Untersuchungen zu einem neuen Screeningtest (ProC® Global) zur Erfassung thrombophiler Zustände Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades doctor medicinae (Dr. med.) vorgelegt dem Rat der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena von Heike Spittel, geb. Kämmerer geb. am 20.07.1966 in Erfurt Gutachter: 1. Prof. Dr. med. G. Stein 2 Prof. Dr. med. habil. G. Vogel 3. ___________________________ Tag der öffentlichen Verteidigung: 04.06.2002 Inhalt Seite 1. Einleitung und Zielstellung 1 2. Gegenwärtiger Erkenntnisstand und offene Fragen 3 2.1. Hereditäre Thrombophilie 6 2.1.1 Thrombophiliediagnostik 8 2.2. Das Protein-C-System 10 2.2.1. Protein C 11 2.2.1.1. Struktur und Wirkungsmechanismus 11 2.2.1.2. Genetische Defekte 12 2.2.1.3. Erworbene Mangelzustände von Protein C 13 2.2.1.4. Labordiagnostik 13 2.2.2 Protein S 14 2.2.2.1. Struktur und Wirkungsmechanismus 14 2.2.2.2. Genetische Defekte 15 2.2.2.3. Erworbene Mangelzustände von Protein S 16 2.2.2.4. Labordiagnostik 16 2.2.3. Phospholipidantikörper 17 2.2.3.1. Pathophysiologie und Klinik 17 2.2.3.2. Diagnostik der Phospholipidantikörper 19 2.2.4. Erhöhte Faktor-VIII-Spiegel 20 2.2.4.1. Pathophysiologie und Klinik 20 2.2.4.2. Labordiagnostik 21 2.2.5. Faktor-V-Mutation 22 2.2.5.1. Pathophysiologie 22 2.2.5.2. Klinik der Faktor-V-Mutation 23 2.2.5.3. Labordiagnostik 25 3. Eigene Untersuchungen 27 3.1. Material und Methoden 27 3.1.1. ProC® Global-Test 27 3.1.1.1. Auswahl der Proben und Probeentnahmen 27 3.1.1.2. Testprinzip 28 3.1.1.3. Reagenzien und Testgerät 29 3.1.1.4. Präzisionskontrolle 30 3.1.1.5. Durchführung 30 3.1.1.6. Testauswertung 31 3.1.2. COATEST® APCTM Resistance 31 3.1.2.1. Auswahl der Proben und Probeentnahmen 31 3.1.2.2. Testprinzip 32 3.1.2.3. Reagenzien und Testgerät 33 3.1.2.4. Präzisionskontrolle 33 3.1.2.5. Durchführung 34 3.1.2.6. Testauswertung 34 3.2. Ergebnisse 35 3.2.1. Übersicht über die Untersuchungsergebnisse zum Testsystem 35 ProC® Global 3.2.1.1. ProC® Global-Werte von Patienten mit genomisch nachgewiesener 37 heterozygoter Faktor-V-Mutation 3.2.1.2. ProC® Global-Werte von Patienten mit genomisch nachge- 39 wiesener homozygoter Faktor-V-Mutation 3.2.1.3. Verhalten der ProC® Global-Werte von Patienten ohne 40 genomisch nachgewiesene Faktor-V-Mutation 3.2.2. Vergleich zweier funktioneller Testsysteme zur Erfassung 43 der APC-Resistenz gleicher Plasmaproben Vergleich zwischen ProC® Global und COATEST® APCTM Resistance 3.2.3. Prävalenzuntersuchungen zum Vorherrschen der APC- 45 Resistenz bei Thrombosepatienten anhand des Studiums von Krankenblattdateien 3.2.3.1. Aufschlüsselung der Krankenblattdateien weiblicher Probanden 45 3.2.3.2. Aufschlüsselung der Krankenblattdateien männlicher Probanden 46 3.2.3.3 Charakterisierung der pathologischen Meßergebnisse 47 4. Diskussion 50 5. Zusammenfassung 61 6. Literatur 63 Thesen 74 Anhang 76 1. Einleitung und Zielstellung Venöse Thrombosen und Embolien stehen in der Häufigkeit kardiovaskulärer Erkrankungen an dritter Stelle. Die Inzidenz venöser Thrombosen wird in der Literatur mit 1:1000 angegeben (36). Trotz fest etablierter medikamentöser und mechanischer Maßnahmen der Thromboseprophylaxe im Klinikalltag treten thromboembolische Ereignisse immer noch relativ häufig auf. Sie können zum einen durch Entwicklung einer Lungenembolie den Patienten akut gefährden. So führen in der Bundesrepublik Deutschland Thromboembolien jährlich zu 100.000 Todesfällen (99). Andererseits geht die Herausbildung eines postthrombotischen Syndroms mit einer lebenslangen Behinderung einher. Die Ursachen einer Thrombose sind vielfältig und lassen sich selten auf einen einzelnen Risikofaktor zurückführen. Neben den klassischen Risikofaktoren wie Alter, Immobilisation, Trauma, orale Kontrazeption und Schwangerschaft stehen in den letzten Jahren zunehmend die angeborenen und erworbenen Gerinnungsdefekte im Mittelpunkt. Besondere Aufmerksamkeit soll im weiteren der hereditären Thrombophilie geschenkt werden. 1965 identifizierte die Entdeckung von Egeberg (27) über angeborenen AT IIIMangel und die damit verbundene Prädisposition venöser Thrombosen den 1. Pathologischem Mechanismus der Hyperkoagulation. Fast 20 Jahre später wurde durch Beobachtungen gehäuften Auftretens hereditären Protein-C- und Protein-S-Mangels in Familien mit Thromboseneigung ein weiterer Zusammenhang zwischen Hyperkoagulation und hereditärer Thrombophilie beschrieben (13, 14, 39). Mit der Identifikation dieser Störungen konnten lediglich für 10-15% der zunächst ungeklärten Thromboembolien eine Ursache nachgewiesen werden. Die Prävalenz dieser Defekte ist relativ niedrig, sie werden höchstens bei 2-5% der Patienten mit Thrombosen gefunden. 1993 brachte die Entdeckung eines bisher unbekannten genetischen Defektes, der mit Thrombophilie einher geht, nämlich die sogenannte Resistenz gegenüber aktiviertem Protein C, eine deutliche Änderung der Situation (21, 22). Dahlbäck beobachtete, daß es im Plasma bestimmter Thrombosepatienten bei In-vitroZusatz von aktiviertem Protein C nicht zu einer Verlängerung der Gerinnungszeit kam, wie dies im Plasma gesunder Patienten der Fall ist und nannte diesen Defekt „Resistenz gegen aktiviertes Protein C“. Wie Bertina et al. (5) sowie andere Autoren (38, 93) 1994 zeigten, verbirgt sich hinter dem Begriff der APC-Resistenz in ca. 90% der Fälle eine Punktmutation im Faktor-V-Gen. Dabei ist im Exon 10 in Position 1691 Guanin durch Adenosin ersetzt. Diese Mutation führt im Faktor-V-Protein in der Aminosäureposition 506 zu einem Austausch von Arginin durch Glutamin. Sie ist derzeit der häufigste bekannte genetische Defekt, der mit einem erhöhten Risiko thromboembolischer Ereignisse einhergeht. Nach ihrem Entdeckungsort wird diese Mutation auch Faktor-VLeiden-Mutation genannt. Durch die Mutation kann aktiviertes Protein C seiner antikoagulatorischen Wirkung, der proteolytischen Spaltung der Faktoren Va und VIIIa, nicht mehr nachkommen. Daraus resultiert eine erhöhte Gerinnungsfähigkeit des Blutes. Andere mögliche Gründe für das Vorliegen der APC-Resistenz wären eine Dysfunktion oder ein Mangel von Protein C oder S, erhöhte Konzentrationen von Faktor VIII oder das Vorliegen eines Lupus-Antikoagulans. In jüngster Zeit wurde eine weitere Ursache für APC-Resistenz im Auftreten einer 2. Mutante des Faktor-V-Gens (sogenannte HR 2 Mutation) gefunden. Theoretisch denkbar wären auch bisher unbekannte Defekte im Faktor-V- oder Faktor-VIII-Protein. Die Fortschritte in der Gerinnungs- und Fibrinolysephysiologie zwingen den Wissenschaftler immer wieder, sich mit diagnostischen Methoden auseinanderzusetzen und diese zu überarbeiten. Aufgrund der hohen Prävalenz der Faktor-V-Mutation ist eine umfassende Gerinnungsdiagnostik ohne Überprüfung des Protein-C-Systems undenkbar. Unter Berücksichtigung ökonomischer Interessen kommt dabei vorgeschalteten Suchmethoden eine besondere Bedeutung zu. Bisher konnten Störungen des Protein-C-Systems nur mit Einzeltesten erfaßt werden, was mit einem hohen Untersuchungsaufwand einherging. Im Rahmen des Thrombophiliescreenings scheint es daher sinnvoll, vor Bestimmung der einzelnen Komponenten, einen sogenannten Suchtest voranzustellen. In Abhängigkeit von dem Testergebnis kann dann das weitere Vorgehen festgelegt werden. Ein Screeningtest zur Erfassung von Störungen im Protein-C-System ist der ProC® GlobalTest. In der vorliegenden Arbeit soll Stellung zur Sensitivität und Spezifität dieses Testes bezogen werden. 2. Gegenwärtiger Erkenntnisstand und offene Fragen Störungen der Hämostase, die sich klinisch durch Blutungsneigung oder durch thromboembolische Erscheinungen ausdrücken, haben große Bedeutung sowohl für den einzelnen Patienten als auch für die Gesundheitspolitik. Die Kosten für Diagnostik und Therapie thromboembolischer Erkrankungen beliefen sich in den letzten Jahren in den alten Bundesländern auf 12 Milliarden DM pro Jahr. Mit der zunehmenden Aufdeckung erblicher Störungen im Gerinnungssystem und deren Nachweis geht eine gesteigerte Ursachenklärung thromboembolischer Ereignisse einher. Durch genaue Kenntnis der zugrundeliegenden Störung kann für den Betroffenen neben einer entsprechenden Therapie, in bestimmten Situationen ein gesteigertes Thromboserisiko abgeschätzt und eine adäquate Thromboseprophylaxe durchgeführt werden. Des weiteren können durch gezielte Familienuntersuchungen asymptomatische Merkmalsträger aufgedeckt werden, bei denen in bestimmten Expositionssituationen durch konsequente Thromboseprophylaxe das Auftreten thromboembolischer Ereignisse vermeidbar ist. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit der Entwicklung geeigneter Testsysteme zum Nachweis hereditärer Gerinnungsdefekte. Die Frage nach dem Blutungsrisiko ist im allgemeinen durch routinemäßig schnell durchführbare Globalteste, wie Thromboplastinzeit, aktivierte partielle Thromboplastinzeit und Thrombozytenzahl, feststellbar. Die Frage nach einem gesteigerten Thromboserisiko hingegen ist schwerer zu beantworten, da neben den thrombosebegünstigenden klassischen Risikofaktoren wie Immobilisation, Operation, Infektionen, Schwangerschaft und Einnahme oraler Kontrazeptiva eine genetische Disposition zu berücksichtigen ist. Aus ökonomischer Sicht und in Kenntnis der Vielfalt dieser Defekte gewinnen Screeningtests zunehmend an Bedeutung. Da bekannt ist, daß ca. 80% aller heute meßbaren „thrombophilen Faktoren“ das Protein-C-System betreffen, wäre es sinnvoll, für diese mit Abstand häufigsten Veränderungen einen Screeningtest verfügbar zu haben, der Veränderungen innerhalb des Protein-C-Systems erkennt. Dieser soll einfach und in jedem Labor durchführbar sein. Durch die Besonderheit der Screeningteste, mehrere Komponenten eines bestimmten Systems zu erfassen, haben diese Teste Vorteile gegenüber der gezielten Bestimmung einer Einzelkomponente. Da man davon ausgehen kann, daß die Summe aller derzeit verfügbaren Parameter immer noch nicht die vollständige biologische Realität erfaßt, kann eine unerklärliche Aktivitätsminderung eines Screeningtestes Hinweise auf bisher unbekannte Gerinnungsdefekte geben, wenn gleichzeitig sämtliche, zu diesem Zeitpunkt bekannte Einzelkomponenten des betroffenen Systems im Normbereich liegen. Im Gegensatz zu den herkömmlichen funktionellen Testsystemen zum Nachweis einer APC-Resistenz ist ProC® Global ein Suchtest zur Erfassung der antikoagulatorischen Kapazität des gesamten Protein-C-Systems im humanen Plasma. Das heißt, daß das Testergebnis vom Verhalten des Protein-C-Systems in der untersuchten Probe abhängig ist (49, 61). Das als ProC® Global bezeichnete Testverfahren wurde 1997 eingeführt. In Abhängigkeit vom jeweiligen Testergebnis kann entschieden werden, ob ein hereditärer oder erworbener Defekt im Protein-C-System unwahrscheinlich ist oder ob mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Störung vorliegt. Dadurch wäre es möglich, Patienten mit normalem Testergebnis von einer aufwendigen und kostenintensiven weiterführenden Diagnostik auszuschließen oder bei positivem Ergebnis eine genaue Analyse des Protein-C-Systems vorzunehmen. Nach entsprechenden Untersuchungen (5, 38, 93) sind ca. 90% aller Probanden mit einer verringerten APC-Sensitivität Träger der Faktor-V-Mutation, d.h., daß mit diesem Test der derzeit am häufigsten vorkommende erbliche Gerinnungsdefekt nachgewiesen werden kann. Ebenso werden hereditäre oder erworbene Protein-C- oder Protein-S- Mangelzustände, sowie erhöhte Faktor-VIII-Konzentrationen oder Phospholipidantikörper (Lupusantikoagulans) erfaßt. Wird eine Plasmaprobe vor der APTT-Messung mit einer standardisierten Menge APC über einen definierten Zeitraum inkubiert, kommt es normalerweise zum proteolytischen Abbau der Faktoren Va und VIIIa. Somit wird die Thrombinbildung verlangsamt und die Zeit bis zur Fibrinbildung verlängert. Bei den herkömmlichen funktionellen Testsystemen zum Nachweis einer APC-Resistenz wurde die Gerinnungskaskade durch direkten Zusatz von APC gestartet. Im Gegensatz dazu wird beim ProC® Global-Test das zu untersuchende Plasma mit einem Protein-CAktivator (Bestandteil des Schlangengiftes von Agkistrodon contortrix) versetzt. Ein Vorteil des Protein-C-Aktivators besteht darin, daß er stabiler als APC ist und auch durch Einfrieren diese Stabilität nicht verliert (21, 95). Unter Zugabe von Calciumionen wird endogenes Protein C aktiviert und somit die intrinsische Gerinnungskaskade gestartet. Das aktivierte Protein C inaktiviert im Zusammenspiel mit dem in freier Form vorkommendem Protein S die Cofaktoren Va und VIIIa. So wird die Zeit bis zur Gerinnselbildung verlängert, wobei in Plasmen mit verringerter Wirkung des Protein-C-Systems die Gerinnungszeit weniger stark verlängert ist. Die so bestimmte Zeit wird als PCAT (Protein C Activity dependent Clotting Time) bezeichnet. Zur Erkennung von Störfaktoren wie hohe Heparinkonzentrationen oder Mangel an prokoagulatorischen Faktoren dient eine als PCAT/0 bezeichnete Verfahrensweise. Hierbei wird statt des Protein-C-Aktivators ein Puffer mit Heparin-Neutralisator zugesetzt. Die PCAT/0 soll kleiner oder gleich 60 Sekunden sein. Ansonsten besteht die Gefahr, daß eine verringerte Kapazität des Protein-C-Systems durch eine Verlängerung der Gerinnungszeit überlagert wird. Bei Verlängerung der PCAT/0 >60 sec wird eine Vorbehandlung mit einem heparinabbauenden Enzym empfohlen. Die beiden bestimmten Zeiten PCAT und PCAT/0 werden nachfolgend ins Verhältnis zueinander gesetzt. Durch Zugabe von Faktor-V-Mangelplasma wird der Einfluß anderer Faktoren minimiert. Vom Hersteller ist sichergestellt, daß das Faktor-V-Mangelplasma eine normale Konzentration an Faktor VIII enthält, da sonst eine Verfälschung der Ergebnisse durch zu hohe (falsch positive) oder zu niedrige (falsch negative) Konzentrationen an Faktor VIII in der Patientenprobe nicht ausgeschlossen werden kann. Ein unter Zugabe von Faktor-VMangelplasma erhaltener verminderter Wert ist fast ausschließlich auf die Mutation im Faktor-V-Gen zurückzuführen. Auch kann durch Zugabe von Faktor-V-Mangelplasma das Vorliegen der APC-Resistenz im Plasma von Patienten unter oraler Antikoagulation getestet werden. Nach einigen Untersuchungen (50, 60, 91) sind die Ergebnisse der mit Faktor-V-Mangelplasma untersuchten antikoagulantienhaltigen Proben vergleichbar mit den Ergebnissen, welche von antikoagulantienfreien Proben erhalten wurden. Diese Beobachtungen wurden sowohl an Plasmen mit APC-Resistenz als auch an Plasmen ohne APC-Resistenz gemacht. Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht darin, Daten darüber zu beschaffen, in welchem Maß der ProC® Global-Test als Screeningmethode für thrombophile Zustände verwendbar ist. 2.1. Hereditäre Thrombophilie Die physiologische Blutstillung befindet sich in einem sensiblen Gleichgewicht von fördernden und hemmenden Reaktionspartnern. Störungen dieses ausgewogenen Systems führen entweder zur reduzierten Blutstillung, auch hämorrhagische Diathese genannt, oder gehen mit einer Tendenz zur erhöhten Gerinnungsneigung, der thrombophilen Diathese oder Thrombophilie einher. Nach Lechner (51) kann „Thrombophilie als ein Zustand definiert werden, bei dem das Risiko des Auftretens thromboembolischer Erkrankungen erhöht ist und der zugrundeliegende Risikofaktor in Störungen der Hämostase oder der Fibrinolyse besteht“. Zur Aufrechterhaltung der Fluidität des Blutes und der Durchgängigkeit der Gefäße sind eine intakte Endothelfunktion und das Vorhandensein physiologischer Inhibitoren der plasmatischen Gerinnungsfaktoren erforderlich. Sind diese komplexen Interaktionen gestört, kann es zur Blutgerinnung am falschen Ort und damit zur Entstehung thromboembolischer Komplikationen kommen. Thrombophile Reaktionslagen kommen bei bestimmten genetischen Defekten, verschiedenen Krankheitsbildern oder passageren Zuständen vor. Als Ursachen wären Mangel oder Dysfunktion einer der physiologischen Gerinnungsinhibitoren, hier insbesondere von AT III, Protein C und Protein S, bestimmte Formen der kongenitalen Dysfibrinogenämie, ein vermindertes fibrinolytisches Potential, Lupusantikoagulanzien, proteolytische Enzyme, und nicht zuletzt die Mutation im FaktorV-Gen, zu nennen. Aber auch bei Vorhandensein bestimmter exogener Faktoren wie z.B. Immobilisation, Operation, Schwangerschaft und orale Kontrazeption wird die Thrombinbildung induziert. Nach Vogel (96) kann die Entstehung einer Thrombose in ähnlicher Weise wie die einer Infektionskrankheit beschrieben werden. Danach manifestiert sich die Krankheit, wenn bei gegebener Disposition eine Exposition erfolgt. Die Disposition beinhaltet dabei die häufig sogar lebenslang bestehende Veränderung im Hämostasesystems, die Exposition ergibt sich aus o. g. exogenen Faktoren. So kann bei extremer Exposition bereits bei geringster Disposition eine Thrombose entstehen. Umgekehrt reicht bei starker Disposition oftmals eine nur minimale Expositionssituationen Exposition häufig zur nicht Ausbildung umgehen einer lassen, Thrombose. ist für eine Da sich adäquate Thromboseprophylaxe die Kenntnis einer Disposition von besonderer Wichtigkeit. Hereditäre Thrombophilie umfaßt die Gesamtheit der Zustände, bei denen die Hyperkoagulabilität auf angeborene o. g. Defekte zurückzuführen ist. Am häufigsten lassen sich Mangel oder Dysfunktion der Gerinnungsinhibitoren als auslösende Defekte identifizieren, zu denen neben AT III vor allem das Protein-C-System gehört. 2.1.1. Thrombophiliediagnostik Die Durchführung einer entsprechenden Thrombophiliediagnostik ist angezeigt bei Patienten mit venöser Thrombose vor dem 40. Lebensjahr, bei Patienten mit ungewöhnlichem arteriellen Verschluß, insbesondere intracraniellen, bei Frauen mit wiederholtem Abort und bei Patienten mit rezidivierenden Thromboembolien oder atypischen venösen Thrombosen (z.B. Mesenterialvenenthrombose). Auch sollte bei Patienten mit Autoimmunerkrankungen, bei Thrombosen aus geringfügiger oder nicht eruierbarer Ursache, den sogenannten „Spontanthrombosen“ und bei familiärer Thrombosehäufung eine Thrombophiliediagnostik erfolgen. Aufgrund des hohen Vorherrschens der Faktor-V-Mutation und des nachgewiesenen gesteigerten Thromboserisikos bei gleichzeitiger Einnahme oraler Kontrazeptiva wird die Durchführung einer entsprechenden Diagnostik auch vor Erstverschreibung hormoneller Verhütungsmittel diskutiert (92). Zur Prävention einer Rezidivthrombose, zur Abschätzung der Dauer einer oralen Antikoagulation nach stattgehabter Thrombose und zur Beurteilung des Thromboserisikos bei erforderlicher Immobilisation ist zur Durchführung einer adäquaten Thromboseprophylaxe eine umfassende Thrombophiliediagnostik unumgänglich. Auch empfiehlt es sich, bei Nachweis eines Gerinnungsdefektes bei symptomatischen Patienten und deren blutsverwandten Familienangehörigen eine umfassende Gerinnungsdiagnostik durchzuführen, da durch mehrere Studien (44, 45) belegt ist, daß genetische Inhibitordefekte kombiniert auftreten können, wodurch das Thromboserisiko gesteigert wird. Insbesondere bei jungen Patienten mit Manifestation thromboembolischer Ereignisse ohne Risikofaktoren sind ursächlich genetische Defekte der Blutgerinnung zu vermuten. Für die Abklärung einer hämorrhagischen Diathese stehen empfindliche Sreeningteste zur Verfügung. Das Thromboembolierisiko ist hingegen sehr viel schwerer abzuschätzen, da zur umfassenden Abklärung eine Vielzahl z. T. aufwendiger und kostenintensiver Untersuchungen erforderlich ist. Außerdem sind diese Testsysteme nur in Speziallaboratorien durchführbar. Da Störungen im Protein-C-System, hier insbesondere die Faktor-V-Mutation, die häufigsten hereditären Ursachen thrombophiler Diathese darstellen, wäre die Anwendung eines Sreeningtests zur Feststellung der Funktionalität des Protein-C-Systems ein wichtiger richtungsweisender Vortest, welcher ökonomisch vertretbar, routinemäßig in jedem Labor durchführbar sein sollte. Neben der Testung auf APC-Resistenz umfaßt eine ausführliche Thrombophiliediagnostik die Bestimmung der AT-III-Aktivität und ggf. der Konzentration, die Bestimmung der funktionellen Aktivität des Protein C sowie der Protein-C-Konzentration, die Bestimmung der Protein-S-Aktivität einschließlich des Anteils des freien Protein S an der Gesamtkonzentration. Die Thrombophiliediagnostik beinhaltet weiterhin die Untersuchung der Fibrinolysekapazität, die Bestimmung der Faktor-VIII-Konzentration und der Thrombozytenanzahl, die Bestimmung von Homocystein und des Prothrombinspiegels, sowie die Testung auf Phospholipidantikörper. Die Bestimmung des Tissue factor pathway inhibitors (TFPI) steht erst seit kurzer Zeit zur Verfügung. 2.2. Das Protein-C-System Die hoch effizienten prokoagulatorischen Reaktionen von Thrombin sind physiologisch wichtig an Standorten vaskulärer Verletzung und Voraussetzung einer effizienten Hämostase. Jedoch können dieselben Reaktionen zu einer Bedrohung des Organismus werden, wenn diese Mechanismen unkontrolliert ablaufen (16). Während AT III eine direkte Hemmwirkung auf Thrombin ausübt, indem es einen irreversiblen ThrombinAntithrombin-Komplex bildet, wirkt Protein C indirekt durch Hemmung der Thrombinaktivierung. Die Aktivierung von Protein C selbst erfolgt durch einen Komplex von Thrombin mit membrangebundenen Thrombomodulin. Somit erfährt Thrombin eine Wandlung von einem prokoagulatorischen zu einem antikoagulatorischen Enzym. Thrombomodulin wird von den Endothelzellen synthetisiert und hat neben seiner Rezeptorfunktion für Thrombin eine Cofaktorfunktion bei der Aktivierung von Protein C. Aktiviertes Protein C zerstört die aktivierten Cofaktoren Va und VIIIa. Damit wird die Neubildung von Thrombin und letztlich auch Fibrin drastisch reduziert. Verstärkt wird diese Reaktion durch Protein S als Cofaktor. Störungen des Protein-C-Systems können prinzipiell an verschiedenen Stellen entstehen: - Protein-C-Mangel bzw. funktioneller Protein-C-Defekt - Protein-S-Mangel bzw. funktioneller Protein-S-Defekt - Phospholipidantikörper (Lupusantikoagulanzien) - Faktor-V-Mutation Störungen dieses sensiblen Systems können auch durch erhöhte Faktor-VIII-Spiegel vorgetäuscht werden. Insbesondere die Mutation im Faktor-V-Gen ist aufgrund ihrer Häufigkeit von besonderem Interesse. 2.2.1. Protein C 2.2.1.1. Struktur und Wirkungsmechanismus Protein C ist ein Proenzym, welches Vitamin-K-abhängig in der Leber als einkettiges Polypeptid synthetisiert wird (98). Es besteht aus einem hydrophoben Signalopeptid und einem Propeptid. Das Signalopeptid ist für das Processing und die Sekretion notwendig, während das Propeptid die Erkennungssequenz für das y-Carboxylasesystem enthält, durch das bestimmte Glutaminsäurereste Vitamin-K-abhängig zu y-Carboxyglutaminsäure carboxyliert werden. Erst nach dieser letzten Synthesestufe erlangt Protein C seine Funktionsfähigkeit. Das einkettige Molekül wird im Golgi-Apparat in ein zweikettiges Molekül gespalten und in einem weiteren Schritt glykolysiert. Das im Plasma zirkulierende Glykoprotein hat ein Molekulargewicht von 62 kD und besteht aus einer leichten und einer schweren Kette. Beide sind durch eine Disulfidbrücke miteinander verbunden. In der leichten Kette sind die y-carboxylierten Glutaminsäurereste, welche für die calciumabhängige Bindung des Proteins an Phospholipidoberflächen erforderlich sind, enthalten. Die schwere Kette trägt das aktive Zentrum der Serinprotease und das Aktivierungspeptid, das bei der Aktivierung des Proenzyms durch Thrombin abgespalten wird. Die normale Plasmakonzentration beträgt 2-6 mg/l bzw. 65- 150%, die Halbwertszeit liegt zwischen 6-8 Stunden. Seit der Aufklärung der Nukleotidsequenz des Protein-C-Gens sind sehr viele Mutationen identifiziert worden. In der von Reitsma et al. (69) zusammengestellten Database sind 160 verschiedene Mutationen enthalten. Protein C wird durch den Thrombin-Thrombomodulin-Komplex aktiviert und inaktiviert durch proteolytische Spaltung die Gerinnungsfaktoren Va und VIIIa unter Mitwirkung negativ geladener Phospholipide, Calciumionen und Protein S. Wahrscheinlich wirkt bei der Inaktivierung von Faktor VIIIa neben Protein S auch intakter Faktor V (17, 94). Der mutierte Faktor V kann diese Cofaktorfunktion nicht mehr wahrnehmen, woraus das prokoagulatorische System eine weitere Stärkung bezieht. Zusätzlich steigert aktiviertes Protein C die fibrinolytische Aktivität durch Bindung des Plasminogen-AktivatorInhibitors (98). In vitro kann Protein C in Gegenwart von Calciumionen und Phospholipiden durch den Bestandteil eines Schlangengiftes, das den Herstellernamen Protac trägt, aktiviert werden. Durch Komplexbildung mit Protein-C-Inhibitor wird Protein C inaktiviert. Neben Thrombosen der tiefen Beinvenen und oberflächlichen Thrombophlebitiden sind auch atypische Thromboembolien (Mesenterial- und Hirnvenenthrombosen) beobachtet worden. Als eine besondere Manifestationsform des Protein-C-Mangels ist die Kumarinnekrose zu Beginn einer Therapie mit oralen Antikoagulanzien zu nennen. Als Ursache dieser Erscheinung wird eine initiale Verschiebung des Gerinnungsgleichgewichtes zugunsten der prokoagulatorischen Faktoren verantwortlich gemacht. Infolge der unterschiedlichen Halbwertszeiten der Gerinnungsfaktoren kommt es zum Überwiegen der Gerinnung, wobei beim vorbestehenden Protein-C-Defekt der kritische Punkt der intravasalen Gerinnung im Bereich der Hautgefäße früher erreicht wird und dadurch die Hautnekrose entsteht. 2.1.1.2. Genetische Defekte Protein-C-Defekte werden autosomal-dominant vererbt. Wie beim AT-III-Mangel unterscheidet man beim angeborenen Protein-C-Mangel zwei Formen. Der Protein-CMangel vom Typ I geht mit einer verminderten Konzentration und Aktivität einher, wohingegen der Typ II durch eine erheblich verminderte Funktion bei normaler Plasmakonzentration infolge Synthese eines abnormalen Protein-C-Moleküls gekennzeichnet ist (69). Den Typ-II-Defekten liegen unterschiedliche Mutationen des Protein-C-Gens zugrunde, so daß der Protein-C-Mangel formalgenetisch homozygot, heterozygot und „compound-heterozygot" vererbt werden kann. Heterozygote Defekte werden zu 5-8% bei jungen Patienten mit klinisch manifester erster Thrombose angetroffen (35). Im Alter von 45 Jahren hat ungefähr die Hälfte dieser Merkmalsträger ein thromboembolisches Ereignis durchgemacht (2). Dabei handelt es sich oft um Spontanthrombosen oder es liegen geringfügige Expositionen zugrunde. Die Häufigkeit in der Gesamtbevölkerung beträgt 0,2% (84). Sowohl der homozygote als auch der „compound-heterozygote“ Protein-C-Mangel manifestieren sich wenige Stunden nach der Geburt mit dem klinischen Bild der Purpura fulminans und enden, sofern nicht sofort eine entsprechende Substitution eintritt, letal. Die klinische Erscheinung der Thrombophilie des heterozygoten Protein-C-Mangels variiert zwischen einer ausgeprägten Thromboseneigung und einer fehlenden Thrombosedisposition trotz vergleichbarer Verminderung der Protein-C-Konzentration. Dieser Erscheinung trägt die hypothetische Benennung „klinisch autosomal dominant“ und „klinisch autosomal rezessiv“ Rechnung. Derzeit geht man davon aus, daß die unterschiedliche Ausprägung der Thromboseneigung auf der Kombination mehrerer genetischer Defekte beruht. Die Annahme, daß diese Diskrepanz auf die unterschiedlichen Mutationen des Protein-C-Gens zurückzuführen sind, wurde nicht bestätigt (20). Koelemann et al. (44) zeigten in einer Studie, daß 19% der Personen mit einem heterozygoten Protein-C-Mangel gleichzeitig heterozygot für die Faktor-V-Leiden Mutation sind und Träger beider Defekte früher und häufiger eine Thrombose entwickelten. Eine andere Studie beschreibt ein gehäuftes Auftreten der heterozygoten Faktor-V-Mutation beim symptomatischen Protein-S-Mangel (45). 2.2.1.3. Erworbene Mangelzustände von Protein C Erworbene Ursachen eines Protein-C-Mangels treten als Synthesestörungen insbesondere bei Lebererkrankungen, bei Vitamin-K-Mangel oder auch unter Kumarintherapie auf. Erhöhter Umsatz von Protein C kommt bei der Verbrauchskoagulopathie, postoperativ, nach Polytrauma, bei insulinpflichtigem Diabetes mellitus und bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz vor. 2.2.1.4. Labordiagnostik Die Bestimmung von Protein C kann immunologisch (ELISA, Laurell-Elektrophorese) oder funktionell durch Testung des Inaktivierungsvermögens von aktiviertem Protein C auf Faktor VIIIa und Faktor Va erfolgen, wobei letztere sowohl Defekte vom Typ I als auch Defekte vom Typ II erfaßt. Dadurch bedingt wird der letzteren Bestimmungsmethode der Vorzug gegeben. Praktisch wird die vorverdünnte Probe mit Protein-C-Mangelplasma versetzt. Dann erfolgt die Zugabe eines Schlangengiftbestandteiles, welches Protein C aktiviert. Da der Testansatz alle Gerinnungsfaktoren im Überschuß enthält, hängt die Verlängerung der Gerinnungszeit in Bezug zur gemessenen Gerinnungszeit ohne ProteinC-Aktivierung allein von der Protein-C-Aktivität der Probe ab. Bei der Auswertung der erhaltenen Ergebnisse ist der Zeitpunkt der Probeentnahme von besonderer Bedeutung. Da die funktionellen Testsysteme auch verschiedene andere Gerinnungskomponenten erfassen, ist bei der Blutentnahme in der akuten Phase einer Thrombose zu bedenken, daß Faktor-VIII-Konzentrationen als Ausdruck einer Akuten-Phase-Reaktion erhöht sind und die koagulometrisch arbeitenden Testsysteme positiv ausfallen können, auch wenn normale Protein-C-Spiegel vorliegen. Andererseits werden unter oraler Antikoagulation verminderte Protein-C-Spiegel gemessen, da die Proteinsynthese Vitamin-K-abhängig ist. 2.2.2. Protein S 2.2.2.1. Struktur und Wirkungsmechanismus Protein S ist wie Protein C ein Vitamin-K-abhängiges Plasmaprotein. Bildungsorte sind neben der Leber auch Endothelzellen und Megakaryozyten, so daß es, im Gegensatz zum Protein C, bei Lebererkrankungen kaum vermindert ist. Ebenso wie beim Protein C ist das Signalopeptid verantwortlich für das intrazelluläre Processing, während das Propeptid die Erkennungssequenz für das y-Carboxylasesystem enthält. Es entsteht als einkettiges Molekül und wird intrazellulär glykolysiert. Das Molekulargewicht beträgt 69 kD. Die Gesamtplasmakonzentration beträgt 20-25mg/l bzw. 60-120%. Davon liegen im Normalfall 7-10mg/l bzw. 23-49% in freier Form vor. Protein S fungiert als Cofaktor des aktivierten Protein C bei der Inaktivierung der Faktoren Va und VIIIa und wirkt somit gleichfalls als Inhibitor im Gerinnungssystem (98). Protein S hat eine hohe Affinität zu negativ geladenen Phospholipidoberflächen, an die es in Gegenwart von Calciumionen das aktivierte Protein C bindet. Protein S kommt im Plasma zu 40% als freies Protein vor. Nur dieser Anteil ist funktionell aktiv (42). 60% sind an das C4b-BP gebunden. C4b-BP fungiert als Regulatorprotein des klassischen Komplementsystems und besteht aus 7 identischen y-Ketten und einer einzelnen ß-Kette. Über diese ß-Kette bindet C4b-BP an Protein S. Die Ankopplung von Protein S an C4b-BP stört nicht die Funktion von C4b-BP als Regulatorprotein der Komplementkaskade, jedoch kann an C4b-BP gebundenes Protein S nicht als Gerinnungsinhibitor fungieren. Im Plasma liegen alle C4b-BP Moleküle, die eine ß-Kette erhalten, an Protein S gekoppelt vor. So wird die Konzentration des freien Protein S von der Plasmakonzentration des C4bBP bestimmt. Damit ist verständlich, daß der bei Entzündungsreaktionen beobachtete Anstieg der C4b-BP-Plasmakonzentration mit einem Abfall der Konzentration von freiem, gerinnungsphysiologisch wirksamen Protein S einhergeht. Wie beim Protein-C-Mangel kommt es gehäuft zum Auftreten vorwiegend venöser Thromboembolien oder oberflächlicher Thrombophlebitiden; es scheinen jedoch häufiger arterielle Thrombosen vorzukommen (1). 2.2.2.2. Genetische Defekte Ebenso wie der Protein-C-Mangel wird der Protein-S-Mangel autosomal dominant vererbt. Der hereditäre, heterozygote Protein-S-Mangel ist mit einem erhöhten Risiko für thromboembolische Komplikationen assoziiert und klinisch dem Protein-C-Mangel sehr ähnlich (98). Die Prävalenz des heterozygoten Defektes wird bei Patienten mit thromboembolischen Erkrankungen zwischen 2-5% und 5-8% angegeben (16, 35). Die Häufigkeit in der Gesamtbevölkerung ist nicht bekannt. Das gesteigerte Thromboserisiko soll nach vorliegenden Familienstudien ähnlich dem eines Protein-C-Mangels und einer heterozygoten Faktor-V-Mutation sein. Es werden 3 Typen des hereditären Protein-S-Mangels unterschieden (55). Der Typ I umfaßt eine Verminderung der Konzentration und somit auch der Aktivität sowohl des gesamten als auch des freien Protein S. Beim Typ II ist ausschließlich die Protein-S-Aktivität bei normaler Konzentration des gesamten und freien Protein S vermindert. Der Typ III hingegen ist durch eine verringerte Konzentration des freien Protein S und somit einer verminderten Aktivität bei normaler Konzentration des gesamten Protein S gekennzeichnet. Bisher sind vom Typ III nur Einzelfälle berichtet worden. Es ist derzeit noch unklar, ob es sich bei diesem Typ wirklich um einen hereditären Defekt oder um eine reaktive Erkrankung im Rahmen der Komplementaktivierung handelt. Die homozygote Form des Protein-S-Mangels verursacht, ebenso wie homozygoter Protein-C-Mangel, das klinische Bild der Purpura fulminans. 2.2.2.3. Erworbene Mangelzustände von Protein S Erworbener Protein-S-Mangel kann im Rahmen von Synthesestörungen, wie z.B. bei Lebererkrankungen, Vitamin-K-Mangel oder unter Kumarintherapie vorkommen. Protein S wird im Gegensatz zum Protein C auch in Endothelzellen oder Megakaryozyten gebildet. Daher ist Protein S bei Patienten mit schweren Lebererkrankungen im Vergleich zu Gesunden zwar signifikant, jedoch nicht so stark wie Protein C vermindert. Protein S kann ebenfalls durch enteralen oder renalen Verlust reduziert sein. Zusätzlich kommt es bei entzündlichen Krankheitsbildern zu einer Verminderung des freien Protein S durch Erhöhung des C4b-BP, so daß beim nephrotischen Syndrom oder bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen zwei voneinander unabhängige Mechanismen zu einer Konzentrationsminderung des freien Protein S führen. Grundsätzlich ist bei allen Erkrankungen, die mit einer Aktivierung des Komplementsystems einhergehen (entzündliche Erkrankungen, Malignome), von einer C4b-BP vermittelten Reduzierung des freien Protein-S-Anteils auszugehen. Physiologischer Protein-S-Mangel wird in der Schwangerschaft beobachtet und erreicht zum Geburtstermin seinen Höhepunkt. Ähnlich wie in der Schwangerschaft kommt es durch die Gabe oraler Kontrazeptiva zu einem Protein-S-Abfall, wobei dieser Abfall von der verabreichten Östrogenkonzentration abhängig ist. 2.2.2.4. Labordiagnostik Die Bestimmung von Protein S kann als Aktivitätsbestimmung koagulometrisch oder immunologisch mittels ELISA oder Laurell-Elektrophorese erfolgen (4). Durch geeignete Verfahren wird zwischen gesamtem Protein S, freiem Protein S und gebundenem Protein S unterschieden. Wie beim Protein-C-Mangel können Bestimmungen während einer Akuten-PhaseReaktion zu falsch positiven Ergebnissen führen. Unter oraler Antikoagulation sind ebenso verminderte Konzentrationen zu erwarten. 2.2.3. Phospholipidantikörper 2.2.3.1. Pathophysiologie und Klinik Phospholipidantikörper sind eine heterogene Familie von Immunglobulinen (IgG, IgM), welche die Fähigkeit besitzen, Phospholipid-Protein-Komplexe zu erkennen und zu binden (10). Paradoxerweise führt ihre Anwesenheit in vitro zu einer Verlängerung der Gerinnungszeit und in vivo zur Thromboseneigung. Ihre Gegenwart ist mit einem gesteigerten Risiko für das Auftreten arterieller und venöser Gefäßverschlüsse, rezidivierenden intrauterinen Fruchttodes und einer meist leichten Thrombozytopenie verbunden. Das Vorhandensein all dieser Störungen wird als Antiphospholipidsyndrom bezeichnet. Die Prävalenz für thromboembolische Ereignisse wird mit ca. 30% angegeben (4). Historisch wurde diese Gruppe von Antikörpern häufig präoperativ vor geplanter Tonsillektomie oder Adenoidektomie bei Kindern gefunden, wobei die verlängerten Gerinnungszeiten nicht selten zu einer Zurückstellung der geplanten Operation und einer aufwendigen Labordiagnostik führten, ohne das eine Thromboseneigung bestand (59). Phospholipdantikörper werden klassifiziert in autoimmun und alloimmun (88, 89). Zu den erstgenannten zählen Antikörper, welche in Verbindung mit systemischen Lupus erythematodes und anderen Bindegewebskrankheiten auftreten. Zu Letzteren gehören die Phospholipidantikörper, die bei Infektionskrankheiten oder Malignomen nachgewiesen werden. Weiterhin können Phospholipidantikörper in Anticardiolipin-Antikörper und Lupusantikoagulanzien unterteilt werden. Lupusantikoagulanzien sind die häufigsten erworbenen Gerinnungsinhibitoren. Definiert werden sie als Immunglobuline, die phospholipidabhängig in vitro zu einer Verlängerung der Gerinnungszeit führen, ohne die Aktivität bestimmter Gerinnungsfaktoren zu hemmen (88). Zwei Plasmaproteine, ß2-Glucoprotein I und Prothrombin wirken als Cofaktoren, indem sie die Bindung an die Phospholipide vermitteln. Durch verschiedene Untersuchungen (9, 33) wurde gezeigt, daß Immunglobuline IgG oder IgM, welche aus lupusantikoagulanzienhaltigen Plasmen isoliert wurden, die Aktivierung von Protein C durch den Thrombin-Thrombomodulin-Komplex oder die Bindung von Thrombin an Thrombomodulin hemmen. Andere Autoren (7, 63) fanden ein reduziertes Tempo der Inaktivierung des Faktors Va durch aktiviertes Protein C bei Patienten mit Lupusantikörpern, wahrscheinlich bedingt durch die Protein S vermittelte, gestörte Bindung von APC an Phospholipidoberflächen. Außerdem demonstrierten Freyssinet et al. (33), daß die durch Phospholipide hervorgerufene Steigerung der Thrombomodulinaktivität durch Zugabe von o.g. Immunglobulinen neutralisiert wird. Des Weiteren wurde gezeigt, daß in Seren von Patienten mit systemischem Lupus erythematodes auch Antikörper gegen Endothelialzellantigene anwesend waren, die eine vaskuläre Verletzung bewirken können und darüber eine Gerinnungsaktivierung erfolgen kann (11). Da Lupusantikoagulanzien zuerst beim systemischen Lupus erythematodes nachgewiesen wurden, werden sie fälschlicherweise so bezeichnet. Sie sind aber auch bei einer Reihe anderer Erkrankungen, lymphoproliferativen insbesondere Erkrankungen bei nachweisbar. Autoimmunerkrankungen Daneben findet man oder sie bei dialysepflichtigen Patienten, im Rahmen eines Myokardinfarktes, medikamentös induziert (Phenothiazine, Penicillin) oder auch spontan. Sie können auch in Verbindung mit Infektionskrankheiten (Hepatitis C, Malaria, Infektionen mit Pneumocystis carinii) auftreten und verschwinden nach der Genesung (30, 66). Mit dem Auftreten von Lupusantikoagulanzien können Hypoprothrombinämien, Autoimmunthrombozytopenien oder Thrombozytenfunktionsstörungen vergesellschaftet sein, woraus eine erhöhte Blutungsneigung resultieren kann. Die klinische Bedeutung liegt jedoch im gehäuften Auftreten thromboembolischer Komplikationen (75, 89). 1963 wurde erstmalig von Bowie und Mitarbeitern (8) über eine Beziehung zwischen Thrombose und Phospholipidantikörpern berichtet. Die häufigsten venösen thromboembolischen Komplikationen sind die tiefe Beinvenenthrombose mit oder ohne Lungenembolie und die häufigsten arteriellen Ereignisse cerebrale Ischämien (88). Schwangere mit einem Lupusantikoagulans haben ein erhöhtes Risiko bezüglich eines Abortes oder intrauterinen Fruchttodes, verursacht durch plazentare Thrombose oder Ischämie (87). 2.2.3.2. Diagnostik der Phospholipidantikörper Diagnostisch hinweisend ist eine verlängerte PTT, nicht selten in Verbindung mit einer leichten Thrombozytopenie. Der Nachweis von Lupusantikoagulanzien erfolgt mittels Plasmaaustauschversuch, durch Bestimmung der Kaolin clotting time oder durch Bestimmung der Russell Viper venom time (4). Beim Plasmaaustauschversuch werden Patientenplasma und Normalplasma in verschiedenen Konzentrationen miteinander vermischt und die PTT gemessen. Der Test ist positiv, wenn die Gerinnungszeit in der 1:1Mischung von Patientenplasma und Normalplasma um mindestens 5 sec verlängert ist. Die Bestimmung der Kaolin clotting time ist der derzeit empfindlichste Test. Dazu wird das zu untersuchende Plasma mit dem Oberflächenaktivator Kaolin inkubiert und dann rekalzifiziert. Auch dieser Test gilt als positiv, wenn die gemessene Gerinnungszeit des Mischplasmas um mindestens 5 sec verlängert ist. Bei der zuletzt genannten Methode aktiviert ein Enzym, welches im Gift der Russell-Viper enthalten ist, den Faktor X direkt in Anwesenheit von Phospholipiden. Da dabei Einflüsse von möglichen Verminderungen der Vorphasen-Faktoren umgangen werden, kann mit diesem Test differentialdiagnostisch zwischen Lupusantikoagulans und Faktor-VIIIInhibitor unterschieden werden. Die Auswahl geeigneter Testsysteme hängt davon ab, ob Sensitivität oder Spezifität im Vordergrund stehen. Wird besonderes Augenmerk auf die Sensitivität gelegt, empfiehlt sich die Anwendung der Kaolin clotting time. Wenn die Spezifität wichtiger ist, sollte die Russell viper venom time bestimmt werden. 2.2.4. Erhöhte Faktor-VIII-Spiegel 2.2.4.1. Pathophysiologie und Klinik Bezugnehmend auf die Leiden-Thrombophilie-Studie (93) stellen hohe Faktor-VIIIKonzentrationen einen wichtigen Risikofaktor für das Auftreten thromboembolischer Erkrankungen dar. Nach Angaben von Siegemund et al. (81) sind hohe Faktor-VIII:CSpiegel (>150%) häufiger als alle bisher bekannten angeborenen und erworbenen thrombogenen Risikofaktoren. Das relative Thromboserisiko steigt mit der Höhe der gemessenen Aktivität und geht bei hohen Faktor-VIII-Aktivitäten (>150%) mit einem 4,8fach gesteigerten Thromboserisiko einher (93). Damit entspricht das relative Thromboserisiko in etwa dem einer heterozygoten Faktor-V-Mutation (61). Aus Veröffentlichungen (46, 62, 93) geht hervor, daß ca. 25% der Patienten mit einer tiefen Beinvenenthrombose erhöhte Faktor-VIII-Spiegel aufweisen. Im Gegensatz zur Faktor-V-Mutation kann die erhöhte Aktivität von Faktor VIII eine vorübergehende, erworbene Störung darstellen. Sie tritt häufig im Zusammenhang mit Akuten-Phase-Reaktionen auf und kann bei vielen Erkrankungen und in vielen Situationen (Streß!) erhöht sein. Daher sind erhöhte Faktor-VIII-Spiegel postoperativ, nach Polytraumen, im Rahmen von Lebererkrankungen (hier insbesondere bei der aktiven aggressiven Hepatitis), bei Tumoren oder Gefäßerkrankungen und bei entzündlichen Prozessen anzutreffen. In diesem Rahmen können sie eine Störung im Protein-C-System vortäuschen. Mehrere Untersuchungen belegen einen Zusammenhang zwischen erhöhten Faktor-VIIIAktivitäten und den Blutgruppeneigenschaften, wobei in Plasmen mit den Blutgruppeneigenschaften A, B und AB höhere Faktor-VIII-Spiegel als in Plasmen mit der Blutgruppeneigenschaft 0 gefunden wurden (58, 62, 65). Auch während der Schwangerschaft und unter oraler Kontrazeption werden vermehrt erhöhte Faktor-VIIIKonzentrationen angetroffen (62). So ist zu bedenken, daß in bestimmten Situationen selbst bei milder Hämophilie die Bestimmung des Faktor-VIII-Spiegels normal ausfallen kann. Andererseits wird von einer genetisch bedingten Ursache für eine Faktor-VIII-Erhöhung ausgegangen, da nach einer Studie von O´ Donell und Mitarbeitern (62) nicht alle Patienten mit einer objektiv nachgewiesenen Thrombose und erhöhten Faktor-VIIIKonzentrationen auch die dabei zu erwartende Erhöhung anderer Entzündungsparameter aufwiesen. Syntheseorte des Faktor VIII sind Nieren und Leber. Das Molekulargewicht beträgt 280000 D. Die normale Plasmakonzentration beträgt 0,15 mg/l, bzw. 50-150%. Im Blutplasma ist Faktor VIII an sein Trägerprotein, den von-Willebrand-Faktor, gebunden. Ohne Bindung an dieses Trägerprotein ist seine Halbwertszeit äußerst kurz, so daß einige Autoren (62) einen möglichen Zusammenhang zwischen erhöhten Faktor-VIII-Spiegeln und einen gesteigerten Nachweis des von-Willebrand-Faktors vermuten. Faktor VIII wirkt in der plasmatischen Gerinnung als Cofaktor der Serinprotease Faktor IXa, welche Faktor X aktiviert. Faktor VIII wird durch Thrombin aktiviert und durch aktiviertes Protein C inaktiviert. Der aktivierte Faktor VIII beschleunigt die Aktivierung von Faktor X durch Faktor IXa um ein Vielfaches. Eine mögliche Erklärung für das gehäufte Auftreten venöser Thrombosen und hoher Faktor-VIII-Konzentrationen könnte das mit erhöhten Faktor-VIII-Spiegeln einhergehende Ungleichgewicht zwischen prokoagulatorischen und antikoagulatorischen Faktoren sein. 2.2.4.2. Labordiagnostik Die Bestimmung des Faktor VIII erfolgt mit klassischen Gerinnungstestsystemen, die auf der Messung der PTT basieren. Dazu wird nahezu Faktor-VIII-freies-Plasma, welches durch Verdünnung aus Plasma von Patienten mit schwerer Hämophilie A gewonnen wird, verwandt. Nach Zusatz der zu testenden Probe erfolgt die Bestimmung der PTT, wobei die gemessene Gerinnungszeit allein von der Faktor-VIII-Konzentration der Probe abhängig ist. Die immunologische Methode basiert auf dem Nachweis des Faktor-VIII-Antigens. Eine Bestimmung mit chromogenen Substrat ist ebenfalls möglich. 2.2.5. Faktor-V-Mutation 2.2.5.1. Pathophysiologie Dahlbäck (21) beobachtete 1993, daß es im Plasma bestimmter Thrombosepatienten bei Zusatz von aktiviertem Protein C nicht zu einer Verlängerung der Gerinnungszeit kam, wie es im Plasma gesunder Personen der Fall ist. Er benannte dieses Phänomen „Resistenz gegen aktiviertes Protein C“. Da dieser Mechanismus in 2 voneinander unabhängigen Familien mit gehäuften thromboembolischen Ereignissen identifiziert wurde, ging er davon aus, daß dieses Phänomen eine wichtige Ursache familiärer Thrombose ist. Bertina et al. (5) und andere Arbeitsgruppen (38, 101) zeigten 1994, daß diesem Defekt ursächlich eine Punktmutation im Faktor-V-Gen zugrunde liegt. Im Exon 10 in Position 1691 ist Guanin durch Adenosin ersetzt, was im Faktor-V-Protein zu einem Austausch in der Aminosäureposition 506 von Arginin durch Glutamin führt. Nach dem Ort ihrer Entdeckung wird die Mutation auch Faktor-V-Leiden genannt. Durch diese Mutation wird die proteolytische Spaltung von Faktor V durch aktiviertes Protein C erheblich verzögert. Die Spaltung erfolgt normalerweise an 3 Peptidbindungen, und zwar an den Arginin-Bindungen 306, 506 und 679, wobei zunächst an Arg 506 gespalten wird und dadurch die anderen Spaltstellen für APC zugänglich werden. Bei Vorliegen der Mutation läuft die Spaltung in Position 506 etwa zehnmal langsamer ab. Daraus resultiert eine nicht ausreichende Inaktivierung von Faktor Va und somit eine erhöhte Gerinnungsbereitschaft des Blutes, zumal die prokoagulatorische Funktion von Faktor V hingegen nicht inhibiert wird. Kontrovers diskutiert wird die Frage, ob die fehlende Spaltbarkeit des Faktor V die einzige Ursache der APC-Resistenz ist. Einige Autoren (40) sehen das Vorhandensein dieser Mutation und die damit verbundene fehlende Spaltbarkeit des Faktor V als einzige Ursache an. Andere Autoren (17, 23) gehen zusätzlich von einer Cofaktorfunktion des nicht aktivierten Faktor V zur Inaktivierung von Faktor Va und VIII a durch aktiviertes Protein C aus. Sie vertreten die Meinung, daß der mutierte Faktor V auch dieser Funktion nicht mehr nachkommt. Das mutierte Faktor-V-Allel ist nur in der kaukasischen Bevölkerung gefunden worden, in der asiatischen Bevölkerung findet man es fast nicht, ebenso nicht bei afrikanischen, amerikanischen und australischen Ureinwohnern (68, 85). Diese Tatsache dürfte unter anderem ein Grund für die geringe Thromboseinzidenz in einigen Ländern sein. Die hohe Prävalenz der Faktor-V-Mutation in der westlichen Welt resultiert aus einem Foundereffekt. Es wird vermutet, daß die Häufigkeit der Mutation auf einen Selektionsvorteil in der Evolution zurückzuführen sein könnte, weil die mit der Mutation verbundene Hyperkoagulabilität ein Schutz vor Blutverlusten war. Das damit verbundene gesteigerte Thromboserisiko kam offenbar weniger zum Tragen, da andere thrombosebegünstigende Risikofaktoren wie Immobilisation, Operation und Einnahme oraler Kontrazeptiva nicht zum Lebensstil der damaligen Zeit gehörten. Wie die „LeidenThrombophilie-Studie“ (93) zeigte, liegt die Häufigkeit der Faktor-V-Mutation in der Gesamtbevölkerung Europas bei 5 %. In der westlichen Welt herrschen in der allgemeinen Population beträchtliche Unterschiede. Eine hohe Prävalenz besteht in Südschweden, Griechenland und Israel (bis zu 15%). Nach einer kürzlich veröffentlichten Studie (28) kommt die Faktor-V-Mutation in Deutschland bei 7,5% der Normalbevölkerung vor. In den Niederlanden, Großbritannien und den USA sind ca. 3-5% der Population Träger der Mutation. Die Prävalenz der Mutation bei Thrombosepatienten wird in der Literatur zwischen 17% und 40% (47, 83, 90) angegeben, einige Autoren fanden sogar eine Prävalenz bis 60% (72). In Deutschland wurde durch entsprechende Untersuchungen (28) bei 27,2% der untersuchten Thrombosepatienten die Mutation nachgewiesen. 2.2.5.2. Klinik der Faktor-V-Mutation Die Mutation wird autosomal dominant vererbt, so daß auch heterozygote Defektträger symptomatisch werden können. Verschiedene Studien (18, 74) zeigten, daß heterozygote Merkmalsträger ein 6-8fach höheres Thromboserisiko gegenüber Normalpersonen und homozygote sogar ein 30-140fach gesteigertes Thromboserisiko haben. Auch manifestiert sich die Thrombose bereits im jüngeren Lebensalter. So fanden Rosendaal und Mitarbeiter (73) ein mittleres Manifestationsalter für homozygote Träger von 31 Jahren und für heterozygote Merkmalsträger von 44 Jahren. Die häufigsten klinischen Manifestationen sind oberflächliche oder tiefe Beinvenenthrombosen mit oder ohne Lungenembolie, aber auch Thrombosen an eher ungewöhnlichen Manifestationsorten (cerebral, mesenterial und retinal) sind beschrieben worden (78). Über einen Zusammenhang zwischen der Faktor-V-Mutation und arteriellen Verschlüssen ist bei jungen Patienten mit transitorisch ischämischen Attacken berichtet worden (24). Auch zeigten Sampran et al. (79) ein erhöhtes Vorkommen der APCResistenz bei Patienten mit objektiv nachgewiesener peripherer arterieller Verschlußkrankheit auf. Ein signifikant höheres Vorkommen der Mutation ist bei männlichen Patienten mit koronarer Herzkrankheit ebenso nachgewiesen worden, jedoch wurde kein gehäuftes Auftreten akuter Myokardinfarkte bei Trägern der Mutation gefunden (57). Nach Untersuchungen von Martinelli et al. (56) ist das Thromboserisiko geringer als bei Defekten von Protein C, Protein S oder AT III. Außerdem wurden weniger schwerwiegende thromboembolische Ereignisse beobachtet. Thrombosen treten in ca. 60% der Fälle spontan auf. In ca. 40 % der Fälle entwickeln sie sich in Zusammenhang mit exogenen Faktoren wie Operation, Immobilisation, Schwangerschaft und Geburt, oder unter Einnahme oraler Kontrazeptiva (99). Eine Untersuchung von Conrad (15) an 51 Frauen mit nachgewiesener Faktor-V-Mutation zeigte, daß bei 79% die Thrombosen im Zusammenhang mit Schwangerschaft oder Einnahme oraler Kontrazeptiva und nur bei 9% der untersuchten Frauen spontane Thrombosen auftraten. Lindqvist et al. (52) publizierten, daß Frauen, die Trägerinnen der Faktor-V-Mutation sind, während der Schwangerschaft ein 8-fach gesteigertes Risiko haben, an einer venösen Thromboembolie zu erkranken. Bei Frauen mit bestehender Faktor-V-Mutation und Einnahme oraler Kontrazeptiva liegt die Inzidenz von Thromboembolien bei 28,5% gegenüber 3,0% bei Frauen ohne Mutation und nur alleiniger Einnahme hormoneller Kontrazeptiva (92). Auch beschrieben Faioni et al. (31) die Ausbildung einer APC-Resistenz bei 60% gesunder Frauen im letzten Trimenon der Schwangerschaft, welche postpartal wieder verschwand. Das Thromboserisiko ist lebenslang erhöht und steigt mit zunehmendem Alter (19). Nach einer Untersuchung von de Stefano et al. (25) ist das Risiko rezidivierender tiefer Beinvenenthrombosen bei heterozygoten Trägern der Faktor-V-Mutation insbesondere bei gleichzeitig vorliegender Mutation im Prothrombin-Gen erhöht. Durch die Entdeckung der Mutation sind identifizierbare Gründe familiärer Thrombophilie von 5-10 % auf 60-70% angewachsen (76). 2.2.5.3. Labordiagnostik Der Nachweis einer Faktor-V-Mutation kann durch einen funktionellen Test im Plasma (Phänotyp) oder durch direkten Nachweis der Mutation im Faktor-V-Gen durch molekularbiologische Methoden (Genotyp) erfolgen. Nach einer Studie von Wankmüller und Mitarbeitern (97) wiesen 81% der untersuchten Patienten mit APC-Resistenz die Faktor-V-Mutation auf, nach Untersuchungen von Bertina und Mitarbeitern (6) war der Phänotyp „ APC–Resistenz“ in über 90% mit dem Genotyp Faktor-V-Leiden identisch. Somit wird unterstrichen, daß diese Punktmutation die wichtigste Ursache für die Resistenz gegenüber aktiviertem Protein C darstellt. Neben den bereits genannten anderen möglichen Ursachen einer APC-Resistenz sind auch andere Defekte im Faktor-V-oder Faktor-VIII-Protein theoretisch denkbar. Der funktionelle Test basiert auf der von Dahlbäck und Mitarbeitern in den ersten Studien verwendeten Methodik (21). Er beruht auf einer Messung der APTT ohne und mit Zusatz von APC. Nach Zugabe von APC ist normalerweise mit einer Verlängerung der APTT zu rechnen. Die beiden gemessenen Gerinnungszeiten werden zueinander ins Verhältnis gesetzt. Der dabei erhaltene Quotient wird als Ratio bezeichnet. Erfahrungsgemäß wird eine dabei erhaltene Ratio >2 meistens bei Gesunden angetroffen. Eine Ratio zwischen 1,3 und 2 trifft man bei heterozygoten, und eine Ratio <1,3 bei homozygoten Defektträgern an. Da durch Studien bekannt ist, daß eine APC-Resistenz nicht immer auf die Faktor-VMutation zurückzuführen ist, ist eine ausbleibende Verlängerung der Gerinnungszeit nicht immer hinweisend auf eine Faktor-V-Mutation (6, 97). Daher wird für eine spezifischere funktionelle Bestimmung von Faktor-V-Leiden empfohlen, die zu untersuchende Probe vor Einsatz in diesem Testverfahren mit Faktor-V-Mangelplasma in den Verhältnissen 1:3 oder 1:4 zu mischen (50, 91). Dadurch wird gewährleistet, daß das erhaltene Ergebnis allein von der in der zu untersuchenden Probe vorhandenen funktionell aktiven Faktor-VKonzentration abhängig ist. Heparin in Plasmaproben führt zu einer Verlängerung der Gerinnungszeit sowohl in Anals auch in Abwesenheit von APC. Daher empfiehlt es sich, die Plasmaproben vor Testbeginn mit einem Heparinneutralisator zu behandeln oder Testsysteme zu gebrauchen, die einen Heparinantagonisten enthalten. Die Durchführung einer DNA-Analyse ist erforderlich, um sicher zwischen heterozygoten und homozygoten Defekten zu unterscheiden. Außerdem sollte eine genomische Diagnostik zum Ausschluß der Leiden-Mutation insbesondere bei grenzwertigen Ergebnissen durchgeführt werden. Zum Nachweis des Genotyps findet am häufigsten die von Bertina (5) angegebene Methode Verwendung. Mit Hilfe der Polymerasekettenreaktion wird ein 267 Basenpaare großes Fragment von Exon 10 des Faktor-V-Gens amplifiziert. In diesem Fragment ist die Mutation der Faktor-V-LeidenVariante lokalisiert. Bei vorhandener Mutation geht eine der Schnittstellen für das Restriktionsenzym Mnl 1 verloren. Nachfolgend weist die veränderte Auftrennung der Spaltprodukte mittels Elektrophorese die vorliegende Mutation nach. 3. Eigene Untersuchungen 3.1. Material und Methoden 3.1.1. ProC® Global-Test 3.1.1.1. Auswahl der Proben und Probeentnahmen Als Untersuchungsmaterial für den 1. Teil der vorliegenden Arbeit diente Plasma von 285 Patienten mit objektiv gesicherten thromboembolischen Ereignissen. Die Patienten wurden stationär in der Inneren Klinik, in der Klinik für Neurologie, in der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, in der Orthopädischen und in der Chirurgischen Klinik des Klinikums Erfurt behandelt. Patienten unter oraler Antikoagulation oder mit schweren Leberfunktionsstörungen wurden ausgeschlossen. Die Plasmaproben wurden im Zeitraum von 1993 bis 1998 gewonnen. Die zum Vergleich zweier funktioneller Testsysteme herangezogenen Plasmen stammen von Patienten, welche von Mai bis August des Jahres 1998 im Klinikum Erfurt/Innere Abteilung stationär unter dem Verdacht einer Thromboembolie aufgenommen wurden. Das Blut wurde nach einer Stauung von etwa 30 Sekunden aus einer Armvene entnommen. Zur Blutentnahme wurden Sarstedt–Monovetten verwendet, bei denen ein Mischungsverhältnis Natriumzitrat zu Blut von 1:9 eingehalten wurde. Das Zitratblut wurde 20 Minuten in einer Kühlzentrifuge bei 5000 Umdrehungen pro Minute zentrifugiert. Anschließend wurden die Plasmaproben in Plasteröhrchen pipettiert und bei –70°C eingefroren. Die Untersuchungen zu ProC® Global wurden im August und Oktober des Jahres 1998 durchgeführt. Um Aktivitätsverluste von labilen Gerinnungsfaktoren bzw. die Bildung von Kryopräzipitaten zu vermeiden, wurden die Plasmaproben vor jeder Messung im Wasserbad bei +37°C innerhalb von 10 Minuten aufgetaut. Danach waren sie bei Zimmertemperatur ca. 2 Stunden haltbar. 3.1.1.2. Testprinzip Wird eine Plasmaprobe vor der APTT-Messung mit einer standardisierten Menge APC über einen definierten Zeitraum inkubiert, kommt es normalerweise zum proteolytischen Abbau der Faktoren Va und VIIIa. Somit wird die Thrombinbildung verlangsamt und die Zeit bis zur Fibrinbildung verlängert, woraus eine Verlängerung der Gerinnungszeit resultiert. Bei anderen funktionellen Testsystemen zum Nachweis einer APC-Resistenz wurde die Gerinnungskaskade durch direkten Zusatz von APC gestartet. Im Gegensatz dazu wird beim ProC® Global-Test das zu untersuchende Plasma mit einem Protein-C-Aktivator (Bestandteil des Giftes von Agkistrodon contortrix) versetzt. Unter Zugabe von Calciumionen wird das in der Plasmaprobe enthaltene Protein C aktiviert und die intrinsische Gerinnungskaskade gestartet. Durch die Zugabe des Protein-C-Aktivators ist die nachfolgend gemessene Gerinnungszeit allein von der Kapazität des Protein-C-Systems der zu untersuchenden Probe abhängig. Das aktivierte Protein C inaktiviert, im Zusammenspiel mit dem in freier Form vorkommenden Protein S, die Cofaktoren Va und VIIIa. Dadurch wird die Zeit bis zur Gerinnselbildung verlängert, wobei in Plasmen mit verringerter Wirkung des Protein-C-Systems die Gerinnungszeit weniger stark verlängert ist. Die so bestimmte Zeit wird als PCAT (Protein C Activity dependent Clotting Time) bezeichnet. Vor Zugabe von APC wird die Ausgangs-APTT der Plasmaprobe (PCAT/0) bestimmt. Aus der nach und vor Zugabe von APC gemessenen Gerinnungszeit wird anschließend ein Quotient gebildet, welcher als Ratio bezeichnet wird. Da die Ergebnisse zwischen unterschiedlichen Laboratorien aufgrund verschiedener Geräte schwanken können, wird die Berechnung der normierten Ratio (NR) empfohlen. Dazu wird das Testergebnis auf ein Standard-Human-Plasma (SHP) bezogen, indem der Quotient aus PCAT und PCAT/0 mit einem Kalibrationsfaktor (KF) multipliziert wird. Der Kalibrationsfaktor wird bestimmt, indem für das verwendete SHP ebenso der Quotient aus der Gerinnungszeit nach und vor Zugabe des Protein-C-Aktivators gebildet wird. Durch Division des Sensitivitätswertes (SW) für SHP (wird vom Hersteller angegeben) durch die Ratio von SHP entsteht der Kalibrationsfaktor. Der Kalibrationsfaktor muß monatlich für jedes Gerät und jede Reagenzcharge neu ermittelt werden. NR= (PCAT: PCAT/0)Probe x KF KF= SW/ (PCAT: PCAT/0)SHP 3.1.1.3. Reagenzien und Testgerät Die gebrauchsfertigen Lösungen wurden von der Firma Behring Diagnostics GmbH geliefert. ProC® Global-Test-Kit der Firma Behring Diagnostics GmbH (67) bestehend aus: APTT-Reagenz für ProC Global, flüssig: Siliciumdioxid–Partikel, pflanzliche Phospholipide, Natriumchlorid (2,4 g/l) und HEPES (14,3 g/l), pH 7,6 Konservierungsmittel: Natriumazid (< 1 g/l) Der Inhalt ist nach kurzem Aufschütteln gebrauchsfertig und wird bei Raumtemperatur eingesetzt. Aktivator–Reagenz für ProC Global, lyophilisiert: Extrakt aus dem Gift von Agkistrodon contortrix, HEPES (50 mmol/l), Heparinneutralisator Hexadimethrinbromid (15 mg/l), pH 7,4 Konservierungsmittel: 5–Chlor–2–methyl–4–isothiazol–3-on (7,5 mg/l) 2–Methyl–4–isothiazol–3–on (2,5 mg/l) Das Reagenz wird in 5 ml destilliertem Wasser gelöst und mindestens 5 Minuten bei +15°C bis +25°C unter gelegentlichen Schwenken inkubiert. Puffer für ProC Global, flüssig: HEPES (50 mmol/l), Heparinneutralisator Hexadimethrinbromid (15 mg/l), pH 7,4 Konservierungsmittel: 5 Chlor–2-methyl–4–isothiazol–3–on (7,5 mg/l) 2–Methyl–4–isothiazol-3–on (2,5 mg/l) Nachdem die Pufferlösung auf +15°C bis +25°C erwärmt ist, ist sie gebrauchsfertig. Zusätzlich benötigte Materialien: Calciumchlorid–Lösung 0,025 mol/l Standard-Human-Plasma Kontroll-Plasma N ProC Kontroll-Plasma Die Calciumchlorid–Lösung ist vor ihrem Einsatz auf +37°C zu erwärmen. Die anderen zusätzlich benötigten Materialien sollen vor Gebrauch auf Zimmertemperatur erwärmt werden. Die Untersuchungen wurden an dem Gerinnungsautomaten Electra 1400 durchgeführt. 3.1.1.4. Präzisionskontrolle Zur Präzisionskontrolle für ProC® Global dienen Kontroll–Plasma N und ProC KontrollPlasma (67). Vor jeder Meßserie wurde eine Präzisionskontrolle durchgeführt. Die erhaltenen Analysenwerte lagen innerhalb der angegebenen Sollwert-Bereiche. 3.1.1.5. Durchführung Die Teströhrchen mit den zu untersuchenden Plasmaproben wurden vor Testbeginn im Wasserbad innerhalb von 10 Minuten auf +37°C temperiert. Nach abgeschlossener Qualitätskontrolle und Bestimmung des KF wurden die Gerinnungszeiten PCAT/0 und PCAT unter Zugabe der Pufferlösung und danach unter Zugabe des Aktivator–Reagenz nach folgendem Pipettierschema photometrisch gemessen. Pipettierschema: ProC Global PCAT Citratplasma 100 l Aktivator-Reagenz für ProC Global 100 l 100 l 100 l Puffer für ProC Global APTT-Reagenz für ProC Global PCAT/0 100 l 100 l 100 l 100 l 3 Minuten bei 37°C inkubieren Calciumchlorid-Lösung ( +37°C ) Nach der vorgegebenen Inkubationszeit wird durch Zugabe von Calciumchlorid-Lösung die Messung gestartet und die Gerinnungszeit photometrisch gemessen. 3.1.1.6. Testauswertung Als Entscheidungsgrenze für das Vorliegen einer Störung im Protein-C-System wurde für ProC® Global eine normierte Ratio von 0,8 ermittelt (23). Bei Werten <0,8 ist eine weitere Abklärung des pathologischen Testergebnisses durch Einzelteste bzw. Gentechnik erforderlich. 3.1.2. COATEST® APCTM Resistance 3.1.2.1. Auswahl der Proben und Probeentnahmen Die zum Vergleich eines anderen funktionellen Testsystems mit ProC® Global verwendeten Ergebnisse wurden mit dem Testsystem COATEST® APCTM Resistance von Chromogenix bestimmt. Die Plasmaproben für diesen Vergleich wurden von Patienten, die sich von Mai bis August des Jahres 1998 im Klinikum Erfurt/Innere Abteilung wegen objektivierter Thromboembolie in stationärer Behandlung befanden, entnommen. Mit diesem Testsystem wurden ebenso die für die Prävalenzstudie herangezogenen Ergebnisse bestimmt. Bei diesen ausgewählten Patienten erfolgte während eines stationären Aufenthaltes im Jahre 1996 im Klinikum Erfurt/Innere Abteilung eine entsprechende Thrombophiliediagnostik bei Verdacht auf ein thromboembolisches Geschehen. Für beide Untersuchungsserien wurde jeweils frisch gewonnenes Citratplasma verwendet. Das Blut wurde durch Punktion einer Armvene nach ca. 30 Sekunden Stauung entnommen. Auch hier dienten Sarstedt-Monovetten mit einem Mischungsverhältnis 1:9 Natriumzitrat zu Blut als Entnahmeröhrchen. Zur Plasmagewinnung wurde das Zitratblut nachfolgend 20 Minuten in einer Kühlzentrifuge bei 5000 Umdrehungen pro Minute zentrifugiert. 3.1.2.2. Testprinzip Das zu untersuchende Plasma wird über eine standardisierte Zeit mit dem APTT-Reagenz inkubiert (12). Durch Hinzufügen von CaCl2, einmal mit und einmal ohne humanes APC, wird die Koagulation ausgelöst und die Zeit bis zur Gerinnselbildung gemessen. Bei dieser Untersuchungsmethode ist für die zuverlässige Messung eine wichtige Voraussetzung, daß der APTT-Wert innerhalb des Normalbereiches liegt. Deshalb ist für heparinisierte Proben, bei Erhöhung der APTT durch Faktorenmangel des endogenen Systems oder bei Vorhandensein von Antiphospholipid-Antikörpern keine zuverlässige Aussage möglich. Auch sollte eine bestehende Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten vor geplanter Testung für ca. eine Woche bis zum Erreichen des normalen Quick-Wertes unterbrochen werden. 3.1.2.3. Reagenzien und Testgerät Die Bestimmung der APC Ratio erfolgte am Gerinnungsautomaten ELECTRA 1600. COATEST® APCTM Resistance-Kit der Firma Chromogenix bestehend aus: CaCl2 1 Flasche 8 ml Calciumchlorid, 0,025 mol/l in Trispuffer mit 0,5% Rinderserumalbumin. APTT Reagenz 1 Flasche 16 ml gereinigte Phospholipide mit kolloidalem Silika als Kontaktaktivator. Enthält ein Konservierungsmittel. Vor Verwendung vorsichtig auf einem Vortex Mischer mischen. APTT/ CaCl2 4 Flaschen Humanes APC, lyophilisiert in Kombination mit CaCl2. Auflösen mit 2,0 ml Wasser NCCLS Typ II13. 30 Minuten bei Raumtemperatur stehen lassen und vor Verwendung vorsichtig mischen. Zusätzlich benötigte Materialien: Kontrollplasmen Level 1 und 2 Wasser NCCLS Typ II13 3.1.2.4. Präzisionskontrolle Zur Qualitätskontrolle werden Kontrollplasmen Level 1 und 2 verwendet. Level 1 zeigt eine normale Reaktion auf APC, Level 2 eine anormale Reaktion. Bei jeder Charge wird der Bereich der zu erwartenden APC Ratios angegeben. 3.1.2.5. Durchführung Alle Reagenzien wurden vor Verwendung auf Raumtemperatur gebracht. Nachfolgend wurde eine entsprechende Menge CaCl2 und APC/CaCl2 auf 37°C erwärmt. Im nächsten Schritt wurde ein Teil Plasma und das gleiche Volumen APTT-Reagenz bei 37°C über 5 Minuten inkubiert. In einem ersten Ansatz wurde die Zeit bis zur Gerinnselbildung nach Zugabe von CaCl2 gemessen. Dem zweiten Ansatz wurde anstelle von CaCl2 APC/CaCl2 hinzugegeben und abermals die Zeit bis zur Fibrinbildung gemessen. 3.1.2.6. Testauswertung Das Ergebnis wird als APC Ratio angegeben. Die Berechnung der APC Ratio erfolgt nach folgender Formel: APC Ratio =Gerinnungszeit APC/CaCl2 / Gerinnungszeit CaCl2 Für das verwendete Gerät wurde ein Normalbereich >2,2 bestimmt, Meßergebnisse mit einer Ratio zwischen 2,0 bis 2,2 werden als kontrollbedürftig, Ergebnisse mit einer Ratio <2 werden als pathologisch angesehen. 3.2. Ergebnisse 3.2.1. Übersicht über die Untersuchungsergebnisse zum Testsystem ProC® Global Es wurden 285 Plasmaproben von Patienten mit objektiv nachgewiesenen thromboembolischen Ereignissen sowohl genotypisch als auch phänotypisch auf das Vorliegen der Faktor-V-Mutation untersucht. Darunter waren 189 Frauen und 96 Männer (66% Frauen und 34% Männer). Die häufigste thromboembolische Manifestationsart war mit 76% die tiefe Beinvenenthrombose mit oder ohne Lungenembolie. Seltene thromboembolische Komplikationen wie Sinusvenenthrombose und Mesenterialvenenthrombose wurden nur bei jeweils 2 Patienten objektiviert. Einen ausführlichen Überblick über die Manifestationsarten verleiht Tabelle 1. Bei 98 dieser Patienten wurde mittels Genanalyse die Faktor-V-Mutation aufgedeckt. Darunter befanden sich 7 Patienten mit homozygoter Faktor-V-Mutation. Aus diesen Ergebnissen geht hervor, daß 34,4% aller getesteten 285 Patienten die FaktorV-Leiden-Mutation aufweisen. Die Bestimmung mittels ProC® Global zeigte bei insgesamt 222 Proben einen pathologischen Wert, wobei bei 127 Proben ein positives Ergebnis ermittelt wurde, ohne daß genomisch die Faktor-V-Mutation nachweisbar war (siehe Tabelle 2). Diese hohe Anzahl positiver ProC® Global-Werte ist nicht ganz unerwartet, da zum einen mit diesem Gerinnungstest auch andere Störungen im Protein-C-System erfaßt werden. Zum anderen wird von einem Screeningtest erwartet, daß mehr positive Ergebnisse bestimmt werden, als schließlich mit speziellen Tests bestätigt werden. Bei 60 der auf das Vorliegen einer Faktor-V-Mutation untersuchten Proben wurde sowohl genotypisch ein normales Gen, als auch phänotypisch ein normaler ProC® Global-Wert diagnostiziert. Hinsichtlich der mittleren ProC® Global-Werte sind unter den positiven Ergebnissen Unterschiede bezüglich des genotypischen Nachweises einer homozygoten, einer heterozygoten oder eines fehlenden Mutationsnachweises erkennbar. Die Tabelle 3 zeigt eine Gegenüberstellung der mittleren pathologischen ProC® Global-Werte in Abhängigkeit vom genomisch erhobenen Befund. Tab. 1: Manifestationsarten thromboembolischer Ereignisse der untersuchten Patienten Thromboembolische Manifestationsarten Beinvenenthrombose Patientenanzahl 177 (62,1%) Beinvenenthrombose mit Lungenembolie 39 (13,7%) Lungenembolie 20 (7,0%) Armvenenthrombose 12 (4,2%) Thrombophlebitis 10 (3,5%) Apoplex 9 (3,2%) Arterielle Thrombose 5 (1,8%) Transistorisch ischämische Attacke 4 (1,4%) Akuter Myokardinfarkt 3 (1,1%) Fehlgeburten 2 (0,7%) Mesenterialvenenthrombose 2 (0,7%) Sinusvenenthrombose 2 (0,7%) Tab. 2: Gegenüberstellung der positiven genotypischen Testergebnisse und der pathologischen ProC® Global-Werte Anzahl der genomisch Proben mit Anzahl der Proben mit ® nachgewiesener positiven ProC Global-Werten Faktor-V-Mutation (NR < 0,8) n=98 n=222 Tab. 3: Gegenüberstellung der mittleren pathologischen ProC® Global-Werte in Abhängigkeit zur molekularbiologischen Analyse Plasmen mit Plasmen mit Plasmen ohne homozygoter heterozygoter MutationsnachMutation (n=7) Mutation (n=88) weis (n=127) 0,31 0,47 0,63 Mittlerer ProC® Global-Wert (NR) 3.2.1.1. ProC® Global-Werte von Patienten mit genomisch nachgewiesener heterozygoter Faktor-V-Mutation Bei 91 der untersuchten Plasmen wurde mittels Genanalyse eine heterozygote Faktor-VMutation nachgewiesen. Darunter befanden sich 58 Frauen und 33 Männer. Die ProC® Global-Testergebnisse zeigten bei 88 dieser Plasmen einen erniedrigten Wert. Nur 3 der untersuchten Proben wiesen normale ProC® Global-Werte auf (siehe Tabelle 6). Somit läßt sich für das Testsystem eine Sensitivität von 96,7% zur Erfassung heterozygoter Defekte berechnen. Die mittlere NR der Proben mit heterozygoter Mutation betrug 0,47. Hinsichtlich des Geschlechts wiesen die mittleren ProC® Global-Ergebnisse nur unwesentliche Abweichungen auf. Für die Patienten mit nachgewiesener heterozygoter Faktor-V-Mutation wurde ein mittleres Manifestationsalter für thromboembolische Ereignisse von 45,3 Jahren berechnet. Bezüglich des mittleren Manifestationsalters zeigt sich ein geschlechtsspezifischer Unterschied. So wurde für die untersuchten Frauen ein mittleres Manifestationsalter von 41 Jahren bestimmt. Für die untersuchten Männer liegt das mittlere Manifestationsalter etwas höher, nämlich bei 53 Lebensjahren (siehe Tabelle 4). Die häufigste thromboembolische Manifestationsart war die tiefe Beinvenenthrombose, welche bei 79 Patienten (86,8%) objektiviert wurde. In 15 Fällen trat die Beinvenenthrombose kombiniert mit einer Lungenembolie auf. Das alleinige Auftreten einer Lungenembolie ohne Nachweis einer Beinvenenthrombose wurde bei 9 Patienten diagnostiziert. Einen genauen Überblick über die objektivierten Thromboemboliearten liefert Tabelle 5. Tab. 4: Mittleres Manifestationsalter der Patienten mit heterozygoter Faktor-VMutation in Abhängigkeit vom Geschlecht Gesamtzahl der Frauen mit Männer mit Patienten mit heterozygoter heterozygoter heterozygoter Mutation (n=58) Mutation (n=33) Mutation (n=91) Mittleres Manifestationsalter (in Lebensjahren) 45,3 41 53 Tab. 5: Thrombosearten der Patienten mit genomisch nachgewiesener heterozygoter Faktor-V-Mutation Thromboembolische Manifestationsarten Patientenanzahl Beinvenenthrombose 63 (69,2%) Beinvenenthrombose mit Lungenembolie 14 (15,4%) Lungenembolie 8 (8,8%) Thrombophlebitis 2 (2,2%) Armvenenthrombose 1 (1,1%) Apoplex 1 (1,1%) Arterielle Thrombose 1 (1,1%) Fehlgeburt 1 (1,1%) Tab. 6: Gegenüberstellung der falsch negativen und richtig positiven ProC® Global-Werte von Patienten mit nachgewiesener heterozygoter Mutation Anzahl der Ergebnisse falsch negativen Anzahl der Ergebnisse n=3 richtig positiven n=88 Tab. 7: ProC® Global-Werte der 3 falsch negativen Plasmen Plasma 1 ProC® GlobalWert (NR) Plasma 2 Plasma 3 0,88 1.05 0.8 3.2.1.2. ProC® Global-Werte von Patienten mit genomisch nachgewiesener homozygoter Faktor-V-Mutation Bei 7 Patienten wurde mittels Genanalyse eine homozygote Faktor-V-Mutation nachgewiesen. Die von diesen Patienten untersuchten Plasmen wiesen alle einen pathologischen ProC® Global-Wert auf, so daß die Sensitivität des Testsystems zum Nachweis homozygoter Defekte 100% erreicht. Die mittlere NR beträgt 0,31 und liegt somit deutlich unter der mittleren NR der Patienten mit nachgewiesener heterozygoter Mutation. Auch liegt das mittlere Manifestationsalter mit 32,9 Jahren deutlich unter dem mittleren Manifestationsalter der Patienten mit heterozygoter Faktor-V-Leiden-Mutation (siehe Tabelle 8). Die klinische Manifestation war bei allen 7 Patienten die tiefe Beinvenenthrombose, davon zweimal in Kombination mit einer Lungenembolie. Von den Patienten mit homozygoter Mutation waren 5 Patienten weiblichen und 2 Patienten männlichen Geschlechts. Tab. 8: Vergleich des mittleren Manifestationsalters und der mittleren Testergebnisse zwischen Patienten mit genomisch nachgewiesener homozygoter und heterozygoter Faktor-V-Mutation Homozygote Merkmalsträger (n=7) 32,9 Mittleres Manifestationsalter in Jahren 0,31 Mittlerer ProC® GlobalWert (Angabe in NR) Heterozygote Merkmalsträger (n=91) 45,3 0,47 3.2.1.3. Verhalten der ProC® Global-Werte von Patienten ohne genomisch nachgewiesene Faktor-V-Mutation Insgesamt konnte bei 187 der untersuchten Plasmen eine Mutation im Faktor-V-Gen mittels Polymerasekettenreaktion ausgeschlossen werden. Von diesen 187 Plasmen wurde jedoch bei 127 ein pathologischer ProC® Global-Wert bestimmt. Nur bei 60 Patienten wurde eine Übereinstimmung zwischen normalem Testergebnis und fehlendem genomischen Mutationsnachweis beobachtet. Pathologische ProC® Global-Werte von Patienten ohne nachgewiesene Faktor-VMutation (falsch positive Werte) Bei 127 der untersuchten Plasmen wurden pathologische ProC® Global-Werte bestimmt, ohne daß eine Mutation im Faktor-V-Gen nachgewiesen wurde. Unter diesen Patienten befanden sich 87 Frauen (69%) und 40 Männer (31%). Die mittlere NR betrug bei beiden Geschlechtern 0,63. In Abbildung 1 ist die Häufigkeitsverteilung der gemessenen ProC® Global-Werte der Plasmen ohne genomisch nachgewiesene Faktor-V-Mutation aufgeführt. Abb. 1: Häufigkeitsverteilung der pathologischen ProC® Global- Werte Häufigkeitsverteilung 45 Häufigkeit 40 35 30 25 20 15 10 5 0 < 0,393 0,3931 0,4751 0,4752 0,5572 0,5573 0,6393 0,6394 0,7214 0,7215 0,8035 0,8036 0,8856 0,8857 0,9677 0,9678 1,0498 1,0499 1,1319 1,132 1,214 1,2141 1,2961 1,2962 > Klassen Auch hinsichtlich des klinischen Manifestationsalters thromboembolischer Ereignisse gab es keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen, es lag bei 47,6 Jahren. Die häufigste klinische Manifestation war auch hier die tiefe Beinvenenthrombose mit oder ohne Lungenembolie (siehe Tabelle 9). Tab. 9: Thrombosearten der Patienten mit pathologischen ProC®Global-Werten ohne nachgewiesene Faktor-V-Mutation Thromboembolische Manifestationsarten Patientenanzahl Beinvenenthrombose 74 (58,3%) Beinvenenthrombose mit Lungenembolie 18 (14,2%) Lungenembolie 10 (7,9%) Armvenenthrombose 9 (7,1%) Thrombophlebitis 6 (4,7%) Apoplex 2 (1,6%) Arterielle Thrombose 2 (1,6%) Transistorisch ischämische Attacke 2 (1,6%) Akuter Myokardinfarkt 1 (0,8%) Fehlgeburt 1 (0,8%) Mesenterialvenenthrombose 1 (0,8%) Sinusvenenthrombose 1 (0,8%) Normale ProC® Global-Werte mit genomisch ausgeschlossener Mutation im Faktor-V-Gen (richtig negative Ergebnisse) Unter den 60 Patienten, bei denen mittels Gentechnik eine Faktor-V-Mutation ausgeschlossen werden konnte und normale ProC® Global-Werte gemessen wurden, befanden sich 40 Frauen (66,7%) und 20 Männer (33,3%). Das mittlere Manifestationsalter dieser Patienten betrug 48 Jahre, wobei diesbezüglich kein wesentlicher geschlechtsspezifischer Unterschied erkennbar war. Bei den untersuchten Frauen lag es bei 47,4 Jahren und bei den Männern bei 49,2 Jahren. Die mittlere gemessene NR betrug sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern 0,96. Bemerkenswert ist, daß die mittlere NR der als falsch positiv bezeichneten Ergebnisse deutlich niedriger ist (siehe Tabelle 11). Eine Auflistung der thromboembolischen Manifestationsarten ist in Tabelle 10 gegeben. Tab. 10: Thrombosearten der Patienten ohne genomisch nachgwiesene Faktor-V-Mutation und normalen ProC® Global-Wert Thromboembolische Manifestationsarten Beinvenenthrombose Apoplex Patientenanzahl 35 (58,3%) 6 (10%) Beinvenenthrombose mit Lungenembolie 5 (8,3%) Akuter Myokardinfarkt 2 (3,3%) Arterielle Thrombose 2 (3,3%) Armvenenthrombose 2 (3,3%) Lungenembolie 2 (3,3%9 Thrombophlebitis 2 (3,3%) Transistorisch ischämische Attacke 2 (3,3%) Mesenterialvenenthrombose 1 (1,7%) Sinusvenenthrombose 1 (1,7%) Tab. 11: Gegenüberstellung der mittleren Testergebnisse der als falsch positiv und der als richtig negativ bezeichneten Ergebnisse Falsch positive Test- Richtig negative Testergebnisse (n=127) ergebnisse (n=60) Mittleres Testergebnis (Angabe in NR) 0,63 0,96 3.2.2. Vergleich zweier funktioneller Testsysteme zur Erfassung der APCResistenz gleicher Plasmaproben Vergleich zwischen ProC® Global und COATEST® APCTM Resistance Ein weiterer Abschnitt der vorliegenden Arbeit soll darlegen, inwieweit ProC® Global das Vorliegen einer APC-Resistenz im Vergleich zu einem anderen funktionellen Testsystem erfaßt. Dazu wurden gleiche Plasmaproben sowohl mit ProC® Global als auch mit dem Testsystem COATEST® APCTM Resistance untersucht und die Ergebnisse miteinander verglichen. Die getesteten Plasmen stammten von 26 Männern (42%) und 36 Frauen (58%), bei denen eine Thromboembolie objektiviert wurde. Auch hier war die häufigste Manifestationsart die tiefe Beinvenenthrombose mit und ohne pulmonale Embolie (siehe Tabelle 12). Die Bestimmung der APC-Resistenz mit dem Testsystem COATEST® APCTM Resistance erfolgte mit frischem Plasma. Demgegenüber waren die Plasmen vor Bestimmung der APC-Resistenz mittels ProC® Global ca. 2-6 Monate eingefroren (siehe Kapitel 3.1.1.1.). Eine Übereinstimmung der Ergebnisse war nur bei 27 Patienten (13 Frauen und 14 Männer) gegeben. Bei 35 Patienten (23 Frauen und 12 Männer) war keine Übereinstimmung ersichtlich. Bei dieser Gegenüberstellung wurde mit der funktionellen Testmethode COATEST® APCTM Resistance nur bei 5 Patienten eine verminderte APC Ratio gemessen, wohingegen bei 40 der 62 untersuchten Plasmen ein verringerter ProC® Global-Wert auffiel (siehe Tabelle 13). Das mittlere Manifestationsalter lag bei 51,5 Jahren. Hinsichtlich des Geschlechts ist ein Unterschied des mittleren Manifestationsalters auffällig. So wurde für die weiblichen Untersuchten ein niedrigeres Manifestationsalter als für die männlichen Untersuchten (48. Lebensjahr versus 56. Lebensjahr) bestimmt. Leider liegen von diesen Patienten keine molekularbiologischen Untersuchungsergebnisse zur Faktor-V-Mutation vor. Tab. 12: Thrombosearten der sowohl mit ProC® Global als auch mit COATEST® APCTM Resistance getesteten Patienten Thromboembolische Manifestationsarten Patientenanzahl Beinvenenthrombose 18 (29%) Beinvenenthrombose mit Lungenembolie 11 (17,7%) Lungenembolie 9 (14,5%) Koronare Herzkrankheit 6 (9,7%) keine Thromboembolie 5 (8,1%) Transistorisch ischämische Attacke 4 (6,4%) Apoplex 2 (3,2%) Armvenenthrombose 2 (3,2%) Thrombophlebitis 2 (3,2%) Arterielle Embolie 1 (1,6%) Periphere arterielle Verschlußkrankheit 1 (1,6%) Pfortaderthrombose 1 (1,6%) Tab. 13: Vergleich zwischen der Anzahl pathologischer ProC® GlobalWerte und pathologischer APC Ratio gleicher Plasmaproben Pathologische Ratio 5 Patientenanzahl (n) APC Pathologischer ProC® Global-Wert 40 Tab. 14: Gegenüberstellung der Anzahl übereinstimmender und nicht übereinstimmender Untersuchungsergebnisse Patientenanzahl (n) Übereinstimmung vorhanden 27 Fehlende Übereinstimmung 35 3.2.3. Prävalenzuntersuchungen zum Vorherrschen der APC-Resistenz bei Thrombosepatienten anhand des Studiums von Krankenblattdateien Zur Prävalenzbeurteilung des Vorherrschens der APC-Resistenz bei Thrombosepatienten diente das Studium von 127 Krankenblättern von Patienten, die unter dem Verdacht einer Thromboembolie 1996 stationär im Klinikum Erfurt aufgenommen worden waren. Unter diesen 127 Patienten befanden sich 65 Männer (51%) und 62 Frauen (49%). Bei 23 dieser Patienten konnte der Thromboseverdacht mit objektiven Untersuchungsmethoden widerlegt werden. Bei 46 der untersuchten Frauen und 58 der untersuchten Männer wurde die Diagnose einer Thromboembolie bestätigt. Die Untersuchungen auf das Vorliegen der APC-Resistenz erfolgten mit dem Testsystem COATEST® APCTM Resistance. Einen Überblick über Anzahl und Verteilung der Manifestationsarten der objektivierten thromboembolischen Ereignisse gibt Tabelle 15. Die häufigste klinische Manifestation war auch hier mit 82,2% die tiefe Beinvenenthrombose mit oder ohne Lungenembolie oder der isolierte Nachweis einer Lungenembolie. Das mittlere Manifestationsalter lag bei 50,7 Jahren. Tab. 15: Aufschlüsselung der Manifestationsarten hinsichtlich der Geschlechtsund Häufigkeitsverteilung Thromboembolische Gesamtanzahl Anzahl der Anzahl der Manifestation Frauen Männer Ober-und Unterschenkel35 12 23 venenthrombose Ober- und Unterschenkel21 10 11 venenthrombose mit Lungenembolie Lungenembolie 13 6 7 Beckenvenenthrombose 10 4 6 Apoplex 7 4 3 Armvenenthrombose 5 5 0 Beckenvenenthrombose 4 1 3 mit Lungenembolie Transitorisch ischämische 2 2 0 Attacke Arteria carotis Stenose Ischämische Kolitis Periphere arterielle Verschlußkrankheit Nierenarterienstenose Thrombophlebitis Koronare Herzkrankheit Verschluß arteriovenöser Fistel 1 1 1 0 0 1 1 1 0 1 1 1 1 0 0 1 0 1 1 0 1 3.2.3.1. Aufschlüsselung der Krankenblattdateien weiblicher Probanden Das mittlere Manifestationsalter der Frauen mit objektivierten thromboembolischen Ereignissen liegt bei 47,6 Jahren. Die mittlere gemessene APC Ratio beträgt 2,96. Von diesen Frauen hatten 19 positive Familienanamnesen, bei 28 war die Familienanamnese leer und bei 3 Patientinnen waren in den Krankenblättern keine Angaben dazu vermerkt. Nur 7 Patientinnen nahmen weibliche Hormonpräparate ein. Andere thrombosebegünstigende Expositionen waren in 15 Fällen vorausgegangen. Bei einer Patientin lag als thrombosebegünstigender Faktor ein metastasierendes Tumorleiden vor, eine andere war an Multiple Sklerose erkrankt. Außerdem wurde bei einer weiteren Patientin der Verdacht auf eine unklare Speicherkrankheit geäußert. 3.2.3.2. Aufschlüsselung der Krankenblattdateien männlicher Probanden Das mittlere Manifestationsalter der Männer lag bei 53,1 Jahren und liegt somit ca. 6 Jahre über dem der Frauen. Eine vorausgegangene Exposition ließ sich bei 19 Patienten eruieren. Bei 9 der untersuchten Männer bestand zum Zeitpunkt der Diagnosestellung ein Tumorleiden. Die Befragung zur Familienanamnese bezüglich thromboembolischer Ereignisse fiel nur bei 15 Patienten positiv aus. Bei 2 der Untersuchten waren keine Angaben zur Familienanamnese gemacht worden. Die mittlere gemessene APC Ratio lag nur unwesentlich höher als bei den Frauen, es wurde ein mittleres Ergebnis von 3,05 bestimmt. Tab. 16: Überblick über die geschlechtsspezifische Verteilung bezüglich vorausgegangener thrombosebegünstigender Ereignisse aller Probanden mit objektivierter Thromboembolie Gesamtheit aller Patienten mit vorausgegangenen thrombosebegünstigenden Ereignis 34 Anzahl der Frauen mit vorausgegangenen thrombosebegünstigenden Ereignis 15 32,3% 14,3% Anzahl der Männer mit vorausgegangenen thrombosebegünstigenden Ereignis 19 18% 3.2.3.3. Charakterisierung der pathologischen Meßergebnisse Insgesamt fiel die Bestimmung der APC Ratio bei 13 der 104 untersuchten Thrombosepatienten pathologisch aus (Werte im kontrollbedürftigen Bereich wurden eingeschlossen). Dabei wurde bei 9 der männlichen Untersuchten und bei 4 der weiblichen Untersuchten eine pathologische APC Ratio bestimmt. Somit läßt sich eine Häufigkeit des Vorkommens der APC-Resistenz bei Patienten mit objektivierten Thromboembolien von 12,5% berechnen. Hierbei muß berücksichtigt werden, daß von diesen 13 Patienten leider nur bei einem Patienten eine Genanalyse vorlag. Bei einem dieser Patienten fiel der Nachweis von Lupusantikoagulanzien positiv aus. Ein Protein-C-Defekt wurde bei einer anderen Patientin nachgewiesen. Erwähnenswert ist, daß bei einer Probe genomisch eine heterozygote Mutation objektiviert wurde, jedoch die Bestimmung der APC Ratio einen Normalwert erbrachte, welcher bei 2,46 lag. Bei 5 der 9 männlichen Untersuchten mit pathologischer APC Ratio war ein vorausgegangenes thrombosebegünstigendes Ereignis eruierbar, wohingegen bei allen 4 Patientinnen ein solches Ereignis nicht nachweisbar war. Die klinische Manifestationsart der Thromboembolie war bei 12 der Patienten die tiefe Beinvenenthrombose, welche in 6 Fällen mit einer Lungenembolie einherging. Eine Charakterisierung der Patienten mit pathologischer APC Ratio ist Tabelle 17 und 18 gegeben. Tab. 17: Charakterisierung der weiblichen Probanden mit pathologischer APC Ratio Patientin 1 Patientin 2 Manifesta- Manifestations- APC tionsalter art Ratio (in Jahren) 75 Beinvenen2,14 thrombose mit Lungenembolie 17 Beinvenen1,72 thrombose Patientin 3 43 Nachgewiesene Gerinnungsdefekte Homocysteinämie Besonderheiten Heterozygote Faktor-VMutation / Hormonelle Kontrazeption / / Beinvenen1,93 thrombose mit Lungenembolie Patientin 4 59 Beinvenen2,17 Protein-C/ thrombose Defekt Tab. 18: Charakterisierung der männlichen Probanden mit pathologischer APC Ratio Manifestationsalter (in Jahren) Patient 1 45 Patient 2 30 Patient 3 58 Thrombosemanifestationsart Beinvenenthrombose Beinvenenthrombose mit Lungenembolie Beinvenenthrombose APC Nachgewiesene BesonderRatio Gerinnungsheiten defekte 1,78 / / 1,36 1,96 Positiver Nachweis von Lupusantikoagulanzien / Glioblastom / Patient 4 52 Patient 5 68 Patient 6 68 Patient 7 39 Patient 8 41 Patient 9 70 Ischämische Kolitis Beinvenenthrombose Beinvenenthrombose mit Lungenembolie Beinvenenthrombose mit Lungenembolie Beinvenenthrombose Beinvenenthrombose 2,16 / 1,93 / 1,69 / 1,79 Fibrinolysedefekt / 1,5 Fibrinolysedefekt Fibrinolysedefekt / 2,14 / / Akuter Myokardinfarkt / 4. Diskussion Durch die zunehmende Identifizierung angeborener Gerinnungsdefekte ist eine differenziertere Ursachenklärung thromboembolischer Ereignisse möglich. In vielen Situationen, bei denen thrombosebegünstigende exogene Risikofaktoren vorliegen, interessiert den behandelnden Arzt, ob ein besonders hohes Thromboserisiko infolge potenzierender hereditärer Gerinnungsdefekte besteht. Mit einem gesteigerten Thromboserisiko einher geht zum einem die damit verbundene akute Gefährdung des Patienten durch Lungenembolie oder Phlegmasia coerulea dolens. Zum anderen ist die Vermeidung von Thromboembolien auch von volkswirtschaftlichem Interesse. So forderten allein thromboembolische Erkrankungen in den zurückliegenden Jahren 12 Milliarden DM pro Jahr. Somit ist die Vermeidung von Thromboembolien und Rezidivthrombosen durch eine gezielte adäquate Thromboseprophylaxe auch von großer ökonomischer Bedeutung. Neben der Einschätzung exogener Risikofaktoren kommen dabei vorgeschalteten Screeningsystemen zur Erfassung angeborener thrombosebegünstigender Defekte sowohl aus ökonomischer als auch aus labortechnischer Sicht eine besondere Bedeutung zu. Mit Hilfe dieser vorgeschalteten Testsysteme soll primär eine Anzahl kostenintensiver und aufwendiger Untersuchungen umgangen werden. Sie sollen sicher, schnell und einfach, in jedem Labor zu handhaben sein. Ihre Ergebnisse sollen verläßlich über die Notwendigkeit einer weiterführenden Diagnostik entscheiden, so daß von Screeningtesten neben einer entsprechenden Spezifität insbesondere eine hohe Sensitivität gefordert wird. Die vorgelegten Untersuchungen wurden zur Beurteilung von Sensitivität und Spezifität des Screeningtestes ProC® Global bezüglich der Faktor-V-Mutation durchgeführt. Nach bereits existierenden Untersuchungen soll der Screeningtest ProC® Global einerseits eine hohe Sensitivität für die Einzelfaktoren besitzen und andererseits Informationen über die tatsächliche Funktionalität des gesamten Protein-C-Systems geben (61, 77). Mit diesem Testsytem sollen sowohl die bekannten angeborenen Defekte, als auch die erworbenen Defekte des Protein-C-Systems, welche ebenso mit einem gesteigerten Thromboserisiko einhergehen, erfaßt werden. ProC® Global wurde an 285 Plasmaproben von Patienten mit objektiv nachgewiesenen Thromboembolien durchgeführt. Die dabei erhaltenen Ergebnisse zeigten in 222 Fällen einen erniedrigten Wert. Die Faktor-V-Mutante wurde jedoch nur bei 98 Patienten genomisch gefunden. Unter diesen Patienten mit genomischen Mutationsnachweis befanden sich 7 homozygote und 91 heterozygote Defektträger. 3 Patienten mit gentechnologisch nachgewiesener Faktor-V-Mutation wurden mittels ProC® Global nicht erfaßt. Es handelte sich in allen Fällen um heterozygote Merkmalsträger. Warum in 3 Fällen eine Erfassung nicht möglich war, kann nicht erklärt werden. Homozygote Merkmalsträger wurden allesamt erfaßt. Das bedeutet offensichtlich, daß mit dem ProC® Global-Test homozygote Defektträger in jedem Falle erfaßt werden. Bei den vorgelegten Untersuchungen findet sich eine Sensitivität des Testsystems für die Faktor-V-Mutation von 96,9%. Es finden sich 95 richtig positive, 3 falsch negative, 127 falsch positive und jedoch auch 60 richtig negative Ergebnisse. Aus diesen Angaben läßt sich ein negativer prädiktiver Wert von 95,2% und ein positiver prädiktiver Wert von 42,8% errechnen. Die damit nachgewiesene hohe Sensitiviät von ProC® Global zur Erfassung der Faktor-VMutation zeigt eine Übereinstimmung mit den Ergebnissen aktueller Studien (23, 29, 48, 86, 102). Mit der hohen Sensitivität einher geht der hohe negative Vorhersagewert von 95,2%, welcher ebenso durch andere Untersuchungen bestätigt wurde (23, 43, 70). Jedoch wurden mit diesem Testsystem bei 127 Patienten pathologische Werte gemessen, ohne das eine Faktor-V-Mutation objektiviert wurde. Dies verwundert nicht, da, wie eingangs erörtert, ProC® Global ja auch andere Störungen im Protein-C-System, wie Mangel an Protein C oder S, hohe Faktor-VIII-Spiegel und Phospholipidantikörper erfaßt. Nach den Kenntnissen aus der Literatur (16, 35, 84) über die Häufigkeit von Protein-Coder Protein-S-Defekten ist es höchst unwahrscheinlich, daß diese falsch positiven Testresultate allein auf Defekte der zuvor genannten Proteine oder auf die Anwesenheit von Phospholipidantikörpern zurückzuführen sind. Leider war es aus technischen Gründen nicht möglich, alle Plasmaproben auf diese Defekte mit zu überprüfen. Andererseits ist durch Untersuchungen (5,38) belegt, daß das Phänomen der APC-Resistenz in ca. 90% der Fälle auf die Faktor-V-Mutation zurückzuführen ist. Unter Berücksichtigung dieser Tatsache ist die Anzahl falsch positiver Ergebnisse nicht nur durch möglicherweise vorliegende zuvor genannte Störungen erklärbar. Auch Dati und Mitarbeiter beschrieben (23), daß in einer Gruppe thrombophiler Patienten, bei denen sowohl eine Faktor-V-Mutation als auch ein Protein-C- oder ein Protein-SMangel/Defekt ausgeschlossen wurde, eine höhere Anzahl pathologischer ProC® GlobalWerte als in der gesunden Kontrollgruppe gemessen wurde. Als Erklärung für diese Auffälligkeit wurden gesteigerte Konzentrationen von Fibrinogen und Faktor VIII im Rahmen der Akuten-Phase-Reaktion bei thromboembolischen Geschehen angesehen. Ein anderer und sehr wichtiger Aspekt für dieses Phänomen ist die in der Literatur (64, 70) geäußerte Annahme, daß bisher unbekannte Gerinnungsdefekte zu erniedrigten Ergebnissen dieses Testsystemes führen und somit pathologische Testergebnisse Hinweise für eine thrombophile Reaktionslage bei bisher unbekanntem Defekt darstellen können. Die Spezifität des Testsystems ProC® Global für die Faktor-V-Mutation beträgt nach den vorliegenden Ergebnissen 32,1%. Mit ihr geht, wie zuvor berichtet, ein positiver prädiktiver Wert von 42,8% einher. In der Literatur sind unterschiedliche Angaben zum positiven prädiktiven Wert und somit zur Spezifität zu finden. So fanden Toulon und Mitarbeiter (86) einen positiven prädiktiven Wert von 44,5%. Die Arbeitsgruppen von Dati et al. (23) und Robert et al. (70) berechneten einen entsprechenden Wert von 58% bzw. 59%. Dati und Mitarbeiter (23) vertreten die Auffassung, daß der geringe positive Vorhersagewert in einem Kollektiv von Thrombosepatienten ebenso auf bisher unbekannte Defekte im Protein-C-System zurückzuführen sein könnte. Er empfiehlt daher, zur Einschätzung der Spezifität von ProC® Global, die Ergebnisse einer gesunden Kontrollgruppe heranzuziehen. Hafner et al. (41) führen die scheinbar niedrige Spezifität des Testsystems ProC® Global auf die Auswahl der Patienten, welche prädisponiert für Thromboembolien waren, zurück. Demgegenüber beschreibt Niemann (61) eine Spezifität des Testes von 88%. Dabei ist zu beachten, daß für diese Studie eine Kontrollgruppe gesunder Blutspender herangezogen wurde. Bemerkenswert ist, daß auch andere Untersucher (43) einen hohen positiven prädikativen Wert von 93% für ProC® Global fanden, wobei auch hier ein Patientenkollektiv mit durchgemachter Thromboembolie untersucht wurde. Dabei wurde jedoch keine Angabe über die Zeitspanne zwischen Diagnosestellung und Screeninguntersuchung gemacht. Daher kann nicht sicher ausgeschlossen werden, daß der angegebene hohe, positive prädiktive Wert auf ein möglicherweise zeitlich bedeutsames Intervall zwischen Diagnosestellung und Probeentnahme zurückzuführen ist. So ist nach Abklingen der Akuten-Phase-Reaktion von einer Normalisierung erhöhter Fibrinogen- und Faktor-VIIISpiegel und somit von höheren Testergebnissen auszugehen. Von einem guten Test wird neben einer hohen Sensitivität auch möglichst eine hohe Spezifität erwartet, wobei es sinnvoller erscheint, mit einem Screeningtest mehr falsch positive Ergebnisse zu erhalten, als möglicherweise Defekte aufgrund einer zu geringen Sensitivität zu übersehen. Durch andere Studien (41, 70, 86) wurden Spezifitäten des Testes zwischen 64% und 71% hinsichtlich der Aufdeckung von Abnormitäten im Protein-C-System gefunden. Dabei wurden, wie bei den vorliegenden Untersuchungen, nur thrombophile Patienten oder Patienten mit positiver Familienanamnese einbezogen. Um die jeweiligen Ergebnisse zu vergleichen, ist es wichtig, auch präanalytische Angaben zu berücksichtigen. Diese Einbeziehung präanalytischer Verfahren ist von besonderem Interesse, da aus Veröffentlichungen (23, 77, 80, 99) bekannt ist, daß eingefrorenes plättchenreiches Plasma zu einer artifiziellen Verkürzung der Gerinnungszeit und somit zu falsch positiven Ergebnissen führt. In der angeführten Untersuchung von Niemann (61) sind keine Angaben zum präanalytischen Vorgehen zu finden. Für die Untersuchungen von Hafner et al. (41) wurden plättchenfreie Plasmaproben, welche nach doppelter Zentrifugation für maximal eine Woche bei -20°C eingefroren wurden, verwendet. Für eine Untersuchung der APCResistenz von Gable und Mitarbeitern (34) wurde plättchenarmes Plasma hergestellt und bei -70°C bis -80°C für mehrere Tage bis zu mehreren Jahren eingefroren. Robert et al. (70, 71) verwendeten ebenso plättchenarmes, eingefrorenes Plasma, wobei keine genauen Angaben zur Lagerungsdauer gemacht wurden. Auch die Gruppe von Toulon et al. (86) untersuchte plättchenfreies Plasma, welches bei 70°C bis maximal 6 Monate gelagert wurde. Das für die vorliegenden Untersuchungen verwendete Plasma wurde 20 min bei 5000 Umdrehungen zentrifugiert, so daß plättchenfreies Plasma vorlag und somit diese mögliche Fehlerquelle als Erklärung für die Anzahl falsch positiver Ergebnisse ausgeschlossen werden kann. Diese Plasmaproben wurden bei -70°C bis zum Zeitpunkt der Untersuchung bis maximal 5 Jahre gelagert. Beim Studium der Literatur schwankten die Angaben bezüglich der Lagerungsdauer plättchenarmer Plasmen bei -20°C bis -70°C zwischen einer Woche und mehreren Jahren (41, 86). Genaue Angaben, über wie viele Jahre maximal plättchenarmes Plasma eingefroren und nachfolgend untersucht wurde, war nicht zu eruieren. Bezugnehmend auf die Gesamtzahl der untersuchten Plasmen weisen 34,4% aller getesteten Patienten mit objektiv gesicherten Thromboembolien (darunter 31,1% heterozygote und 2,5% homozygote Merkmalsträger) die Leiden-Mutation auf. Die Anzahl genotypisch nachgewiesener Defektträger stimmt mit bisherigen Veröffentlichungen (28, 47, 83, 90, 97) zur Häufigkeit des Vorkommens der Faktor-V-Mutation bei Thrombosepatienten überein. Das errechnete mittlere Manifestationsalter für thromboembolische Ereignisse der homozygoten Merkmalsträger liegt bei 32,9 Lebensjahren und das der heterozygoten Merkmalsträger bei 45,3 Lebensjahren. Damit ist eine weitestgehende Übereinstimmung mit den Ergebnissen von Rosendaal et al. (73) gegeben. So fanden Rosendaal und Mitarbeiter ein mittleres Manifestationsalter für homozygote Träger von 31 Jahren und bei heterozygoten Merkmalsträgern von 44 Jahren. Demgegenüber beschrieben andere Autoren (28, 53) ein geringeres Manifestationsalter sowohl für heterozygote als auch für homozygote Defektträger. Die vorliegenden Untersuchungen bestätigen auch die Angaben aus der Literatur (21, 78, 90) bezüglich der klinischen Thrombosemanifestation. Die mit Abstand häufigste Manifestationsart der untersuchten Faktor-V-Träger ist die tiefe Beinvenenthrombose mit oder ohne Lungenembolie. Thrombosen an ungewöhnlichen Manifestationsorten (cerebral, mesenterial oder retinal) wurden unter den Merkmalsträgern nicht objektiviert. Eine arterielle Thrombose wurde bei einem Patienten mit heterozygoter Mutation gefunden. Nach den Untersuchungen von Sampran et al. (79) besteht eine gesteigerte Frequenz der Faktor-V-Mutation bei Patienten mit objektiv nachgewiesener peripherer arterieller Verschlußkrankheit. Demgegenüber fanden Siegemund und Mitarbeiter (82) keinen Zusammenhang zwischen dem Auftreten arterieller Verschlüsse und verringerten ProC® Global-Werten. Diese Tatsache läßt nun wiederum auf kein gesteigertes Vorkommen der Faktor-V-Mutation bei Patienten mit arteriellen Gefäßverschlüssen schließen. Die Diagnose eines akuten Myokardinfarktes wurde bei keinem Patienten mit nachgewiesener Faktor-V-Mutation und pathologischem ProC® Global-Wert gestellt. Bezüglich des Zusammenhanges zwischen akutem Myokardinfarkt und dem Vorliegen einer Faktor-V-Mutation gibt es in der Literatur unterschiedliche Angaben. Ein signifikant höheres Vorkommen ist bei männlichen Patienten mit koronarer Herzkrankheit nachgewiesen worden, jedoch wurde kein gehäuftes Auftreten akuter Myokardinfarkte bei Trägern der Mutation gefunden (57). Auch Gowda et al. (37) zeigten, daß kein Zusammenhang zwischen dem Auftreten akuter Myokardinfarkte und einem positiven Mutationsnachweis besteht. Demgegenüber fanden Makris und Mitarbeiter (54) ein gesteigertes Vorkommen der Mutation bei Patienten mit gesicherten Myokardinfarkten im Vergleich zu einer Kontrollgruppe. Der mittlere Wert der normierten Ratio homozygoter Merkmalsträger beträgt 0,31. Für die heterozygoten Merkmalsträger ließ sich ein mittleres Ergebnis von 0,47 errechnen. Die mittlere normierte Ratio der falsch positiven Ergebnisse beträgt 0,63. Siegemund et al. (82) fanden eine mittlere normierte Ratio von 0,39 für homozygote Merkmalsträger, von 0,55 für heterozygote Patienten und von 0,87 für den Wildtyp. Zu ähnlichen Ergebnissen gelangten Dati et al. (23) und Niemann (61). In ihren Veröffentlichungen gaben sie die mittleren Testergebnisse von Defektträgern mit 0,48 und 0,49 (umfaßt sowohl homozygote als auch heterozygote Defekte) und für gesunde Blutspender mit 0,98 und 1,06 an. Dick (26) wies höhere Mittelwerte der normierten Ratio nach. Sie fand für homozygote Defektträger ein mittleres Testergebnis von 0,46 und von 0,63 für heterozygote Merkmalsträger. Der Mittelwert für gesunde Blutspender beträgt 1,05. Diese zitierten mittleren Werte der normierten Ratio für Defektträger liegen deutlich über den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit. Eine mögliche Ursache für diese Diskrepanz könnte sein, daß die Blutentnahmen für die vorliegende Arbeit unmittelbar nach Diagnosestellung der Thromboembolie durchgeführt wurden. Die Blutentnahme für die oben genannte Studie von Dick erfolgte erst 6-8 Wochen nach stattgehabten Ereignis. Bezugnehmend auf den bereits zuvor angeführten Artikel von Dati und Mitarbeitern (23) sind die niedrigeren Mittelwerte der normierten Ratio sehr wahrscheinlich auf die mit der Thromboembolie einhergehenden Erhöhung der Fibrinogen- und Faktor-VIII-Konzentrationen zurückzuführen, zumal durch verschiedene Untersuchungen (17, 18, 61) bekannt ist, daß erhöhte Faktor-VIII-Spiegel ebenso vom ProC® Global-Test erfaßt werden. Erwähnenswert ist, daß eine Abhängigkeit zwischen der Höhe des ProC ® Global-Wertes und der genetischen Veranlagung des Gerinnungsdefektes erkennbar ist. Bei den homozygoten Merkmalsträgern wurden die geringsten Testergebnisse bestimmt. Demgegenüber waren bei Patienten ohne genomisch nachweisbare Mutationen höhere ProC® Global-Werte auch innerhalb des falsch positiven Bereiches festzustellen. In einer Studie von Kemkes-Matthes et al. (43) wird ein Zusammenhang zwischen Höhe des ProC® Global-Wertes und der Anzahl pathologischer Gerinnungsteste einer entsprechenden Probe festgestellt. Die niedrigsten Testergebnisse wurden bei Patienten mit kombinierten Gerinnungsdefekten und die höchsten bei Patienten ohne Nachweis eines derartigen Defektes im Gerinnungssystems gefunden. Aufgrund dieser Tatsache stellt sich die Frage, inwieweit ProC® Global als Indikator für die aktuelle Thrombosegefährdung eines einzelnen Patienten gewertet werden kann. Auch diese Autoren (93) gehen davon aus, daß pathologische ProC® Global-Werte, die mit keinem bekannten Gerinnungsdefekt erklärt werden können, u.U. einen Hinweis auf bisher unbekannte Defekte geben können. Ein anderer Punkt der vorliegenden Arbeit umfaßt den Vergleich zweier funktioneller Testsysteme zur Erfassung der Faktor-V-Mutation. Hierzu wurden Plasmaproben, die zum gleichen Zeitpunkt von einem und demselben Patienten entnommen wurden, zunächst mit COATEST® APCTM Resistance und zu einem späteren Zeitpunkt mit ProC® Global auf das Vorliegen des Defektes untersucht. Es wurden ausschließlich Plasmaproben von Thrombosepatienten untersucht. Für die Testung mit COATEST® APCTM Resistance wurden frische Plasmaproben verwandt. Vor Bestimmung der APC-Resistenz mittels ProC® Global waren die Plasmen aus technischen Gründen ca. 2 bis maximal 6 Monate eingefroren. Eine Übereinstimmung der Testergebnisse war nur bei 27 Patienten gegeben. Bei 35 Patienten war keine Übereinstimmung ersichtlich. Die fehlende Übereinstimmung ergibt sich daraus, daß deutlich mehr pathologische Ergebnisse mit ProC® Global als mit COATEST® APCTM Resistance gemessen wurden. Die Untersuchungen mit dem Testsytem COATEST® APCTM Resistance erbrachten bei einer Entscheidungsgrenze von 2 nur bei 5 Patienten eine verminderte APC Ratio. Ein Testergebnis befand sich im kontrollbedürftigen Bereich. Demgegenüber zeigten 40 der 62 untersuchten Plasmen einen verminderten ProC® Global-Wert. Eine Übereinstimmung war dahingehend ersichtlich, daß die 5 Plasmen mit verringerter APC Ratio durchweg die niedrigsten ProC® GlobalWerte aufwiesen. Auch das Testplasma, welches bei der COATEST® APCTM ResistancePrüfung im kontrollbedürftigen Bereich lag, wies einen deutlich verminderten ProC® Global-Wert auf. Einer Untersuchung von Ferreira-Gonzalez und Mitarbeitern (32) zufolge liegt die Sensitivität des Testsystems COATEST® kit (Chromogenix, Molnall, Sweden) bei 50% und die Spezifität bei 93%. Aufgrund der niedrigen Sensitivität favorisieren die Autoren trotz technisch einfacher Durchführung des funktionellen Testsystems die Genanalyse. Ähnliche Ergebnisse fanden Zehnder et al. (100) bei der Überprüfung auf APC-Resistenz durch andere kommerzielle Testsysteme. Der gewählte cut-off der zuletzt genannten Studie lag ebenso bei 2. Besonders in dem Bereich zwischen 2 bis3 waren bei diesen Überprüfungen Überlappungen der Ergebnisse heterozygoter Merkmalsträger mit den Ergebnissen gesunder Kontrollpersonen auffällig. Daraus kann eine mangelnde Aufdeckung heterozygoter Defektträger abgeleitet werden. Auch Arkel et al. (3) fanden bei einem Vergleich mehrerer funktioneller Testsysteme zur Bestimmung der APC-Resistenz eine Sensitivität für das Testsystem Coatest APC KitTM (Chromogenix, Sweden) von 42% und eine Spezifität von 94%. Auch aufgrund dieser Ergebnisse könnte auf einen mangelnden Nachweis der APC-Resistenz durch dieses Testsystem geschlossen werden. Somit wäre die Diskrepanz zwischen den Ergebnissen der beiden, mit einander verglichenen Testsysteme, zum Teil erklärbar. Theoretisch denkbar wären ebenso falsch positive ProC® Global-Werte durch Verwendung eingefrorener plättchenhaltiger Plasmen, wobei auch für diese Untersuchungen die Plasmen vor dem Einfrieren durch doppelte Zentrifugation von Plättchen entfernt wurden. Da die getesteten Plasmaproben von gleichen Patienten stammten und zur gleichen Zeit entnommen wurden, ist von jeweils gleich hohen Spiegeln an Faktor VIII und Fibrinogen auszugehen. Somit ist eine Erklärung der deutlich vermehrten pathologischen ProC® Global-Werte, bedingt durch erhöhte Faktor-VIII-Spiegel im Rahmen der Komplementaktivierung eher unwahrscheinlich, da dieser erhöhte Faktor über eine Verlängerung der Gerinnungszeit beide funktionelle Testsysteme beeinflußt. Leider lagen für diese Plasmaproben keine Genanalysen vor, so daß nicht sicher gesagt werden kann, welche der beiden Methoden überlegen ist. Bezugnehmend auf die eigenen Untersuchungen und die oben angeführten Literaturstellen wäre zu vermuten, daß der ProC® Global-Test dem Testsystem COATEST® APCTM Resistance bezüglich der Sensitivität zur Erfassung der Faktor-V-Mutation überlegen ist. Die vorliegende Arbeit untersuchte weiterhin die Prävalenz der APC-Resistenz bei Thrombosepatienten anhand des Studiums von Krankenblättern. Es sollte sich hierbei nur um grob orientierende Untersuchungen handeln, da die Hauptaufgabe der vorgelegten Arbeit in der Bewertung des Testsystems ProC® Global bestand. Die dabei verwendeten 104 Krankenblätter stammten von Patienten mit objektiv gesicherten Thromboembolien. Die Testung auf APC-Resistenz wurde mit dem Testsystem COATEST® APCTM Resistance durchgeführt. Hierbei zeigten nur 13 der getesteten Plasmen einen pathologischen Wert, d.h. daß bei 12,5 % dieser Patienten mit hoher Wahrscheinlichkeit eine APC-Resistenz vorliegt. Unter den Patienten mit pathologischem Testergebnis waren 9 männlichen und 4 weiblichen Geschlechts. Leider lag von diesen 13 Patienten nur bei einer Patientin ein molekularbiologisches Untersuchungsergebnis vor. Dieses wies eine heterozygote Mutation nach. Demgegenüber steht die molekulargenetische Prävalenzstudie der deutschen Bevölkerung von Ehrenforth und Mitarbeitern (28). Für diese Studie wurden 1200 Patienten mit gesicherten Thrombosen rekrutiert und mittels Genanalyse auf das Vorliegen der Faktor-VMutation untersucht. Bei 27,2% der untersuchten Patienten lag die Faktor-V-Mutation vor. Darunter waren 23,1% heterozygote und 4,1% homozygote Merkmalsträger. Auch liegt die in der vorliegenden Arbeit anhand pathologischer ProC® Global-Werte von den 285 Plasmen berechnete Prävalenz mit 34,4% deutlich über der Prävalenzberrechnung unter Einsatz des Testsystems COATEST® APCTM Resistance. Eine mögliche Ursache für die Diskrepanz der Ergebnisse bezüglich der Prävalenz der APC-Resistenz bzw. der Faktor-V-Mutation könnte in der Wahl des funktionellen Testsystems bestehen. Wie zuvor beschrieben, liegt nach o.g. Untersuchungen (32, 100) die Empfindlichkeit des anderen funktionellen Testsystems zur Erfassung der APCResistenz nur bei ca. 50%. Das heißt, das mit diesem Testsystem ein Teil der Träger einer APC-Resistenz nicht erfaßt werden. Somit wäre denkbar, daß die Prävalenz der Faktor-VMutation bei Thrombosepatienten deutlich über 12,5 % liegt. Geographische Unterschiede als weitere mögliche Ursache für die Diskrepanz anzuführen scheint wenig plausibel, da Ehrenforth und Mitarbeiter (28) für ihre Prävalenzstudie Patienten aus ganz Deutschland untersuchten. Die Untersuchungen von Ehrenforth und Mitarbeitern (28) zeigten, daß die häufigste Manifestationsart mit 81,3% die tiefe Venenthrombose im Bein- und Beckenvenenbereich war. Bei 14,4% wurde eine Thrombose in atypischer Lokalisation und bei 4,3% eine isolierte Lungenembolie nachgewiesen. Auch beim Studium der Krankenblätter war die häufigste Manifestationsart die tiefe Venenthrombose im Bein- und Beckenvenenbereich mit oder ohne Lungenembolie. Diese Ergebnisse stimmen mit anderen Angaben aus der Literatur überein (21, 78, 90) . Das mittlere Manifestationsalter der Patienten mit erniedrigter APC Ratio lag bei 51,1 Jahren. Bei 5 der 9 männlichen Untersuchten war ein vorausgegangenes thrombosebegünstigendes Ereignis eruierbar, wohingegen bei allen weiblichen Untersuchten ein solches Ereignis nicht nachweisbar war. Demgegenüber lag bei den Untersuchungen von Ehrenforth et al. (28) das Alter bei Erstthrombose deutlich niedriger, bei homozygoter Mutation betrug es 27 Lebensjahre und bei heterozygoter Mutation 30 Lebensjahre. Bezüglich des Vorhandenseins prädisponierender Faktoren wurde in der zuvor zitierten Studie (28) ein höherer Prozentsatz angegeben. Bei 63,5% aller Patienten war eine thrombogene Risikosituation vorausgegangen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß das Testsystem ProC® Global, bedingt durch seine hohe Sensitivität, durchaus als Screeningtest empfohlen werden kann. Es ist sinnvoller, mehr falsch positive Proben zugunsten einer hohen Sensitivität einzubeziehen, als bereits mit einem Screeningtest mögliche Defektträger aufgrund einer geringeren Sensitivität bei höherer Spezifität des angewandten Testes von einer weiterführenden Diagnostik auszuschließen. Wird der ProC® Global-Test unmittelbar nach Diagnosestellung einer Thromboembolie im Rahmen der Thrombophiliediagnostik eingesetzt, ist zu berücksichtigen, daß in diesem Zeitintervall falsch positive Ergebnisse gemessen werden können, die durch erhöhte Fibrinogen- und Faktor-VIII-Spiegel bedingt sind. Ein negatives Testergebnis schließt eine Störung im Protein-C-System jedoch mit sehr hoher Sicherheit aus. Die mit dem Testsystem ProC® Global angestellten Prävalenzuntersuchungen zum Vorkommen der Faktor-V-Mutation konnten bereits vorliegende Untersuchungen bestätigen. Jedoch erbrachten die mit dem Testsystem COATEST® APCTM Resistance durchgeführten Prävalenzuntersuchungen eine Prävalenzrate, die deutlich unter den Ergebnissen bisheriger Untersuchungen liegt. Auch geht aus dem Vergleich beider Testsysteme eine mögliche geringere Sensitivität des Testsystems COATEST® APCTM Resistance hervor. Ebenso wurden bereits vorliegende Untersuchungen zu wichtigen Aspekten wie Thromboembolieart und Manifestationsalter sowohl homo- als auch heterozygoter Mutationsträger bestätigt. 5. Zusammenfassung Venöse Thrombosen sind aufgrund ihrer Häufigkeit sowohl für den Einzelnen als auch für die Volkswirtschaft von großem Interesse. Neben thrombosebegünstigenden exogenen Risikofaktoren spielen Gerinnungsdefekte eine in den besondere letzten Rolle. Jahren zunehmend Insbesondere zur die angeborenen Vermeidung von Rezidivthrombosen, zur Festlegung der Dauer einer oralen Antikoagulation nach Thromboembolie und zur Abschätzung des Thromboserisikos bei familiärer Disposition ist eine aufwendige Diagnostik erforderlich. Daher scheint es sinnvoll, sogenannte Screeningtestsysteme vor aufwendigen Einzelbestimmungen durchzuführen. Das Hauptziel der vorliegenden Arbeit bestand darin, eine Aussage zu treffen, inwieweit das als ProC® Global bezeichnete Testsystem den derzeit häufigsten angeborenen Gerinnungsdefekt, die Mutation im Faktor-V-Gen, aufdeckt. Dieser Screeningtest erfaßt das Protein-C-System in seiner Gesamtheit, so daß neben der Faktor-V-Mutation auch Protein-C- und Protein-S-Mangel bzw. funktioneller Protein-C- und Protein-S-Defekt, Phospholipidantikörper und erhöhte Faktor-VIII-Spiegel erfaßt werden. Die vorliegenden Untersuchungen zeigten eine hohe Sensitivität dieses Testsystems für die heterozygote Faktor-V-Mutation. Sie beträgt 96,7%. Homozygote Mutationen wurden allesamt erfaßt. Daher kann das Testsystem ProC® Global, bedingt durch seine hohe Sensitivität, durchaus als Screeningtest empfohlen werden. Ein negatives Testergebnis schließt eine Störung im Protein-C-System jedoch mit sehr hoher Sicherheit aus. Bei der Auswertung der Testergebnisse fiel auf, daß eine relativ hohe Anzahl falsch positiver Meßwerte bestimmt wurde. Das ist zum einen dadurch erklärbar, daß die Blutentnahmen für die Messungen unmittelbar nach Diagnosestellung erfolgten und somit erhöhte Faktor-VIII- und Fibrinogenspiegel im Rahmen der Komplementaktivierung Störungen im Protein-C-System vortäuschen können. Möglicherweise können erniedrigte ProC® Global-Werte auch Ausdruck einer thrombophilen Reaktionslage bei bisher unbekanntem Defekt sein. Außerdem ist es sinnvoller, mit einem Screeningtest mehr falsch positive Ergebnisse zu erfassen und somit mehr Proben einer weiterführenden Diagnostik zukommen zu lassen, als mögliche Defekte zugunsten einer hohen Spezifität und einer damit einher gehenden geringeren Sensitivität zu übersehen. Weiterhin wurden bereits publizierte Daten zu Prävalenz, Manifestationsalter und Thromboselokalisation mit den vorliegenden Patientendaten verglichen. Bezüglich der Lokalisation der Thromboembolien und des Manifestationsalters sowohl homo- als auch heterozygoter Merkmalsträger war eine Übereinstimmung mit bereits existierenden Untersuchungen ersichtlich. Die mit Abstand häufigste thromboembolische Manifestationsart war die Beinvenenthrombose mit oder ohne Lungenembolie. Homozygote Merkmalsträger erkranken mehr als 10 Jahre eher erstmals an einer Thrombose im Vergleich zu heterozygoten Defektträgern. Anhand vorliegender Untersuchungen wurde für homozygote Mutationsträger ein mittleres Manifestationsalter von 32,9 Jahren und für heterozygote von 45,3 Jahren errechnet. Die mit dem Testsystem ProC® Global angestellten Prävalenzuntersuchungen zum Vorkommen der Faktor-V-Mutation bestätigten bereits vorliegende Untersuchungen. Danach ist bei 34,4% aller Patienten mit gesicherten Thrombosen die Faktor-V-Mutation nachweisbar. Ein weiterer Teil der Arbeit umfaßte grob orientierende Untersuchungen zum Vorkommen der Faktor-V-Leiden-Mutation bei Thrombosepatienten. Diese wurden mit dem Testsystem COATEST® APCTM Resistance durchgeführt. Die dabei ermittelte Prävalenzrate liegt mit 12,5% deutlich unter den Ergebnissen bisheriger Untersuchungen. Als mögliche Ursache für diese geringe Prävalenzrate ist eine, im Vergleich zum ProC® Global-Test, geringere Sensitivität des Testsystems COATEST® APCTM Resistance für die Faktor-V-Mutation anzunehmen. Zusammenfassend ist festzustellen, daß das Testsystem ProC® Global durchaus als Screeningtest zur Erfassung der Faktor-V-Mutation empfohlen werden kann. Durch weiterführende Untersuchungen gilt es zu klären, inwieweit und welche bisher unbekannten Defekte zu verminderten Testergebnissen führen. 6. Literaturverzeichnis 1. Allaart, C. F. ; Aronson, D. C. ; Ruys, T. ; Rosendaal, F. R. ; van Bockel, J. H. ; Bertina, R. M. ; Briët, E. : Hereditary protein S deficiency in young adults with arterial occlusive disease. Thromb. Haemost. 64 (1990) 206-210 2. Allaart, C. F. ; Poort, S. R. ; Rosendaal, F. R. ; Reitsma, P. H. ; Bertina, R. M. ; Briët, E. : Increased risk of venous thrombosis in carriers of hereditary protein C deficiency defect. Lancet 341 (1993) 134 3. Arkel, Y. S. ; Ku, D. ; Kamiyama, M. ; Pajaro, R. ; Alder, H. ; Marchand, A. : A highly specific functional test for factor V leiden: A modified tissue factor assay for activated protein C resistance. 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Zur Zeit sind mehr als zwanzig humorale und zelluläre Risikofaktoren bekannt, für die ein Zusammenhang mit dem gehäuften Auftreten von Thrombosen gesichert ist. Für die praktische Diagnostik ergibt sich daraus die Schwierigkeit eines ausgesprochen hohen materiellen und personellen Aufwandes. 4. Daher erlangt die Frage, wie zuverlässig Screeninguntersuchungen vorliegende Gerinnungsdefekte aufdecken, eine besondere Bedeutung. Seit einigen Jahren ist der sogenannte ProC® Global-Test als Screeningmethode in Anwendung. 5. Das Testsystem ProC® Global erfaßt das Protein-C-System in seiner Gesamtheit. Neben Mangel oder Dysfunktion von Protein C und Protein S wird insbesondere der derzeit am häufigsten vorkommende Gerinnungsdefekt, die Mutation im Faktor-V-Gen, aufgedeckt. 6. Die Sensitivität des Testsystems zum Nachweis der Faktor-V-Mutation ist sehr hoch. Sie beträgt für heterozygote Mutationen 96,7%. Homozygote Mutationen werden allesamt erfaßt. 7. Daher kann das ProC® Global-Testsystem als Screeningmethode zur Erfassung der Faktor-V-Mutation durchaus empfohlen werden. 8. Die ermittelten ProC® Global-Werte korrelieren mit der Art der genetischen Mutation. So weisen Plasmen homozygoter Merkmalsträger niedrigere Werte als Plasmen heterozygoter Defektträger auf. 9. Die relativ geringe Spezifität des Testsystems ist einerseits durch erhöhte FaktorVIII-Konzentrationen im Rahmen der Akuten-Phase-Reaktion erklärbar. Andererseits scheint es durchaus möglich, daß bisher unbekannte Gerinnungsdefekte mit der als ProC® Global bezeichneten Methode erfaßt werden. 10. Als häufigste klinische Manifestationsart der Faktor-V-Mutation wurden Thrombosen der tiefen Beinvenen mit oder ohne Lungenembolie objektiviert. 11. Homozygote Defektträger werden im Vergleich zu heterozygoten bereits in jüngeren Jahren klinisch auffällig. Das Manifestationsalter homozygoter Merkmalsträger liegt mit 32,9 Lebensjahren deutlich unter dem heterozygoter, für welche ein Manifestationsalter von 45,3 Lebensjahre ermittelt wurde. 12. Die Sensitivität von ProC® Global zur Erfassung der Leiden-Mutation ist im Vergleich mit dem funktionellen Testsystem COATEST® APCTM Resistance als höher einzuschätzen. Anhang Verzeichnis der Abkürzungen Abb. Abbildung APC Aktiviertes Protein C APC-Resistenz Resistenz gegen aktiviertes Protein C APTT Aktivierte partielle Thromboplastinzeit AT III Antithrombin III CaCl2 Calciumchlorid C4b-BP C4b- Bindungsprotein ELISA enzyme-linked immunosorbent assay SHP Standardhumanplasma n Anzahl NR Normierte Ratio KF Kalibrationsfaktor PTT Partielle Thromboplastinzeit sec Sekunden SW Sensitivitätswert Tab. Tabelle TFPI Tissue factor pathway inhibitor Danksagung Nach Abschluß meiner Arbeit möchte ich mich herzlich bei meinem Mentor, Herrn Prof. Dr. med. habil. G. Vogel, für das Überlassen des Themas und seine jederzeit fördernde Unterstützung und richtungbestimmenden Hinweise bei der Themenbearbeitung bedanken. Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. med. G. Stein für seine Hilfe beim Einreichen der Arbeit. Außerdem danke ich herzlich Herrn Dr. rer. nat. W. Kalkofen und den medizinischtechnischen Assistentinnen des Hufeland Krankenhaus Bad Langensalza GmbH für die Unterstützung bei der Durchführung der Gerinnungsanalysen. Den medizinisch-technischen Assistentinnen des Gerinnungslabors am Klinikum Erfurt GmbH danke ich für die Vorarbeiten zur Durchführung der Gerinnungsanalysen. Ehrenwörtliche Erklärung Hiermit erkläre ich, daß mir die Promotionsordnung der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität bekannt ist, ich die Dissertation selbst angefertigt habe und alle von mir benutzten Hilfsmittel, persönlichen Mitteilungen und Quellen in meiner Arbeit angegeben sind, mich folgende Personen bei der Auswahl und Auswertung des Materials sowie bei der Herstellung des Manuskripts unterstützt haben: Herr Prof. Dr. med. habil. G. Vogel und Herr Dr. rer. nat. W. Kalkofen, die Hilfe eines Promtionsberaters nicht in Anspruch genommen wurde und daß Dritte weder unmittelbar noch mittelbar geldwerte Leistungen von mir für Arbeiten erhalten haben, die im Zusammenhang mit dem Inhalt der vorgelegten Dissertation stehen, daß ich die Dissertation noch nicht als Prüfungsarbeit für eine staatliche oder andere wissenschaftliche Prüfung eingereicht habe und daß ich die gleiche, eine in wesentlichen Teilen ähnliche oder eine andere Abhandlung nicht bei einer anderen Hochschule als Dissertation eingereicht habe. Gebesee, den 15.02.01 Lebenslauf Name: Spittel, Heike Anschrift: Gartenstraße 04 99189 Gebesee Geburtsdatum: 20.07.1966 Geburtsort: Erfurt Familienstand: verheiratet, 1 Kind Schulbesuch: 09/1973-08/1983 Polytechnische Oberschule Gebesee 09/1983-08/1985 Erweiterte Oberschule Neudietendorf Abschluß: Abitur 09/1985-08/1986 Vorpraktisches Jahr an der Medizinischen Akademie Erfurt 09/1986-08/1988 Studium der vorklinischen Semester an der Universität Leipzig 09/1988-08/1993 Studium der klinischen Semester an der Medizinischen Hochschule Erfurt Abschluß: Staatsexamen 09/1993-03/1995 Ärztin im Praktikum in der Fachrichtung „Innere Medizin“ Hufeland Krankenhaus Bad Langensalza 04/1995-12/1999 Assistenzärztin in der Abteilung „Innere Medizin“ Hufeland Krankenhaus Bad Langensalza seit 01/2000 Assistenzärztin der Abteilung für Internistische Intensivmedizin am Südharzkrankenhaus Nordhausen Hochschulstudium: berufliche Tätigkeit: Gebesee, den 15.02.01