8.1 Zusammenfassung von Volker Ronge - Edu-Uni-Klu

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1
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
3
2. Grundlegende Annahmen des Uses and Gratification
Approach
5
3. Anfänge der Gratifikationsforschung- Herta Herzog
6
4. Das aktive Publikum
7
4.1
Definition des aktiven Publikums
5. Arten der Gratifikation
5.1
5.2
5.3
5.4
Ablenkung und Zeitvertreib
Persönliche Beziehung
Persönliche Identität
Kontrolle der Umwelt
8
9
10
11
12
13
6. Die theoretische Entwicklung des Uses and Gratification
Approach - Fortschritte der Gratifikationsforschung
13
6.1
6.2
6.3
Die sozialen und psychologischen Ursprünge der
Rezipientennutzung
Einbeziehung von Theorien aus der Soziologie und
Psychologie
Neuere Modelle der Gratifikationsforschung
6.3.1 Gesuchte und erhaltene Gratifikationen
6.3.2 Der Erwartungs- und Bewertungsansatz
6.3.2.1
6.3.2.2
Der Erwartungs- und Bewertungsansatz in einer
Formel dargestellt
Erwartungs/Bewertungs-Modell gesuchter und
erhaltener Gratifikationen
13
16
17
18
20
21
22
7. Klassische Zusammenfassung des Uses and
Gratification Approach von Katz et al.
24
8. Massenmedienkonsum und seine Erforschung von
Volker Ronge
25
8.1 Zusammenfassung von Volker Ronge
8.2 Pierenkemper
9. Kritik am Uses and Gratification Approach
9.1
Die basalen Annahmen des Uses and Gratification
Approach26
25
25
26
2
9.2
9.3
9.4
9.5
Kritikpunkte von Elliot und Swanson
Merten kritisiert Palmgreen
Das allgemeine Selektionsmodell von Merten
Zusammenfassung der Kritikpunkte am Uses and
Gratification Approach
27
28
31
33
10. Zusammenfassung
35
11. Literaturverzeichnis
37
Abbildungsverzeichnis
1. Kap 6: Abbild.1 Gesuchte und erhaltene Gratifikationen
2. Kap.6: Abbild.2 Erwartungs- und Bewertungsansatz
3. Kap.6: Abbild.3 Erwartungs- und Bewertungsmodell gesuchter
und erhaltener Gratifikationen
4. Kap.9: Abbild.4 Medieninterne und –externe Faktoren
5. Kap.9: Abbild.5 Das allgemeine Selektionsmodell nach Merten
19
22
23
30
31
3
1.
Einleitung
Der Grund für die vorliegende Arbeit ist das Pflichtfach „Medien- und Rezeptionsforschung“ , welches wir im Rahmen unseres Studiums aus Publizistik und Kommunikationswissenschaften positiv abschließen müssen. Unser Thema ist der Uses and
Gratification Approach.
Das erste Kapitel
der Arbeit beschäftigt sich mit der Entwicklung und den
grundlegenden Annahmen, sowie den Anfängen der Gratifikationsforschung.
Ein wichtiger Punkt ist, dass der Uses and Gratifications Approach keine Theorie mit
definierten Konturen ist, sondern er beinhaltet viele unterschiedliche Ansätze. Es ist
daher sehr schwer eine Arbeit über den Uses and Gratifications Approach zu
schreiben, da die Ergebnisse verschiedener Forschungen so unterschiedlich sind
und der Nutzen- und Belohnungsansatz in einem sehr uneinheitlichen Bild dargestellt
wird.
In den Anfänger der Gratifikationsforschung spielen die Wissenschafter Herta Herzog
und Paul Lazersfeld eine ganz große Rolle. Herta Herzogs Untersuchung in den 40er
Jahren gilt als eine der ersten Untersuchungen die auf die Bedürfnisbefriedigung der
Rezipienten eingeht.
In Kapitel drei wird näher auf Herta Herzogs Erläuterung eingegangen.
Anschließend (in Punkt vier) wird das aktive Publikum ausführlichst erklärt. Dem
Publikum wurde schon früher Aktivität zuerkannt, aber erst zu Beginn der 70er Jahre
rückte es in den Vordergrund der Massenwirkungsforschung.
Kapitel fünf beschäftigt sich dann mit den verschiedenen Arten der Gratifikationen die
sich das aktive Publikum erwartet. Diese Gratifikationen werden in vier Unterpunkte
unterteilt und jeweils mit Hilfe von eigenen Beispielen erklärt.
Das sechste Kapitel dieser Arbeit beschäftigt sich sehr ausführlich mit der
theoretischen Entwicklung des Uses and Gratification Approach in den 70er Jahren.
Zunächst wird auf die Bedeutung der sozialen und psychologischen Ursprünge der
Rezipientennutzung eingegangen, welche für die Gratifikationsforschung gerade in
den 70ern so an Bedeutung gewann.
Daraufhin werden frühere Theorien aus der
Soziologie und der Psychologie
dargestellt, die den „Uses and Gratification Approach“ eine neuere Formulierung
geben.
4
Weiteres werden dann neue Modelle der Gratifikationsforschung, die sich zum einen
mit gesuchten und erhaltenen Gratifikationen und zum anderen mit „Erwartungen
und Bewertungen“ in Bezug auf den Mediengebrauch beschäftigen.
Durch die meist selbst erfundenen Beispiele sollen die komplexen Aussagen etwas
vereinfachter dargestellt werden.
Betrachtet man das Kapitel sieben, so wird in diesem die Zusammenfassung des
Uses and Gratification Approach von Katz et. al; 1974 anhand von einem Beispiel
genau dargestellt.
In Punkt acht wird auf den Wissenschafter Volker Ronge eingegangen, der wiederum
eine andere Ansicht vertritt, und zwar bezeichnet er die Massenmedien als Waren
und geht von einer eher ökonomischen Betrachtungsweise aus.
Das neunte Kapitel stellt die Kritik am Uses and Gratification Approach dar. Diese
Kritik stammt zum größten Teil von Klaus Merten, der
bald nach der ersten
Präsentation des von Philip Palmgreen aufgestellten Models über Erwartung und
Bewertung eine umfangreichen Kritikschrift publiziert hat.
Klaus Merten greift hier, wie schon seine Vorgänger Elliot und Swanson vor allem
jene Punkte des Uses and Gratifcation Approach an, die nicht einwandfrei angewendet werden können, da sie zum einen einer Hypothesenprüfung nicht standhalten würden und zum anderen noch nicht voll entwickelte und ausgereifte Ansätze
sind.
Die Hauptkritikpunkte des Uses and Gratification Approach :

Er
ist
zu
rezipientenorientiert.
Er
ist
einseitig
wie
der
kommunikatororientierte Ansatz.

Es handelt sich hierbei um einen theorielosen Ansatz.

Bedürfnisse sind nicht gleich dem Bedarf.

Es kommt zu einer Reduktion der Komplexität im Medienverhalten. Es
entsteht
ein
typisches
Konsumverhalten.
Der
Mensch
wird
zum
Gewohnheitstier.

Nicht nur medieninterne sondern auch medienexterne Faktoren spielen
beim Rezeptionsakt eine Rolle (z.B. Moden, Geschmack, Interessen).
5

Der Uses and Gratification Approach ist nicht ein einziger, vom
Rezipienten gesteuerter Prozess.
2. Grundlegende Annahmen des Uses and
Gratification Approach
Der Uses and Gratification Approach bezeichnet eigentlich unterschiedliche Ansätze,
denen eine Grundannahme gemeinsam ist:
Medienrezipienten spielen eine aktive Rolle im Kommunikationsprozess und
benutzen Medien ganz bewusst zur Befriedigung eigener Bedürfnisse.
Anfang der 20er und 30er Jahre war der Beginn der Medienwirkungsforschung. Das
war auch die Anfangszeit des neuen Massenmediums Radio. In dieser Zeit herrschte
die Vorstellung von einer starken Medienwirkung vor (Kriegspropaganda).
Nach dem Stimulus– Response– Modell (nur eine Wirkung: vom Sender zum
Empfänger) übermitteln die Massenmedien ihre Inhalte an die Rezipienten die darauf
mit Verhaltens- oder Einstellungsänderungen reagieren (vgl. Schenk 1987, S.379).
Die Hauptwirkung der Medien bestand also darin die Massen zu beeinflussen, die die
Inhalte aufnehmen.
Doch diese Allmacht der Medien wird in den 40er Jahren von Paul Lazersfeld in
Frage gestellt. Mit seiner Untersuchung „The People´s Choice“ weist er selektives
Verhalten der Rezipienten nach. In dieser Selektion erkennt man also ein aktives
Verhalten des Publikums und somit lautet die Forschungsfrage nicht mehr:“ Was
machen die Medien mit dem Menschen“ sondern „Was machen die Menschen mit
den Medien“.
Das ist die Geburtsstunde des Uses and Gratification Approach, der auf der
Annahme basiert, dass Menschen bestimmte Bedürfnisse haben, die sie durch freie
Nutzung der Medien zu befriedigen versuchen.
Die Untersuchungen von Herta Herzog in den 40er Jahren: „What Do We Really
Know About Daytime Serial Listeners?“ gilt als erste Untersuchung die sich den
Gratifikationen der Rezipienten widmet (vgl. Schenk 1987, S.379).
6
Nach diesen Anfängen in den 40er Jahren verschwindet der Ansatz größtenteils aus
der wissenschaftlichen Arbeit und wird erst in den 70er Jahren von zahlreichen
Wissenschaftern wiederentdeckt.
Die Ansätze werden wieder aufgegriffen und in den folgenden Jahren stark erweitert.
3. Anfänge der Gratifikationsforschung – Herta Herzog
Wie schon erwähnt gilt Herzogs Untersuchung als eine der ersten Studien der
Gratifikationsforschung. Ihre Studie beschäftigt sich mit den Auswirkungen des
regelmäßigen Konsums von Radiohörspielen – den damaligen „Soap Operas“ – auf
überwiegend weibliche Hörerschaft.
Diese Studie beschreibt hauptsächlich Eigenschaften und Charakteristiken der
Hörerinnen
(z.B.
Zeitschriftenkonsum).
Zum
Schluss
beschreibt
sie
die
bedürfnisbefriedigende Wirkung der Serien. Dazu werden in Interviews 100
Hörerinnen nach ihren Gratifikationen befragt. Die Bedürfnisse, die die Radioserie bei
den Hörerinnen befriedigen können, werden von Herzog in drei Kategorien aufgeteilt:
1. „emotional release“: Bedürfnis nach emotionaler Entspannung und Ablenkung
von eigenen Problemen.
2. „wishful thinking“: Bedürfnis nach „Wunschdenken“ als eskapistische Reaktion
auf eigene Probleme.
3. „advice“: Bedürfnis nach Ratschlägen als Hilfe für das eigene Leben.
Zu den Arten der Gratifikationen komme ich aber noch ausführlichst zu sprechen.
7
4. Das aktive Publikum
Mediennutzung gilt als eine in vielen anderen Handlungsabläufen eingebettete
Aktivität des Individuums, sie gilt als Mittel zur Befriedigung von Bedürfnissen und
damit als eine „funktionale Alternative“ (vgl. Rosengren/Windahl 1972 zitiert nach
Schenk 1987) d. h. eine von mehreren Möglichkeiten der Bedürfnisbefriedigung.
Der sogenannte „Nutzenansatz“ kann von seinem theoretischen Wurzeln her als
Variante des Funktionalismus in der Massenkommunikationsforschung gesehen
werden,
weil
er
Medienzuwendungen
im
Gesamtkontext
menschlicher
Bedürfnisbefriedigung aufzeigt.
Der Nutzenansatz knüpft beim sogenannten Uses and Gratification Approach an, der
davon ausgeht, dass der Mensch die Massenmedien als „Gratifikationsinstanzen“
benützt. Mit anderen Worten Massenmedien werden als Quellen zur Befriedigung
von bestimmten Interessen, Wünschen und von Bedürfnissen benutzt. Von diesem
übernimmt er die Vorstellung vom „aktiven Publikum“.
Früher war die Wirkungsforschung auf die Fragestellung beschränkt, ob es durch
Kommunikation gelingt die Rezipienten entsprechend zu beeinflussen:
„Was machen die Medien mit den Menschen?“ Es wurde zwar dem Publikum
ansatzweise Aktivität zuerkannt, aber dies wurde eher als „Störgröße“ im
Wirkungsprozess gesehen, die auszuschalten galt.
Erst zu Beginn der 70er Jahre rückte das aktive Publikum in den Vordergrund der
Massenwirkungsforschung;“ Was machen die Menschen mit den Medien“, hieß also
die neue Forschungsfrage.
8
4.1 Definition des aktiven Publikums
 Es ist ein Publikum, das den Medien nicht passiv und hilflos
gegenübersteht, sondern die Medien
 Ziel- und zweckorientiert zur Befriedigung von Bedürfnisse und
Lösungen von Problemen nutzt und dessen Handeln
 Durch Motive erklärt wird.
Das Publikum der Massenkommunikation, die tatsächlichen Benutzer der Medien
werden nicht mehr als auf die Medien und ihre Inhalte orientierte Wesen verstanden,
sondern als Menschen, die in ihrem jeweiligen Handlungs- und Problemzusammenhang absichtsvoll handeln und sich dabei unter Umständen auch den
Medien und ihrer Inhalten zuwenden und die massenmedial vermittelten Inhalte,
beispielsweise später in dafür geeigneten Situationen aktualisieren und thematisieren
(in Gesprächen am Arbeitsplatz, mit Freunden, im Familie, Partei und Verein), die
Informationen im Zuge von Problemlösungen jedenfalls zielgerecht einsetzen (vgl.
Burkhart 1998, S. 187).
Es wird dem Publikum auch die Fähigkeit zur Reflexion zugesprochen. Individuen
erlangen also als Persönlichkeiten, die Fähigkeit sich (mit anderen) zu distanzieren.
Diese Fähigkeit ermöglicht also dem Publikum, wie schon erwähnt, zu handeln und
nicht nur zu reagieren. Gegenstände und Handlungen in der betreffenden Umwelt
werden „objektiviert“, und auch der Handelnde kann sich selbst zum Objekt machen
(vgl. Schenk 1987, S. 383).
Die Bedeutung die gewisse Objekte aber auch Medien erlangen, hängt vom
Interpretationsprozess des Handelnden ab. Nun liegt es also beim Rezipienten wem
oder was er Bedeutung schenkt, und nicht umgekehrt.
Das Konzept des aktiven Publikums wird im Wesentlichen auf die „absichtsvolle“ und
zielbewusste Mediennutzung reduziert. Es besteht aber noch keine Klarheit darüber,
ob die Rezipienten in der Tat so selektiv verfahren, dass von einem aktiven Publikum
9
gesprochen werden kann, oder ob in der Mediennutzung nicht auch ein Großteil
Gewohnheitsverhalten (Habitualisierung) steckt.
Es wird unterschieden in

Aktivität hinsichtlich der Zuwendung (Selektion) von dem eigentlichen
kommunikativen Akt

Aktivität während der Informationsaufnahme

Aktivität
bei
der
späteren
Informationsverwertung
(intra-
und
interpersonalen Nutzen - vgl. Schenk S.383).
5. Arten der Gratifikationen
Die Rezeption massenmedial vermittelter Inhalte erfolgt vor allem deswegen, weil
man sich eine Art „BELOHNUNG“ (Gratifikation) erwartet.
Es ist aber zu beachten, dass diese Gratifikationen nicht nur subjektspezifischer
Natur sind, sondern auch weitgehend inhaltsunabhängig gedacht werden.
Beispielsweise können zwei Menschen aus ein und demselben Krimi ganz
verschiedene Gratifikationen beziehen, der eine hofft, Details einer Stadt
wiederzusehen, in der er schon einmal auf Urlaub war, der andere schaut sich den
Film nur deswegen an, um am darauffolgenden Tag in Gesprächen am Arbeitsplatz
„mitreden“ zu können.
Die Rezeption von Inhalten wird somit „als Bindeglied“ zwischen den spezifischen
Interessen und Orientierungen des Individuums und den Gegebenheiten seiner
Umwelt gesehen (vgl. Theichert 1975 zitiert nach Burkart 1998, S. 216)
Ob und wie mit massenkommunikativen Aussagen „umgegangen“ wird, ist eine
Entscheidung, die das Publikum trifft.
Ziel einer nutzungsorientierten Publikumsforschung ist es, subjektiv erlangte
Gratifikationen nicht nur zu diagnostizieren, sondern registrierbare Unterschiede im
individuellen Nutzungsverhalten auch erklären zu können. Dadurch wird nicht nur
erkennbar, wozu Menschen die Massenmedien bzw. deren Inhalte tatsächlich
10
benutzen, man erhält darüber hinaus auch Einblick in den Umstand, warum sie dies
tun (vgl. Burkhart 1998, S.185).
Gratifikationen im Hinblick auf...
5.1 ...Ablenkung und Zeitvertreib
Wir versuchen, mit Hilfe der Medien der alltäglichen Routine und Langeweile zu
entkommen, benutzen sie aber auch zur Flucht („escape“) aus der Last persönlicher
Probleme und erwarten uns aus der Zuwendung zu ihren Inhalten „emotionale
Befreiung“.
Ursachen
für
dieses
typische
Verhalten
der
Menschen
in
modernen
Industriegesellschaften sehen Katz und Foulkes vor allem im Stress. Mit hohem
Medienkonsum versucht man diese psychischen Spannungen abzubauen.
Diese Spannungen verleiten die Menschen zu einem starken Medienkonsum von
eskapistischen Inhalten (z.B. Phantasie, fiktiv, nicht real). Riley und Riley stellten
einen
Zusammenhang
zwischen
sozialer
Isolation
und
eskapistischen
Mediengebrauch in einer Untersuchung über die Mediennutzung von Kindern fest.
Kinder die isoliert von ihren Spielkameraden waren, diese aber als Referenzgruppe
angaben, interessierten sich am stärksten für eskapistisches Material (Western,
Horror, Abenteuer).
Diese Kinder versuchten also ihre Frustration
mit Hilfe von eskapistischen
Mediengebrauch abzubauen – also Flucht in eine Traumwelt.
Jene Kinder die in der Kleingruppe gut integriert waren, hatten einen sozialen Nutzen
von den Medien erhalten. Sie bezogen die gesehenen Inhalte in das Spiel mit ihren
Kameraden mitein.
11
Typisch eskapistische Inhalte :
1. Laden den Zuschauer ein, seine wirklichen Probleme zu vergessen
2. Laden den Zuschauer ein, sich passiv zu entspannen
3. Erzeugen Emotionen
4. Lenken ab von den Normen und Regeln der Realität
5. Bieten Vergnügen und stellvertretende Erfüllung von Wünschen (vgl. Schenk
1987, S. 381).
5.2 ...Persönliche Beziehungen
Persönlich Beziehungen unterteilt man in Geselligkeit und in soziale Nützlichkeit.
Geselligkeit
Rezipienten versuchen, quasisoziale Beziehungen mit Medienakteuren einzugehen,
sich mit ihnen gleichsam freundschaftlich verbunden zu fühlen und „ so zu handeln,
als liege ein direkter persönlicher Kontakt vor“ (vgl. Teichert 1975 zitiert nach Burkart
1998, S. 220).
Vor allem solche Personen, die in ihrem Alltag über zu spärlichen Sozialkontakt
verfügen
und
ihre
gesamte
Lebenssituation
als
belastend
und
wenig
zufriedenstellend empfinden, wollen damit den Mangel an sozialen Kontakten
ausgleichen.
Beispielsweise Schauspieler werden zu “engen Freunden “ der Rezipienten. Manche
Menschen lieben es auch, wenn sie die Stimme von ihrem Lieblingsschauspieler „im
Raum haben“.
Soziale Nützlichkeit
Sie bezeichnet hingegen den instrumentellen Nutzen den man bekommt.
Das heißt: Den Nutzen den Menschen erhalten, wenn sie mit ihrer vertrauten
Umgebung fernsehen. Soziale Nützlichkeit bezieht sich vor allem auf spätere
Möglichkeiten der Konversation in der Familie.
12
Zum Beispiel: Ein Grund für spätere Diskussion, soziale Nützlichkeit bringt auch die
Familie zusammen.
5.3 ...Persönliche Identität
Menschen benutzen die Massenmedien, um mehr über sich selbst zu erfahren. Sie
versuchen in den Aussagen der Medien z.B. einen „ persönlichen Bezug“ zu finden.
IDENTIFIKATION mit Personen, Handlungen, Situationen oder Ideen (nach dem
Motto: Der, die ist wie ich).
Zum Beispiel: Mir persönlich ging es früher auch oft so, wenn ich in einer Talkshow
ein Mädchen sah, das über ihre Figurprobleme sprach, dachte ich mir immer: “Oh ja
ich kann dich gut verstehen, dir geht es wie mir (heute ist das nicht mehr so)“.
PROJEKTION von Wünschen, Träumen und Sehnsüchten (nach dem Motto: „So
möchte ich auch sein“).
Zum Beispiel auch die Projektion ist ein Beispiel für Talkshows, denn wer würde
denn nicht gern so sein wie dieser junge Mann bei „Andreas Türck“, der in einer
großen Villa wohnt, einen roten Ferrari fährt, den besten aller Jobs hat und obendrein
noch einen sehr verständnisvollen, treuen, hübschen und reichen Partner als sein
Eigen bezeichnen darf.
LEGITIMATION der eigenen Lage (Motto: „Gott sei Dank geht es mir nicht so
schlecht“) scheinen typische Nutzungsqualitäten dieser „Selbstfindung“ via Massenkommunikation zu sein.
Zum Beispiel: Wenn man einen Menschen hört, der in seinem Leben schon sehr viel
Pech hatte, oder sehr krank ist, dann wird einem erst wieder vor Augen geführt wie
schön man es doch eigentlich hat, und dass es noch sehr viel „ärmere Menschen“
auf dieser Welt gibt.
13
5.4 ...Kontrolle der Umwelt
Menschen versuchen schließlich aber auch mit Hilfe der Medien, Information über
ihre Umwelt zu erhalten (mehr über die nähere Umgebung, aber auch über die „weite
Welt“ zu erfahren).
Direkte persönliche Probleme spielen hier keine Rolle.
6.
Die theoretische Entwicklung des Uses and Gratifications Approach – Fortschritte der Gratifikationsforschung
In den 70er Jahren wandte sich das Forschungsinteresse des Uses and
Gratifications Approach weg von der bloßen Beschreibung und Messung von
Rezipientennutzen- und Motiven (vgl. Palmgreen 1984, S. 51).
Es war sozusagen
primär nicht mehr so wichtig, zu messen wie lange jemand
fernsieht oder zu erklären, warum er ein bestimmtes Programm auswählt. Von viel
größerem Interesse war nun, (vgl. Palmgreen 1984, S.51) Erklärungen dafür zu
finden, wie Rezipientenmotive, Erwartungen und Mediennutzung zusammenwirken.
Mit anderen Worten, das Forschungsinteresse der 70er Jahre schwenkte mehr und
mehr zu einer Theorieentwicklung. Man wollte nicht mehr nur einen Ansatz, sondern
eine wirkliche Theorie.
6.1 Die sozialen und psychologischen Ursprünge der
Rezipientennutzung
Neue Studien versuchen die Mängel der früheren Arbeiten aufzuarbeiten. Vor allem
sollte die Beschränkung auf eine Kategorisierung der Gratifikationen ohne
Betrachtung sozialer und psychologischer Ursprünge aufgearbeitet werden. Man
wollte untersuchen, wie Gratifikationen einzelner bestimmter Menschen entstehen.
14
So zeigen viele Studien den Einfluss von demographischen Standard- Variablen
(z.B. Alter, Geschlecht, soziale Schicht...) auf die Motivation der Rezipienten, sich
bestimmten Medien zuzuwenden.
In anderen Studien wird der Einfluss sozialer und psychologischer Bedingungen auf
die Art der Gratifikationen, die die Mediennutzung motivieren untersucht (vgl.
Rosengren/ Windahl, 1972; Johnstone, 1974; Kline et al., 1974; Rosengren et al.
1976; Nordlund, 1978; Blumler, 1979; Lull, 1980; Rubin/Rubin, 1981; Hedinsson,
1981; Brown/Cramond/Wilde, 1974 zitiert nach Palmgreen 1984, S. 52).
Um diese vielleicht zu umfangreichen Aussagen etwas zu präzisieren, folgt eine
weitere Erklärung dieser Problematik mit Beispielen.
Gratifikationen sind Bedürfnisbefriedigungen, die man sich erwartet, wenn man ein
bestimmtes Medium nutzt. Bedürfnisse sind immer subjektiv und damit auf einen
einzelnen Menschen bezogen. Dieser einzelne Mensch hat ein bestimmtes Alter, ein
bestimmtes Geschlecht und eine bestimmte Herkunft. Diese Merkmale nennt man
auch, wie bereits erwähnt, demographische Standard -Variablen, (vgl. Palmgreen
1984, S.52) die Einfluss auf die Motivation des Rezipienten haben, sich einem
bestimmten Medium überhaupt zuzuwenden.
Hier nun zwei selbsterfundene Beispiele:
1. Franz K: 25 Jahre, Hilfsarbeiter bei einer großen Baufirma. Herr Franz
arbeitet den ganzen Tag mit einer kurzen Mittagspause und einer noch
kürzeren Bierpause am Bau. Er schuftet von früh bis spät und täglich ist er
dem Wetter ausgesetzt. Aber dem Herrn Franz macht das nichts aus, denn
er ist schließlich auf dem Land aufgewachsen und dort war er ständig der
Natur ausgesetzt.
Wenn Herr Franz am Abend in seine Wohnung zurückkehrt, gibt es für ihn
nichts Schöneres, als sich gemütlich vor den Fernseher zu setzen und sich
zuerst seine Lieblingssendung „Eine schrecklich nette Familie“ und danach
ein Fußballspiel anzusehen.
Der Fernseher ist für Herrn Franz eine Art Erholung aus dem Alltag, bei
der er nicht angestrengt ist und an nichts Besonderes denken muss.
Der persönliche Fernsehnutzen des Herrn Franz K. liegt also darin, sich
vor dem Fernseher von seinem Alltag zu erholen.
15
2. Prof. Dr. Maria. M: 46 Jahre, Psychologin und unterrichtet an der
Universität Graz. Den ganzen Tag verbringt sie
in ihrem Büro oder in
Hörsälen, um ihr Wissen zu erweitern oder auch weiter zu verbreiten. Frau
Prof. M. liebt ihren Beruf. Ihr Spezialgebiet ist, wie Menschen mit ihrem
Stressabbau zurecht kommen. Schon ihr ganzes Leben lang hat sie dieses
Thema
sehr interessiert, denn auch ihre Eltern waren erfolgreiche
Geschäftsleute und somit ständig mit Stress konfrontiert.
Für Frau Prof. M. stellen die Medien im Gegensatz zu Herrn K. eine
Informationsquelle dar, von der sie sich immer aktuelle Informationen über
verschiedene Themen sucht. Sie nutzt das Fernsehgerät also, um
Sendungen wie „Universum“, „Modern Times“ oder „Zur Sache“ zu sehen.
Mit anderen Worten: Die Medien nutzt sie persönlich nicht nur zum
Erholen.
Nach Levys Beobachtung (1977 zitiert nach Palmgreen 1984, S. 52), gibt es keinen
theoretischen Rahmen, der die Gratifikationen systematisch mit ihren sozialen und
psychologischen Ursprüngen verbindet.
Betrachtet man jedoch diese zwei oben genannten Beispiele, so sieht es anders
aus. Zweifellos sind diese zwei Beispiele sehr übertrieben und voreingenommen
gewählt, jedoch wollte ich die spontane Vorstellung der meisten von uns, wenn wir
solche demographischen
Standard- Variablen hören, wiederspiegeln. Ich bin
überzeugt
wenn
davon,
dass
man
die
Schlagwörter,
Bauarbeiter
und
Universitätsprofessorin hört und sie in Verbindung mit Mediennutzung bringt, im
ersten Moment solche Einstellungen entwickelt.
In Wirklichkeit ist es aber natürlich nicht immer so, dass Menschen mit geringer
formaler Bildung weniger Interesse zeigen, sich Informationssendungen anzusehen.
Oder umgekehrt kann auch eine Universitätsprofessorin eine Vorliebe für Fußball
haben und die Medien für ein Live Fußballspiel nutzen.
Diese demographischen Standard –Variablen können die Art der Gratifikationen die
die (Belohnungen, Befriedigung, die man sich aus dem Medium holt) Mediennutzung
motivieren, beeinflussen, müssen sie aber nicht beeinflussen. Es kommt also
16
sozusagen auf viele verschiedene Variablen an, die die Mediennutzung im weiteren
beeinflussen, wie Modeerscheinungen, Gruppenzwänge oder einfach eine gewisse
Lust sich eine Sendung anzusehen.
6.2 Einbeziehung von Theorien aus der Soziologie und
Psychologie
Ein weiteres Anliegen der Forschung in den 70er Jahren war es, eine größere
Systematisierung zu schaffen und Theorien
hervorzubringen, die der früheren
Forschung fehlten. Dies wollte man vor allem durch die Einbeziehung
früherer
etablierter Theorien aus der Soziologie und Psychologie erreichen.
Obwohl viele den Nutzen- und Belohnungsansatz für einen atheoretischen Ansatz
halten (vgl. z. B. Elliott P.H.: 1974, S.256, Zur Theoriebildung und Methodologie vgl.
Beiträge in einem Sonderheft von Communication Research. Vol.6 (1979) zitiert nach
Schenk 1987, S. 386), glauben andere, dass die Theorie, die dem Ansatz zugrunde
liegt, nicht eindeutig bestimmt ist, aber eben Theorien aus der Soziologie und
Psychologie eine Heimat bieten könne (vgl. Schenk 1987, S. 387).
So halten die Forscher McQuail und Gurevitch (vgl. Schenk 1987, S. 387) drei
Grundpositionen für möglich, an denen der Uses and Grtification Approach anbinden
könnte.
Die erste Grundposition ist der Funktionalismus, durch den Uses and Gratification
eine neue Formulierung bekommen haben.
Hier
muss
bemerkt
werden,
dass
die
Gratifikationsforschung
und
der
Funktionalismus sehr viel gemeinsam haben, denn in der Gratifikationsforschung
geht es um das Aufzeigen von Gründen, warum Menschen Medien nutzen und mit
welchen Konsequenzen sie dann zu kämpfen haben.
Was den Funktionalismus in der Soziologie betrifft, so gibt es diesen dort schon sehr
lange. Es geht dort darum, dass man mit Hilfe von funktionalistischen Instrumenten
versucht, zu erklären, welche Beiträge verschiedene Praktiken und Handlungsweisen
für die Aufrechterhaltung sozialer Systeme leisten (vgl. Schenk 1987, S.387).
In der Kommunikationswissenschaft wurde der Funktionalismus von Lasswell,
Lazarsfeld, Merton und Wright eingeführt. Diese untersuchten die Bedeutung
einzelner sozialer Handlungen, in diesem Fall beziehbar auf die Mediennutzung für
ein
übergeordnetes System,
wie
z.B.
das gesamte
soziale
Umfeld.
Der
17
Funktionalismus stellt also eine Erneuerung im Uses and Gratifikation Approach“dar.
Der Grund dafür ist, dass bisher Wünsche nur fixiert auf das Individuum untersucht
wurden, ohne aber ausreichend zu berücksichtigen, dass das Individuum nicht
isoliert von einem sozialen System lebt, sondern in diesem und darin die Medien
nutzt.
In einer weiteren Theorie, dem Sozialstrukturell-kulturellen Ansatz, der dem
funktionalistischen Ansatz ähnelt, wird die Interaktion zwischen Individuen und der
Gesellschaft noch mehr bearbeitet. Mit anderen Worten: Die dauerhafte Verbindung
zwischen Individuum und Gesellschaft steht im Vordergrund (vgl. Schenk 1987, S.
388).
Betrachtet man die dritte theoretische Grundposition, den Handlungs- und
Motivationsansatz, so erkennt man, dass sich das Interesse wieder mehr und mehr
auf das Individuum, das unabhängig von seiner Umwelt handelt, konzentriert.
„Die Handlungen dienen rein individuellen Zwecken, im Gegensatz zu kollektiven
Zielen“ (Schenk 1987, S. 388).
Diesen dritten Ansatz kann man in Verbindung zu Theorien des Symbolischen
Interaktionismus1 bringen, welche für den Nutzen- und Belohnungsansatz einen
Grundstock bilden könnten. Bringt man diese Theorien mit ins Spiel, so könnte man
auch stärker die Wahrnehmungs- und Interpretationsprozesse, die kennzeichnend für
ein „aktives Publikum“ sind, untersuchen (vgl. Schenk. 1987, S. 388).
Im Gegensatz dazu, wäre diese Betrachtungsweise beim Funktionalismus nicht
möglich, denn dieser konzentriert sich, wie ja schon vorhin erwähnt, mehr auf das
Individuum im sozialen System.
Der Schwerpunkt dieses Ansatzes liegt also darin, herauszufinden auf welche Weise
Medieninhalte durch den Rezipienten interpretiert werden.
6.3 Neuere Modelle der Gratifikationsforschung
In der sogenannten dritten Hauptphase des „Uses and Gratification Ansatzes“ geht
es immer mehr um die zunehmende Überprüfung von Hypothesen, die den
Zusammenhang
zwischen
gesuchten
und
erhaltenen
Gratifikationen,
Medienverhalten und deren Folgen untersuchen.
1
Der Symbolische Interaktionismus ist ein Konzept des menschlichem Handelns. Es ist das in
Beziehung – Treten des Menschen mit seiner Umwelt (vgl. Burkart 1998, S.51).
das
18
6.3.1 Gesuchte und erhaltene Gratifikationen (Was man sich von Medien
erwartet und was man tatsächlich bekommt)
In diesem Kapitel stellt sich nun die Frage (vgl. Burkart 1998, S.230), ob man
tatsächlich das von den Medien bekommt, was man sich von ihnen erwartet. Ob also
die Motivationen, die einen Menschen zur Mediennutzung führen, den Folgen dieser
Nutzung entsprechen.
Dies herauszufinden ist einerseits für das zukünftige Medienverhalten der
Rezipienten, als auch für ihre Bewertung der Medien notwendig.
Um nun genau herauszufinden, ob die gewünschten (gesuchten) Gratifikationen
erhalten wurden oder nicht, unterschied eine Reihe von Forschern (vgl. Katz et. al.;
1973 zitiert nach Palmgreen 1984, S. 53) zwischen den gesuchten Gratifikationen
(gratification sought GS)2 und den tatsächlich
erhaltenen Gratifikationen
(gratification obtained GO).
In den früheren Forschungen hatte man diese Unterscheidung viel zu sehr
vernachlässigt.
Andere Forscher wie (Palmgreen/Rayburn, 1979; Palmgreen et. al., 1980,1981;
McLeod et al., 1982; Wenner, 1982, 1983; Levy/Windahl, 1983; Rayburn/Palmgreen,
1983) haben daraufhin versucht, die Beziehung zwischen GS und GO zu
untersuchen.
In einem noch weiteren Forschungsprogramm haben Palmgreen/Rayburn (1979, vgl.
Palmgreen 1984, S. 53) dann versucht GS/GO- Zusammenhänge systematisch zu
untersuchen.
Ein sehr wichtiges Ergebnis dieser GS/GO- Untersuchungen, welches nun auch
durch mehrere Untersuchungen gestützt ist (vgl. Palmgreen/Wenner/Rosengren
1985 zitiert nach Burkart 1998, S. 230), kann auch beibehalten werden. Es besagt,
dass die vom Individuum
gesuchten Gratifikationen in hohem Ausmaß mit den
Erhaltenen übereinstimmen.
2
Sought (engl: kommt von seek suchen, gesucht)
19
Um diese Aussage im wahrsten Sinne des Wortes etwas zu veranschaulichen habe
ich sie in eine Grafik gefasst:
Abb. 1: Gesuchte und erhaltene Gratifikationen
Die Grafik zeigt den Rezipienten beim Fernsehen. Er erwartet sich einen Liebesfilm
und er bekommt ihn auch. Es trifft also in hohem Ausmaß zu, das man das von den
Medien bekommt, was man sich von ihnen erwartet.
Dieser Aussage zufolge ist Palmgreen (1984, S. 53) der Meinung, dass die
gesuchten und die erhaltenen Gratifikationen eindeutig in einem „Feedback Modell“
miteinander verbunden sind. Was man sich also wünscht, kommt seiner Meinung
nach wieder zurück.
Natürlich ist dies nicht immer der Fall, dass man exakt die Gratifikationen
zurückbekommt, die man sich erwartet.
Man darf also nicht von vornherein
annehmen, dass den gesuchten Gratifikationen automatisch Erhaltene folgen.
Der medienpraktische Sinn der Unterscheidung zwischen gesuchten und erhaltenen
Gratifikationen liegt kurz gesagt darin, überprüfen zukönnen inwieweit Medieninhalte
den Wünschen des Publikums entgegen kommen. Dieser Aspekt ist also auch sehr
wichtig für die Medienhersteller, denn diese wollen schließlich den Rezipienten
zufrieden stellen.
20
Eine weitere Frage, die sich die Forscher (Wenner, 1982, 1983; Mc Leod et al 1983;
Rayburn/Palmgreen, 1983 zitiert nach Palmgreen, 1984 S.54) stellten war, ob die
beim
Medienkonsum
gesuchten
und
erhaltenen
Gratifikationen
mit
den
Mediennutzungsentscheidungen verbunden sind. In anderen Worten, ob die
persönlichen „Belohnungen“ sprich Gratifikationen den Rezipienten beim Auswählen
verschiedener Programme beeinflussen.
Natürlich ist es in den meisten Fällen so, denn wir suchen schließlich nur das aus,
was wir auch tatsächlich sehen wollen.
In einer Studie von Palmgreen und Rayburn (vgl. Palmgreen, 1984, S. 54) über
Nachrichtensendungen zeigte sich, dass die Entscheidung, sich ein bestimmtes
Nachrichtenprogramm
anzusehen,
sehr
stark
mit
der
Wahrnehmung
der
Gratifikationen zusammenhängt. Gratifikationen, die aus verschiedenen Programmen
erhalten werden können. Die GO- Wahrnehmung ist hier nicht für das
Auswahlverhalten zuständig.
Das
Auswahlverhalten
der
Rezipienten
ist
ein
Vergleich
zwischen
den
Gratifikationen ist, die man aus den verschiedenen Programmen erhalten kann.
Anders gesagt: Der Rezipient sieht im Fernsehen verschiedene Dinge, die seinen
Bedürfnissen entsprechen. In verschiedenen Programmen findet er dann überall
etwas, was ihm gefallen könnte. Durch einen Vergleich der Gratifikationen in den
verschiedenen Programmen trifft er nun seine Auswahl.
Diesem Schema, das dann zu einer Favorisierung der meist genutzten Programme
führt, liegen dann verschiedene Faktoren zugrunde, wie tatsächlich „gemachte
Erfahrungen“ oder „Stereotypen“ an denen man sich orientiert
Man wählt also jenes Programm, das für einen die passende Gratifikation liefert.
6.3.2 Der Erwartungs – und Bewertungsansatz
Wenn man schon ständig von Wünschen und Bedürfnissen spricht, so wird man
bald feststellen, das auch der Begriff „Erwartung“ in Zusammenhang mit
Bedürfnissen eine große Rolle spielt. Wenn man sich also etwas wünscht, dann
erwartet man sich auch etwas. Aber was bedeutet Erwartung nun eigentlich?
21
Erwartungen wurden auf unterschiedliche Weise definiert als:
1. Zufriedenheitswahrscheinlichkeit (Mc Leod, 1982 zitiert nach Palmgreen, 1984
S. 55)
(=man ist zufrieden, wenn man das bekommt, was man sich erwartet)
2. Rezipientennachfrage gegenüber den Medien (Peled/Katz, 1974 zitiert nach
Palmgreen, 1984 S.55)
3. affektive
Erwartungshaltung
bezüglich
der
voraussichtlichen
Folgen
bestimmter Ereignisse (Mendelsohn, 1974)
4. gesuchte Gratifikatione
Palmgreen und Rayburn (1982) und einige andere Forscher (vgl. Palmgreen, 1984
S.55) haben den Erwartungs – und Bewertungsansatz am „Uses and Gratifications
Approach“ angewandt.
Es gab zwar unterschiedliche Schwerpunkte, jedoch betrachteten alle entweder
Verhalten, Verhaltensabsichten oder Einstellungen (oder alle zusammen) ale eine
Funktion:
1. der Erwartung (Vorstellung): d.h. die unterstellte Wahrscheinlichkeit, dass
ein Objekt, eine bestimmte Eigenschaft oder ein Verhalten bestimmte Folgen
nach sich zieht (Burkart,1998 S.231)
2. der Bewertung: d.h. die Stärke der positiven oder negativen affektiven
Einstellungen gegenüber einer Eigenschaft bzw. Folge eines Verhalten.
6.3.2.1 Der Erwartungs – und Bewertungsansatz in einer Formel dargestellt
Palmgreen und Rayburn (1982 zitiert nach Palmgreen 1984 S.55) haben versucht
den Zusammenhang zwischen Erwartungen, Bewertungen, gesuchten Gatifikationen
und Mediennutzung herauszufinden. Basierend auf dem Modell von Fishbein (vgl.
Palmgreen 1984 S. 55) haben sie die gesuchten Gratifikationen als eine Funktion
sowohl der Erwartung als auch der Bewertung im Erwatungs- und Bewertungsansatz
folgendermaßen ausgedrückt (siehe Abbildung 2).
22
GS i = bi x ei
Abb. 2 : Erwartungs- und Bewertungsansatz

GS i ..... die i- te gesuchte Gratifikation (gratification sought GS) von einem
Medienangebot X (irgendein Medium, Programm, Inhalt...)

bi....... Erwartung (belief), die subjektiv wahrgenommene Wahrscheinlichkeit,
dass ein Medium (X) eine bestimmte Eigenschaft hat

ei....die gefühlsmäßige Bewertung, der bestimmten Eigenschaft
Der Ansatz in Worten erklärt:
Die Belohnung (Gratifikation), die man sich erwartet, wenn man ein
bestimmtes Medium nutzt = die Erwartung (Vorstellung) von einer
Eigenschaft des Fernsehens, das zu einem bestimmten Ereignis führt, mal der
Bewertung, ob diese Eigenschaft gut oder schlecht ist.
Durch dieses Modell ist es Palmgreen und Rayburn (1982 zitiert nach Palmgreen
1984, S. 55) gelungen in Fernsehnachrichten gesuchte und erhaltene Gratifikationen
vorherzusagen. Es zeigt sich also ganz deutlich, dass Erwartungen an das
charakteristische des Fernsehens und die Bewertung dieses Charakteristischen,
wichtige Vorraussetzungen für Motive sind, aus denen heraus, die gesuchten
Gratifikationen gesucht werden.
Ein Beispiel: Wenn ich mir erwarte, dass ein Liebesfilm ein Liebespaar zeigt und ich
dieses Faktum für mich als entweder positiv oder negativ bewerte, dann ist das die
Vorraussetzung für Motive (Gratifiaktionen), warum ich mir diesen Liebesfilm ansehe.
6.3. 2.2
Erwartungs/ Bewertungs- Modell gesuchter und erhaltener Gratifikationen
Ein weiteres Modell, dass aber die erhaltenen Gratifikationen im Gegensatz zum
Erwartungs- und Bewertungsansatz beinhaltet ist das Erwartung/ Bewertungsmodell
gesuchter und erhaltener Gratifikationen von Palmgreen (vgl. Palmgreen 1984, S.
56). Das Modell ist in Abbildung 3 dargestellt.
23
Abb. 3 : Erwartungs-/Bewertungsmodell gesuchter und erhaltener Gratifikationen
In diesem Erwartungs/ Bewertungs- Modell gesuchter und erhaltener Gratifikationen,
ist
es
Palmgreen
(1984,
S.54)
gelungen,
gesuchte
Gratifikationen
richtig
vorherzusagen.
Dieses Prozessmodell zeigt deutlich, dass das Produkt von Erwartungen
(Vorstellungen) und Bewertungen, die Suche nach Gratifikationen beeinflusst, die
dann weiteres die Mediennutzung beeinflusst (vgl. Burkart 1998, S. 232)
Die Mediennutzung führt dann zu einer Wahrnehmung, bestimmter erhaltener
Gratifikationen. Das verstärkt wiederum die individuelle Wahrnehmung, der mit den
Gratifikationen verbundenen Eigenschaften von bestimmten Zeitungen, Programmen
oder Programmgattungen.
An einem Beispiel wird das Erwartungs und Bewertungsmodell nun ein wenig
veranschaulicht:
Wenn ich zum Beispiel Informationen über aktuelle Themen, positiv bewerte und
erwarte, dass das Fernsehen diese Informationen beinhaltet, dann bin ich motiviert,
solche Informationen im Fernsehen zu suchen.
Wenn ich nun tatsächlich meine Informationen bekomme, wird diese Erfahrung sehr
verstärkt auf die Vorstellung zurückwirken, die über die Eigenschaften schon
bestanden haben.
Wenn man nun aber viel mehr oder viel weniger an Informationen bekommt, die man
sich erwartet hat, dann wird sich die Vorstellung der Eigenschaften natürlich
verändern, somit die Motivation und im weiteren die Mediennutzung.
Abschließend ist es noch sehr wichtig, dass Bewertungen nicht von den erhaltenen
Gratifikationen beeinflusst werden.
24
Es darf also nicht sein, dass mit zunehmend starker Wahrnehmung, erhaltener
Gratifikationen, auch eine zunehmend, positive Bewertung der assoziierten Medien
stattfindet (vgl. Palmgreen, 1984 S. 56).
Bewertungen müssen als stabile Elemente angesehen werden, sozusagen als
Produkte der individuellen Bedürfnisse.
Klassische Zusammenfassung des „Uses and
7.
Gratifications Approach“ von Katz et al.
(1974, S. 20 zitiert nach Palmgreen, 1984 S. 54)
Hier kommen die wesentlichen Elemente des Ansatzes vor, sowie der Begriff
„Erwartung“, der ebenso, wie schon vorhin erklärt, einen zentralen Stellenwert
einnimmt.
1. Die sozialen und psychologischen Ursprünge der
2. Bedürfnisse (Belohnung), die
3. die Erwartungen hervorrufen, in bezug auf
4. Massenmedien und andere Quellen, die zu
5. verschiedenen Mustern von Mediennutzung führen, was in
6. Bedürfnisgratifikationen und
7. anderen, vielleicht zum Großteil nicht intendierten Folgen resultiert.
Um diese Aussage nun wieder etwas zu verdeutlichen möchte ich sie anhand eines
Beispiels erklären.
Ad.1. Ein Bankangestellter, mittleren Alters, aus gut situiertem Haus, jedoch ohne
jegliche Kochkenntnisse. Als er noch zu Hause wohnte, kochte seine Mutter für ihn
und jetzt ist es die Haushälterin.
Vor ungefähr zwei Wochen hat er jedoch eine Dame kennen gelernt und sich in sie
verliebt. Ihre Lieblingsspeise sind Semmelknödel und er hat sie zum Essen
eingeladen und will für sie kochen.
Ad.2. Er hat nun das Bedürfnis zu lernen, wie man Semmelknödel richtig zubereitet.
Ad.3. und ad.4. Er erwartet sich, dass er in einer Kochsendung, die jeden
Donnerstag um 18.00 Uhr auf SAT1 läuft, lernen wird, wie man Semmelknödel macht
25
Ad 5. und ad 6. Er schaut nun jeden Donnerstag diese Kochsendung, weil er gelernt
hat, wie man Semmelknödel macht
Ad 7.) Infolge will er auch noch lernen, wie man Schweinsbraten zubereitet.
8.
Massenmedienkonsum und seine Erforschung von
Volker Ronge
8.1 Zusammenfassung von Volker Ronge
Die Angebote der sogenannten Massenmedien von TV bis zur Tageszeitung sind im
Kern Güter (oder Waren) und können als solche einer ökonomischen Betrachtung
unterzogen werden. Medienkonsum ist zunächst einmal Konsum.
Entscheidend für den Erwerb und damit für den Verbrauch von Gütern sei der
Nutzen, der aus ihnen zur Befriedigung der individuellen Bedürfnisse gewonnen
werden kann.
8.2
Pierenkemper sieht ...
... im Verbraucherverhalten – man beachte die Gewichtung - neben spontanem
Handeln auch echte Entscheidungen und habituelle Verhaltensweisen.
... und er sieht in der Praxis der „ Konsumgesellschaft“ von heute „die Bedürfnisse,
die befriedigt werden, größtenteils erst durch die Produktion erzeugt.
Die Brücke zw. produzierten Waren und
ihrem Absatz bei Konsumenten, deren
Bedürfnisse schon von selbst auf eben diese Waren gerichtet sind bzw. werden ( und
damit eine quasi-natürliche Nachfrage bilden), stellen Werbung und Marketing dar:
Gutes Konsumgütermarketing zielt darauf ab, den Konsumenten durch eine
emotional
wirksame
Gestaltung
von
Werbung,
Produktpräsentation im Leben usw. „in den Griff zu bekommen“.
Produktgestaltung,
26
Der Konsument ist dieser gefühlsmäßigen Beeinflussung oft ausgesetzt, ohne dies
wahrzunehmen und sich dieser Beeinflussung entziehen zu können.
9. Kritik am Uses and Gratification Approach
Wie an jedem theoretischen Ansatz in der Kommunikationswissenschaft gab es auch
beim Uses and Gratification Approach bereits kurz nach dessen Veröffentlichung
zahlreiche Kritikpunkte anzumerken. Ich habe mich in meinen Ausführungen
hauptsächlich an einen Artikel von Klaus Merten gehalten, der 1984 erschien und
sich mit der im Jahr zuvor erschienen Theorie und Formel von Palmgreen
auseinander
setzt
(siehe
Kapitel
6).
Die
ersten
Schritte
in
Richtung
publikumsorientiere oder rezipientenorientierte Forschung gab es aber schon viel
früher, siehe Punkt 1 .
9.1 Zur Wiederholung die basalen Annahmen des Uses and
gratification Approach

Der Mensch nutzt die Medien aktiv

Er selegiert die Medieninhalte

Es gibt einen symetrischen Kommunikationsprozess zwischen Kommunikator
und Rezipienten (vgl. McCombs 1972 zitiert nach... )
Weitere Annahmen: (vgl. Katz et.al, 1974; Rencksdorf, 1977 zitiert nach.....)

die Handlungen des Publikums erfolgen zielgerichtet und intentional

Zuwendung zu den Medien wird gesteuert durch einen Typus von Nutzen –
Kalkulation

Mediennutzung stellte einen Akt der Bedürfnisbefriedigung dar und ist im
Kontext mit anderen Möglichkeiten zu verstehen

Rezipienten sind sich ihrer Bedürfnisse und Motive bewusst.
27
9.2 Kritikpunkte von Elliot und Swanson
Kritik an diesem Ansatz gibt es von verschiedenen Kommunikationswissenschaftlern.
So fassten Elliot und Swanson Mitte der 70iger Jahre schon ihre Erörterungen zum
Uses and Gratification Approch wie folgt zusammen (vgl. Elliott 1974; Swanson1979
zitiert nach Merten 1984):
1. Der Uses and Gratification Approach bestimmt das Handeln von Rezipienten
nach funktionalen Erfordernissen(Nutzen und Belohnung ).
2. Rezipienten selegieren mediale Angebote nach Kriterien des subjektiven
Nutzen (theoretische Aussage). Aktive Rezipienten stellen ein aktives
Publikum dar. Sie bilden eine heterogene Masse, d.h. man kann beliebige
Aussagen über ihr subjektives Verhalten bzw. über ihren subjektiven Nutzen
machen.
3. Die Beschränkung auf den selegierenden Rezipienten ist einseitig. Ähnlich
einseitig wie der Kommunikator-zentrierte Ansatz (vgl.Merten,1977).
4. Es handelt sich beim Uses and Gratification Approach um einen theorielosen
Ansatz. Er erlaubt kein hypothesenprüfendes Verfahren. Anstelle der
Lesswell-Formel: „Wer sagt Was zu Wem in Welchem Kanal mit Welchem
Effekt?“ sollte es heißen: „Wer wählt welche Aussage warum?“ (vgl.
Renckstorf, 1977 zitiert nach...)
5. Es stellt sich die Frage wie man „objektive“ Bedürfnisse feststellen kann.
Bedürfnisse sind nicht gleich Bedarf. Der Bedarf ist nicht unabhängig von
medienpolitischen Hintergründen. Hier ist einzuwerfen, dass damals private,
kommerziell
finanzierte
Fernsehkanäle
in
den
USA
boomten.
Die
„Einschaltquoten-Theorie“ wurde als Maßgröße für den Nutzen (Bedarf)
verstanden, was so nicht korrekt ist. Man ist auf die individuellen
Gesichtspunkte nicht eingegangen, d.h. man hat funktionale Alternativen nicht
mit einbezogen.
28
6. Die Kategorie „Nutzen“ wird als Kriterium für Art/Umfang von Medienkonsum
verstanden, sowohl kognitiv als auch affektiv. Eine weitere Kategorie muss
hinzugefügt werden: der „Grenznutzen“, der Auskunft darüber gibt, ob und in
welchem Umfang der Konsum eines Medium aufrechterhalten wird. Nicht
zufällig,
sondern
als
regelmäßige,
erwartbare
Aktivität.
Frage:
Ist
Medienkonsum kognitiv? Wird vorher entschieden, was gesehen wird? Oder
geht man eher von der Annahme aus, dass der Rezipient nach folgenden
Gesichtspunkten
selegiert:
Erwartungen,
Interessen,
Aufmerksamkeit,
Interpretation. Und dass nicht intentional, zielgerichtet, sondern eher implizit
und unbewusst selegiert wird?
9.3 Merten kritisiert Palmgreen (1984)
Auch Palmgreen antwortet kritisch auf den Uses and Gratification Approach
aus dem Jahr 1974. Zwar drückt er seine Anerkennung über Entwicklung und
Fortschritt aus, aber
er erweitert den Ansatz 1983 um folgende Formel:
G S i = bi x ei (siehe 6.3.2.1)
Merten greift Palmgreens Ansatz auf und bringt folgende Kritikpunkte an:
Es handelt sich hier um eine kognitive Theorie über ein affektives
Verhalten.
a) Die Selektion von Medien erfolgt affektiv (Befriedigung) und nicht als
bewusste, kognitive Entscheidung.
b) Die Habitualisierung, die durch die Gratifikation erzeugt wird, ist ein
typischer Mechanismus: Es kommt zur „Reduktion der Komplexität“, d.h.
es kommt zu einer Ausbildung von Konsumverhalten, der Rezipient wird
zum „Gewohnheitstier“ (vgl. Luhmann 1975 bzw. Zipf 1949 zitiert nach
Merten 1984).
29
c) Die Verbindung zwischen Medienkonsum
und
Motiven, Bedürfnissen,
Erwartungen bleibt unklar. Verschiedene Fragen werden aufgeworfen (vgl.
Swanson 1979 zitiert nach Merten 1984):

Was ist Befriedigung ?

Wie ist das Verhältnis zwischen Befriedigung und Nutzen?

Ist der Konsum ein Resultat aus einem Bedürfnis, einem Motiv, oder das
Produkt einer Funktion, oder keines von den dreien?

In welcher Relation steht der Konsum mit dem vorhergehenden Status von
Bedürfnis, Problem, Motiv etc.?

Was bleibt unbeachtet bei diesen undefinierten Konzepten?
Allgemein ist die Kategorie „Bedürfnis“ bedenklich, da zwischen objektivem
Bedarf und subjektiven Bedürfnissen unterschieden werden muss (siehe auch
oben Kritik Swanson, Elliot Punkt 5).
d) In der Weiterentwicklung des Uses and Gratification Approach ist man zur
Messung von Medienkonsum und Präferenzen für bestimmte Medien
übergegangen, unabhängig von ihrem Inhalt. Inhalte werden immer nur
pauschal und im nachhinein bewertet. Sie können nichts darüber
aussagen, warum Rezipienten sich verschiedenen Medienangeboten
zuwenden.
Folgendes Problem tritt hier auf: Nutzen und Belohnung werden nur am
Verhalten
aus
vorausgegangenem
Medienkonsum
beurteilt
–
also
„medienintern“. Aber es wirken auch „medienexterne “ Faktoren mit, diese sind
z.B.

Moden ,Geschmack, Interessen

Orientierung an Opinionleadern

Der Markt für Themen und Medien (Normen ,Werte, politisch- ökonomische
Bedingungen). Siehe Abbildung 4.
30
Abb.4 : Medieninterne und – externe Faktoren
e) Vernachlässigung
selektiver
Strukturen.
Wie
werden
Inhalte
vom
Rezipienten verarbeitet? Ist Medienrezeption nur als ein einziger, vom
Rezipienten gesteuerter Prozess zu begreifen? Die Antwort muss
schlichtweg „Nein“ lauten. Eine Beschränkung nur auf den Rezipienten ist
eine Verkürzung des Kommunikationsprozesses. Unberücksichtigt bleibt
dabei die Interpretation des Inhaltes nach den Kriterien von Nutzen und
Belohnung (vgl. Swanson 1979 zitiert nach Merten 1984).
31
9.4 Das allgemeine Selektionsmodell von Merten
Um die Defizite im Modell von Palmgreen(1983) zu beheben, hat Merten 1984
folgendes allgemeines Selektionsmodell des Kommunikationprozesses aufgestellt
(vgl. Van Leuven1981, S. 30 zitiert nach Merten 1984).
Abb. 5 : Allgemeines Selektionsmodell nach Merten
1. Stufe (Selektionsinstanz): Der Markt – das Angebot an Medien (M)
2. Stufe: Der Rezipient wählt aufgrund spezifischer Motive (Uses and gratification
Approach") bestimmte Medien aus (n aus M)
3. Stufe: Der Kommunikator entscheidet welche Inhalte ausgewählt werden, was
wird gesendet, bzw. gedruckt (j von i ).
4. Stufe: die Inhalte selegieren ihre Rezipienten. Vorauswahl der Seher durch
Ankündigung (Rezipienten q von p)
5. Stufe: Die Interpretation des Inhalts löst eine Deutung beim Rezipienten aus.
Doppelte Selektion a) gemeinsamer Zeichenvorrat,Zeichenstrukturen und b)
Rekombination bzw. Reinterpretation ; t von s ,und w von v .
32
6. Stufe: Eine Handlungsalternative wird von verschiedenen ausgewählt, aufgrund
der vorherigen Interpretation. Erst dann ist ein Feedback möglich.
Um dieses allgemeine Selektionsmodell etwas besser zu veranschaulichen werde ich
den Ablauf anhand eines Beispieles wiedergeben: Der hier genannte Proband ist
eine fiktive Person, der Versuch wurde nicht praktisch durchgeführt, könnte aber
jederzeit so oder ähnlich ablaufen.
1. Stufe: der Markt – zur Auswahl stehen folgende Medien: TV, Printmedien ,
Radio
2. Stufe: Der Rezipient wählt aufgrund verschiedener Motive aus bestimmten
Medien aus: unser Proband wählt sich den TV-Sender ORF und von den
Printmedien die Tageszeitung KTZ aus.
3. Stufe: Der Kommunikator entscheidet welche Inhalte ausgewählt, bzw.
gesendet oder gedruckt werden: d.h. der ORF-Programmintendant stellt ein
Programm aus Krimiserien, Kinderprogramm und Unterhaltungsfernsehen
zusammen. Der Chefredakteur der KTZ versucht ein ausgewogenes Blatt mit
Innen- und Außenpolitik sowie einem Kulturteil usw. zu gestalten.
4. Stufe:
Die
Inhalte
selegieren
ihre
Rezipienten–
Vorauswahl
durch
Ankündigung: Unser Proband hat sowohl im ORF eine Vorschau auf die Serie
„McGyver“ gesehen als auch in der Programmvorschau der KTZ darüber
gelesen. Also möchte er sich diese Sendung ansehen. Seine Aufmerksamkeit
wurde erregt.
5. Stufe: Die Interpretation des Inhalts läst eine Deutung beim Rezipienten aus,
sowohl
eine Selektion des gemeinsamen Zeichenvorrats als auch eine
Rekombination bzw. Reinterpretion: Der Proband sieht sich die Serie an. Er
versteht den Inhalt aufgrund des gemeinsamen Zeichenvorrates mit dem
Hauptdarsteller und den anderen Akteuren. Es erfolgt eine Reinterpretation
des Gesehenen und diese findet beim Probanden Gefallen. Er kann sich mit
der Person des McGyver identifizieren und es gefällt ihm, wie dieser aus den
33
schwierigsten
Situationen
mit den
primitivsten
Mitteln
immer wieder
herausfindet.
6. Stufe: Eine Handlungsalternative wird aufgrund der vorherigen Interpretation
ausgewählt. Es kommt zu einem Feedback: Unser Proband entschließt sich
nach einmaligem Sehen der Folge von McGyver diese ab sofort immer
anzuschauen. Das ist dann auch das Feedback für die Programmgestalter des
ORF.
9.5
Zusammenfassung
der
Kritikpunkte
am
Uses
and
Gratification Approach
Zusammenfassend kann man sagen, dass der zentrale Aspekt, nämlich die
Erklärung, warum und ob überhaupt, man sich für ein spezielles Medium entscheidet
offen bleibt.
Der Nutzenansatz versucht Medienkonsum und –präferenzen durch ein Nutzen bzw.
Belohnungs- Modell zu erklären.
Die erste Schwierigkeit liegt aber darin, dass man Erhebungen immer erst im
nachhinein machen kann.
Die zweite Schwierigkeit tritt auf, weil man nur Rezeptionsgewohnheiten und nicht
den Rezeptionsakt untersuchen kann.
Der Prozess des Selegierens und der individuellen Aufarbeitung der Inhalte bleibt
unbeachtet.
Daher kann der Uses and Gratification Approach
a) das Zustandekommen von Medienkonsum nicht erklären.
b) keine Aussagen über den Prozess und die Dimensionen von Medienwirkung
riskieren (vgl. Merten 1984).
34
Der Uses
and Gratification Approach hat
wie
kein anderer Ansatz der
Kommunikationsforschung so deutlich Kritik erfahren. Er ist im Hinblick auf
gesellschaftliche Konsequenzen in seinem funktionalistischen Gehalt bisher nicht
ausgeschöpft worden. Langfristigen Mustern der Medienzuwendung wurde bisher
wenig Aufmerksamkeit gezollt.
Zwar gibt es im Hinblick auf Programmvergleiche interessante Ansatzpunkte, aber
der eigentlichen Bedürfnisforschung wird wenig Spielraum gelassen. Bisher wurde
die Art und Weise wie der Rezipient die Inhalte und Botschaften wahrnimmt und
interpretiert noch keineswegs ausschöpfend untersucht und auch nicht ob bei diesen
Interpretationen tatsächlich die erwartete Verbindung zwischen Bedürfnissen, Nutzen
und Gratifikationen hergestellt wird.
Der eigentliche Perzeptionsprozess wurde zugunsten des Selektionsprozesses in
den Hintergrund gestellt.
Medienexterne Kriterien des Medienkonsums bleiben ebenso unbeachtet wie die
medieninternen z.B. Verzerrung.
Auch die Selektion auf der Produktionsseite wird als gegeben angesehen und wenig
reflektiert (vgl.Schenk 1987).
Der Uses and Gratification Approach bleibt somit ein Theorie-Torso, ist aber in seiner
historischen Entwicklung einen entscheidenden ersten Schritt gegangen, weg vom
kommunikatororientierten Kommunikationsmodell.
35
10. Zusammenfassung
In
der
Arbeit
hat
sich
deutlich
herausgestellt,
dass
der
Uses
and
GratificationApproach ganz unterschiedliche Ansätze bezeichnet, die bis in die 20er
und 30er Jahre zurückführen.
Zwar ist das Erscheinungsbild des Uses and Gratifications Approach in unserer
Arbeit insgesamt nicht wesentlich klarer geworden und selbst die Autoren
wissenschaftlicher
Arbeiten
räumen
ein,
dass
die
Gratifikationsforschung in der Zukunft noch bevorstehen.
größten
Aufgaben
der
Doch eines wissen wir
ohne Zweifel: Bei diesen unterschiedlichen Ansätzen spielen Medienrezipienten eine
aktive Rolle im Kommunikationsprozess und benutzen Medien ganz bewusst zur
Befriedigung von Bedürfnissen, d.h. dass das aktive Publikum, welches in unserer
Arbeit anhand drei wesentlichen Punkten definiert wird, einen wichtigen Teil der
verschiedenen Studien darstellt. Nur ist nicht klar, ob das Publikum nun wirklich so
selektiv verfährt, dass wahrhaftig von einem aktiven Publikum sprechen kann, oder
ob die Mediennutzung nicht zu einem Großteil Gewohnheitssache ist. Wie auch
immer, das Publikum von dem wir sprechen erwartet sich bestimmte Gratifikationen,
die sie mittels Massenmedien auch erhalten. Wie aus dieser Arbeit hervorgegangen
ist, erwartet sich nicht jeder Rezipient die selben Gratifikationen. Daher auch die
Unterteilung in vier Arten.
Das Forschungsinteresse des Uses and Gratification Approach in den 70er Jahren
liegt darin, aus dem Ansatz nun endlich eine Theorie zu machen.
Die Forscher waren sehr darauf konzentriert, Erklärungen zu finden, wie
Rezipientenmotive, Erwartungen und die Mediennutzung zusammenwirken.
Ein besonderes Anliegen, welches in den früheren Studien eher vernachlässigt
wurde, war daher, den Einfluss sozialer und psychologischer Bedingungen auf die
Art der Bedürfnisse der Rezipienten zu untersuchen. Mit anderen Worten: Man
wollte wissen, ob Alter, Geschlecht oder persönliche Einstellungen etwas mit der Art
der Bedürfnisse eines Menschen zu tun haben.
Da es hier sehr stark um das Individuum als solches geht, hat man auch frühere
Ansätze, wie den Funktionalismus, den Sozialstrukturell-kulturellen Ansatz und den
Handlungs- und Motivationsansatz aus der Soziologie und Psychologie mit
36
einbezogen. Diese drei Ansätze untersuchen auf unterschiedliche Weise die
Beziehung zwischen Mensch und sozialem System.
Um die Frage, ob man wirklich das in den Medien erhält, was man sucht,
beantworten zu können, haben Forscher zwischen gesuchten und erhaltenen
Gratifikationen (gratification sought und gratification obtained) unterschieden. Nach
einer Reihe verschiedenster Studien zu dieser Frage kam man zu folgendem
Ergebnis: Man erhält in hohem Ausmaß, dass was man sich von den Medien
erwartet.
Immer wieder taucht in diesen Studien zu gesuchten Gratifikationen der Begriff
„Erwartung“ auf. Nachdem man versucht hat diesen Begriff zu definieren, wurde er
in den Erwartungs- und Bewertungsansatz miteinbezogen. In diesem werden die
gesuchten Gratifikationen als eine Funktion sowohl der Bewertung als auch der
Erwartung definiert.
Dem Begriff „Erwartung“ kommt auch in der Zusammenfassung des Uses and
Gratification Approaches ein bedeutender Stellenwert zu.
Wie selten an einem Kommunikationsansatz vor ihm wurde am Uses and
Gratification Approach starke Kritik geübt. Am wichtigsten erschienen mir die beiden
Aussagen :

es handelt sich beim Uses and Gratification Approach um einen
theorielosen Ansatz; d.h. die Hypothese auf welcher er beruht, ist
nicht überprüfbar.

Bedürfnisse sind nicht gleich dem Bedarf. Man kann die beiden
Wörter schon aufgrund ihres Sinngehaltes nicht miteinander
vergleichen. Bedürfnisse sind gefühlsmäßiger, sensitiver Natur. Ein
Bedarf an „Medienkost“ kann auch ohne eine subtiles Bedürfnis
entstehen.
Zusammenfassend muss man feststellen, dass der zentrale Aspekt, nämlich die
Erklärung warum man sich für ein spezielles Medium entscheidet, offen bleibt. Der
Uses and Gratification Approach konzentriert sich lediglich an Rezeptionsgewohnheiten, nicht aber am eigentlichen Rezeptionsakt. Daher kann der Uses and
Gratification Approach das Zustandekommen von Medienkonsum nicht erklären.
37
11. Literaturverzeichnis
Burkhart, Roland:
Kommunikationswissenschaft. Grundlagen und Problemfelder
Wien/Köln/Weimar; 1998
Merten, Klaus:
Vom Nutzen des Uses and Gratifications ApproachAnmerkungen zu Palmgreen, In : Rundfunk und Fernsehen 1984
32. Jg.; S 66- 72
Palmgreen, Philip: Der „Uses and Gratification Approach“. Theoretische Perspektiven und praktische Relevanz, in : Rundfunk und Fernsehen
32. Jg. 1/1984; S 51- 62
Ronge,Volker:
Massenmedienkonsum und seine Erforschung- eine Polemik
gegen Uses and Gratification, in : Rundfunk und Fernsehen
32. Jg. 1 /1984, S 73- 82
Schenk, Michael:
Medienwirkungsforschung, Tübingen: J.C.B. Mohr 1987
Aufteilung :
Kathrin Mörtl : Kapitel 6 und 7
Claudia Mischkulnig : Kapitel 2-5 und 8
Katharina Springer: Kapitel 9 (und Layout)
Herunterladen