43. Die Abwehrsysteme des Körpers 43.1. Übersicht über die Abwehrmechanismen des Körpers Unspezifische Abwehrmechanismen Erste Verteidigungslinie -Haut -Schleimhäute und deren Sekrete Zweite Verteidigungslinie -phagocytotische weisse Blutzellen -bakterizide Proteine -Entzündungsreaktion Spezifische Abwehrmechanismen dritte Verteidigungslinie -Lymphocyten -Antikörper Ein eindringender Keim trifft der Reihe nach auf diese Verteidigungslinien. Bis zur zweiten Verteidigungslinie handelt es sich um eine angeborene Immunität. 43.2. Unspezifische, nichtadaptive Abwehrmechanismen bilden frühe Schranken gegen Infektionen Haut und Schleimhäute Die erste Verteidigungslinie ist ein physisches Hindernis. Die Haut stellt eine Barriere dar, die in intaktem Zustand von Bakterien oder Viren nicht passiert werden kann. Neben ihrer Aufgabe als physische Barriere, attackieren Haut und Schleimhäute Krankheitskeime mit chemischen Waffen. Die Hautoberfläche besitzt durch Sekrete einen pH-Wert zwischen 3 und 5, was sauer genug ist, um viele Mikroorganismen an der Besiedlung zu hindern. Speichel, Tränen und Schleim entfernen durch Reinigung zahlreiche Mikroorganismen. Sekrete enthalten bakterizide Proteine; z.B Lysozym verdaut die Zellwände von Bakterien enzymatisch und zerstört so viele Keime. Phagocytotische weisse Blutzellen und natürliche Killerzellen Die zweite Verteidigungslinie ist die Immunabwehr des Körpers. Sie basiert auf der Phagocytose (Aufnahme eingedrungener Keime durch bestimmte Typen von weissen Blutzellen). Neutrophile: - 60-70% der weissen Blutkörper (Leukocyten) - werden durch chemische Signale angelockt, können das Blut verlassen und durch amöboide Bewegung in infiziertes Gewebe einwandern (Chemotaxis), wo sie die Erreger vernichten - neigen zur Selbstzerstörung, wenn sie die Keime vernichten Monocyten: -5% der Leukocyten -wandern in die Gewebe ein und wachsen dort zu Makrophagen heran Makrophagen: - die grössten und effizientisten Phagocyten - strecken Pseudopodien (Scheinfüsschen) aus, um Mikroben zu umfliessen - Mikroben werden im inneren durch Verdauungsenzyme und reaktive Formen des O2 abgebaut - sie sind häufig stationär v.a. in der Milz und den Lymphknoten Eosinophile: - 1.5% der Leukocyten - enthalten grosse Menge an lytischen (abbauenden) Enzymen - Abwehr grösserer Eindringlinge, z.B. parasitische Würmer - lagern an die Aussenhülle des Parasiten an und setzen dann Enzyme frei natürliche Killerzellen: -zerstören infizierte Zellen (meistens von Viren befallen) des eigenen Körpers -greifen auch entartete Zellen an, da diese zu Tumorbildung neigen - Zerstörung geschieht durch einen Angriff auf Plasmamembran, 1 was zum Platzen (Lyse) des Opfers führt Antimikrobielle Proteine An den unspezifischen Abwehrmechanismen ist eine Vielzahl von Proteinen beteiligt, die Mikroorganismen direkt attackieren oder deren Vermehrung hemmen. Komplement-Proteine:- Komplement-System (Zusammenarbeit mit anderen Abwehrsystemen des Körpers / ergänzende Wirkung) - auch an spez. Abwehrmechanismen beteiligt - Gruppe von min. 20 versch. Proteinen - Kooperieren miteinander in einer Kaskade von Aktivierungsschritten, die zur Lyse eingedrungener Bakterienzellen führen Interferone: - werden von virusinfizierten Zellen abgegeben, um andere Zellen zur Virusbekämpfung zu veranlassen oder sich selbst zu schützen - drei versch. Interferone: alpha, beta, gamma - frühe, unspezifische Abwehrmassnahme / nicht virusspezifisch - Gamma-Interferon aktiviert Phagocyten Die Entzündungsreaktion Gewebeschäden lösen eine Entzündungsreaktion aus. Es kommt zu erhöhter Blutversorgen der betroffenen Region, Rötung, Wärmeentwicklung und Lymphflüssigkeit dringt aus dem Blut in die benachbarten Gewebe (Ödem). Entzündungsreaktionen werden durch chem. Signale in Gang gesetzt: Histamin, ist in bestimmten zirkulierenden weissen Blutzellen (Basophilen und Mastzellen) enthalten. Werden diese Zellen beschädigt, so wird Histamin freigesetzt. Es bewirkt eine Vasodilation (erhöhter Blutfluss) und macht umliegende Kapillarwände permeabler. Weisse Blutzellen und beschädigt Gewebszellen entlassen auch Prostaglandine (fördern Blutfluss zum Verletzungsort). Zusätzlich werden Gerinnungsfaktoren frei, welche den Reparaturprozess beschleunigen. Das wichtigste Element der Entzündungsreaktion ist Einwandern von Phagocyten aus dem Blut in das verletzte Gewebe. Der Körper kann auf eine Entzündung auch ausgedehnter reagieren. Geschädigte Zellen können Moleküle abgeben, die eine vermehrte Freisetzung von Neutrophilen aus dem Knochenmark anregen, was zur Zunahme der Leukocytenzahl führt. Von Krankheitserregern produzierte Giftstoffe können als exogene Pyrogene Fieber auslösen; Leukocyten setzen endogene Pyrogene frei. Dies führt zur Erhöhung der Temperatur, denn Fieber unterstützt die übrigen Abwehrmechanismen des Körpers 43.3. Das adaptive Immunsystem wirkt durch spezifisches Erkennen von Erregern Grundeigenschaften des Immunsystems Das Immunsystem entwickelt spezifische Reaktionen gegen jede Sorte von Fremdkeimen, Toxinen oder transplantiertem Gewebe. Vier Grundmerkmale des Immunsystems: Spezifität: -Erkennen und Eliminieren ganz spezifischer Fremdstoffe -Antigen: Fremdsubstanz, die eine Immunantwort auslöst -Das Immunsystem antwortet auf Antigene, indem es spezialisierte Lymphocyten aktiviert und spezifische Proteine, Antikörper, produziert Vielfalt: Diversität der Immunantwort wird ermöglicht, indem Immunsystem mit einer immensen Vielfalt von Lymphocytenpopulationen ausgestattet ist, wobei jede Population die Rezeptoren für ein ganz bestimmtes Antigen trägt. Gedächtnis: Erinnerung an Antigene von früheren Konfrontationen → raschere und wirkungsvollere Reaktion bei erneuter Begegnung (erworbene Immunität) 2 Selbst-Fremd-Erkennung: -Unterscheiden zwischen den Molekülen des eigenen Körpers und Fremdmolekülen (Antigenen) -bei Fehlerkennung kann es zu Autoimmunerkrankung führen → Angreifen und Zerstörung des körpereigenen Gewebes Aktive und passive Immunität aktive Immunität: -wird durch die Erholung von einer Infektionskrankheit verliehen und beruht auf der Reaktion des eigenen Immunsystems -kann natürlich durch Krankheit oder künstlich durch Impfung erworben werden passive Immunität: -Antikörper können von einem Organismus auf einen anderen übertragen werden, hält sich jedoch nur für einige Wochen oder Monate Humorale und zellvermittelte Immunität Es gibt zwei Subsyteme, die unterschiedlich auf Antigene reagieren. Humorale Immunität: Produktion von Antikörpern, die von bestimmten Lymphocyten sezerniert werden und als lösliche Proteine im Blutplasma und in der Lymphflüssigkeit zirkulieren. Wirken v.a. gegen Toxine, freie Bakterien und Viren in den Körperflüssigkeiten. Zellvermittelte Immunität: hängt mehr von der direkten Wirkung der Zellen (bestimmte Typen von Lymphocyten) ab. Schützen vor Bakterien und Viren, die in Zellen des Wirtes eingedrungen sind, sowie gegen Pilze, Protozoen und Wurmparasiten Die Zelle des Immunsystems Es gibt zwei Hauptklassen von Lymphocyten: B-Zellen: stehen im Zentrum der humoralen Immunantwort, reifen im Knochenmark heran T-Zellen: spielen v.a. bei der zellvermittelnden Immunantwort eine Rolle, wandern zur Reife aus dem Knochenmark in den Thymus (Drüse in der oberen Brustregion) Lymphocyten stammen von pluripotenten Stammzellen ab, die sich im Knochenmark, beim Fötus in der Leber, befinden. Sie differenzieren sich in Abhängigkeit davon, wo sie heranwachsen. Reife Zellen konzentrieren sich v.a. auf Lymphknoten, Milz u. andere lymphatische Organe. Beide Zellarten tragen auf ihrer Plasmamembran spezifische AntigenRezeptoren. Wenn ein Antigen an diesen Rezeptor auf der Oberfläche des Lymphocyten bindet, wird dieser stimuliert sich zu teilen und zu differenzieren. Das führt zu einer Population von Effektorzellen, die das Antigen bekämpfen. Plasmazellen: Effektorzellen der humoralen Immunantwort; entstehen aus B-Zellen nach deren Aktivierung durch Binden eines Antigens an Antigen-Rezptor (membrangebundenes Antikörper) und schütten Antikörper aus, die das betreffende Antigen eliminieren Cytotoxische T-Zellen: Effektorzellen der zellvermittelnden Immunantwort; entstehen aus TZellen nach deren Aktivierung durch Binden eines Antigens an Antigen-Rezptor (hat nicht Antikörperstruktur). Sie töten infizierte Zellen und Tumorzellen. T-Helferzellen: Effektorzellen der zellvermittelnden Immunantwort, geben bestimmte Proteine ab (Cytokine), die an der Regulation von B- und T-Zellen beteiligt sind 43.4. Spezifität und Vielfalt der Immunantwort beruhen zellulär auf der klonalen Selektion von Lymphocyten Jeder Lymphocyt erkennt nur einen einzigen Typ von Antigenen. Die Fähigkeit des Immunsystems, auf eine praktisch unbegrenzte Vielfalt von Antigenen spezifisch zu reagieren, basiert auf der enormen Diversität antigenspezifischer Lymphocyten. Wenn ein Antigen in den Körper gelangt, bindet es an den Rezeptor eines Lymphocyten, welcher dadurch aktiviert wird und eine Vielzahl von Klonen bildet (klonale Selektion), die alle darauf abzielen, jenes spezifische Antigen zu eliminieren. 3 43.5. Die sekundäre Immunantwort basiert auf Gedächtniszellen Der selektive Klon von Lymphocyten zu Effektorzellen aufgrund der ersten Begegnung mit einem Antigen bezeichnet man als primäre Immunantwort. Wird der Körper einige Zeit später demselben Antigen erneut ausgesetzt, ist die Reaktion erheblich schneller und hält länger an, man spricht von der sekundären Immunantwort. Diese Fähigkeit einer Wiedererkennung nennt man immunologisches Gedächtnis. Es basiert auf Gedächtniszellen, welche zusammen mit den Effektorzellen während der Primärantwort gebildet werden, jedoch viel langlebiger sind. 43.6. Das Erkennen von Selbst und Fremd erfolgt durch molekulare Marker auf der Zelloberfläche Normalerweise gibt es keine Lymphocyten, die gegen die Moleküle des eigenen Körpers reagieren. Diese Selbsttoleranz beginnt sich bei der Reifung zu entwickeln. Alle Lymphocyten, die körpereigene Moleküle erkennen, werde vernichtet oder funktionslos gemacht. Diese Vernichtungsaktion in Knochenmark und Thymus wird als selektive Deletion bezeichnet. Eine Gruppe von Proteinmolekülen (Haupthistokompatibilitätskomplex (MHC)) markieren die körpereigenen Zellen. Zwei Hauptklassen von MHC-Molekülen markieren Zellen als körpereigen. MHC-Klasse-I-Moleküle befinden sich auf kernhaltigen Zellen; MHC-Klasse-II-Moleküle beschränken sich auf wenige spezialisierte Zelltypen des Immunsystems (v.a. auf Markrophagen, B-Zellen und aktivierte T-Zellen). 43.7. Bei der humoralen Immunantwort bekämpfen B-Zellen Erreger in den Körperflüssigkeiten durch Bildung spezifischer Antikörper Die Aktivierung von B-Zellen Die Aktivierung von B-Zellen ist meist ein zweistufiger Prozess. Im ersten Schritt erfolgt die Bindung eines Antigens an einen spezifischen Rezeptor auf der Oberfläche einer B-Zelle. Im zweiten Schritt werden Makrophagen und T-Helferzellen miteinbezogen. Nachdem ein Pathogen von einem Makrophagen aufgenommen und verdaut wurde, werden Fragmente des Antigens von intrazellulären MHC-Klasse-II-Molekülen gebunden. Dieser Molekülkomplex wird in die Plasmamembran des Makrophagen integriert und auf der Oberfläche der Zelle präsentiert (antigenpräsentierende Zelle (APC)). Der antigenspezifische Kontakt von einer APC und einer T-Zellen aktiviert T-Helferzellen, welche zu T-Helferzellklonen poliferieren, die auf diesen spezifischen APC-Komplex spezialisiert sind. Diese T-Helferzellen sezernieren Cytokine, welche selektiv B-Zellen stimulieren, die mit dem Antigen bereits zu tun hatten. Sobald eine B-Zelle von T-Zellen aktiviert ist, kommt es zu einem Klon von Plasmazellen. Eine T-Helferzelle nimmt mit einer B-Zelle auf dieselbe Weise Kontakt auf, wie mit einem antigerpräsentierenden Makrophagen (Schlüssel-Schloss-Prinzip). Makrophagen und B-Zellen verhalten sich beide als APC, der Unterschied ist, dass B-Zellen antigenspezifisch sind, wohingegen Makrophagen viele verschiedene Antigene präsentieren können. T-abhängige und T-unabhängige Antigene T-abhängige Antigene können die Bildung von Antikörper nur unter Beteiligung von T-Zellen induzieren. T-unabhängige Antigene starten die humorale Immunantwort ohne Beteiligung von THelferzellen oder Markophagen. Sie sind meist langkettig, und die zahlreichen gleichartigen Substrukturen binden gleichzeitig an eine ganze Reihe von Antigen-Rezeptoren auf der Oberfläche einer B-Zelle. Dies führt zu einer ausreichenden Stimulierung auch ohne T-Helferzellen. Jedoch ist die Antwort viel schwächer, und es werden keine Gedächtniszellen gebildet. 4 Die molekulare Basis der Antigen-Antikörper-Spezifität Antigene sind meist Proteine oder Polysaccheride. Diese Moleküle sind Oberflächenstrukturen von Pathogenen. Antikörper erkennen ihre spezifischen Antigene nicht als Gesamtes, sie identifizieren eine lokale Region auf der Oberfläche eines Antigens, ein Epitop. Antikörper bilden eine multigene Proteinfamilie, die Immunglobuline (Ig). Ein Antikörper besteht aus vier Polypeptidketten, die zu einem Y-förimigen Molekül verbunden sind: zwei identische leichte Ketten und zwei identische schwere Ketten. An den Enden der bindenden Arme des Y-förmigen Moleküls befindet sich die variable Region. Grösse, Form und Affinität der Bindungsstelle werden durch die spezifische Aminmosäuresequenz der variablen Region bestimmt. Jeder Antikörper trägt mind. zwei identische Bindungsstellen für das Epitop, das seine Produktion angeregt hat Die Antigen-Bindungsstelle ist für die Erkennungsfunktion eines Antikörpers (AK) verantwortlich. Der Schwanz des Antikörpermoleküls ist für die Effektorfunktion des AK’s zuständig (für jeden Mechanismus, um Eindringling zu zerstören). Es existieren fünf Klassen von Ig’s: IgM, IgG, IgA, IgD und IgE. Jede Klasse ist durch einen bestimmten Typ von konstanter Region charakterisiert, der es dem Antikörpermolekül ermöglicht bestimmte Abwehrfunktionen zu übernehmen. IgM: die ersten im Blut zirkulierenden AK / 5 Y-förmige Monomere sind zu einem Pentamer angeodnet IgG: häufigst zirkulierende AK / schützt in Blut und Lymphe vor zirkulierenden Pathogenen IgA: Verhindert die Anheftung von Viren und Bakterien an der Oberfläche von Epithelien / ist ein Diamer aus zwei Y-förmigen Monomeren IgD: ist vor allem auf Oberflächen von B-Zellen und wirkt dort als Antigen-Rezeptor IgE: Binden ihre Schwanzregion an Rezeptoren auf Mastzellen und Basophilen und veranlassen diese bei Stimulation durch ein Antigen zur Ausschüttung von Histaminen Wie Antikörper arbeiten Die Bildung eines Antigen-Antikörper-Komplexes ist die Grundlage für mehrere Effektormechanismen. Ein Antikörper blockiert bestimmte Stellen auf einem Antigen und macht es so unwirksam (Neutralisation). Ein anderer Effektormechanismus ist die Agglutination (Verklumpung) von Bakterien durch Antikörper (ist möglich weil AK zwei Anbindungsstellen besitzt). Ein ähnlicher Mechanismus, die Präzipitation, vernetzt lösliche Antigenmoleküle. Anschliessend fressen phagocytische Zellen den Antigen-Antikörper-Komplex bzw. die Verklumpungen. Ein wichtiger Effektormechanismus ist die Aktivierung des Komplementsystems durch Antigen-Antikörper-Komplexe. Die Hybridom-Technologie zur Herstellung monoklonaler Antikörper Polyklonale Antikörper werden aus dem Blut eines immunisierten Tieres gewonnen. Jede normale Immunantwort ist polyklonal, d.h. Antikörper werden von vielen verschiedenen BZellklonen gebildet, und es ist schwierig den bestimmten Antikörpertyp zu isolieren. Bei monoklonalen Antikörper sind sämtliche antikörperproduzierende Zellen Abkömmlinge einer einzigen Zelle. Sie werden zunehmende Bedeutung als therapeutische Wirkstoffe erlangen (z.B. gegen Krebs). Kernpunkt der Technik zur Herstellung monoklonaler Antikörper ist die Fusion von zwei Zellen zu einer Hybridzelle (Hybridomzelle oder Hybridom). Die eine Zelle ist eine Krebszelle, die man unbegrenzt kultivieren kann. Der andere Zelltyp ist eine normale antikörperproduzierende Plasmazelle. Das Hybridom produziert den bestimmten Antikörper und ist auch unbegrenzt kultivierbar (→Antikörper in grossem Mass herstellen). 43.8. Bei der zellvermittelten intrazelluläre Erreger Immunantwort bekämpfen T-Zellen Aktivierung von T-Zellen T-Zellen sind nicht imstande, freie Antigene in den Körperflüssigkeiten zu erkennen, sie bekämpfen Pathogene, die bereits in die Zelle eingedrungen sind. T-Zellen antworten nur auf antigene Epitope, die auf der Oberfläche von körpereigenen Zellen präsentiert werden. Interaktion zwischen einer T-Helferzelle und einem MHC-Klasse-II-Molekül wird durch die 5 Anwesenheit des T-Zell-Oberflächenmolekül (CD4) verstärkt. Cytotoxische T-Zellen tragen auf ihrer Oberfläche ein CD8-Molekül, welches die Interaktionen mit MHC-Klasse-I-Molekülen unterstützt. Der MHC-Antigen-Komplex stimuliert T-Zellen zum Angriff auf pathogene Zellen, die das gleiche Antigenfragment präsentierten. Diese Situation stimuliert T-Zellen mit dem passenden Rezeptor zur Poliferation und damit zur Bildung eines Klons aktivierter THelferzellen bzw. cytotoxischen T-Zellen, welche spezialisiert sind, das betreffende Antigen zu bekämpfen. Die Fähigkeit von T-Helferzellen andere Lymphocyten zu stimulieren, beruht auf Cytokinen. Dies läuft folgendermassen: Makrophage nimmt ein Antigen auf → Sekretion des Cytokins Interleukin-1 → signalisiert den T-Helferzelle, dass sie Interleukin-2 freizusetzen sollen → positive Rückkoppelung: Interleukin-2 stimuliert die T-Helferzellen zur schnelleren Poliferation → mehr T-Helferzellen und mehr Interleukin-2 → Interleukin-2 stimuliert auch cytotoxische TZellen. Die Wirkungsweise cytotoxischer T-Zellen Sie töten pathogene Wirtszellen, die ein an MHC-Klasse-I gebundenes Antigen präsentieren. Cytotoxische T-Zellen erkennen diese und können an praktisch jede kernhaltige Zelle des Körpers binden, die mit dem Pathogen infiziert ist. Dabei setzt die cytotoxische T-Zelle Perforin frei. Dieses Proteinmolekül, bildet Poren in der Plasmamembran der Zielzelle, welche so Cytoplasma verliert. Es kommt zur Lyse der Wirtszelle. Die Krankheitserreger verlieren ihre Reproduktionsstätte und sind gegenüber zirkulierenden Antikörpern exponiert. Ein dritter Typ von T-Lymphocyten sind die Supressor-T-Zellen, die möglicherweise mit der Abschaltung der Immunabwehr zu tun haben, wenn ein Antigen nicht länger vorhanden ist. Abb. Dt: 39.15. / 43.10. fasst humorale und zellvermittelte Immunantwort zusammen 43.9. Komplement-Proteine sind an unspezifischen Abwehrmechanismen und am Immunsystem beteiligt Das Komplementsystem besteht aus rund 20 Proteinen, die in einer inaktiven Form im Blut zirkulieren. Sie aktivieren sich gegenseitig in einem kaskadeartigen Prozess. Die Kaskade wird durch Bindung von Antikörpern an spezifische Eindringlinge gestartet. Ein komplexes Komplementprotein bildet eine Brücke zwischen zwei benachbarten Antikörpermolekülen. Dieser Molekülverband aktiviert andere Komplementproteine, einen membranangreifenden Komplex zu bilden. Es kommt schliesslich zur Lyse der Zielzelle. Über einen alternativen Weg kommt es zur Aktivierung der Komlementproteine ohne Beteiligung von Antikörpern. Substanzen in Bakterien, usw. könnten Komlementproteine aktivieren. Komplementproteine beteiligen sich auch an Entzündungsreaktionen. Durch Binden an histaminspeichernde Zellen lösen einige der Komplement-Proteine die Abgabe von Histamin aus (chem. Alarmsignal des Körpers für eine Entzündung). Phagocyten werden dann zum Infektionsherd gelockt. In einem Opsonisierung genannten Prozess binden Komplement-Proteine an Fremdzellen und stimulieren Phagocyten, diese Zellen aufzunehmen. Beim Phänomen Immunadhärenz heftet sich eine mit Antikörpern und Komplement-Proteinen bedeckte Mikrobe verstärkt an Oberflächen, was zur leichteren Beute für im Blutstrom zirkulierende Phagocyten führt. 43.10. Die Fähigkeit des Immunsystems zwischen Selbst und Fremd zu unterscheiden, ist ein Problem bei Bluttransfusionen und Organtransplantationen Das Immunsystem eines Tieres wehrt sich auch gegen Zellen anderer Individuen derselben biologischen Art. 6 Blutgruppen Beim Bluttgruppensystem AB0 bestimmen die Oberflächen-Antigenen der roten Blutzellen die Blutgruppe des Menschen. Blutgruppenantigene sind kurze Ketten aus Kohlenhydraten. Auf der Bakterienflora des Körpers befinden sich ganz ähnliche Antigene. Im Körper gibt es Antikörper, die eigentlich gegen diese Bakterienantigene gerichtet sind, aber sie reagieren nebenbei mit fremden Blutgruppenantigenen. Somit kommt es schon bei einer ersten Bluttransfusion zur Verklumpung, obwohl anfänglich noch keine spezifische Antikörper vorhanden sind. Bei der Übertragung von unverträglichem Blut zerstören Antikörper und Komplement-Proteine die gespendeten Zellen durch Lyse. Ein anderes Antigen, der Rhesus-Faktor, kann zusätzlich auf den Blutzellen sein. Es können Probleme auftreten, wenn Antikörper der Schwangeren (Rh negativ) mit den Erythrocyten des sich entwickelnden Fötus (Rh positiv) reagieren. Bei der Geburt kann mütterliches und kindliches Blut in Berührung kommen, und dies kann bei der Mutter zur Antikörperproduktion führen. Fürs geborene Kind gibt es keine medizinischen Folgen. Aber bei einer erneuten Schwangerschaft können die Antikörper durch die Plazenta, und es kommt zur Zerstörung der roten Blutzellen des Rh-positiven Fötus. Um dies zu verhindern spritzt man der Mutter nach der Geburt anti-Rh-Antikörper. Gewebe- und Organtransplantate Die Abstossung von Gewebe- und Organtransplantaten wird durch den MHC stimuliert. Fremde MHC-Moleküle wirken als Antigene. Cytotoxische T-Zellen bauen eine zellvermittelte Immunantwort auf. Daher sollten die MHC’s von Spender und Empfänger so ähnlich wie möglich sein. Zudem werden bei Transplantationen immunsuppressive Medikamente verabreicht, um die Immunabwehr zu unterdrücken. 43.11. Fehlfunktionen des Immunsystems führen zu Krankheiten Autoimmunkrankheiten Immunabwehr gegen körpereigene Strukturen Allergien Allergien sind Überempfindlichkeitsreationen auf bestimmte Antigene der Umwelt (Allergene). Nach einer Hypothese handelt es sich bei Allergien um Nebenwirkung des Immunsystems gegen parasitische Würmer. An den meist verbreiteten Allergien sind Antikörper der Klasse IgE beteiligt, die sich an Mastzellen heften. Eine empfindliche Person wird gegenüber dem spezifischen Pollen-Antigen sensibilisiert. Wenn sich später ein Pollenkorn an IgE bindet und eine Brücke zwischen zwei benachbarten IgE-Molekülen bildet kommt es zur Degranulation (Mastzelle setzt Histamin frei). Histamin erweitert Blutgefässe, was z.B. zu einer laufenden Nase führen kann. Ein Anaphlaktischer Schock ist eine lebensgefährliche Reaktion auf injizierte oder mit der Nahrung aufgenommene Antigene. Eine abrupte Degranulation führt zur Erweiterung der peripheren Blutgefässe und dadurch zu einem steilen Abfall des Blutdrucks. Innert kürzester Zeit kann es zum Tode führen. Adrenalin neutralisiert diese allergische Reaktion. (Bsp. Bienenoder Wespenstich) Immunschwäche Manche Menschen haben erbliche Defekte der humoralen oder zellvermittelnden Immunabwehr. Beim schweren kombinierten Immundefekt (SCID) funktionieren beide Handlungsarme des Immunsystems nicht. Hilfe kann nur durch Transplantation von Knochenmark geboten werden, jedoch mit dem Problem, dass das Gewebe des Empfängers als Fremd angesehen wird und ein Angriff gestartet wird (Graft-versus-Host-Reaktion). Körperlicher oder seelischer Stress schwächt das Immunsystem, und es kann zum Abbau von weissen Blutzellen kommen. Es gibt Verbindung zwischen dem Nervensystem und dem Immunsystem. 7 AIDS, das erworbene Immunschwächesyndrom Der Erreger von Aids ist das Retrovirus HIV. HIV infizierte Zellen (T-Helferzellen, Makrophagen, B-Zellen) tragen an ihrer Oberfläche CD4-Moleküle. HIV benutzt CD4 als Rezeptor, dockt über ein Glycerinprotein an und vermehrt sich in seiner Wirtszelle. Das Hauptziel des Virus ist es die T-Helferzellen zu zerstören und sie langsam schwinden zu lassen. HIV kann lange Zeit als Provirus in einer Wirtszelle überdauern und für das Immunsystem unsichtbar sein. Beim Ausbruch reagiert das Immunsystem wirkungsvoll und vernichtet die meisten Viren. Über mehrere Jahre hinweg kann es HIV Viren teilweise bekämpfen, dann wird es jedoch von der zunehmenden Zahl immer neuer Varianten mit veränderten Antigenen überwältigt. Wenn AIDS richtig ausbricht ist die Konzentration von T-Helferzellen im Blut stark abgesunken und dadurch treten typische opportunistische Infektionen und Tumorkrankheiten auf. Das Hauptproblem bei der HIV Bekämpfung ist die Antigenvariabilität des Virus. Dies macht es auch sehr schwierig, ein wirksames Medikament zu finden. Es gibt einige Medikament die das Leben verlängern können, aber das Virus wird nicht beseitig, und AIDS bleibt bis heute unheilbar. 43.12. Wirbellose Tiere besitzen ein primitives Immunsystem Die Grundlage jeder funktionierenden Abwehr ist die Fähigkeit zur Unterscheidung zwischen Selbst und Fremd. Dies ist auch bei Invertebraten gut entwickelt. Bei vielen Invertebraten identifizieren amöboide Phagocyten, beispielsweise Coelomocyten, Fremdstrukturen und zerstören diese. Die Abwehrsysteme besitzen teilweise ein immunologisches Gedächtnis (Erkenntnis aus Experimenten mit Regenwürmern). Dem Abwehrsystem von Invertebraten fehlen Komplement, Lymphocyten und Antikörper. Anstelle eines Komplementsystems besitzen Insekten und Krebse eine analoge Kaskade enzymatischer Reaktionen, das Prophenoloxidase-System. Am Ende dieser Kaskade steht das Enzym Phenoloxidase, das zahlreiche Abwehrreaktionen bewirkt. Lektine wirken ähnlich wie Antikörper. Sie binden gezielt an bestimmte Zuckerreste in Seitenketten von Glycoproteinen. Auf diese Weise können fremde Zellen aufgrund deren Oberflächenstruktur verklumpt werden. Eine Bindung von Lektinen an Zelloberflächen ist auch eine Opsonisierung, wodurch Fremdzellen markiert werden und von Phagocyten vernichtet werden können. 8