File-Format: wav Quality: 320 kbit/s Das folgende Dokument ist eine Abschrift der Äußerungen aus einem Interview mit Marcus Wiebusch (Kettcar) geführt am 10.09.2005 in Hamburg durch Harald von Radio FSK für unterm durchschnitt (the care company). Die Kennzeichnung „kett000.wav“ kennzeichnet die dazugehörige Audio-Datei, exklusiv zum downloaden im Presse-Service Online der Initiative „I Can´t Relax In Deutschland“ 1. Warum habt ihr den Song "Einer" für unsere Compilation ausgewählt?? (1:24 min) kett1.wav Zusammenfassung: Politisches Statement war ihnen wichtig, Menschen zu kritisieren welche leichtfertig Probleme personifizieren Als die Anfrage kam haben wir uns überlegt, dass wir doch einen politischen Song zur Verfügung stellen wollen. Der Song „Einer“ … setzt sich damit auseinander, dass sich viele Leute auch aus dem eigenen Bekanntenkreis mit hoch komplexen Zusammenhängen vereinfachen und dann jemandem die Schuld geben wollen. Und wenn es nur so ist das du deinen Eltern die Schuld geben willst oder Courtney Love oder Yoko Ono – an irgendwas. Ich fasse in dem Song halt alle möglichen Leute zusammen denen man langläufig die Schuld gibt. So zum Beispiel wie es ja in jüngster Vergangenheit so war, das man Amerika die Schuld gibt. Man gibt Amerika die Schuld und damit ist gut. Wenn du dich dagegen aussprichst und sagst: „Hey Leute, so hoch komplexe Zusammenhänge kann man nicht so einfach zusammenfassen“, dann ist diese Forderung halt politisch. Das du halt sagst, „das ist nicht so leicht, die Welt ist nicht so aufgebaut das du nur einem immer die Schuld geben kannst.“ Des wegen fand ich den Song halt sehr sehr passend für die Compilation. 2. Marcus gilt ja wegen But Alive noch immer als einer der popkulturellen Wortführer der Poplinken. Im Gegensatz zu B.A. wirken Kettcar heute aber eindeutig versöhnlicher. Ist I Can't Relax jetzt noch mal so ein Abgrenzungsticket, weil ihr wirklich von jeder und jedem gemocht werdet?(2:27 min) kett1.wav Zusammenfassung: Ich bin weiterhin ein politischer Mensch, nur suche ich Musik/Kultur nicht mehr als Ausdrucksform, meine politische Einstellung dort raus zu posaunen. Ich muss mich von niemandem abgrenzen. Fakt ist das ich sicherlich versöhnlicher geworden bin. Ich habe aufgehört meine politischen Überzeugungen in Kultur oder Musik auszudrücken. Ich habe das deswegen getan weil ich versöhnlicher geworden bin und keine Flagge schwenken will, die ich eigentlich schon eingerollt habe. Will sagen, ich bin was politische Zusammenhänge angeht mit sehr sehr wenig Hoffnung. Diese Meinung trage ich auch nicht so laut in die Welt hinein und ich posaune sie auch nicht in meinen Texten raus, sondern ich habe irgendwann für mich entschieden, dass ich andere Texte machen will. Aber ich habe meine politische Meinung bei ganz ganz vielen Sachen – unter anderem meine Beziehung zu Deutschland nur mal als Beispiel, zum Fleisch essen, meine Beziehung zu Faschismus, zu Rassismus – das sind nach wie vor die selben. Nur ich drücke sie nicht mehr in politischen Texten aus. Der Eindruck mag entstehen, dass man sich es halt gemütlich macht. Doch die Leute die uns dafür kritisieren bekommen halt nicht mit, wie wir uns in außermusikalsichen Ausdrucksformen oder Aktivitäten verhalten. Jeder soll – wenn er meint den anderen zu kritisieren was er kulturell oder musikalisch macht – mal überlegen wo sie alle sind die ganzen großen Bands mit denen wir damals mit denen wir angefangen haben Anfang der 90er. Da gibt es nur noch ganz wenige, da kommst du nur noch auf 2, 3 Bands (EA 80, Boxhamsters) die noch dabei sind. Der Rest hat aufgehört, klein beigegeben. Ist in eine Filiale gegangen, arbeitet in einer Werbefiliale oder als Taxifahrer und hat sich vielleicht dadurch in Anführungsstrichen „nicht verraten“. Für mich ist das so gewesen, das ich irgendwann entschieden habe, als ich „...But Alive“ aufgelöst habe, das ich für den Rest meines Lebens Musik machen werde. Und ich werde auch wenn es Kettcar einmal nicht mehr gibt, weiter Musik machen. Das ist einfach eine Sache, die lasse ich mir von niemandem irgendwie reinreden, das ist noch nicht einmal zu kommentieren. Ich habe nur aufgehört politischen Songs zu schreiben 3. Nach zwei tollen Alben zieht ihr mit Eurer Musik recht breite Kreise. Besteht da nicht auch die Befürchtung in diesem ganen Popquatsch pro Deutschland vereinnahmt zu werden? Z.B. in der Quotendebatte wird gern und häufig darauf verwiesen, wie viele gute deutsche Bands es gäbe. Es ist ja nicht gerade unvorstellbar, dass Kettcar mal als Argument für eine solche Quote herangezogen werden? (1:58 min) Kett3.wav Zusammenfassung: Wir sind für die ganzen Deutsch-Pop-Leute der lebende Beweis, dass man keine Quote braucht um erfolgreich Musik zu machen. Allerdings haben wir einen Fehler gemacht, den Song „Unvorstellbar“ für einige Deutsch-Pop-Compilations herzugeben. Ja, das könnte natürlich sein. Wir haben natürlich, wenn Leute meinen uns heranziehen zu müssen als Argument dafür, dass wir eine gute deutsche Band sind, gerade anhand dieser Quotendebatte sagen: Hallo, wir haben es auch ohne Quote geschafft. Wir werden im Radio nicht gespielt, aber wir haben es auch ohne Quote geschafft, erfolgreich zu sein. Also, warum eigentlich Quote, Leute? Im Grunde sind wir ja der lebende Beweis dafür, dass man eigentlich keine Quote braucht. Im Grunde genommen haben wir in dieser neuen deutschen Popszene nur einen Fehler gemacht, den ich mir auch selber ankreide. Wir sind auf 4, 5 Deutsch-Popsamplern drauf, die auch alle innerhalb von 3 Monaten erschienen sind. Das war vor anderthalb Jahren. Fast eine Goldgräberstimmung, in der fast jede Plattenfirmen – auch Indieplattenfirmen aber besonders auch große Firmen meinten, sie müssten jetzt einen Deutsch-Pop-Sampler machen weil sie meinten, dass das jetzt das Ding ist was wohl geht. Wir waren auf ein paar Dingern drauf mit „Unvorstellbar“ – einem miesen Titel auch. Als wir das dann gemerkt haben, wie man da dann halt subsumiert wird mit Bands mit denen man ja auch nichts zu tun hat und die auch nicht böse politisch sind. Sondern einfach nur weil sich deren Ausdruck zu unserer unterscheiden, obwohl wir keine politischen Texte machen, finde ich das wir doch schon anders rüberkommen als andere Bands und haben so entschlossen, dass wir auf keine solche Sampler mehr gehen wollen. Und für die Sampler auf denen wir drauf waren, tut es mir leid, weil da hätten wir nicht drauf gemusst. 4. Wie wird unser Sampler bzw. die Renaissance der Deutschlandliebe im Pop im Grand Hotel diskutiert? Gibt es so etwas, wie einen Austausch zwischen den Bands? Wurde Euer Statement damals, auch unter Euren Musikern besprochen? (1:11 min.) Kett4.wav Zusammenfassung: Unsere Bereitschaft für den Sampler wurde nicht mehr weiter diskutiert, weil wir schon eine Grundsatzdebatte vor unserem Statement zur Radioquoten-Debatte hatten, die von Grand Hotel Van Cleef getragen wird. Ich habe mit Oli Schulz ein bisschen geredet, Thees ist an dem Grand Hotel Van Cleef Statement zur Radioquote sehr beteiligt gewesen. Mit dem wurde schon sehr sehr viel diskutiert. Aber unsere Bereitschaft, jetzt an dem Sampler mitzumachen wird dann nicht mehr diskutiert. Das wird Allgemein als Gut abgehakt. Punkt Ende Aus. Wir sind da doch uns ziemlich einig. Ich kann jetzt mal für den Kern von Grand Hotel Van Cleef sprechen, das wir das quatsch finden und das wir uns so etwas, solchen kruden Ideen von Mia oder Heppner oder so, das wir uns von denen abgrenzen. Das heißt jetzt nicht das wir wenn wir sie treffen aufs Maul hauen wollen, aber es heißt das wir sehr deutlich sagen, dass wir es einfach scheiße finden. Das wir unser Statement jetzt und hier abgeben. Unser Statement heißt in dem Fall von Kettcar – nur Kettcar. Aber das Statement vom Grand Hotel wird glaube ich von allen getragen.