0 INHALT 1 Einleitung................................................................................................................1 1.1 Aufbau der Examensarbeit....................................................................................2 1.2 Anmerkungen zur Form........................................................................................3 2 Die Entwicklung des Denkens und des Handelns beim Kind....................4 2.1 Der Intelligenzbegriff bei Piaget.............................................................................4 2.2 Die vier Entwicklungsstufen nach Piaget................................................................6 2.2.1 Die sensomotorische Stufe............................................................................6 2.2.2 Das voroperatorische Denken.......................................................................7 2.2.3 Das operatorische Denken............................................................................8 2.2.4 Die formalen Operationen.............................................................................9 2.3 Zusammenfassung..................................................................................................9 3 Wie Kinder lernen...............................................................................................11 3.1 Lernen als individuelle Eigenschaft.......................................................................11 3.2 Wege des Lernens................................................................................................13 3.3 Konsequenzen für Schule und Unterricht..............................................................17 3.4 Zusammenfassung................................................................................................18 4 `Lernbehinderungen` - oder `besondere Bedürfnisse`?............................20 4.1 Der Begriff der Lernbehinderung..........................................................................21 4.2 Merkmale abweichenden Lernverhaltens............................................................. .23 4.3 Hemmende (behindernde) Bedingungen................................................................25 4.4 Konsequenzen für einen fördernden Unterricht.....................................................27 4.5 Zusammenfassung................................................................................................29 5 Grundlegende Annahmen..................................................................................30 5.1 Menschenbild/Entwicklung...................................................................................30 5.2 Lernen und sogenannte Lernbehinderung..............................................................30 5.3 Schule..................................................................................................................31 6 Das Konzept der Regional Ökologischen Sachunterrichtssammlung (RÖSA)..................................................................................................................33 6.1 Grundgedanken und Realisierung des Konzepts....................................................34 6.2 Die Handlungsmaterialien.....................................................................................35 6.3 Einsatzmöglichkeiten der Themenkisten im Unterricht..........................................38 6.4 Zusammenfassung................................................................................................39 7 Forschungsmethodische Konzeption...............................................................41 7.1 Persönliche Motivation.........................................................................................41 7.2 Handlungsleitende Fragestellung...........................................................................42 7.3 Forschungskonzept...............................................................................................43 7.3.1 Beobachtungsform.......................................................................................43 7.3.2 Beobachtungssituation.................................................................................45 7.4 Beobachtungs- und Erhebungsinstrumente............................................................48 7.5 Erhebungsbedingungen.........................................................................................50 7.5.1 Untersuchte Schülergruppe.........................................................................50 7.5.2 Beobachtungsort.........................................................................................51 7.5.3 Beobachtungszeitraum................................................................................51 8 Auswertung und Interpretation der Ergebnisse..........................................53 8.1 Ergebnisse: Kriterien der Beobachtung..................................................................53 8.2 Interpretation der Ergebnisse und der Protokolle...................................................59 8.3 Zusammenfassung.................................................................................................65 9 Konsequenzen: Ideen zur Weiterentwicklung der RÖSA unter Berücksichtigung besonderer Lernbedürfnisse..........................................68 9.1 Vorschläge zur Veränderung des Materials...........................................................69 9.2 Vorschlag zur Erweiterung des Konzepts..............................................................71 9.3 Zusammenfassung.................................................................................................75 10 Persönliche Schlußbetrachtung......................................................................76 11 Literatur...............................................................................................................78 Anhang: Materialteil - Protokolle - Kriterien der Beobachtung 1 EINLEITUNG Die Pädagogik hat im Verlauf des letzten Jahrhunderts eine starke Wandlung vollzogen. Die SchülerIn wird heute im Verständnis eines ganz anderen Menschenbildes gesehen: sie ist nicht mehr das unmündige, der LehrerIn untergebene Kind, welches durch Strenge und gezielte Belehrung zu „Gehorsam“ und „Sitte“ erzogen werden muß. Heute stehen Individualität, subjektive Lebenswelten und Autonomie der Lernenden im Vordergrund schulischer Erziehung. Dem Menschen an sich gilt jegliche Aufmerksamkeit, und er soll sich auch in der Schule gemäß seiner natürlichen Entwicklung entfalten können. Der Inhalt schulischer Erziehung darf nicht mehr das „Pauken“ von Wissensstoff und das Lernen leerer Inhalte ohne jeglichen Bezug zum Leben der Kinder sein. Die Didaktik im Jahr 2000 fordert Erfahrung statt Belehrung, Kommunikation und Kooperation statt Einzelkämpfertum, Lebensweltbezug und zukunftsorientiertes Lernen statt abstrakter Inhalte. Veraltete Vorstellungen eines lehrerzentrierten Frontalunterrichts als Ideal, bei dem die SchülerInnen in einer Flut von Arbeitsblättern versinken, sind in den positivsten Fällen dem Postulat des subjektorientierten, problemorientierten, handelnden und selbstverantwortlichen Lernen gewichen. Bedauerlicherweise konnten sich diese idealisierten Vorstellungen heutigen Unterrichts noch nicht völlig durchsetzen. In der Theorie existieren zahlreiche Darstellungen und Konzeptionen für einen handelnden, erfahrungsoffenen und subjektorientierten Unterricht. Diese beziehen sich allerdings hauptsächlich auf den Bereich der Grundschule und schließen die Sonderschule höchst selten in ihre Überlegungen ein. Dabei zeichnet sich insbesondere die Schülerschaft der Sonderschule durch ihre Heterogenität und das Bedürfnis nach individuellen Lernmöglichkeiten aus. Es stellt sich folglich die Frage, wie sich derartige Unterrichtskonzepte für den Unterricht mit SchülerInnen eignen, die als lernschwach oder lernbehindert bezeichnet werden. In dieser Examensarbeit wird ein Konzept handelnden Sachunterrichts in der Beobachtung mit lernschwachen Kindern evaluiert. Es gilt dabei herauszufinden, ob die Kinder dadurch zum Lernen motiviert werden, inwieweit ihren Lernbedürfnissen entsprochen wird und wo mögliche Probleme liegen. 1.1 Aufbau der Examensarbeit Es erscheint wichtig, sich zunächst der natürlichen Entwicklung der Kinder bewußt zu werden. Das zweite Kapitel gibt daher kurz Aufschluß über die Entwicklungsstadien, die ein Kind von der Geburt bis zur Adoleszenz durchläuft. Die Darstellung ist ausschließlich an den Entwicklungsstufen nach PIAGET orientiert. Im dritten Kapitel werden Überlegungen über das Lernen und über die Lernwege von Kindern angestellt, um herauszufinden, welche Art der Unterrichtsgestaltung dem am besten entgegenkommt. Darauf folgend ergibt sich im vierten Kapitel eine kritische Diskussion über den Begriff und die Definition von Lernbehinderungen. Es werden mögliche Ursachen dargestellt, und es wird abgewägt, ob Lernbehinderungen an bestimmten Merkmalen festgemacht werden können. Da es sich hier wiederum um eine Form des Lernens handelt, werden auch wieder Konsequenzen für Schule und Unterricht gezogen. Das fünfte Kapitel soll dazu dienen, die grundlegenden Aussagen aus den Kapiteln Zwei bis Vier für die Bereiche Menschenbild und Entwicklung, Lernen und Lernbehinderung, sowie Schule zusammenzufasssen und noch einmal zu verdeutlichen. Die didaktischen Vorannahmen, die hier diesbezüglich getroffen werden, stellen die wissenschaftliche Grundlage der weiteren Kapitel dar. Es folgt dann in Kapitel Sechs eine ausführliche Darstellung des zu evaluierenden Konzepts der Regional Ökologischen Sachunterrichtssammlung. Im siebten Kapitel wird detaillierten Aufschluß über die forschungsmethodische Konzeption gegeben, die der Evaluation zugrunde liegt. Dabei habe ich es zunächst als wichtig erachtet, meine persönliche Motivation darzustellen. Es folgen die Erklärungen zur Beobachtungsform und Beobachtungssituation, sowie zu den Beobachtungsinstrumenten und den Bedingungen, die sich in der Schule ergeben haben. Der LeserIn soll hier ein genauer Einblick in den theoretischen Hintergrund der Evaluation gegeben werden, um deren wissenschaftlichen Wert sicherzustellen. Das achte Kapitel zeigt zunächst in graphischen Darstellungen die Ergebnisse der Beobachtungskriterien. Daran schließen sich die Interpretationen der Protokolle und der Graphen an. Als Konsequenz aus den Interpretationen, werden im neunten Kapitel Ideen zur Veränderung des RÖSA-Materials und des Konzepts, unter der Berücksichtigung besonderer Lernbedürfnisse, entwickelt. Diese Vorschläge entsprechen meiner persönlichen Vorstellung dessen, wie das (Grundschul-)Konzept RÖSA für den Unterricht mit lernschwachen Kindern, zur Prävention von Lernbehinderungen, verändert werden muß. 1.2 Anmerkungen zur Form Als Anhang sind der Examensarbeit sämtliche Protokolle und Kriterienbögen im Materialteil angefügt. Die Interpretationen aus Kapitel acht sollen somit für die LeserIn nachvollziehbar und transparent werden. Um Diskriminierungen zu umgehen, benutze ich die weibliche Personalform. Das große I verdeutlicht, daß die männliche Form stets eingeschlossen ist. 2 DIE ENTWICKLUNG DES DENKENS UND DES HANDELNS BEIM KIND Um Lernwege und Handlungen von Kindern besser verstehen und einschätzen zu können, ist es sinnvoll, sich zunächst mit der geistigen Entwicklung bei Kindern auseinanderzusetzen. Bei dieser Darstellung werden ausschließlich die Theorien PIAGETS verwendet, da seine Alterseinteilungen der verschiedenen Entwicklungsstufen sich gut auf die Altersklassen in den unterschiedlichen Schulstufen übertragen lassen. Es sollen keine detaillierten Fallbeispiele dargestellt, sondern ein kurzer Überblick zur Orientierung gegeben werden. Der Fokus wird auf die dritte Stufe des kognitiven Entwicklungsstandes, den „konkreten Operationen“, gelegt, die die Lebensjahre sieben bis elf beschreiben und somit den ersten vier Schuljahren eines Kindes entsprechen. Zuvor ist es aber notwendig, den Intelligenzbegriff PIAGETS zu erörtern, da dieser seinen Theorien von Entwicklung zugrunde liegt. 2.1 Der Intelligenzbegriff bei PIAGET Als PIAGET in den Zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts seine Forschungen begann, war der Intelligenzbegriff wenig erforscht und kaum definiert. Er war folglich in seiner Auslegung dessen, was er unter Intelligenz verstand, sehr frei und konnte seine eigene Sichtweise einbringen, die im wesentlichen biologisch ausgerichtet war. Sein Modell der dynamischen Äquilibration beschreibt einen Prozeß der Herstellung von Gleichgewichtszuständen. „... Intelligenz sei `die Gleichgewichtsform, zu der alle kognitiven Strukturen hinstreben`.“(GINSBURG/OPPER 1975, 27). Intelligenz ist für PIAGET die Harmonie zweier Faktoren, Person und Umwelt. Die Umwelt kann dieses Gleichgewicht zerstören, doch die Person ist durch Anpassung in der Lage, die Balance wiederherzustellen. Mit zunehmendem Alter gelingt ihr dies immer besser. Für die später folgenden Betrachtungen von Lernen und handlungsorientiertem Unterricht erscheint eine weitere Definition der Intelligenz nach PIAGET besonders wertvoll. Diese Definition besagt, daß Intelligenz „ein System von lebendigen und aktiven Operationen“ sei. „PIAGETS Interesse gilt der geistigen Aktivität, dem, was die Person in ihrer Interaktion mit der Welt tut. PIAGET glaubt, daß Wissen dem passiven Beobachter unzugänglich bleibt. Kenntnis der Realität muß von der kindlichen Aktivität entdeckt und aufgebaut werden.“ (GINSBURG/OPPER 1975, 28). Er beschreibt die Intelligenz einer Person folglich durch zwei Faktoren: zum einen mit dem Einwirken der Umwelt auf die Person und dem ständigen Herstellen von Gleichgewichtszuständen zwischen Mensch und Umwelt. Zum anderen beschreibt er die aktive Seite des Menschen, der sich sein Wissen nur durch handelndes Auseinandersetzen mit der Welt erschließen kann. GINSBURG/OPPER weisen darauf hin, daß PIAGET die Rolle der Emotionen und individuelle Intelligenzunterschiede zwar anerkennt, aber kaum berücksichtigt (vgl. ebd., 29), was sehr zweifelhaft bei der Beurteilung menschlicher Intelligenz ist. Gerade diese zwei Faktoren spielen in der heutigen Pädagogik eine entscheidende Rolle, um den Bedürfnissen der SchülerInnen gerecht werden zu können. Zu den bekanntesten Bestandteilen der PIAGETschen Theorie gehört die Äquilibration zwischen Assimilation und Akkomodation, da er hier plausibel beschreibt, wie der intelligente Mensch mit seiner Umwelt interagiert und sich dabei ständig weiterentwickelt (vgl. WEMBER 1986, 48). Als Assimilation beschreibt er die Anwendung vorhandener Denk- und Handlungsstrukturen auf neue oder vertraute Probleme. Akkomodation ist die Veränderung und Anpassung der alten Strukturen, um neue Probleme zu lösen und unbekannten Situationen gerecht werden zu können. Die beiden Funktionen sind in jeder Handlung vorhanden. „Assimilation und Akkomodation sind komplementär .... Man assimiliert einen äußeren Umstand beispielsweise in eine Struktur und akkomodiert eine andere Struktur den Erfordernissen der Umwelt. Schließlich strebt der Organismus Gleichgewicht an. Er bemüht sich um eine Balance zwischen seinen Strukturen und den Erfordernissen der Umwelt.“ (GINSBURG/OPPER 1975, 41). Der Intelligenzbegriff bei PIAGET beschreibt intelligentes Verhalten folglich als das Gleichgewicht zwischen Assimilation und Akkomodation. Der Mensch nimmt aktiv Informationen aus der Umwelt auf, indem er vorhandene Strukturen nutzt und gleichzeitig Neues in seine eigenen Strukturen zufügt. Er macht seine Erfahrung, „indem er die erlebte Realität gemäß seinem Kenntnisstand rekonstruiert und interpretiert. Der jeweilige kognitive Entwicklungsstand eines Menschen begrenzt folglich seine assimilativen Möglichkeiten.“ (WEMBER 1986,49). Der kognitive Entwicklungsstand eines Menschen läßt sich nach PIAGET in vier unterschiedliche Stufen einteilen, die im Folgenden beschrieben werden. 2.2 Die vier Entwicklungsstufen nach PIAGET 2.2.1 Die sensomotorische Stufe Die erste Stufe der Entwicklung beschreibt PIAGET als „sensomotorische Stufe“, die die ersten vierundzwanzig Lebensmonate beinhaltet. In dieser Zeit entwickelt sich das zunächst nur auf seine angeborenen Reflexe angewiesene Neugeborene zu einem aktiv mit seiner Umwelt interagierenden Wesen. Besonders hervorzuheben ist hier der Prozeß der Dezentrierung. Der Säugling beginnt sein Leben in einem Zustand, der ihn nicht zwischen selbst und Umwelt unterscheiden läßt. Er ist völlig auf sich zentriert. Dieser Zustand geht im Laufe seiner Entwicklung in ein differenziertes Stadium über, welches ihn zwischen seiner eigenen Person und der Umwelt unterscheiden läßt. Die Entwicklung des Objektbegriffs ist hier das entscheidende Merkmal, denn er begreift nun, daß die Dinge selbständig vorhanden sind. Am Ende der sensomotorischen Stufe kann das Kind Dinge zum Erreichen von Zielen benutzen. PIAGET teilt die sensomotorische Stufe in sechs Stadien ein, die jeweils einen fortgeschritteneren Entwicklungsstand des Kindes beschreiben. Ein Kind muß diese der Reihenfolge nach durchlaufen. Am Ende, in Stadium Sechs, beginnt das Kind symbolisch zu denken. Es kann nun Probleme auf der Vorstellungsebene lösen. Das genaue Alter, in dem die Kinder die Stadien durchlaufen ist individuell verschieden. PIAGET beschreibt die Entwicklung des Säuglings nicht als reinen organischen Reifungsprozeß, sondern ist vom Einfluß der Umwelt überzeugt (vgl. GINSBURG/OPPER 1975, 88 ff). Die Intelligenz des Säuglings ist handlungs- und situationsbezogen. 2.2.2 Das voroperatorische Denken Die zweite Stufe der kognitiven Entwicklung, das „voroperatorische Denken“, bezieht sich nach PIAGET auf das dritte bis siebte Lebensjahr. Hier ist einer der wichtigsten Entwicklungsschritte der Erwerb der Symbolfunktion, die die Fähigkeit beinhaltet, „sensomotorische Handlungen, beobachtete Ereignisse und Objekte zu verinnerlichen und mental zu repräsentieren.“ (WEMBER 1986, 52). PIAGET verwendet die Begriffe Signifikat (z.B. ein Objekt) und Signifikant (z.B. ein Wort), welches das Objekt bezeichnet. Er spricht ab diesem Punkt von Denken, da die Symbolfunktion dem Kind erlaubt, mental mehrere Handlungen zeitgleich auszuführen, Vergangenheit und Zukunft einzubeziehen. Ein weiterer Zugewinn ist in dieser Altersstufe die Entwicklung des Identitätsbegriffs oder qualitative Invarianz. Das Kind kann erkennen, daß die qualitativen Eigenschaften von z.B. Flüssigkeiten, Knete, etc. erhalten bleiben, auch wenn sie ihre Form ändern. Das Denken ist insoweit voroperativ, als daß das Kind noch nicht erkennen kann, daß auch die Masse erhalten bleibt (vgl. WEMBER 1986, 52 f). Das Kind beginnt in dieser Phase, seine ersten Worte zu sprechen, die zunächst eng an seine Handlungen gebunden sind. Seine Sprache bleibt bis zum siebten Lebensjahr stark egozentrisch. Das Kind lebt in seiner eigenen Sprachwelt, die nicht zwingend mit der seiner Kultur einhergeht. PIAGET betont, daß „... das kindliche Denken weniger auf der kindlichen Sprache beruht, als umgekehrt die kindliche Sprache auf dem kindlichen Denken.“ (GINSBURG/OPPER 1975, 111). Bis zu dieser Phase zeigt sich, daß das Kind in einer eigenen Welt denkt und lebt, die stark an Handlungen und einen begrenzten Erfahrungsraum gebunden sind. Dennoch verfügt es über ein ausreichend großes Repertoire, um mit anderen Menschen in Beziehung zu treten. Dies fällt ihm aber mit Erwachsenen leichter, da sie eher die Wünsche des Kindes zu erraten und zu interpretieren bereit sind, als die Gleichaltrigen. Sobald es in den Kindergarten eintritt, muß es sich aber mit einem neuen sozialen Beziehungsgefüge auseinandersetzen, welches ihm mit Eintritt in die Schule eine neue Dimension sozialer Kompetenz und Kommunikationsfähigkeit abverlangt. Sein Denken muß sich weiter dezentrieren. 2.2.3 Das operatorische Denken In dieser Altersstufe beginnt für PIAGET die dritte Entwicklungsstufe, die des „operatorischen Denkens“. Dieses dritte Stadium bezieht sich auf das siebte bis elfte Lebensjahr. Es zeichnet sich durch erste Formen logischen Denkens aus, die sich nach PIAGET am besten durch das Erkennen von Mengeninvarianz begründen lassen. Das Kind erkennt, daß die Menge einer Flüssigkeit erhalten bleibt, auch wenn sich die Form verändert und kann dies auch begründen. Es kann den Vorgang, der zur Formveränderung geführt hat gedanklich zurückverfolgen und diese somit aufheben. Die präoperatorischen Mängel sind folglich überwunden, und das Denken des Kindes ist „mobil, dezentriert, reversibel und weniger konkret.“ (WEMBER 1986, 54). PIAGET beschreibt Operationen als effektive oder interiorisierte Handlungen allgemeinster Art, die auf beliebige Objekte anwendbar, reversibel und in eine Gesamtstruktur integriert sind (vgl. PIAGET 1973, 29 f). Dennoch bleibt das kindliche Denken an konkrete Sachverhalte und sinnlich erfahrbare Situationen gebunden. PIAGET bezeichnet diesen Entwicklungsschritt der konkreten Operationen aber als besonders markant, da das Kind in der Lage ist, anschauliche Probleme durch Handeln logisch zu erklären (vgl. WEMBER 1986, 54 f). Dieser Entwicklungsstand des Kindes ist für meine Ausführungen außerordentlich interessant und wichtig: Hier beweist sich, daß das Kind mit anschaulichen, sinnlich erfahrbaren, konkreten Problemen und Materialien konfrontiert werden muß, um logische Denk- und Problemlöseprozesse bewältigen zu können. Jeglicher, auf mentales Denken beschränkter Unterricht, wie z.B. reiner Frontal- und Arbeitsblattunterricht, überfordert die geistige Leistungsfähigkeit eines Kindes im Grundschulalter, was im folgenden Kapitel über die Lernwege von Kindern noch näher zur Sprache kommen wird. Die Tatsache, daß ein Kind, welches die Grundschule besucht, sich in diesem geistigen Leistungsvermögen befindet, muß als wichtige Tatsache bei den Ausführungen der folgenden Kapitel im Hinterkopf bleiben. 2.2.4 Die formalen Operationen Die letzte Stufe der geistigen Entwicklung im Alter von elf bis fünfzehn Jahren beschreibt PIAGET als „formale Operationen“. Sie beinhalten Aussagen oder Annahmen, die nicht mehr an reale Objekte gebunden sind. Das Denken ist abstrakt und kann Relationen zwischen unterschiedlichen Sachverhalten rein geistig auf ihre Richtigkeit überprüfen, was auch die Bildung von Hypothesen und das Ziehen von Schlußfolgerungen beinhaltet. Diese Überlegungen zum formal-operatorischen Denken wurden laut WEMBER (1986, 56 f) viel kritisiert. Auch PIAGET selbst ist zu der Annahme gekommen, daß die meisten Erwachsenen zu einem hohen Niveau dieses Denkens fähig seien. Dieses Niveau würden sie aber nur in Bereichen großen Interesses und vielseitiger Erfahrungen aktualisieren (vgl. ebd. 1986, 56 f). Die Stufen der geistigen Entwicklung, die PIAGET definiert, liefern einen wichtigen Hintergrund, wenn es darum geht, Kinder in ihrem Lernverhalten zu beobachten und zu beurteilen. Dabei ist es elementar bedeutsam zu bedenken, daß jedes Kind diese Stufen in seinem individuellen Tempo durchläuft und LehrerInnen jedes Kind in seiner eigenen Entwicklung beachten müssen. Es läßt sich kein generelles Urteil über den Entwicklungsstand und somit das Lernvermögen einer Klasse fällen. Jedes Kind benötigt die Anerkennung seines momentanen Entwicklungsstandes, was in offenen und handelnden Unterrichtsformen am besten gewährleistet wird. Das folgende Kapitel wird sich mit dem Lernverhalten von Kindern beschäftigen. 2.3 Zusammenfassung Der Intelligenzbegriff nach PIAGET zeichnet sich durch zwei Faktoren aus: das Einwirken der Umwelt auf den Menschen und das ständige Herstellen von Gleichgewichtszuständen zwischen Mensch und Umwelt. Er beschreibt den Menschen als aktives Wesen, daß sich durch Akkomodations- und Assimilationsvorgänge seine Umwelt zu eigen macht und sich an ihr entwickelt. Intelligentes Verhalten spiegelt sich im Gleichgewicht zwischen Akkomodation und Assimilation wider. Darauf folgt eine Darstellung der vier Entwicklungsstufen, die PIAGET in der Entwicklung des Menschen vom Säugling zum abstrakt denkenden Wesen formuliert. Sie zeigen, wie sich das menschliche Wesen seine Welt als autonomes Selbst erschließt, ohne dabei den entscheidenden Faktor Umwelt außer Acht zu lassen. Der Fokus fällt hierbei auf die Stufe der konkreten Operationen, da diese mit dem Entwicklungsstand eines Grundschulkindes übereinstimmen. Hier zeigt sich, daß das Denken von Kindern in dieser Altersstufe von konkreten Materialien und sinnlich erfahrbaren Handlungen abhängig ist. 3 WIE KINDER LERNEN „Herr Keuner sah die Zeichnung seiner kleinen Nichte an. Sie stellte ein Huhn dar, das über den Hof flog. „Warum hat dein Huhn eigentlich drei Beine?“ fragte Herr Keuner. „Hühner können doch nicht fliegen“, sagte die kleine Künstlerin, „und darum brauchte ich ein drittes Bein zum Abstoßen.“ „Ich bin froh, daß ich gefragt habe“, sagte Herr Keuner. (Bertolt Brecht) Nachdem hier ein Einblick in die Entwicklung des menschlichen Organismus vom reflexgesteuerten Säugling hin zum logisch denkenden Wesen gegeben wurde, ist es im Folgenden eine Grundvoraussetzung zum Beurteilen von Unterrichtskonzepten und zum Initiieren von Lernsituationen im Unterricht, sich der Lernprozesse der Kinder bewußt zu werden. Wenn Lehrende sich nicht darüber im Klaren sind, wie Kinder sich auf natürliche Weise die Welt zu eigen machen und wie kindliche Lernprozesse vollzogen werden, sind sie auch nicht in der Lage, Unterrichtsbedingungen zu schaffen, die den Lernbedürfnissen der Kinder entsprechen. Dadurch fördern sie Lernprobleme, die zu Schulangst und Leistungsversagen führen können. Im folgenden Kapitel werden wichtige Faktoren kindlicher Lernstrukturen dargestellt. 3.1 Lernen als individuelle Eigenschaft Der Prozeß, wie Menschen sich Wissen aneignen, kann allerdings nicht definitorisch auf eine allgemeingültige Aussage beschränkt werden. Versuche, Klassifikationen zu finden, in welche Arten von Lerntypen die Menschen sich einteilen lassen, bleiben wenig aussagekräftig. „Daraus könnte man nun schließen, daß es vielleicht vier oder fünf große Lerngruppen von Menschen gibt: den visuellen Sehtyp, den auditiven Hörtyp, den haptischen Fühltyp, vielleicht noch den verbalen Typ und den Gesprächstyp. Sozusagen die wichtigsten Lerntypen, auf die ein Lehrer in seiner Klasse grundsätzlich eingehen und seinen Unterricht entsprechend einrichten sollte.“ (VESTER 1996, 121). Hier zeigt sich, daß Lernen über viele Sinne geschieht, wobei unterschiedliche Typen unterschiedliche Sinne mehr oder weniger präferieren. Dies ist eine grobe Richtung, die einen Hinweis auf die Vielfältigkeit von Aneignungsprozessen gibt. „Eine große Fragebogenaktion bei Studenten wie auch bei Schülern mit vielen hundert Personen zeigte nun etwas, was wir überhaupt nicht erwartet hatten. Nämlich, daß es ... in einer Klasse mit dreißig Schülern ... beinahe ebensoviele Lerntypen gibt.“ (VESTER 1996, 121). Es fällt schwer, Lernprozesse zu begreifen und verallgemeinernd zu beschreiben, da es keine Regeln der Wirklichkeitsaneignung oder definierbare Lerntypen gibt, die sich auf eine beliebige Schülergruppe anwenden ließen. „Kein kognitives System gleicht dem anderen, und es gibt auch kaum allgemeine Regeln der Wirklichkeitsaneignung .... Jedes Kind organisiert sein Bewußtseinssystem selbst und repräsentiert intern die Wirklichkeit anders.“ (HEMPEL 1999, 4). Lernen ist demzufolge ein individuell vollzogener Prozeß, der durch die subjektive Wahrnehmung des Menschen gesteuert wird. Genau wie sich jeder Mensch individuell entwickelt und eine ganz eigene Persönlichkeit hervorbringt, bildet er damit einhergehend auch eigene Lern- und Handlungsstrukturen aus. Kinder lassen sich demnach nicht in homogene Lerngruppen unterteilen, die gleiche Lerntypen aufweisen. Dazu schreibt BEGEMANN: „Leben und Lernen als unauflösbarer Zusammenhang erfolgt nicht nur individuell, sondern bewirkt die spezifische Ausprägung der jeweils gegenwärtigen psychosomatischen Entwicklung, die wiederum Ausgangspunkt für neue Handlungen ist. Es gilt also nicht eine allgemeine Entwicklung aller Schülerinnen zu kennen, sondern die spezifische Persogenese einer Schülerin in ihrem Lebensraum. Denkentwicklung ist damit identisch zu sehen mit der Lernentwicklung, oder man kann auch sagen, mit der Biographie eines Menschen.“ (BEGEMANN 1996, 266). BEGEMANN weist darauf hin, daß es die Hauptaufgabe einer LehrerIn zu sein hat, sich die individuelle Entwicklung und dadurch bestimmte Lernentwicklung jedes Kindes zu vergegenwärtigen, um daran anknüpfend Lernprozesse initiieren zu können. Die „LernerIn“ gibt es nicht, was zur Folge hat, daß Unterricht so vielseitig wie möglich gestaltet werden muß, damit sich jedes Kind die Dinge aussuchen kann, die seiner Lernstruktur am besten entsprechen. Auch BUNDSCHUH bestätigt diese These: „Wissenschaftliche Erkenntnisse (Konstruktivismus) und praktische Erfahrungen im Zusammenhang mit Lernvorgängen zeigen, daß Lernen individuelles Lernen ist, d.h., das Kind als Subjekt mit seinen ihm eigenen Möglichkeiten in motivationaler, kognitiver, motorischer und sozialer Hinsicht verarbeitet und lernt ganz individuell.“ (BUNDSCHUH 1998, 177). Und in Bezug auf Schule fügt er darauf folgend hinzu, daß die Leistung einer SchülerIn davon abhängig ist, wie sie die Lernangebote in ihr eigenes kognitives System übertragen kann (vgl. ebd., 177). Ein vielfältiges Lernangebot scheint daher elementar wichtig zu sein, um jedem Kind gerecht werden zu können. Dennoch lassen sich Wege beschreiben, wie Kinder sich den Dingen ihrer Umwelt nähern und sich selbstgesteuert Lernprozessen unterziehen. „Unter integrierendem und selbstorganisierendem Lernen verstehen wir eine gute und angstfreie Verarbeitung von Lernangeboten, die als sinnvolles, bedeutsames prozeßhaftes Geschehen zur Erweiterung der Handlungskompetenz und als Bereicherung der Persönlichkeit erfahren werden.“ (BUNDSCHUH 1998, 173). „Lernangebote“ muß hier nicht nur auf Schule bezogen werden. Meiner Einsicht schließt dies die „Lernangebote“ in der natürlichen Umgebung mit ein. Die Ausprägung dieser Lernwege ist aber wiederum individuell verschieden 3.2 Wege des Lernens Eine wichtige Voraussetzung für kindliche Lernaktivität ist ihre natürliche Neugier auf alles, was ihnen fremd und besonders interessant erscheint. Sie wollen Teil haben an der Welt der Erwachsenen und sind begierig darauf, die Dinge der Erwachsenenwelt zu benutzen und ihr Verhalten nachzuahmen. HOLT beschreibt in „Wie Kinder lernen“ seine Beobachtungen über die kleine Lisa, die unbedingt seine Schreibmaschine betätigen will. Dabei schlägt sie aber stets mehrere Tasten gleichzeitig an, so daß diese sich verhaken. Er selbst muß die Tasten dann wieder entwirren. Dieses Spiel wiederholt sich mehrfach, bis HOLT die Tasten einmal verkeilt läßt und Lisa sie plötzlich selbst entwirrt (vgl. HOLT 1971, 12f). Die wichtigen Merkmale in diesem Lernprozeß sind Lisas Neugier, das Ausprobieren der Tastatur, das Beobachten des Erwachsenen, wie er das Problem beseitigt und der spielerische Aspekt, der dem Ganzen zugrunde liegt. Auch HEMPEL betont, wie wichtig es ist, daß Kinder neugierig sind. „Intrinsisch motivierte Lernprozesse werden vor allem dann ausgelöst, wenn sich Kinder aus Neugier, aus Interesse auch wegen äußerer Ansprüche - mit den Dingen dieser Welt selbst handelnd auseinandersetzen.“ (HEMPEL 1999, 3). Damit Kinder die Welt verstehen können, müssen sie ihre Neugier uneingeschränkt befriedigen können, indem sie Dinge ausprobieren, selbst Fehler machen und aus diesen lernen, ihr Handeln zu optimieren. Neugier und Interesse sind der Motor für jeden Lernprozeß. Beides zu wecken ist folglich die Hauptaufgabe jeder LehrerIn. HOLT betont immer wieder, wie wichtig das Spielen für den Bildungsprozeß von Kindern ist, und daß sie aus fast jeder Situation ein Spiel machen können. Sie meistern darin ihre Beziehungen zu anderen Menschen, insbesondere zu Erwachsenen und lernen den Umgang mit ihrer Umwelt, indem sie sie zu ihrer eigenen „Spielwelt“ transformieren. „Dies gilt auch für jenen Prozeß des spielerischen Verstehenlernens der Welt, den wir gewöhnlich den Bildungsprozeß nennen. Auch in einem engeren Sinn wirken Spiele ... bildend. Sie geben dem Kind einen Einblick in den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung; es lernt zu sehen, wie eine Sache zu einer anderen führt. Außerdem tragen sie dazu bei, dem Kind ein Gefühl des eigenen Daseins zu geben und es fühlen zu lassen, daß es auf seine Umgebung einwirken und sie verändern kann.“ (HOLT 1971, 18). Den „Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung“, den HOLT hier erwähnt, beschreibt DEWEY als das eigentliche Element des Lernprozesses, die Erfahrung. „Durch Erfahrung lernen heißt das, was wir den Dingen tun, und das, was wir von ihnen erleiden, nach rückwärts und vorwärts miteinander in Verbindung bringen. Bei dieser Sachlage aber wird das Erfahren zu einem Versuchen, zu einem Experiment mit der Welt zum Zwecke ihrer Erkennung. Das sonst passive Erleiden wird zum „Belehrtwerden“, d.h. zur Erkenntnis des Zusammenhangs der Dinge.“ (DEWEY 1964, 187). Erfahrung ist das Maß aller Dinge für DEWEY, wenn es darum geht, die Phänomene des Lebens und der Umwelt lernend zu begreifen. Voraussetzung dafür ist aber die aktiv handelnde Auseinandersetzung mit den Dingen, hier beschrieben als „Experiment mit der Welt“. Dieses Ausprobieren, alles Anfassen und Experimentieren, bis der Gegenstand erobert wurde, beschreibt auch HOLT immer wieder. Es ist die Grundlage des selbstgesteuerten Lernens bei Kindern. Auch GIEST bringt diese These auf den Punkt, wenn er behauptet, daß „Aktivität ein wesentliches Merkmal allen Lebens“ ist. „Alles, was wir über die Welt wissen, unsere Vorstellungen, Begriffe, die Urteile und Schlüsse, welche wir treffen und ziehen, aber auch die Art und Weise, in der wir uns gegenüber der uns umgebenden Welt und uns selbst verhalten, sind Ergebnisse unserer Aktivität, unseres internen Konstruierens und nur zu einem verschwindend geringen Teil passiv (z.B. durch Reifung) entstanden.“ (GIEST 1999, 28). Er beschreibt Tätigkeit hierbei als zielgerichtete Aktivität, die sich als „System von Handlungen“ darstellt (vgl. ebd., 28). In seiner Argumentation wird noch einmal deutlich, daß Lernen ein aktiver, selbstgesteuerter und individueller Prozeß ist. WÖLL unterscheidet Handeln in instrumentelles und kommunikatives Handeln. Als instrumentell beschreibt er Handlungen, die auf „der Herstellung eindeutiger Ziel - Mittel Relationen“ (WÖLL 1999, 20) beruhen. Die Handlungen sind dann zielgeleitet und an ihrem Ende steht ein feststellbares Ergebnis. Diese Handeln hat im wesentlichen Methodenkompetenz und damit Problemlösefähigkeiten und die Befähigung zu Selbst- und Mitbestimmung zur Folge. Kommunikatives Handeln dagegen bezeichnet „über Verständigungsprozesse geleitete Aktivitäten“ (ebd., 22) deren Ziele nur über Kooperation erreicht werden können. Es hat große Bedeutung bei der Festlegung von Wert- und Normvorstellungen (vgl. ebd., 19f). Beide Handlungsarten spielen beim Lernen in den unterschiedlichsten Bereichen eine große Rolle und sind meiner Meinung nach auch stets parallel vorhanden. Die oben beschriebenen Versuche der kleinen Lisa, die Schreibmaschine zu bedienen, sind, auf dieses Muster angewendet, instrumentelle Handlungen; ihr Bezug zu den Personen dabei aber kommunikativ. Lernen ist also handelnd und kommunizierend, und genau so muß auch Unterricht sein. Ein weiters wichtiges Merkmal für das Lernen der Kinder ist ihre Umwelt. Die ersten Erfahrungen, die Kinder durch tätige Auseinandersetzung mit den Dingen machen, geschehen in ihrer unmittelbaren Umgebung, die sie sich schrittweise erweitern. Der Lebensraum, den Kinder sich nach und nach erschließen, formt ihre subjektiven Deutungsmuster der Welt. Hier liegen ihre persönlichen Erfahrungen, ihre Interessen und Probleme, die sie veranlassen, sich immer wieder neuen Lernprozessen zu stellen. „Kurzum: die `Umgebung` besteht aus denjenigen Umständen, die die charakteristischen Tätigkeiten eines Lebewesens fördern oder hindern, anregen oder unterdrücken.“ (DEWEY 1964, 28). DEWEY bezieht alle menschlichen Handlungen und folglich auch menschliche Erfahrungen auf ihre Umgebung. Er sagt, daß in der wirklichen Umgebung eines Menschen, sobald diese sich ändert, sich auch sein Verhalten ändert (vgl. ebd., 28). Einer Verhaltensänderung liegt immer ein Lernprozeß zugrunde, was beweist, daß die Umgebung wesentlicher Bestandteil des Lernens ist. „Darin steckt die eigentliche Chance, ein Profil herauszubilden in der Auseinandersetzung mit der Umwelt. Aus diesen Erfahrungen gewinnen die Menschen dann ihre Ich-Stärke und Persönlichkeit“ (zit. nach LENZEN in HEMPEL 1999, 5). Die Umgebung formt also die Persönlichkeit eines Menschen, regt seine Lerntätigkeit an oder hindert sie und stellt das Feld menschlicher Erfahrung dar. Für Schule und Unterricht ist es daher elementar bedeutsam, den lebensweltlichen Erfahrungsraum der Kinder zu berücksichtigen. Ihre individuelle Lebenswelt ist die Grundlage ihrer Lernstrukturen und birgt jegliche Vorerfahrungen und Emotionen, die sie mit in die Schule bringen. Schulische Lernprozesse müssen an diese Vorerfahrungen anknüpfen. „... Selbstaneignung durch das lernende Subjekt kann erst dann erfolgversprechend realisiert werden, wenn die lebensweltlichen Erfahrungszusammenhänge in ausreichendem Maße berücksichtigt werden.“ (HEMPEL 1999, 5). 3.3 Konsequenzen für Schule und Unterricht Als Fazit der obigen Darstellung des Lernens der Kinder läßt sich für Schule und Unterricht folgendes ableiten: Unterricht muß die Individualität eines jeden Kindes anerkennen und Möglichkeiten zu einer individuellen an die eigene Biographie anschließenden Entwicklung geben. Es müssen Situationen und Handlungszusammenhänge geschaffen werden, die die Neugier und das Interesse der Kinder wecken und die zur aktiven Auseinandersetzung mit für sie bedeutsamen Problemen anregen. Das selbstgesteuerte Handeln der Kinder steht hierbei im Vordergrund. Dabei sollte viel Freiraum für Formen spielerischen, neugierig entdeckendem forschendem und emotionalen Umgangs mit aktuellen Fragestellungen gegeben werden. Schule muß an die Vorerfahrungen der Kinder anknüpfen und ihre eigene Lebenswelt berücksichtigen. Lernen in der Schule kann also als „lebenssituationsbezogenes, problemzentriertes, Eigenwelterweiterung schülerorientiertes, im subjektiven handelndes, ganzheitliches Erfahrungsbereichen Lernen angedeutet als werden.“ (BEGEMANN 1996, 260). Um aber autonom und selbstgesteuert lernen zu können, muß den Kindern ein vielfältiges Lernangebot bereitgestellt werden. „Selbststeuerung, Autonomie des Lernens ist notwendig an eine vielfältige Ausstattung des Lernfeldes gebunden.“ (SEHRBROCK 1997, 55). So hat jedes Kind die Möglichkeit, sich nach seinen Interessen und Fähigkeiten Wissen anzueignen. Um das Lernen der Kinder den heutigen Bedingungen der medialen Informationsüberflutung anzupassen und zukunftsorientiert zu lehren, ist für Schule und Unterricht die Diskussion des „Lernens durch Lernen des Lernens“ (KAISER 1999, 59ff) entstanden. „Erziehung und Unterricht haben in der Gegenwart und Zukunft vor allem die Aufgabe, den Schüler zu befähigen, sich persönlich in der unendlichen Fülle an Informationen und Möglichkeiten zurechtzufinden. Lernen in der Gegenwart für die Zukunft bedeutet aus dieser Fülle der Informationen jeweils das Lebenswichtige herauszufinden und es sich individuell anzueignen. Lehren ... ist dabei vor allem Einführung, Hinführung und gegebenenfalls Anleitung zum Lernen.“ (BUNDSCHUH 1998, 179). Methoden und Strategien zu entwickeln, die zu selbstgesteuertem Lernen befähigen und die das Lernen damit zukunftsorientiert, dynamisch und effektiver machen, sind heute wichtige Voraussetzungen für offene und handelnde Lernstrukturen. KAISER führt am Beispiel von Sachunterricht Merkmale eines das Lernen des Lernens fördernden Unterrichts auf. Der würde demnach: - auf Kommunikation und Reflexion ausgerichtet sein - den Erwerb von Methoden der Umweltaneignung fördern - eigenaktives Lernen fördern - Metakognition und Selbstreflexion fördern - unterstützen im Erwerb verschiedener Arbeitstechniken - Informationen systematisch zu verarbeiten helfen - komplexe, kognitive Kompetenzen fördern - Lernumgebungen schaffen, die Denken und Lernen fördern - informelles, unvollständig bewußtes nichtsprachliches Lernen und Lernen von Kindern untereinander integrieren (vgl. KAISER 1999, 72). Idealformen von Unterricht würden alle diese Forderungen integrieren, die hier zusammenfassend dargestellt sind, damit das Lernen von Kindern bestmöglich berücksichtigt und die Fähigkeit immer weiter zu lernen, d.h. zukunftsorientiert zu lernen, gefördert wird. Das Konzept der Regional Ökologischen Sachunterrichtssammlung, welches in Kapitel 5 vorgestellt wird, scheint diesen Forderungen angemessen entgegenzukommen. 3.4 Zusammenfassung Es ist nicht möglich, Menschen in homogene Gruppen von Lerntypen einzuteilen. Jeder Mensch bildet, basierend auf seiner persönlichen Entwicklung, individuelle Lernstrukturen aus. Dennoch lassen sich verallgemeinerbare Wege beschreiben, wie Kinder sich Wissen aneignen: Lernen ist ein selbstgesteuerter, durch Neugier intrinsisch motivierter Prozeß. Das Kind eignet sich durch aktives Handeln Wissen über seine Umwelt und deren Wirkungszusammenhänge an. Durch die gemachten Erfahrungen entwickelt es sein Wissen und seine Persönlichkeit. Lernen ist ein kommunikativer Prozeß, der sich in lebensweltlichen Zusammenhängen abspielt. Diese Annahmen von Lernen bringen für Schule und Unterricht weitreichende Konsequenzen mit. Beides muß sich dahingehend orientieren, den Kindern ihre individuellen Lernwege zu ermöglichen, Lebensweltbezug herzustellen und Selbstätigkeit durch handelndes Lernen zu fördern. Zudem ist es heute außerordentlich wichtig, daß Schule auch das Lernen von Lernen fördert, um zukunftsorientiert zu denken. Wenn Lernen ein individueller Prozeß und eine, den Persönlichkeitsstrukturen jedes einzelnen Menschen innewohnende Eigenschaft ist, warum werden manche Menschen dann als lernbehindert bezeichnet? Diese Frage um die Aussagekraft und die Legitimation des Begriffs Lernbehinderung bildet die Grundlage des folgenden Kapitels. 4 `LERNBEHINDERUNGEN`- ODER `BESONDERE BEDÜRFNISSE`? Der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker stellte folgendes fest: „In Wirklichkeit ist eine Behinderung die Art von Verschiedenheit, die benachteiligt wird.“ Die Gesellschaft nimmt sich das Recht zu beurteilen, was diese Verschiedenheit ausmacht, indem sie Lebensweisen, Verhaltensweisen und „So-Seins-Weisen“ festlegt, die als „normal“ gelten. Dies ist problematisch, da solche Normierungen interkulturell, und zum Teil auch innerkulturell sehr verschieden sind. Im Grunde existiert keine feste Definition des „Normalen“, an der eine Andersartigkeit gemessen werden könnte. Insbesondere im Bereich der Lern(behinderten)pädagogik ist dies ein breit diskutiertes Problem. In Kapitel 3 wurde gezeigt, daß die Fähigkeit zu Lernen als individueller Prozeß der Weltaneignung, der an keinem Maßstab festzumachen ist, verstanden werden muß. Wenn es in dem Sinne keine „NormallernerIn“ gibt, wieso werden dann mache SchülerInnen als lernbehindert bezeichnet? Auch im Bereich des Lernens werden gesellschaftliche Maßstäbe gesetzt, die es LehrerInnen, ProfessorInnen, ÄrztInnen, StudentInnen usw. ermöglichen, Kinder auszugrenzen, die diesen Normen angeblich nicht entsprechen. Die Kinder werden in der Folge als lernbehindert eingestuft. Da der Behinderungsbegriff eine „Rollenzuschreibung auf diejenige Person, an welcher der Defekt abgelesen (oder vermutet) wird“ (zit. nach KOBI in BUNDSCHUH 1998, 167) bewirkt, impliziert der Begriff Lernbehinderung, daß es tatsächlich Menschen gibt, die einen Defekt in ihrem Lernverhalten aufweisen. Dies widerspricht der obigen Feststellung über die Individualität des Lernens. In der sonderpädagogischen Literatur wird viel über die Legitimation des Begriffs der Lernbehinderung gestritten. Diese Diskussion und die Darstellung von Ursachen und Erscheinungsformen soll in diesem Kapitel aufgegriffen und überdacht werden. 4.1 Der Begriff der Lernbehinderung Laut derzeitiger Definition „gelten solche Kinder als lernbehindert, die `schwerwiegende, umfängliche und langandauernde Lern- und Leistungsausfälle aufweisen, sowie einen zusätzlichen Rückstand in kognitiven Funktionen oder der sprachlichen Entwicklung oder im Sozialverhalten haben (Verordnung des Landes Nordrhein-Westfalen aus dem Jahre 1995)` “(LAUTH 2000, 21). Auch nach BACH stützt sich die Charakterisierung Lernbehinderter auf drei ähnliche zentrale Begriffe: „umfänglich, schwerwiegend und irreversibel“ (zit. nach BACH in EBERWEIN 1996, 44). Umfänglich meint, daß mehrere Lernbereiche betroffen sind, schwerwiegend bezeichnet den Grad der Intelligenzbeeinträchtigung und irreversibel soll meinen, daß die Störung nicht behebbar ist (vgl. EBERWEIN 1996, 44). Eine solche Definition von Merkmalen erweist sich als problematisch, „denn es existiert weder ein diagnostisches Instrument, das die genannten Faktoren zuverlässig mißt, noch erleichtern sie dem überprüfenden Lehrer die Beurteilung eines Schülers“ (ebd., 44). Zudem sind keine festen Maßstäbe definiert, an denen sie gemessen werden können. Es ist beispielsweise nicht festgelegt, wieviele Lernbereiche betroffen sein müssen, um von einer umfänglichen Lernbeeinträchtigung sprechen zu können und auch die Zeitkategorie erweist sich aufgrund zweifelhafter Meßverfahren und unbekannter Fördermaßnahmen als spekulativ (vgl. ebd. mit TOPSCH, 44). In der Literatur wird bezüglich der drei oben genannten Dimensionen die Unterscheidung zwischen einer Lernbehinderung und einer Lernstörung unternommen. Eine Lernstörung sei „weniger schwerwiegend“, „partiell“ und „vorübergehend“ (SCHRÖDER nach KANTER 1996, 42). SCHRÖDER betont in seiner Darstellung, daß der Behinderungsbegriff aufgrund der prozeßhaften Entwicklung von der Lernstörung zur Lernbehinderung weniger statisch und als Prozeß betrachtet werden kann. LAUTH bezeichnet die Lernbehinderung als eine besonders schwere Form der Lernstörung, die den Kindern dann attestiert wird, wenn sie trotz des von den LehrerInnen als ausreichend erachteten Lernangebots nicht die notwendigen Lernergebnisse erreichen (vgl. LAUTH 2000, 21). Es zeigt sich, daß die unterschiedlichen Begriffe wenig aussagekräftig bleiben, da sie sich unter Umständen auf subjektive Beurteilungskriterien zurückführen lassen. Auch EBERWEIN stellt fest, daß diese begrifflichen Unterscheidungen sehr fragwürdig sind, da es keine diagnostischen Mittel gibt, die „eindeutig und objektiv“ zwischen Behinderung und Störung unterscheiden können. Zudem ist diese Abgrenzung schulpädagogisch irrelevant, da sie weder didaktische, noch therapeutische oder organisatorische Handlungsalternativen bieten (vgl. EBERWEIN 1996, 44). Als Konsequenz daraus, werden in dieser Arbeit unterschiedliche Begriffe wie Lernbeeinträchtigung, Lernbehinderung und Lernschwäche in synonymer Bedeutung benutzt. Es stellt sich folglich die Frage, unter welchen Gesichtspunkten die Personen beschrieben werden können, die unter dem Begriff Lernbehinderte subsumiert werden. Was genau kennzeichnet dieses „lernbehindert sein“? SCHRÖDER weist darauf hin, daß der Begriff „Lernbehinderung“ den SchülerInnen keine allgemeine Lernfähigkeit absprechen will und definiert: „Vielmehr meint `Lernbehinderung` einen Rückstand schulischen Lernens in einem Ausmaß, das von der allgemeinen Schule nicht mehr toleriert und auf einen erträglichen Grad reduziert werden kann.“ (SCHRÖDER 1996, 36). Diese sehr bedenkliche Definition besagt doch aber, daß den SchülerInnen zumindest ihre individuelle Lernfähigkeit abgesprochen wird, indem von der allgemeinen Schule ein Maßstab festgelegt wird. Für diese Norm wird die SchülerIn defektös statt individuell gesehen und als nicht mehr haltbar dargestellt. SCHRÖDER stellt zwar fest, daß man per definitionem nicht genau festlegen könne, wer lernbehindert sei und wer nicht, erachtet aber eine an der Person orientierte Zuschreibung dennoch für legitim (vgl. ebd., 45). BLEIDICK findet in schulorganisatorischer Hinsicht die Beschreibung „lernbehindert ist, wer eine Schule für Lernhilfe besucht“ (BLEIDICK 1995, 106) als zutreffend. Dies bleibt als Antwort auf die Frage, was „Lernbehinderung“ ausmacht, wenig aussagekräftig. Allerdings ließe sich seine Beschreibung als sarkastischen Hinweis darauf deuten, daß erst die Schule für Lernhilfe Lernbehinderung verursacht. Es fällt folglich schwer eine explizite Aussage darüber zu finden, wie sich der Begriff Lernbehinderung inhaltlich charakterisieren läßt. Eine plausible Antwort gibt die Schlußfolgerung EBERWEINS, daß „Lernbehinderung keine Persönlichkeitseigenschaft ist, sondern ein relationales Problem, das nur in bezug zu den Anforderungen der Schule, den Leistungserwartungen und dem Beurteilungsverhalten der Lehrer, ihren Lernarrangements und Toleranzgrenzen richtig interpretiert werden kann. Allein dieser Sachverhalt verbietet es, von dem Lernbehinderten zu sprechen.“ (EBERWEIN 1996, 51). Das Existieren persönlicher Lernwege, Schwierigkeiten im Finden von Lösungswegen und Probleme im Umfeld von Schule sind nicht zu negieren. Wann sie aber zu einer Lernbehinderung werden, wird durch die beurteilenden Personen und Institutionen bestimmt. „So vermag z.B. die Schule über die äußere Bewertung unterschiedlicher Problemlösestrategien in Verbindung mit der alltäglichen Zuschreibung und Etikettierung so etwas wie Behinderung zu produzieren.“ (SEHRBROCK 1997, 68). Von daher fällt es schwer, den Begriff Lernbehinderung definitorisch einem Personenkreis oder einer bestimmten Lernfähigkeit zuzuordnen und er wird so zu einem organisatorischen und „rechtlich-verwaltungsbezogenen“ Begriff (vgl. LAUTH 2000, 21). Schließlich läßt sich feststellen, daß „es keine Lernbehinderung an sich gibt, sie ist keine absolute, sondern eine relative, schulorganisatorische, interaktionistische Bestimmungsgröße.“ (EBERWEIN 1996, 36). Aus Mangel an alternativen Begrifflichkeiten, werde ich die Begriffe Lernbehinderung, Lernbeeinträchtigung und Lernschwäche zur Kennzeichnung der zu beschreibenden SchülerInnen in dieser Arbeit weiter benutzen, sie aber durch Anführungszeichen oder den Zusatz „sogenannte“ einschränken. 4.2 Merkmale „abweichenden Lernverhaltens“ Dem Lernverhalten der als „lernbehindert“ titulierten Kinder werden häufig bestimmte kennzeichnende Merkmale zugeordnet. Diese Merkmale würden meist gehäuft auftreten, so daß die sogenannten Lernbehinderungen sich selten nur in einem Lernbereich äußerten. „Lernbehinderte lernen wesentlich langsamer; sie lernen weniger, haben weniger Kapazität an Merkfähigkeit und Gedächtnis einzusetzen, d.h. sie vergessen schneller; anschaulich konkrete, motorische und bedürfnisorientierte Sachverhalte sind eher zugänglich als abstraktes Begriffslernen; ... der Transfer auf neue und nicht eingefahrene kognitive Inhalte bereitet Schwierigkeiten.“ (BLEIDICK 1995, 113). Dies seien laut BLEIDICK die „Leitmerkmale“, zu denen sich weitere „Begleitmerkmale“, wie z.B. „reduzierte Sprachleistungen, weniger gegliederte Wahrnehmungs- und Vorstellungsfähigkeit, Konzentrationsablenkung, Instabilität und geringe Differenzierung des Gefühls- und Willenslebens“ (ebd., 113) u.v.m. gesellen würden. Auch bei KANTER (1973) und bei SCHRÖDER (1996) finden sich Aufzählungen, die ähnliche Merkmale des Lernverhaltens „Lernbehinderter“ beschreiben sollen. Diese gleichen einem Katalog negativer Zuschreibungen, die auf einen im Kind befindlichen Defekt zurückgeführt werden. Sie sind, so scheint es, bei jedem „lernbehinderten“ Kind in irgendeiner Form feststellbar. Wenn eine LehrerIn mit diesen vorgefertigten, negativen Erwartungen der SchülerIn entgegentritt, wird sie entsprechend „negatives“ Lernverhalten feststellen können. Da Lernen, wie in Kapitel 3 festgestellt, nicht einer allgemeinen Lernfähigkeit unterliegt, ist es problematisch Merkmale negativen Lernverhaltens beschreiben zu wollen. BEGEMANN stellt diesbezüglich fest, daß es „kein spezifisches Lernverhalten `Lernbehinderter`“ gibt (BEGEMANN 1996, 269). Statt dessen betont er, daß sich jede SchülerIn in einer individuell unterschiedlichen Lebens- und Lernsituation mit vielfältigen fördernden oder hemmenden Bedingungen befindet. Aufgrund dessen ergeben sich für jede Situation und für jede Aufgabe spezifische Vorgehensweisen, Lernwege und auch Schwierigkeiten. „Da sich das Lernen, die Aktivitäten und Lebensformen, die Auseinandersetzung und die Teilnahme an Umwelt und Mitwelt in der Persogenese manifestieren, sind die sogenannten Lernbehinderten als individuell spezifisch `Geprägte` bzw. Lern- und Handlungsfähige zu sehen.“ (ebd., 269). Die Zuschreibung der obengenannten Merkmale wird demnach hinfällig, was zur Folge hat, daß „eine präzise und sichere Diagnose und Prognose der Lernbehinderten ... kaum möglich ist.“ (ebd., 1973, 137). 4.3 Hemmende (behindernde) Bedingungen Um einer defizitorientierten Zuschreibung am Kind entgegenzuwirken, ist es im folgenden notwendig, sich der äußeren Lebensbedingungen sogenannter Lernbehinderter bewußt zu werden. Es liegt nahe zu vermuten, daß diese eher hemmende Wirkung haben. BUNDSCHUH sieht die Ursachen von „Lernbehinderung“ zum einen im Zusammenhang mit ungünstigen Milieueinflüssen, „die sich im physisch-gesundheitlichen Bereich wie Ernährung, mangelnder Vorsorgeuntersuchung, in sozialen Prozessen (Erziehungspraktiken, ungünstige Vorbilder), beim Spracherwerb und bei der Entwicklung der Wahrnehmung in negativer Weise auswirken“. (BUNDSCHUH 1998, 166). Er weist darauf hin, daß die Behinderung nicht im Kind, sondern in beeinträchtigten Erziehungsverhältnissen liegt. Bereits eine schlechte emotionale Beziehung zwischen Eltern und Kind reicht als Ursache aus. Als weiteren Faktor, der das Entstehen sogenannter Lernbehinderungen fördert, führt er das Schulsystem an (vgl. ebd., 168). BLEIDICK kommt dem nach und unterscheidet fünf Bereiche, die hinsichtlich der (Lern-) Entwicklung hemmend wirken können: 1. Die primäre soziale Umwelt: sie meint das Elternhaus, wo Fehlerziehung, ob durch Überbehütung, Vernachlässigung, zu harte oder zu seichte Erziehungspraktiken, fehlendes Vertrauen usw., schon zu „Lernbeeinträchtigungen“ führen kann. 2. Die soziokulturelle Umwelt: sie beschreibt das „geistige Klima“ des Elternhauses. Das Lern- und Leistungsverhalten der Kinder ist immer vom intellektuellen Anregungspotential, der Leistungsmotivation, der Leistungsmotivation durch die Eltern und deren Sprachgebrauch, Spielangebot usw. abhängig. Er weist darauf hin, daß es in dieser Hinsicht große Unterschiede gibt, wobei Kinder der Unterschicht eindeutig benachteiligt werden. 3. Die sozioökonomischen Bedingungen gelten hierfür oft als Voraussetzung. Der größte Teil der „Lernbehinderten“ SchülerInnen stammt aus Unterschichten, deren Merkmale unter anderem niedriges Einkommen, niedriger Berufsstatus der Väter, kleine Wohnungen, große Anzahl von Geschwistern usw. sind. Auch SCHRÖDER (1996) und BEGEMANN (1984), die in diesem Zusammenhang von sozio-kultureller Benachteiligung sprechen, nennen diese als ausschlaggebende Faktoren. BLEIDICK weist aber darauf hin, daß viele Kinder aus unteren Schichten auch in der Hauptschule verbleiben und es demzufolge zusätzliche Belastungsmomente geben muß, die hindernde Auswirkung haben. 4. Soziale Zuschreibungsprozesse: dieser Bereich meint Etikettierungen, die durch Attribute wie dumm faul, unaufmerksam usw. „Lernbehinderungen“ verursachen können. Die sogenannte Lernbehinderung entsteht, wenn Kindern solche Eigenschaften zugesprochen werden, da sie der damit verbundenen Erwartungshaltung oft gerecht werden. Am Ende dieses stigmatisierenden 2 Prozesses steht häufig die Sonderschule. 5. Gesellschaftliche Rahmenbedingungen: Die Normen der Gesundheits- und Leistungsgesellschaft sind für Kinder, die als „lernbehindert“ gelten, besonders schwer zu ertragen. Sie haben ein geringes Sozialprestige und erfahren oft Ablehnung, weil sie allgemein als wenig leistungsfähig angesehen werden (vgl. BLEIDICK 1995, 108 ff). Es läßt sich annehmen, daß bei sogenannten lernbehinderten Kindern, mehrere dieser Faktoren aufeinandertreffen. Als Konsequenz ergibt sich, daß es ihnen aufgrund der hemmenden äußeren Bedingungen sehr schwer gemacht wird, ein positives Selbstbild zu entwickeln. Die negative Selbsteinschätzung wiederum kann stark hemmende Wirkung auf 2 „Zuschreibung negativer Eigenschaften aufgrund eines Merkmals“ (THIMM 1994, 58) das aktive Lernverhalten der Kinder haben. Die Schule muß Mittel und Wege finden, wie sie die Kinder wieder zu einer positiven Bewußtseinshaltung gegenüber sich selbst motivieren kann. Wie auf Seite 25 bereits kurz erwähnt, spielt die Schule in der Betrachtung hemmender Bedingungen selbst eine wesentliche Rolle. Das Schulsystem setzt eine DurchschnittsschülerIn voraus, statt die individuellen Lernvoraussetzungen der Kinder zu beachten. Somit wird zugleich eine menschliche Normalentwicklung unterstellt (vgl. BEGEMANN 1973, 138). Für diese DurchschnittsschülerIn wird Frontalunterricht als passende Unterrichtsmethode praktiziert. „Aber gerade herkömmlicher Unterricht, der noch immer an vielen Grund- und Hauptschulen in Frontalform praktiziert wird, wirkt sich auf das Lernen der Kinder behindernd aus.“ (BUNDSCHUH 1998, 172). Viele Kinder werden permanent überfordert und finden keinen Zugang zu den Unterrichtsinhalten. Infolgedessen empfinden sie sich selbst als „schlecht“, was Schulangst, Unmotiviertheit und letztendlich das Scheitern am Schulsystem mit sich bringt. „Lernbehinderung ist gebrochener Stolz. Lernbehinderung hat mit mangelnder Intelligenz nichts zu tun. Lernbehinderung ist die Erfahrung von Isolation und Einsamkeit, aus der sich kein Kind selbst befreien kann.“ (MANSKE 1996, 161). Da sich der Intelligenzquotient als Maßstab und Ursache von „Lernbehinderungen“ laut BEGEMANN (1973), EBERWEIN (1973), MANSKE (1996) u.a. als hinfällig erwiesen hat, werde ich nicht weiter auf diesen Aspekt eingehen. 4.4 Konsequenzen für einen fördernden Unterricht Schule muß es sich zur Aufgabe machen, sogenannten Lernbehinderungen entgegenzuwirken, bzw. sie erst gar nicht zu produzieren. LehrerInnen stehen in der Pflicht, einen Unterricht zu gestalten, der ein ausreichend großes und differenziertes Lernangebot bereitstellt, und somit Lernwege und individuelle Zugangsweisen für alle SchülerInnen eröffnet. Auf der UNESCO-Weltkonferenz 1994 in Salamanca mit dem Thema „Pädagogik für besondere Bedürfnisse“ wurde eine Erklärung zur schulischen Integration von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen verfaßt. Dort heißt es unter anderem: „Wir glauben und erklären, daß jedes Kind einmalige Eigenschaften, Interessen, Fähigkeiten und Lernbedürfnisse hat daß jene mit besonderen Bedürfnissen Zugang zu regulären Schulen haben müssen, die sie mit einer kindzentrierten Pädagogik, die ihren Bedürfnissen gerecht werden kann, aufnehmen sollen“ (SALAMANCA-Erklärung 1994). Wenn die Schule ein Ort wird, der diesen Forderungen nachkommt, indem jedem Kind individuelle Lernwege zugestanden werden und der Mensch im Mittelpunkt jeglicher Überlegungen steht, muß es nicht mehr zu einer Negativbeurteilung im Sinne einer „Lernbehinderung“ kommen. „Die Repräsentanten der Lernbehindertenpädagogik sollten deshalb Kinder, die normierten Lebenserwartungen nicht entsprechen, nicht länger in unpädagogischer und inhumaner Weise als `Behinderte` etikettieren und diffamieren, sondern die Zivilcourage und das Verantwortungsbewußtsein zum Umdenken aufbringen und eingestehen, daß das lernbehindertenpädagogische System vom Ansatz her falsch ist. Es stellt eine vergangene Epoche wissenschaftlichen Denkens und schulpraktischen Handelns dar.“ (EBERWEIN 1996, 13). Die Anerkennung der besonderen (Lern-)bedürfnisse wird dann gemäß der SALAMANCA-Erklärung zum zentralen Faktor einer Pädagogik für alle. Es ist die Aufgabe jeder LehrerIn, sich der Lebensbedingungen, des Entwicklungsstandes und des Erfahrungsschatzes jeder SchülerIn bewußt zu werden und demzufolge einen Unterricht zu gestalten, der individuelle Handlungsalternativen bietet. BUNDSCHUH beschreibt sieben Schwerpunkte, die Lernen auch unter behindernden Bedingungen und unter der Berücksichtigung von Kindorientierung und Selbstorganisation ermöglichen: weitgehend individuelle Gestaltung des Förderangebots dem Entwicklungsstand und dem Lerntempo einzelner Kinder entsprechend, Über- und Unterforderung vermeiden, Fördersituationen suchen, die dem täglichen Leben entspringen, Gestaltung von Förderprozessen, die kindlichen Grundbedürfnissen wie Emotionalität, Beziehung, Bewegung und Wahrnehmung entsprechen, Förderangebote, die Neugierde wecken und der Neugierde entsprechen, wobei erstrebenswerte Handlungsziele und interessante Angebote den Erfolg fördern, Spielraum für Eigenaktivität und zur Entfaltung von Kreativität und Phantasie, Förder- und Lernangebote in ganzheitliche, spielerische Prozesse integrieren, Flexibilität der PädagogIn; die Fähigkeit, momentane Bedürfnisse der Kinder zu erkennen und in den Förderprozess einzubeziehen (vgl. BUNDSCHUH 1998, 178). Der Begriff „Fördern“ kann hier auch immer durch „Lernen“ ersetzt werden. Die konsequente Beachtung dieser Punkte bei der Gestaltung von Unterrichtsprozessen, bedeutet die Umsetzung der SALAMANCA-Erklärung hin zu einer „Pädagogik für besondere Bedürfnisse“. 4.5 Zusammenfassung Der Versuch, den Begriff „Lernbehinderung“ inhaltlich zu bestimmen, erweist sich als problematisch, da es keine diagnostisch feststellbaren Beschreibungsmerkmale gibt. Diese Tatsache verbietet es, dem Menschen eine sogenannte Lernbehinderung in Form eines Defekts zuzuschreiben. Dies hat zur Folge, daß nicht von „der Lernbehinderten“ gesprochen werden kann. Das, was „Lernbehinderung“ meint, stellt sich als ein relationales Problem dar, welches nur bezüglich der Anforderungen von Schule, Leistungserwartungen, Lernangeboten und damit verbundenen Beurteilungen von LehrerInnen usw. interpretiert werden kann. Der Begriff „Lernbehinderung“ wird zur schulorganisatorischen Größe. In der Annahme, daß jeder Mensch individuelle Lernstrukturen ausbildet, erweist es sich als problematisch, den als „lernbehindert“ bezeichneten Menschen Merkmale spezifischen Lernverhaltens zuordnen zu wollen. Dies würde das Existieren einer „NormalschülerIn“ voraussetzen. Infolgedessen ist es bedeutsam, den Menschen als individuell spezifisch geprägt in seinem Lern- und Handlungsverhalten zu betrachten. Dabei spielt die Beachtung der äußeren Bedingungen, denen die SchülerInnen ausgesetzt sind, eine zentrale Rolle. In der häuslichen Umgebung sowie in Schule lassen sich häufig Probleme ausmachen, die hemmende Wirkung auf das Lernverhalten der Kinder haben. Die Schule steht in der Pflicht anzuerkennen, daß die Kinder besondere Bedürfnisse bezüglich des Lernens und des Unterrichts haben, und diese zu befriedigen. Eine Pädagogik der besonderen Bedürfnisse wird so zu einer Pädagogik für alle Kinder, ohne die stigmatisierende Zuschreibung einer „Lernbehinderung“. Individuell ausgerichteter, handlungsorientierter, lebensnaher, bedürfnisorientierter Unterricht kann diesen Forderungen nachkommen. eigenaktiver und Im folgenden Kapitel wird die Regional Ökologische Sachunterrichtssammlung als ein Konzept handlungsorientierten Sachunterrichts vorgestellt. 5 GRUNDLEGENDE ANNAHMEN Es folgen hier grundlegende Annahmen bezüglich Menschenbild, Entwicklung, Lernen und sogenannte Lernbehinderung sowie Schule, die sich aus den bisherigen Kapiteln ergeben. Diese Offenlegung der didaktischen Vorannahmen erscheint notwendig, um auch im Folgenden wissenschaftlich diskursfähige Aussagen treffen zu können. Der besseren Übersicht halber werden diese Grundannahmen stichpunktartig aufgeführt: 5.1 Menschenbild/ Entwicklung Der Mensch ist ein autonomes Wesen. Seine Entwicklung verläuft selbstgesteuert in der aktiven Auseinandersetzung mit seiner Umwelt. Dies ist ein wechselseitiger Prozeß. Jeder Mensch entwickelt sich individuell und bringt dabei eine individuelle Persönlichkeit hervor, die es jederzeit zu respektieren gilt (vgl. Artikel 1 GG: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“). Jeder Mensch hat eine subjektive Weltsicht und einen eigenen Erfahrungsschatz. Jeder Mensch hat individuelle Bedürfnisse, deren Befriedigung sein Leben für ihn lebenswert machen. Diese gilt es zu achten und nicht zu unterbinden. Ein Kind in der Grundschule befindet sich im Entwicklungsstadium des „operatorischen Denkens“ (nach PIAGET, vgl. Kapitel 2). Gebunden an konkrete, sinnlich erfahrbare Sachverhalte, kann es Probleme logisch bedenken und erklären. 5.2 Lernen und sogenannte Lernbehinderung Lernen ist ein individueller Prozeß, der durch die subjektive Wahrnehmung der Umgebung gesteuert wird und für den es keine allgemein gültigen Regeln gibt. Da es keinen allgemeinen „Lern-Maßstab“ gibt, ist es problematisch, einen Menschen als „lernbehindert“ zu bezeichnen. Jedes Kind ist ein eigenständiger Lerner und sucht sich die Lerninhalte gemäß seiner Lernstruktur in Anbindung an seine Vorerfahrungen und seine Bedürfnisse. Neugier und Interesse, d.h. intrinsische Motivation, sind Voraussetzungen für jeden Lernprozeß. Lernen geschieht über die handelnde Auseinandersetzung mit Problemen und Sachverhalten. Die Umgebung beeinflußt die Handlungen und somit das Lernen in fördernder oder hemmender Hinsicht. Sogenannte lernbehinderte Kinder sind häufig eher hemmenden Umweltbedingungen ausgesetzt, die sie im Aufbau von Persönlichkeits- und Lernstrukturen beeinflussen. Diese lassen sich nicht an äußeren Merkmalen festmachen. Lernen ist kommunikativ und geschieht in lebensweltlichen Erfahrungszusammenhängen. Lernen ist nicht eindimensional, sondern geschieht über verschiedene Kanäle und Zugangsweisen, die es im Unterricht zu berücksichtigen gilt. 5.3 Schule Die Schule muß die Individualität jedes Kindes anerkennen und das Subjekt in den Mittelpunkt jeglicher Überlegungen stellen. Die Schule verursacht Lernprobleme und hat die Aufgabe, sich so zu verändern, daß sie jedem Kind mit seinen individuellen Lernbedürfnissen gerecht wird. Die Schule hat nicht das Recht zur Selektion, sondern muß mit kindzentrierter Pädagogik Lernwege für alle eröffnen. Die Schule muß ein ausreichend großes Lernangebot bereitstellen, das die Neugier und das Interesse der Kinder weckt und ihnen eine selbstgesteuerte, handlungsbezogene Auseinandersetzung mit dem Lerninhalt ermöglicht. Das Handeln der Kinder und der damit verbundene Zugewinn an Erfahrung ist elementar. Die Schule muß die Lebenswelt der Kinder mit einbeziehen. Die Schule muß Methodenkompetenz und selbstreflexive Kompetenzen fördern. Die Schule muß kindlichen Grundbedürfnissen nach Emotionalität, Beziehung, Wahrnehmung und Bewegung entsprechen. Die Schule muß genügend Freiraum zur Selbstentfaltung bieten. LehrerInnen müssen jedes Kind in seinem derzeitigen Entwicklungsstand, seiner emotionalen Lage und seiner Lebenswirklichkeit erkennen und berücksichtigen. Diese Feststellungen und Forderungen erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Zudem erscheint es sehr schwierig, immer alle genannten Aspekte bei unterrichtsdidaktischen und methodischen Überlegungen zu beherzigen. Sie stellen eine Zusammenfassung der bisherigen Ausführungen und die Offenlegung der didaktischen Vorannahmen für die weiteren Kapitel dar. Dennoch sollten sie verantwortungsbewußter PädagogInnen vorhanden sein. m.E. jederzeit im Hinterkopf 6 DAS KONZEPT DER REGIONAL ÖKOLOGISCHEN SACHUNTERRICHTSSAMMLUNG (RÖSA) „Tell me and I will forget, show me and maybe I will remember, involve me - and I will learn.“ (Indianische Weisheit) Die RÖSA ist ein Konzept für handelnden Sachunterricht. Hier werden die in Kapitel 5 formulierten Hypothesen über Lernen und Unterricht bestmöglich in einem Unterrichtskonzept zu verwirklichen versucht. Die Initiatorin dieses Konzepts zukünftigen Sachunterrichts, und meines Erachtens auch zukünftigen Unterrichts, Frau Prof. Dr. ASTRID KAISER, legt folgende Forderungen zugrunde: „Sachunterricht der Zukunft soll auch durch konkret veränderndes Handeln auf die sich verändernde Gesellschaft vorbereiten, die Vielfalt der Kinder berücksichtigen und vielfältige, nicht nur kognitive Handlungszugänge ermöglichen. Er soll aktives, entdeckendes Fragen der Kinder fördern. Nur in dieser Kombination von konkret sinnlich faßbaren Objekten, handelndem Umgang und vielfältigen Zugangsweisen ist Sachunterricht gleichzeitig auch geeignet für den gemeinsamen Unterricht behinderter und nichtbehinderter Kinder.“ (KAISER 1996, 172). Im Bezug auf Unterricht sind diese Annahmen mit meinen eigenen aus Kapitel 5 vergleichbar. Zudem verweist KAISER darauf, daß ein Unterricht, der an konkrete Materialien gebunden ist, handelnden Umgang ermöglicht und durch vielfältige Zugangsweisen den (Lern)Bedürfnissen aller Kinder gerecht werden kann. Im folgenden werde ich das Konzept der RÖSA darstellen und aufzeigen, wie es solche Forderungen zu realisieren versucht. 6.1 Grundgedanken und Realisierung des Konzepts Der Grundgedanke, der dem Konzept RÖSA zugrunde liegt, ist es, eine gegenwarts- und zukunftsorientierte Didaktik zu schaffen. Anstelle von Schulbüchern und Arbeitsblättern, die im Idealfall völlig aus dem Klassenzimmer verbannt werden, sollen den Lernmöglichkeiten der Kinder adäquatere didaktische Anregungen zur Verfügung gestellt werden. Lernen soll nicht über rein kognitive Zugänge geschehen, sondern, gemäß des Entwicklungsstadiums der „konkreten Operationen“, durch aktives Handeln und individuelle Erfahrung. Die Kinder sollen sich als Person angesprochen fühlen und über eigenes Entdecken und Problematisieren ihren Erfahrungshorizont erweitern. Hierbei soll auch die Kreativität der Kinder durch ästhetisches und phantasievolles Herangehen an Inhalte und die unmittelbare sinnliche Erfahrung durch eigenes Erleben berücksichtigt werden (vgl. KAISER 1998, 3). Um also einen möglichst vielfältigen, handlungsorientierten Sachunterricht gestalten zu können, bedarf es einer Vielzahl an Materialien und Ideen. Seit 1994 werden in der Sachunterrichtslernwerkstatt an der Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg Handlungsmaterialien zu vielen verschiedenen Sachunterrichtsthemen von Studierenden hergestellt, in themenspezifischen Kisten geordnet und für die LehrerInnen, StudentInnen und LehramtsanwärterInnen der Umgebung zum Ausleihen angeboten. Neben der Entwicklung, der Herstellung und dem Verleih der Themenkisten, bietet die Lernwerkstatt auch Fortbildungen und Workshops an. Die RÖSA intendiert nicht, den LehrerInnen eine Möglichkeit zum Konsumieren von Unterrichtsmaterial zu bieten, wobei dieser Eindruck schnell entstehen kann. Letztlich liegt es in der Eigenverantwortung der LehrerIn, die Materialien im Hinblick auf ihre SchülerInnen zu bewerten und zu selektieren. Die RÖSA gibt keine fertig konzipierte Unterrichtsplanung im Klassensatzformat aus, sondern Ideen und Beispiele, wie handlungsorientierte, selbstgesteuerte Lernprozesse initiiert werden können. Die Kisten mit fertigen Materialien sollen eine Zeitersparnis für die LehrerInnen bewirken, damit sie eher bereit sind, sich den Anforderungen eines vielfältigen, handlungsorientierten und offenen Unterrichts zu stellen. Der Werkstattcharakter des Konzepts zeichnet sich dadurch aus, daß die Themenkisten niemals fertig sind. Die Themen werden stets durch weitere Handlungsmaterialien, ob von StudentInnen, LehrerInnen oder SchülerInnen selbst, ergänzt und weiterentwickelt. Das Wort „Regional“ im Namen des Konzepts bezieht sich auf die Idee, daß die Schulklassen der Region ihre Ergebnisse untereinander austauschen, durch das Kinder-Fragen-Buch (vgl. 6.2), Klassenkorrespondenz, Fotos und vieles mehr. Stadtkinder kommen bei manchen Themen, z.B. Frühling oder Schnecken, zu ganz anderen Erkenntnissen als Kinder die in einer sehr ländlichen Gegend aufgewachsen sind. Auf diesem Weg wird den Kindern das unterschiedliche Verstehen von Welt, die „Relativität des eigenen Wissens“, die verschiedenen Lebensbedingungen der anderen Kinder und die Bedeutung von Kommunikation bewußt (vgl. KAISER 1996, 172 f). 6.2 Die Handlungsmaterialien Wie sich schon herauskristallisiert hat, stellen die Handlungsmaterialien den Mittelpunkt des RÖSA-Konzepts dar. Sie werden hauptsächlich von Studierenden aus sogenannten „BeinaheMüll-Objekten“, d.h. Gegenständen, die eigentlich weggeworfen werden sollen, hier aber noch verwendet werden können, hergestellt. Diese stammen häufig aus der Natur, dem privaten Haushalt oder sind im Handel oder Fabriken als Abfall angefallen, so z.B. Filmdosen, Spiegelreste, alte Fahrradklingeln, alte Brillen, usw. „Für Kinder wird dabei der schonende Umgang mit Ressourcen sinnfällig klar. Ökologisches Lernen wird somit generell als Unterrichtsprinzip gefördert, ohne das Thema des vorsichtigen Umgangs mit Rohstoffen direkt thematisieren zu müssen.“ (KAISER 1996, 171). Durch das Material wird versucht, möglichst viele Aspekte eines Themas zu beleuchten, große Phänomene klein darzustellen und den Kindern durch einen persönlichen Umgang, Zugang zum jeweiligen Thema zu verschaffen. Da der Unterricht vieldimensional gestaltet werden soll, um den Bedürfnissen aller Kinder entgegenzukommen, werden die Materialien unter dem Gesichtspunkt folgender Funktionen hergestellt: spielerisches Üben Informationsvermittlung Veranschaulichung kooperatives Lernen selbständiges Lernen entdeckendes Lernen forschendes Lernen subjektive Bedeutung erschließen Kreativitätsförderung mit allen Sinnen lernen Erschließen ästhetischer Bedeutungsdimension mehrperspektivisches Lernen veränderndes Handeln im Schulleben veränderndes Handeln im Schulumfeld veränderndes Handeln im Ort/ in der Region (vgl. KAISER 1999, 2). Nicht jedes Thema kann alle Funktionen erfüllen, dennoch wird darauf geachtet, die Themenkisten mit Materialien zu bestücken, die einen differenzierten und mehrperspektivischen Zugang zum Thema ermöglichen. Den Materialien sind Handlungsanweisungen beigefügt, welche den Kindern das Material fragend, anregend oder auffordernd nahebringen. Sie enthalten Erklärungen zu den Versuchen, Spielregeln oder Aufgabenstellungen, damit die Kinder sinnvoll und zielgerichtet mit den Handlungsmaterialien umgehen können. Hier ließe sich bemängeln, daß den Kindern auf diese Weise ein Teil ihrer Eigenständigkeit abgesprochen wird, weil die Materialien zu stark vorbereitet sind und immer genau eine Handlungsmöglichkeit eröffnen. Es liegt aber in der Hand der LehrerIn, die Handlungsanweisungen als Anregung zu verstehen und diese mit den Kindern im Unterricht kreativ weiterzuentwickeln. Bei vielen Experimenten ist eine genaue Beschreibung auch häufig notwendig. Zudem ist das Konzept offen gegenüber eigenen Handlungsideen der Kinder. Das vielfältige Lernangebot bietet den Kindern genügend Alternativen, um sich die für sie interessant und sinnvoll erscheinenden Materialien auszusuchen und fördert somit selbstgesteuerte Lernprozesse. Die Themenkisten enthalten folgende Teile: 1.) Konkrete Handlungsmaterialien: Dies können biologische oder physikalische Experimente (forschend/entdeckend; veranschaulichend), Partner- oder Gruppenspiele, Memories oder Legespiele, Theater- und Rollenspiele (Kooperation), Fotos und selbstgebaute Musikinstrumente, Kassetten, Riech-, Hör- und Fühlspiele (ästhetisch; mit allen Sinnen), Ideen zum Basteln, Bauen, Schreiben, Kneten oder Malen (Kreativ) sein. 2.) Kinderkartei: Diese beinhaltet Geschichten, Lieder, Gedichte, Rezepte, Ideen für weitere Versuche oder thematische Zusammenhänge, die bei den konkreten Materialien möglicherweise nicht berücksichtigt wurden. Die Kinder erhalten hier ein differenziertes Angebot, selbständig Inhalte zum Thema in handelnde Auseinandersetzungsformen zu transformieren und sind nicht ausschließlich an die vorgegebenen Materialien gebunden. 3.) Kinder-Fragen-Buch/LehrerInnen-Kommentare-Buch: Hier können die Kinder ihre eigenen Fragen und Gedanken zum Thema notieren. Die LehrerInnen und Studierenden haben so die Möglichkeit, die Interessen der Kinder einschätzen und verwirklichen zu können. Es dient außerdem dazu, die eigenen Ergebnisse und Interessen mit denen anderer Klassen zu vergleichen. Das Kinder-Fragen-Buch leistet also einen Beitrag zu kommunikativen Strukturen im Sachunterricht. Auf der anderen Seite des Buches haben die LehrerInnen die Gelegenheit, das Material und die Arbeit mit der Kiste zu kommentieren und der RÖSA so weitere Anregungen zukommen zu lassen. 4.) LehrerInnenkartei: Darin sind Sachinformationen und Hintergrundwissen zum Thema, Arbeitsanregungen, Ideen für Exkursionen, Hinweise auf Filme usw. und didaktische Informationen enthalten. 5.) Bücher: Die Kisten enthalten unterschiedliche Kinder- und Sachbücher zu den einzelnen Themen. Sie bieten weitere Anregungen, Möglichkeiten, sich zurückzuziehen Diskussionsanlässe und Antworten auf Fragen und Unklarheiten, z.B. bei den Experimenten. 6.3 Einsatzmöglichkeiten der Themenkisten im Unterricht Das vielseitige Material in den Themenkisten bietet den LehrerInnen die Möglichkeit, Freiräume für selbständige und selbsttätige Lernprozesse im Unterricht zu schaffen. Bevor das Material jedoch zum Einsatz kommt, muß die LehrerIn den Inhalt der Kisten genau überprüfen und gemäß den Lernbedürfnissen und Fähigkeiten ihrer SchülerInnen selektieren. Geschieht dies nicht, kann es leicht passieren, daß die SchülerInnen es als sinnloses oder zu einfaches Spielzeug betrachten, da sie sich unter- oder überfordert fühlen. Die Kisten sind nicht für eine spezifische Altersstufe konzipiert, sondern für den gesamten Grundschulbereich. Dies entspricht der Annahme, daß es keine allgemeine Entwicklung und Lernentwicklung gibt, sondern die Kinder in individueller Geschwindigkeit bestimmte Lernstadien erreichen. Wie die Kisten eingesetzt werden, bleibt der LehrerIn überlassen. Sie kann z.B. einzelne Fotos oder Experimente zum Unterrichtseinstieg als Gesprächsanlaß nutzen, sie zur gezielten Förderung einzelner einsetzen oder in Unterrichtsprojekte integrieren. Das Handlungsmaterial kann den Kindern in Form eines „Buffets“ zur freien Wahl angeboten werden, die diese dann in Einzel-, Gruppen-, oder Partnerarbeit bearbeiten. Sie haben so die Chance, miteinander, aber auch voneinander, zu lernen, sich gegenseitig zu unterstützen und zu ergänzen. Eine andere Einsatzmöglichkeit sind vorbereitete Stationen, die die Kinder in einer Art „Zirkeltraining“ bearbeiten müssen. Aber, „auch das Werkstattkonzept ist ein Weg handelnden Sachunterrichts, in dem die Kinder gemeinsam zu einer Fragestellung Handlungsmaterialien entwickeln, Versuchsmöglichkeiten planen und erproben und gemeinsam auswerten.“ (KAISER 1998, 4). Es bieten sich vielfältige Möglichkeiten, auch nur einzelne Materialien als Ergänzung oder zur Veranschaulichung von Problemen zu nutzen. Bei alledem ist es aber sehr wichtig, daß die Kinder ihre Ergebnisse in irgendeiner Form schriftlich, bildlich usw. fixieren und in Kreisgesprächen austauschen und diskutieren. Sonst bleiben sie als unreflektierte Handlung im leeren Raum stehen. Auch schon während der Arbeitsphasen müssen Austausch und Gespräche eingeschoben werden, um unbedachtes „Draufloshandeln“ zu vermeiden. Durch differenzierte Arbeitsphasen und gemeinsames Gespräch wird „einerseits den Verschiedenheiten Rechnung“ getragen „und andererseits Gemeinsamkeit“ geschaffen (vgl. ebd., 4). Zur Festigung, Dokumentation und zum Abschluß eines Themas eignen sich selbstgeschriebene Bücher, Ausstellungen, Stellwände, der Verkauf von eigener Produkte, selbstgedrehte Filme und Fotoreportagen oder eine Darstellung auf der Website der Schule, um die Ergebnisse nach außen zu tragen und somit der Arbeit der Kinder höhere Wertschätzung entgegenzubringen. 6.4 Zusammenfassung Das Konzept der Regional Ökologischen Sachunterrichtssammlung ist ein Konzept handelnden Unterrichts, welches die SchülerInnen als selbsttätige und handelnde Subjekte in den Mittelpunkt stellt. Entdecken, Probieren, spielerisches Üben und Erfinden sowie Kreativität und Subjektivität können über zahlreiche Handlungsmaterialien entfaltet werden. Diese sind in Themenkisten gesammelt und können von LehrerInnen für den Unterricht ausgeliehen werden. Die Materialien sind nach bestimmten Funktionen hergestellt, die den Kindern einen vieldimensionalen Zugang zum Thema ermöglichen. Den Kindern wird so die Möglichkeit geboten, sich selbstgesteuerten Lernprozessen zu unterziehen, indem sie sich nach ihren individuellen Interessen und Fähigkeiten Einblick in das jeweilige Thema verschaffen können. Die LehrerIn fungiert dabei als Stütze, AnsprechpartnerIn, aber auch „MitlernerIn“. Sie ist es auch, die gemeinsam mit den Kindern deren Ergebnisse in Gesprächsrunden und Diskussionen zusammenträgt und auswertet. Die Materialien können auf unterschiedliche Weise in den Unterricht integriert werden, bedürfen aber vorher immer einer genauen Selektion gemäß der Lernvoraussetzungen der Kinder. Dieses Konzept bietet auch Kindern mit besonderen Bedürfnissen, die in der Grundschule schnell als sogenannte Lernbehinderte ausgesondert werden, die Chance, sich nach ihren Bedürfnissen Materialien auszusuchen, oder an gemeinsamen Gruppenlernprozessen Teil zu haben. Die in den folgenden Kapiteln dargestellte Erprobung testet, inwieweit die Materialien den Bedürfnissen sogenannter lernschwacher oder „lernbehinderter“ Kinder entsprechen. 7 FORSCHUNGSMETHODISCHE KONZEPTION 7.1 Persönliche Motivation Bevor ich die Bedingungen meiner Beobachtung in diesem Kapitel darstelle, erscheint es mir angebracht, meine persönlichen Beweggründe für diese Erprobung zu schildern. Im Rahmen meines Sonderpädagogikstudiums habe ich Sachunterricht als erstes Unterrichtsfach studiert. So habe ich einerseits viel über Lernen, „Lernbehinderung“ und den Unterricht mit sogenannten Lernbehinderten, andererseits über Unterrichtsgestaltung im Rahmen sachunterrichtlicher Themen und Konzeptionen im Bezug zur Grundschule gelernt. An einer Verbindung beider Bereiche mangelte es leider häufig. Seit 1998 bin ich als Mitarbeiterin in der RÖSA tätig. Dort habe ich zunächst ein Tutorium für StudienanfängerInnen geleitet, in dem wir gemeinsam eine Kiste mit Handlungsmaterialien zum Thema „Anders sein - Behinderung?“ erarbeitet haben. Hier werden die Lebensbedingungen behinderter Menschen thematisiert. Dabei wird die Kompetenz, mit einer Behinderung das Leben zu bewältigen, statt des vorherrschenden defizitär orientierten gesellschaftlichen Bildes in den Vordergrund gestellt. Dies war ein erster Schritt, sonderpädagogische Inhalte in die RÖSA zu integrieren. Bei der Erarbeitung weiterer Handlungsmaterialien zu unterschiedlichen Themen, habe ich mir viele Gedanken über Lernvoraussetzungen von Kindern und die Gestaltung handlungsorientierten Unterrichts gemacht. Dabei war immer der Gedanke im Hinterkopf, daß diese Materialien die Bedürfnisse aller Kinder erreichen sollen. Da das Konzept sich durch Handlungsorientierung und vieldimensionale Zugänge zum Unterrichtsthema auszeichnet und selbstgesteuerte Lernprozesse intendiert, bin ich schon lange davon überzeugt, daß es sich sehr gut für einen Unterricht eignet, der auch „lernschwachen“ Kindern in der Grundschule oder Kindern, die als „lernbehindert“ tituliert zur Sonderschule überwiesen wurden, gerecht wird. Es entstand also die Idee, die Materialien daraufhin zu überprüfen, wie sie den Bedürfnissen „lernschwacher“ und „lernbehinderter“ Kinder entgegenkommen und möglicherweise sogar sogenannte Lernbehinderung zu vermeiden helfen. Die Untersuchung ist folglich aus meinem persönlichen Engagement in der RÖSA enrwachsen. Später entstand die Idee, diese Examensarbeit darüber zu schreiben. 7.2 Handlungsleitende Fragestellung Der Untersuchung liegt die Annahme zugrunde, daß handelndes Auseinandersetzen mit konkreten Lernmaterialien lernfördernd sei. Werden in der Schule die Bedingungen für handlungsorientierten Unterricht mit einem vielfältigen Lernangebot geschaffen, können „Lernschwächen“ behoben und Schulversagen und sogenannte Lernbehinderung verhindert werden. (vgl. Kapitel 3 bis 5). Daraus ergibt sich notwendigerweise die Frage, wie das Material für einen handlungsorientierten, fördernden Unterricht im Rahmen des RÖSA-Konzepts, welches auch den Bedürfnissen „lernschwacher“ Kinder gerecht wird, beschaffen sein muß. Die Frage läßt sich in vier Aspekte untergliedern: 1. Welche Typen handlungsorientierten Sachunterrichtsmaterials werden von den Kindern ausgewählt? (Attraktion) 2. Welche Materialien sind motivierend genug, damit sich „lernschwache“ Kinder anhand der Handlungsanweisung damit auseinandersetzen? (Motivation) 3. Inwieweit entsprechen die Materialien den Fähigkeiten und Fertigkeiten der Kinder und wo liegen mögliche Probleme? (Anforderung) 4. Welche Materialien sind geeignet, daß die Kinder nach der handelnden Auseinandersetzung auch in der Diskussion Lernerfolg dokumentieren können? (Qualifizierung) 7.3 Forschungskonzept 7.3.1 Beobachtungsform Zum Zweck von Verhaltensbeschreibungen, insbesondere aber zur Hypothesenprüfung und -findung dienen nach KÖCK Beobachtungen. Fremd- oder Verhaltensbeobachtungen sind in Form der mittelbaren (vom Laien durchgeführten) oder der unmittelbaren (vom Fachmann durchgeführten) Beobachtung möglich. Sie können als Gelegenheitsbeobachtung oder als systematische Beobachtung in einer gegebenen alltäglichen Situation oder in einer Testsituation durchgeführt werden. Eine Möglichkeit hierfür ist die teilnehmende Beobachtung, die sich in aktiver oder in passiver Form durchführen läßt. Die aktiv teilnehmende BeobachterIn ist auch zugleich Handelnde im Beobachtungsfeld, wie z.B. eine ErzieherIn oder eine LehrerIn. Die passiv teilnehmende BeobachterIn dagegen bewegt sich als „ZuschauerIn“ im Beobachtungsfeld (vgl. KÖCK 1993, 46). Für die Beobachtung in einer schulischen Situation bietet sich die Form der teilnehmenden Beobachtung folglich an. „Der Hauptvorteil der teilnehmenden Beobachtung ... liegt darin, daß der Erzieher/Lehrer durch sein Mitleben im Beobachtungsfeld Bedingungszusammenhänge, Verhaltensentwicklungen und den zu Beobachtenden in der Gesamtheit seines Verhaltens eher wahrnehmen und würdigen kann als der auf einen bestimmten Beobachtungsaspekt innerhalb einer abgesteckten Situation und bei begrenzter Zeit angesetzte Spezialist.“ (KÖCK 1993, 49). Im Falle dieser Beobachtung waren Situation und Zeit zwar reglementiert, d.h. systematisiert, dennoch befand ich mich als Beobachterin unmittelbar im Beobachtungsfeld. Dies hatte zur Folge, daß ich jegliche Verhaltensänderung, Gefühlsänderung und soziale Interaktion unmittelbar miterlebt habe und mir Möglichkeiten zum Eingreifen offen geblieben sind. Dennoch hat es sich um eine passiv teilnehmende Beobachtung gehandelt, da ich nicht als Handelnde im Beobachtungsfeld tätig war. Diese Rolle fiel der begleitenden Lehrerin Frau Maria Bollerslev zu. Ich dagegen war nur „Zuschauerin“. Dies hatte den Vorteil, daß ich mich voll und ganz auf die Beobachtung konzentrieren konnte, wohingegen aktiv teilnehmende BeobachterInnen häufig durch ihre „vorrangigen unterrichtlichen und erzieherischen Aufgaben“ (KÖCK 1993, 47) abgelenkt werden. Doch auch als passiv teilnehmende Beobachterin habe ich eine soziale Rolle in der Situation eingenommen (vgl. BECK/SCHOLZ 2000, 151). Genau wie ich die Kinder wahrgenommen habe, haben sie auch mich wahrgenommen. Wir haben uns in der Situation gegenseitig beeinflußt und miteinander kommuniziert. „Sie ForscherInnen und Menschen können nur miteinander im gleichen Raum leben, wenn sie sich verbal oder nonverbal über ihre Definition der Situation verständigen.“ (ebd., 151). Die Kinder wußten, daß ich als Studentin von der Universität gekommen bin, also keine Person des alltäglichen Schulbetriebs war. Sie waren sich meiner Anwesenheit bewußt, haben aber akzeptiert, daß ich nicht in ihre Arbeit eingreife, und sie ließen mich als Außenstehende an ihren Handlungen Teil haben. Das Problem, welches sich aus dieser unmittelbaren Nähe zur Beobachtungssituation ergibt, ist die starke sinnlich Beeinflussung durch zahlreiche Faktoren. Alle sinnlichen Wahrnehmungen im Zusammenhang mit der Beobachtungssituation färben auf die Interpretation des Beobachteten ab. „Dies bedeutet für die `Beobachtung` im Kontext Teilnehmender Beobachtung, daß nicht nur alle Sinne beteiligt sind, sondern auch, daß die sinnlichen Wahrnehmungen sich nicht von den Vorstellungen trennen lassen, die die Wahrnehmung gewissermaßen veranlaßt haben. Wahrnehmen ist in dem Sinne Interpretation als der Wahrnehmung immer schon Vorstellungen des Wahrnehmbaren unterliegen.“ (ebd., 151). Die Interpretation des Wahrgenommenen vollzieht sich also nicht nur durch die unmittelbar beobachteten Handlungen bei den Kindern, sondern auch durch die eigenen Erwartungen, die die ForscherIn an die Situation gestellt hat. Dieses „Vorurteil“ wird hinterher die Bedingungen der Interpretation stellen. „Es widerfährt nicht nur jedem Praktiker, sondern auch jedem Wissenschaftler, daß er sich gelegentlich derartig in eine Vermutung, Idee, Vorstellung `verrennt`, daß er sich dafür sogar die Wirklichkeit zurechtbiegt.“ (KÖCK 1993, 54). Um mich meiner Wahrnehmung zu vergewissern, habe ich nach jeder Sitzung kurz Rücksprache mit Frau Bollerslev gehalten. Wir haben dann die Punkte, die mir aufgefallen sind kurz überdacht und einen ersten Interpretationsversuch unternommen. In Sitzung 13 und 14 hat mich eine Kommilitonin begleitet, mit der ich das Beobachtete hinterher intensiv diskutiert habe. Auf diesem Wege habe ich versucht, meine subjektiven Eindrücke zu relativieren. Aber trotz alledem: Beobachtungen sind durch die Wahrnehmung der BeobachterIn immer selektiv und durch Hypothesen, Vorahnungen und Erfahrungen gelenkt (vgl. EBERWEIN 1998, 195). „Eine totale und vom Individuum unabhängige Beobachtung der Wirklichkeit ist also nicht möglich.“ (ebd., 195). 7.3.2 Beobachtungssituation Die Beobachtungssituation sollte für die Kinder möglichst angenehm und streßfrei sein, damit die Kinder sich authentisch verhalten und so Interessen, Motivation und Fähigkeiten gut erkennbar sind. Gerade deshalb erachte ich die Spielbeobachtung nach HEIMLICH als besonders passend. Er ist der Meinung, daß pädagogisch tätige Menschen Kinder tagtäglich in ihrem Spielverhalten beobachten, dies interpretieren und häufig intervenieren, indem sie beispielsweise speziellere Angebote machen usw. (vgl. HEIMLICH 2000, 172). Natürliches Verhalten von Kindern ist der spielerische Umgang mit Dingen, Personen oder sich selbst. Von daher schien eine Spielsituation angebracht. HEIMLICH weist darauf hin, daß zum Verständnis der SchülerIn nicht nur die äußerlich sichtbaren Verhaltensweisen ausschlaggebend sind, sondern daß häufig tiefe innere Bedürfnisse ablesbar sind. Dies heißt aber, daß „Kenntnisse über individuelle Entwicklungsläufe, biographische Erfahrungen und die gesamte Lebenssituation erforderlich“ sind (ebd., 172). Diese Voraussetzungen waren bei der Erhebung nicht gegeben, da ich die SchülerInnen vorher nicht kannte und sie mir von den Lehrerinnen zugewiesen wurden. Es ging mir aber im wesentlichen um eine Überprüfung des Materials, was natürlich nur im Zusammenhang mit dem Verhalten der Kinder möglich war, nicht aber um die gezielte Förderung einzelner Personen. Daher schien dieser Einwand nicht hinderlich. Wenn aber eine Spielsituation Verhaltensweisen gemäß der Lebenssituation der Kinder herausfordert, schien sie besonders geeignet, um das Material auf die Bedürfnisse der Kinder hin zu testen. „In modernen Gesellschaften gerät nun das Spiel für Kinder, Jugendliche und immer mehr Erwachsene zu einem zentralen Moment ihrer Wirklichkeitserfahrung.“ (ebd., 172). So wird über das Spiel die subjektive Erfahrung in der Welt gemacht. Dies bietet der BeobachterIn in der Spielsituation Einblick in die Vorerfahrungen und Alltagswirklichkeit der Kinder. Ob die RÖSA-Materialien an die Vorerfahrungen der Kinder anknüpfen und ob sie sich in die Struktur ihrer individuellen Welterfahrung integrieren lassen, schien daher in einer Spielsituation gut überprüfbar zu sein. Es erscheint notwendig zu bedenken, daß eine Spielbeobachtung eher im Bereich des Kindergartens angebracht wäre. Nach HEIMLICH habe sie dort auch ihren Schwerpunkt (vgl. ebd. 2000, 176). HEIMLICH betont aber, daß Unterricht sich in den letzten Jahren in die Richtung spielerischen Lernens gewandelt habe. „Im Zuge einer reformpädagogischen Neuorientierung besonders im Primarbereich, die mit der Einführung Freier Arbeit, Wochenplänen und Projektunterricht das selbstorganisierte Lernen stärker betont, erleben auch Spielmöglichkeiten in der Schule eine Renaissance.“ (ebd., 176). Eine Spielsituation für die Beobachtung zu schaffen, schien demzufolge im Rahmen handlungsorientierten Unterrichts und freier Arbeit durchaus legitim. Die Beobachtungssituation sollte in Anlehnung an HEIMLICH spielerisch gestaltet werden. Dennoch ließ sich nicht vermeiden, daß die Situation den Charakter von Unterricht hatte. Dies war allein durch den Beobachtungsort (das Klassenzimmer) und die Anwesenheit der Lehrerin (Maria Bollerslev) gegeben. Den Kindern gegenüber wurde außerdem stets betont, daß das Thema aus dem Bereich Sachunterricht stamme. Durch die kleine Gruppe und die besonderen Materialien wurde es aber zu einer künstlichen Situation, die sich für die Kinder eher als Spiel darstellte. Die Situation war ein „Experiment“: eine Mischung aus Spiel im Unterricht und Unterricht im Spiel. Wenn HEIMLICH sagt, „Wissenschaftliche Spielbeobachtung beinhaltet im Unterschied zu alltäglicher Spielbeobachtung das Bemühen, die Wirklichkeit des Spiels möglichst systematisch zu rekonstruieren.“ (HEIMLICH 2000,174), handelt es sich hier eher um eine „Unterrichtsspielbeobachtung“. Die drei Testkinder kamen jeweils nach ihrem eigentlichen Unterricht zu einer Zusatzstunde in die Klasse von Frau Bollerslev. Sie klärte die Kindern nicht darüber auf, daß es sich um eine Beobachtungssituation handle. Sie erklärte ihnen immer nur, daß sie Materialien für eine Sachunterrichtsstunde zum jeweiligen Thema mitgebracht habe. Die Kinder sollten sich dann von den als „Buffet“ aufgebauten Materialien etwas aussuchen und sich allein oder in Partnerarbeit damit beschäftigen. Frau Bollerslev war jederzeit als Ansprechpartnerin zugegen. Der spielerische Aspekt bestand darin, daß die Kinder die Materialien frei wählen und sich frei damit im Klassenraum oder auf dem Schulgelände beschäftigen konnten. Sie konnten das Material wechseln, wann und sooft sie wollten. Die Situation war folglich völlig zwanglos. Die Kinder waren keinerlei Leistungsdruck oder „Lernzwang“ ausgesetzt. Sie konnten sich auf spielerische Art und Weise mit den Materialien auseinandersetzen. Ich saß als passive Beobachterin entweder an einem abseits stehenden Tisch oder direkt mit an den Arbeitstischen der Kinder. Manchmal habe ich meine Position während der Stunde verlassen und bin den Kindern in einer Art „Wanderbewegung“ durch den Raum oder auf den Hof gefolgt. Die Kinder beachteten mich kaum, denn sie waren stark auf Frau Bollerslev fixiert. In fünfzehn Beobachtungsstunden hat mich kein Kind nach dem Grund meiner Anwesenheit gefragt, was ich schreibe und warum ich einen Wecker mitgebracht habe. Das Kind, welches ich jeweils beobachten wollte, suchte ich mir schon vor der Stunde aus. Ich habe meine Konzentration dann ganz auf dieses Kind gerichtet. Es ließ sich aber nicht vermeiden, auch die anderen Kinder mit einzubeziehen, da sie fast ausschließlich in Partneroder Gruppenarbeit zusammenarbeiteten. Ich versuchte, mich aus dem Arbeitsgeschehen völlig herauszuhalten. Dennoch haben die Kinder mich ab und zu um Hilfe gebeten oder mir Fragen gestellt. Ich habe sie dann entweder kurz beantwortet, kleine Tips gegeben oder auf Frau Bollerslev als Ansprechpartnerin verwiesen. Nach den Stunden versuchte ich durch kleine persönliche Gespräche, ein wenig Kontakt zu den Kindern aufzunehmen. Die Reaktionen waren individuell verschieden, aber nicht grundsätzlich positiv oder negativ. 7.4 Erhebungs- und Beobachtungsinstrumente Für die Gestaltung der Feldnotizen wurde der Ansatz von KÖCK übernommen. KÖCK ist der Meinung, daß die Güte einer systematischen Beobachtung durch das „gelungene Ausmaß an Operationalisierung“ bestimmt werden kann. Operationalisierung bedeute hier, „die Aufzeichnung von Beobachtungen in Form nachvollziehbarer und das heißt auch überprüfbarer Handlungen des zu Beobachtenden“ (KÖCK 1993, 52). Für das Protokoll bedeutet dies, daß es genaue Angaben über das Beobachtungsfeld beinhalten soll und das Verhalten in Form konkreter Handlungen beschrieben werden muß. Wichtig ist hierbei, daß die Beschreibung der Handlungen keinerlei Wertungen oder Interpretationen beinhalten, sondern eine nachvollziehbare, für die LeserIn rekonstruierbare Situation darstellt. Vergleichbar mit den Protokollen bei KÖCK (ebd., 54ff) und bei BECK/SCHOLZ sollten die Protokolltexte eine möglichst „dichte“, genaue Beschreibung der Szene wiedergeben. „Dabei geht es darum, nicht nur die äußeren Beobachtungen (nimmt einen Bleistift, steht auf und geht zu...) festzuhalten, sondern die Situation so zu beschreiben, daß ihr Sinn entschlüsselt werden kann.“ (BECK/SCHOLZ 2000, 164). Folglich habe ich versucht, möglichst alle Details zu erfassen und situationsgetreu zu notieren. In der Situation habe ich mich, wie bei HEIMLICH (2000, 178) gefordert, keiner Beobachtungskriterien unterworfen, sondern offen jedes Verhalten registriert. Wichtig war hier nur der Fokus auf die Handlungsmaterialien. Da es mir an technischen Hilfsmitteln, wie z.B. Videokamera oder Tonbandgerät mangelt, habe ich mich für eine schriftliche Protokollführung entschieden. Um ökonomisch arbeiten zu können und den Anforderungen einer detaillierten Beschreibung nachkommen zu können, bin ich dem Vorschlag KÖCKS gefolgt und habe Formblätter entworfen und vervielfältigt (vgl. KÖCK 1993, 68). „Das Formblatt nennt die Verfahrensregeln ausdrücklich und setzt damit den Leser in die Lage, das beschriebene Geschehen nachvollziehen zu können.“ (ebd., 69). Beispiel des Beobachtungsblattes: Protokollnr.: Datum: Name der/des Beobachteten: Ort der Beobachtung: Thema: Handlungsmaterial: Zeit Verhaltensweisen, Tätigkeiten, Ereignisse - Beschreibung des Verlaufs Als Zeitmeßinstrument habe ich einen einfachen Funkwecker benutzt. Dieser erschien mir verläßlich und die digitale Zeitanzeige erleichtert ein schnelles Ablesen der Uhrzeit. Die Feldnotizen, die ich stichwortartig im Formblatt eingetragen hatte, habe ich wenn möglich sofort im Anschluß an die Beobachtung als Protokoll ausgearbeitet. So hatte ich die Situation noch gut vor Augen und konnte die Stichpunkte zu einer sinnvollen Beschreibung zusammenstellen. Zusätzlich zu den Protokollen habe ich mir Beobachtungskriterien überlegt, die die beobachteten Verhaltensweisen der Kinder noch stärker systematisieren sollen. Dabei handelt es sich schon um Interpretationen im Bezug auf Motivation, Fähigkeiten im Lesen, Selbsttätigkeit, Zusammenarbeit, usw. (eine genaue Auflistung vgl. Materialteil im Anhang). Auch hier habe ich mir vorher Formblätter entworfen, die ich im Anschluß an die Protokollführung nur noch ausfüllen mußte. Für die LeserIn bieten sie die Möglichkeit, im Anschluß an das Lesen der Protokolle, ihre Interpretationen der Situation mit meinen subjektiven Interpretationen zu vergleichen. Letztlich sollen diese „Kriterien der Beobachtung“ aber dazu dienen, einen quantitativen Vergleich ziehen zu können. „Beobachtungsprotokolle und -ergebnisse im Bereich der pädagogischen Praxis sind Basismaterial, das für den Nachvollzug von Verhaltensabläufen und Verhaltensentwicklungen und für pädagogische Entscheidungen jederzeit übersichtlich geordnet zur Verfügung stehen soll.“ (KÖCK 1993, 72). Im Anhang befindet sich daher ein Materialteil, der eine vollständige Sammlung der Protokolle und der „Kriterien der Beobachtung“ beinhaltet. 7.5 Erhebungsbedingungen 7.5.1 Untersuchte Schülergruppe Es waren insgesamt dreizehn SchülerInnen zu den Untersuchungsstunden anwesend, davon waren sieben weiblich und sechs männlich. Die Kinder waren in drei Dreiergruppen und eine Vierergruppe eingeteilt: 1. Gruppe: Manuel, Maria, Jaqueline (Thema: Ich und die anderen) 2. Gruppe: Larissa, Fin, Dustin (Thema: Wasser) 3. Gruppe: Kim, Lea, Timo (Thema: Wärme) 4.Gruppe: Alexander, Timo, Jennifer, Janine (Thema: Familie) Die neun Kinder der Gruppen 1-3 besuchten zum Zeitpunkt der Untersuchung die 3. Klasse. Die Kinder aus Gruppe 4 besuchten die 4. Klasse. Sie sind alle zwischen zehn und zwölf Jahre alt. Die Kinder wurden von ihren jeweiligen Klasssenlehrerinnen ausgesucht, weil sie im Vergleich mit den anderen Kindern in der Klasse auffällige Lernprobleme aufweisen. Diese werden wie folgt beschrieben: Wiederholen einer Klasse schlechte Konzetrationsfähigkeit, Unruhe mangelndes Lesevermögen im Bezug auf Erlesen der Wörter und sinngemäßer Inhaltsentnahme, Nicht-Erreichen des Lese- und Schreiblehrgangs oberflächliches Arbeiten, langsames Arbeiten Probleme bei der Umsetzung von Aufgabenstellungen und Handlungsanweisungen feinmotorische Schwierigkeiten geringe Beteiligung an Unterrichtsgesprächen Notwendigkeit zusätzlicher Erklärungen und Hilfen Schulangst. Dies ist eine Zusammenfassung der genannten Auffälligkeiten, die nicht alle bei jedem Kind auftreten. Ich habe die Beschreibungen der Lehrerinnen unkommentiert übernommen. Da ich die Kinder kaum kenne, fühle ich mich nicht in der Lage, ein eigenes Urteil zu fällen. Grundsätzlich mißfallen mir diese Negativzuschreibungen, die den Kindern hier zukommen, sehr. Ich übernehme sie an dieser Stelle aber, um die Begründung der Lehrerinnen für ihre Wahl wiederzugeben. 7.5.2 Beobachtungsort Beobachtungsort war die Grundschule Krusenbusch Dießelweg 25 26135 Oldenburg. Der Klassenraum war nicht festgelegt. 7.5.3 Beobachtungszeitraum Die Vorbereitungen für die Beobachtung haben im September 1999 begonnen. Bei einigen Treffen mit Frau Bollerslev in der RÖSA, haben wir gemeinsam die Bedingungen für die Beobachtung abgesteckt. Wir haben besprochen, wann, wo und mit welcher Anzahl an Kindern die Beobachtung stattfinden sollte. Wir haben uns darauf geeinigt, daß die Kinder für 4 Sitzungen anwesend sein sollen. Jede Gruppe bekommt jeweils ein Thema gestellt (siehe unter 7.5.1). Frau Bollerslev hat die schulorganisatorischen Absprachen mit den Kindern und den Eltern übernommen. Der erste Beobachtungszeitraum erstreckte sich vom 24.11.1999 bis zum 15.03.2000. Die Beobachtungsstunden fanden einmal pro Woche, mittwochs in der 6. Schulstunde (12.35 Uhr - 13.20 Uhr) statt. Der zweite Beobachtungszeitraum begann am 21.09.2000 und endete nach drei Sitzungen am 28.08.2000. Die Sitzungen fanden in unregelmäßigen Abständen, einmal in der 6. Stunde und zweimal in der ersten Schulstunde (7.50 Uhr - 8.35 Uhr) statt. 8 AUSWERTUNG UND INTERPRETATION DER ERGEBNISSE Die folgenden Interpretationen der Beobachtungsprotokolle entspringen meiner persönlichen Sichtweise auf die Situation. Andere Möglichkeiten sind bei einer Teilnehmenden Beobachtung nicht gegeben. „Im Gegensatz zu anderen Forschungsansätzen gibt es bei einer Teilnehmenden Beobachtung ... keine Hypothesen, die die Auswertung der zuvor erstellten Dokumente steuern.” (BECK/SCHOLZ 2000, 167). Die Möglichkeit, sich bei der Interpretation auf vorher explizit formulierte Hypothesen in Bezug auf Verhalten oder Materialbeschaffenheit zu beziehen, entfallen folglich. ”Vielmehr liegt nach Abschluß der Beobachtung ein Dokumentpaket vor, das sich in unterschiedliche Fragerichtung interpretieren läßt.” (ebd., 176). Die mir vorliegende Sammlung an Daten und Fakten wird an den Bedürfnissen der Kinder gemessen. Die Fragerichtungen (Attraktion, Motivation, Anforderung und Qualifizierung) sind unter Punkt 7.2 genauer beschrieben. Dennoch ist die Interpretation durch meine eigene Wahrnehmung gefärbt. „Immer steht im Mittelpunkt, daß das Dokument, bzw. die unterschiedlichen Dokumente die geronnene Wahrnehmung des Forschers darstellt und damit zugleich deren Interpretation in der Situation spiegelt und eine Ko-Konstruktion beinhaltet.” (ebd., 167). Um der LeserIn einen Einblick in die Grundlage meiner Interpretation zu geben und diese nachvollziehbar zu machen, sind sämtliche Protokolle und Kriterienbögen im Materialteil (s. Anhang) gesammelt. Zusätzlich werde ich mich bei der Darstellung der Ergebnisse auf einzelne Protokolle beziehen. 8.1 Ergebnisse: Kriterien der Beobachtung Ich habe die Beobachtungskriterien in spezifische Kategorien unterteilt. Die Bewertungen aus allen 15 Sitzungen (d.h. der Gesamtwert ist immer =15), die ich in die Werte gar nicht, etwas und stark vorgenommen habe, sind hier zusammengefaßt und in Form von Säulendiagrammen graphisch dargestellt. Der Gesamtwert ändert sich nur bei einer Aufsplittung nach naturwissenschaftlichen Themen (= 8) und sozialwissenschaftlichen Themen (= 7). 1.1 Aufforderungscharakter der Materialien: Aufforderungscharakter 15 10 gar nicht etwas stark 5 0 1 2 3 1 = ist motiviert 2 = läßt sich begeistern 3 = zeigt Interesse Dieser Graph zeigt, in welchem Maße die Materialien ansprechend auf die Kinder wirken. Den Bereich Aufforderungscharakter habe ich noch einmal unterteilt, um herauszufinden, ob es Unterschiede zwischen sozialwissenschaftlichen Themen und naturwissenschaftlichen Themen gibt (s. Seite 55). 1.2 Aufforderungscharakter der sozialwissenschaftlichen Themen (Ich und die anderen; Familie = Graphen 1 - 3) und der naturwissenschaftlichen Themen (Wasser; Wärme = Graphen 5 - 7): soz.- wiss - nat.-wiss. 6 5 4 3 2 1 0 gar nicht etwas stark 1 2 3 4 5 6 7 1 und 5 = ist motiviert 2 und 6 = läßt sich begeistern 3 und 7 = zeigt Interesse Diese Darstellung zeigt den unterschiedlichen Aufforderungscharakter szialwissenschaftlicher und naturwissenschaftlicher Handlungsmaterialien. In diesem Bereich stellt sich die Frage, ob das Material anregend genug ist, damit die Kinder sich ausdauernd damit beschäftigen. 1.3 Ausdauer bei der Bearbeitung: Ausdauer bei der Bearbeitung 10 8 gar nicht etwas stark 6 4 2 0 1 2 3 1 = wechselt schnell das Handlungsmaterial 2 = bezogen auf: naturwissenschaftliche Themen 3 = bezogen auf: sozialwissenschaftliche Themen Dieser Graph zeigt zunächst, wie schnell die Kinder das Handlungsmaterial wechseln, wobei dann noch einmal zwischen naturwissenschaftlichen Themen und sozialwissenschaftlichen Themen unterschieden wird. Im Folgenden ist es interessant, auf welche Typen von Handlungsmaterial sich der Aufforderungscharakter im Wesentlichen bezieht: 2. Typen von Handlungsmaterial: Typen von Handlungsmaterial 15 10 gar nicht etwas stark 5 0 1 2 1 = konkrete Handlungsmaterialien 2 = Bücher Eine weitere Kategorie, in die ich die Kriterien der Beobachtung eingeteilt habe, bezieht sich auf die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Kinder, mit den Materialien umzugehen. 3. Anforderung an die Kinder: Anforderung an die Kinder 10 8 gar nicht etwas stark 6 4 2 0 1 2 3 4 5 6 1 = kann Handlungsanweisung lesen 2 = kann Handlungsanweisung verstehen 3 = kann Handlungsanweisung in Handlung umsetzen 4 = plant die Handlung 5 = entwickelt eigene Ideen 6 = stellt Hypothesen auf Diese Tabelle stellt dar, wie die Kinder den Anforderungen des Materials nachkommen können. Daraus ergibt sich notwendigerweise die Frage, inwieweit die Kinder selbsttätig mit den Materialien umgehen konnten. 4.1 Selbsttätigkeit: Selbsttätigkeit 10 8 gar nicht etwas stark 6 4 2 0 1 2 3 4 1 = vertieftes Arbeiten 2 = verlangt schnell nach Hilfe 3 = versucht eigene Lösungswege zu finden 4 = begleitet Handlung sprachlich Dieser Graph zeigt auf, inwieweit die Kinder selbständig mit den Materialien arbeiten können. Selbsttätigkeit heißt nicht zwingend, daß allein gearbeitet wird. Inwieweit die Kinder einer AnsprechpartnerIn bedurften und wen sie gewählt haben war ebenfalls Bestandteil der Beobachtungskriterien. Zudem war die von den Kindern gewählte Sozialform für mich ein relevantes Beobachtungsmerkmal. 4.2 AnsprechpartnerIn/ Sozialform: Ansprechpartner/ Sozialform 10 8 6 4 2 gar nicht etwas stark 1 = fragt LehrerIn 2 = fragt MitschülerIn 3 = arbeiten zusammen Hier wird gezeigt, wie stark der Bezug der Kinder zu anderen Personen während des Arbeitens ist. Zur Überprüfung des Handlungsmaterials gehört auch eine Kategorie, die das Maß an Qualifizierung bewertet, das die Kinder während und nach der Auseinandersetzung mit den Materialien aufgewiesen haben. 5. Qualifizierung/ Lernerfolg: Qualifizierung/ Lernerfolg 8 6 gar nicht etwas stark 4 2 0 1 2 3 1 = bewertet eigene Handlungsschritte; 2 = staunt über das Ergebnis; 3 = bewertet das Ergebnis Dieser Graph gibt Aufschluß über das Maß der Qualifizierung, das während des Arbeitens erworben wurde. Auf eine Darstellung der Ergebnisse der restlichen Kriterien wird hier verzichtet, da die wichtigsten Punkte bereits erfaßt worden sind. 8.2 Interpretation der Ergebnisse und der Protokolle Im Bereich Motivation/Aufforderungscharakter lassen sich die Ergebnisse der Beobachtung dahingehend interpretieren, daß die Kinder die Handlungsmaterialien mit großer Motivation und starkem Interesse annehmen (vgl. G.* 1.1). Nur ein Kind hat die Arbeit mit den Materialien ganz abgelehnt. Meistens sind sie begeistert auf die ausgebreiteten Materialien „zugestürzt“. Das deutliche Interesse und die hohe Motivation, die von dem Angebot der Materialien ausgeht, könnten folgendermaßen gedeutet werden: Die Kartons sind von außen häufig sehr bunt und ansprechend gestaltet. Zudem tragen die einzelnen Materialien meistens interessante Namen, z.B. „Explodierendes Rot”, „Gläserpiano” oder „Bin ich ein Thermometer”. Diese beiden Faktoren wecken die Neugier auf den Inhalt des Kartons und lassen Freiraum für erste Assoziationen und Phantasien. Die Zusammenstellung des Inhalts ruft oft erst einmal Stutzen und Verblüffen hervor, welches sich aber dann zu der Herausforderung, sich des Materials anzunehmen, entwickelt. Die Kinder stellen sich dieser Herausforderung dann, indem sie entweder gemäß der Handlungsanweisung oder auf eigenen kreativen Wegen den Inhalt bearbeiten (vgl. Protokoll 3 und 10). Es hat sich allerdings gezeigt, daß die Motivation der Kinder bei naturwissenschaftlichen Themen deutlich höher ist, als bei sozialwissenschaftlichen Themen (vgl. G.*1.2). Aus den Protokollen läßt sich deuten, daß die Kinder bei den Themen Wasser und Wärme von Beginn an mehr Vorwissen eingebracht haben und aktiver in ihrem Arbeitsverhalten waren. Insbesondere die naturwissenschaftlichen Experimente scheinen einen hohen Attraktionscharakter für die Kinder zu haben (vgl. Protokolle 4 bis 11). Diese Faszination, ausgehend von den Experimenten könnte dahingehend interpretiert werden, daß die Kinder durch ihr eigenes Handeln etwas verändern können. Sie selbst schaffen Bedingungen, in denen sie durch Versuche Veränderungen bewirken und beobachten können (z.B. Kreidewasser filtern/Protokoll 6). Oftmals gelingt ihnen bei den Experimenten eine Erweiterung des Versuchs mit Bedingungen aus ihrer eigenen Umwelt. Wie z.B. im Protokoll 6, wo die Kinder auf die Idee kommen, daß sie auch das Schmutzwasser aus dem Schulteich filtern können, statt Leitungswasser mit Kreide einzufärben. Die Erklärung dessen, was beobachtet wurde bedurfte viel Unterstützung durch die Lehrerin (vgl. S.63). * * : G. = Graph (in Form des Säulendiagramms) aus 8.1 G. = Graph (in Form des Säulendiagramms) aus 8.1 Ein erfolgreich durchgeführtes Experiment, an dessen Ende womöglich ein faszinierendes Ergebnis ablesbar ist, vermittelt den Kindern, daß sie stolz auf sich und ihre Arbeit sein können. Solche Erfolgsmomente steigern die Motivation und die Lust am Lernen. Insbesondere bei „lernschwachen“ Kindern, die schon häufig Mißerfolgserlebnisse in der Schule erfahren mußten, weil ihren Bedürfnissen nicht entsprochen wurde, sind solche Erfolgserlebnisse sehr wichtig. Die Kinder waren bei der Bearbeitung aller Materialien sehr ausdauernd (vgl. G.*1.3). Es ließ sich aber beobachten, daß sie an den Materialien der sozialwissenschaftlichen Themen schneller das Interesse verloren und diese öfter gewechselt haben. Das ist daraus ersichtlich, da sie mehr Handlungsmaterialien in einer Sitzung bearbeitet haben, als bei den Experimenten. Die Gesprächsverläufe, die hauptsächlich von der Lehrerin initiiert wurden, lassen sich als schleppend beschreiben. Dies ließe sich einerseits so interpretieren, daß die Themen möglicherweise zu abstrakt sind und die Kinder nicht so schnell Bezugspunkte finden. Andererseits könnte hieraus die Hypothese entwickelt werden, daß den Kindern zu viel Selbstreflexion und Nähe zur eigenen Person abgefordert wird. Sie bringen sich scheinbar eher über Experimente ein, die viel Distanz zur eigenen Persönlichkeit lassen, als über ganz persönliche Themen, die ihr tiefstes emotionales Empfinden betreffen. Die Frage nach den Typen von Handlungsmaterialien, die von den Kindern bevorzugt werden, läßt sich eindeutig beantworten: in 12 von 15 Sitzungen haben die Kinder sich für konkrete Materialien entschieden (vgl. G.*2). Nur in wenigen Fällen wurden Bücher und Karteien durchgeblättert oder gelesen. Der Inhalt der Kartons schien ihre Neugier geweckt und zur Beschäftigung damit herausgefordert zu haben. Es ließe sich folglich die Annahme bestätigen, daß „lernschwache“ Kinder sich selbst eher auf der handelnden Ebene Zugang zu Unterrichtsinhalten suchen als auf der kognitiven Ebene. Unter anderem haben anscheinend solche Materialien, die einen kreativen Auftrag beinhalten, den Kindern viel Freude gemacht und sie zu ausdauerndem und aktivem Handeln verleitet. Als Beispiele lassen sich das Herstellen eines Freundschaftsbandes (Protokoll 3 und 4), das Basteln der Seerose für ein Experiment (Protokoll 4) und das Erfinden einer eigenen Geschichte über Drachentränen (Protokoll 8) anführen. Aber auch Spiele, die Elemente aus dem Leben der Kinder integrieren (z.B. Fernsehfamilien/Protokoll 14), oder die einen Wettkampfcharakter haben (z.B. Steine mit Wasser bespritzen/Protokoll 5; Memory/Protokoll 14) scheinen anregenden Charakters zu sein. Dennoch haben die Kinder sich hauptsächlich für experimentelle Handlungsmaterialien entschieden. Sehr bemerkenswert war, mit wieviel Vorsicht und Sorgfalt die Kinder die Handlungsmaterialien behandelt haben. Sie haben den Materialien große Wertschätzung entgegengebracht, was sich m.E. auf deren ästhetische und aufwendige Gestaltung zurückführen läßt. Gerade im Umgang mit „lernschwachen“ Kindern ist es sehr wichtig, ihnen zu zeigen, daß man sich als LehrerIn Mühe für sie gemacht hat. Damit wird wiederum den Kindern Wertschätzung und Respekt entgegengebracht, und sie können sich angenommen und sicher fühlen. Im Bereich Anforderungscharakter der Materialien läßt sich ein eindeutiges Problem ausmachen: die Handlungsanweisungen. Wie in G.*3 ersichtlich, erweist es sich als schwierig für die Kinder, die Handlungsanweisungen zu erlesen, zu verstehen und in Handlung umzusetzen. Die Probleme beim Erlesen lassen sich dahingehend interpretieren, daß die Texte zu anspruchsvoll sind (vgl. Protokoll 2,3,9,10,12) und zu schwierige Wörter (z.B. Piano, Platzregen, Stammbaum usw.) enthalten. Häufig sind die Texte sehr lang, mit vielen sehr expliziten und komplizierten Erklärungen, was die Kinder zu oberflächlichem Überlesen des Textes veranlaßt. Dies führt dazu, daß Handlungsaufträge nur teilweise verstanden werden. Die Kinder können zwar meistens mit der Arbeit beginnen, wissen aber an einem bestimmten Punkt einfach nicht mehr weiter (vgl. Protokoll 6,8,12,15). Hier mußte dann stets die Lehrerin eingreifen und zu einem erneuten Lesen der Handlungsanweisung und zum Überdenken der einzelnen Handlungsschritte auffordern. Wenn Texte zu lang gehalten sind, kann es von vornherein zu einer Entmutigung „leseschwacher“ Kinder führen, überhaupt erst mit dem Lesen zu beginnen. Die zum Teil sehr unübersichtliche Gestaltung (zu wenig Gliederung) der Handlungsanweisungen läßt die einzelnen Handlungsschritte für die Kinder nicht deutlich ersichtlich werden. Die Handlungsanweisungen beim Thema Wärme sind zudem wenig kontrastreich (schwarze Schrift auf dunkelrotem Untergrund), was das Lesen zusätzlich * G. = Graph (in Form des Säulendiagramms) aus 8.1 erschwert. Als Folge dessen hat sich ergeben, daß die Lehrerin den Kindern die Handlungsanweisungen oft erklären, einzelne Handlungsschritte deutlich machen oder Impulse zum Weiterarbeiten geben mußte. Die eigentliche Bewältigung der Aufgabe war dann meistens weniger problematisch. Zudem scheint es, als bedürfen die Kinder einer gewissen Gewöhnung an die Handlungsanweisungen. Zuerst waren diese neu und ungewohnt, aber im Verlauf der Arbeit scheinen die Kinder ihre Bedeutung schätzen gelernt zu haben (vgl. Protokoll 6). Allerdings ließ sich bei den Kindern eher die Tendenz zum „Draufloshandeln” als zum geplanten Vorgehen erkennen (vgl. G.*3). Die Materialien fordern den Kindern hohe Kompetenz in Bezug auf Planung, reflexives, schrittweises Vorgehen und vorausschauendes Arbeiten ab. Das Problem liegt meiner Meinung nach darin, daß diese Kompetenzen, die in den Bereich des Lernen lernens fallen, scheinbar bisher wenig geübt worden sind. Sie bilden aber eine wichtige Voraussetzung für handlungsorientiertes Arbeiten. Bei den Problemen mit den Handlungsanweisungen hat sich gezeigt, daß das Material große Flexibilität aufweist. Die Kinder haben die Materialien zum Teil ihren eigenen Ideen angepaßt, wenn sie die Handlungsanweisung nicht lesen konnten oder wollten (vgl. Armbänder/Protokoll 3; Wärme-Experiment/Protokoll 10). Die Kinder sind auch dann zu bemerkenswerten Ergebnissen gelangt. Dies zeigt, daß die Arbeit mit den Materialien manchmal durch die sehr speziellen Handlungsanweisungen eingeschränkt wird. Es bedarf nicht bei allen Handlungsmaterialien so expliziter Ausführungen, die die einzelnen Handlungsschritte bis ins kleinste Detail erklären (vgl. z.B. Wärme). Die Kinder sind häufig auch in der Lage, mit weniger vorbereiteten und erklärten Materialien eigene Versuche und Aufgaben durchzuführen. . Dies zeigt, daß die Kinder durchaus bemüht waren, selbständig Lösungswege zu finden. Wie auch in G.*4.1 dargestellt, ist das Bemühen um selbständiges Arbeiten durchaus erkennbar, wenn auch noch nicht sehr stark ausgeprägt Es läßt sich annehmen, daß die Kinder bisher wahrscheinlich noch nicht sehr häufig selbständig lernen mußten, so daß sie wenig Erfahrung mit Problemlösestrategien haben. Zudem wurde ihre Selbständigkeit durch die Probleme mit den Handlungsanweisungen eingeschränkt. * G. = Graph aus 8.1 Dennoch waren die Kinder sehr in ihre Aufgaben vertieft und zeigten stets das Bemühen, sie zu Ende zu führen. Die Kinder haben sich während des Arbeitens häufig mit Fragen an die Lehrerin gewandt, was sich so interpretieren ließe, daß sie sehr stark einer Bezugsperson bedürfen, die ihnen Sicherheit und Bestätigung gibt. Es läßt sich vermuten, daß sie aufgrund dessen auch eher die erwachsene Person als die anderen MitschülerInnen angesprochen haben (vgl. G* 4.1). Andererseits könnte es aber auch als Gewohnheit gedeutet werden, da die LehrerIn im herkömmlichen Unterrichtsgeschehen oft als einzige AnsprechpartnerIn gilt. Es hat sich gezeigt, daß die Kinder von sich aus überwiegend in Gruppen zusammenarbeiten. Nur in wenigen Fällen wurde in Einzelarbeit gearbeitet, sonst haben meist Partner zusammengefunden, die sich gemeinsam einem Material gewidmet haben (vgl. G.*4.1). Auch hier scheint es, daß die Kinder eine Bezugsperson suchen. Gerade für „lernschwache“ Kinder werden so Möglichkeiten eröffnet, sich in das Handlungsgeschehen zu integrieren. Die Kinder können sich gegenseitig ergänzen und jeder kann seine speziellen Fähigkeiten und sein Wissen einbringen. Diese gemeinsamen Lernprozesse fördern die Kommunikation der Kinder untereinander und das soziale Miteinander. Durch Aufgabenteilung wie z.B. in Protokoll 6 (einer liest die Handlungsanweisung vor, der andere baut den Versuch auf) wird das Arbeiten ökonomischer und planvoller, und die Anforderungen an den Einzelnen verringern sich. Auch wenn ein Kind sich nicht für ein Material entscheiden kann oder will, kann es trotzdem durch „Hilfsarbeiten” (z.B. Wasser holen, Zeitungen auslegen/vgl. Protokoll 1) in die sozialen Prozesse eingebunden werden. So wird kein Lernen erzwungen und dennoch nimmt die SchülerIn durch Beobachten und Helfen indirekt an den Lernprozessen der anderen Kinder teil. Für Kinder, die sich aufgrund momentaner psychischer Probleme, z.B. Kummer oder häuslichen Krisen, nicht gut auf den Unterricht konzentrieren können, entsteht so die Möglichkeit sich zurückzuziehen, ohne sofort als „Lernverweigerer” abgestempelt zu werden. Im Bereich Ergebnissicherung/Qualifikation zeigt sich, daß das gemeinsame Gespräch zur Auswertung der Ergebnisse elementar wichtig ist. Die Kinder bewerten ihre Ergebnisse zwar und sind auch häufig zufrieden und stolz (vgl. G.*5), was sich insbesondere bei den Experimenten beobachten ließ. Dennoch bedurfte es immer wieder Nachfragen der Lehrerin, damit die Kinder auch einzelne Handlungsschritte erklären und bewerten. Durch die Fragen * G. = Graph aus 8.1 der Lehrerin und kleine Denkanstöße konnten die Kinder das Beobachtete beschreiben und zum größten Teil auch erklären. Dennoch scheint es, als wären viele interessante Ergebnisse ohne eine Gesprächsrunde unter Anleitung der Lehrerin verpufft. Ich würde dies aber auch wieder auf die gering ausgebildete Kompetenz der Kinder, selbständig zu arbeiten, zurückführen. Wenn sie des öfteren handlungsorientiert arbeiten würden, würden sie lernen, ihre eigenen Handlungen zu reflektieren, zu bewerten und die Ergebnisse zu interpretieren. 8.3 Zusammenfassung Die Beobachtung „lernschwacher“ Kinder in Auseinandersetzung mit den Handlungsmaterialien der RÖSA kommt zu folgenden Ergebnissen: Die Materialien haben einen hohen Motivations- und Aufforderungscharakter für die Kinder. Die Protokolle und die Beobachtungskriterien lassen sich dahingehend interpretieren, daß die Materialien geeignet sind, die Neugier der Kinder und die Lust zur handelnden Auseinandersetzung zu wecken. Dies sind elementar wichtige Lernvoraussetzungen, insbesondere bei „lernschwachen“ oder sogenannten lernbehinderten Kindern, da sie oft aufgrund von Mißerfolgserlebnissen die Lust an Schule und Unterricht verloren haben. Als besonders attraktiv und anregend haben sich die Experimente der naturwissenschaftlichen Themen erwiesen. Die Kinder haben hier deutlich ausdauernder und intensiver gearbeitet als mit den Handlungsmaterialien der sozialwissenschaftlichen Themen. Es ließe sich demzufolge annehmen, daß das verändernde Handeln mit beobachtbaren Ergebnissen bei den Experimenten den Bedürfnissen der „lernschwachen“ Kindern eher entgegenkommt als die doch mehr kognitiven Zugänge der sozialwissenschaftlichen Materialien. In dem Zusammenhang spricht auch das Ergebnis im Bezug auf die Typen von Handlungsmaterialien, die die Kinder gewählt haben, für sich: in 86% (12 von 15) der Fälle entschieden sie sich für konkrete Handlungsmaterialien. Bücher oder Karteien wurden höchst selten zur Hand genommen. Als Problem haben sich in der Erprobung mit „lernschwachen“ Kindern die Handlungsanweisungen herausgestellt. Die Anforderungen der Texte an die Lesefähigkeiten im sinnentnehmenden Lesen und das Umsetzen in Handlung sind eindeutig zu hoch. Viele Texte der Handlungsanweisungen sind zu lang, enthalten sehr komplizierte Wörter und Erklärungen und machen die einzelnen Handlungsschritte nicht eindeutig sichtbar. Das Eingreifen der Lehrerin war häufig unerläßlich. Folglich hatten die Probleme mit den Handlungsanweisungen Auswirkungen auf die Eigenständigkeit der Kinder. Sie haben versucht, selbst Lösungswege zu finden, benötigten aber des öfteren Tips und Denkanstöße durch die Lehrerin. Die Kinder haben fast immer in Gruppen- oder Partnerarbeit zusammengearbeitet, was ich dahingehend deute, daß sie stets einer Bezugsperson bedürfen. Diese Bezugsperson kann eine LehrerIn, aber auch andere MitschülerInnen sein. Es scheint, als suchten sie damit Sicherheit und Unterstützung für ihre Aufgaben. Das gemeinsame Arbeiten fördert zudem Kommunikationsprozesse und das soziale Miteinander in der Gruppe. Des weiteren hat sich herausgestellt, daß die Ergebnissicherung in Form von Gesprächsrunden extrem wichtig ist. Die Kinder müssen durch Fragen und Denkanstöße der LehrerIn, ihre Handlungen reflektieren und die Ergebnisse interpretieren, damit diese nicht untergehen. Es läßt sich folglich feststellen, daß die Handlungsmaterialien der RÖSA den Bedürfnissen „lernschwacher“ Kinder sehr entgegenkommen. Dennoch bedarf es einiger Veränderungen, damit selbständiges Arbeiten besser gewährleistet werden kann und den besonderen Bedürfnissen noch stärker Rechnung getragen wird. Die Konsequenzen, die ich aus den Ergebnissen und der Interpretation für eine Verbesserung gemäß der besonderen Bedürfnislage ziehe, werden in Kapitel 9 dargestellt. 9 KONSEQUENZEN: IDEEN ZUR WEITERENTWICKLUNG DER RÖSA UNTER BERÜCKSICHTIGUNG BESONDERER LERNBEDÜRFNISSE Die Erprobung des RÖSA-Materials mit „lernschwachen“ Kindern hat gezeigt, daß es ihren (Lern-)Bedürfnissen grundsätzlich sehr entgegenkommt. Aufgrund folgender Eigenschaften scheint das Material für den gemeinsamen Unterricht aller Kinder (auch für die besonderen Bedürfnisse einiger) besonders gut geeignet zu sein: es ermöglicht individuelle Lernwege durch vieldimensionale Zugangsweisen zum Thema es hat einen hohen Motivations- und Attraktionscharakter, fördert also intrinsisch motivierte Lernprozesse es ermöglicht den Kindern eine handelnde Auseinandersetzung mit den Lerngegenständen, wie es der Entwicklungsstufe der Kinder gemäß PIAGET entspricht, es fördert soziale und kommunikative Prozesse die Kinder können durch Ausprobieren, Entdecken und Beobachten Phänomene erklären und verstehen es ist offen für die Ideen der Kinder und läßt Freiraum für Kreativität die Kinder können sich entsprechend ihrer momentanen emotionalen Lage, ihrer Fähigkeiten und ihrem Interesse mehr oder weniger einbringen, ohne zum Außenseiter zu werden. Dennoch gibt es Aspekte, die zu optimieren sind, damit das selbständige Lernen der Kinder besser gewährleistet werden kann. Die Ideen, die ich diesbezüglich entwickelt habe, beziehen sich zum einen direkt auf die Materialien, zum anderen stellen sie eine Erweiterung des methodischen Konzepts dar. Sie sollen als Anregungen und Vorschläge für das RÖSA-Team und die LehrerInnen, die die Kisten im Unterricht einsetzen, verstanden werden. 9.1 Vorschläge zur Änderung des Materials Der erste Vorschlag zur Änderung des Materials bezieht sich auf die Handlungsanweisungen, weil diese sich während der Erprobung als problematisch erwiesen haben. Da die Kinder durch die Texte oft überfordert waren, bedarf es hier einer Änderung, die stärker auf die individuellen Lese- und Verstehensfähigkeiten der Kinder Rücksicht nimmt. Da es beinahe unmöglich ist, mit nur einer Handlungsanweisung den Bedürfnissen aller Kinder aus vier Altersjahrgängen gerecht zu werden, schlage ich vor, den Materialien nicht, wie bisher üblich, von vornherein eine spezifische Handlungsanweisung zuzufügen. Ich finde es statt dessen sinnvoller, für jedes Thema eine „Material-Kartei“ anzufertigen. Diese soll allein für die LehrerIn gedacht sein und eine Beschreibung aller Handlungsmaterialien der jeweiligen Themenkiste enthalten. Hier findet die LehrerIn eine Erklärung zum Sinn, Ablauf und Ziel der einzelnen Materialien, aber z.B. auch Zeichnungen zum Versuchsaufbau einzelner Experimente usw. Des weiteren wird eine Handlungsanweisung als Beispiel gegeben, die Gestaltungsmöglichkeiten zum Verdeutlichen einzelner Handlungsschritte, Piktogramme, farbige Hervorhebungen, Schriftgrößen u.v.m. aufzeigt . Die LehrerInnen müssen die Handlungsanweisungen selbst formulieren und können sie folglich genau auf die besonderen Bedürfnisse ihrer SchülerInnen abstimmen. Für stark heterogene Lerngruppen ergibt sich so die Möglichkeit, daß jedes Kind eine eigene, seinen Bedürfnissen und Fähigkeiten entsprechende Handlungsanweisung bekommt. Die LehrerInnen sollten jedoch darauf achten, daß die Handlungsanweisungen den Kindern zunächst „einen Überblick über die Ziele der Handlung, die Handlungsbedingungen, die Struktur des Lernobjekts und die möglichen Verfahren zur Analyse und Aneignung geben. Gerade für leistungsschwache Schüler/innen ist die Wichtigkeit dieser Orientierungsgrundlage nachgewiesen. Sie ist Voraussetzung dafür, daß Lernende sich den Lerngegenstand möglichst selbständig und umfassend aneignen können, und ist gleichsam ein Modell der Handlung.“ (GUDJONS 1994, 40). Ich stelle mir diesen Überblick nicht als lange Erklärung vor. Er soll lediglich einen Satz z.B. über das Ziel des Experiments und die dazu benötigten Hilfsmittel enthalten. So können die Kinder besser zielgerichtet handeln und beobachten. Jede LehrerIn wird dazu aufgefordert, die von ihr entworfenen Handlungsanweisungen der „Material-Kartei“ hinzuzufügen, so daß sich eine breitgefächerte Sammlung ergibt. Die gesammelten Handlungsanweisungen können auf der RÖSA-Website in der virtuellen Sachunterrichtslernwerkstatt unter www.roesa.de veröffentlicht und ständig erneuert werden, damit die LehrerInnen zusätzliche Anregungen und Ideen für die Gestaltung ihrer Handlungsanleitungen erhalten. Zusätzlich könnte der „Material-Kartei“ auch eine Materialliste (vgl. Praxisbücher I-III) hinzugefügt werden. Dann können die LehrerInnen die Materialien selbst nachbauen und diese somit besser den motorischen und visuellen Bedürfnissen der Kinder anpassen. Die Idee der „Material-Kartei“ hilft m.E., Über- und Unterforderung zu vermeiden und fördert damit das selbständige Lernen der Kinder. Zudem bewirkt sie, daß die LehrerInnen sich sehr intensiv über die Bedürfnisse der einzelnen Kinder Gedanken machen müssen und das Individuum noch stärker in den Mittelpunkt gerückt wird. Ein zweiter Vorschlag bezüglich des Materials geschieht in Anlehnung an die Forderung DEWEYS, daß „die erste Berührung ... mit jeder Art von neuem Stoff ... bei jedem menschlichen Reifegrad immer und unvermeidlich ein blindes Herumprobieren, ein `Versuchen auf gut Glück` sein muß. Ein Individuum muß - spielend oder arbeitend tatsächlich versuchen, seinen eigenen Betätigungstrieben folgend mit einem gegebenen Stoff etwas zu tun, und muß dabei die Wechselwirkung zwischen seinen Kräften und dem Stoffe beobachten.“ (DEWEY 1964, 205). Meine Idee diesbezüglich bezieht sich auf die Beobachtung, daß die Materialien oft sehr spezielle Handlungsweisen fordern und durch die Handlungsanweisung eingeschränkt benutzt werden. Es könnten als Konsequenz dessen, einige weniger vorbereitete Handlungsmaterialien, ohne Handlungsanweisungen, die die Phantasie der Kinder anregen und sie zu eigenem Probieren und Experimentieren herausfordern, in die Kisten integriert werden. Den Inhalt dieser Materialien stelle ich mir als „Bausteine“ vor, die sich in irgendeiner Form sinnvoll, z.B. zu einem Experiment, einer kreativen Arbeit oder einem Spiel verbinden lassen. Das „Wie“ bleibt dabei ganz den Kindern überlassen. Die Kinder können sich so erst einmal ganz persönlich Zugang zum Thema suchen und vielleicht Fragen und Ideen entwickeln, denen sie im weiteren Unterrichtsverlauf gern nachgehen möchten. 9.2 Vorschlag zur Erweiterung des Konzepts In der Untersuchung hat sich gezeigt, daß die Kinder sehr selten allein gearbeitet haben, sondern meist die Zusammenarbeit mit einer PartnerIn oder in einer Gruppe gesucht haben. Dies ließ sich dahingehend interpretieren, daß bei ihnen stark das Bedürfnis nach Beziehungen zu anderen Personen vorhanden ist. Bei GUDJONS findet sich diese Annahme bestätigt: „Schüler/innen versuchen darum heute weniger in der Aneignung von Kompetenzen (`Lernen`) als vielmehr über die Beziehungsebene ihre `Bedeutung` zu finden. In der Schule werden befriedigende Beziehungen gleichsam als Schutzmantel um Arbeits- und Lernprozesse gelegt. Oft wird Arbeitsfähigkeit gekoppelt daran, daß sich die Schüler/innen in ihrem Beziehungsgefüge zufrieden fühlen können. Nähe und Betroffenheit werden zu Voraussetzungen für jede echte Anstrengung in der Schule.“ (GUDJONS 1994, 20). Als Konsequenz daraus schlage ich vor, daß als Voraussetzung für den handlungsorientierten Sachunterricht mit RÖSA-Materialien feststehende Lernpartnerschaften gebildet werden. Die Paare sollen sich nicht beliebig zusammenfinden, sondern es wird die Aufgabe der LehrerIn sein, die Paarbildung vorzunehmen. Dies erfordert sehr viel Einfühlungsvermögen und genaue Kenntnis der einzelnen Kinder, ihrer Fähigkeiten, ihrer individuellen Bedürfnisse und ihrer Vorlieben und Abneigungen gegenüber den MitschülerInnen. Dabei wird es sehr wichtig zu bedenken sein, daß die Kompetenzen der Kinder, die ein Paar bilden, nicht völlig unterschiedlich sein sollten, aber auch nicht zu ähnlich in den gleichen Bereichen. Sinn und Zweck der Lernpartnerschaften soll es sein, daß die Kinder sich gegenseitig unterstützen, ergänzen und bereichern. Dazu muß jedes Kind die Möglichkeit haben, seine individuellen Fähigkeiten einzubringen, damit sie voneinander lernen können. Die Lernpartnerschaften bedeuten Sicherheit und Nähe für die Kinder. „Lernschwache“ Kinder erhalten in dieser Weise Unterstützung und Anregungen, ohne daß sie es als besondere Fördermaßnahme auffassen müssen, was ihrem Selbstbewußtsein zugute kommt. Außerdem fördern die Lernpartnerschaften kommunikative und soziale Prozesse in der Klasse. Der Vorschlag zur Bildung von Lernpartnerschaften (evaluation) ist in Anlehnung an BECK/GULDIMANN/ZUTAVERN entstanden, die die Lernpartnerschaften als ein Instrument zur Förderung metakognitiver Kompetenzen erprobt haben (vgl. ebd., 31). In der Evaluation hat sich gezeigt, daß die Kinder ihre eigenen Lernwege selten reflektieren und sich derer nicht bewußt sind. Die „metakognitive Kompetenz“, die sich dadurch auszeichnet, daß „die Aufmerksamkeit des Lernenden ... nicht nur auf das Was, also auf die zu lösende Aufgabe, ausgerichtet ist, sondern immer auch auf das Wie, also auf die Strategien des Lernens und sich selbst“ (ebd., 18), ist eine wichtige Voraussetzung für eigenständiges Lernen. Ich schlage als Konsequenz daraus vor, auch die anderen, „die Metakognition anregenden Instrumente“, die BECK/GULDIMANN/ZUTAVERN entwickelt haben, in die Arbeit mit dem RÖSA-Konzept zu integrieren (vgl. ebd., 18). Exkurs: Metakognition „Metakognition hat - vorsichtig formuliert - mit dem Wissen und der Kontrolle über das eigene kognitive System zu tun.“ (BECK/GULDIMAN/ZUTAVERN 1995, 16 zit. nach BROWN). Metakognition beschäftigt sich auf besondere Art und Weise mit dem „Repertoire“ lernender, d.h. kognitiv tätiger, Individuen: Unter dem personalen Aspekt (knowledge and control of self) beschreibt die Metakognition das Wissen und die Kontrolle des Lernenden über sich selbst. Dieser Aspekt bezieht sich hauptsächlich auf die Lernbereitschaft, die Intensität des Arbeitens sowie den Willen und die Einstellung gegenüber Lernen. Es geht hier folglich um die kognitive, emotionale und motivationale Verfassung der Person. Die Metakognition beschreibt unter dem Aspekt der Lernprozesse (knowledge and control of process) das Wissen und die Kontrolle über spezifisches „Sach- und Faktenwissen“, über Vorgehensweisen in Situationen, die kognitive Anforderungen stellen (Prozeßwissen) und über die Anwendungsbedingungen solcher Vorgehensweisen (Bedingungswissen, Strategiewissen). Die Metakognition dient folglich der Förderung individueller Lernprozesse, indem sie die Lernprozesse und Vorgehensweisen überwacht, stützt und steuert (vgl. BECK/GULDIMAN/ ZUTAVERN 1995, 17 f). Die Autoren intendieren, durch Einführen der folgenden Instrumente in das normale Unterrichtsgeschehen, daß die Kinder Arbeits- und Lernstrategien entwickeln und sich ihrer eigenen Lernprozesse bewußt werden (vgl. ebd., 28). Ausführungsmodell (modeling): die LehrerIn oder eine SchülerIn demonstriert laut denkend, wie sie eine kognitive Aufgabe löst. Die anderen SchülerInnen beobachten dies Ausführungsmodell und versuchen die angewandten Strategien auf ihr eigenes Lernen zu übertragen. Dabei geht es nicht um Imitieren einer Vorgehensweise, sondern um „selektive Erweiterung oder Differenzierung des eigenen Strategierepertoires“ (vgl. ebd., 28). Diese Art der Vorführung, kann während des Unterrichtsgeschehens immer wieder eingeschoben werden. Kinder, die ein Experiment durchgeführt oder eine Strategie für ein Spiel entwickelt haben, können diese den MitschülerInnen vorführen. So werden Wege zur Handlungsplanung und Durchführung gezeigt, die die Kinder auf die Bearbeitung anderer Handlungsmaterialien übertragen können. Arbeitsheft (monitoring): Jedes Kind besitzt ein Arbeitsheft, in dem es Erfahrungen, Probleme und Fragen, die es bei seinem eigenen Handeln beobachtet, notiert. So entsteht eine fortlaufende Dokumentation seiner Lernerfahrungen (vgl. ebd., 29). Auf diese Weise ergibt sich für die Kinder die Möglichkeit zu sehen, ob ihnen eine bestimmte Art von Handlungsmaterial besonders gut liegt und über welche Arbeitsweise sie Zugang zum Thema bekommen. Außerdem können sie so selbst feststellen, wo ihre Probleme beim Lernen liegen. Arbeitsrückschau in Lernheften (reflection): Nach längeren Arbeitsphasen oder nach Abschluß eines Kistenthemas werden die Kinder dazu animiert, Arbeitsrückschau zu halten. In der Reflexion sollen sie feststellen, was sie gelernt haben und dies im Lernheft dokumentieren (vgl. ebd., 30). Diese Rückschau dient zum einen dazu, daß die Kinder eigene Lernstrategien entdecken. Zum anderen sind die Lernhefte ein wichtiger Beitrag zu selbständigen Ergebnissicherung durch die Kinder. In meiner Erprobung hatte sich die Ergebnissicherung häufig auf Fragen der Lehrerin in einer kleinen Gesprächsrunde konzentriert. So aber leisten die Kinder schon eine wichtige Vorarbeit für anschließende Diskussionsrunden. Klassenkonferenz (conferencing): Arbeits- und Lernerfahrungen werden in einer Klassenkonferenz ausgetauscht, wo auch Ergebnisse der Arbeits- und Lernhefte diskutiert werden (vgl. ebd., 33). Diese Form der Ergebnissicherung ist bereits ein wichtiger Bestandteil des RÖSA-Konzepts (vgl. Kapitel 6). Ich halte es aber für wichtig, die elementare Bedeutsamkeit der gemeinsamen Diskussion und Darstellung der Ergebnisse im Anschluß an eine Schulstunde oder zum Abschluß eines Kistenthemas noch einmal zu betonen. Diese fünf Instrumente lassen sich m.E. gut in die Arbeit mit den RÖSA-Materialien im handlungsorientierten Unterricht integrieren. Sie leisten einen großen Beitrag zur Entwicklung metakognitiver Kompetenz und zum Lernen des Lernens, das für das selbständige Arbeiten der Kinder sehr wichtig ist. Zudem helfen sie bei der Sicherung von Ergebnissen. 9.3 Zusammenfassung Das RÖSA-Konzept hat sich in der Erprobung für den Unterricht mit „lernschwachen“ Kindern als sehr gut geeignet erwiesen. Dennoch ergeben sich Problembereiche, die durch folgende Vorschläge verbessert werden können: Den Materialien werden keine Handlungsanweisungen mehr zugefügt. Statt dessen wird eine „Material-Kartei“ entwickelt, die den LehrerInnen Erklärungen über die Handlungsmaterialien liefert, woraufhin sie selber, gemäß den Bedürfnissen ihrer SchülerInnen, Handlungsanweisungen formulieren. So werden Über- und Unterforderung vermieden und selbständiges Arbeiten gefördert. Des weiteren werden einige Materialien sehr wenig vorbereitet sein und es werden keine Handlungsanweisungen beigefügt. Die Kinder sollen so zu eigenem, phantasievollen Handeln herausgefordert werden. Um den Bedürfnissen der Kinder nach Nähe und Beziehung gerecht zu werden, lernen sie in festen Lernpartnerschaften. Sie können sich so gegenseitig ergänzen und helfen, außerdem werden soziale und kommunikative Prozesse gefördert. Zur Entwicklung metakognitiver Kompetenz, könnten auch die anderen, bei BECK/ GULDIMANN/ZUTAVERN vorgeschlagenen Instrumente (Ausführungsmodell, Arbeitsheft, Arbeitsrückschau im Lernheft, Klassenkonferenz) in den Unterricht mit dem RÖSA-Konzept integriert werden. Das Wissen über die eigenen Lernwege stellt eine wichtige Voraussetzung für eigenständiges Lernen gemäß dem RÖSA-Konzept dar. Diese Mittel würden zusätzlich einen wichtigen Beitrag zur Ergebnissicherung leisten. 10 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK Das Konzept der Regional Ökologischen Sachunterrichtssammlung ermöglicht den SchülerInnen „intelligentes Verhalten“ gemäß der Definition von PIAGET, wie in Kapitel 2 dargestellt. Akkomodation und Assimilation, Begriffe, die PIAGET in diesem Zusammenhang geprägt hat, können durch Lebensweltbezug, sinnlich erfahrbare und vieldimensionale Herangehensweise an Unterrichtsinhalte in ein Gleichgewicht gebracht werden. PIAGETS Untersuchung und Einteilung der Entwicklungsstufen des Lernens zeigte, daß der Phase des operatorischen Denkens bezüglich der Themenstellung dieser Arbeit besondere Bedeutung zukam. Im daran anschließenden Kapitel wurde die Individualität des Lernens betont: Lernen wurde als individuelle Eigenschaft dargestellt. Es zeigte sich, daß keine „Lerntypen“ definiert werden können, da Menschen in ihrem Lernverhalten heterogen sind. Trotz der Verschiedenheit, sind allgemein gültige Tendenzen zu erkennen: Lernen ist immer selbstgesteuert und intrinsisch motiviert. Erst durch Eigenaktivität eignet sich das Kind Wissen über die Wirkungszusammenhänge seiner Umwelt an. Dabei formt sich seine Persönlichkeit und seine individuelle Sicht der Dinge wird geprägt. Diesen Erkenntnissen können sich auch Schule und Unterricht nicht verschließen. Wenn aber das Lernen grundsätzlich ein individueller Prozeß ist, warum werden dann manche Menschen als „lernbehindert“ bezeichnet? Diese Frage lag dem 4. Kapitel zugrunde. Sie führte zu einer Erörterung darüber, ob tatsächlich von „Lernbehinderungen“ der Kinder gesprochen werden kann oder ob diese Kinder lediglich besondere Bedürfnisse haben, die von ihrer Umwelt nicht beachtet und sie dadurch am Lernen gehindert werden. Es stellte sich heraus, daß der Begriff „Lernbehinderung“ lediglich eine schulorganisatorische Größe ist, aber kein Ausdruck, der angemessen die Probleme der Kinder erfaßt. Der Begriff „Lernbehinderung“ suggeriert, daß das Problem als Defizit im Kind selbst ausgemacht werden kann. Er beachtet nicht, daß häufig die Umwelt die Kinder am Lernen hindert, was die Betonung ihrer besonderen (Lern-)Bedürfnisse erforderlich macht. Da auch die Schule in der Umwelt des Kindes häufig einen behindernden Faktor darstellt, wurde das Konzept der Regional Ökologischen Sachunterrichtssammlung als alternatives Unterrichtskonzept vorgestellt. Es wurde im folgenden untersucht, ob und inwieweit die RÖSA den besonderen Bedürfnissen der als „lernschwach“ bezeichneten Kinder Rechnung trägt. Bei der Evaluation des Konzepts, die unter der in Kapitel 7 detailliert dargestellten forschungsmethodischen Konzeption durchgeführt wurde, stellte sich folgendes heraus: Der hohe Aufforderungscharakter der Materialien führt zu einer intrinsisch motivierten, handelnden Auseinandersetzung der Kinder mit dem Lerngegenstand. Es wurden überwiegend konkrete Handlungsmaterialien gewählt, statt eine kognitiven Zugang zum Thema zu suchen. Es zeigte sich, daß insbesondere die Experimente das Interesse der Kinder auf sich ziehen und über längere Zeit aufrecht erhalten. Die Handlungsanweisungen erwiesen sich in diesem Zusammenhang als problematisch. Um sie den besonderen Bedürfnissen der Kinder anzupassen, wurde im 9. Kapitel als Konsequenz der Vorschlag zum Erstellen einer „Material-Kartei“ entwickelt. Des weiteren wurde angeregt, daß den Kindern durch das Hinzufügen einiger weniger vorbereitete Materialien ein erster individueller Zugang zum Thema ermöglicht werden könnte. Zudem stellte sich heraus, daß die Kinder beim Arbeiten die Beziehung zu einem Partner suchten. Es wurde folglich für sinnvoll erachtet, grundsätzlich Lernpartnerschaften in Anlehnung an BECK/GULDIMANN/ZUTAVERN in den Unterricht gemäß des Konzepts der RÖSA einzuführen. Als Möglichkeit zur Unterstützung selbständigen und reflektierten Arbeitens, wurden auch die weiteren Instrumente zur Förderung metakognitiver Bewußtheit, die die Autoren beschreiben, dargestellt. Als Konsequenz aus dieser Arbeit ergibt sich, daß die RÖSA sich als Konzept für die Bedürfnisse aller Kinder eignet. Sie ist nicht ein Konzept der Grundschule oder der Sonderschule, sonder ein Konzept der Schule allgemein. Sie ist in der Lage, Problemen, die sich im Unterricht der Grundschule üblicherweise ergeben, entgegenzuwirken und so, den stigmatisierenden Prozeß der Überweisung zur Schule für Lernhilfe zu verhindern. 11 LITERATURVERZEICHNIS BECK, Gertrud/ SCHOLZ, Gerold: Teilnehmende Beobachtung von Grundschulkindern. 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