Univ.-Prof. Dr. Verena Krieger: Inszenierung der Geschlechter in der zeitgenössischen Kunst Handout zur 5. Vorlesung (Das künstlerische Subjekt 1) Themen Stereotypen vom Künstler Aufstieg des Künstlers in der Renaissance / Fünf Argumente für seine Aufwertung Das romantische Konzept des Künstlergenies Gründe für die Ausgrenzung der Künstlerin aus dem Konzept des Künstlergenies Sexualisierung des Künstlerbildes Beispiele sexualisierter Selbstinszenierung von Künstlern im 20. Jahrhundert Bilder Adolf von Menzel, Künstlers Erdenwallen, Lithographie-Zyklus 1834 (Titel und 11 Szenen) Römischer Musensarkophag Louvre, Schmalseite: Dichter und Muse Römisches Mosaik, Capitolinische Museen: Maler und Muse Georg Friedrich Kersting: Caspar David Friedrich im Atelier, 1812 (Berliner Version) Gustave Courbet, Selbstbildnis mit Pfeife, 1846 Paul Gauguin, Selbstbildnis am Golgatha, 1896 Giorgio Vasari, Apelles malt Diana (Zeuxis und die Jungfrauen von Kroton), um 1570/73 Jodokus van Winghe, Apelles malt Campaspe, um 1600 Etienne-Maurice Falconet, Pygmalion zu Füßen der sich belebenden Statue Galateas, 1763 Lovis Corinth, Selbstbildnis mit Rückenakt, 1903 Lovis Corinth, Der Sieger, 1910 Rembrandt, Selbstbildnis mit Saskia, ca. 1636 Ernst Ludwig Kirchner, Selbstbildnis als Soldat 1915 Ernst Ludwig Kirchner, Selbstbildnis mit Modell, 1910 Hans Namuth, Jackson Pollock beim Malen, 1950 Georges Mathieu bei einer öffentlichen Malaktion in Osaka, 1957 Julian Schnabel, The Patients and the Doctors, 1978 Diverse Porträtfotos von Julian Schnabel, u.a. von Helmut Newton Markus Lüpertz, Zyklop II, dithyrambisch, 1973 Diverse Porträtfotos von Markus Lüpertz, 1980er bis heute Namen Platon Hesiod Pietro Aretino G.W.F.Schelling Friedrich Schlegel Immanuel Kant Caspar David Friedrich Michelangelo Artemisia Gentileschi Lavinia Fontana Sofonisba Anguissola Angelika Kauffmann Apelles Pygmalion Begriffe Emblem, emblematisch Vignette Artes liberales (freie Künste) Artes mechanicae (mechanische Künste) Viri illustri (berühmte Männer) Ingenium Uomo universale Muse Inspiration Genie Sturm und Drang Frühromantik Gottebenbildlichkeit des Künstlers Prokreation, Prokreativität Zitate Platon, Dialog Ion: „Alle Dichter nämlich schaffen nicht auf Grund von technē diese schönen Gedichte, sondern als Begeisterte und Besessene ... darum kann einer nur das in schöner Weise dichtend zustande bringen, wozu die Muse ihn antreibt.“ Alberti über den Künstler allgemein 1436: „un altro iddio“ (ein zweiter Gott). Pietro Aretino: bezeichnet Michelangelo als „persona divina“, spricht von Tizians „göttlichem Pinsel“. Giorgio Vasari: der „göttliche und wunderbare Intellekt“ Leonardos. Caspar David Friedrich: „Der Maler soll nicht nur malen, was er vor sich sieht, sondern auch was er in sich sieht.“ Jean de La Bruyère: Frauen verfügen über „Talent und Genie … nur für Handarbeiten“. Donald Kuspit über Julian Schnabel: Ihm gelingt die „Wiederbelebung der Kunst durch die Remythologisierung der Triebe“, er „interpretiert die Idee des Primitiven neu“, vermag „uns in einen ‚unbewussten’ Zustand versetzen“. Seine Bilder wirken „ähnlich ‚magisch’ wie primitive Kultobjekte, obwohl sie nicht naiv sind, sondern durchdacht und konstruiert.“ Realisiert„Authentizität des … Primitiven“ und bleibt gleichzeitig Repräsentant der zivilen Hochkultur. Helmut Newton präsentiert ihn als„exhibitionistischen Macho“. „Seine kraftvolle, vitale Erscheinung suggeriert: Künstler sein heißt Macho sei. Kunst ist bis zum äußersten disziplinierter Machismo – wild, tollkühn … und dabei zielsicher. Schnabel spielt offensichtlich mit der Vertauschung von Künstlerpersönlichkeit und Kunst: noch ein Beispiel für Machismo.“ Schnabels Kunst ist „voll geballter Kraft und komplexer Bedeutung, erschütternd und anmaßend zugleich, dionysisch und apollinisch, voll libidinösen Drangs und doch zugleich wie ein Tropfen ‚intellektuellen Bluts’ (Breton)“ Kommentare in Ausstellungskatalogen zu Lüpertz: „proteushafter Schaffensdrang“, „Barocke Vitalität“, „titanische Unersättlichkeit“ Lüpertz über das Boxen: „maskuline Lebenserlebbarkeit“ Kommentar der SüddeutschenZeitung zu Lüpertz: Er kleidet sich, „als wolle er Rudolph Mooshammer und Oscar Wilde etwas beweisen“ Literatur: Maike Christadler, Kreativität und Geschlecht. Giorgio Vasaris „Vite“ und Sofonisba Anguissolas Selbst-Bilder, Berlin 2000 Carol Duncan, Virility and Domination in early Twentieth-century vanguard Painting, in: The Aesthetics of Power. Essays in Critial Art History, Cambridge 1993, S. 81ff Sabine Kampmann, Der Künstler als Staffelläufer. Über die Autorfigur Markus Lüpertz im Spannungsfeld von Tradition und Innovation, in: Hellmold u.a. 2003, S. 43-66 Ernst Kris/Otto Kurz, Die Legende vom Künstler. Ein geschichtlicher Versuch, Wien 1934 Helmut Kreuzer, die Bohème. Beiträge zu ihrer Beschreibung, Stuttgart 1968 Verena Krieger, Was ist ein Künstler? Genie – Halsbringer – Antikünstler. Eine Ideen- und Kunstgeschichte des Schöpferischen, Köln 2007 Geneviève Lloyd, Das Patriarchat der Vernunft. "Männlich" und "weiblich" in der westlichen Philosophie, Bielefeld 1985 Griselda Pollock/Rosika Parker, Old Mistresses. Women, Art, and Ideology, London 1981 Franz Roh, Der verkannte Künstler, 1948 Martin Warnke, Hofkünstler. Zur Vorgeschichte des modernen Künstlers, Köln 1985 Margot und Rudolf Wittkower, Künstler – Außenseiter der Gesellschaft, Stuttgart 1989