Übersetzung Forschungsantrag Schulschach (Ausschnitte davon) 74) S. 56 Das Projekt "C.A.S.T.L.E.: a Chess curriculum to Advance Students´ Thinking and Learning skills in primary Education" ist aus der Idee entstanden, eine starke Partnerschaft für die Einführung des Schachspiels an Schulen aufzubauen. Drei Partner mit Erfahrung in beiden Bereichen gaben den Anstoß: "Alfiere Bianco" aus Italien, die Deutsche Schulschachstiftung und der Club Ajedrez 64 Villalba aus Spanien. Gemeinsamer Nenner ist die Überzeugung, dass Schach in der Schule die Entwicklung des Individuums stärkt, da es die besonderen Qualitäten der menschlichen Natur nutzt und fördert: die Einsicht in das Gesetz von Ursache und Wirkung, die Fähigkeit, eine Wahl zu treffen, Entscheidungen für die Zukunft zu fällen und dabei selbstbestimmt und verantwortungsvoll zu handeln. Genau dies sollen die Kinder mit Hilfe des Schachspiels lernen: sie sollen verstehen, dass sie, um auf dem eingeschlagenen Lebensweg konstruktiv voranzukommen, immer die anderen brauchen, da der Mensch ein soziales Wesen ist und die Gesellschaft sein Lebensraum. Dem Projekt liegt dieser wichtige didaktisch-pädagogische Ansatz zugrunde: Schach fördert nicht nur Konzentration und Kreativität, die Fähigkeit zu Analyse und Entscheidung, das Gedächtnis, das Durchhaltevermögen, mit unmittelbaren Auswirkungen auf schulischer Ebene. Schach lehrt auch, dass man, um positive Ergebnisse zu erzielen, mit anderen kommunizieren, ihre Anwesenheit akzeptieren und schätzen und sich gleichzeitig selbst akzeptiert fühlen muss. Durch das Schachspiel an Schulen werden daher all jene gesellschaftlichen Mechanismen beeinflusst, die im weitesten Sinne soziale Integration bewirken, Diskriminierung bekämpfen, dem Mobbing vorbeugen, den sozialen Zusammenhalt fördern und die Kriminalitätsrate reduzieren. Das Schachspiel ist das Fitness-Studio des Lebens: man lernt, sich mit Schwierigkeiten, Niederlagen, Erfolgen und Siegen auseinanderzusetzen. Wenn man versteht, wie diese zustande kommen, lernt man kritisches Denken, Geduld, Akzeptanz der Niederlage, Entschlossenheit und das Entwickeln einer Strategie. Dies sind wesentliche Eigenschaften, um sich bestmöglich vorbereitet all dem zu stellen, was Tag für Tag passiert in einer Welt, die ein großes Schachbrett ist aus "schwarzen Nächten und weißen Tagen" (Jorge L. Borges). Das Wirken der Schachlehrer, die als externe Experten in die Schulen kommen, ist die wichtigste - mancherorts bereits gegebene Voraussetzung für die Einführung der "Schach in der Schule"-Projekte, wenn wir die wenigen Länder beiseite lassen, in denen das Erziehungsministerium ein Ausbildungsprogramm für Lehrkräfte eingeführt hat und Schach bereits ordentliches Unterrichtsfach ist. Das derzeit praktizierte Modell hat jedoch mehrere Mängel - zwar nicht in technischer Hinsicht, aber was 1 die mehrjährige Kontinuität betrifft: wenn diese nicht gegeben ist, ist es schwierig, positiv auf das Lernen und die Erziehung der Kinder einzuwirken. Ein anderer Minuspunkt des Modells besteht darin, dass eine Lehrkraft aufgrund ihrer pädagogischen Kompetenz und besonderen Kenntnis der Schüler die Lernumgebung sicherlich günstiger zu beeinflussen vermag als ein Experte, der von außen kommt, weit weniger gut ausgebildet ist und dessen Beziehung zu den Kindern nicht unbedingt durch relationale Kontinuität geprägt ist. Auf diesem Wissen beruht die gesamte Ausrichtung des Projekts CASTLE, das sich dynamisch an die insgesamt 50 Lehrkräfte richtet und einen sinnvollen Weg weist, um ihnen die notwendige technische Kompetenz zu vermitteln, damit sie die Schachlektionen selbständig durchführen und sie in ihrem Stundenplan unterbringen können. Die Instrumente, die man ihnen an die Hand geben muss und die bei diesem Projekt in den fünf Grundschulklassen eingeführt werden, sind neben der Ausbildung und Beschäftigung von insgesamt 20 Schachlehrern zu Tutoren die Psychomotorik auf dem Riesenschachfeld und der Einsatz des Schachspiels auf dem Brett in der Klasse und im Internet. Das Kursprogramm sieht die Einführung der Psychomotorik in 5 ersten und 5 zweiten Klassen vor, in 5 dritten Klassen Schach sowohl auf dem Brett als auch im Internet, im ersten Jahr und in jedem Land, für insgesamt 900 Kinder. Im zweiten und dritten Jahr wird jede Klasse zum nachfolgenden Programm übergehen, das dann bereits von den Arbeitsgruppen aus Lehrkräften und Tutoren revidiert und verbessert ist. Die Besonderheit des Projekts ist die Fähigkeit, der Schule alle Elemente zu liefern, damit die Lehrkräfte dank einem aktiveren Einsatz kindlicher Intelligenz die Didaktik verändern können, worin sie von geeigneten Messinstrumenten unterstützt werden, die ihnen die Universität Turin und die ministeriellen Instanzen der drei Länder zur Verfügung stellen. Letzten Endes soll dieses Programm den Staaten helfen, ihre Bildungspolitik zu ändern, im Einklang mit der Erklärung des Europäischen Parlaments vom 15.03.2012 über die Einführung von Schulschach in die Bildungssysteme der EU-Mitgliedsstaaten. 1) - p. 23/1 Das Projekt verfolgt das Ziel, durch den Aufbau einer Partnerschaft neue Wege zu beschreiten und neue Formen der Kooperation auf dem Gebiet von Bildung und Erziehung zu entwickeln, wobei die besondere Aufmerksamkeit der Grundschule gilt. Im Wesentlichen besteht die Zusammenarbeit zwischen den Partnern in der gemeinschaftlichen Nutzung, Verbesserung und Implementierung praktischer Erfahrungen und deren Umsetzung durch die am Projekt beteiligten Personen. Ziel ist die Erarbeitung eines innovativen didaktischen Programms. 2 Das Schachspiel soll besonders in der Grundschule als zusätzliches pädagogisches Instrument dienen. Es soll in fünf Altersstufen eingesetzt werden und für Kinder jedweder sozialen Herkunft zugänglich sein. Auch das Europäische Parlament hat den Wert der neuen Didaktik erkannt und unterstützt in seiner Erklärung vom 15. März 2012 die Aufnahme des Programms "Schach in der Schule" in die Bildungssysteme der EU-Mitgliedsstaaten. Außerdem fordert es [erg.: die Kommission, Anm.d.Ü.] dazu auf, bei ihrer Entscheidung die Ergebnisse aller Studien zu berücksichtigen, die sich mit den Auswirkungen dieses Programms auf die kindliche Entwicklung beschäftigen. Die erwiesenen positiven Aspekte sind vielfältig. Vor allen Dingen bekommen die Lehrkräfte ein Instrument an die Hand und damit – zusätzlich zu den bereits vorhandenen – noch weitere Kompetenzen, um ihre didaktischen Zielsetzungen und Ergebnisse signifikant zu verbessern. Dies gilt sowohl für die Vermittlung der bisherigen curricularen Vorgaben als auch für den Einsatz eines weiteren Programms, das dank einer dynamischen, unterhaltsamen Herangehensweise das Lernen und die Nutzung der aktiven Intelligenz des Kindes anregt. Zudem empfinden die Lehrkräfte eine größere Befriedigung und Motivation, wenn sie sehen, dass ihr Engagement Früchte trägt. Die Einführung des Schachspiels an Schulen bedeutet nicht die Erfahrung des Spiels als Selbstzweck, sondern wird zu einem zusätzlichen, innovativen Medium für eine neue Didaktik. Dieser Ansatz verlangt jedoch die Entwicklung eines Programms, das nach dem Alter der Schüler gestaffelt und sorgfältig an die Erfordernisse und die ins Auge gefassten bzw. erreichbaren Lernziele angepasst ist. Das Erlernen des Schachspiels gibt dem Kind die Möglichkeit, seine Sinneswahrnehmung auf der praktischen Ebene zu schärfen, was sich außerordentlich positiv auf seine Psyche und seine Beziehung zu anderen auswirkt. Bei kleineren Kindern beispielsweise betreffen die positiven Ergebnisse die Selbstwahrnehmung und damit auch die Wahrnehmung der anderen, das Vertrautwerden mit dem eigenen Körper und mit der Erfahrung der Selbstkontrolle, eine bessere Konzentrationsfähigkeit und Orientierung sowie das Herstellen von Zusammenhängen zwischen Dingen. Bei größeren Kindern stellt man eine wesentlich stärkere Entwicklung der logisch-analytischen Fähigkeiten fest, der Intuition, der Kreativität, des Gedächtnisses, der Geduld, des Durchhaltevermögens und auch des Umgangs mit Emotionen und Hyperaktivität. Dies hat positive Auswirkungen auf „normale“ Schulfächer wie Mathematik, Sprachen und naturwissenschaftliche Fächer im Allgemeinen. Das Schachspiel spornt zur Erarbeitung einer Strategie an: die Kinder sollen eine Vielzahl möglicher Lösungen ins Auge fassen, um sich von vornherein eine logisch-kreative Flexibilität und Eigenständigkeit im Denken und Entscheiden anzugewöhnen. Außerdem vermitteln die Spielregeln den Schülern, dass sie sich 3 an gewisse soziale Regeln halten und auch Niederlagen akzeptieren müssen, was sich langfristig positiv auf das Sozialverhalten auswirkt. Das Erlernen des Schachspiels bereits in der Grundschule erleichtert enorm den Lernprozess, der darin besteht, andere zu respektieren, insbesondere deren mögliche soziale, sprachliche oder kulturelle Verschiedenheit, und beugt damit dem Mobbing vor. Außerdem hat das Erlernen des Schachspiels in der Schule positive Auswirkungen auf Kinder aus benachteiligten Verhältnissen wie zum Beispiel Kinder von Migranten, politischen Flüchtlingen, Angehörigen ethnischer Minderheiten oder allgemein Kinder, die mit Sprachoder Lernschwierigkeiten zu kämpfen haben: auf spontane Weise begünstigt das Schachspiel den Inklusionsprozess und fördert die soziale Gleichheit, da die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass sich Kinder in spielerischer Form und völlig ebenbürtig mit ihren Mitschülern messen können. Gleiches gilt für den sozialen Zusammenhalt, die Integration und den Kampf gegen Diskriminierung. In diesem Kontext ist sogar ein Rückgang der Kriminalitätsrate festzustellen, und selbst die Überwindung unterschiedlicher Abhängigkeiten gelingt leichter. Daneben ermöglicht die geplante Fortsetzung des Programms im Internet - soweit in der Klasse vorhanden - die vertiefte Beschäftigung mit dem reinen EDV-Teil des Projekts. Vorgesehen ist eine vielsprachige Web-Plattform, auf der die Kinder konsequent an Fremdsprachen herangeführt und ihre Ergebnisse konstant am Monitor überwacht werden. 4