Die natürlichen Zahlen Für eine beliebige Menge S definiert man den Nachfolger S + durch S + := S ∪ {S}. Damit kann man, beginnend mit der leeren Menge Ø, eine unendliche Folge von Mengen bilden: Ø = Ø Ø+ = {Ø} Ø++ = {Ø, {Ø}} Ø+++ = {Ø, {Ø}, {Ø, {Ø}}} ... Mathematik I für Informatiker – Zahlen – p. 1 ω := {0, 1, 2, . . .} Kürzt man ab Ø Ø+ = 0 + Ø++ = 1+ Ø+++ = 2+ ... =: =: =: =: 0 1 2 3 so erhält man 1 = {0}, 2 = {0, 1}, 3 = {0, 1, 2}, . . . , allgemeiner also n + 1 = {0, 1, . . . , n}. Auf diese Weise erhält man die Menge ω der natürlichen Zahlen plus Null. Mathematik I für Informatiker – Zahlen – p. 2 Peano-Axiome Man kann diese Menge durch fünf Eigenschaften charakterisieren, die oft als die Peano-Axiome bezeichnet werden: 1. 0 ∈ ω . 2. Wenn n ∈ ω , dann auch n+ ∈ ω . 3. Wenn S ⊆ ω , 0 ∈ S und mit n ∈ S auch immer n+ ∈ S , dann S = ω . 4. Wenn n+ = m+ , dann m = n. 5. n+ 6= 0 für alle n ∈ ω . Auf diese Weise erhält man die Menge ω , also noch nicht die Rechenstruktur. Mathematik I für Informatiker – Zahlen – p. 3 Arithmetik Die arithmetischen Operationen definiert man nun induktiv. Zunächst die Addition: Für eine beliebige Zahl m ∈ ω sei m + 0 := m und m + n+ := (m + n)+ . Man muss dann beweisen, dass diese Addition den vertrauten Regeln genügt. Dann definiert man die Multiplikation durch m · 0 := 0 und m · n+ := (m · n) + m. Erneut kann man mit etwas Mühe nachweisen, dass die erwarteten Regeln gelten. Mathematik I für Informatiker – Zahlen – p. 4 Halbring (1) Die natürlichen Zahlen mit Null bilden mit den so definierten Operationen einen kommutativen Halbring: Man kann addieren und multiplizieren, und dabei gelten die vertrauten Regeln (für alle x, y, z ): Für die Addition gilt x + (y + z) = (x + y) + z x+y =y+x x+0=x Assoziativgesetz Kommutativgesetz 0 ist neutrales Element Mathematik I für Informatiker – Zahlen – p. 5 Halbring (2) Für die Multiplikation gilt: x · (y · z) = (x · y) · z x·y =y·x x·1=x Gemeinsam gilt: x · (y + z) = x · y + x · z Assoziativgesetz Kommutativgesetz 1 ist neutrales Element Distributivgesetz Mathematik I für Informatiker – Zahlen – p. 6 Z: Die ganzen Zahlen Man erweitert die natürlichen Zahlen mit Null zum Ring Z der ganzen Zahlen, indem man zu jeder natürlichen Zahl z noch eine negative Zahl −z hinzunimmt. Die Operationen werden auf natürliche (und bekannte) Weise auf diese Zahlen ausgedehnt. Man erhält dadurch einen kommutativen Ring mit Eins, d.h., man kann addieren, subtrahieren und multiplizieren. Mathematik I für Informatiker – Zahlen – p. 7 Q :Die rationalen Zahlen Ein weiterer Erweiterungsschritt führt zur Menge Q der rationalen Zahlen. Man bildet zunächst die Menge Z × N und nennt deren Elemente Brüche. Statt (z, n) schreibt man nz . Auf der Menge der Brüche definiert man eine Äquivalenzrelation ∼ durch a c ∼ : ⇐⇒ a · d = b · c. b d Die Äquivalenzklassen nennt man rationale Zahlen. Mathematik I für Informatiker – Zahlen – p. 8 Der Körper Q der rationalen Zahlen Man definiert (auf die allgemein bekannte Weise), wie Brüche addiert, subtrahiert, multipliziert und dividiert werden. Man zeigt dann, dass diese Definitionen mit der Äquivalenzrelation ∼ verträglich sind. Sie definieren deshalb auch Rechenoperationen für die rationalen Zahlen. Die Menge Q aller rationalen Zahlen wird dadurch zum einem kommutativen Körper, das heißt, zu einer algebraischen Struktur, in der man mit den vertrauten Regeln addieren, subtrahieren, multiplizieren und dividieren kann. Mathematik I für Informatiker – Zahlen – p. 9 Die Ordnung der rationalen Zahlen Die rationalen Zahlen bilden sogar einen angeordneten Körper. Durch c a ≤ : ⇐⇒ ad ≤ bc b d wird eine lineare Ordnung auf Q erklärt, die mit den Operationen verträglich ist. Diese Ordnung ist dicht: zwischen je zwei rationalen Zahlen liegt eine weitere. Diese Ordnung ist aber nicht vollständig: Die Länge der Diagonale eines Quadrates der Seitenlänge 1 ist keine rationale Zahl. Nicht jede beschränkte Teilmenge von (Q, ≤) hat ein Supremum und ein Infimum. Mathematik I für Informatiker – Zahlen – p. 10 Dedekindsche Schnitte Man kann den Körper der rationalen Zahlen durch Hinzunahme (sehr vieler) Elemente zur Menge R der reellen Zahlen erweitern. Dazu bildet man den Begriffverband des formalen Kontextes (Q, Q, ≤). Man erhält auf diese Weise R ∪ {∞, −∞}. Die Begriffe von (Q, Q, ≤) sind genau die Paare (A, B) mit A ∪ B = Q, a ≤ b für alle a ∈ A und alle b ∈ B . Man nennt sie Dedekindsche Schnitte. Mathematik I für Informatiker – Zahlen – p. 11 Der Körper R der reellen Zahlen Die für Q definierten Rechenoperationen lassen sich problemlos auf R erweitern. Man erhält so den Körper R der reellen Zahlen. Vorteile: Die reellen Zahlen lassen sich bequem als Dezimalzahlen (mit möglicherweise unendlich vielen Nachkommastellen) schreiben. Cauchy-Folgen konvergieren. Suprema und Infima beschränkter Teilmengen existieren. Aus nichtnegativen reellen Zahlen können beliebig Wurzeln gezogen werden. Mathematik I für Informatiker – Zahlen – p. 12