ANHANG: DIE NOMINIERTEN FÜR DEN DESCARTES- FORSCHUNGSPREIS 2005 Titel des Projekts Forschungsgebiet CANCERGENES Identification of cancer predisposition genes and pathways of tumorigenesis (Identifikation von Krebsveranlagungsgenen und Pfaden zur Tumorgenese) BIOWISSENSCHAFTEN Projektteams – Kontaktpersonen Beschreibung Prof. Ian Tomlinson, London Research Institute, Cancer Research UK (CR-UK) Prof. Lauri Antti Aaltonen, Universität Helsinki, Finnland Das Projekt CANCERGENES hat die Entschlüsselung und das Klonen von Krebsgenen weiter vorangetrieben. Beispielsweise wurde ein neues Gen entdeckt, das Aufschluss darüber geben könnte, ob eine Person zur Entwicklung von Darmkrebs (Kolorektalkrebs) neigt. Die Gemeinschaftsarbeit der Forscher umfasste die Identifikation dieses Gens, die klinische Untersuchung von Risikofamilien und Einzelpatienten, ergänzt durch Gewebeanalysen, mathematische Modellierung und Entwicklung von Krankheitsmodellen. Der erste Erfolg des Projekts zeigte sich mit der Entschlüsselung und dem Klonen der für zwei Krankheiten – das Peutz-JeghersSyndrom und die Juvenile Polyposis (gutartige Polypen) – verantwortlichen Gene, die in weiterer Folge Kolorektalkarzinome oder andere Krebsarten verursachen können. Die Forschungspartner entschlüsselten und identifizierten das für das erblich bedingte Syndrom der Leiomyomatose mit Nierenzellkarzinomen (HLRCC) verantwortliche Gen. Durch diese Untersuchungen konnten die Forscher eine bislang unbekannte Verbindung zwischen mangelhafter Energieproduktion und der Bildung von Tumoren aufzeigen. Darüber hinaus haben sie die klinischen und molekularen Merkmale des Darmkrebses beschrieben und umfangreiche Arbeit bei der Identifikation der genetischen Pfade zur Entstehung von sporadischen Kolorektalkarzinomen geleistet. Die Erkenntnisse dieses Projekts sind für die Bewertung von Risiken und zur Prävention von Krebs von besonderer Bedeutung. Unmittelbaren Nutzen bringt das Projekt CANCERGENES durch die Möglichkeit, Patienten und Familien mit der Veranlagung zu Krebserkrankungen zu testen, um ihre Krankheiten zu klassifizieren und ihr Risiko zu bewerten. Titel des Projekts CECA Climate and Environmental Change in the Arctic (Klima- und Umweltveränderung in der Arktis) GEOWISSENSCHAFTEN Forschungsgebiet Projektteams – Kontaktpersonen Beschreibung Prof. Ola M. Johannessen, Nansen Environmental and Remote Sensing Center NERSC, Norwegen Prof. Lennart Bengtsson, Max-Planck-Institut für Meteorologie, Deutschland Dr. Leonid Bobylev, Wissenschaftsstiftung "Nansen International Environmental and Remote Sensing Centre", Russland Im Rahmen des Projekts CECA wurden im Verlauf des vergangenen Jahrzehnts zahlreiche interdisziplinäre Forschungsaktivitäten zu Klima- und Umweltveränderungen in der Arktis durchgeführt. Das CECA setzte sich mit Umweltproblemen europaweiten Ausmaßes auseinander. Die wissenschaftlichen Ziele der Forscherteams konzentrierten sich auf eine systematische und ganzheitliche Analyse diverser Beobachtungs- und Modelldatenbestände. Durch eine Kombination von Beobachtungen vor Ort, Satellitenerkundung und Computermodellierung konnten die Forscher wissenschaftliche Durchbrüche und Innovationen erzielen, die unser Verstehen zahlreicher Aspekte des arktischen Klimas und seines Einflusses auf den europäischen Kontinent fördern. Darüber hinaus erforschte das Team den Einfluss von Treibhausgasen auf die natürlichen Schwankungen des Wettersystems in der nordatlantischen und der arktischen Region, aber auch die Wechselwirkung mit diesen. Das CECA-Konsortium hat zahlreiche potentielle Folgen des - heute unbestrittenen Schwunds der arktischen Meereisdecke auf Mensch, Gesellschaft und Wirtschaft erkannt, die nicht ausschließlich negativer Art sind. Dazu zählen die Minderung der Sonnenreflexion durch das Eis, die Tatsache, dass riesige Gebiete dem kalten, offenen Wasser des arktischen Ozeans ausgesetzt sind, weitläufige Veränderungen des maritimen Ökosystems und mildere Klimabedingungen in Höhenlagen. 1 Titel des Projekts Forschungsgebiet Projektteams – Kontaktpersonen Beschreibung Titel des Projekts Forschungsgebiet Projektteams – Kontaktpersonen EURO-PID European Initiative on Primary Immunodeficiencies (Europäische Initiative über Primäre Immundefekte) BIOWISSENSCHAFTEN Prof. Alain Fischer, Institut National de la Santé et de la Recherche Médicale (INSERM), Frankreich Prof. Jean-Laurent Casanova, Université René Descartes-INSERM Unit 550, Frankreich Prof. C.I. Edvard Smith, Karolinska Institutet (KI), Schweden Prof. Lennart Hammarström, Karolinska Institutet (KI), Schweden Prof. Luigi Daniele Notarangelo, Universita degli Studi di Brescia (UNIBRE), Italien Prof. Adrian Trasher, University College London (UCL), Vereinigtes Königreich Dr. Anna Villa, CNR Istituto di Tecnologie Biomediche (CNR-ITB), Italien Das Projekt EURO-PID konzentrierte sich auf eine Gruppe von über 130 seltenen, genetisch bedingten Krankheiten, die unter der Bezeichnung „primäre Immundefekte“ (PID) bekannt sind. PIDs verursachen bei den Betroffenen, vorwiegend Kindern, eine Neigung zu Infektionen, die Vermehrung von Lymphzellen sowie Autoimmunstörungen. Im Rahmen dieses Projektes kombinierte eine Arbeitsgemeinschaft von sieben europäischen Forscherteams klinische Immunologie mit wissenschaftlichen Grundlagenstudien, um die molekularen Mechanismen, die diesen speziellen Erkrankungen zugrunde liegen, zu begreifen. Diese Bemühungen förderten eine Fülle an Informationen darüber zutage, wie sich die Zellen des Immunsystems voneinander unterscheiden, aber auch wie sie ihre speziellen Funktionen erfüllen und die Immunantwort steuern. Im Verlauf dieses Fünfjahresprojekts beschrieben EURO-PID-Forscher Defekte bei 20 bedeutenden Schutzgenen und entwickelten erfolgreich eine vielversprechende Form der Gentherapie für einen bestimmten Typus schwerer kombinierter Immunschwäche (SCID). Nach Einschätzung der Forscher werden die aus dem Projekt gewonnenen Erkenntnisse den Patienten weiterhin durch die Entwicklung neuer diagnostischer, prognostischer und therapeutischer Werkzeuge von Nutzen sein. TURING Chemical morphogenesis: Turing patterns and beyond (Chemische Morphogenese: Turingmuster und weiterführende Forschung) PHYSIK Dr. Patrick De Kepper, Centre de Recherche Paul Pascal / CNRS (CRPP), Frankreich Dr. Pierre Borckmans, Université Libre de Bruxelles, Belgien 1952 erklärte der britische Mathematiker Alan Turing, dass die Synergie zwischen Reaktion und Diffusion in ursprünglich gleichförmigen Chemikalienmischungen spontan zu anhaltenden räumlichen Konzentrationsmustern führen kann. Ein solcher Mechanismus könnte für gewisse Form- und Musterentwicklungen in biologischen Systemen - von der Entwicklung von Embryonen bis hin zu Mustern auf der Haut von Säugetieren und Fischen - verantwortlich sein. Der Beweis dafür, dass sich solche Muster in realen Systemen entwickeln können, sollte allerdings erst 40 Jahre später erbracht werden, als die gemeinschaftliche Forschung des TURING-Projektteams diesen bereits seit langer Zeit erwarteten eindeutigen experimentellen Nachweis der Turing-Muster lieferte. Die Forscher des TURING-Projekts haben Geräte entwickelt, mit denen es möglich ist, den theoretischen Erfordernissen gerecht zu werden und Störeffekte, die frühere Ansätze scheitern ließen, zu vermeiden. Die Forschungsergebnisse des Teams sind die ersten deutlichen experimentellen Nachweise dafür, dass Turing-Muster tatsächlich in natürlichen Systemen agieren. Die Turing-Theorie, die einst unbeachtet blieb, spielt heute auf zahlreichen Gebieten – von der Biologie bis hin zur Astronomie - eine bedeutende Rolle. Die gegenwärtige Arbeit wirft nicht nur neues Licht auf die Mechanismen der biologischen Entwicklung; sie kann auch Wege zu neuen Kategorien „intelligenter“ weicher Materialien und weicher Mikroroboter eröffnen, die in flüssiger Umgebung arbeiten können. 2 Titel des Projekts Forschungsgebiet Projektteams – Kontaktpersonen Beschreibung Titel des Projekts PATHFINDER Portraying the Effects of Nuclear Receptors in Health and Disease (Beschreibung der Wirkung von Kernrezeptoren im gesunden Körper und bei Erkrankungen) BIOWISSENSCHAFTEN Prof. Jan-Ake Gustafsson, Karolinska Institutet (KI-Biosci), Schweden Prof. Vincent Laudet, Ecole Normale Supérieure de Lyon (ENSL), Frankreich Prof. Barbara Demeneix, Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS), Frankreich Ass. Prof. Hilde Nebb, Universität Oslo (UiO), Norwegen Dr. Sari Mäkelä, University of Turku (U.Turku), Finnland Prof. Edison Liu, Genome Institute of Singapore (GIS), Singapur Ziel der Arbeitsgemeinschaft PATHFINDER war es, die Rolle der Kernrezeptoren in Zellen zu erfassen, die häufig Zielproteine für in Lebensmitteln oder in der Umwelt vorhandene chemische Kontaminanten sind. Die Gemeinschaftsarbeit konzentrierte sich auf die Erforschung der Biologie dreier bedeutender Kernrezeptorsysteme: spezielle Östrogenrezeptoren, die mit der Sexualentwicklung, aber auch der Entwicklung des Gehirns und des Immunsystems in Verbindung stehen; Schilddrüsenhormonrezeptoren, die sich auf den Stoffwechsel und die frühe Entwicklung auswirken, und Rezeptoren der Leber, die den Zwischenstoffwechsel beeinflussen und neurodegenerative Erkrankungen und Immunerkrankungen bedingen. Gemeinsam haben die Forschungspartner eine Reihe beachtenswerter Durchbrüche erzielt, beispielsweise die Bestätigung der Wechselwirkung zwischen Östrogenrezeptoren und ERR (Estrogen-receptor related) bindenden Rezeptoren. In weiterer Folge beschrieben sie die Rolle der Rezeptoren bei der Entstehung von Prostatakrebs und jene der Leber-X-Rezeptoren im Fettsäurestoffwechsel und der Fettbildung. Im Rahmen des Projekts Pathfinder wurden wichtige Informationen erarbeitet, die zum Schutz der Bevölkerung vor einer Beeinträchtigung durch diese Kontaminanten beitragen können. Darüber hinaus werden die Projektergebnisse für die Klassifizierung und Entwicklung neuer pharmazeutischer Präparate verwendet, die für die europäische Wirtschaft sehr wertvoll sein können. Forschungsgebiet GRAB Computer graphics access for blind people through a haptic virtual environment (Zugang zu Computergrafiken für Blinde durch eine haptische virtuelle Umgebung) INFORMATIONSWISSENSCHAFTEN Projektteams – Kontaktpersonen Beschreibung Ms. Teresa Gutierrez, Fundacion Labein, Parque Tecnologico de Bizkaia, Spanien Dr. Carlo Alberto Avizzano, Scuola Superiore di Studi Universitari e di Perfezionamento S. Anna, Italien Jose Luis Fernandez, CIDAT-ONCE, Spanien Steven Tyler, Royal National Institute for the Blind (RNIB), Vereinigtes Königreich Ms. Blaithin Gallagher, National Council for the Blind of Ireland (NCBI), Irland Ms. Fiona Slevin, Haptica Ltd, Trinity Enterprise Centre, Irland Das Ziel des Projektes GRAB lag darin, Sehbehinderten ein Verständnis von Formen und Objekten zu vermitteln, die in einer dreidimensionalen Computergrafik dargestellt werden. Durch die Kombination haptischer (tastender) Interaktion vont Stimmen- und Ton-Rückmeldungen vermittelt GRAB den Benutzern den Eindruck, virtuelle 3DObjekte durch „Ertasten“ zu erforschen: entweder mit Daumen und Zeigefingerspitze einer Hand oder auch mit den Zeigefindern beider Hände. Während der haptischen Erforschung erhält der Benutzer gesprochene Hinweise und Tonsignale und kann mittels Stimme, durch Tippen auf das Zielobjekt oder durch Eingabe über die Computertastatur Befehle geben. Die Forscher setzten drei Anwendungen ein, um das System zu testen: ein Abenteuerspiel, ein System zur Erforschung von Grafikdaten und ein System zur Erforschung von Landkarten. Die Forscher sehen in diesem Projekt ein beachtliches Potential als integrierte Plattform für die Gestaltung und Entwicklung audio-haptischer Anwendungen auf unterschiedlichen Gebieten, beispielsweise Architektur, Kunst, Luftfahrt und Medizin. 3 Titel des Projekts Forschungsgebiet Projektteams – Kontaktpersonen Beschreibung Titel des Projekts Forschungsgebiet Projektteams – Kontaktpersonen Beschreibung EXEL Extending Electromagnetism through Novel Artificial Materials (Erweiterung des Elektromagnetismus durch neuartige künstliche Materialien) PHYSIK Prof. Costas Soukoulis, Institute of Electronic Structure and Laser (IESL), Foundation for Research and Technology (FORTH), Griechenland Prof. Ekmel Ozbay, Bilkent University, Türkei Prof. John Brian Pendry, Imperial College of Science, Technology and Medicine, South Kensington Campus, Vereinigtes Königreich Prof. Martin Wegener, Universität Karlsruhe (TH), DFG-Zentrum für funktionale Nanostrukturen (Karlsruhe-CFN), Deutschland Prof. David R. Smith, Duke University, USA Das EXEL-Forschungsteam erfand und entwickelte eine neuartige Kategorie künstlicher Meta-Materialien, genannt linkshändige Materialien (LHM) oder Materialien mit negativem Brechungsindex, die viele der allgemein bekannten Eigenschaften des Lichts umkehren können. Vor rund 40 Jahren brachte Victor Veselago die Idee der Entwicklung solcher Materialien auf, die grundsätzlich in der Natur nicht existieren. Dreißig Jahre später legte der britische theoretische Physiker Sir John Pendry Entwürfe für zwei künstliche Meta-Materialien vor, die aus einem Geflecht von nichtmagnetischen metallischen Drähten beziehungsweise aus Split-Ring-Resonatoren (SSR) bestanden und die Kriterien für Materialien mit negativem Brechungsindex erfüllten. Die am EXEL-Projekt beteiligten Forscher konnten die reale Existenz dieser Materialien sowie ihren Einklang mit den Grundgesetzen der Physik demonstrieren. Mit dieser Erkenntnis wurde der Weg zur Entwicklung völlig neuartiger Anwendungen geebnet. Das Team hat bereits gezeigt, wie die Fokussierung von Radiowellen kleinere und leistungsfähigere Magnetresonanztomographie(MRT)-Geräte ermöglicht. Des Weiteren sind zahlreiche Anwendungen in der Mobilkommunikationsbranche geplant, beispielsweise Antennen und Wellenleiter, die um ein Hundertfaches kleiner und wesentlich leichter als die gegenwärtig eingesetzten Geräte sind. Bereits geringfügige Verbesserungen an dieser Art von Geräten können erhebliche Kosteneinsparungen bewirken. IDEE Identités, démocratie et équilibres de l'Europe (Identitäten, Demokratie und Gleichgewichte Europas) SOZIOÖKONOMIK Prof. Robert Frank, Unité Mixte de Recherche "identités, Relations Internationales et Civilisations de l'Europe" - CNRS, unité n° 8138 (UMR IRICE), Frankreich Prof. Hartmut Kaelble, Humboldt-Universität, Berlin Das Verständnis des subtilen Wesens der europäischen Identität - so, wie sie die europäischen Bürger in verschiedenen Etappen der Geschichte wahrgenommen haben - wird eines der Hauptelemente bei der Aufzeichnung der Demokratieentwicklung in diesem geographischen Raum sein. Ziel des Projekts IDEE war es, die Zusammenhänge zwischen nationaler und europäischer Identität und dem Demokratisierungsprozess in Europa zu untersuchen. Zentrales Anliegen ist es hierbei, zu ermitteln, ob im Kontext der europäischen Integration ein neues Gleichgewicht entsteht. Die jüngste Untersuchung im Rahmen diese Projekts hat folgendes Paradox zutage gefördert: Im Vergleich zu früheren Zeiten, als man noch von einer Vereinigung träumte, ist das Gefühl der europäischen Identität während des Aufbaus der Europäischen Gemeinschaft zurückgegangen. Zudem folgerte man, dass während der Phase der europäischen Integration das Bewusstsein einer Mehrfachidentität entstanden ist. Ein neues Gleichgewicht ist an die Stelle des einstigen Konflikts zwischen nationaler und europäischer Identität getreten. Seit 2000 haben die IDEETeilnehmer 14 gemeinsame Bücher verfasst. Ihre Erkenntnisse sind eine wichtige Quelle zuverlässiger Informationen zu wichtigen Themen, die das Verstehen der europäischen Integration erleichtern, und dürften für Experten, Journalisten, Staatsbedienstete und Politiker, die sich für europäische Angelegenheiten interessieren, von Bedeutung sein. 4 Titel des Projekts Forschungsgebiet ESS European Social Survey - innovations in comparative measurement (Europäische Sozialstudie – Innovationen der vergleichenden Darstellung) SOZIOÖKONOMIK Projektteams – Kontaktpersonen Beschreibung Titel des Projekts Forschungsgebiet Projektteams – Kontaktpersonen Beschreibung Prof. Roger Jowell, City University, Northampton Square, Vereinigtes Königreich Prof. Peter Mohler, Zentrum für Umfragen, Methoden un Analysen (ZUMA), Deutschland Ms. Ineke Stoop, Sociaal en Cultureel Planbureau (SCP), Niederlande Prof. Prof. Willem Saris, Universiteit van Amsterdam (UvA), Niederlande Prof. Jaak Billiet, Katholieke Universiteit Leuven (KUL), Belgien Bjorn Henrichsen, Norwegian Social Science Data Services (NSD), Norwegen Dr. Henk Stronkhorst, European Science Foundation (ESF), Frankreich Das Projekt ESS ist eine groß angelegte gemeinschaftliche Initiative zur erstmaligen Entwicklung und Validierung einer einheitlichen Methode für länderübergreifende Studien. Als vorrangige Ziele der ESS wurden definiert: grafische Darstellung und Erklärung langfristiger gesinnungs- und verhaltensbezogener Veränderungen des sozialen, politischen und moralischen Klimas in und zwischen den EU-Mitgliedsstaaten; Veränderung und Verbreitung neuer Maßstäbe für die soziologische Vergleichsmessung in Europa; die Entwicklung sozialer Indikatoren für den nationalen Fortschritt zusätzlich zu den bereits bestehenden Indikatoren. Mit der ESS besitzt Europa erstmals eine maßgebliche und präzise Datenquelle über die Veränderung der gesellschaftlichen Werte. Diese wiederum stellt Informationen für den wissenschaftlichen und politischen Diskurs bereit und dient der EU als Mittel zur Messung des Wertewandels bei seinen Bürgern. Innerhalb von 18 Monaten nach Veröffentlichung der Daten des ersten Projektabschnitts haben bereits 6000 registrierte Benutzer begonnen, die Inhalte zu analysieren und Zeitschriftenartikel, Dissertationen und Bücher zu verfassen. TANNIN ADHESIVES Natural tannin based adhesives for wood composite products of low or no formaldehyde emission (TANNIN-KLEBSTOFFE: Klebstoffe auf Basis natürlichen Tannins für Holzverbundstoffe ohne oder mit geringer Formaldehydemission) TECHNIK Prof. Antonio Pizzi, Ecole Nationale Superieure des Technologies des Industries du Bois (ENSTIB), Frankreich Dr. Frederic Pichelin, Hochschule für Architektur, Bau und Holz (HSB), Schweiz Dr. Gianpaolo Benevento, Silvachimica s.r.l, Italien Dr. Masafumi Nakatani, Sekisui Chemical Co, Japan In Westeuropa werden gegenwärtig rund 3,2 Millionen Tonnen Klebstoffe für die Fertigung von Holzplatten verbraucht. Die im Produktionsprozess verwendeten synthetischen Materialien, in erster Linie Formaldehyd, können eine Beeinträchtigung der Gesundheit zur Folge haben. Andere Stoffe, die auch giftig sein können, werden als weniger wirksam betrachtet. Natürliche Tannine, die aus Baumrinde gewonnen und mit Formaldehyd ausgehärtet werden, können als hochwirksame Klebstoffe dienen, jedoch als Rückstände in den fertigen Platten vorhanden bleiben, ohne auf ihre Umwelt chemisch zu reagieren, und so die Attraktivität des Endprodukts für den Markt beeinträchtigen. Das Projekt TANNIN-KLEBSTOFFE hat eine Reihe von Entdeckungen in Bezug auf die Reaktion dieser natürlichen Tannine mit den verschiedensten Vernetzern ergeben. Die Wissenschaftler haben neue chemische Vorgänge aufgezeigt, die nicht nur den Verzicht auf Formaldehyd als wichtigsten Stoff zur Erzeugung einer chemischen Reaktion ermöglichen, sondern auch die Entstehung von Formaldehyd als sekundärem Nebenprodukt verhindern. Den ersten Durchbruch verzeichnete die dreiköpfige Partnerschaft mit dem Nachweis, dass Tannin ohne Zusatz von Formaldehyd oder einem anderen Aldehyd beim Vorhandensein katalytischer Mengen an gelöster Kieselsäure oder an Silikaten polymerisiert. Dazu kommt, dass diese Reaktion sehr rasch erfolgte und damit erhöhte Produktivität und Wirtschaftlichkeit bei der industriellen Nutzung ermöglicht. 5 Titel des Projekts Forschungsgebiet Projektteams – Kontaktpersonen Beschreibung Titel des Projekts PULSE Pulsar Science in Europe: The impact of European pulsar science on modern physics (Pulsarwissenschaft in Europa: Der Einfluss der europäischen Pulsarwissenschaft auf die moderne Physik) PHYSIK Prof. Andrew Lyne, University of Manchester, Jodrell Bank Observatory (JBO), Vereinigtes Königreich Prof. Nicolo D'amico, INAF Osservatorio Astronomico di Cagliari, Italien Dr. Axel Jessner, Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Deutschland Dr. Ben Stappers, ASTRON, Niederlande Prof. Ioannis Seiradakis, Universität Thessaloniki, Griechenland Pulsare sind schnell rotierende Neutronensterne, die durch einen heftigen Kollaps eines massereichen Sterns bei einer Supernova-Explosion entstehen. Die Beobachtung von Pulsaren bietet die einzigartige Gelegenheit, einige der extremsten physikalischen Bedingungen des Universums zu untersuchen. Die Beobachtung erkennbarer Schwankungen bei den Pulsraten ermöglicht das Testen der Relativitätstheorien, die präzise Verfolgung der Bewegung von Pulsaren im Weltall sowie die Erforschung der Festkörperphysik superdichter Materie und vieles mehr. Da die Herstellung und der Einsatz der für die wissenschaftliche Untersuchung dieser Sterne erforderlichen technischen Ausrüstung kostenaufwändig sein kann, sind Forscher aus ganz Europa zusammengekommen, um das europäische Pulsarnetzwerk (EPN) ins Leben zu rufen. In Gemeinschaftsarbeit mit der Australian Telescope National Facility haben EPN-Mitglieder neue Instrumente und Computerprogramme erarbeitet, Beobachtungsprogramme koordiniert, ein gemeinsames Datenformat sowie eine Datenbank für den gesamten Rückfluss von Beobachtungsinformationen entwickelt. 850 Pulsare konnten im Rahmen dieser Zusammenarbeit ausfindig gemacht werden - damit konnte die Anzahl der in den vorhergehenden 30 Jahren insgesamt entdecken Pulsare weit übertroffen werden. Der größte Erfolg dieser Forschungsarbeit ist zweifellos die Entdeckung des ersten Doppelpulsars. Das Vorhandensein eines derartigen Systems ist außergewöhnlich, da seine beiden Komponenten eine doppelte Supernova-Explosion überstanden haben müssen. Forschungsgebiet HIDEMAR Self-assembled nanoparticles and nanopatterned array for high-density magnetorecording (Selbstorganisierte Nanopartikel und Nanostruktur-Arrays für Magnetaufnahmen mit hoher Speicherdichte) TECHNIK Projektteams – Kontaktpersonen Beschreibung Dr. Dino Fiorani, Consiglio Nazionale delle Ricerche (CNR), Italien Dr. Dimitrios Niarchos, National Center of Scientific Research "Demokritos" (NCSR "D"), Griechenland Dr. Elizabeth Tronc, Université Pierre et Marie Curie (UPMC), Frankreich Prof. Ana C. Carrera, Consejo Superior de Investigaciones Cientificas (CSIC), Spanien Dr. Giancarlo Faini, Laboratoire de Photonique et de Nanostructures, Frankreich Prof. Josef Fidler, Technische Universität Wien (TUW) / Institut für Festkörperphysik, Österreich Hartmut Rohrmann, Unaxis Balzers AG, Liechtenstein Dr. Giorgio Betti, STMicroelectronics SRL (STM), Italien In den vergangenen Jahren hat sich die Zahl der weltweit gespeicherten digitalen Daten jährlich mehr als verdoppelt. Die neuesten CDs verfügen über eine Speicherdichte von 100 Gbits/in2. Will man eine beträchtliche Erweiterung dieses Volumens erzielen, muss eine völlig neuartige Lösung gefunden werden. Ziel des Projekts HIDEMAR war es, mit der Entwicklung magnetischer Speichermedien mit Nanostrukturen für hohe Aufzeichnungsdichte (200 Gbits/in 2) unter Verwendung von Nanolithographie-Techniken und umweltfreundlicher chemischer Selbstorganisation von Nanopartikeln eine solche Lösung anzubieten. Dadurch kann nicht nur die superparamagnetische Grenze überschritten werden, bei deren Erreichen ein Medium üblicherweise instabil werden und Informationsinhalte verlieren kann diese strukturierten Materialien bieten auch eine Reihe an weiteren Vorteile: verbessertes Signal-Rausch-Verhältnis; einfachere Beschreibbarkeit sowie vollständige 6 Kompatibilität mit der gegenwärtig verfügbaren Laufwerk-Technologie (für nanolithographische Produktionsverfahren). Die Herausforderung, die sich den Forschern dabei stellte, bestand darin, die Materialien an sich zu verbessern und kostengünstigere industrielle Fertigungsverfahren zu entwickeln. Endziel des Projekts war die Herstellung einer Demo-Festplatte mit der gewünschten Speicherdichte, die Bewertung ihrer Leistung und die industrielle Nutzung der Ergebnisse. Das Endprodukt dieses Projekts soll den Märkten der Informationsspeichermedien, insbesondere der Plattenlaufwerkindustrie, neue Impulse verleihen. Titel des Projekts Forschungsgebiet Projektteams – Kontaktpersonen Beschreibung H.E.S.S. The H.E.S.S. experiment: revolutionizing the understanding of the extreme universe (Das HESS-Experiment: Ein völlig neues Verständnis der höchstenergischen Strahlung im Universum) PHYSIK Prof. Stavros Katsanevas, Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS), Frankreich Dr. Michael Punch, Institut National de Physique Nucléaire et de Physique des Particules, Frankreich Prof. Werner Hofmann, Max-Planck-Institut für Kernphysik, Deutschland Dr. Paula Chadwick, University of Durham, Vereinigtes Königreich Prof. Thomas Lohse, Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland Dr. Philippe Goret, Commissariat à l'Energie Atomique, Centre de Saclay, Frankreich Prof. Goetz Heinzelmann, Universität Hamburg, Deutschland Prof. Stefan Wagner, Universität Heidelberg, Deutschland Dr. Hélène Sol, Institut National des Sciences de l'Univers, Frankreich Prof. Reinhard Schlickeiser, Ruhr-Universität Bochum, Deutschland Prof. Luke O'Connor Drury, Dublin Institute for Advanced Studies, Irland Prof. Ladislav Rob, Institute of Particule and Nuclear Physics (IPNP), KarlsUniversität, Tschechische Republik Prof. Ocker Comelis de Jager, North-West University, Südafrika Kosmische Strahlen sind hochenergetische Teilchen, die im Weltall entstehen und durch verschiedene Prozesse nahezu auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden. Hochenergetische Gammastrahlen sind Nebenprodukte dieser kosmischen Teilchenbeschleunigung, die sich in geraden Linien quer durch das Universum fortpflanzen und schließlich wieder ihre Quelle ansteuern. Bis vor kurzem konnten aufgrund mangelnder technischer Ausrüstung nur wenige Beschleunigungsorte ausfindig gemacht werden, und ein noch geringerer Anteil wurde umfassend untersucht. Das Gemeinschaftsprojekt H.E.S.S. wurde mit dem Ziel, diese Lücke zu füllen, ins Leben gerufen. Der Schwerpunkt der Forschungsarbeit bestand darin, ausgehend von bewährter Technologie und etablierten Ansätzen ein leistungsfähiges neues Mehrfach-Teleskopsystem zu entwerfen. Mittels dieses Systems konnten die extremsten Objekte des Universums unter die Lupe genommen werden. 24 höchstenergetische Gammastrahlenquellen spürte das H.E.S.S.-Team in einem Bereich auf, in dem kaum mehr als ein Jahr zuvor nur rund sechs derartige Objekte bekannt waren. 20 der als Gammastrahlenquellen bestätigten Orte, sind “Neuentdeckungen”, und einige bilden möglicherweise eine neue Kategorie von Beschleunigern kosmischer Strahlen. Diese Projektergebnisse förderten ein völlig neues Verständnis unseres Universums, so, wie es durch Gammastrahlenerfassung beobachtbar ist, zutage. Erstmals wurden Gammastrahlenbilder von astronomischen Objekten und die ersten Aufnahmen eines weitläufigen Gebiets rund um das Zentrum unserer Galaxie erstellt. 7 Titel des Projekts Forschungsgebiet Projektteams – Kontaktpersonen Beschreibung PITCID Phospholnositide 3-kinase as Target for Treatment of Chronic Inflammatory Disease (Phosphoinositid-3-Kinase als Ziel für die Behandlung chronisch entzündlicher Erkrankungen) BIOWISSENSCHAFTEN Prof. Matthias P. Wymann, Universität Basel (UniBas), Schweiz Prof. Reinhard Wetzker, Klinikum der Universität Jena (KUJ), Deutschland Prof. Emilio Hirsch, Dipartimento di Genetica, Biologia e Biochimica (DIPGEN), Italien Prof. Bart Vanhaesebroeck, Ludwig Institute for Cancer Research (LICR), Vereinigtes Königreich Dr. Christian Rommel, Serono Pharmaceutical Research Institute, Serono International S.A., Schweiz Prof. Ana C. Carrera, Consejo Superior de Investigaciones Cientificas (CSIC), Spanien Chronisch entzündliche Erkrankungen sind Krankheiten, die zur Entwicklung anhaltender oder häufig wiederkehrender Entzündungen in verschiedenen Bereichen des Körpers führen. Dazu gehören beispielsweise Arthritis, Lupus (eine Krankheit, bei der der Körper das eigene Gewebe angreift), oder chronisch entzündliche Darmerkrankungen. Das PITCID-Forschungsteam entwickelte einen neuen Ansatz zur Behandlung dieser Krankheitstypen, der auf der Identifikation und Neutralisation der Enzyme der PI3K-Familie beruht – Proteine, die in den Zellen des Körpers eine Aktivität auslösen und erwiesenermaßen an der Entwicklung von entzündlichen Erkrankungen beteiligt sind. Erreichen diese Erkrankungen ein bestimmtes Stadium, werden die weißen Blutkörperchen, die üblicherweise Bakterien im Körper zerstören, übermäßig aktiviert und greifen körpereigenenes Gewebe an. Im Rahmen des Projektes wurde ein umfangreicher Bestand an biologischen Daten sowie kleine Moleküle als Inhibitoren geschaffen, die in Modellen von rheumatoider Arthritis und Lupus erfolgreich getestet wurden. Darüber hinaus wurden durch die Arbeit des Forscherteams neue Zielmoleküle für pharmakologische Wirkstoffe gegen Entzündungen, Allergien, Herz-Gefäß- und Autoimmunerkrankungen validiert. Pharmakonzerne haben Interesse an den publizierten Daten des Projekts gezeigt, und Forscher aus ganz Europa arbeiten derzeit an der Umwandlung der Ergebnisse des PITCID-Projekts in handelsfähige Produkte. 8