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LÖSUNGSANSÄTZE FÜR INTERKONFESSIONELLE FRIEDHÖFE
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Dass es nicht erst heutzutage nötig ist, Friedhöfe anzulegen, auf denen
Angehörige unterschiedlichen Glaubens sowie Bekenntnislose bestattet
werden, zeigt die Einrichtung von Kommunalfriedhöfen im 19. Jahrhundert.
Erst durch sie erhielt jeder Bürger - unabhängig von seiner Konfession - einen
Anspruch auf ein „ehrliches“ Begräbnis. Folglich können Kommunalfriedhöfe
auch als interkonfessionelle Friedhöfe angesehen werden. (RICHTER, S. 232FF)
Welche speziellen Lösungsansätze es für die Bestattung von Nicht-Christen
und Bekenntnislosen heute bereits gibt, soll in diesem Kapitel näher
untersucht werden. Bestehende Friedhöfe, die sich auf bestimmte
Bevölkerungsgruppen und deren besondere Bedürfnisse eingestellt haben,
wurden genauer in Augenschein genommen. Die Autoren konzentrierten
sich dabei auf die Stadt Frankfurt am Main, die von allen deutschen Städten
den höchsten Ausländeranteil und damit auch eine enorme kulturelle Vielfalt
aufweist.(siehe Kapitel II, „Statistische Daten“) Darüber hinaus wurden auch
einige Anlagen in den Niederlanden besucht, von denen interessante Impulse
für innovative Lösungen ausgehen.
Bereits seit dem 19.
Jahrhundert gibt es
Friedhöfe, auf denen
Menschen unabhängig
von ihrer Religion
gemeinsam bestattet
werden
D ERZEITIGE S ITUATION IN
D EUTSCHLAND
Genäß heute geltendem Friedhofs- und Bestattungsrecht können Friedhöfe
von Gemeinden, Kirchen oder Religionsgemeinschaften verwaltet werden,
die als juristische Person des öffentlichen Rechts anerkannt sind. Der Friedhof
ist eine öffentliche Einrichtung und die Kommunen sind verpflichtet, jedem
ihrer Einwohner einen Bestattungsplatz zur Verfügung zu stellen. So gibt es
derzeit in Deutschland konfessionelle, kommunale und simultane Friedhöfe.
Konfessionelle Friedhöfe stehen ausschließlich Angehörigen der jeweiligen
Religion zur Verfügung. Sie sind bei christlichen und jüdischen Gemeinden zu
finden. Kommunale Friedhöfe werden von den Gemeinden und Städten
errichtet und jeder Bürger - egal welcher Religion er angehört - kann hier
bestattet werden. Bei Simultanfriedhöfen handelt es sich um kirchliche
Friedhöfe, die neben den Angehörigen der eigenen Konfession auch
Angehörige anderer Glaubensgemeinschaften oder Bekenntnislose
aufnehmen. (GAEDKE, S.16) Nachdem Deutschland zum christlichen Kulturkreis
zählt, gibt es hier hauptsächlich christlich geprägte Friedhöfe unter
Die Kommunen sind
verpflichtet, jedem
Bürger einen
Bestattungsplatz zur
Verfügung zu stellen
LÖSUNGSANSÄTZE FÜR INTERKONFESSIONELLE FRIEDHÖFE
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kommunaler oder kirchlicher Verwaltung. Neben ihnen existieren noch
jüdische Friedhöfe, die von der jeweiligen jüdischen Gemeinde verwaltet
werden. Diese befinden sich hauptsächlich in Städten und sind entweder
eigenständig oder Teile von Zentralfriedhöfen. (BROCKE/MÜLLER, S. 8FF) Personen,
die weder christlichen noch jüdischen Glaubens sind, werden auf einem
Kommunal- oder Simultanfriedhof bestattet.
Die derzeit größte Gruppe ohne eigenen Friedhof stellt die muslimische
Glaubensgemeinschaft dar. Weil die Anerkennung als Körperschaft des
öffentlichen Rechts fehlt, ist sie nicht befugt, Friedhöfe zu verwalten. Deshalb
wurden und werden auf vielen Kommunalfriedhöfen gesonderte Grabfelder
ausgewiesen, die den islamischen Bedürfnissen entgegenkommen. (KOKKELINK,
S.63FF) In Hamburg und Berlin sind bereits erste Abteilungen für Buddhisten
auf städtischen Friedhöfen eingerichtet. (MELLE, 3:21) Personen, für die die
vorgenannten Einrichtungen nicht in Frage kommen - Bekenntnislose und
Mitglieder anderer Glaubensgemeinschaften - werden zwischen den
christlichen Gräbern meist auf kommunalen Friedhöfen beigesetzt, sofern sie
nicht eine alternative Bestattungsart wählen (vgl. Kapitel III, „Menschen ohne
Glaubenszugehörigkeit“).
Angehörige von Gruppen, welchen keine
eigenen Friedhöfe oder
Grabfelder zur Verfügung stehen, werden
zwischen christlichen
Gräbern beigesetzt
B EISPIELE FÜR G RUPPENFRIEDHÖFE
Bisher sind nur wenige Bestattungsräume speziell auf den nicht-christlichen
Glauben ausgelegt. Vereinzelt gibt es jedoch sehr interessante Ansätze, die in
diese Richtung weisen. Im Rahmen einer Exkursion nach Frankfurt am Main
und in die Niederlande konnten einige Beispiele näher betrachtet werden. In
Frankfurt - eine Stadt mit enormer ethnischer Vielfalt - stellt sich die Frage, wie
mit Verstorbenen, die aus fremden Kulturen stammen und anderen
Religionen angehören, umgegangen werden muss. Hier wurden deshalb
zum einen ein muslimisches Gräberfeld auf dem Parkfriedhof Heiligenstock
besucht und zum anderen ein interkonfessionelles Gräberfeld für Juden und
deren nicht-jüdische Ehepartner auf dem Neuen jüdischen Friedhof. Ein
weiteres interessantes Beispiel war in den Niederlanden zu finden. In Den
Haag wurde der erste chinesische Friedhof in Europa angelegt. Die Mitglieder
der chinesischen Gemeinde – deren Mitglieder mindestens vier
Es gibt bereits vereinzelt
Bestattungsräume, die
auf die Bedürfnisse
nicht-christlicher Gruppen ausgelegt sind
LÖSUNGSANSÄTZE FÜR INTERKONFESSIONELLE FRIEDHÖFE
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verschiedenen Religionen angehören – können sich auf einem seperaten Teil
des Friedhofes Nieuw Eykenduinen bestatten lassen.
Bei der Analyse dieser Beispiele soll das Hauptaugenmerk darauf gerichtet
werden, was für die Friedhofsplanung von Bedeutung sein kann oder muss.
Das Ziel ist eine Planung, die den Bedürfnissen verschiedenster Gruppen
gerecht werden kann. Andererseits soll aber auch darauf geachtet werden,
welche Möglichkeiten zur Kommunikation und Annäherung der
unterschiedlichen Gruppen gegeben sind. Denn – vgl. Kapitel II - solche
Einrichtungen können einen wichtigen Beitrag dazu leisten, interkulturelle
Kontakte zu ermöglichen und damit das Verständnis und die Verständigung
unter den Angehörigen unterschiedlicher Gruppen zu fördern. Näher
untersucht werden die Gestaltung der Gesamtanlage, die Gebäude, die
Wegeführung, die Platzgestaltung sowie die bestehenden Grabstätten auf
den einzelnen Feldern.
Durch die nähere
Betrachtung einiger
Beispiele sollen
Erkenntnisse
gewonnen werden, die
für die Planung von
Gruppenfriedhöfen
von Bedeutung sind
Darüber hinaus konnten im Rahmen dieser Exkursion noch einige
Besonderheiten bezüglich individueller Bestattungsformen ausfindig gemacht
werden, wie das Streufeld des Fussballclubs Ajax in Amsterdam, ein
Gedenkfeld in Rotterdam und ein Friedwaldangebot in Frankfurt. Diese sollen
ebenfalls beispielhaft kurz vorgestellt werden.
ALLGEMEINES ZUM
AM MAIN
FRIEDHOFSWESEN IN FRANKFURT
Im Gespräch mit Herrn KARLHEINZ BRAUN, dem Abteilungsleiter für
Friedhofsangelegenheiten im Grünflächenamt der Stadt Frankfurt am Main,
konnten sehr interessante Einblicke in die dortige Bestattungspraxis
gewonnen werden. Momentan gibt es in Frankfurt 37 kommunale Friedhöfe
und einen jüdischen Friedhof. Von der Kirche verwaltete Friedhöfe sind im
Stadtgebiet nicht mehr zu finden. Es ist zwar bekannt, dass beispielsweise auf
dem Hauptfriedhof Buddhisten, Hindus, Sinti und Roma begraben sind,
genaue statistische Erhebungen diesbezüglich sind jedoch nicht vorhanden.
In der Regel werden Angehörige nicht-christlicher Konfessionen zwischen
den christlichen Gräbern entsprechend der Reihenbelegung und gemäß des
hessischen Gesetztes über das Friedhofs- und Bestattungswesen beigesetzt.
Frankfurt setzt sich mit
den Ansprüchen
unterschiedlichster
ethnischer Gruppen
auseinander
LÖSUNGSANSÄTZE FÜR INTERKONFESSIONELLE FRIEDHÖFE
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Seitens der Friedhofsverwaltung wird versucht, auf Wünsche bezüglich
besonderer Bestattungsriten einzugehen. Mit dem Wunsch, ein selbst
verwaltetes, separates Gräberfeld zu erhalten, sind bisher nur Muslime auf die
Stadtverwaltung zugekommen.
1961 wurde auf dem Waldfriedhof Oberrad ein erstes muslimisches
Gräberfeld eingerichtet. Das ewige Ruherecht, welches das Hauptanliegen
von Muslimen darstellt, steht zwar im Widerspruch zum deutschen
Bestattungsrecht, wird aber bis heute stillschweigend gewährt. Die
momentan zu belegenden Felder befinden sich auf dem Parkfriedhof
Heiligenstock. Seit 1995 werden hier ca. 80 bis 100 Muslime pro Jahr
beigesetzt. Die Standorte der muslimischen Felder sind gemeinsam
ausgewählt worden. Um auf die speziellen Bedürfnisse und Notwendigkeiten
der muslimischen Gemeinden besser eingehen zu können, findet jährlich ein
Treffen von Vertretern des Grünflächenamtes und der muslimischen
Gemeinden statt. Durch diese Zusammenarbeit konnten schon oftmals
Probleme gelöst, Kompromisse gefunden und Missverständnisse aus der Welt
geschafft werden.
Letztere bestanden unter anderem bei der Definition des Begriffes „Auflösung
eines Grabes“. Ein Grab nach 20 Jahren „auflösen“ verstanden die Muslime
so, dass das Grab nach dieser Zeit ausgeräumt und somit die Totenruhe
gestört wird. Weil dies jedoch nicht der Fall ist, sondern lediglich der Grabstein
abgeräumt, die Fläche eingeebnet und Rasen angesät wird, war dieses
Problem zunächst gelöst. Denn - wie bereits in Kapitel II, „Der Islam“, erwähnt
– kommt der Grabpflege im muslimischen Kulturkreis ohnehin nur wenig
Bedeutung zu. Diese Tatsache verlangt allerdings von der
Friedhofsverwaltung, etwas weniger strikt auf die Einhaltung der
Gestaltungssatzung zu bestehen.
Bleibt noch die Tatsache, dass nach muslimischen Glauben auch keine
Wiederbelegung von Grabstätten gestattet ist. Dabei hat sich der Leiter des
Grünflächenamtes in Anbetracht dessen, dass ausreichend Friedhofsflächen
vorhanden sind, dazu entschlossen, diese Flächen nicht erneut zu vergeben.
Weitere Kompromisse, die seitens der muslimischen Gemeinden akzeptiert
wurden, sind beispielsweise die Bestattung im Sarg und das Öffnen lassen des
Durch die Zusammenarbeit zwischen
Stadtverwaltung und
den Gruppen können
Lösungen gefunden
und Missverständnisse
aus der Welt geschafft
werden
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LÖSUNGSANSÄTZE FÜR INTERKONFESSIONELLE FRIEDHÖFE
Grabes durch das Friedhofspersonal, was in Deutschland vorgeschrieben ist.
Beides ist nach muslimischer Tradition nicht üblich. So wird nun nicht allein im
Leichentuch bestattet und das Grab wird nur symbolisch durch Verwandte
mit wenigen Spatenstichen ausgehoben. Das Zuschaufeln des Grabes, wie
auch das Tragen des Sarges zur Grabstätte durch die Angehörigen stellt
hingegen in Frankfurt kein Problem dar.
Auf den Wunsch der etwa 30 islamischen Gemeinden in Frankfurt am Main
nach einem eigenen, rein muslimischen Friedhof reagierte das
Grünflächenamt, indem es eine mögliche Fläche anbot. Dies geschah
allerdings unter der Auflage, die muslimischen Gemeinden müssten für den
Betrieb des Friedhofes eine einheitliche Linie finden. Eine diesbezügliche
Einigung unter den Gemeinden kam aufgrund zu vieler unterschiedlicher
religiöser Richtungen bislang jedoch nicht zustande. Zu betonen ist allerdings,
dass für die vielen unterschiedlichen Glaubensgruppen eine Bestattung auf
einem gemeinsamen Grabfeld völlig problemlos ist.
Bisher noch unerfüllt:
der Wunsch nach
einem selbst
verwalteten
muslimischen Friedhof
Abschließend bleibt festzustellen, dass Herr BRAUN insgesamt die bereits in
Kapitel II beschriebenen Entwicklungstendenzen bestätigen konnte, die auf
einen zunehmenden Bedarf an muslimischen Bestattungsplätzen in
Deutschland hindeuten. Die künftigen Generationen werden wohl immer
mehr davon abkommen, ihre Verstorbenen ins Heimatland zu überführen.
Davon zeugt auch die Tatsache, dass bereits in allen größeren deutschen
Städten muslimische Gräberfelder bestehen. (BRAUN)
Der Bedarf an
muslimischen
Bestattungsplätzen
wird zunehmen
MUSLIMISCHES GRÄBERFELD
IN
FRANKFURT
AM
MAIN
Auf dem Parkfriedhof Heiligenstock gibt es momentan drei muslimische
Grabfelder, die von der Stadt Frankfurt am Main verwaltet werden. Insgesamt
umfasst das Gelände etwa 80 ha und ist am Stadtrand von Frankfurt am Main
gelegen. Die Anlage war ursprünglich als Zentralfriedhof vor den Toren der
Stadt geplant. Deshalb ist sie relativ schwierig zu erreichen und wiederstrebt
mit ihrer Randlage und enormen Größe dem derzeitigen Friedhofstrend, den
überschaubaren und am besten zu Fuß erreichbaren Stadtteilfriedhöfen. Da
im Frankfurter Stadtgebiet ausreichend Kapazitäten an Bestattungsflächen
vorhanden sind, weist die Anlage große Freiflächen auf.
Auf dem Parkfriedhof
Heiligenstock gibt es
bereits drei muslimische
Grabfelder
LÖSUNGSANSÄTZE FÜR INTERKONFESSIONELLE FRIEDHÖFE
Abb. 1: Hinsichtlich der
Grabpflegebestimmungen ist die Frankfurter
Friedhofsverwaltung kompromissbereit
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Das erste muslimische Gräberfeld in der Anlage wurde 1995 eröffnet, da die
Bestattungsfläche auf dem Waldfriedhof Oberrad voll belegt war. Innerhalb
des gesamten Friedhofes sind die muslimischen Gräberfelder mittig bzw. am
Rand gelegen. Diese Lagen wurden - wie bereits erwähnt - von der
Friedhofsverwaltung und den muslimischen Gemeinden gemeinsam
ausgewählt. Die Abgelegenheit des Friedhofs wurde sowohl von den
Gemeinden als auch von der Stadt positiv bewertet. Denn durch die großen,
nicht belegten Flächen auf dem Parkfriedhof ist eine Abtrennung der
muslimischen Felder von den christlichen durch Hecken leicht zu
bewerkstelligen. Außerdem kann die ewige Grabruhe eher auf einer Fläche
gewährleistet werden, die wenig Begehrlichkeiten unterliegt. Dies wäre auf
einem Friedhof mit knapp bemessenem Platz und hoher Belegungszahl nicht
möglich. Ebenso ist es auf abgelegenen Randflächen leichter möglich, die
Gestaltungssatzung in Bezug auf die Grabpflegebestimmungen außer acht zu
lassen. Beschwerden von Besitzern der Nachbarfelder wären andernfalls auf
der Tagesordnung.
Die Lage der Grabfelder wurde von der
Friedhofsverwaltung
und den Muslimen
gemeinsam
ausgewählt
Bezüglich der Gebäude wurde bereits in Erfahrung gebracht (vgl. Kapitel III,
„Der Islam“), dass ein Waschtisch und ein Raum für eine muslimische
Bestattung nötig sind. Auf dem Parkfriedhof Heiligenstock sind zwei
Waschtische vorhanden. Zwei Frankfurter Krankenhäuser und der
Hauptfriedhof bieten außerdem eine Waschgelegenheit. Für die Totenfeier
steht auf dem Parkfriedhof zwar nicht direkt auf dem muslimischen
Gräberfeld, aber in den Friedhofsgebäuden der Gesamtanlage ein separater
Raum zur Verfügung. Hier sind keine christlichen Symbole fest installiert,
sodass er für muslimische Trauerfeiern häufig genutzt wird.
In den
Friedhofsgebäuden
werden Waschtische
und ein Raum für
muslimische
Bestattungsfeiern
angeboten
Die muslimischen Grabfelder sind nur schwer zu finden. Es gibt auf der
gesamten Friedhofsanlage keinen Übersichtsplan oder Wegweiser, welcher
auf das muslimische und die anderen Grabfelder hinweisen würde. Die
Bereiche sind über die Hauptwege zu erreichen. Die Wegeführung auf den
Bestattungsfeldern selbst ist eher funktional. Sie ergibt sich durch die
vorhandenen Gräber. Ausgestaltete Plätze, die zu einem Aufenthalt einladen
würden, sind nicht vorhanden. Eine derartige Gestaltung hat im Islam auch
keine Tradition. Die Gräberfelder bestehen aus einer Wiesenfläche, auf der die
Grabstätten reihenartig angelegt und nach Mekka ausgerichtet sind. Die
Durch fehlende Information ist es schwierig,
die weitgehend
authentischen
Grabfelder zu finden
LÖSUNGSANSÄTZE FÜR INTERKONFESSIONELLE FRIEDHÖFE
Abb. 2: Die muslimischen Grabfelder in
Frankfurt sind geprägt von Wiesenflächen
und nach Mekka ausgerichteten Gräbern
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Teilbereiche sind durch freiwachsende Hecken von den umgebenden, derzeit
noch nicht belegten Flächen abgegrenzt. Anhand der Gestaltung der
Einzelgräber – es sind nur traditionelle Einzelgräber vorhanden - lässt sich
erkennen, dass hier eine Gestaltungssatzung nicht durchzusetzen ist. Es sind
zwar Grabstätten vorhanden, die durch ihre Bepflanzung der christlichen
Tradition sehr angepasst sind, aber eben auch solche, die – gemessen an den
Vorstellungen des christlichen Kulturkreises – einen ungepflegten Eindruck
machen. Diese bestehen aus einem Erdhügel, der mit einer oder zwei Stelen
gekennzeichnet ist und dessen Pflege der Natur überlassen wird. Die
jeweiligen Grabinschriften sind meist in den Muttersprachen verfasst. Es ist
festzustellen, dass hier eine weitgehend authentische Grabgestaltung möglich
ist. Etwaige Anpassungen an christliche Gräber sind durch die
Hinterbliebenen entstanden, die das Grab pflegen und nicht durch Zwänge,
die von der Friedhofsordnung auferlegt wurden. (BRAUN)
Abschließend kann festgestellt werden, dass es von Seiten der
Stadtverwaltung ein großes Entgegenkommen bezüglich traditioneller
Bedürfnisse gibt. Durch das stillschweigende Akzeptieren des ewigen
Ruherechts besteht allerdings eine Ungleichbehandlung gegenüber
denjenigen, die ihr Wahlgrab immer wieder verlängern und dafür bezahlen
müssen. Hierzu fehlen eindeutige Regelungen. Aus planerischer Sicht sind
kaum Möglichkeiten zur Kommunikation und Annäherung vorhanden. Dies
ist einerseits durch die geringe Aufenthaltsqualität der Felder begründet.
Zudem fehlen Informationen für Außenstehende, die entsprechende
Hintergründe über die muslimische Tradition vermitteln würden. Hinzu
kommen die Randlage und die schlechte Erreichbarkeit des Friedhofs. Sehr
positiv ist jedoch die Zusammenarbeit zwischen der Stadtverwaltung und der
muslimischen Gemeinde zu bewerten.
Die Stadtverwaltung
kommt den
Bedürfnissen der
Muslime entgegen
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LÖSUNGSANSÄTZE FÜR INTERKONFESSIONELLE FRIEDHÖFE
INTERKONFESSIONELLES GRÄBERFELD
AM MAIN
IN
FRANKFURT
Eine weitere interessante Friedhofsform stellt das interkonfessionelle
Gräberfeld (IKF) auf dem Neuen jüdischen Friedhof in Frankfurt am Main dar.
Auf ihm können Juden zusammen mit ihren nicht-jüdischen Ehepartnern
begraben werden. Dieses Gräberfeld bildet den Übergang zwischen dem
Hauptfriedhof und dem benachbarten Neuen jüdischen Friedhof. Die Fläche
gehört zum Neuen jüdischen Friedhof, der insgesamt ein Areal von etwa 5,5
ha umfasst und innerhalb Frankfurts zentral gelegen ist. Auf dem Mischfeld
sind 180 Gräber vorgesehen. Verwaltet wird die Gesamtanlage, auf der
jährlich circa 100 Beerdigungen stattfinden, von der jüdischen Gemeinde. Der
zuständige Friedhofsverwalter ist Herr MAJER SZANCKOWER, der bereitwillig
für alle Fragen zum Gesamtfriedhof und insbesondere zum interkonfessionellen Feld zur Verfügung stand.
Juden mit nichtjüdischen Ehepartnern
finden auf dem
interkonfessionellen
Gräberfeld ihre
gemeinsame letzte
Ruhe
Der Neue jüdische Friedhof wurde 1929 eröffnet, nachdem der Alte jüdische
Friedhof voll belegt war. Im Frühjahr 2000 wurde das IKF eingerichtet. Dies
war notwendig, weil an die Friedhofsverwaltung immer häufiger der Wunsch
herangetragen wurde, Juden mit ihren nicht-jüdischen Ehepartnern auf
einem gemeinsamen Friedhof zu bestatten. Bisher war dies auf jüdischen
Friedhöfen nicht möglich. Es besteht jedoch zunehmend Bedarf an
interkonfessionellen Friedhöfen. Dies ist zum einen darin begründet, dass
künftig wohl immer mehr Mischehen in Deutschland geschlossen werden.
Zum anderen gibt es viele russische Spätaussiedler jüdischen Glaubens, die
bereits vor ihrer Auswanderung Mischehen eingegangen sind. Herr
SZANCKOWER betonte allerdings, dass das IKF keine Legitimation der
Mischehen darstellen soll. Sie sind im traditionellen Judentum nicht
erwünscht. Kinder solcher Ehen sollen jedoch nicht gezwungen sein, ihre
Eltern auf getrennten Friedhöfen bestatten zu müssen.
Es ist zu erwarten, dass
Mischehen künftig
zunehmen werden
Das Gräberfeld nimmt – die Gesamtanlage betrachtet - eine Randlage ein. Im
Zusammenhang mit dem Hauptfriedhof ist allerdings eine Übergangslage
zwischen beiden Friedhöfen zu erkennen. Dadurch verbindet es den
kommunalen Hauptfriedhof und den Neuen jüdischen Friedhof. Wie auch
bei dem vorher beschriebenen muslimischen Gräberfeld, sind hier keinerlei
Das interkonfessionelle
Gräberfeld bildet die
Schnittstelle zwischen
zwei Friedhöfen
LÖSUNGSANSÄTZE FÜR INTERKONFESSIONELLE FRIEDHÖFE
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Informationen zu finden, die auf das Vorhandensein, die Lage und die
Hintergründe des IKF hinweisen würden – weder auf dem Hauptfriedhof
noch auf dem Neuen jüdischen Friedhof.
Abb. 3: Die Trennung der Grabfelder durch
Wege lässt auf dem interkonfessionellen
Gräberfeld jüdische und nicht-jüdische
Bereiche entstehen
Gebäude sind auf dem IKF nicht vorhanden, da hier keine religiösen
Handlungen abgehalten werden. Es findet lediglich die Beisetzung statt. Für
jüdische Trauerfeiern stehen die Räume des Neuen jüdischen Friedhofs zur
Verfügung. Abschiedsfeiern für nicht-jüdische Ehepartner werden in der
Trauerhalle des Hauptfriedhofes abgehalten. Durch die Übergangslage des
Mischfeldes ist das gut zu bewerkstelligen. Ein Nachteil allerdings sind auch
hier wiederum relativ lange Wege von den Trauerhallen zur Grabstätte. Das
Gräberfeld kann jeweils über die Hauptwege der beiden größeren Friedhöfe
erreicht werden, hat aber auch einen separaten Eingang von der Straße aus.
Auf dem IKF selbst sind die parallelen Wege nicht nur für die Erschließung der
rechteckigen Fläche von Bedeutung, sondern auch zur Abgrenzung
jüdischer und nicht-jüdischer Grabstätten. Platzartige Räume sind in dieser
Abteilung nicht zu finden. Zum Aufenthalt lädt eine Bank ein, die am Rande
des Gräberfeldes aufgestellt ist. Ein berankter Zaun und höhere
Strauchbepflanzung begrenzen das Mischfeld.
Die für eine Bestattung
notwendigen Gebäude
sind auf dem
Hauptfriedhof bzw. auf
dem Neuen jüdischen
Friedhof vorhanden
Die Grabfelder sind, wie bereits erwähnt, durch Wege voneinander getrennt.
Es entstehen jüdische und nicht-jüdische Bereiche, die jeweils zweireihig
belegt werden. Die Belegung erfolgt so, dass beispielsweise ein verstorbener
Christ auf dem Feld für Nicht-Juden bestattet wird. Seine jüdische
Ehepartnerin wird ihm gegenüber auf dem für Juden vorgesehenen und
durch den Weg abgegrenzten Grabfeld beigesetzt. Die Gestaltung der
Gräber kann augenscheinlich weitgehend gemäß der jeweiligen Tradition
vorgenommen werden. Bislang sind zwar nur drei Grabstätten belegt, aber es
ist bereits ein typisch christliches Grab zu finden.
Das Gräberfeld ist
gekennzeichnet durch
jüdische und nichtjüdische Bereiche
Zusammenfassend ist zu bemerken, dass auch hier Kompromissbereitschaft
vorhanden ist, auf die Belange anderer Religionen einzugehen. Die jüdische
Tradition herrscht auf dem Mischfeld allerdings vor, was an der Bestattung in
Einzelgräbern und der strikten Trennung der Verstorbenen zwischen jüdisch
und nicht-jüdisch abzulesen ist. Das IKF macht deutlich, dass sich der Geist
einer multikulturellen Stadt auf die Bestattungsräume überträgt. Auch die an
Der Geist einer
multikulturellen Stadt
überträgt sich auch auf
die Bestattungsräume
LÖSUNGSANSÄTZE FÜR INTERKONFESSIONELLE FRIEDHÖFE
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sich sehr traditionsbewusste jüdische Gemeinde kann und will sich dem nicht
entziehen. Ein weiterer Beleg für diese Entwicklung sind die Gräber auf dem
Neuen jüdischen Friedhof. Entgegen der Tradition schmücken des Öfteren
zahlreiche Blumen die Gräber. (SZANCKOWER)
Ähnlich wie bei dem muslimischen Gräberfeld ist festzustellen, dass für die
Kommunikation und Annäherung der Hinterbliebenen und Besucher wenig
Möglichkeiten bestehen. Auch hier fehlt es an Informationen, die
Hintergründe erklären und an Orten, die zum Aufenthalt einladen. Interessant
ist die Lage. Zum einen zwar mit langen Wegen verbunden, zum anderen
allerdings ein geschickter Übergang zwischen zwei Friedhöfen
unterschiedlicher Religionen.
Für Kommunikation
und Annäherung
bestehen wenig
Möglichkeiten
CHINESISCHER FRIEDHOF IN DEN HAAG
Bei der Bestattung von Personen, die nicht dem christlichen oder jüdischen
Glauben angehören, verhält es sich in den Niederlanden ähnlich wie in
Deutschland. Es ist in den Niederlanden zwar möglich, dass die Asche den
Angehörigen ausgehändigt und von ihnen dann z.B. im Heimatland verstreut
wird. Wenn dies aber nicht gewünscht ist, erhalten die Verstorbenen häufig
Gräber zwischen den christlichen Gräbern. Da es unter diesen Umständen
jedoch nicht möglich ist, den Besonderheiten der Tradition Ausdruck zu
verleihen und spezielle Riten auszuführen, wünschte sich die chinesische
Gemeinschaft („Chinese Brug“) in Den Haag einen eigenen Friedhof und
wendete sich an die Friedhofsverwaltung von Nieuw Eykenduinen. Was sich
daraus entwickelte wird im Folgenden beschrieben.
Die Bestattung nichtchristlicher Personen
verhält sich in den
Niederlanden ähnlich
wie in Deutschland
Der Chinesische Friedhof in Den Haag ist Teil des Friedhofes Nieuw Eykenduinen. Die Gesamtanlage erstreckt sich über ca. 9 ha und befindet sich mitten in der Stadt. Sie enthält neben dem christlichen Hauptteil drei muslimische
Grabfelder mit jeweils etwa 50 Gräbern und den Chinesischen Friedhof, auf
dem 250 Grabstätten vorgesehen sind. Das private Sterbegeldversicherungsund Bestattungsinstitut NUVA hat den Friedhof von der Stadt übernommen
und 1997 mit einer Erneuerung begonnen, im Zuge derer auch der
chinesische Friedhof angelegt wurde. Bereits Mitte 2000 – noch vor
Fertigstellung der Anlage - erfolgte die erste Bestattung. (KUITERT, S.19FF)
Der Chinesische
Friedhof in Den Haag
ist ein Teilbereich des
zentral gelegenen
Friedhofs Nieuw
Eykenduinen
LÖSUNGSANSÄTZE FÜR INTERKONFESSIONELLE FRIEDHÖFE
Abb. 4: Der Pavillon auf dem Chinesischen
Friedhof in Den Haag dient der Meditation
und als Sitzgelegenheit
92
Im Rahmen eines Treffens mit Frau LIESBETH VAN RIJNSBERGEN,
Landschaftsarchitektin und Planerin des Chinesischen Friedhofs, konnten
umfangreiche Informationen zur Anlage eingeholt werden. Wie bei den
bereits vorgestellten Beispielen aus Frankfurt am Main gibt es auch hier
keinerlei Informationen. Weder auf der Gesamtanlage selbst. Ohne
Kontaktperson wäre der Chinesische Friedhof nur sehr schwer zu finden und
darüber hinaus nichts zu erfahren gewesen. Die Umgestaltung des zur
Verfügung stehenden, ungenutzten Randstückes zu einem chinesischen
Friedhof erfolgte in enger Zusammenarbeit mit der Planerin und der
chinesischen Gemeinschaft „Chinese Brug“. Schließlich musste auf die
Bedürfnisse mindestens vier verschiedener Religionen eingegangen werden.
Denn innerhalb der vielfältigen Gemeinde gibt es Anhänger des Buddhismus,
des Hinduismus, des Taoismus und des Islam.
Die Gestaltung des
Chinesischen Friedhofs
erfolgte in enger
Zusammenarbeit
zwischen Planerin und
chinesischer Gemeinde
Um ihre Riten in Ruhe ausführen zu können, wollte die Gemeinde eine
Abgrenzung des Bereichs zum restliche Friedhof. So wurde das chinesische
Bestattungsfeld mit einer Bambushecke umpflanzt. Auf Wunsch der „Chinese
Brug“ wurde nach chinesischem Vorbild ein Pavillon zum Meditieren errichtet
und eine Pforte, durch die der Friedhof betreten wird. Der Pavillon ausgestattet mit zwei Bänken - dient gleichzeitig als überdachte
Sitzgelegenheit. Da die meisten Bestattungsfeiern im Freien abgehalten
werden, sind keine weiteren baulichen Einrichtungen nötig. Für islamische
Abschiedsfeiern kann die Aussegnungshalle im Eingangsbereich der
Gesamtanlage genutzt werden. Dies ist allerdings auch hier mit langen
Wegen zur Grabstätte verbunden.
Auf Wunsch der
„Chinese Brug“
entstand ein Pavillon
zum Meditieren und
eine traditionelle Pforte
Bei der Wegeführung und Platzgestaltung waren die Angaben der
Chinesischen Gemeinde ebenfalls maßgeblich. In China wird traditionell nicht
mit geraden Linien gearbeitet. Die Erschließung erfolgt über einen
geschwungenen Weg, der von mehreren Plätzen unterbrochen wird und
jeweils in einem Platz endet. In der Wegeführung sind nicht nur Feng ShuiRegeln berücksichtigt, sondern auch die chinesische Sagenwelt. Gemäß einer
Erzählung findet das Leben nach dem Tod auf den Inseln der Unsterblichkeit
statt. Diese sind ebenfalls im Wegeverlauf versinnbildlicht.
Auch für die restliche
Gestaltung waren die
Vorstellungen der
Chinesischen
Gemeinde maßgeblich
LÖSUNGSANSÄTZE FÜR INTERKONFESSIONELLE FRIEDHÖFE
Abb. 5: Wasser ist für Hindus von großer
Bedeutung
Abb. 6: Insgesamt ist auf dem Chinesischen
Friedhof eine Angleichung an
niederländische Traditionen zu erkennen
93
Vor allem für Hindus ist Wasser von großer Bedeutung. Der angrenzende
Wassergraben wurde deshalb mit einer Treppe erschlossen und in die
Gestaltung integriert. Innerhalb der Anlage ist zudem noch ein steinerner See
angelegt. Mit einer entsprechenden Pflanzenauswahl wurde ebenfalls
versucht, heimatliche Atmosphäre zu schaffen. Dies gelingt durch eine
Bepflanzung mit Bambus, japanischem Fächer-Ahorn, in Form geschnittenen
Kiefern und entsprechenden Stauden und Bodendeckern auf den Freiflächen
und noch nicht belegten Gräbern.
Eine entsprechende
Pflanzenauswahl schafft
heimatliche
Atmosphäre
Die Grabfelder sind nach Religionen getrennt aufgeteilt. Für Hindus gibt es
eine Urnenwand, da es auch in Holland nicht möglich ist, Asche in einen
Fluss zu streuen, was der hinduistischen Tradition entspräche. (siehe Kapitel III,
„Der Hinduismus“). Die Gräber der Muslime sind nach Mekka ausgerichtet.
Die Abgrenzung von den Nachbarfeldern erfolgt durch Eibenhecken. Eine
Besonderheit auf dem Chinesischen Friedhof stellen die Buddhisten dar.
Durch die fortgeschrittene Anpassung an die niederländische Tradition sind
für sie keine Urnenwände, sondern Erdgräber für Körperbestattungen
vorgesehen. Taoisten werden ebenfalls in Erdgräbern beigesetzt.
Gemäß der Religionen
sind unterschiedliche
Grabformen
vorgesehen
Insgesamt ist jedoch nicht nur bei den Buddhisten eine Angleichung an
niederländische Gegebenheiten zu erkennen, was vor allem die Gestaltung
der Grabmäler zeigt. Ein Erdgrab auf dem Chinesischen Friedhof ist kaum von
denen außerhalb dieses Bereiches zu unterscheiden. Entgegen der Theorie
der geschwungenen Linie haben sie eckige Grabeinfassungen und
Grabsteine. Die Inschriften allerdings sind in chinesischer Sprache abgefasst.
Ansonsten sind die meisten Gräber - wie für das Christentum üblich - mit
einem aufrechten Grabstein und einer Einfassung versehen. Typisch für die
Niederlande ist darüber hinaus eine Steinplatte, die etwa drei Viertel des
Grabes bedeckt und im vorderen Bereich etwas Platz lässt, um Blumen zu
pflanzen.
Dennoch ist auch hier
eine Angleichung an
niederländische
Gegebenheiten zu
erkennen
LÖSUNGSANSÄTZE FÜR INTERKONFESSIONELLE FRIEDHÖFE
94
Durch die enge Zusammenarbeit mit der Planerin und die Berücksichtigung
einer Vielzahl von Wünschen ist letztendlich ein kleiner Friedhof im Friedhof
entstanden, der den Bedürfnissen der Chinesischen Gemeinde weitgehend
gerecht wird und zudem ein hohes Maß an Aufenthaltsqualität aufweist.
Unterstützt wird dies noch durch Kompromisse, die die Friedhofsverwaltung
und die niederländischen Behörden eingehen. So werden die Grabstätten
auf dem Chinesischen Friedhof für unbegrenzte Zeit vergeben und nicht wie üblich - für eine Ruhefrist von 30 Jahren. Daraus ergeben sich zwar
vergleichsweise sehr hohe Gebühren, was von den Interessenten für
Grabstätten jedoch scheinbar gerne in Kauf genommen wird. Obwohl
momentan die Belegung noch nicht weit fortgeschritten ist, waren bereits
zwei Jahre nach Eröffnung des Friedhofes alle Gräber verkauft. Ein weiteres
Beispiel für das Entgegenkommen der Behörden ist die Sondererlaubnis für
offenes Feuer auf dem Friedhof. Diese ist nötig, weil bei buddhistischen
Bestattungen zwar nicht wie traditionell üblich der gesamte Sarg verbrannt
wird (siehe Kapitel III, „Der Buddhismus“), aber symbolisch Grabbeigaben wie
Papiergeld u.ä. (VAN RIJNSBERGEN)
Ein Friedhof im
Friedhof , der den
Bedürfnissen der
Chinesischen
Gemeinde gerecht
wird und zudem hohe
Aufenthaltsqualität
aufweist
Zum Schluss bleibt zu bemerken, dass in Den Haag sehr stark auf die
Bedürfnisse derjenigen eingegangen wird, die später diese Einrichtung
nutzen werden. Durch ein ganzheitliches Planungskonzept sind in einem
passenden
Rahmen
die
vielfältigen
Kulturfacetten
harmonisch
zusammengeführt worden. Dies ist wohl nur durch eine enge
Zusammenarbeit von Nutzern, Planern und der zuständigen Verwaltung zu
erreichen. Durch die Planung wird ebenfalls ein großer Beitrag zur
interkulturellen Kommunikation geleistet. Und das nicht nur mit der Schaffung
von Plätzen und Sitzgelegenheiten, sondern bereits durch die intensive
Zusammenarbeit im Vorfeld.
Durch ein
ganzheitliches
Planungskonzept sind
vielfältige Kulturfacetten
harmonisch
zusammengeführt
worden
Allerdings ist auch auf diesem Friedhof nicht alles optimal. Durch die
Randlage müssen lange Wege zurück gelegt werden. Wie bereits bei den
vorher beschriebenen Beispielen ist auch hier keinerlei Information über die
Religionen, die Lage des Friedhofes und das Planungskonzept zu finden.
Ohne eine Bezugsperson wäre es unmöglich gewesen, Hintergründe zu
erfahren. Durch die chinesischen Gebäude und die andersartige Bepflanzung
hebt sich das Gräberfeld jedoch von seiner Umgebung ab.
Allerdings fehlt es auch
hier an Hintergrundinformation, die die
besonderen Umstände
erklären
LÖSUNGSANSÄTZE FÜR INTERKONFESSIONELLE FRIEDHÖFE
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Ein weiteres Manko ist, dass die Gesamtanlage einen etwas herunter
gekommenen Eindruck macht, was Besucher nicht unbedingt anlockt,
obwohl sie von Seiten der Chinesischen Gemeinde willkommen wären. Auch
die vergleichsweise hohen Gebühren sind kritisch zu beurteilen. Dies kann
dazu führen, dass sich nur die reicheren Mitlgieder der Chinesischen
Gemeinde eine Grabstätte hier leisten können – für die anderen bleibt damit
wieder nur die Bestattung auf dem christlichen Teil des Friedhofes. Dass ein
derartiges Konzept insgesamt jedoch mit Freuden aufgenommen wird, zeigt
nicht nur die Tatsache, dass innerhalb kurzer Zeit alle Grabstätten auf diesem
Friedhof verkauft waren, sondern auch, dass bereits ein Jahr nach Eröffnung
des ersten chinesischen Friedhofes ein weiterer im gleichen Stil auf dem
Zuider Begraafplaats in Rotterdam eingerichtet wurde.
INDIVIDUELLE GRUPPENFRIEDHÖFE
Abb. 7: Eine Bank mit Bildern der
Verstorbenen und persönlichen
Erinnerungsstücken laden ein zum
Gedenken und Verweilen
Abb. 8: : Fußballfans können ihre Asche auf
dem Ajax-Streufeld in Amsterdam verstreuen
lassen
Auf dem Zuider Begraafplaats in Rotterdam sind neben dem Chinesischen
Friedhof noch weitere außergewöhnliche Bestattungsformen zu entdecken.
Rund um das Krematorium ist ein sehr ansprechend gestaltetes Gedenkfeld
angelegt, dass verschiedene Möglichkeiten der Urnenbeisetzung und des
individuellen Andenkens bietet. Die Asche kann z.B. in Urnentürmen
untergebracht werden. Hochbeetähnliche Urnengräber um ein ebenfalls
erhöhtes Wasserbecken erleichtern die Grabpflege und ermöglichen ein
völlig neues Raumerlebnis auf einem Friedhof. Keinerlei Pflege benötigen die
Gedenkbäume, die für Verstorbene gepflanzt werden können. Aufgestellte
Gedenkbänke, an denen Photos und persönliche Erinnerungsstücke
angebracht sind, laden zum Verweilen ein. Insgesamt ein Ort mit ruhiger,
angenehmer Atmosphäre, der sehr interessante Ansätze zur Gestaltung von
Bestattungsplätzen mit familiärem Charakter aufweist.
Aussergewöhnliche
Gedenkstätten sind in
Rotterdam auf dem
Zuider Begraafplaats zu
finden
Ein weiteres Unikum wurde in Amsterdam auf dem Friedhof Westgaarde
ausfindig gemacht. Für begeisterte Fans des Fußballclubs Ajax Amsterdam
wurde hier ein Aschestreufeld in Form eines Fußballfeldes mit originalen
Rasenstücken aus dem Stadion eingerichtet. Gedenktafeln sind an der Bande
angebracht, und eine überdachte Sitzgelegenheit bietet die ebenfalls
originale Trainerbank.
Das Ajax-Streufeld in
Amsterdam – für
eingefleischte
Fußballfans
LÖSUNGSANSÄTZE FÜR INTERKONFESSIONELLE FRIEDHÖFE
96
Dass außergewöhnliche Bestattungsformen nicht nur auf holländischen
Friedhöfen möglich sind, zeigen Angebote in Frankfurt am Main. Auf dem
kommunal verwalteten Friedhof in Westhausen wird als Reaktion auf die
Friedwaldbewegung in Deutschland bereits auch eine Urnenbeisetzung am
Baum angeboten. Wegen der starken Zunahme an anonymen Bestattungen
bietet die Stadt Frankfurt am Main derzeit sowohl anonyme
Urnenbeisetzungen als auch Erdbestattungen an. Nach Abschluss der
Belegung bleibt eine grüne Wiese mit einem Denkmal, an dem die
Hinterbliebenen Blumenschmuck niederlegen können. (BRAUN)
Abb. 9: Ein anonymes Erdbestattungsfeld in
Frankfurt während ...
Abb. 10: ... und nach Abschluss der
Belegung
Auf den zunehmenden
Wunsch nach
anonymer Bestattung
richtet sich auch die
Stadt Frankfurt ein
B EURTEILUNG DER VERSC HIEDENEN
F RIEDHOFSFORMEN
Auf den vorangegangenen Seiten sind nun verschiedene Formen des
Miteinanders auf dem Friedhof beleuchtet worden. Zum einen gibt es
separate Abteilungen für religiös motivierte Gruppen, wie beispielsweise bei
den muslimischen Gräberfeldern in Frankfurt am Main, sowie für ethnisch
motivierte Gruppen, wie beim Chinesischen Friedhof in Den Haag. Zum
anderen wird eine Mischung verschiedener Religionen auf einem
gemeinsamen Gräberfeld praktiziert, wie es auf dem IKF des Neuen jüdischen
Friedhofs in Frankfurt zu sehen ist. Hier ist jedoch wichtig, dass die
begrabenen Personen trotz aller kultureller Unterschiede in einer engen
Beziehung zueinander stehen. Sie sind nicht willkürlich gemischt wie z.B. auf
einem Kommunalfriedhof. Im Anschluss sollen die jeweiligen Vor- und
Nachteile dieser Formen diskutiert werden, um eine praktikable und für die
Nutzer akzeptable Friedhofsform zu finden.
Welche Vor- und
Nachteile sind in den
unterschiedlichen
Friedhofsformen zu
sehen?
GETRENNTE FELDER
Die Vorteile einer Aufteilung der Friedhofsanlage in getrennte Felder sind vor
allem darin zu sehen, dass die einzelnen Gruppen die Möglichkeit haben, ihre
Traditionen zu pflegen. Eigene Teilbereiche gewährleisten den nötigen
Freiraum, um spezifische Riten durchzuführen. Speziell dazu nötige
Einrichtungen, wie z.B. der Meditationspavillon in Den Haag, sind außerdem
nur dann lohnenswert und realisierbar, wenn es dafür mehrere Nutzer gibt.
Auf getrennten Feldern
kann die Tradition
gepflegt werden
LÖSUNGSANSÄTZE FÜR INTERKONFESSIONELLE FRIEDHÖFE
97
Ein weiterer Vorteil ist in der integrationsfördernden Wirkung derartiger
Anlagen zu sehen. Die Tatsache, dass für die unterschiedlichen Gruppen und
Religionen eigene Teilbereiche auf einem Friedhof eingerichtet werden,
drückt aus, dass sie akzeptiert und mit ihren Belangen ernst genommen
werden. Durch die Zusammenarbeit und den Austausch können
gemeinsame Lösungen gefunden werden. Das gegenseitige Verständnis wie
auch die Kompromissbereitschaft wachsen. Die Bereitschaft der Muslime in
Frankfurt, ihre Gräber nur noch symbolisch auszuheben und die restliche
Arbeit aus Sicherheitsgründen dem Friedhofsbagger zu überlassen, ist ein
Beispiel dafür. Überdies lassen sich Rückzugstendenzen seitens religiös oder
ethnisch motivierter Gruppen eindämmen, da sie auch im Friedhofswesen
eine Gleichbehandlung erfahren und ihre eigenen Riten und Traditionen
pflegen können. Dies kann wiederum zu einer größeren Offenheit anderen
Kulturen gegenüber führen. Der Chinesischen Gemeinde in Den Haag sind
Besucher auf ihrem Friedhof beispielsweise immer willkommen.
Durch die örtliche Nähe der verschiedenen Teilbereiche, die sich in einer
Anlage befinden, werden Einblicke in andere Kulturen erleichtert und
Barrieren abgebaut. Durch ein ganzheitliches Planungskonzept kann diese
Wirkung noch gezielt gefördert und verstärkt werden. Beim Erarbeiten eines
solchen Friedhofskonzeptes - was (wie sich in Den Haag zeigt) sehr gut
funktioniert, wenn Vertreter aller Gruppen beteiligt sind - entstehen bereits im
Vorfeld für die Planung und Realisierung wichtige Kontakte, die die
Kommunikation und das gegenseitige Verständnis fördern.
Örtliche Nähe
ermöglicht Einblicke in
andere Kulturen
Wenn die Teilbereiche allerdings eher abgelegen sind, besteht die Gefahr,
dass die einzelnen Gruppen sich isolieren. Dies könnte u.a. beim muslimischen
Feld in Frankfurt Heiligenstock der Fall sein. Die extreme Randlage, die sowohl
von der Verwaltung gewollt ist, um keine Konflikte mit anderen
Friedhofsnutzern heraufzubeschwören (die sich aus der andersartigen
Gestaltung ergeben könnten), wie von den Muslimen, die ohnehin einen
selbst verwalteten Friedhof bevorzugen würden, vermittelt diesen Eindruck.
Abgelegene
Teilbereiche bergen die
Gefahr der Isolation
Wie bereits erwähnt, könnten solche Entwicklungen durch eine ganzheitliche
Planung verhindert werden, in der die Bedürfnisse verschiedener Gruppen
von vornherein berücksichtigt werden. Das Erarbeiten eines funktionierenden
Hoher Planungs- und
Organisationsaufwand
LÖSUNGSANSÄTZE FÜR INTERKONFESSIONELLE FRIEDHÖFE
98
Konzeptes
ist
allerdings
mit
einem
hohen
Planungsund
Organisationsaufwand verbunden, der wiederum auch höhere Kosten nach
sich zieht. Wie in Den Haag gesehen, müssen höchst unterschiedliche
Ansprüche an den Bestattungsraum für jede Gruppe akzeptabel vereint
werden. Dies bezieht sich nicht nur auf die spezifischen Ansprüche der
künftigen Nutzer, sondern auch auf die bestehende Gesetzeslage des
jeweiligen Landes.
Dazu ist die Kompromissbereitschaft aller Beteiligten gefragt. Um Konflikte und
Ungleichbehandlungen zu vermeiden, müssen darüber hinaus klare,
allgemeingültige Regelungen getroffen werden. Situationen, wie beispielsweise in Frankfurt bezüglich der stillschweigenden Gewährung des ewigen
Ruherechts, können keine dauerhafte Lösung darstellen. Eine Überarbeitung
der momentan gültigen Friedhofsordnung scheint dringend notwendig. Ein
weiterer Nachteil liegt in der Schwierigkeit, einen geeigneten Ort für die
Anlage zu finden. Eine optimale Lösung wäre eine Neuanlage mit kurzen
Wegen für alle Nutzer, was allerdings oft unrealistisch ist. Die Integration in
einen bestehenden Friedhof erfordert wiederum großes Organisationstalent
und viel Feingefühl. Denn schließlich gilt es – basierend auf einem vorgegebenen Muster, das sich an den Vorstellungen des christlichen Abendlandes
orientiert – sehr heterogene Interessen harmonisch miteinander zu vereinen
Um Konflikte zu
vermeiden, müssen
klare Regelungen
getroffen werden
GEMISCHTES FELD
Wie erwähnt, sind hier nicht willkürlich Personen zusammen bestattet,
sondern Eheleute, die nicht der gleichen Religion angehören. Damit ist
bereits ein wichtiger Vorteil dieser Art Bestattungsfeld angesprochen. Es wird
der Wunsch erfüllt, dass Menschen trotz unterschiedlicher Religionen
gemeinsam auf einem Friedhof begraben sein können. Der Unterschied zum
Kommunalfriedhof ist darin zu sehen, dass es sich bei einem gemischten Feld
um eine Teilfläche auf einem konfessionell gebundenen Friedhof handelt, auf
dem die Bestattung Andersgläubiger prinzipiell nicht möglich ist. Hinsichtlich
der jeweils vorherrschenden Tradition muss bei diesem Modell auf mehr
verzichtet und müssen mehr Kompromisse eingegangen werden. Aber mit
gewissen Einschränkungen können auch hier die typischen Riten ausgeführt
werden.
Ein gemischtes Feld
erfordert eine hohe
Kompromissbereitschaft
LÖSUNGSANSÄTZE FÜR INTERKONFESSIONELLE FRIEDHÖFE
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Auf dem interkonfessionellen Gräberfeld in Frankfurt am Main ist es zwar nicht
denkbar, sich wie im Christentum mit seinem Ehepartner ein Doppelgrab zu
teilen, aber immerhin ist eine Bestattung in unmittelbarer Nähe möglich. Die
Gestaltung der Grabstätte nach christlichen Vorstellungen hingegen scheint
kein Problem darzustellen, wovon ein mit reichlich Blumenschmuck
gestaltetes, „typisch christliches“ Grab zeugt. Da die Beziehung dieser
Menschen bereits zu ihren Lebzeiten einen höheren Stellenwert einnahm als
die Tradition und religiöse Vorschriften, werden die notwendigen
Kompromisse wohl auch gerne eingegangen. Überdies ist ein derartiges
Bestattungsfeld nicht nur für die Verstorbenen von Bedeutung. Es stellt auch
eine erhebliche Erleichterung für die Hinterbliebenen und vor allem die
gemeinsamen Kinder dar, wenn die Eltern nicht auf unterschiedlichen
Friedhöfen begraben sind. Aus planerischer Sicht kann ein gemischtes
Gräberfeld eine ideale Lösung als Übergang zwischen zwei anderen
Teilbereichen bieten, wie in Frankfurt am Main zu sehen ist.
Für Hinterbliebene stellt
diese Friedhofsform oft
eine Erleichterung dar
Aber auch gemischte Felder auf konfessionell gebundenen Friedhöfen
weisen nicht nur Vorteile auf. Wie bereits angedeutet, kann auf das jeweilige
Bestattungsbrauchtum weniger Rücksicht genommen werden. Weitere
Konflikte könnten sich daraus entwickeln, dass auf einem kirchlichen Friedhof
naturgemäß eine Religion vorherrschend ist, wie so auch in Frankfurt. Hier
wird nur zwischen jüdischen und nicht-jüdischen Bereichen unterschieden.
Auf das jeweilige
Bestattungsbrauchtum
kann weniger Rücksicht
genommen werden
Angenommen, der nicht-jüdische Ehepartner ist muslimischen Glaubens und
dürfte somit nicht mit Andersgläubigen - z.B. einem Christen - auf einem
Gräberfeld liegen, so wäre das Problem nur für Angehörige des jüdischen
Glaubens gelöst. Auch das IKF macht deutlich, dass es ein Konzept geben
muss, um auf veränderte gesellschaftliche Bedingungen zu reagieren und
langfristig Konflikte zu vermeiden.
Um langfristig Konflikte
zu vermeiden, muss auf
gesellschaftliche
Veränderungen
reagiert werden
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