Ursprünge der Artendiversität

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32. Einführung in die Evolution der Tiere
In den Meeren des späten Präkambriums (vor 700Mio.J.) begann die Existenz der Tiere mit
der Evolution vielzelliger Formen, die sich von anderen Organismen ernährten. Die Formenexplosion im Kambrium brachte die rezenten 30 Tierstämme hervor. Etwa 95% aller Tierarten
sind Invertebraten, also Wirbellose.
Was ist ein Tier ?
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vielzellige, heterotrophe Eukaryoten, die vergeformte organische Moleküle (feste Nahrung) aufnehmen.
Speicherung der Kohlenhydratreserven in Form von Glykogen (Pflanzen als Stärke)
Tierische Zellen haben keine Zellwände und werden von Strukturproteinen zusammengehalten. Extrazelluläre Verbindung: Collagen, interzelluläre V.: Thight Junctions, Desmosomen, Gap Junctions
Zwei Gewebetypen sind die Vorassetzungen für das aktive Verhalten: das Nervengewebe
(Impulsleitung) und das Muskelgewebe (Bewegung)
Tiere pflanzen sich in erster Linie sexuell fort. In ihrem Entwicklungszyklus dominiert die
diploide Phase. Die Gameten sind in der Regel die einzigen haploiden Zellen.
Begeisseltes Spermium+ unbewegliche, grosse Eizelle – Befruchtung – Zygote 2n – Furchung: Serie mitotischer Teilungen – Blastula: vielzelliges Stadium, Hohlkugel –
Gastrulation: Entwicklung der embryonalen Gewebe der adulten Körperteile – Gastrula
Manche Arten pflanzen sich asexuell durch Kospung oder Regeneration fort.
Die Entwicklung zum adulten Tier erfolgt direkt oder über die Metamorphose, indem
sich ein erstes Entwicklungsstadium, die sexuell unreife Larve, in ein morphologisch andersartiges zweites Entwicklungsstadium umwandelt, das sexuell reife Adulttier.
Meistens sind die Zellen hierarchisch in Gewebe, Organe und Organsystem organisiert.
Ueberblick: Phylogenie und Diversität
Das Tierreich ist monophyletisch. Danach hat im Präkambrium ein begeisselter Protist gelebt, von dem sämtliche heutigen Tiere (ausser Schwämme) abstammen. Die Entwicklung
vielzelliger Tiere (Metazoa) aus urtümlichen Protozoen könnte zwei mal konvergent stattgefunden haben, einerseits zu den Schwämmen, anderseits zu den Eumetazoen.
Die Systematiker diskutieren vier Hauptverzweigungspunkte am Stammbaum der Tiere:
(S.591)
1. Die Schwämme (Protozoa), denen echte Gewebe fehlen, werden allen anderen Tieren
(Eumetazoa: Gewebetiere) gegenübergestellt.
2. Die Eumetazoa trennen sich in Radiata (Stamm der Nesseltiere und Rippenquallen) und
Bilateria auf. Diese unterscheiden sich in der Körpersymmetrie und der Anzahl Keimblätter.
Ein radiärsymmetrisches Tier besitzt eine mundwärtige, orale und eine gegenüberliegende, aborale Seite. Ein bilateralsymmetrisches Tier besitzt nicht nur Oberseite (dorsal)
und Unterseite (ventral), sondern auch Kopfende (anterior) und Schwanzende (posterior).
Ein evolutionärer Trend der Bilateria ist die Cephalisation (Kopfbildung). Dabei werden
Sinnesorgane, Nervenzellen und Mundwerkzeug am Vorderende, dem „Bewegungsvor-
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derpol“ konzentriert. Dies ist eine Anpassung an die freie Lebensweise. Radiata hingegen
sind sessil (an Substrat geheftet) oder planktonisch (passiv im Wasser schwebend).
In der Frühentwicklung der Tiere organisiert sich der Embryo durch die Gastrulation in
konzentrische Zellschichten, den Keimblättern, die unterschiedliche Gewebe ausbilden.
Ektoderm
äussere Körperbedeckung (Integument), z.T. zentrales Nervensystem
Mesoderm
Muskulatur, viele innere Organe
Entoderm
Verdauungstrakt, davon abgeleitete Organe wie Leber oder Lunge
Radiata bilden nur Ekto- und Entoderm und sind somit zweikeimblättrig oder diploblastisch. Bilateria sind dreikeimblättrig oder triploblastisch mit zusätzlichem Mesoderm.
3. Die Bilateria spalten sich in Acoelomaten, Coelomaten und Pseudocoelomaten auf.
Tiere mit einer massiven Körperkonstruktion – also ohne einen Hohlraum zw. Verdauungstrakt und Hautmuskelschlauch (Integument + Muskulatur) – werden als Acoelomaten (Stamm der Plattwürmer) bezeichnet.
Die meisten Bilateralen haben jedoch einen flüssigkeitsgefüllten Hohlraum, der Verdauungstrakt und Hautmuskelschlauch trennt. Die Körperhöhle schützt vor inneren Verletzungen, ermöglicht den inneren Organen sich unabhängig von der Körperwand zu bewegen und ihre Flüssigkeit dient als Transportmedium für gelöste Substanzen. Diese Tiere
haben meist ein komplettes Verdauungs- und Kreislaufsystem.
Pseudocoelomaten:
Körperhöhle teilweise von mesodermalem Gewebe umrandet,
z.B. Rädertiere, Rundwürmer
Coelomaten:
richtiges Coelom (Körperhöhle), vollständig von mesodermalem
Gewebe umrandet.
S.593
4. Der vierte Verzweigungspunkt beruht auf Merkmalen der Embryonalentwicklung und
gliedert die Coelomaten in Protostomier (Weichtiere, Ringelwürmer, Gliederfüsser) und
Deuterostomier (Stachelhäuter und Chordatiere).
Furchung:
Zygote wird in Hohlkugel (Blastula) aus zahlreichen kl. Zellen verwandelt
Protost.: frühdeterminierte Spiralfurchung. Das weitere Entwicklungsschicksal der
Embryonalzellen steht schon im 4-Zell-Stadium fest.
Deutero.: spätdeterminierte Radiärfurchung. Jede Zelle im 4-Zell-Stadium kann sich
bei einer Trennung in einen kompletten Embryo entwickeln.
Entwicklung des Urmundes (Blastoporus):
Während der Gastrulation entwickelt sich der Urdarm (Archenteron), welcher eine spaltförmige Oeffnung nach aussen besitzt, den Urmund.
Protost.: an einem Ende des Blastopors entsteht der Mund am andern der After
Deutero.: Blastopor bildet After, Mund entsteht aus später entstandenen Oeffnung
Coelombildung: beginnt im Stadium der Gastrula
Protost.: schizocoele Entwicklung, Coelom wird von Spalten im Mesoderm gebildet
Deutero.: euterocoele E., Coelom bildet sich aus mesodermalen Taschen des Urdarms
Ursprünge der Artendiversität
Tiere sind in ca. 30 Stämme unterteilt. Fossile Funde und molekulare Studien zeigen, dass die
Aufspaltung in die vielen Tierstämme im Vergleich zur geologischen Zeittafel sehr rasch erfolgte (565-525 Mio.J.; spätes Präkambrium – frühes Kambrium).
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Die älteste bekannte Fauna bestand aus Tieren mit weichen Körpern, die im späten
Präkambrium während der Ediacara- Periode lebten. Im darauffolgenden Kambrium entwickelte sich eine wesentlich vielgestaltigere Fauna, die zahlreiche Arten mit harten Schalen
und Skeletten und alle modernen Tierstämme umfasste (Cambrian Explosion). Alle im rezenten Tierreich verwirklichten Grundbaupläne entstanden im Kambrium. Die kambrische
Explosion wurde wahrscheinlich durch eine Kombination von verschiedenen Umwelteinflüssen hervorgerufen.
Zur Rekonstruktion der evolutionären Geschichte der Tierstämme sind die Systematiker auf
komparative Anatomie, Embryologie, Entwicklungsgenetik und molekulare Systeme angewiesen.
Die Entwicklungsgenetik zeigt, dass der gemeinsame Vorfahr der bilateralen Tiere strukturell
komplex war (mit Kopf, Lichterkennung, Nervenstrang und Segmentation). Evolutionäre Aenderungen in der Expression der Gene, die die Entwicklung steuern, bewirkten Unterschiede
im Bauplan der Tiere, was zu verschiedenen Stämmen führte.
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