteilungen den genetischen
Einfluss, sofern es nichtadditive genetische Einflüsse oder Kontrasteffekte bei der
Beurteilung gibt.
Merke: Bei Beurteilungen durch Eltern, Geschwister, Freunde oder die Geschwister
selbst können Kontrasteffekte auftreten, die bei Zwillings- und Adoptionsmethode zu
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einer Überschätzung des genetischen Einflusses führen. Nichtadditive genetische
Einflüsse haben dagegen gegenläufige Effekte (Überschätzung des genetischen
Einflusses bei der Zwillingsmethode, Unterschätzung bei der Adoptionsmethode.
W eitere Probleme der beiden Schätzmethoden:
- selektive Platzierung (Adoptivkinder werden an Familien ähnlicher sozialer Schicht
vermittelt.)
 Unterschätzung genetischer Varianz
- eingeschränkte Umweltvarianz (Adoptivfamilien sind alle ähnlich, weniger Varianz als in
normalen Familien)
 Unterschätzung schichtabhängiger Umwelteffekte
- Homogamie:
Zwillingsmethode: Unterschätzung des genetischen Varianzanteils
Adoptionsmethode: Überschätzung des genetischen Varianzanteils
Merke: Die eingeschränkte Umweltvarianz in Adoptivfamilien führt zu einer
Überschätzung des genetischen Einflusses durch die Adoptionsmethode.
Zusammenfassende Tabelle:
Methode / Problem
Zwillingsmethode:
Auswirkung auf die Schätzung des
genetischen Einfluss
Nichtadditive genetische Effekte
Homogamie
Umwelt eineiiger Zwillinge ist ähnlicher aus
nichtgenetischen Gründen
Überschätzung
Unterschätzung
Überschätzung
Nichtadditive genetische Effekte
Homogamie
Selektive Platzierung
Umweltvarianz zwischen Adoptivfamilien
gering
Unterschätzung
Überschätzung
Unterschätzung
Überschätzung
Adoptionsmethode:
Ein aufwendiger aber aussichtsreicher Ansatz sind Kombinationsstudien, in denen versucht wird
oben genannte Probleme bestmöglich zu kontrollieren.
Die meisten Studien zum genetischen Einfluss auf sozial-emotionale
Persönlichkeitseigenschaften beziehen sich auf Selbst- und Fremdbeurteilungen.
Aber:
Für die Big Five wurden bei Verhaltensbeobachtungen ähnliche genetische Einflüsse
gefunden wie bei Beurteilungen in Fragebögen.
3 Schlussfolgerungen für relativen genetischen Einfluss auf Eigenschaften:
1) Es gibt substantiellen genetischen Einfluss auf getestete Fähigkeiten und beurteilte
Eigenschaften
2) Es lassen sich keine Eigenschaftsbereiche ausmachen, die stärker als andere genetisch
beeinflusst sind
3) Der Anteil der nichtadditiven genetischen Varianz variiert deutlich: Beim Kulturfaktor sehr
gering, bei den anderen 4 Faktoren deutlich.
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Das Argument, Kinder aus ungünstigen sozialen Verhältnissen profitieren intelligenzmäßig stark
von Adoption in höhere Schicht ist kein schlagkräftiges gegen den genetischen Einfluss:
Das 95% Intervall von genetisch geschätzter Intelligenz liegt bei +/- 21 Punkten.
Merke: Ein genetischer Varianzanteil von 50% wie z.B. im Falle des IQ lässt eine
erheblich umweltbedingte Variation der Eigenschaftswerte zu, ein Umweltvarianzanteil
von 50% eine erheblich genetisch bedingte Variation der Eigenschaftswerte.
Merke2: Je besser ein spezifischer Faktor allgemeine Intelligenz erfasst, desto größer ist
sein genetischer Varianzanteil (g-Faktor)
Merke3: Schätzungen des relativen genetischen Einflusses auf
Persönlichkeitsunterschiede sind abhängig von der untersuchten Kultur und
Altersgruppe.
Missverständnis: genetischer Einfluss bedeutet, dass es Gene gibt, die direkt für die Unterschiede
verantwortlich sind.  FALSCH
Merke: Genetische Einflüsse auf ein Persönlichkeitsmerkmal können indirekt durch
genetische Einflüsse auf hiermit korrelierte andere Persönlichkeitsmerkmale bedingt
sein.
6.2.3 Geteilte versus nicht geteilte Umwelten und Umwelteinflüsse
Die Korrelation von Adoptivgeschwistern schätzt den Einfluss der von Geschwistern geteilten
Umwelteinflüsse.
Nach der Zwillingsmethode schätzt die Differenz zwischen der Reliabilität der
Eigenschaftsmessung und der Korrelation eineiiger Zwillinge die von ihnen nicht geteilten
Umwelteinflüsse (genet. Einflüsse können sie nicht unähnlich machen)
Schlussfolgerung aus populationsgenetischen Einflussschätzungen:
Mit Ausnahme des IQ und einiger Werthaltungen bis zum Verlassen der Elternhauses
sind die von Geschwistern nicht geteilten Umwelteinflüsse weitaus bedeutsamer für ihre
Persönlichkeitsentwicklung als die von ihnen geteilten Umwelteinflüsse.
 Widerspruch zur klassischen Sozialforschung
Nicht nur der Erziehungsstil, sondern auch peergroup, Schule, Wechselwirkung durch
Persönlichkeitseigenschaften haben einen Einfluss auf bestimmte Umweltfaktoren.
Die Unterschiede innerhalb einer Familie spielen für die Kinder eine entscheidende Rolle, eine
viel größere als die Gemeinsamkeiten, die Geschwister teilen.
Eine Studien dazu ist die NEAD (Noshared Environment in Adolescent Development)
 hier wurde versucht den Effekt nicht geteilter Umweltbedingungen zu bestimmen – es wurde
aber nur eine schwache Beziehung zwischen nicht geteilten Umwelten und
Persönlichkeitsunterschiede gefunden
 Widerspruch zu Schätzungen von bis zu 40% nichtgeteilter Umweltvarianz
Merke: Nichtgeteilte Umwelteffekte sind viel größer als der Einfluss spezifischer,
objektiv nicht geteilter Umwelten.
 objektive Umweltdifferenzen sind nicht gleich ungeteilte Umwelteinflüsse
(z.B. kann Musiklehrer von Person A das Interesse von A an Musik wecken und sich durch
Beobachtung und Kommunikation auch auf B übertragen)
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Merke: Der Einfluss einzelner nicht geteilter Umweltbedingungen auf
Persönlichkeitsunterschiede ist vermutlich deshalb so gering, weil viele unterschiedliche
Bedingungen wirken, weil deren Wirkung durch die Persönlichkeit modifiziert wird und
weil der Zufall systematische Wirkungen verrauscht.
6.2.4 Altersabhängigkeit der Einflüsse
Untersucht durch Längsschnittstudien (z.B. Wilson 1983, Loehlin, 1989). Die sich öffnende
Schere zwischen den Ähnlichkeiten ein- und zweieiiger Zwillinge ist nach der Zwillingsmethode
Ausdruck eines zunehmenden genetischen Einflusses auf den IQ.
Mit wachsendem Alter steigt der genetische Einfluss auf den IQ, während der Einfluss
der von Geschwistern geteilten Umweltbedingungen sinkt.
6.2.5 Interaktion und Kovarianz von Genom und Umwelt
Die Überlappung der Varianzanteile von Genom und Umwelt kann durch zwei Bedingungen
zustande gekommen sein.
a) statistische Genom-Umwelt- Interaktion
b) Genom-Umwelt- Kovarianz
Indirekte Schätzungen legen nahe, dass es bedeutsame statistische Genom-UmweltInteraktionen bei antisozialem Verhalten gibt: Genetische und Umweltrisiken scheinen
sich wechselseitig zu verstärken. (Studie von Cadoret-Studie, Tierversuche von Plomin)
Drei Formen der Genom-Umwelt-Kovarianz:
1) aktive Genom-Umwelt-Kovarianz
(z.B. bestimmt Orte aufsuchen)
2) reaktive Genom-Umwelt-Kovarianz
(z.B. werden Kinder nach ihrer Intelligenz zugewiesen)
3) passive Genom-Umwelt- Kovarianz
(z.B. wachsen intelligente Kinder u.U. in einer angereicherten Umwelt auf, weil sie
intelligente Eltern haben.)
Korrelationen zwischen Persönlichkeitseigenschaften und Umwelteigenschaften können
zumindest teilweise genetisch bedingt sein.
Der wachsende genetische Einfluss auf den IQ mit wachsendem Alter könnte eine
Konsequenz der zunehmenden Stärke der aktiven Genom-Umwelt-Kovarianz sein.
6.2.6 Diskussion
Hauptbefunde:
- Umweltunterschiede zwischen Familienmitgliedern besonders bedeutsam (beim Effekt
des Bildungsmilieus auf den IQ in Kindheit/Jugend sind auch Gemeinsamkeiten wichtig)
- IQ, beurteilte Persönlichkeitseigenschaften (Big Five) und teilweise auch Einstellungen
und Werthaltungen sind substantiell genetisch beeinflusst. Temperament wenig
beeinflusst.
Prinzipielle Alters- und Kulturabhängigkeit!
- Wechselwirkungen möglich; Kovariation aus den oben genannten Gründen möglich.
(Erbe und Umwelt sind nicht unabhängig)
10
6.3 Wechselwirkungsprozesse zwischen Persönlichkeit und Umwelt
6.3.1 Vom Genom zur Persönlichkeit
Aus der (bisher nicht falsifizierten) lebenslangen Konstanz des Genoms wird häufig gefolgert,
dass auch der Genomeinfluss auf die Persönlichkeit lebenslang konstant sei. Dies ist ein
Fehlschluß, denn Gene wirken nicht direkt auf die Persönlichkeit; die Genaktivität ist aber
zeitlich variabel.
Gene beeinflussen die neuronale Aktivität, die Grundlage des Erlebens und Verhaltens ist, was
die Umwelt verändert. Umgekehrt wirkt sich die Umwelt auf das Erleben und Verhalten, damit
auf die neuronale Aktivität und möglicherweise sogar auf die genetische Aktivität selbst aus.
Die resultierende Persönlichkeit ist also nicht im Genom festgeschrieben, sondern
Resultat einer kontinuierlichen Wechselwirkung zwischen Genaktivität und anderen
Prozessebenen (neurale Aktivität, Verhalten, Umwelt).
Genetische Wirkungen können dementsprechend durch Modifikation von anderen
Prozess-ebenen verändert werden (z.B. Phenylketonurie).
Dementsprechend können auch (in Zukunft) Umweltwirkungen durch eine Veränderung
des Genoms verändert werden (z.B. Gift-unempfindliche Fabrikarbeiter), was ethisch äußerst
fragwürdig ist.
Genetische Wirkungen sind altersabhängig; sie können früh die Persönlichkeit beeinflussen,
aber auch erst spät aktiv werden.
Dadurch, dass genetische Einflüsse sich (z.B. anatomisch) verfestigen können, können sie auch
noch wirken, wenn das betreffende Allel längst inaktiv ist, d.h. genetische Aktivität kann
einen stabilisierenden Einfluss haben. Durch plötzlich einsetzende Aktivität von Genen
kann allerdings auch eine destabilisierende Wirkung des Genoms auftreten.
Das IQ-QTL-Projekt markierte 1994 den Beginn der molekulargenetischen
Persönlichkeitsforschung. Hier wurde überprüft, inwieweit Intelligenz mit vielen häufigen
Genen statistisch assoziiert ist (es wurde nur in einer von zwei Stichproben ein signifikantes Ergebnis gefunden).
Merke1: Erste Erfolge konnte die molekulargenetisch Persönlichkeitsforschung bei der
Untersuchung des Dopamin-D4-Rezeptorgens verzeichnen, das Beziehungen zum
Temperamentsmerkmal Streben nach Neuigkeit und zu Aufmerksamkeitsstörungen in
Verbindung mit Hyperaktivität aufzuweisen scheint.
Merke2: Der erste Hinweis auf eine spezifische Gen-Umwelt-Interaktion in der
Persönlichkeitsentwicklung wurde von Caspi et al. (2002) in der Dunedin-Studie
gefunden. Danach scheint ein Allel für unzureichende MAOA-Aktivität bei Männern die
Entwicklung antisozialer Tendenzen nach erfahrener Kindesmisshandlung zu fördern.
Schwierigkeiten:
- relativ schwache Wirkung einzelner Gene  große Stichproben nötig (z.B. mit GenDatenbank)
Es macht allerdings keinen Sinn, Psychodiagnostik durch Genomanalysen zu ersetzen;
Genomanalysen erfassen das Persönlichkeitspotential, Psychodiagnostik die aktuell
realisierte Persönlichkeit.
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6.3.2 Intellektuelle Leistungen
Die Intelligenz einer Person beruht auf genetischen Einflüssen, auf von Geschwistern geteilten
Umwelteinflüssen und auf von Geschwistern nicht geteilten Umwelteinflüssen.
Zur Ermittelung der Wirkung der geteilten Umwelteinflüsse auf den IQ maß Burks (1928) die
Korrelation zwischen dem kindlichen IQ und zwei Einflussfaktoren: Haushaltsqualität (Aggregat aus
sozio-ökonomischem Status, Sauberkeit usw.) und Bildungsorientierung (Aggregat aus sprachlichem Niveau,
Bücheranzahl etc.) sowohl bei Adoptiv- als auch bei genetisch verwandten Familien.
Die Effekte der Einflussfaktoren waren bei Adoptivfamilien geringer, was auf die Bereinigung
der passiven GUK zurückzuführen ist.
Zunehmend wichtiger wird hingegen der nicht-geteilte Umwelteinfluss. Dazu gehört vor allem
die schulische Lernumwelt, die ebenfalls in zwei Anteile zerlegen lässt: in den Einfluß, dem alle
Schüler ausgesetzt sind und in den Einfluß, dem nur der betrachtete Schüler ausgesetzt ist.
Der Einfluß, dem alle Schüler ausgesetzt sind, auf den IQ ist nur sehr gering (aber:
populationsabhängige Korrelation! Z.B. in Entwicklungsländern korreliert der IQ mit der
Beschulung, weil Kinder hier oft zu spät oder gar nicht eingeschult werden).
Diese Tatsache darf aber nicht zur Annahme verleiten, die Unterrichtsqualität habe keinen
Einfluß auf die Schulleistung: der IQ ist nicht das einzige, was die Schulleistung
beeinflusst, es ist vor allen Dingen das erworbene Wissen.
Experten leisten auf ihrem Spezialgebiet z.B. deutlich mehr als Novizen gleicher
Intelligenz (z.B. Schachgroßmeister merken sich kurz gezeigte Figurenkonstellationen besser).
Kognitive Kompetenzen entwickeln sich also bereichsspezifisch: bei Kindern fördert das Alter,
die Intelligenz und bereichsspezifisches Vorwissen z.B. die Erinnerungsleistung; hohes
Vorwissen kann hier niedrige Intelligenz kompensieren, aber hohe Intelligenz und hohes
Vorwissen erhöhten die Leistung noch weiter.
Wissen beeinflusst die Leistung, Intelligenz fördert zwar den Wissenserwerb, aber der
Wissenserwerb wird vor allem von den Lernbedingungen beeinflusst, welche wiederum
die Intelligenz kaum beeinflussen.
Merke: Die Unterrichtsqualität fördert den Wissenszuwachs und damit die Schulleistung
auch unabhängig von der Intelligenz.
Wissen beeinflusst also unabhängig von der Intelligenz Expertenleistungen und
hochautomatisiertes Problemlösen.
Wo kommt nicht-schulisches Wissen her (sonstige Lernumwelt)?
Eine Untersuchung zeigte, dass das nicht-schulische Wissen hauptsächlich durch Lesen
zustande kam (Wissen war vom Fernsehen unabhängig).
Lesen war von der Intelligenz jedoch nicht gänzlich unabhängig (r = 0,31), hier könnte sich eine
aktive GUK niederschlagen, oder häufiges Lesen erhöht die verbale Intelligenz. Leistung hängt
also vom Wissenserwerb ab, welcher wiederum von der Intelligenz und von den
Lernbedingungen abhängt.
Ein weiterer Einflussfaktor der Leistung ist das vorhandene Interesse. Individuelle Interessenspräferenzen sind bisher aber kaum verstanden: zwar erhöhen Lernerfolge das Interesse,
dennoch wird (gerade bei älteren Schülern) der Lernerfolg auch durch das Interesse bestimmt. Die
12
Konsequenzen von Interesse sind besser untersucht: Interesse bewirkt tiefere kognitive
Verarbeitung, effektiveres Lernen und mehr Spaß am Lernen.
Merke: Interessen fördern über den Wissenserwerb die Leistungen auch unabhängig von
Intelligenz.
6.3.3 Antisoziale Persönlichkeit
Ähnlich komplex sind die Prozesse, die zu antisozialem Verhalten (aggressives, kriminelles oder
anderes, gegen soziale Normen verstoßendes Verhalten) führen.
Antisoziales Verhalten ist in der Pubertät besonders ausgeprägt, wofür es zwei
unabhängige Quellen gibt: eine überdauernde ( antisoziale Persönlichkeit, aP) und
eine pubertätsgebundene Tendenz.
Entwicklung der antisozialen Persönlichkeit
Die aP äußert sich in der Kindheit in starker Aggressivität und später in Kriminalität. Auch für
die aP wurde eine statistische Interaktion zwischen genetischen und Umweltrisikofaktoren
gefunden, d.h. die aP beruht auf genetischen Faktoren, die durch Umweltfaktoren verstärkt
werden.
Merke: Die antisoziale Persönlichkeit beruht auf genetischen Risikofaktoren, die durch
Umweltrisiken verstärkt sind.
Welche Umweltrisiken verstärken die gene-tischen Risiken der aP?
Pränatale (z.B. minimale körperliche Anomalien, die auf Störungen der Entwicklung hinweisen)
und perinatale (z.B. Mangel an Sauerstoffzufuhr bei Geburt) Probleme werden mit der aP
assoziiert. Auch Aufmerksamkeits- und Konzentrationsprobleme in Kombination mit
antisozialem Verhalten bei Kindern weisen auf eine aP hin. Kinder können aber auch schon vor
ihrer Geburt Umweltrisiken wie z.B. Rauchen oder Alkohol ausgesetzt sein.
Merke: Schon vor ihrer Geburt können Kinder einem Komplex aus genetischen und
Umweltrisiken für eine spätere antisoziale Persönlichkeit ausgesetzt sein, der durch die
kausale Vernetzung der Risiken besonders wirksam ist.
Kleinkinder, die diesen Risiken ausgesetzt waren, entwickeln eher ein schwieriges Temperament
(motorisch unruhig, irritierbar, schwer zu beruhigen usw.).
Ist die Mutter diesem gegenüber überfordert oder insensitiv (wenig in der Lage, auf das
Kind einzugehen), reagieren viele Kinder mit schwierigem Temperament unsichervermeidend, was später aggressives Verhalten fördert. Häufig reagieren Eltern aber auch
mit einem rigide-autoritären Erziehungsstil, welcher (sogar unabhängig vom
Temperament) spätere Aggression vorhersagt.
Aber auch andere inadäquate Erziehungsstile (z.B. mangelnde Aufsicht über das Kind
etc.) korrelieren mit antisozialen Tendenzen im Kindesalter.
Häufig etabliert sich in den betroffenen Familien der Teufelskreis der gegenseitigen Nötigung:
Aggression des Kindes – erfolgloser Kontrollversuch der Eltern – erneute Aggression des
Kindes.
Aggressive Jungen z.B. sind durch eine Gegenaggression kaum zu bremsen, sondern sie
antworten eher mit erneuter Aggression.  Prozess gegenseitiger Nötigung
Dieser Prozess wird durch einen feindseligen Attributionsstil noch verstärkt:
Mehrdeutig interpretierbares Verhalten von Interaktionspartnern wird als feindselig
wahrgenommen und mit Aggression beantwortet.
13
Aggressive Jungen entwickeln so einen aggressiven Ruf, der bewirkt, daß andere Gleichaltrige ihnen gegenüber Mißtrauen und Abwehr zeigen. Dadurch, dass aggressive
Jungen auf mehrdeutige Ereignisse mit Aggression reagieren, werden sie von anderen als
unberechenbar und absichtlich grausam beurteilt: sie haben einen schlechten Ruf
erworben.
Dieser wiederum bewirkt, dass sie sozial abgelehnt werden.
Merke: Die Ablehnung kann einerseits zur (selbstwertmindernden) Isolation führen, so
dass ein aggressiv-zurückgezogenes Verhaltensmuster gezeigt wird, was weiterhin
antisoziales Verhalten beinhaltet. Andererseits schließen sich aggressiv-abgelehnte
Kinder oft devianten Gruppen (ähnlich strukturierte Gruppe, in der antisoziales
Verhalten zur Norm gehört) an, was für die Kinder selbstwertsteigernd wirkt.
Merke2: Wichtig ist, dass im Falle antisozialen Verhaltens die Kinder einen Teil zur
Korrelation zwischen elterlichem und kindlichem Problemverhalten beitragen
(interaktionistische Beziehung).
Merke3: Der Prozess der gegenseitigen Nötigung scheint der zentrale Prädiktor für die
aP zu sein, weil er möglicherweise vorhandene Risikofaktoren bündelt und durch
positive Rückkoppelung (Aggression – Gegenaggression - Teufelskreis) weiter verstärkt.
Pubertätsgebundene antisoziale Tendenz
Wegen der Häufigkeit und Instabilität der pubertätsgebundenen Form der antisozialen Tendenz
sollte diese nicht als Persönlichkeitseigenschaft betrachtet werden (was Stabilität implizieren
würde), sondern als Entwicklungsphänomen, das den Übergang von der Kindheit zum
Erwachsensein markiert.
Merke: Im Jugendalter ist gelegentliches antisoziales Verhalten normal.
Moffit (1993) begründet das temporäre Auftreten antisozialen Verhaltens mit einer Lücke
zwischen “biologischem” und “sozialem” Alter: Durch das immer frühere Auftreten der Pubertät
und die immer länger dauernde Ausbildung könnten Wünsche nach Sexualität und Sozialprestige
nicht in Übereinstimmung mit Normen erfüllt werden. Deshalb würde antisoziales Verhalten
gezeigt.
Nach Moffit durchlaufen nicht alle Jugendlichen diese Phase, weil sie entweder früh soziale
Verantwortung übernehmen oder spät pubertieren, so dass keine Lücke entsteht, oder weil ihnen
z.B. andere befriedigende soziale Rollen angeboten werden. Das antisoziale Verhalten zeigt nach
Moffit keine Kontinuität, weil die Reifungslücke begrenzt ist und auf Widerstand stößt.
Harris (1995) nahm an, daß das antisoziale Verhalten eher darauf beruht, sich von der OutGroup der Erwachsenen abzugrenzen (anstatt sich ihr möglichst schnell anzunähern).
Merke: Antisoziale Tendenzen im Jugendalter sind ein gutes Beispiel dafür, dass
dieselben Verhaltenstendenzen einerseits durch eine stabile Persönlichkeitseigenschaft
und andererseits durch ein instabiles Entwicklungsphänomen bedingt sein können. In
Querschnittsuntersuchungen überlagern sich beide Formen untrennbar; erst in
Längsschnittstudien wird sichtbar, dass es sich um zwei ganz unterschiedliche Quellen
individueller Besonderheiten handelt
14
6.3.4 Schüchternheit
Merke: Nach der Zweifaktorentheorie der Schüchternheit von Asendorpf kann
Schüchternheit sowohl auf einem Temperamentsmerkmal beruhen (Stärke d.
Verhaltenshemmungssystems – Gray 4.3.2) als auch auf häufiger sozialer Ablehnung.
Merke2: Die Stärke des Verhaltenshemmungssystems erhöht die Sensitivität gegenüber
sozialer Ablehnung. Insofern potenzieren sich die Wirkungen von Temperament und
Erfahrung auf Schüchternheit wechselseitig.
Trotz der gegenseitigen Abhängigkeit können Temperament und soziale Erfahrung unabhängig
voneinander variieren: z.B. wird ein Kind mit starkem BIS aber positiver sozialer Erfahrung im
Kindergarten dort eher nicht schüchtern sein, obwohl es Fremden gegenüber schüchtern reagiert.
In Studien zu Schüchternheit zeigt sich eine hohe Stabilität und Konsistenz bezüglich
unvertrauter Situationen und eine niedrige Konsistenz zwischen vertrauten und unvertrauten
Situationen.
 Erklärung durch Zweifaktorentheorie: Konsistenz zw. unvertrauten Situationen durch Stärke
des BIS (Temperamentsmerkmal); unterschiedliche Erfahrungen mit peers 
konsistenzmindernd
Merke: Schüchternheit in der vertrauten Kindergartengruppe (vermittelt durch
Akzeptanz der Gruppenmitglieder) ist ein Risikofaktor für ein späteres negatives soziales
Selbstwertgefühl, nicht aber Schüchternheit Fremden gegenüber.
Merke2: Temperamentsunterschiede alleine erklären Schüchternheit nicht ausreichend.
Zusätzlich müssen Ablehnungserfahrungen und Bewältigungsstile für
schüchternheitsauslösende Situationen berücksichtigt werden.
Merke3: Temperamentsbedingte Schüchternheit führt zu Verzögerungen im sozialen
Lebenslauf, u.a. im Aufbau neuer Beziehungen.
Merke4: Typisch für Internalisierungsprobleme (soziale Minderwertigkeitsgefühle,
depressive Tendenzen, ..) ist plötzliche Gewalttätigkeit auf der Basis gehemmter
Aggressivität, typisch für Externalisierungsprobleme ist chronische Gewalttätigkeit auf
der Basis hoher Aggressivität.
Merke5: Internalisierungsprobleme ab der mittleren Kindheit werden durch bestimmte
Temperamentsfaktoren, eine ängstlich-ambivalente Bindung an die Mutter,
möglicherweise einen inadäquaten Erziehungsstil der Eltern und Ablehnungserlebnisse
in Kindergarten und Schule gefördert. Zentral scheinen der Teufelskreis aus erlebter
Ablehnung und Selbstablehnung in der Grundschulzeit zu sein.
15
6.3.5 Exemplarische Anwendung: Umgang mit schüchternen Kindern
Da Schüchternheit im Kindesalter zwei ganz unterschiedliche Ursachen haben kann hat dies
natürlich auch Auswirkungen auf die Beratung der Eltern.
Zunächst: Unterscheidung von Schüchternheit und Ungeselligkeit (4.5.1) – man kann auch gerne
alleine sein ohne Probleme zu haben.
Konflikthaftes ambivalentes Verhalten deutet auf Schüchternheit hin! (diese Gehemmtheit hat
allerdings auch Vorteile – diese Kinder sind oft generell vorsichtiger)
 Gelegenheiten schaffen und Zeit bieten heißt die Devise für die Eltern
Kontaktschwierigkeiten können auch auf Ablehnungserlebnissen im Kindergarten zurückgehen
 Eltern und Lehrer sollten gemeinsam nach Gründen suchen, evtl. Einleitung von
Gegenmaßnahmen
Aufgaben der Lehrer/Erzieher
 Achten auf „Mauerblümchen“, aber: können auch einfach ungesellig sein
Schüchternheit in einer neuen Gruppe ist normal und erfordert keine Maßnahmen; jedoch ist
Schüchternheit in vertrauten Gruppen ein Warnsignal
mögliche Gründe für Ablehnung: mangelnde Durchsetzungsfähigkeit, körperliche Behinderung,
...
6.3.6 Diskussion
Monokausale Erklärungsmuster der Alltagspsychologie sind überholt und finden sich nicht in der
empirischen Persönlichkeitspsychologie.
Heute geht es um komplexe Modelle, die aus Entwicklungspfaden probabilistisch die Vorhersage
indiv. Eigenschaften ermöglichen.
Die Genauigkeit im Einzelfall steigt mit der Anzahl identifizierter Risikofaktoren
6.4 Zufall und Notwendigkeit in der Persönlichkeitsentwicklung
Es wurde schon festgestellt, dass nicht-geteilte, individuelle Umweltfaktoren im
Erwachsenenalter die Persönlichkeit stark beeinflussen. Hierzu zählen insbesondere irreguläre,
emotional stark valente Ereignisse, die die Persönlichkeit nicht überdauernd beeinflussen, oft
aber stark prägen (z.B. Lottogewinn führt zu Misstrauen den Freunden gegenüber und so zur
Isolation).
Solche Ereignisse haben einen um so stärkeren Einfluss, je stärker sie die vorhandene PersonUmwelt-Passung stören.
Kritische Lebensereignisse scheinen auf den ersten Blick personenunabhängig zu sein; dennoch
könnte ein Teil des kritischen Ereignisses von der Person abhängen (z.B. ob jemand ein kritisches
Ereignis überhaupt erlebt, wie es verarbeitet wird oder die Persönlichkeitsstruktur erhöht die
Wahrscheinlichkeit eines kritischen Ereignisses).
Das Auftreten kritischer Lebensereignisse kann persönlichkeitsabhängig sein.
In einigen Studien wurde z.B. ein Zusammenhang zwischen BAS und positiven Ereignissen
nahegelegt.
16
Offensichtlicher ist, dass Persönlichkeit Einfluss auf die Verarbeitung kritischer Lebensereignisse
hat.
Die Wirkung eines kritischen Ereignisses stört die gewohnte Person-Umwelt-Passung, so dass
eine Person die alte Passung wiederherstellen will, was entweder durch Veränderung der Umwelt
oder der Person geschehen kann; die Persönlichkeitsentwicklung hängt also auch von der
Persönlichkeit ab (dynamische Interaktion).
Die Persönlichkeit kanalisiert die Wirkung kritischer Lebensereignisse.
Die Persönlichkeitsstruktur festigt sich zwar im Laufe der Zeit (und kann die Umwelt teilweise
kontrollieren), aber gänzlich immun gegen Umwelteinflüsse wird die Persönlichkeit nie.
Die eigendynamischen und fremdbestimmenden Wirkungen auf die Persönlichkeit sind aber
schwer vorherzusagen; gleiche Umweltbedingungen z.B. können sich zu verschiedenen Zeitpunkten unterschiedlich auswirken, und manchmal z.B. bewirken kleine Veränderungen in der
Umwelt große Persönlichkeitsveränderungen (nicht-lineare Beziehung zwischen Ursache und
Wirkung).
Der Verlauf der Persönlichkeitsentwicklung ist daher weder völlig zufällig noch völlig
vorherbestimmt, sondern mittelmäßig vorhersagbar.
Persönlichkeitsentwicklung ist das Produkt von Zufall und Notwendigkeit.
Offensichtlich gibt es in der Persönlichkeitsentwicklung Zeitintervalle, die stärker vom Zufall
determiniert werden und Zeitintervalle, die besser vorhersagbar sind ( Würfelbeispiel).
Häufig werden auch die Zufälligkeiten in der Persönlichkeitsentwicklung überschätzt,
weil die Unwahrscheinlichkeit bedeutender Ereignisse überschätzt wird (z.B. lässt sich
zwar nicht genau bestimmen, aber anhand von Eigenschaften in etwa eingrenzen, wen eine
Person als Ehepartner wählt).
Wir überschätzen die Unwahrscheinlichkeit der individuellen
Persönlichkeitsentwicklung auch deshalb, weil wir die nicht realisierten Alternativen
nicht einbeziehen.
Fragen:
6. Persönlichkeitsentwicklung
... steht auch bei 2.2.4:
98. Welche Annahmen macht die Psychoanalyse zur Persönlichkeitsentwicklung?
Welche Kritik lässt sich dagegen einwenden? (R)




Frühkindliche Geschichte der Triebregulation in der oralen, analen und
phallischen Phase (Kritik: Phasenlehre gilt als überholt)
Am Ende der phallischen Phase Persönlichkeit ist weitgehend konstant
Die Rolle früher Objektbeziehungen ist wichtig für die spätere Persönlichkeit
Bevorzugung bestimmter Abwehrmechanismen bestimmt die Persönlichkeit
6.1
6.1.1 Stabilität von Eigenschaften
Stabilität und Kontinuität
S.286f
46.
Wie wird die Stabilität von Persönlichkeitsmerkmalen methodisch erfasst
und von welchen Faktoren hängt sie ab? (R)
17
-
Korrelation der Daten von vielen Versuchspersonen über mehrere zwei
Messzeitpunkte
(also Längsschnittstudien)
Hängt ab von: Abstand der Messzeitpunkte (je größer, desto instabiler),
Zeitpunkt der Erstmessung (je früher, desto instabiler), Stabilität der
Umwelt
Geringere Stabilität in der Pubertät und im hohen Alter
S.289
47.
Man beobachtet allgemein, dass die Messung von
Persönlichkeitseigenschaften im Verlauf von Kindheit und Jugend immer
stabiler wird. Nenne Sie mindestens zwei mögliche Gründe. (R, H03)
-
Stabilisierung des Selbstkonzeptes der Person
Es sind eher gleiche Testverfahren zu beiden Messzeitpunkten einsetzbar
(homotype Stabilität(?))
Wachsender Einfluss der Persönlichkeit auf die Umwelt (kumulative Stabilität)
6.2
Einflüsse auf die Persönlichkeitsentwicklung
1.2.2 Relativer Einfluss von Genom und Umwelt
S.303
Nennen Sie drei Ansätze zur Schätzung der Erbvarianz. Wie wird der Anteil der
Erbvarianz berechnet? (R, F02)
48.
-
Zwillingsmethode: (rEE – rZE) x 2, so etwa (0,85 - 0,60) x 2 = 0,50 = 50%
Adoptionsmethode: (rLG – rAG) x 2, so etwa (0,50 – 0,25) x 2 = 0,50 = 50%
Analyse getrennt aufgewachsener eineiiger Zwillinge. Unterschiede sind
umweltbedingt, da Erbinformation zu 100% identisch (LG/AG = leibliche/
Adoptivgeschwister)
S.303-305
49.
Welche wichtige Voraussetzung macht die Methode des Vergleichs eineiiger und
zweieiiger Zwillinge? Ist diese Annahme gerechtfertigt? (R, F03)
-
Voraussetzung: Umweltvarianz bei eineiigen Zwillingen genauso groß wie bei
zweieiigen Zwillingen
Vielleicht ungerechtfertigt, da Umwelt bei eineiigen Zwillingen ähnlicher als bei
zweieiigen
Vielleicht ungerechtfertigt, da Unterschiede bei den zweieiigen Zwillingen durch
Kontrasteffekt. (Kontrasteffekt: Die Urteiler übertreiben Unterschiede zwischen
den Geschwistern, weil sie diese primär untereinander und nur sekundär mit
Kindern anderer Familien vergleichen)
S. 303-305
Welche methodischen Probleme führen zu den unterschiedlichen Erbvarianzschätzungen
von Persönlichkeitsmerkmalen bei der Zwillings- und Adoptionsmethode? (R)
50.
-
nicht-additive Effekt des Genoms führen zu einer Überschätzung des genetischen
Einflusses durch die Zwillingsmethode und zu einer Unterschätzung durch die
Adoptionsmethode
18
-
Umwelt von eineiigen Zwillingen möglicherweise ähnlicher als Umwelt der
zweieiigen Zwillinge – führt zu einer Überschätzung des genetischen Einflusses
Unterschiede durch Kontrasteffekte möglicherweise überbetont, je unähnlicher
sich die verglichenen Kinder sind
-
6.3
Wechselwirkungsprozesse zwischen Persönlichkeit und Umwelt
Die folgende Frage gehört ev. zu Kap 5.1. Dort hab ich’s auch reinkopiert. Ist auch bei 2.6
44.
-
Nennen Sie die vier Modelle zur Umweltdetermination des Verhaltens.
Worin unterscheiden sie sich? Was versteht man unter
Dispositionismus/Personalismus, Situationismus und dem Terminus
„Interaktion von Person und Situation“? (R, F02, F03)
Umweltdetermination
Entfaltung
Dynamisch-interaktionistisches Modell
Kodetermination
Dispositionismus: Das Verhalten ist nur durch die Eigenschaften bestimmt
(Eigenschaftsparadigma)
Situationismus: Das Verhalten ist nur durch die Umwelt/Situation bestimmt
(Umweltdetermination
Interaktion von Person und Situation: Das Verhalten ist durch die Umwelt und die
Persönlichkeit bestimmt, und Umwelt und Persönlichkeit wirken gegenseitig
aufeinander ein
6.3.3 Antisoziale Persönlichkeit
S.326-332
53. Erläutern Sie die Entstehungsbedingungen der antisozialen Persönlichkeit. (R, F02)
-
prä- oder perinatale Störungen in Kombination mit Umweltrisiken führen zu einer
Potenzierung des Risikos zur antisozialen Persönlichkeit
Insensitive Mütter & inadäquater Erziehungsstil der Eltern fördern bei Kindern mit
schwierigem Temperament eine unsicher-vermeidende Bindung, die wiederum
später aggressives Verhalten fördert
Gegenseitige Nötigung (Gegenaggression als Reaktion auf Aggression) im
Kindesalter ist zentraler Prädiktor für die antisoziale Persönlichkeit
Fortwährende Interaktion des leicht aggressiven Kindes verstärken das aggressive
Verhalten
Wechselseitiges aggressives Verhalten führt zu Antisozialer Persönlichkeit
6.3.4 Schüchternheit
S.334-336
54. Erläutern Sie die Entstehungsbedingungen der Schüchternheit nach Asendorpf.
(F02)
Antwort verändert
- nach der Zweifaktorentheorie der Schüchternheit von Asendorpf:
- Schüchternheit kann auf einem Temperamentsmerkmal (Stärke des
Verhaltenshemmungssystem nach Gray) als auch auf häufiger sozialer Ablehnung
beruhen
19
-
Die Stärke des Verhaltenshemmungssystems erhöht die Sensitivität gegenüber
sozialer Ablehnung. Insofern potenzieren sich die Wirkung von Temperament und
Erfahrung auf Schüchternheit wechselseitig.
Bewältigungsstile spielen bei der Schüchternheit aufgrund sozialer Ablehnung
eine Rolle
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