Weiblicher Narzissmus Referat von Sabine Süselbeck Die Sage von Narzissos...( Alice Miller „Das Drama des begabten Kindes“ Seite 83) „Die Sage vom Narzissos schildert die Tragik der narzisstischen Störung. Der sich im Wasser spiegelnde Narzissos ist in sein schönes Antlitz verliebt, auf das seine Mutter sicher stolz war. Auch Nymphe Echo beantwortet die Rufe des Jünglings, in dessen Schönheit sie verliebt ist, wie die Mütter unserer Patienten. Echos Rufe täuschen den Narzissos. Auch sein Spiegelbild täuscht ihn, indem es nur den vollkommenen, großartigen Teil von ihm spiegelt, nicht aber die anderen Seiten. Seine Rückenseite z. B. und sein Schatten bleiben ihm verborgen, gehören nicht zum geliebten Spiegelbild, werden ausgeklammert.“ Was ist weiblicher Narzissmus? In meinem Referat gebe ich euch eine Einführung in das Konzept des „Weiblichen Narzissmus“ von Bärbel Wardetzki. Das Buch ist allerdings so umfassend, dass ich euch nur einen groben Einblick über den Begriff des weiblichen Narzissmus verschaffen kann und euch hoffentlich auf den Geschmack bringen kann mehr zu lesen. Dieses Konzept ist so spannend und vielschichtig, dass es jedem Therapeuten einen tiefen Einblick in die weibliche Psyche verschafft. Bärbel Wardetzki hat zwar anhand einer Studie über bulämische Frauen (Eß- Brechsucht) das Konzept des „weiblichen Narzissmus“ erschaffen, dennoch betrifft es in seinem Ansatz viele Frauen, die sich hier auch mit anderen Süchten oder vielleicht auch gar keinen Süchten wiederfinden werden. Wie wir schon gehört haben, kommt das Wort Narzissmus aus dem Griechischen und wird mit „Selbstliebe, Eigenliebe“ übersetzt. Bärbel Wardetkzi benutzt diesen Begriff im Sinne von „narzisstischer Persönlichkeitsstörung“, was eine Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls und der Selbstliebe bedeutet. Das betrifft Frauen, die an starken Minderwertigkeitsgefühlen leiden, obwohl sie sehr erfolgreich sind. Das kann bis hin zu Selbstverleugnung und Verlust der eigenen Identität führen. Frauen, die eine narzisstische Persönlichkeitsstruktur besitzen, wirken auf den ersten Blick meist sehr selbstbewusst, aufgeschlossen, aktiv sind attraktiv und legen viel Wert auf ihr Äußeres. Eine perfekte Fassade hinter der große Unsicherheit, Selbstzweifel, Selbstabwertung, Einsamkeit und Isolation stehen. Hier sieht man den ausgeprägten Gegensatz von äußerer Darstellung und Perfektionismus und innerer Eigenwahrnehmung. Sie spielen nach außen eine perfekte Rolle, die hilfsbereite Macherin, hat alles im Griff hat und immer gut drauf ist. Innerlich lehnen diese Frauen sich von Grund auf ab, finden sich unattraktiv und nicht liebenswert, sehnen sich nach Nähe aber halten sie nicht aus und haben immer Angst zu zeigen wer sie wirklich sind. Hinter dieser Fassade befindet sich meist ein sehr bedürftiges, verzweifeltes inneres Kind auf der Suche nach Anerkennung und seiner wahrer Identität. Anhand dieser Beschreibung lässt sich schon erahnen, dass es viele Frauen gibt, denen es schwer fällt ihre Schwächen anzunehmen und ihre Stärken wertzuschätzen und die in zufriedenen erfüllenden Beziehungen leben. Der Hunger nach Anerkennung Der narzisstischen Frau fehlt eine angemessene Selbsteinschätzung und so schwankt sie schließlich ständig zwischen Grandiosität und Minderwertigkeit oder Depression, wie Alice Miller es in ihrem Buch „Das Drama des begabten Kindes“ beschreibt. Grandiosität bedeutet immer viel Leistungen zu erbringen, zu glänzen in seinem Können, besonders attraktiv und 1 liebenswert zu sein, um die Anerkennung durch sein Gegenüber zu erhalten. Das heißt letztendlich steht und fällt das Selbstwertgefühl mit dem Gegenüber. Die eigene Identität ist so wenig ausgeprägt, dass die Bewertung des Gegenüber das eigene sich gut oder schlecht fühlen bestimmt. Das kann man häufig schon bei Schulkindern beobachten, die sich selbst durch ihre Note bewertet fühlen. “Nicht ich habe eine 5 , sondern ich bin eine 5“. Kommt es zum Verlust der Bewunderung oder Anerkennung bricht das Selbstwertgefühl zusammen und es kann zu Depressionen kommen. Um diesem Stimmungstief zu entgehen, verfolgen narzisstisch gestörte Menschen immer ihr Ziel perfekt, erfolgreich und bewundernswert zu sein, was bis zur Ausbeutung von sich selbst geht. Das hat aber gleichzeitig das Problem nie wirklich bei sich und seinen Bedürfnissen anzukommen, bzw. eigene Bedürfnisse nicht wahrzunehmen oder zu spüren. Das führt unweigerlich zu einem Leben in Extremen, um sich überhaupt noch spüren zu können. Sie wurde wütend, obwohl sie traurig war Narzisstische Menschen neigen dazu sich schnell beleidigt zu fühlen, wenn jemand nicht so reagiert wie sie es erwartet hätten. Sie reagieren mit Wut und Rachegefühlen anstatt mit Trauer, weil sie unfähig sind ihre wirklichen Emotionen auszudrücken oder zu erkennen. Statt zu sagen, ich bin traurig darüber, dass du mich z. B. nicht angerufen hast, richten sie diesen Vorfall gleich auf ihr Selbstwertgefühl. Ich bin es nicht wert, dass man mich anruft. Enttäuschung oder Traurigkeit werden nicht realitätsangemessen verarbeitet, sondern auf Kränkung wird soweit mit Rache und Verletzung reagiert, dass es zum Bruch in der Beziehung kommen kann. Das vermiedene Gefühl von Traurigkeit führt letztendlich zu einer großen Einsamkeit und bestätigt damit wieder die tiefe Angst abgelehnt und ungeliebt zu sein. Narzisstische Wut ist durch die Rachegefühle, dem anderen soll es genauso schlecht gehen wie mir, immer auf Zerstörung ausgerichtet. Es ist die Weigerung oder Unfähigkeit eine konstruktive Auseinandersetzung zu führen und einen Konflikt zu bereinigen. Narzisstische Persönlichkeiten basteln sich durch ihr eigenes Verhalten immer wieder die Bestätigung ihres alten Musters. Einerseits der Schrei nach Nähe und Zuwendung und andererseits die Beendigung der Beziehung durch destruktive Konfliktbewältigung. Wenn das Kind einem besonderem Bild entsprechen soll Charakteristisch für die frühe Kindheit und Jugend von später narzisstischen Menschen ist die narzisstische Ausbeutung und Erweiterung. Die narzisstische Ausbeutung bedeutet eine Aufwertung der Eltern durch ihr Kind. Das Kind wird nicht unvoreingenommen so geliebt wie es ist, sondern das Kind soll bestimmten Wünschen und Forderungen der Eltern entsprechen. Bärbel Wardetzki greift hier immer wieder auf das Märchen von Schneewittchen zurück: rot wie Blut, weiß wie Schnee und schwarz wie Ebenholz. Die Mutter liebt ihr Kind so, wie sie es sich ausmalt. Entspricht das Kind nicht den Erwartungen der Eltern, sind die Eltern enttäuscht und das Kind wird versuchen sich anzupassen und dem Bild und den Erwartungen zu entsprechen, indem es nicht seine Bedürfnisse lebt, sondern mit Konfluenz reagiert. Narzisstische Erweiterung bedeutet , dass sich die Eltern durch die Fähigkeiten ihrer Kinder erweitern, d.h. sich mit den Eigenschaften die ihr Kind hat zu identifizieren. Das Lob geht dann nicht nur an das Kind, sondern auch an die Eltern. Die Eltern werten sich dadurch auf und lieben es umso mehr, je stärker sie durch das Kind an Zuwendung bekommen. BEISPIEL? Für eine gesunde Entwicklung braucht das Kind die Spiegelung der Mutter. Das würde nach Winnicott bedeuten, dass sich das Kind im Antlitz seiner Mutter selbst wiederfindet so wie es ist. Projiziert die Mutter ihre eigenen Erwartungen, Ängste, Introjekte und Pläne in das Kind, 2 findet das Kind nicht sich selbst sondern die Not der Mutter. Das bedeutet, dass die eigenen Gefühle von der Mutter nicht wahrgenommen werden und nicht angemessen gespiegelt werden. „Stell dich nicht so an! Das wird schon nicht so schlimm sein! Man weint doch nicht über so eine Kleinigkeit! Ein Indianer kennt keinen Schmerz!“ Das Kind weiß somit nicht, wem es glauben soll, seiner eigenen Wahrnehmung oder der Aussage der Mutter. Nicht gespiegelte „wahre Gefühle“ werden abgespalten und führen zu einem angepassten unspontanen Verhalten. Wenn das wahre Selbst verloren geht Hier geht Bärbel Wardetzki davon aus, dass die narzisstische Störung zum großen Teil in der Mutter Kind Beziehung zu suchen ist, sei es durch mangelnde Liebe oder Überbehütung, aber auch reale Abwesenheit der Mutter oder der Eltern, Trennungen, Krieg, Katastrophen wirken sich auf die Entwicklung des Kindes aus. Die Frustration oder Enttäuschung führt dazu, dass das Kind Überlebensstrategien entwickeln muss, indem es ein „falsches Selbst“ aufbaut. D.h. um Zuwendung und Aufmerksamkeit der Eltern zu bekommen, wird es alles tun, um es ihnen recht zu machen. Dabei kommt es zu einer Selbstentfremdung, weil das Kind nicht die Möglichkeit hat, seine eigene Identität zu entwickeln. Es spaltet seine eigenen Gefühle, wie Trauer, Aggression, aber auch Lust und Schmerz ab, weil diese Gefühle nicht erwünscht sind. Beispiel aus meiner Praxis: Eine ältere Dame, perfektes Äußeres, erscheint auf Drängen ihrer Tochter in meiner Praxis. Diagnose Mamma- Ca, Op ist schon erfolgt und will nun begleitende Therapie zur Chemo machen. Während der Anamnese kommt es zu keinerlei emotionalen Beteiligung. Auf meine Frage ob sie weinen könne, sagt sie „höchstens wenn in ihrer Familie etwas Schlimmes passiert z.B. mit ihren Enkeln oder Kindern“. Als ich ihr sagte, es wäre doch jetzt etwas Schlimmes passiert, sagte sie, sie hätte alles im Griff und außerdem müsse sie sich um ihren Mann kümmern, er wäre so traurig und könne mit ihrer Erkrankung nicht umgehen. Gefühle wie Wut, Aggression, Trauer kenne sie nicht. Ihr Leben lang habe sie anderen „gedient“. Auf die Frage, was sie für Bedürfnisse habe und was sie sich in dieser Situation Gutes tun könnte, antwortete sie, „Dass werden sie mir doch sicher gleich sagen“. Aufgrund solcher Anpassungsprozesse ist es nicht möglich ein wahres Selbst zu entwickeln, was zu einer inneren Entleerung, Verarmung und partiellen Tötung führt, Lebendigkeit und Spontaneität werden abgeschnitten. Mögliche Ursachen, die die Entwicklung einer narzisstischen Persönlichkeit fördern können Hierzu nur einige Beispiele: Die Auswirkungen früher Trennungen Je früher es zu Trennungen kommt, d.h. besonders in den ersten 2 Lebensjahren, umso stärker kann sich eine Persönlichkeitsstörung entwickeln. Schon innerhalb von 5 bis 9 Tagen der Trennung kann es bei einem Kind zu depressiven Verstimmungen kommen, wenn keine Ersatzbezugsperson vorhanden ist. Trennung von den Eltern bedeutet für Kinder in diesem Alter eine große Gefahr, da sie noch vollkommen abhängig sind und auf stabile Beziehungen angewiesen sind. Auch seelisches Verlassenwerden führt dazu, dass sich das Kind ungeliebt und nicht angenommen fühlt und sein Selbstwertgefühl gestört wird. Unverarbeitete Trennungserlebnisse können traumatische Folgen habe. 3 Iß was ich dir gebe Wird bei einem Säugling auf jedes Unwohlsein oder Weinen mit Füttern reagiert, so wird auch der Erwachsene später nicht unterscheiden können, brauche ich jetzt Essen oder vielleicht Nähe. Ich denke es war früher und auch heute noch oft der Zuckerschnuller zur Beruhigung, die Flasche oder die Brust bei jedem Weinen. Und „Frustessen“ oder der Heißhunger auf Süßigkeiten kennen wohl auch die meisten. Daraus resultiert die Unfähigkeit seelische Bedürfnisse angemessen zu interpretieren, das Unwohlsein nicht zuordnen zu können und es mit Essen zu beantworten. Schlucke, was ich dir sage Hier spricht Perls von der „totalen Introjektion“, der unkritischen Einverleibung von Meinungen, Botschaften, Einstellungen und Ideologien. Die Erziehung zum Gehorsam kann zu einer übermäßigen erzwungenen Anpassung führen, was heißt, Kritik, Infragestellen und Neugier sind unerwünscht. Kinder übernehmen dann die Introjekte „total“ und können sich keine eigenen Meinungen bilden, brauchen Leitfiguren und sind immer abhängig von anderen. Sie wissen nicht, was sie wollen und können keine Entscheidungen für sich treffen. (die totale Introjektion wird eine sehr frühen Entwicklungsstufe zu geordnet, dem Säuglingsstadium, in dem das Kind und die Welt noch eins sind) Die narzisstische Hochform In dieser Phase, ca. im Alter von 18 Monaten, kann das Kind laufen, sich wegbewegen und die Welt erkunden, sich durch Sprache verständlich machen. Dieses verleiht ihm das Gefühl von einer scheinbaren Allmächtigkeit, dem sogenannten „narzisstischen Hochgefühl“. Im Vordergrund stehen in diesem Moment das Gefühl von Grandiosität, euphorischer Freude, der Mittelpunkt der Welt zu sein. Es erfährt aber auch gleichzeitig seine eigene Begrenztheit und Kleinheit ohne seine Mutter oder Vater. Es kann schon vieles allein, aber nicht alles. Es erfährt also Grandiosität und Minderwertigkeit. Hier braucht es die Unterstützung der Eltern, um beide Gefühle miteinander zu vereinen und auf ein realitätsangemessenes Niveau zu bringen. Gelingt das nicht, können narzisstische Persönlichkeiten entstehen, die sich entweder grandios oder minderwertig fühlen. Bärbel Wardetzki hat noch viele andere mögliche Ursachen, die narzisstische Persönlichkeitsstrukturen auslösen können in ihrem Buch beschrieben, was aber leider den Rahmen sprengen würde. 4 An diesem Punkt möchte ich noch das narzisstische Spaltungsmodell vorstellen: „Falsches Selbst“ Minderwertigkeit Grandiosität Depression „Wahres Selbst“ Dieses Spaltungsmodell besteht aus drei Elementen: aus dem falschen Selbst, das aus Minderwertigkeit/ Depression und Grandiosität besteht und dem wahren Selbst, wobei es sich hier nicht um wirkliche Minderwertigkeit oder Grandiosität handelt, sondern die Frau diese emotional so erlebt. Auch bei der Depression handelt es sich nicht um eine wirkliche Depression, sondern um eine depressive Verstimmung. Alle drei Elemente sind voneinander abgespalten. Die horizontale und vertikale Spaltung dient als Abwehrmechanismus und soll verhindern, dass diese drei Bewusstseinszustände in Kontakt kommen und dadurch unangenehme Gefühle, wie Angst, psychischer Schmerz und Schuldgefühle ins Bewusstsein dringen. Die Betreffenden leben also immer nur in einem Bereich, entweder erleben sie Grandiosität ohne Erinnerung an ihre Minderwertigkeit oder den Zustand der Depression, fühlen sich minderwertig und klein und werten sich selber ab, ohne die bewusste Erinnerung daran sich groß und überlegen zu fühlen. Das wahre Selbsterleben ist nicht möglich, da die Betreffenden nicht mit sich im Kontakt sind und immer den Wechsel der beiden Pole, Grandiosität und Depression, erleben. Eigene Wünsche, Bedürfnisse und Gefühle sind unterdrückt und können nicht gelebt werden. Die Annäherung zum wahren Selbsterleben und der Kontakt zu seinem inneren Kind ist meist ist meist mit einer tiefen Verunsicherung verbunden, die Angst und Gefühle der frühen Kindheit hervorruft. „Die Aufgabe des Therapeuten liegt nun darin, dem Patienten zu helfen die „unwillkommenen Gefühle willkommen zu heißen“ ihren Ausdruck zu fördern und Blockierungen zu lösen“. 5 Männlicher Narzissmus Weiblicher Narzissmus Betont die Grandiosität ist in der Minderwertigkeit, Depression und Hilflosigkeit verwurzelt Kampf um Anerkennung und Autonomie, übermäßige Selbstbezogenheit Anerkennung durch Überanpassung männliches Rollenbild weibliches Rollenbild Kompensation der Schwäche durch durch Grandiosität Kompensation der Schwäche durch Überanpassung, Leistung und Attraktivität Distanziert, vorwiegen unempathisch Aufgehen im anderen, empathisches Mitfühlen bis zur Übernahme fremder Gefühle Narzisstisches Wir-Gefühl depressiver „Gefühls-Sumpf“ Negativität Beziehungsablehner (meidend) Beziehungsannehmer (anklammernd) Narzisst Komplementärnarzisst gibt sich nicht auf unterwirft sich Stabilisierung des Selbstwertgefühls durch die Partnerin und ihre Bewunderung Suche nach einem idealisierten Selbst beim Partner und seinen Erfolgen Identifizierung mit dem Idealbild, das die Partnerin von ihm macht Identifikation mit dem Idealselbst des Partners; Partner ist idealisiertes Ersatzselbst sucht Mutterfigur sucht Elternfigur und Halt im Partner, bemuttert Partner Offene Aggressivität, Auflehnung und Abwertung passive Form der Aggressivität, häufig in Form von Verweigerung, Trotz und interner Abwertung Verfolgerposition Opferposition 6 Anhang Der Begriff des „falschen Selbst“ aus Sicht der integrativen Therapie von Dorothea Rahm, Hilka Otte, Susanne Bosse, Hannelore Ruhe-Hollenbach in „Einführung in die integrative Therapie“ wird hier nicht verwendet, da er de Erkenntnissen und Grundüberzeugungen der integrativen Therapie widerspricht. Er enthält immer eine Bewertung. Der Begriff kommt aus der Tiefenpsychologie und meint das überangepasste Selbst. Tiefenpsychologen, wie Alice Miller, gehen davon aus, dass das „falsche Selbst“ das sozialisierte Selbst ist, d.h. durch Anpassung an Rollenerwartungen der Eltern geprägt ist. Im Besonderen durch die Angst des Kindes vor dem Verlassenwerden. Dieses würde bedeuten, dass das „wahre Selbst“ ganz unabhängig von sozialen Einflüssen wäre, bzw. das sich das „wahre Selbst“ hinter einer sozialen Maske verbergen würde. Die integrative Therapie mit ihrem intersubjektiven Ansatz geht davon aus, das der Mensch von Anfang an ein soziales Wesen ist und sich seine Individualität und seine Identität dadurch entwickelt. „Ich werdend am du“ So liegt in der Bezeichnung des „falschen Selbst“ immer eine Bewertung und es stellt sich die Frage nach dem „wahren“ bzw. „richtigen Selbst“. 7