Grundlagen der Obstbrennerei Inhalt: 1. Das Rohmaterial 2. Anforderungen an das zu verarbeitende Obst 3. Inhaltsstoffe von Obst 4. Die einzelnen Obstsorten 5. Regeln für die Erzeugung von Qualitätsbränden 6. Hefen und alkoholische Gärung 7. Die Destillation 8. Brennapparaturen 9. Das Brennen 10. Inhaltsstoffe der Maische Einleitung: Früher wurden in der Obstbrennerei in erster Linie Früchte minderer Qualität, z.T. auch verdorbenes, schimmeliges und angefaultes Obst verwertet. Dementsprechend waren auch die Produkte. Heute verlangt der Konsument immer mehr nach Edelbränden höchster Qualität, die durch ihr charakteristisches Aroma und keineswegs durch Schärfe und Brennen überzeugen. Dies lässt sich nur mit einwandfreien, gesunden und vollwertigen Früchten erreichen. Aus minderwertigem Ausgangsmaterial kann auch der beste Obstbrenner keine Qualitätsprodukte erzeugen. Wie in vielen anderen Bereichen gilt daher auch in der Obstbrennerei der Spruch: „aus nix wird nix!“ 1. Das Rohmaterial a) Anforderungen an das Obst Als Ausgangsmaterial für die Gewinnung von Spirituosen kommen grundsätzlich alle zuckerhaltigen und vergärbaren Stoffe in Frage, insbesondere einheimische Früchte. Stärkehaltige Stoffe wie Getreide und Kartoffeln lassen sich nach vorhergehender Verzuckerung ebenfalls vergären. Hochwertige Destillate lassen sich aber nur mit guten Rohstoffen herstellen, wobei die für Tafelobst geltenden Beurteilungskriterien wie Farbe, Form, Größe und Oberflächenglanz in den Hintergrund treten. Vielmehr sind die inneren Werte der Früchte entscheidend: hoher Zuckergehalt, ausgeprägtes, sortentypisches Aroma, sauberes, gesundes Obst (keine schimmeligen, faulen Früchte). Ein optimaler Zucker- und Aromagehalt ist nur durch gutes Ausreifenlassen der Früchte zu erreichen. Mit einer (verbotenen!) Zuckerung ließe sich die Zuckerarmut unreifer Früchte zwar korrigieren, qualitativ würde aber das dabei gewonnene Destillat infolge seiner Aromaschwäche nicht überzeugen. b) Inhaltsstoffe von Obst Die Inhaltsstoffe des Obstes lassen sich in drei Gruppen einteilen: Wasser, wasserunlösliche, feste Bestandteile, wasserlösliche Bestandteile. Wasser In frischem Obst liegt der Wasseranteil zwischen 80 und 85 Prozent. Wasserunlösliche, feste Bestandteile Dazu zählen Blätter, Stiele, Schalen, Kerngehäuse, Steine und Protopektin. Vor dem Einmaischen sollten vor allem Blätter und Stiele entfernt werden, da aus ihnen u. a. Hexanol gebildet werden kann, was zum unerwünschten Blättergeschmack führt. Beim Steinobst ist darauf zu achten, dass nicht mehr als 5% der Steine aufgeschlagen werden, um eine zu aufdringliche Bittermandelnote zu verhindern. Außerdem besteht die Gefahr einer erhöhten Blausäure- und Ethylcarbamatbildung. Wasserlösliche Bestandteile Kohlenhydrate: Sie sind die vorherrschenden wasserlöslichen Fruchtsubstanzen. Zu den Kohlenhydraten zählen Stärke, Zellulose und die verschiedenen Zuckerarten. Beim Reifungsvorgang baut die Frucht Stärke zu Zucker um. Je reifer eine Frucht ist, um so geringer ist der Gehalt an Stärke und um so höher ist der Gehalt an Zucker. Der Zuckergehalt der einheimischen Obstarten reicht von etwa 4% (z.B. Himbeeren) bis 20% (manche Kirschen, Zwetschken, Weintrauben). Für die alkoholische Gärung sind in erster Linie die süß schmeckenden Zucker Glucose (Traubenzucker), Fructose (Fruchtzucker) und Saccharose (Rohrzucker) von Bedeutung. Diese werden von den Hefezellen unter anaeroben Verhältnissen (Luftabschluss) zu Ethanol (Trinkalkohol) und Kohlendioxid abgebaut. Die Menge an diesen Zuckern ist also ausschlaggebend für die spätere Alkoholausbeute. Die Monosaccharide Glucose und Fructose sind durch Hefen vergärbar. Das Disaccharid Saccharose direktist erst nach enzymatischer Aufspaltung vergärbar. Eine Faustregel besagt, dass in der Praxis aus 100 kg Zucker mit einer Ausbeute von etwa 50 Liter reinem Alkohol (r.A.) gerechnet werden kann. In den Kern- und Steinobstarten ist noch ein weiterer Zucker, das unvergärbare Sorbit zu nennen. Dieser kann in vergorenen Kern- und Steinobstmaischen vergärbaren Zucker vortäuschen. Fruchtsäuren: Sie haben einen wesentlichen Einfluss auf den Geschmack und die Haltbarkeit des Obstes sowie seiner Verarbeitungsprodukte. Der Säuregehalt der heimischen Obstarten schwankt von 3 Promille (z.B. Birnen) bis zu 40 Promille (z.B. Schwarze Johannisbeere). (1 Promille entspricht 1g/l) Mit fortschreitender Reife nimmt der Zuckergehalt auf Kosten des Säuregehaltes zu. Maischen aus säurearmen Früchten, wie z.B. aus Williamsbirnen, sind anfällig für die Entwicklung unerwünschter Mikroorganismen, was zu Fehlgärungen führen kann. Die wichtigsten Fruchtsäuren sind Apfelsäure, Citronensäure und Weinsäure. Die Apfelsäure ist fast in allen Früchten enthalten, herrscht aber im Kern- und Steinobst vor. Die Citronensäure kommt in Citrusfrüchten und im Beerenobst vor. Die Weinsäure findet man nur in der Weintraube. Während und nach der Gärung können die Fruchtsäuren durch Mikroorganismen ab- und umgebaut werden. So vollzieht sich z.B. in Kirschenmaischen und bei der Weinherstellung der Umbau der hart wirkenden Apfelsäure in die angenehmere Milchsäure. COOH CH2 CHOH COOH Apfelsäure COOH CHOH CHOH COOH Weinsäure CH2-COOH CH-COOH CH2-COOH Citronensäure Proteine (Eiweiße): Sie sind sowohl in den wasserlöslichen, als auch in den festen Fruchtbestandteilen zu finden, haben aber nur einen mengenmäßigen Anteil von ca. 1%. Proteine sind wie ihre Bausteine, die Aminosäuren, Stickstoffverbindungen. Somit stellen die wasserlöslichen Aminosäuren wichtige Hefenährstoffe dar, die den Gärverlauf fördern. Zudem kommt es durch Umsetzung gewisser Aminosäuren im Verlauf der Gärung zur Bildung von Aromastoffen. Von besonderer Bedeutung ist eine bestimmte Gruppe von Proteinen, die Enzyme. Ganz allgemein ermöglichen diese die Stoffwechselvorgänge in lebenden Organismen, indem sie biochemische Reaktionen beschleunigen, ohne dabei selbst verbraucht zu werden. Enzyme sind in kleinsten Mengen wirksam und wirken sehr spezifisch. So kommen komplizierte Stoffwechselvorgänge nur durch das Zusammenspiel verschiedener Enzyme zustande. Das Enzymsystem der alkoholischen Gärung besteht aus 12 Enzymen, die in den Hefezellen gebildet werden. Jedes einzelne Enzym bewirkt einen Teilschritt bei der Bildung von Ethanol aus Glucose oder Fructose. In Früchten laufen oft auch nachteilige enzymatische Reaktionen ab wie z.B. Oxidations- und Bräunungsvorgänge, Weichwerden, Methanolbildung oder Blausäurebildung. Pektine: Sie sind in unreifen Früchten vermehrt vorhanden und werden mit fortschreitender Reifung und während der Lagerung von fruchteigenen Enzymen abgebaut (Weichwerden der Früchte). Pektine dienen in den Früchten als „Kittsubstanz“ zwischen den einzelnen Zellen und sorgen somit für die feste Substanz. Der Pektingehalt schwankt im Kern-, Stein- und Beerenobst zwischen 0,1 und 2%. In der Obstbrennerei werden heute pektinabbauende Enzyme eingesetzt, die zu einer besseren Maischeverflüssigung und somit zu einer Gärbeschleunigung und besseren Ausbeute führen. Chemisch gesehen sind Pektine Polygalacturonsäureketten, deren Carboxylgruppen mit Methanol verestert sind. Beim Abbau von Pektin wird zum einen die Kette gespalten (durch Polygalacturonidase) und zum anderen das giftige Methanol abgespalten (durch Pectinesterase). Beim Brennvorgang gelangt dieses Methanol auch in das Destillat. Gerbstoffe: Sie sind für den herben Geschmack bestimmter Obstsorten (z.B. wilde Vogelbeeren, gewisse Birnensorten) verantwortlich. In erster Linie sind Gerbstoffe aber in Stielen und Blättern enthalten. In der Maische kann ein erhöhter Gerbstoffgehalt zu Gärverzögerungen und Gärstockungen aber auch zu geschmacklichen Beeinträchtigungen des Destillates führen. In der Natur schützen Gerbstoffe vor dem Verderb und vor tierischem Fraß. Vitamine: Obst ist reich an Vitaminen, besonders aber an Vitamin C (Ascorbinsäure). Für den Kohlenhydrat-Stoffwechsel bei der Gärung ist jedoch Vitamin B1 (Thiamin) wichtig. Gelborange Früchte wie Marillen oder Pfirsiche, aber auch Karotten, sind reich an Vitamin A. Obst ist eine wichtige Vitaminquelle für uns Menschen. Mineralstoffe: Alle Früchte enthalten Mineralstoffe wie Kalium, Calcium, Magnesium, Eisen, Phosphor, Schwefel usw., welche ebenfalls bei der Gärung als Hefenährstoffe dienen. Obst ist auch ein wichtiger Mineralstofflieferant für uns Menschen. Aromastoffe: Das Aroma der Früchte setzt sich aus einer Vielzahl verschiedener Substanzen zusammen. Chemisch gesehen handelt es sich um Kohlenwasserstoffe, Alkohole, Aldehyde, Ketone, flüchtige Säuren, Ester, und Acetale. Sie bilden sich teilweise erst nach Erreichung der Vollreife aus. Im Verlauf der Gärung bilden sich z.T. neue Aromastoffe wie z.B. Isoamylalkohol aus der Aminosäure Leucin. So kann sich das Gärbukett mehr oder weniger stark vom Fruchtbukett unterscheiden. c) Die einzelnen Obstsorten Kernobst: Immer mehr werden sortenreine Brände aus Äpfeln und Birnen, hergestellt. Gut geeignete Apfelsorten sind Golden Delicious, Jonagold, Gravensteiner, Fudji, aber auch alte Sorten wie Kalterer, Champagner oder Kalwille. Bei den Birnen ist in erster Line die Sorte Williams-Christ zu erwähnen, aus welcher sich sehr typische, aromaintensive Destillate gewinnen lassen. Da Birnen säurearm sind, sind sie anfällig gegen Fremdinfektionen. Durch eine Ansäuerung kann dem entgegengewirkt werden. Auch Quitten eignen sich zum Brennen und liefern gesuchte Spezialbrände. Grundsätzlich ist zu beachten, dass sortenreine Brände nur von vollreifen, aromatypischen Früchten interessant sind, denn nur so kann das sortentypische Aroma ins Destillat gelangen. Steinobst: Wichtige Steinobstarten sind Süß- und Sauerkirschen, Zwetschken, Pflaumen und Marillen, z.T. auch Pfirsiche. Örtlich werden auch Schlehen zu Spezialbränden verarbeitet. Bei der Verarbeitung dieser Früchte ist darauf zu achten, dass möglichst wenig Steine zerstört werden, da aus kaputten Steinen giftige Blausäure und krebserregendes Ethylcarbamat entstehen. Außerdem weisen fehlerhafte Brände ein erhöhtes Bittermandelaroma auf. Bei den Marillen sollten die Steine zum Großteil entfernt werden. Beerenobst: Aufgrund des geringen Zuckergehaltes spielt das Beerenobst in der Brennerei eine eher bescheidene Rolle. Ein weiterer Grund dafür ist, dass die kultivierten Beerenarten gegenüber den wild wachsenden bedeutend aromaärmer sind. Die wichtigsten Beerenobstarten sind Himbeere, Brombeere sowie Rote und Schwarze Johannisbeere. Spezialbrände werden auch aus Vogelbeeren, Preiselbeeren, Holunderbeeren und Wacholderbeeren gewonnen. Weintrauben: Wein ist wie Traubenmaische und Weintrester zum Brennen sehr gut geeignet. Das gewonnene Destillat wird als Weinbrand oder Treber bezeichnet. Weitere Rohstoffe für die Brennerei sind Wurzeln (Enzian, Meisterwurz), Getreide, Kartoffeln und Topinambur. 2) Regeln für die Erzeugung von Qualitätsbränden Regel 1 - Früchte kontrollieren Nur genussreifes, gesundes und sauberes Obst verwenden; Fallobst waschen; unreife, faulige und schimmelige Früchte aussortieren, denn sie geben „Mufftöne“. Außerdem soll man das Obst stets kosten, denn für das Aroma sind der Zuckergehalt und die Genussreife wesentlich. Regel 2 – Stiele, Blätter, Steine entfernen Beim Kern- und Steinobst Blätter und Stiele möglichst vollständig entfernen; Beerenobst und Weintrauben entrappen (abrebeln). Steinobst entsteinen bzw. darauf achten, dass nicht mehr als 5% der Steine zerstört werden. Regel 3 – Früchte zerkleinern Kern- und Beerenobst mit einer Mühle oder Fräse zerkleinern (Kerne sollen ganz bleiben!); Steinobst quetschen. Regel 4 – Geeignete Gärbehälter verwenden Saubere, alkoholbeständige, lebensmittelechte und gut verschließbare Gärbehälter mit Gärspund verwenden; heute werden zumeist Fässer aus nichtrostendem Edelstahl oder Kunststoff verwendet. Beim Füllen ist genügend „Steigraum“ freizuhalten (Füllhöhe max. 80%). Regel 5 – Maische vor schädlichen Mikroorganismen schützen Auf den Fruchtschalen befinden sich verschiedene Mikroorganismen (Hefen, Schimmelpilzsporen, Bakterien), die die Maische durch ungünstige Stoffwechselprodukte wie Essigsäure, Buttersäure u.a. verderben können. Durch eine Ansäuerung der Maische auf pH 3,0 bis 3,2 werden sie gehemmt und die Maische somit geschützt. Die Gärhefe hingegen verträgt pH-Werte um 3 ohne Probleme. Zur Ansäuerung eignet sich Schwefelsäure (ca. 10%ig), oder im Handel erhältliche Combi-Säure (aus Milch-, Phosphor- und Apfelsäure). Dabei ist die Dosierung genau zu beachten oder der pH-Wert zu kontrollieren. Regel 6 – Reinzuchthefen verwenden Für die Brennerei wurden spezielle Brennhefen selektioniert, die viel Ethanol, aber wenig Glycerin erzeugen, das nur im Wein, nicht aber in der Brennerei von Bedeutung ist. Reinzuchthefen gewährleisten eine sichere Gärung, die nicht dem Zufall überlassen wird. Regel 7 – Hefenährsalze und Enzyme zugeben V.a. bei nährstoffarmen Rohstoffen wie etwa Vogelbeeren ist die Zugabe von Hefenährsalzen (z.B. Ammoniumphosphat) wichtig. Aber auch bei den anderen Früchten fördern sie die Entwicklung und Vermehrung der Hefezellen und somit den Gärvorgang. Zur besseren Aufschließung der Früchte und zur Erzielung dünnflüssiger Maischen dienen im Handel erhältliche, pektinabbauende Enzyme. Bei schwer vergärbaren Rohstoffen wie z.B. Vogelbeeren, ist die Dosierung entsprechend zu erhöhen. Regel 8 – Für optimale Gärverhältnisse sorgen Das Obst soll beim Einmaischen nicht zu kalt sein, damit die Gärung rasch einsetzen kann. Die Gärtemperatur soll 18 bis 20°C betragen, bei schwer vergärbaren Maischen etwas darüber. Bei Williams-Christ-Birnen und Himbeeren hingegen sind zur Schonung des Aromas 16 bis 18°C optimal. Bei zu hohen Gärtemperaturen (25°C und mehr) erhöht sich der Stoffwechsel der Hefezellen, so dass aufgrund der zu stürmischen Gärung weniger Aromastoffe gebildet werden bzw. Aromastoffe ausgeblasen werden. Auch Alkoholverluste sind wahrscheinlich. Bei abklingender Gärung bzw. bei Gärende soll die Maische sofort gebrannt werden. Dies ist bei säurearmen Früchten wie Williams-Christ Birnen oder Holunderbeeren besonders wichtig. Regel 9 – Sorgfältig Brennen Die Maische langsam destillieren; Vor-, Mittel- und Nachlauf sorgfältig abtrennen. Regel 10 – Den Mittellauf richtig lagern und herabsetzen Nach einer Lagerung von mindestens 6 Wochen den Mittellauf mit gutem Wasser (sehr weich) auf eine vernünftige Trinkstärke herabsetzen, filtern, noch einmal lagern und dann in entsprechender Aufmachung zum Verkauf anbieten. Zum Wohle! 3) Hefen und alkoholische Gärung Die Hefen: Ohne geeignete Konservierungsmaßnahmen werden Obstmaischen und -säfte früher oder später in Gärung geraten. Urheber sind die mikroskopisch kleinen, einzelligen Hefepilze, deren Durchmesser wenige Tausendstel mm beträgt. Zu ihrer Energieversorgung nutzen Hefen vor allem Glucose und Fructose, sie sind aber ihrem Stoffwechsel nach sehr flexibel: Je nachdem, ob Sauerstoff vorhanden ist oder nicht, können sie atmen oder gären. Bei Anwesenheit von Sauerstoff (aerobe Verhältnisse) atmen die Hefezellen und bauen den Zucker vollständig zu Kohlendioxid und Wasser ab; dabei gewinnen sie viel Energie; Alkohol wird kaum gebildet. Ist hingegen kein Sauerstoff vorhanden (anaerobe Verhätnisse), so schalten sie auf Gärung um und bauen die Glucose und Fructose zu Ethanol und Kohlendioxid ab; der Energiegewinn für die Hefezelle ist dabei viel geringer, da Ethanol eine energiereiche Verbindung darstellt. Soll die Hefe Alkohol bilden, so muss die Maische also vor Luftzutritt geschützt werden. Die Gärungsgleichung C6H12O6 Zucker (Glucose, Fructose) 2 C2H5OH+ Alkohol (Ethanol) 2 CO2 Kohlendioxid (Gärgas) Als Gärungsnebenprodukte entsteht eine Anzahl weiterer mehr oder weniger erwünschter Substanzen wie Glycerin, Bernsteinsäure, oder höhere Alkohole (Fuselöle). Die zahlreichen Hefearten werden aufgrund ihrer verschiedenen Eigenschaften zu verschiedenen Gattungen zusammengefasst, die sich nicht alle in gleicher Weise für die Vergärung von Brennereirohstoffen eignen. Wie andere Mikroorganismen haften auch „wilde“ Hefen an den Früchten. Sie können Spontangärungen hervorrufen, was aus verschiedenen Gründen mit Risiken verbunden ist. Häufig handelt es sich um Apiculatus-Hefen (siehe Bild), die wenig Alkohol aber einen erhöhten Anteil an schädlichen Gärungsnebenprodukten wie Essigsäure und Fuselöle bilden. Daher empfiehlt es sich, die Vergärung von Obstmaischen mit ausgewählten Reinzuchthefen einzuleiten. Dazu wird die Trockenhefe (Dosierung meist 20 g/hl) mit lauwarmem Wasser und etwas Fruchtsaft angerührt und nach 15 bis 30 Minuten gut in die Maische eingerührt. Die meisten Hefen können sich sowohl auf geschlechtliche als auch auf ungeschlechtliche Art vermehren. Unter den in Obstmaischen herrschenden Nährstoffverhältnissen erfolgt die Vermehrung nur durch Sprossung, d.h. ungeschlechtlich. Dies geschieht durch Ausstülpung einer Tochterzelle an der Zellwand. Nach abgeschlossener Entwicklung kann die Tochterzelle abgelöst werden und ist ihrerseits imstande, neue Tochterzellen zu bilden. Dieser Vorgang dauert unter optimalen Bedingungen 3 bis 6 Stunden, d.h. nach dieser Zeit hat sich die Zahl der Hefezellen verdoppelt. Der Gärvorgang setzt erst ein, wenn die Zahl lebender Hefezellen auf ca. 1.000.000/cm 3 angestiegen ist. Da die Gärung ein Wärme liefernder (exothermer) Vorgang ist, ist mit einem Temperaturanstieg im Fass zu rechnen. Der Gärverlauf: Nach der Vermehrungsphase setzt die stürmische Gärung, d.h. die Alkohol- und Kohlendioxid-Produktion, ein. Dies ist am „Glucksen“ im Gäraufsatz leicht feststellbar. Ist die Hauptmenge des vorhandenen Zuckers vergoren, so geht die Gasbildung wieder zurück; das „Glucksen“ hört auf und der Deckel des Gäraufsatzes senkt sich wieder ab. Der Restzuckergehalt gut durchgegorener Maischen beträgt dann nur noch etwa 2 bis 3 g/l; er kann mit dem Clini-Test überprüft werden. Die Gärdauer beträgt je nach Gärbedingungen und Ausgangsmaterial 8 bis 20 Tage, bei schwer vergärbaren Früchten wie Vogelbeeren hingegen 5 bis 7 Wochen. 4) Die Destillation Die Destillation ist ein Verfahren zur Trennung von Stoffen mit unterschiedlichen Siedetemperaturen. So dient sie in der Brennerei zur Trennung des leichtflüchtigen Trinkalkohols (Ethanol) und anderer flüchtiger Stoffe wie beispielsweise der Aromakomponenten vom restlichen Blaseninhalt. Ethanol besitzt einen Siedepunkt von 78,3°C, während Wasser unter Normaldruck bei 100°C siedet. Unter Brennen versteht man also das Anreichern des Alkohols aus der Maische durch Erhitzen auf ca. 80°C. Nach entsprechender Abkühlung des Dampfes erhält man das flüssige Destillat. a) Brennapparaturen: So stark sich die unterschiedlichen Destillationsapparaturen in Einzelheiten auch unterscheiden mögen, ist doch der prinzipielle Aufbau mit Blase, Helm, Geistrohr und Kühler überall derselbe. Unterschiede bestehen vor allem hinsichtlich Beheizungsart der Blase und Verstärkungseinrichtungen. Die Brennblase: Sie ist jener Teil der Destillationsapparatur, der die abzudestillierende Maische aufzunehmen hat. In Italien darf ihr Nutzvolumen in Abfindungsbrennereien max. 200 l betragen, im benachbarten Ausland hingegen nur 150 Liter. Als Werkstoff wird vorzugsweise Kupfer (gelegentlich Edelstahl) verwendet. Kupfer besitzt ein ausgezeichnetes Wärmeleitvermögen und ist sehr beständig gegenüber den Fruchtsäuren der Obstmaischen. Noch wichtiger sind aber die katalytischen Eigenschaften des Kupfers während der Destillation, die sich im Sinne einer Aromaverbesserung auswirken. Beheizung: Sie kann direkt mit einer Flamme erfolgen oder indirekt durch Aufheizen über ein Wasserbad. Je nach Bauart können die Brennstoffe flüssig, fest oder gasförmig sein. Auch elektrisch betriebene Heizungen sich möglich. Bei Brennereianlagen mit direkter Beheizung ist darauf zu achten, dass die Maische nicht anbrennt, da das Destillat sonst einen brenzlig-bitteren Geschmack aufweist. Außerdem wird dadurch die Reinigung der Blase erschwert. Bei der indirekten Beheizung ist die Brennblase etwa zur Hälfte von einem geschlossenen Wasserbad umgeben. Im unteren Teil der Blase erfolgt der Wärmeaustausch über das Heißwasser, oben durch Wasserdampf mit einem Überdruck von max. 0,5 bar, entsprechend einer Temperatur von 110°C. Gegenüber Brennereien mit direkter Befeuerung erfolgt die Energieübertragung bei Wasserbadgeräten langsamer, was sich jedoch auf die Qualität der Destillate nur günstig auswirkt. Der Helm: Er dient als Kühlfläche, an der die weniger flüchtigen Stoffe kondensieren und zur Maische zurückfließen. Sind keine weiteren Verstärkungseinrichtungen vorhanden (klassische Brenngeräte), so lassen sich nur niederprozentige Destillate gewinnen (Rauhbrand), selche einer zweiten Destillation (Feinbrand) unterzogen werden müssen. In diesem Fall spricht man von Gleichstromdestillation. Im Verlauf der letzten Jahrzehnte hat die Destillation im einmaligen Abtrieb unter Verwendung spezieller Verstärker immer mehr an Bedeutung gewonnen. Die bessere Anreicherung des Alkohols gelingt deshalb, weil die entstehenden Dämpfe im Gegensatz zur Gleichstromdestillation nur teilweise als Destillat abgenommen, teilweise aber in die Blase zurückgeführt werden. Dabei kommt es zu einem intensiven Stoff- und Wärmeaustausch zwischen dem zurückfließenden Kondensat und den aufsteigenden Dämpfen (Gegenstromdestillation). Solche Verstärker bestehen meist aus 2 bis 4 Glockenböden und einem Dephlegmator. Sie können sowohl über als auch neben der Blase angeordnet sein. Der Dephlegmator ist zumeist ein zylindrisches Gefäß mit Kühlwasserzu- und –abfluss, welches den aufsteigenden Dämpfen nur wenig Platz lässt und sie zum Teil kondensiert. a) Gleichstromdestillation (heller Pfeil: Dämpfe; b) Gegenstromdestillation dunkler Pfeil: Kondensat) Dem Brenner kommt nun die Aufgabe zu, je nach Rohstoffart und Beschaffenheit der Maische zu entscheiden, in welchem Ausmaß er die Verstärkungseinrichtungen einsetzen soll, um ein optimales Destillat zu erhalten. Konkret bedeutet dies die Ausschaltung eines oder mehrerer Böden sowie die Regulierung der Kühlwassertemperatur und damit des Rücklaufes im Dephlegmator oder Vorkühler. Grundsätzlich werden Geiste und Kräuterextrakte ohne Verwendung von Glockenböden, Vorkühler und Dephlegmator gebrannt. Rohstoffe wie Trester und Obstwein erfordern dagegen den Einsatz aller Verstärkungseinrichtungen. Vor allem bei Steinobst (Kirschen), aber auch bei Williams werden zwecks Aromaschonung höchstens 1 bis 2 Glockenböden in Betrieb genommen, während der Dephlegmator mit reduzierter Wirkung gefahren wird. Geistrohr und Kühler: Die Verbindung zwischen Helm bzw. Dephlegmator und Kühler wird als Geistrohr bezeichnet. Geistrohre werden heute nur noch aus Edelstahl hergestellt, da Kupferrohre zur Grünspanbildung neigen. Auch Kühler werden heute nur noch aus Edelstahl gebaut. Je nach Bauweise unterscheidet man Schlangen-, Röhren- und Tellerkühler. Der Kühlwasserfluss sollte stets von unten nach oben, d.h. im Gegenstrom erfolgen. Damit wird eine bessere Kühlleistung erzielt. Am Kühlerende befindet sich die Vorlage aus Edelstahl, welche es gestattet, Temperatur, Konzentration, Klarheit, Geruch und Geschmack des ablaufenden Destillates zu kontrollieren. Der Alkoholgehalt wird dabei mit einem Aräometer (Spindel), das in die Vorlage eingesetzt wird, abgelesen. Aräometer b) Das Brennen Die Destillation muss behutsam durchgeführt werden. So soll das Anlaufen des Destillates nur tropfenweise erfolgen. Die ersten Anteile werden in mehreren Gläsern separat aufgefangen (in Fraktionen zu 200 ml) und als Vorlauf gesammelt. In der Regel liegt die Vorlaufmenge bei 0,5 bis 1 Liter pro Hektoliter Maische. Im Vorlauf erfolgt unter anderem eine Anreicherung der leichtflüchtigen Komponenten Acetaldehyd und Essigester, welche beide einen scharfen und brennenden Geruch aufweisen (Uhu-Ton!). Auch die Gewinnung des Mittellaufes muss schonend durchgeführt werden, denn nur so ist die Abtrennung der störenden Fuselöle gewährleistet. Mit der Zeit sinkt der Alkoholgehalt im Mittellauf. Noch bevor sich eine Trübung einstellt, wird das Destillat in einem anderen Gefäß aufgefangen. Klarheit, Alkoholgehalt und Degustationsbefund geben Auskunft darüber, wenn der Mittellauf beendet und der Nachlauf abzutrennen ist. Auch hier empfiehlt es sich in der Übergangsphase Fraktionen zu 200 ml abzutrennen, um sie anschließend beurteilen und zuordnen zu können. Der Mittellauf ergibt nach Herabsetzen mit Wasser den trinkfertigen Obstbrand. Vor- und nachher muss er aber eine gewisse Zeit richtig gelagert werden, um Reifungsprozesse und die Ausbildung bestimmter Aromakomponenten zu ermöglichen. c) Wichtige Inhaltsstoffe der Maische bzw. des Destillates Übersicht: Inhaltsstoffe der Maische bzw. des Destillates Siedepunkt Vorlauf Mittellauf Nachlauf Schlempe Wasser 100°C X X XXX XXX Ethanol> 78,3°C XXX XXX X - Methanol 64,7°C x x x - Acetaldehyd 20°C xxx x - - Essigsäureethylester 74,5°C xxx x - - Fuselöle 80-160°C - x xxx x Essigsäure 118°C - x x xxx Glycerin 290°C - - - x XXX = hauptsächliches Vorkommen X = vorhanden Ethanol (Ethylalkohol, Trinkalkohol, C2H5OH) Ethanol ist eine wasserhelle Flüssigkeit mit etwas süßlichem, charakteristisch aromatischem Geruch und brennendem Geschmack. Ein Liter Ethanol wiegt bei 20°C nur 789,3 g und ist somit wesentlich leichter als die gleiche Wassermenge. Sein Siedepunkt liegt mit 78,3°C ebenfalls deutlich unter dem des Wassers (100°C). Ethanol ist in jedem Verhältnis mit Wasser mischbar; dabei tritt stets eine Volumenverminderung ein, die Kontraktion. Sie ist bei Mischung gleicher Volumina Wasser und Ethanol mit 3,5% am höchsten. Methanol (Methylalkohol, CH3OH) Methanol ist eine wasserklare, giftige Flüssigkeit, die nicht nur im Vorlauf, sondern auch im Mittel- und Nachlauf enthalten. Methanol wird aus den in allen Obstarten vorhandenen Pektinen durch die Aktivität fruchteigener Enzyme (Pektinesterasen) während der Gärung freigesetzt. Somit enthalten alle Obstbrände mehr oder weniger Methanol, während Destillate aus Getreide immer methanolfrei sind, da diese Rohstoffe kein Pektin enthalten. Werden Maischen z.B. durch verbotenen Zuckerzusatz gefälscht, so nimmt der Methanolgehalt im Destillat naturgemäß ab. Somit stellt die Methanolkonzentration im Destillat ein wichtiges Kriterium zum Nachweis von unerlaubten Maischzuckerungen dar. Acetaldehyd (CH3CHO) Allgemein als Aldehyd bezeichnet, ist er zum einen ein natürliches Zwischenprodukt im Verlauf der alkoholischen Gärung, zum anderen ein unerwünschtes Stoffwechselprodukt bei Fehlgärungen durch Kahmhefen, Milchsäure- und Essigsäurebakterien. Für die Obstbrennerei ist Acetaldehyd infolge seines überaus stechenden Geruches und Geschmackes eine höchst unerwünschte Substanz. Da er einen sehr niedrigen Siedepunkt von nur 20°C aufweist, ist es überaus flüchtig und kann mit dem Vorlauf weitgehend abgetrennt werden. Die Mittelläufe aus der Obstbrennerei sind jedoch nie ganz aldehydfrei. Eine geringe Menge ist sogar günstig, da ein Teil des Acetaldehyds mit Alkoholen unter Bildung von Acetalen kondensiert, die wertvolle Aromastoffe darstellen. Essigsäureethylester (siehe Essigsäure) Fuselöle Das Fuselöl ist ein komplexes Stoffgemisch des Hefestoffwechsels mit ca. 50 Komponenten. In erster Linie sind es höhere Alkohole mit Siedepunkten zwischen 80 und 160°C. In Wasser ist das Fuselöl weitgehend unlöslich (Trübungen); der Geruch ist unangenehm. Die mit über 50% vorherrschende Fuselölkomponente ist das 3-Methyl-1Butanol, gefolgt von 2-Methyl-1-Butanol und 2-Methyl-1-Propanol. Die Intensität der Fuselölbildung hängt stark von der verwendeten Heferasse ab. Bei der Destillation muss durch sorgfältige Nachlaufabtrennung dafür gesorgt werden, dass nur ein kleiner Teil der Fuselöle in den Mittellauf und somit ins Destillat gelangt. Geringe Fuselölanteile sind durchaus erwünscht, denn sie tragen durch Umsetzungen mit anderen Inhaltsstoffen der Destillate zur Aromabildung während der Lagerung bei (z.B. Veresterungen und Acetalisierungen). Essigsäure (CH3COOH) Sie ist der wichtigste Vertreter der flüchtigen Säuren, deren Anteil in vergorenen Obstmaischen 2g/l nicht übersteigen sollte. Bei sehr sauberer Arbeitsweise bleibt die Essigsäurekonzentration unter 1g/l. Vielfach beträgt der Essigsäuregehalt in der Praxis aber 3 bis 5 g/l oder noch mehr, vor allem dann, wenn Fehler bei der Maischebereitung und Gärung gemacht werden (Fehlgärungen). Dies führt zu fehlerhaften, sauren Destillaten, wenn auch die Hauptmenge der Essigsäure in der Blasenfüllung zurückbleibt. Bei längerer Aufbewahrung der Maische verestert ein Teil der Essigsäure mit Alkohol zu fruchtartig riechendem Essigsäureethylester. Sein Siedepunkt beträgt 74,5°C. Somit erfolgt beim Brennen eine starke Anreicherung im Vorlauf. Geringe Essigesterkonzentrationen im Destillat tragen zur Aromabildung bei. Blausäure (HCN) Sie ist eine farblose, nach bitteren Mandeln riechende, äußerst giftige Flüssigkeit; 50 bis 70 mg wirken bereits tödlich durch Erstickung in wenigen Sekunden. Von der WHO wurde ein Grenzwert von 4 mg pro 100 g Spirituose festgelegt. Blausäure entsteht bei der enzymatischen Spaltung des in den Steinen von Obst enthaltenen Amygdalins und gelangt vornehmlich aus zertrümmerten Steinen unschwer in die Maische. Im Verlauf der Destillation wird sie als leicht flüchtige Substanz in das Destillat übergetrieben. Blausäurefreie Steinobstdestillate gibt es nicht. Geringste Mengen an Blausäure tragen zweifellos zu ihrem typischen Aromacharakter bei. Ethylcarbamat (EC) Es wird vermutet, dass diese Substanz krebserregend ist. Die Mitwirkung der Blausäure an der EC-Bildung gilt als gesichert. Im frischen Destillat ist der ECGehalt aber relativ niedrig. Erst bei der Lagerung der Destillate konnte man eine starke Zunahme an EC feststellen, besonders, wenn die Lagerung im Licht erfolgte. Glycerin (CH2OH-CHOH-CH2OH) Bei jeder alkoholischen Gärung wird ein Teil der Zucker in den dreiwertigen Alkohol Glycerin umgewandelt. Glycerin ist eine farblose, ölige süß schmeckende Flüssigkeit mit einem Siedepunkt von 290°C. Infolge dieses hohen Siedepunktes kann es beim Brennen nicht in das Destillat gelangen und verbleibt in der Schlempe. Im Gegensatz zu den Weinhefen sollten Brennhefen also möglichst wenig Glycerin bilden, um Ausbeuteverluste zu vermeiden. Joachim Winkler Fachschule für Land- und Forstwirtschaft Fürstenburg Literaturangaben: Obstbrennerei heute; Tanner/Brunner; Verlag Heller, Schwäbisch Hall Edelbrände; Alois Gölles; Leopold Stocker Verlag Schnapsbrennen; Josef Pischl; Leopold Stocker Verlag Technologie der Obstbrennerei; Pieper/Bruckmann/Kolb; Ulmer Verlag Einführung in die bäuerliche Obstverarbeitung; G. Innerhofer, Obstbaufachschule Gleisdorf