DEPARTEMENT FINANZEN, KULTUR UND VERWALTUNG Informationsdienst Marktgasse 58 Postfach 1372 9500 Wil 2 stadtpraesidentin@stadtwil. ch www.stadtwil.ch 10. April 2014 sth Vortrag von Anselm Grün «Menschen führen, leiten und begleiten» Sehr geehrter Pater Anselm Grün Sehr geehrte Forumost-Mitglieder Sehr geehrte Gäste Ich freue mich sehr, dass ich als Stadtpräsidentin von Wil kurze Begrüssungsworte zu diesem Forumost-Anlass an Sie richten darf. Das Forumost setzt sich ein für einen konstruktiven Dialog, für gehaltvolle Begegnungen und das intensive Miteinander von Menschen, um «Interessierte zu Engagierten werden zu lassen», wie das Forumost sich selber und seine Ziele kurz beschreibt. In der heutigen schnelllebigen Zeit und in unserer Multioptionsgesellschaft sind das sehr wertvolle und wichtige Ziele – sie helfen, Orientierungen zu vermitteln und die Menschen um uns herum richtig wahrzunehmen. Der heutige Abend mit dem Referat von Pater Anselm Grün steht unter dem Titel «Menschen führen, leiten und begleiten». Als Stadtpräsidentin darf auch ich Menschen führen, leiten und begleiten – einerseits ganz direkt meine vier Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat sowie die rund 360 Mitarbeitenden der Stadtverwaltung und andererseits in einem weiteren Sinne auch die gut 23‘500 Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Wil. Ich empfinde diese Aufgabe als sehr vielfältig und auch als sehr bereichernd: Miteinander möchten wir etwas bewegen und bewirken, das der Stadt Wil und ihrer Bevölkerung, aber auch der ganzen Region zu Gute kommt und nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig und nachhaltig die Entwicklung der Stadt und der Stadtgemeinschaft positiv gestaltet. Doch wie führt, leitet und begleitet man? Autoritär und hierarchisch, demokratisch und kooperativ, doch lieber «laisser-faire» oder vielleicht sogar eine Mischung aus allen drei klassischen Führungsstilen: Die Frage nach der richtigen Form ist nicht so einfach zu beantworten – wie soll ich Mitarbeitende oder Teams leiten und auf Kurs halten? Dabei ist diese Frage ganz wichtig und zentral – denn wie heisst es so schön in einem Sprichwort, das der Humanisten Erasmus von Rotterdam in seiner Sentenzen- Seite 2 Sammlung «Adagia» festgehalten hat: «Piscis primum a capite foetet – der Fisch stinkt zuerst vom Kopf her». Beim Mann oder bei der Frau am Kopf, sprich bei der Person an der Spitze liegt also viel Verantwortung – Verantwortung für ein Unternehmen, für ein Projekt oder in meinem Falle für eine Stadt, Verantwortung für die Erreichung eines Zieles oder für die Erfüllung einer übertragenen Aufgabe, aber auch Verantwortung für eine anvertraute Gruppe von Menschen, für ihr Zusammenwirken und letztlich zumindest ein Stück weit auch für ihr Wohlergehen. Eine klare, einfache und universell gültige Antwort auf die Frage nach dem einzig richtigen, einzig wahren Führungsstil gibt es wohl nicht – die Antwort ist von der jeweiligen Person, vom jeweiligen Team, vom jeweiligen Ziel und von der Situation abhängig. Es gilt also, den Führungsstil immer wieder mit Fingerspitzengefühl den Umständen anzupassen. Und trotzdem darf der Führungsstil auch nicht beliebig, nicht wankelmütig sein – schliesslich müssen sich die Geführten auf etwas verlassen und sich an klaren Linien orientieren können. Letztlich muss also jede und jeder für sich ganz persönlich die Frage nach dem Führungsstil beantworten. Als Stadtpräsidentin pflege ich einen demokratischen, kooperativen Führungsstil– es ist mir ein Anliegen, dass die Vorgesetzten ihre Mitarbeitenden so weit als möglich in das Betriebsgeschehen mit einbeziehen. Dass in einer öffentlichen Verwaltung wegen vieler enger Rahmenbedingungen und gesetzlicher Vorgaben kein vollumfänglicher kooperativer Führungsstil möglich ist und teilweise eine hierarchische Steuerung unumgänglich ist, ist mir sehr wohl bewusst. Ich setze mich aber in meiner täglichen Arbeit dafür ein, dass der kooperative Führungsstil, dort, wo er möglich ist – und dies ist meiner festen Überzeugung nach in vielen Bereichen der Fall – auch wirklich umgesetzt wird. Diskussionen sind nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht! Ein Klima ehrlicher, direkter und offener Kommunikation; das Zulassen von Ideen und Kritik, die Schaffung von Mitsprachemöglichkeit und eine echte Entscheidungsteilhabe der Mitarbeitenden sowie eine Kultur des gegenseitigen Respekts – das alles macht für mich das Wesen des kooperativen Führungsstils aus. Und bei Fehlern – denn wo gearbeitet wird, da können auch Fehler passieren – bei Fehlern also soll nicht bestraft werden, sondern geholfen werden. Dabei gilt aber auch, dass aus Fehlern gelernt werden soll: Einen Fehler einmal zu machen, das ist menschlich und kann bei aller Umsicht passieren – einen Fehler aber zu wiederholen, das ist unprofessionell. Die Vorteile des kooperativen Führungsstils liegen vor allem in der hohen Motivation der Mitarbeitenden durch Entfaltung der Kreativität, aber auch in der Förderung der Leistungsfähigkeit. Zudem kann so eine höhere Selbstständigkeit und Eigenverantwortung vom einzelnen Mitarbeitenden entstehen. Nicht zuletzt fördert das auch eine höhere Identifikation mit Seite 3 der Verwaltung und mit der Stadt Wil – denn als Team sitzen wir alle «in einem Boot». Apropos «Boot». Der Schriftsteller Antoine de Saint-Exupery hat es schön auf den Punkt gebracht: «Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.» Gemeinsame Visionen schaffen, gemeinsame Ziele vermitteln und gemeinsame Wege dorthin aufzeigen – auch das ist ein Element des kooperativen Führungsstils, bei dem nicht nur der Kopf des Fisches weiss, wo er hinwill, sondern dieses Ziel vom ganzen Fisch und sogar vom ganzen Fischschwarm mitgetragen wird. Jetzt freue ich mich auf die Ausführungen von Pater Anselm Grün und bin gespannt, wie er seine verschiedenen Hintergründe – Benediktinermönch, Philosoph, Theologe und Betriebswirtschafter – im spannenden, vielschichtigen Thema des heutigen Abends zusammenführen wird. In diesem Sinne wünsche ich uns allen einen anregenden Abend. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Susanne Hartmann Stadtpräsidentin Wil