Universität Stuttgart

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Biologisches Institut Abteilung Biophysik
ZELLKOMMUNIKATION
Eine Form der Kommunikation zwischen tierischen Zellen ist Ionen- oder Molekültransport
über elektrische Synapsen. Diese - auch Gap junctions genannten Zell-Zell-Verbindungen bestehen aus mehreren hundert Einzelkanälen, die über je eine etwa 1,5 nm weite Pore eine
direkte, leitende Verbindung zwischen benachbarten Zellen herstellen. Molekularbiologische
Untersuchungen von Organen und Geweben haben gezeigt, daß Gap-junction-Kanäle aus
unterschiedlichen Proteinen aufgebaut sind.
Um eine Zuordnung der dynamischen und elektrischen Kanaleigenschaften zum molekularen
Aufbau der Kanäle angeben zu können, untersuchen wir genetisch transformierte menschliche
Zellen, die vorwiegend nur jeweils einen Kanaltyp ausgebildet haben. Mit hochauflösenden
elektrophysiologischen Messungen (Patch clamp) können wir einzelne Kanaltypen aufgrund
ihrer elektrischen Leitfähigkeit (20 pS bis 150 pS) und ihres spannungsabhängigen Schaltens
identifizieren.
Diese Form der interzellulären Kommunikation ist nicht nur eine Voraussetzung für die
Differenzierung von Zellen, sondern sie ist auch bei der Transformation zu Tumorzellen
beteiligt. Der Einfluß von Gap-Junction-Kanälen auf das invasive Verhalten von Tumorzellen
wird bei uns an dreidimensional wachsenden Zellkulturen (Multizell Sphäroide) untersucht.
Höhere Organismen sind aus einer Vielzahl verschiedener Zellen und Zelltypen
zusammengesetzt, die durch Kommunikationssysteme zu einem geordneten Ganzen verbunden
sind. Der dazu notwendige Informationsfluß kann auf unterschiedliche Weise aufrechterhalten
werden. Informationen werden im Nervensystem innerhalb der Zellen durch elektrische Signale
und beim synaptischen Übergang zwischen den Zellen durch chemische Transmitterstoffe
weitergeleitet. Die Ausbreitung elektrischer Signale kann jedoch auch über sogenannte
elektrische Synapsen erfolgen. Neben dieser direkten elektrischen und chemischen
Signalausbreitung, können Informationen im Organismus mit Hilfe von Molekülen über große
Distanzen weitergegeben werden. So beruhen hormonelle Regulationen ebenso wie die
Informationsübertragung bei Teilen des Immunsystems auf der Wirkung löslicher Mediatoren,
die mit dem Blut transportiert werden. Immunologische Reaktionen können aber auch durch
direkte, rezeptorvermittelte Zellkontakte ausgelöst werden.
Am weitesten verbreitet ist die direkte Signalfortleitung von Zelle zu Zelle durch Kanäle, die
den Interzellularraum überbrücken. Diese sogenannten Gap-Junction-Kanäle sind auch die
Strukturelemente elektrischer Synapsen. Während der Embryonalentwicklung treten GapJunction-Kanäle als das erste informationsübertragende System auf und auch im
ausgewachsenen Organismus gibt es keinen Gewebeverband ohne diese Kanäle, durch die
Ionen und kleine organische Moleküle wie Zucker oder Botenstoffe von Zelle zu Zelle
diffundieren können.
Ein Gap-Junction-Kanal besteht aus zwei Halbkanälen -sog. Connexone-, wobei jede der
benachbarten Zellen je ein Connexon beiträgt. Jedes Connexon ist aus sechs identischen
Untereinheiten - den Connexinen - aufgebaut. Mittlerweile werden etwa fünfzehn verschiedene
Connexine aufgrund ihrer Aminosäuresequenz unterschieden. In den meisten bisher
untersuchten Geweben haben sich mehrere Connexine in einer Zelle nachweisen lassen, was
eine Zuordnung der Kanaleigenschaften (Leitfähigkeit, spannungsabhängiges Öffnen und
Schließen) zum Connexintyp erheblich erschwert. Wir haben menschliche Tumorzellen (HeLa)
aufgrund ihrer geringen elektrischen Kopplung ausgesucht und sie in Kooperation mit dem
Institut für Genetik der Universität Bonn (Prof. Dr. K Willecke) mit Connexin Genen
transfiziert, so daß sie nur noch einen Typ von Gap-junction-Kanälen ausbilden. Mit diesen
Zellen ist es uns gelungen, eine eindeutige Korrelation zwischen Connexintyp und dynamischen
und elektrischen Eigenschaften der entsprechenden Gap-junction-Kanäle herzustellen. Die so
gewonnenen Daten ermöglichen jetzt die eindeutige Identifizierung des Connexintyps in
unterschiedlichen Zellen.
Wachstumsregulation, Zelldifferenzierung und Embryonalentwicklung laufen nicht ohne
Beteiligung von Gap junctions ab. So bilden sich beispielsweise während der frühen
Schwangerschaft kurz vor der des Embryos zahlreiche Gap junctions aus. Das Signal dazu
stammt vom Embryo, der ebenfalls über Gap junctions gekoppelt ist. Der Beginn des Einnistens
ist dem aktiven Einwandern von Tumorzellen in normales Gewebe vergleichbar. Es kann nicht
ausgeschlossen werden, daß auch bei der Invasion von Tumorzellen die Gap junctions zur
Signalübermittlung notwendig sind und daß erst durch sie eine entsprechende Genaktivierung
der beteiligten Zellen ermöglicht wird. Mit Multizell Sphäroiden konnten wir bei in vitro
Untersuchungen zum invasiven Verhalten von Zellen zeigen, daß Gap-Junction-freie
Tumorzellen keine invasive Aktivität zeigten, während über Gap junctions gekoppelte
Tumorzellen sich sehr invasiv verhielten. Mit den transfizierten HeLa Zellen hat sich bestätigt,
daß Tumorzellinvasion in normales Gewebe vom Connexintyp der beteiligten Zellen abhängt.
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