W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation Orientierung auf den Klienten und das Klientensystem Teil 1: Teil 2: Lebenslauf Erziehung und Sozialisation Ziel: gute Kenntnis der Entwicklung des Menschen Themen: Psychologische Grundbegriffe der Entwicklung Lebenslauf als Kind, Jugendlicher, Erwachsener und älterer Mensch Bindung Identität Körperliche Entwicklung Heranreifen Wachstum Kognitive, emotionale und soziale Entwicklung Erziehungs- und Lebensverhältnisse Erziehungsstile Erziehungstraditionen Erziehung von Jungen und Mädchen Sexualerziehung Kultur und Erziehung Tätigkeiten pro Woche: 2h Vorlesung 2h POL 2h Tätigkeit in der Studienlandschaft 3h Lesen Lektüre: Mönks/Knoers „Lehrbuch der Entwicklungspsychologie“, Ernst Reinhard Verlag München/Basel, ISBN 3-8252-8080-2 Arbeitsweise: 1. AKTIV Vorbereiten (Lesen!) 2. Fragen VOR der Vorlesung an [email protected] 3. In der Vorlesung werden wichtige Begriffe erläutert und Fragen geklärt 1 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation Periode 1: Lebenslauf, Pädagogik und Sozialisation Woche Vor dem Treffen Während des Treffens Woche 1 Modulleitfaden lesen Moenks und Knoers: S.1321; Kapitel 2 Die pränatale Phase und das erste Lebensjahr, S.43 78 lesen Erklärung Modul Vorlesung: Entwicklungsbegriffe und Theorien Bindung; soziale und Persönlichk.entwicklun g; Risikokinder Woche 2 Mönks und Knoers: Kap. 3 Das Kind zwischen dem ersten und vierten Lebensjahr S. 79-129; Vorlesung: Bindungsverhalten; Spiel; Sprachentwicklung Woche 3 Mönks und Knoers: Kap. 4 Das Kind im Kindergartenund Schulkindalter Vorlesung: Kognitive Entwicklung; Moralentwicklung Woche 4 Mönks und Knoers Kontrollfragen und – aufgaben S.13-180 Reader Erziehung Woche 5 Mönks und Knoers: Kap.5 Die Jugendjahre I; S.181205 Kap.6 Die Jugendjahre II; S.206-228 Woche 6 Mönks und Knoers: Kap. 7 Der Erwachsene und der ältere Mensch S.229 - 252 Woche 7 Reader Vorlesung: Was verstehen wir unter Erziehung? Erziehungsstile und Erziehungsmethoden Zur Geschichte des Kindes und der Erziehung Sozialisation und geschlechterdifferenzierte Erziehung Vorlesung: Kap. 5+6 Pubertät, Sexualität; Emazipation; Beruf; Fragen Altern: Kap.7 Phasen nach Erikson; Lebensereignisse Vorlesung: (sozial-) pädagogische Handlungskonzepte für das hohe Lebensalter: Beratung und Biographiearbeit; Identitätsentwicklung; Theorie von Erikson Vorlesung: Professionelles Schreiben 2 Nach dem Treffen W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation Psychologische Grundbegriffe der Entwicklung Definition von Entwicklung Entwicklung ist ein fortlaufender, irreversibler Prozess, der zu einer Organisation auf höherem Niveau führt und auf Wachstum, Reifen und Lernen basiert. Menschliche/psychische Entwicklung „Psychische Entwicklung ist ein dynamischer und lebenslanger Prozess. Die Wechselwirkungen (Interaktionen) zwischen individuellen Anlagen und sozialer Umgebung bestimmen, welches Verhalten (Handeln) und welche Verhaltens- und Handlungsmotive geweckt und manifestiert werden.“ (Mönks 1975) Das 5-Faktoren-Modell The „Big Five“ = 5 zentrale Persönlichkeitsmerkmale, die als relativ zeitund situationsstabil angesehen werden: 1. Extraversion: gesellig, selbstbewusst, gesprächig 2. Verträglichkeit: angenehm, liebenswürdig, vertrauenswürdig, warmherzig 3. Gewissenhaftigkeit: Zuverlässig, organisiert, geradlinig, effizient 4. Emotionale Stabilität (Gegenpol: Neurotizismus): ängstlich, unruhig, besorgt 5. Offenheit: für neue Erfahrungen, phantasievoll neugierig 8 Entwicklungsphasen nach Erickson (siehe Extrafolie nach Mönks S. 22) Interaktionstheorie Das Wissen, das sich ein Mensch zu eigen macht, ist ein Produkt der Spannung zwischen seiner eigenen Konstruktion der Realität und seiner Akzeptanz des in der Gesellschaft vorhandenen Wissens. (Elbers 1988) Piaget - Interaktionstheorie 1. Assimilation: Neue Eindrücke werden in ein bestehendes Anpassungsmuster aufgenommen 2. Akkommodation: Anpassung des Individuums 3. Äquilibration: Aktiver Erwerb eines neuen Gleichgewichts als eine Form echter Selbstregulierung Übersicht der Entwicklungsaufgaben nach Havighurst (siehe Extrafolie nach Mönks S. 28) Emanzipation Streben nach Gleichberechtigung benachteiligter Gruppen Loslösungsprozess Streben nach Selbstbestimmung 3 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation Methoden der Entwickungspychologie Längsschnitt- (Altersveränderungen) Querschnittmethoden (Altersunterschiede) Zeitintervall-Methode (Bsp.: Intelligenzmessung, 1940, 1930) Kulturvergleichende Forschung (Mead) (Bsp.: Erleben der Geschlechtsreife) Experimentelle und nicht-experimentelle Methoden Multitrait-Multimethod-Paradigma 4 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation Die pränatale Periode und das erste Lebensjahr Hintergrundfrage: Wo beginnt die menschliche Entwicklung? Kennzeichen eines geregelten Wachstums Alle Föten können ihren Kopf drehen, bevor sie ihre Hände ausstrecken können. Kleine Kinder können eher sitzen als stehen. Sie lallen bevor sie sprechen. Sie zeichnen einen Kreis bevor sie ein Viereck zeichnen können. Die Entwicklung vom Embryo zum Fötus In der pränatalen Phase unterscheiden wir 3 Perioden: 1. germinale Periode (ersten 2 Wochen) 2. Embryonale Phase (folgenden 6-8 Wochen) 3. Fötale Phase (ab der 8. Woche bis zur Geburt). Die Schwangerschaftsperiode dauert ca. 270 Tage oder ca. 40 Wochen nach dem ersten Tag der letzten Menstruation. Prä- und perinatale Einflüsse auf postnatales Verhalten Frühreife (Prämaturität): Geburtsgewicht liegt unter 2500g und die Schwangerschaftsperiode liegt unter 37 Wochen = auslösender Faktor für Verhaltensstörungen Fehlentwicklungen in der pränatalen Periode werden in 2 große Gruppen eingeteilt: 1. genetische Fehler (bei der Empfängnis z.B. Down Syndrom; Zusammenhang mit dem Alter der Mutter) 2. Fehlentwicklungen (zu jedem Zeitpunkt nach der Empfängniskrankheiten der Mutter Röteln, Aids, Zytomegalie (Virusinfektion), Drogen- Medikamentenmissbrauch, medikamentöse Beeinflussung (Contergan)) Pränatale Forschung Beispiel Bedeutung von Träumen: vorbereitende Funktion in Hinblick auf die wirkliche Aktivität nach der Geburt Theorien über die Geburt Portman (1951): “extrauterines Frühjahr” – Der Mensch wird ein Jahr zu früh geboren. Ein Baby verfügt über alle Voraussetzungen eines sozialen Wesens. Dafür notwendig ist jedoch eine Entwicklung in einer sozialen Umgebung. Gehlen bezeichnet den Menschen als “Mängelwesen”. Das erste Lebensjahr Intelligenzentwicklung Bedeutsam: pädagogische Beeinflussung 5 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation Die intellektuelle und kognitive Entwicklung ist allerdings durch Elastizität gekennzeichnet und damit bis ins hohe Alter möglich Habituation Hintergrundfrage: Wie kann festgestellt werden, ob ein Kind etwas erkennt? Habituation: Verringerung des Interesses bei wiederholter Darbietung Habituation = Kind baut bei jeder Reizdarbietung eine interne „Repräsentation“ (Bild, Schema) des Reizes auf. Bei jeder Darbietung kommt ein Stück der Repräsentation hinzu. Ist die Repräsentation, d. h. der Aufbau eines Bildes abgeschlossen, so endet der Habituationsprozess. Das Habituationstempo kann als Maßstab für die kognitive Entwicklung betrachtet werden: z. B. je älter ein Kind desto schneller die Habituation. Entwicklung des Bindungsverhaltens Erstes Bindungsverhalten entwickelt sich im Durchschnitt mit etwa 7 Monaten 2 Verhaltensweisen, die die Chancen erhöhen als Bindungsobjekt ausgewählt zu werden: 1. Oft auf Signale reagieren, die das Kind von sich gibt, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken 2. oft spontan mit dem Kind eine Interaktion eingehen Das Bindungsobjekt ist nicht immer eine Person, oft sind es mehrere Personen, unter denen allerdings eine Hierarchie besteht Bindung - Bindungsängste Gegen Ende des 1. Lebensjahres zeigen sich bei Kindern oft 2 Formen der Angst: 1. Angst vor Fremden (Achtmonatsangst): Kinder die viel Kontakt zum Vater haben, zeigen hier weniger Angst 2. Trennungsangst (9.-12. Monat): tritt auf, wenn sich die Bindungsperson entfernt: Folge: Hemmung des normalen Verhaltens; exploratives Verhalten hört auf. Bei Verlust der Bindungsperson (Krankenhausaufenthalt) zeigt das Kind 3 typische Stadien: 1. Protestphase 2. Verzweiflungsphase 3. bei längerer Trennung; apathisches Verhalten. Die Rolle der Stimulierung Eine beschränkte Anzahl visueller Stimulanz (z.B. Mobile in der Wiege) verstärkt die Aufmerksamkeit des Kindes für seine Umgebung zuviel Stimulanz hat dagegen eine gegenteilige Auswirkung (Lärm) 6 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation Vor allem die verbale Stimulanz ist im ersten Jahr wichtig für die Sprachentwicklung. Die taktile Stimulanz hat Einfluss auf das Kleinhirn, das auch das sozial-emotionale Verhalten regelt. Interne Repräsentanz Zwischen dem 3. und 6. Monaten scheint das Interesse des Kindes an einem wiederholt angebotenem Wahrnehmungsreiz abzunehmen, von nun an baut sich eine interne Repräsentation des Wahrnehmungsprojektes auf. Diskrepanzhypothese Kind zeigt, wenn es einmal eine interne Repräsentation aufgebaut hat, das meiste Interesse an Konfigurationen, die einerseits der Repräsentation des Reizes ähneln, aber nicht zuviel davon abweichen. Stimulierung in der frühen Kindheit Kompetenzmotiv o Streben nach effektiver Interaktion mit der Umgebung o explorierender, manipulierender Umgang mit der Umgebung o Gefühl der Effektivität Kontingenz o Erfahren des Zusammenhangs zwischen dem eigenen Verhalten und einer Auswirkung in der Umgebung. Kontingenzanalyse o Kind lernt zu analysieren, mit welchem Verhalten es einen bestimmten Effekt erzielt Responsivität o Maß, mit dem die Umgebung auf das Verhalten des Kindes reagiert. o Kind das in einer responsiven Umgebung aufwächst, zeigt ein sehr exploratives Verhalten und ist fähig, die Zusammenhänge zwischen seinem Verhalten und dessen Auswirkungen zu lernen. Entwicklung von Selbstbewusstsein, Kompetenzerwartung und Selbstwirksamkeit Auf das Verhalten des Kindes zu antworten hat verschiedene Folgen: Hervorrufen oder Verstärken spezifischer Verhaltensweisen (z.B. Laut- und Wortbildung); Stärkung des kindlichen Selbstbewusstseins, wenn der Erzieher zum rechten Zeitpunkt auf die Signale des Kindes eingeht. Kind entwickelt die allgemeine Erwartung, dass sein Verhalten Auswirkungen auf die Umgebung hat oder dass es durch Bekräftigung (reinforcement) selbst steuern kann. (Kompetenzerwartung, Selbstwirksamkeit) erlerntes Motiv zum Handeln = interne Kontrollüberzeugung 7 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation Das Kind zwischen dem ersten und dem vierten Lebensjahr Das erste Lebensjahr Intelligenzentwicklung, bedeutsam: pädagogische Beeinflussung Die intellektuelle und kognitive Entwicklung ist allerdings durch Elastizität gekennzeichnet und damit bis ins hohe Alter möglich Das erste bis vierte Lebensjahr Im ersten Lebensjahr wird die Grundlage für das Bindungsverhalten gelegt, das während des ganzen Lebens eine wesentliche Rolle spielen wird. Parallel zum Bindungsverhalten entwickeln sich soziale Fähigkeiten und die Persönlichkeit. Die wichtigsten Merkmale dieser Entwicklungsphase: 1. Kind wird aus praktisch-motorischer Sicht selbständig. 2. Koordinierte Funktion von Händen und Augen. Orientierungsfähigkeit. Kind kann Umgebung explorieren und manipulieren. 3. Kommunikationsfähigkeit 4. Kind kennt viele Dinge aus seiner Umgebung, kann differenzieren und kann nach ihm unbekannten Dingen fragen. 5. Orientierung in Raum und Zeit Normative Entwicklung: Unterscheidung gut/schlecht, darf man nicht 6. Bedürfnis nach Aktivität wird zunehmend kognitiv bestimmt (Pläne schmieden, Zukunftsperspektive – in begrenztem Maße) Kontaktbedürfnis zu Erwachsenen und Altersgenossen. Kind kann am Ende der Kleinkindperiode nach Regeln spielen. Körperliche und psychomotorische Entwicklung Körperproportionen und Muskelgewebe bleiben bis zum 5.Lebensjahr ziemlich konstant; um das 5. Lebensjahr beginnt der erste Gestaltwandel – ausgewogenere Körperproportionen Etwa mit 3 Jahren ist Laufen zu einem automatischen Bewegungsablauf geworden Wahrnehmungsentwicklung: Übergang von einer gröberen zu einer differenzierteren Wahrnehmung (galt lange Zeit als Kriterium für Schulreife) Reinlichkeitsgewöhnung: Voraussetzung: Entwicklung der Schließmuskeln ab einem Alter von 15 Monaten Objektpermanenz psychische Fähigkeit, zu wissen, dass ein Objekt auch dann noch vorhanden ist, wenn es zum betreffenden Zeitpunkt nicht sichtbar ist; erste Anzeichen im Alter von 8-12 Monaten (sensomotorische Periode – Piaget). 8 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation ist in diesem Stadium noch unvollständig (Bsp. Teddy unter Decke und Kissen) Die Theorie von Freud Theorie der sozio-affektiven Entwicklung 2 fundamentale Formen biologischer Energie: Libido und Todestrieb; Persönlichkeitsstruktur: 3 Instanzen: „Es“, „Ich“, „Über-Ich“ „Es“ – Triebbefriedigung (Lustprinzip); „Ich – Realitätsprinzip, „Über-Ich“: reguliert Handlungsweisen des „Ich“ und Forderungen des „Es“; Verdrängung Gelingt es dem „Ich“ nicht Forderungen des „Es“ und des „ÜberIchs“ in Einklang zu bringen, können die Triebe unter dem Druck des „Über-Ich“ verdrängt werden. Dann üben die Triebe ihren Einfluss nur noch latent aus. „Das Individuum kann dann Handlungen begehen, deren Ursachen und Bedeutung ihm unbegreiflich sind.“ Entwicklungsphasen nach Freud Der Sexualtrieb dient dem Lusterleben. Folgende erogene Zonen sind nacheinander zu beobachten: 1. Orale Phase: Mund als zentrales Wahrnehmungsorgan 2. Anal-sadistische Phase: Lust an der Exkretionsfunktion 3. Ödipale Phase: Ödipuskonflikt 4. Latente Phase: Sexualität im Hintergrund 5. Genitale Phase: Genitalien sind das Primat des Lusterlebens Das Bindungsverhalten nach dem ersten Lebensjahr Hintergrundfrage: Ist das Bindungsverhalten angelernt oder als Basisstreben von Anfang an im Menschen vorhanden? Theorien zum Bindungsverhalten Differenzierungstheorie (Bowlby) Paralleltheorie (Rutter) Egozentrismus Verhaltensweise, bei der die Wahrnehmung durch den eigene Gesichtspunkt bestimmt wird, wobei es an Differenzierung in der Subjekt-Objekt-Beziehung fehlt. Es findet eine Zentrierung auf das Ego, das eigene Ich, statt. Egozentrismus muss deutlich unterschieden werden vom Egoismus, der sich in selbstsüchtigem Handeln äußert Beispiel: Kausalitätsdenken: spielende Kinder – Harke Egozentrismus = Gegenteil von Dezentrierung 9 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation Rollenübernahmeverhalten sozialer und kognitiver Prozess: Individuum ist in der Lage, sich in die Motive, Gefühle, Gedanken und Verhaltensweisen anderer hineinzuversetzen. Soziale Dezentrierung Rollenübernahme kommt als Prozess während des ganzen Lebens vor. Sie bildet die Grundlage für alle sozial-interaktiven Prozesse und Verhaltensweisen und ist dadurch einer der zentralen Faktoren für die soziale und Persönlichkeitsentwicklung Modelllernen Beim Prozess des Modelllernens versucht das Individuum, bei anderen wahrgenommenes Verhalten bewusst oder unbewusst zu übernehmen. Synonyme sind Imitation, Identifikation und Beobachtungslernen. Welche Personen werden als Modell gewählt: Aktionen des Modells müssen erfolgreich sein und zwischen Modell und Kind muss ein gewisses Maß an Übereinstimmung herrschen. „Meistens kommt „Lernen am Modell“ durch Beobachtung zustande.“ Nach Bandura müssen 4 Voraussetzungen erfüllt sein, um ein Modell erfolgreich nachahmen zu können: 1. Aufmerksamkeit 2. Retention oder Speicherung 3. motorische Reproduktion 4. Bekräftigung und Motivation Trotzphase Ist Trotz im Kleinkindalter ein entwicklungsnotwendiges Phänomen oder gibt es auch andere Betrachtungsweisen und Deutungsmöglichkeiten? Nach Kemmler ist Trotz kein für die Entwicklung notwendiges Verhaltensphänomen. Das eigentliche zentrale Geschehen scheint eine Diskrepanz zwischen dem, was das Kind will, und dem, was das Kind kann, zu sein. Trotz kann als auffallendes Verhaltensmerkmal während des ganzen Lebens auftreten. Es scheint eher ein kulturell als ein universal bedingtes Phänomen zu sein. So scheinen z.B. in Afrika, China und Indonesien Trotz kaum aufzutreten. Spiel und Spielverhalten Spiel hat kompensierende, entspannende und kreativitätsfördernde Funktion. Spiel ist die Quelle der Entwicklung, einer Entwicklung, die einen lebenslangen Prozess darstellt. 10 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation Spielen kann zur Förderung der kindlichen Entwicklung hinsichtlich Motorik, Kreativität, sozialer und kognitiver Fähigkeiten sowie zur Förderung der emotionalen Entwicklung beitragen. Das Spiel bietet dem Kind die Möglichkeit, Informationen über die Realität aufzunehmen und zu verarbeiten. Bei Piaget (1951) ist Spiel eine Ausdrucksform der kognitiven Entwicklung. Das Kind in der Familie Heute ist Kindheit eine besondere Lebensphase, in der das Kind Sorge, Liebe und Freiraum für die eigene Entwicklung erhält. Das war nicht immer so: im 17. Jahrhundert galt das Kind als Miniatur-Erwachsener und wurde entsprechend behandelt. 11 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation Das Kind im Kindergarten- und Schulkindalter Körperliche und psychomotorische Entwicklung Mit 5 Jahren ist der Gleichgewichtssinn gut entwickelt. Zwischen dem 6. und 12. Lebensjahr nehmen Kraft und Körpergröße erheblich zu. Der Bewegungsüberfluss nimmt ab. Ein Zusammenhang zwischen Körperbau und Charakter wird diskutiert. Von der Schulreife zur Schuleingangsdiagnostik Schulreife wird beschrieben als: 1. Unabhängigkeit von der Mutter und Einordnung in eine Gruppe von Altergenossen 2. Analytische (Gliederungs-)fähigkeit 3. Körperliche Reife Was kann getan werden, um jeden Kind eine optimale Startchance zu geben? Schuleignung (soziale Anpassungsfähigkeit, Arbeitskompetenz, Selbständigkeit) Defizitmodell Fördermaßnahmen Hochbegabung Differenzierter Lehrstoff Soziale und Persönlichkeitsentwicklung Interaktion mit Altersgenossen: Freundschafts- und Peerbeziehungen (Peer=Person auf gleichem Entwicklungsstand) Konformismus mit den Normen der entsprechenden Altersgruppe ist im Alter zwischen 9 und 15 Jahren am höchsten. Wichtig hierbei: Milieu, Geschlecht und Art des Verhaltens Konformismus ist weniger von Persönlichkeitsmerkmalen als von situativen Umständen abhängig Freundschaftsmerkmale im Alter von 10 bis 18 Jahre: o Gemeinschaftliche Interessen und Aktivitäten o Gegenseitige Offenheit o Gegenseitiges Vertrauen o Empathie und Aufrichtigkeit o Ergänzung und Komplettierung der eigene Schwächen o Intimität und Bindung Die Entwicklung der Leistungsmotivation Extrinsische vs. intrinsische Motivation Schon Kleinkinder haben einen Drang nach Selbständigkeit Ab 3½ Jahren zeigen Kinder Wetteifern Kinder wollen Leistungen vollbringen und sollen darin gefördert werden. 12 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation Entwicklung der Geschlechtsidentität, des geschlechtsgebundenen Verhaltens Zusammenspiel von biologischen Faktoren und sozialen Lernprozessen Aggressivität, ab 2 Jungen stärker Aktivität, ab 3 Jungen stärker Dominanz, ab 4 Jungen stärker Impulsivität, ab Vorschule bei Jungen stärker Angst, ab 8 bei Mädchen stärker Verbale Fähigkeiten, ab 11 bei Mädchen stärker Visuell-räumliche Fähigkeiten, ab 11 bei Jungen stärker Quantitatives Verständnis, ab 10 bei Jungen stärker Entwicklung des Normgefühls Übergang von objektiver zu subjektiver Verantwortlichkeit mit 10 Jahren Moralentwicklung nach Kohlberg 1. Gehorsam, um Strafe zu vermeiden 2. Konformismus, um eine Belohnung zu erhalten 3. Konformismus, um Ablehnung zu vermeiden 4. Konformismus, um Strafe zu vermeiden 5. Konformismus, um eine geordnete Gesellschaft zu haben 6. Konformismus aus internen Normen Kognitive Entwicklung Hintergrundfrage: Wie kommt Wissen zustande? Kognition= Wahrnehmen + Denken Zentrale Begriffe in Piagets Entwicklungstheorie Grundlage bilden Biologie und Epistemologie (Erkenntnislehre) Interaktion 1. Adaption o Assimilation o Akkomodation 2. Organisation o Äquilibration 3. Psychologische Struktur o Sensomotorische (Verhalten) und operationale (Kognition) Schemata Repräsentation der Welt und die verschiedenen Stadien der kognitiven Entwicklung 1. Bilder 2. Symbole 3. Begriffe 4. Regeln 13 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation Das sensomotorische Stadium (0 - 18 bzw. 24 Monate) o Differentierung zwischen Subjekt und Objekt o Objektpermanenz Das präoperative Stadium (18 Monate bis 7 Jahre) o Spracherwerb o Symbolik o Imitation o Antizipation o Noch sehr egozentrisch o Denken ist irreversibel – statisch Das konkret-operationale Stadium (7 – 11 Jahre) o Fähigkeit zur Dezentrierung o Dynamische Aspekte o Logische Reversibilität o Konkretes Anschauungsmaterial Das formal-operationale Stadium (ab etwa 12 Jahre) o Hypothetisch deduktives Denken o Kombinatorisches Denken Der Übergang vom prä- zum konkret-operationalen Denken o Serielles Ordnen o Klassifikation (keine conceptual chains mehr, aber noch keine Klasseninklusion) o Konservierung (Volumen, Gewicht, Menge, Flächen, Inhalte) Der Motor der Entwicklung Interaktion zwischen Anlage (Organismus) und Umwelt (Mechanismus) o Reifung - Wachstum o Erfahrung und Kontakt mit der Umgebung (physische und logischmathematische Erfahrung) o Soziale Übertragung (Informationsverarbeitung) o Äquilibration (Konflikte und Gleichgewicht) Kritische Randbemerkungen zur Theorie Piagets o Wie viel Förderung ist möglich? Pädagogischer Pessimismus! o Kinder folgen in ihrer Entwicklung ihrem eigenen Weg o Individualität statt Universalität 14 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation Intelligenz und Schulerfolg „Intelligenz ist die zusammengesetzte oder globale Fähigkeit des Individuums, zweckvoll zu handeln, vernünftig zu denken und sich mit seiner Umgebung wirkungsvoll auseinander zusetzen“ (Wechsler, 1953) oder „Intelligenz ist, was ein Intelligenztest misst.“ o o o o Ist Intelligenz unveränderlich? Kann sie beeinflusst werden? Wie ist das Verhältnis von Intelligenz zu Kreativität oder Emotion? Hohe Intelligenz ist kein Garant für Schulerfolg! Individualisierte Unterrichtsprogramme Zur Problematik der kompensatorischen Entwicklungsförderung o Vorschulische Entwicklungsbeeinflussung ist ein komplexes Problem 15 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation Hochbegabung Definition o „Geistige Elite“ o Nur hoher (135-140) IQ? o Zusammenspiel mit Durchsetzungsvermögen, Selbstvertrauen, positiv eingestellte soziale Umgebung Hypothesen zur Hochbegabung o Soziokulturelle Determinanten o Mehr Wachstum – mehr Intelligenz o Dummer Unterricht = Dumme Kinder o Vererbung o Hochbegabte bekommen weniger Kinder und sterben langfristig aus. o Disharmonie o Hochbegabte sind „so anders“, dass sie sich ungewöhnlich entwickeln. o Harmonie o Physisch und psychisch kerngesund 16 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation Mehr-Faktoren-Modell der Hochbegabung: interaktionales Erklärungsmodell Motivation – Kreativität – Hohe intellektuelle Kapazitäten Schule – Peergruppe - Familie Hochbegabtenforschung o Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und IQ o Soziale Umgebung von ausschlaggebender Bedeutung für die Entwicklung von hochbegabten Kindern – sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht o Individuelle Entwicklungschancen anbieten 17 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation Die Jugendjahre I: Körperliche und psychosoziale Entwicklung Jugendjahre und Lebenslauf Die Stellung des Jugendlichen ist undeutlicher im Vergleich zu „Kind“, „Erwachsener“ und „älterer Mensch“. Lewin (1939): Der Jugendliche befindet sich in einer marginalen Position. Periode des Übergangs, Interimsstatus 0-12 Kind 12-18 Jugendlicher Pubertät 18-25 Junger Erwachsener Berufswahl Wehrpflicht Studium Ehe (?) Experimente 25-60 Erwachsener 60- ... Älterer Mensch Stadien der Jugendjahre: Pubertät und Sexualität Pubertät (Geschlechtsreife): Mädchen: zwischen 11 und 15 Jahren Jungen: zwischen 12 und 16 Jahren Hormonelle Umstellung führt zu Konflikten und Unruhe Die körperliche und sexuelle Entwicklung des Jugendlichen Körperliche Entwicklung stimuliert psychosoziale Entwicklung Wachstumsbeschleunigung (säkulare Akzeleration) und deren psychosoziale Implikationen Am Ende der Jugendperiode ist das Kind körperlich ausgewachsen Körperlicher Wachstumsschub. Mädchen: 11-13 Jahre Jungen: 13-15 Jahre Gewichtszunahme: weibliche bzw. männliche Körperform Frustrierende und konfliktreiche Diskrepanz zwischen erwachsenem Körper und fehlendem Erwachsenenstatus Körperbild und Selbstachtung („Bin ich attraktiv?“) Entwicklung der Sexualität Primäre und sekundäre Geschlechtsmerkmale Geschlechtsreife: Mädchen Jungen Menarche Ejakulation 13 (10-16½) ca. 14 Breite Streuung der biologisch-sexuellen Entwicklung Psychosoziale Aspekte: Ehe? Sexuelle Freiheit 18 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation Masturbation Vorübergehendes homosexuelles Verhalten Kinsey-Report: Beginn des sexuellen Veraltens, Art der sexuellen Verhaltensweisen, Entwicklung des sexuellen Verhaltens In den meisten Kulturen ist das sexuelle Verhalten der Jungen ausgeprägter als das der Mädchen und fast alle Kulturen sind restriktiver in bezug auf die Frau. Sexualität: Schuldgefühle, Widerwille und Angst (bürgerliche Gesellschaft) Jungen sind sexuell „aggressiver“ als Mädchen Schofield (1969!) unterscheidet 5 Stadien der sexuellen Erfahrung (zwischen 11 und 18 Jahren): 1. Kein Kontakt, noch nicht geküsst (M:7%, J:16%) 2. Eingeschränkte Erfahrung, noch nie Brüste unter Kleidung gestreichelt (M:46%, J:25%) 3. Sexuelle Erfahrung ohne GV (M:35%, J:29%) 4. GV mit einem Partner (M:7%, J:5%) 5. GV mit mehreren Partnern (M:5%, J:15%) Die soziale Entwicklung des Jugendlichen Selbständigkeitsstreben und Originalitätskrise Bewegungen: 1. Weg vom Erwachsenen 2. Hin zu Altergenossen Probleme: Vereinsamung, Selbstmord(gedanken), „Wo gehöre ich hin?“, wirtschaftliche Abhängigkeit von den Eltern Hinwendung zum anderen Geschlecht (einander ergänzen) Von der Regulierung durch die Eltern zur Selbstregulierung Neue Normen aus Schule, Freundeskreis, Fernsehen Neue Interessen und Inhalte (Bosma, 1985): Schule und Beruf Verschiedene Formen der Freizeitbeschäftigung Freundschaft Verhältnis zu den Eltern Gruppenkonformität des Jugendlichen Ewert (1983): Normierung des Verhaltens durch die Gruppe Kollektiv beherrscht das Handeln des Individuums: antiemanzipatorische Tendenz Vor allem Gefahr für untere Schichten? Der Jugendliche und die Freizeit Im Alter zwischen 12 und 19 Jahren ist etwa 1/3 Freizeit „Die Zeit totschlagen!“, „Herumlungern“, „Zu nichts Lust Haben“ Erster Widerstand („Kein Bock!“) Sport, Jugendorganisationen, Jugendgruppen, Freundesgruppen 19 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation Funktionen: Kontakt, Freundschaft, Zusammengehörigkeit, Gemütlichkeit, Zusammenarbeit Der Jugendliche in der Schule und das Ende der Schulpflicht Die Schulpflicht beträgt in Deutschland 9 Jahre. Schulbildung <-> Persönlichkeitsbildung Motivationsproblematik für Schulen und Lehrer zentral 20 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation Die Jugendjahre II: An der Grenze zum frühen Erwachsenenalter Erwachsensein, Mündigkeit und Emanzipation Körperlich ausgewachsen (M:16J., J:18J.) Nach dem Gesetz Erwachsen mit 18 Jahren Mündig: Widerstand gegen Bevormundung Emanzipation von affektiven, wirtschaftlichen und weltanschaulichen Lebensauffassungen der Elterngeneration Konflikte sind dabei kritische Kräfte der Erneuerung Mädchen werden im Emanzipationsprozess weniger gefördert als Jungen (immer noch?) Jugendliche im Arbeitsprozess und in der Schule Arbeiten aus Wirtschaftlichen (Geld für sich selbst oder die Familie) Psychologischen (schneller selbständig) Soziologischen (schichtspezifisches Rollenverhalten) Pädagogischen (Schule nicht motivierend) Gründen Schule erfordert einen differenzierten Sprachgebrauch und schließt dadurch untere gesellschaftliche Klassen und Immigranten aus. Schule kann emanzipatorisches Streben einengen. Jugendkulturen 60er/70er: Hippies, Linke, Aussteiger, „Make Love, not war“ 80er: Anti-AKW, Umweltschutz, „Save the wales“ 90er: Tecno, Party, Ecstasy 2000: ???? Der (zukünftige) Beruf Beruf <-> Berufung <-> Funktion <-> Arbeitsplatz Berufswahl (Ginzberg, 1951, 1972): 1. Phantasieperiode (bis 11 Jahren) 2. Tentative Periode (12 bis 16 Jahren) 3. Realistische Periode (ab 17 Jahre) Berufswahl ist ein lebenslanger Prozess Junge Mensche suchen eher einen Arbeitsplatz als einen Beruf. Faktoren bei der Berufswahl (Wiegersma 1963) Grenzbestimmende (physische Eignung, Bildung, ...) Richtungsweisende (Status, Konjunktur, ...) Zufälle Ausbildung bestimmt wie eine Art Schicksal des Lebenslauf. 21 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation Berufswahl kann für Mitglieder der Mitteklasse ein Emanzipationsprozess sein. Für Unterschichtler weniger. Zunehmende Arbeitslosigkeit führt zu vermehrter Apathie und Passivität. Der Jugendliche in der Gesellschaft Gesellschaft wirkt auf den Jugendlichen widersprüchlich: Integration Aufstiegschancen Suggestion des schönen Lebens Ökonomisches Interesse Politische Funktion der Allgemeinbildung Rationaler Anspruch versus Kritische Begleitung Aufstiegsstreben Tatsächliche Abhängigkeit Bildungsinteresse Unpolitischer Charakter Irrationale Wirklichkeit Generationskonflikt Junge Menschen, die einen Beitrag zur Veränderung der Welt leisten wollen Der Generationskonflikt steht im Erleben der eigenen Originalität. versus Ältere Generation, die sich mit den bestehenden Verhältnissen arrangiert hat versus Im allgemeinen kann gesagt werden, dass Jugendliche oft die gleichen Ansichten wie ihre Eltern vertreten. Die Entwicklung der Moralität Furter (1965): 1. Autonomes moralisches Verhalten entsteht erst im Jugendalter. 2. Jugend muss erlebt werden. 3. Jugendliche sind Zeuge von Werten, bzw. leben ihre Werte authentisch. Internalisierung von Werten über Identifikation mit Personen Von nahen, über ferne Idealbilder zu abstrakten Idealen Moralische Entwicklung Förden (Van der Ven, 1985) über Werteübertragung (Beeinflussung) Werteverdeutlichung (Entscheidungsfreiheit, nicht lenkend) Wertekommunikation (Entscheidung aufgrund von Argumentation) Weltanschauliche Stellungnahme Weltanschauung: zusammenhängendes Ganzes der Werte Stellungnahme: Jugendliche wählen aus einer Vielfalt von Lebensanschauungen einen eigenen Standpunkt (Beispiel: Religiosität) Nachdenken über Identitätssuche Originalitätssuche Autonomiestreben 22 führt zu Emanzipation Eigener Standpunkt Loslösen W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation Der Erwachsene und der ältere Mensch Psychologie des Alterns Nach 1. 2. 3. 4. 5. 6. Thomae (1968) bringt Altern Veränderungen mit sich: „Biomorphose“ (biochemische und physiologische Prozesse) Pathologische Prozesse Funktionell-psychologische Veränderungen Persönlichkeitsveränderungen Sozial-psychologische Umstrukturierungen Veränderungen hinsichtlich der eigenen Einstellung zum Älterwerden Entwicklungsphasen des Erwachsenseins Die Struktur im Lebenslauf Phasentheorien schaffen Ordnung und machen Prozesse übersichtlich, können aber auch normierend wirken. Da die individuellen Lebensläufe differenzierter sind, ist es schwieriger Ereignisse an ein Lebensalter zu binden. Zwei Phasentheorien Erickson 7. Phase: Generativität versus Stagnation (Sorgsamkeit) 8. Phase: Ich-Integrität versus Verzweiflung (Weisheit) (Peck (1956) differenzierte diese Phasen noch weiter) Levinson unterscheidet vier große Lebensperioden teilt Lebensereignissen exakte Lebensalter zu „Scheingenauigkeit“ Altern als individuelles Ereignis Theorien und Typologien über das Altern erscheinen bei der zunehmenden Individualisierung der Lebensläufe wenig nützlich Der ältere Mensch im Schnittpunkt vieler Einflüsse Stabilität und Veränderung auf vielen Gebieten Thomae (1976) unterscheidet 10 Subsysteme (Oben waren es noch fünf ;-) 1. Reifen und Lernen 2. Biologie 3. Soziale Rollen 4. Sozio-ökonomisch und ökologisch Situation 5. Persönlichkeitsmerkmale 23 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation 6. Kognitiver Bereich 7. Individueller Lebensraum (z.B. Werteinstellungen) 8. Lebenszufriedenheit 9. Anpassungskapazität 10. Soziale Kompetenz Die ökologische Perspektive in der Psychogerontologie Wahl (1992): Welches Milieu ist notwendig, für eine optimale Entwicklung? Wie kann der Mensch so lange wie möglich seine Kompetenz und Lebensfreude erhalten? Eine integrativ-kognitive Theorie über die älter werdende Persönlichkeit Drei Thesen von Thomae (1970): 1. Eine Veränderung im Verhalten hängt mehr mit der Wahrgenommenen zusammen als mit objektiven Veränderungen in der Situation 2. Die Art und Weise, wie Veränderungen in der Situation erfahren werden, ist abhängig von vorherrschenden Bedürfnissen und Erwartungen des Individuums oder der Gruppe 3. Anpassung an das Altern ist eine Funktion des Gleichgewichts zwischen den kognitiven und den motivationalen Systemen des Individuums Fünf Basisvariablen: 1. Objektive Veränderungen der Situation 2. Wahrgenommene Veränderungen 3. Veränderungen in der Motivation 4. Veränderungen im Verhalten 5. Die Anpassung an das Altern Einige Themen der Psychogerontologie Intelligenz und Weisheit Das Defizitmodell Fluide und Kristalline Intelligenz Mythos: „Rückgang der Intelligenz“ Das Modell „Wachstum und Rückgang“ Fluide Intelligenz und Kurzzeitgedächtnis nehmen ab Kristalline Intelligenz und Langzeitgedächtnis nehmen zu Große individuelle Unterschiede 24 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation Das Modell „selektive Optimierung mit Kompensation“ Erster kognitiver Prozess (Zusammenhänge, Klassifikation, Logik) Zweiter kognitiver Prozess (Anwendung und pragmatisches Handel) Individuelle Entwicklung mündet durch Selektion und Optimierung in einer Expertise auf dem einen oder anderen Gebiet. Im Alter nimmt die Anpassungsfähigkeit ab und Kompensationsprozesse (z.B. „gut einstudierte Routine“ statt „Neuanpassung“) werden wichtiger. Weisheit ist „eine außergewöhnlich hoch entwickelte Art von synthetisierter Intelligenz, die sich als überlegnes Problemlösungspotential im Bereich einer bestimmten Wissensdomäne manifestiert“. (Dittmann-Kohli, 1984) Sexualität, Intimität und Partnerschaft Entwicklung und Veränderung in vier Dimensionen der Sexualität Vier Dimensionen der Sexualität (nach Van Emde Boas): 1. Fortpflanzung Nach der Menopause der Frau verliert die Sexualität ihre Fortpflanzungsfunktion. Dies kann als „Abschied von der Sexualität“ oder als „Befreiung“ erlebt werden. 2. Lust Ältere Menschen können bis ins hohe Alter Sexualität genießen. Dabei kommt es zu anatomischphysiologischen Veränderungen. 3. Beziehung Nach der Kindererziehung können Paare wieder neu zueinander finden. 4. Institutionalisierung Alle Kulturen strukturieren und normieren Sexualität. Welchen Stellenwert hat die Ehe? Sexuelles Verhalten und Erfahren Wenig Studien! In der Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs gibt es große individuelle Unterschiede. Die sexuelle Aktivität, vor allem ab 70, nimmt ab. Sexuelles Interesse und sexuelle Wünsche bestehen, vor allem bei Männern, auch im höheren Alter. Sexualität in befriedigenden Beziehungen Leidenschaft und sexuelle Intimität treten gegenüber Zärtlichkeit und Loyalität in den Hintergrund 25 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation Einstellungen älterer Menschen gegenüber Sexualität und sexueller Moral Die individuellen Einstellungen zur Sexualität bleiben im Alter weitgehend stabil. Gesellschaftlich gesehen haben sich die Einstellungen zur Sexualität gewandelt: 1. Nachkriegszeit: Beherrschungsmoral 2. Nach 1960: Leistungsgerichtete Sexualmoral 3. Neu: Intimität der Beziehung (?) Ältere Menschen sind in der Regel in einer Atmosphäre der Beherrschungsmoral erzogen worden (Vermutlich geringe sexuelle Aktivität im Alter). 26 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation Kontrollfragen und -aufgaben Kapitel 1 1. Warum kann der Begriff Entwicklung nicht mit Reifung gleichgesetzt werden? 2. Inwiefern hat sich die „Psychologie der Lebensabschnitte“ von einer rein biologischen Erklärungsweise losgelöst? 3. Wo liegen die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede von persönlichkeits- und Entwicklungspsychologie? 4. Worin besteht das Charakteristische der biologisch orientierten Theorien, der Milieutheorien, der psychodynamischen und der geisteswissenschaftlichen Theorien? 5. Laut Piaget spielt in der Entwicklung neben der Reifung die Erfahrung, die soziale Transmission und vor allem die Äquilibration oder Selbstregulierung ein Rolle. Erläutern Sie, warum der Interaktionismus in der Zusammenfassung als Synthese bezeichnet wird! 6. Was versteht man unter der marginalen Situation des Jugendlichen? Erklären Sie unter dem Gesichtspunkt der „marginalen Position“ das Emanzipationsstreben des Jugendlichen! 7. Erklären Sie, warum gerade für die Entwicklungspsychologie Längsschnittmethoden so wichtig sind! Warum beschränkt sich die Entwicklungspsychologie dann nicht auf diese Methode? 8. Worin unterscheidet sich die klinische Methode von der experimentelle Methode? Kapitel 2 1. Wie verläuft die Entwicklung vom Embryo zum Fötus? 2. Wann spricht man von Frühgeburt und welche Folgen kann Frühgeburt haben? 3. Woraus wird ersichtlich, dass das ungeborene Kind ein aktiv reagierendes Wesen ist? 4. Die Autoren Portman, Gehlen und Rank haben unterschiedliche Theorien über die Geburt. Worin unterscheiden sich diese? 27 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation 5. Das Baby, so wird behauptet, verfügt über die Fähigkeiten eines sozialen Wesens. Erläutern Sie das! 6. Welche Merkmale muss die Umgebung des Kindes besitzen, damit sein soziales Ausgerichtetsein sich entwickeln kann? 7. Welche wachstumsfördernde Rolle spielt die Stimulierung, welche wachstumshemmende Rolle die Institutionalisierung in der frühkindlichen Entwicklung? 8. Was sind Risikokinder und wie können sie frühzeitig erkannt werden? 9. Bei der geburt verfügt das Kind über frühkindliche und permanente Reflexe. Beschreiben Sie diese und erläutern Sie den Unterschied! 10. Wie verläuft die Entwicklung des Greifverhaltens? 11. Bowlby behauptet, dass nur die biologische Mutter eine gesunde Entwicklung des Kindes gewährleisten kann. Rutter widerspricht dem. Warum kann Rutter nicht mit Bowlby übereinstimmen? 12. Was ist eine Postpartum-Depression? Kapitel 3 1. Objektpermanenz wird als ein Meilenstein in der kindliche Entwicklung betrachtet. In welchem Alter entwickelt sie sich und wie äußert sie sich im Verhalten des Kindes? 2. Wie kann die psychomotorische Entwicklung kurz skizziert werden und was bedeutet in diesem Zusammenhang der erste Gestaltwandel des Kindes? 3. Was ist Egozentrismus? Handelt es sich um eine typisches Verhaltenphänomen des Kleinkindes oder tritt er such in anderen Altersabschnitten auf? 4. Das Rollenübernahmeverhalten spielt in der Entwicklung des Kindes zwischen dem ersten und dem vierten Lebensjahr eine wichtige Rolle. Was ist das Rollenübernahmeverhalten und wie kann es gefördert werden? 5. Die Trotzphase wurde lange zeit als ein für die Entwicklung, speziell für die Willensbildung notwendiges Verhaltenphänomen betrachtet. Neuere empirische Daten widerlegen diese Auffassung. Äußern Sie sich zu den Untersuchungsergebnissen von Kemmler! 28 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation 6. Das Spiel wird als eine natürliche Aktivität des Kindes betrachtet. In Bezug auf Spielvoraussetzungen und Spielkonsequenzen existieren verschiedene Theorien, Spieleinteilungen und Untersuchungsbefunde. Geben Sie eine Beschreibung des komplexen Phänomens „Spiel“! 7. Die Entwicklung von Kinderzeichnungen verläuft von Kritzeleien bis hin zu figurativen Zeichnungen. Beschreiben Sie diesen Prozess! 8. In Bezug auf die Sprachentwicklung existieren zwei wesentliche Erklärungen: die nativistische und die lerntheoretische. Worin besteht der Unterschied zwischen den beiden Theorien? 9. Zwischen dem ersten und dem vierten Lebensjahr wächst der durchschnittliche Wortschatz des Kindes auf etwa 1.500 Wörter an. Beschreiben Sie diesen Entwicklungsprozess! 10. Was versteht man unter semantischer Entwicklung? Kapitel 4 1. Lange zeit wurde der Beginn des Schulalters des Kindes in Zusammenhang mit der körperlichen Entwicklung gebracht. Was bedeutet in diesem Zusammenhang der erste Gestaltwandel? 2. Freundschafts- und Peerbeziehungen nehmen während des Schulalters zu. Welche Funktion haben sie und welche Merkmale kennzeichnen sie? 3. Leistungsmotivation entwickelt sich bereits bei jungen Kindern. Es zeigt sich zunächst im Wetteiferverhalten. In welchem Alter entwickelt sich die Leistungsmotivation und welche Merkmale kennzeichnen sie? 4. Was versteht man unter geschlechtsgebundenem Verhalten, wie wird es erklärt und welche empirischen Daten verdeutliche diesen Zusammenhang? 5. Normgefühl und Moralität sind einzentrales Merkmal der Persönlichkeitsentwicklung. Geben Sie eine Beschreibung! 6. Piagets Theorie stützt sich auf Begriffe aus der Biologie und der Epistemologie. Erklären Sie die Begriffe! 7. Erläutern Sie die Begriffe Adaption und Organisation sowie die Begriffe Assimilation und Akkomodation! 29 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation 8. Während es sensomotorischen Stadiums (0-14 bzw. 24 Monate) entwickelt sich die Objektpermanenz. Beschreiben Sie den Zusammenhang zwischen kognitiver Entwicklung und der Entwicklung der Objektpermanenz in dieser Periode! 9. Geben Sie eine globale Beschreibung des präoperationalen, des konkret-operationalen und des formal-operationalen Stadiums! 10. Welche Kritikpunkte können zur Theorie von Piaget vorgebracht werden? 11. Was ist die sogenannte kompensatorische Entwicklungsbeeinflussung? Besprechen Sie in diesem Zusammenhang die Ausfassungen von Arthur Jensen, die zu heftigen Diskussionen geführt haben! 12. Hochbegabung hat in letzter Zeit das Interesse der Entwicklungspsychologen geweckt, da sie zur optimalen Entwicklung von Kindern beitragen wollen – also auch von Kindern, die über besondere Fähigkeiten verfügen. Beschreiben Sie die Ansichten über die Hochbegabung und einige Untersuchungsergebnisse und gehen Sie auf das Mehr-Faktoren-Modell näher ein! Kapitel 5 1. Die Postition der Jugendjahre wird von Ausubel als ein Interimsstatus bezeichnet. Was ist damit gemeint? 2. Zu welchen Problemen kann die Wachstumsbeschleunigung bei Jugendlichen führen? 3. Was sind primäre und was sind sekundäre Geschlechtsmerkmale? Warum werden sie so bezeichnet? 4. Worin liegt die Bedeutung von Verhütungsmitteln für den Jugendlichen? Was kann – abgesehen von religiösen Bedenken oder vermuteten medizinischen Folgeerscheinungen – das Problematische an der Benutzung dieser Mittel für junge Menschen und ihre Beziehungen sein? 5. Kann man tatsächlich von einer sexuellen Revolution sprechen? Erläutern Sie dies! 6. Was versteht Erickson unter Identitätsentwicklung? Welche Rollen spielen Altergenossen oder Freunde dabei? 30 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation 7. Vergleichen Sie die von Bosma gefundenen Bindungen mit den Entwicklungsaufgaben der Jugend laut Havighurst (Tabelle 2). Was fällt Ihnen dabei auf? 8. In welcher Hinsicht, durch welche Rollen, ist die Schule für die Entwicklung des Jugendlichen von Bedeutung? Kapitel 6 1. Warum befinden sich Jugendliche zwischen 16 und 19 Jahren an der Grenze zum Jung-Erwachsensein? 2. Erläutern Sie, warum der Begriff Generationskluft die Beziehung zwischen Eltern und Kindern nicht gut wiedergibt! Berücksichtigen Sie bei Ihrer Antwort auch Abschnitt 5.4.1! 3. Erläutern Sie theoretisch, warum in dieser Periode die arbeitende oder die arbeitslose und die Schuljugend eine unterschiedliche Entwicklung durchlaufen und versuchen Sie, diese Unterschiede zu kennzeichnen! 4. Erklären Sie, warum ein Zusammenhang besteht zwischen Schulerfahrung, regelmäßigem Schuleschwänzen und frühzeitigem Schulabgang! 5. Welche Rolle spielt die Jugendkultur für Jugendliche? Welche Rolle spielt die Gegenkultur bei einer Reihe frühzeitiger Schulabgänger und einer Reihe von arbeitenden, aber vor allem arbeitslosen Jugendlichen? 6. Welche Unterscheidung trifft Wiegersma zwischen Beruf, Funktion und Arbeitsplatz? Besteht ein Widerspruch zwischen der Bevorzugung eines bestimmten Arbeitsplatzes und dem sich veränderndem Arbeitsethos? 7. Bewegt sich Ihrer eigenen Erfahrung nach die Einstellung der Jugendlichen in bezug auf die Gesellschaft mehr in Richtung des Emanzipationspädagogen Mollenhauer oder mehr in Richtung der Entwicklungspsychologen Younnis und Smollar? 8. Skizzieren Sie die moralische Entwicklung nach Kohlberg und erläutern Sie, wie er diese durch moralische Bildung anhand der Besprechung von Dilemmas zu fördern versucht! 9. Warum ist die weltanschauliche Stellungnahme gerade für viele Jugendliche so wichtig? Kapitel 7 31 W 1655/W1656 Lebenslauf – Erziehung - Sozialisation 1. Warum sind Phasentheorien immer noch wichtig für die Untersuchung des menschlichen Lebenslaufs? 2. Wie ergänzen Peck und Vaillant die Lebenslauftheorie von Erickson? 3. Was versteht Levinson unter „Lebensstruktur“? 4. Welche Einsichten hat die ökologische Gerontopsychologie uns vermittelt? 5. Illustrieren Sie die kognitive Theorie der älter werdenden Persönlichkeit von Thomae mit einem Beispiel, in dem die fünf Grundvariablen behandelt werden! 6. Besprechen Sie die Schlussfolgerung von Schaie in bezug auf die Untersuchung über die Intelligenzentwicklung während des Lebenslaufs! 7. Erläutern Sie den Unterschied zwischen fluider und kristalliner Intelligenz und besprechen Sie die Altersunterschiede, die bei beiden auftreten! 8. Welche zwei kognitiven Prozesse unterscheidet Baltes in seinem Modell des intellektuellen Funktionierens? 9. Besprechen Sie die Resultate der Untersuchung über das sexuelle Verhalten und Erleben im Alter! 10. Bestehen Unterschiede zwischen der Einstellung gegenüber der Sexualität bei Jüngeren und Älteren? Kann man von einer Entwicklung sprechen? 32