Predigt + AUGUST 2015 20. SONNTAG IM JAHRESKREIS B 16.08.2015 (VERWENDBAR AUCH AM 18. UND 19. SONNTAG) JOH 6,51-58 „Wer dies Geheimnis feiert ...“ Sicher erinnern sich die meisten von Ihnen an die Geschichte des Robinson Crusoe. Als einziger hatte er den Schiffbruch seines Seglers überlebt. Er würde auf den Strand einer einsamen Insel gespült. Von seinem Schiff, das auf einem Riff festsaß, konnte er gerade noch das für ihn Nötigste retten. Nach und nach richtete er sich damit ein wenig auf der Insel ein. Was er zum nackten Überleben brauchte, das hatte er. Nur eines machte ihm schwer zu schaffen: Er war völlig allein. Bis er eines Tages Fußspuren im Sand entdeckte. Eine Gruppe von Ureinwohnern verfolgte einen Stammesgenossen. Robinson konnte ihn vor dem sicheren Tod retten und nannte ihn Freitag, weil er an einem Freitag auf seine Insel gekommen war. Der neue Freund lernte sehr schnell Englisch und wurde sein bester Freund. Rein zufällig hatte Robinson auch Weizenkörner auf dem Wrack Schiff gefunden. Immer wieder streute er sie auf der Insel aus. Sie gingen auf, so dass er eines Tages zum ersten Mal Brot backen konnte. Dieses Brot war für ihn wie ein Geschenk des Himmels. Was brauchen wir zum Leben? Ja, auf jeden Fall genügend Nahrung, aber darüber hinaus auch all das, was an Vorstellungen mit dem Begriff des Brotes einhergeht: Ausreichend gesunde Nahrung, nicht verseuchtes Wasser, sauerstoffreiche Luft, ein Dach über dem Kopf. Ich zähle auch die Möglichkeit dazu, den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen – eben einen „Brotberuf“ haben zu können. Was wäre wir denn ohne sinnvolle Tätigkeiten und die kleinen und großen Aufgaben, die uns das Leben stellt? Und dafür wiederum braucht es Kenntnisse, Erkenntnisse, Erfahrungen. Vor allem können auf Dauer aber nicht sinnvoll leben, wenn wir allein bleiben. Sinnvolles Leben ist von Kindesbeinen an nicht möglich ohne Beziehungen, durch die wir zu uns selbst kommen, auch gerade dann, wenn wir uns daran reiben. Alle Menschen sehnen sich nach Beachtung, Wertschätzung, Zuwendung und Liebe. Es geht nicht ohne lebenswerte Ziele, egal, ob sie klein oder groß sind, egal auch, ob man sie letztlich erreicht oder nicht. Wir möchten spüren, dass wir gebraucht werden. Wir möchten so vieles erreichen: Anerkennung, Erfolg, Freunde, schöne Erlebnisse, die in der Erinnerung nicht so schnell verblassen. Oder manchmal eben nur „Spaß haben“. Wenn es dann mal nicht gut läuft, dann setzten wir auf Begleitung, Hilfe, ein positives familiäres und soziales Umfeld. In diesen Wochen wird in der sonntäglichen Eucharistiefeier einige Male aus dem Johannesevangelium vorgelesen. Es ist die Rede vom „lebendigen Brot“, das Jesus selber ist. Er bezeichnet sich als Brot für die Welt. Alle, die an ihn glauben, müssten sein „Fleisch essen und sein Blut trinken“. Der ganzen Welt werde durch ihn etwas ganz Neues, nämlich „Leben in Fülle“ zuteilwerden. Das ist wahrlich nicht leicht zu begreifen. Es wird berichtet, dass bereits die Jünger an dieser Wortwahl Anstoß nahmen und aus Unverständnis murrten. Auf der anderen Seite sind wir als Katholiken es gewohnt, diese Worte im Zusammenhang mit der Eucharistie, der Feier der heiligen Messe, zunächst einmal als „Geheimnis des Glaubens“, wie es nach der Wandlung heißt, ruhig und dankbar eben als ein Geheimnis stehen zu lassen, das unsere Begriffe übersteigt. Dennoch ist es möglich, uns diesem Geheimnis etwas anzunähern. Die heutige Theologie ist sich darin einig, dass das letzte Abendmahl Jesu und die Eucharistiefeier in einem tiefen Sinnzusammenhang mit dem ganzen Auftreten Jesu steht. Das Abendmahl ist dann so etwas wie die Summe, also die Zusammenfassung, des ganzen Evangeliums. Wir müssen die Rede vom Brot, das er selber ist, nicht nur auf sein Sterben, sondern zuerst auf sein Leben beziehen. Auf die Art, wie er Menschen anschaute, aufrichtete und heilte, wie er mit ihnen sprach, wie er ihnen Mut machte, Perspektiven eröffnete, verlorenes Selbstvertrauen zurück gab. Er wendet sich den Menschen mit den Augen des Herzens zu. Er verurteilt die Sünder nicht, weder diejenigen, die Schuld auf sich geladen haben, noch solche, die durch moralische oder gar religiöse Vorurteile an den Rand gedrängt wurden. Er will keine Lasten auferlegen, die niemand tragen kann. Er schafft um sich einen Raum, in dem man befreit aufatmen darf. Er gibt allen, am Leben müde geworden sind, Perspektiven zurück, vor allem den Glauben an sich selbst, an die eigene innere Freiheit und Würde. Jesus stellte sich in allem, was er war und was er tat, ganz „zur Verfügung“. Und das bis zur äußersten Konsequenz, der Hingabe des eigenen Lebens. Mit seiner Rede vom Essen seines Fleisches und Trinken seines Blutes fordert er uns auf, uns seine Botschaft aneignen, sie uns einverleiben wie das tägliche Brot, sie ins eigene Fleisch und Blut übergehen zu lassen. Sein Lebensbeispiel, sein Dasein für die Anderen, vor allem aber seine Hoffnung darauf, dass er nicht im Tod verbleiben, sondern zu neuem Leben auferstehen werde. Wir schleppen hier und heute und in Zukunft weiter viele Fragen mit uns herum: Worauf kann ich mich verlassen? Worauf darf ich hoffen? Gibt es eine Zukunft in Frieden und Gerechtigkeit? Wer und wo ist der Gott, auf den ich im Leben wie im Tod mein Vertrauen kann? In Afrika habe ich einmal gehört: „Willst du wissen, wer Gott ist, dann nimm ein Brot, breche es und teile es aus.“ Pater Hermann Schalück ofm + Wer dies Geheimnis feiert, soll selber sein wie Brot. GL 210 Impressum: missio, Internationales Katholisches Missionswerk e.V., Goethestr. 43, 52064 Aachen.