Autor: Manuel Ríos Pazos EINE UNGLAUBLICHE GESCHICHTE Die unglaubliche Geschichte, die ich gleich erzählen werde, ist mir in Wirklichkeit passiert. Es war das Jahr 1992. Eines Tages war ich bei einer Nachbarin heißt Sofía zu ihrem Haus eingeladen. Sie versuchte sich damals mit mir gut zu befreunden, denn ihr gefiel mein älterer Bruder Juan, so konnte sie wahrscheinlich aus mir Information ‚aus erster Hand’ über meinen Bruder bekommen. Diesen Tag schlug sie mir plötzlich vor, den Versuch zu machen, mit dem Geist meines Bruders irgendwie zu kommunizieren. Sie stellte ein leeres Blatt, ein kleines Glas, und einen Ring auf einen Tisch. Dann schrieb sie auf das Blatt eine Serie von Zeichnen: die Zahlen von 0 bis 9, die Buchstaben, einige Felder: ‚Ja’, ‚Nein’, ‚Hallo’, ‚Auf Wiedersehen’, und noch eins heißt ‚Zentrum’, in der Mitte des Blattes. Danach hat sie schließlich das Glas, umgekehrt, über den Ring auf das Mittelfeld des Blattes gestellt. Wir beide haben unsere Finger auf das umgekehrte Glas gelegt, und sofort hat sie eine Reihe Wörter ausgesprochen, um den Geist meines Bruders zu rufen. Es war für mich eine vollständige Überraschung, als plötzlich das Glas unter unseren Fingern begonnen hat, sich von selber zu bewegen. So etwas hätte ich nie und nimmer für möglich gehalten. Aber da war mein Bruder vermutlich bei uns. Sofía hat ihn Fragen gestellt, aber ich war so schockiert, dass ich mich nicht an alles erinnern kann. Am besten erinnere ich mich, dass er uns geantwortet hat, dass er im Augenblick in seinem Zimmer geschlafen hat, und dann hat er auch noch einige Fragen über seine Gefühle für Sofía beantwortet. Ich konnte kaum reagieren. Es war sowie Zauberei, dass dieses Glas sich von einem Buchstaben zum anderen bewegte, um logische Sätze zu bauen, danach machte es eine letzte Bewegung zum Mittelfeld, um auf die nächste Frage zu warten. Ich dachte für mich zuerst natürlich an die Möglichkeit, dass sie selbst das Glas bewegen könnte, ohne dass ich es bemerkte, aber das wäre wirklich schwierig gewesen. Da waren nur zwei Finger auf dem Glas, meiner und ihrer. Sie waren doch in physischem Kontakt mit dem Glas, aber sie streiften es kaum, nur was genau so, um ihm vielleicht unsere Energie zu leiten, damit es sich, gemäß den Befehlen von meinem Bruder, bewegen könnte. Deswegen fand ich fast unmöglich, dass so feste und schnelle Bewegungen bei meiner Nachbarin produziert worden könnten. Am Ende der Sitzung sprach sie ein paar Wörter aus, als Verabschiedung, und das Glas bewegte sich nicht mehr. Ich konnte da nur daran denken, dass, wenn dieses übersinnliche Experiment wirklich funktionierte, müsste ich es noch mal ausführlicher, aber mit meinen Freunden vom Gymnasium wiederholen. Das machte ich ein paar Tage später. Ich erzählte drei Freunden von meinem unglaublichen Erlebnis, und wir trafen uns einen Abend bei einer Freundin der Gruppe. Ihr Haus war leer. Wir nahmen Platz in ihrem Zimmer um einen Tisch, und darauf stellten wir ein Blatt mit den Zahlen, den Buchstaben, und den Feldern. Genauso wie das, das ich bei Sofía benutzt hatte. Wir waren sehr gespannt darauf, aber natürlich auch sehr unruhig. Niemand wusste, was passieren könnte. Wir wussten nicht einmal genau, was wir machen sollten oder was wir eigentlich vorhatten. Aber wir wollten ja damit experimentieren. Am Anfang gab ich die Befehle, denen wir folgen mussten, aber wir erreichten eine Grenze, ab der wir nicht mehr wussten, was zu tun war. Was oder wen könnten wir rufen? Wir haben zuerst unsere Finger auf das umgekehrte Glas gelegt, nachdem wir darunter einen Ring gelegt hatten. Und dann kam die Frage: Was machen wir jetzt? Schließlich waren wir vier junge unreife Leute. Wir haben endlich entschieden, einfach zu fragen: Ist jemand da? Eine Schweigeminute. Dann noch mal: Ist jemand da? Und dann hat das Glas zu unserer Überraschung beim dritten oder vierten Versuch reagiert. Langsam hat das Glas sich zum Feld ‚Ja’ begeben. Das machte uns etwas Angst, aber trotzdem haben wir uns fest gehalten, und haben ‚das Glas’ gebeten, sich bitte zu identifizieren. Zur Frage: Wie heißt du? kam die Antwort: ‚A-L-I-C-E’. Wir konnten es kaum glauben, was gerade vor unseren Augen passierte. Wir hatten vor uns wahrscheinlich den Geist einer Frau, Alice, die wir keineswegs kannten. Es war eine ganz neue Situation für uns alle, wir zweifelten, wussten nicht, was wir fragen sollten, oder eher, was wir lieber nicht fragen sollten. Endlich ist es uns eingefallen, sie nach ihrem Leben zu fragen. Zuerst fragten wir sie, ob sie noch lebte oder nicht mehr. Die Antwort erfüllte uns mit Schauder: Sie war tot. Dann Frage nach Frage, bekamen wir ziemlich viel Information über ihr Leben: Sie war Engländerin, und ihr ganzer Name war Alice Parker. Sie hatte in London gewohnt, und hatte da noch einen Sohn, oder einen Bruder (ich erinnere mich nicht mehr daran), der John Parker heißt, und noch lebte. Sie war nicht vor langem gestorben. Wir trauten uns, sie zu fragen, auf was für eine Weise sie gestorben war. Die Antwort war noch mal haarsträubend: sie war im Fluss Thamesis ertrunken, aber sie war sich nicht sicher, ob es zufällig gewesen war, oder eher ein Mord. Es ist doch keine leichte Aufgabe, auf einem Blatt unsere Gefühle zu beschreiben (und dazu noch auf Deutsch). Es war eine Mischung zwischen Angst und Neugier. Wir waren doch sehr jung, und wir waren der Situation nicht gewachsen. Aber unser Experiment hörte nicht diesen Tag auf. Wir trafen uns noch andere Tage, und wiederholten unsere Sitzung. Direkt fragten wir nach Alice: Alice? Bist du da? Manchmal früher, manchmal später, meldete sie sich. Glücklicherweise war sie immer sehr freundlich. Wir stellten ihr Fragen sowohl über die Zukunft als auch über die Vergangenheit. Auch Fragen über Gott, und über das Leben nach dem Tot. Es wird unheimlich kompliziert, alles ausführlich zu erzählen. Irgendwie ist es auch gar nicht leicht, selber davon zu erzählen, und es mit anderen zu teilen, genauso wie einer es erlebt hat. Es gab auf jeden Fall einige übersinnliche Ereignisse, die sich lohnen, erzählt zu werden: Dem Großvater einer meiner Freunde ging es damals gesundheitlich nicht gut. Meine Freundin fragte Alice, ob sie vielleicht wusste, wie es ihrem Großvater weitergehen würde. Die Antwort lähmte uns: ‚Ihm wird es hier gut gehen’. Ein paar Monate später starb er. Zur Frage: Existiert wirklich Gott? antwortete sie: ‚Ja’ Etwas komisches ist geschehen, wenn jemand eine etwas absurde Frage gestellt hat: Wie findest du, dass Enrique raucht? Und dann kam ihre Antwort (was manchmal passierte) aber auf Englisch: ‚He is too small’. Eine andere ziemlich interessante Frage war, ob sie mit anderen Leuten in Sevilla Kontakt hatte. Dazu erzählte sie uns, dass es noch eine Gruppe Leute gab im Viertel Triana, mit denen sie auch diese Art von Verbindung hielt. Aber zweifellos war am überraschesten die Enthüllung, die Alice einer anderen Freundin von mir, Cristina, machte: Wir hatten Alice vorher gefragt, ob jemand von uns eine Reinkarnation war. Ihre Antwort dazu hatten wir gar nicht erwartet: Unsere Freundin Cristina war nämlich eine Reinkarnation, und hatte eine besondere Energie, oder eher eine größere Quantität von Energie, die wir dem Glas durch unsere Finger leiteten, damit es sich bewegen könnte. Tatsächlich konnte Cristina nur selbst mit ihrem Finger genügende Energie schaffen, damit das Glas sich bewegte, ohne niemandes anderen Hilfe. Das mit der Energie war das Einzige, das wir eigentlich bestätigt haben, von allem, das Alice uns erzählt hat. Was sollten wir machen, wenn sie Information über die andere Gruppe in Triana gegeben hätte, und wir uns da einmal gemeldet hätten?. Das ging uns nicht durch den Kopf. Auf der einen Seite wäre es ganz interessant gewesen, es herauszufinden, ob diese Gruppe auch wirklich existierte. Auf der anderen Seite, wussten wir nicht, was wir tun sollten, wenn die Gruppe wirklich da wäre. Keine Frage wäre es, doch auch sehr interessant, wenn einer von uns vielleicht einmal nach England fahren würde, um den Versuch zu machen, herauszufinden, ob der Name dieser Frau wirklich in einem Archiv steht, und die Gründe ihres Todes. Sowohl das, als auch einmal versuchen mit einigen ihrer Verwandte Kontakt aufzunehmen. Aber unsere Angst und Unwissenheit sind seitdem stärker als die logische Neugier gewesen. Und obwohl ich mich noch manchmal mit einigem von diesen Freunden treffe, haben wir weder diese Sitzungen wieder gemacht noch darüber wiedergeredet.