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Patientenbericht
Name:
Rasse:
Geburtstag:
Geschlecht:
Farbe:
Kenn-Nr.:
Besitzerin:
„Theo“
katalanischer Riesenesel
xx.xx.1996
Wallach
grau
xxx
xxx
- kein lebensmittellieferndes Tier -
Vorbericht
Esel „Theo“ sei am 20.06.2007 liegend auf der Koppel aufgefunden worden und hätte nach dem
Aufstehen Zehenfußung gezeigt. Einen Tag später seien die Symptome zurückgegangen und am
22.06.2007, dem Tag der Vorstellung in der Chirurgischen Klinik für Pferde, wieder schlechter
geworden. Der Esel würde als Reitesel genutzt.
Aufnahmebefund, allgemeine Untersuchung
Allgemeinbefinden: ruhig und aufmerksam
Puls:
52
Atmung:
32
Temperatur:
37,2°C
Kopfschleimhaut:
ohne besonderen Befund
Maulschleimhaut:
mittelgradig gerötet
Lnn. Mandibularis:
ohne besonderen Befund
Hustenreflex:
negativ
Drosselrinne:
beidseits ohne besonderen Befund
Herzauskultation:
Herzschlag mittelkräftig, gleichmäßig, regelmäßig
Atmungstyp:
costoabdominal mit abdominaler Betonung
Hufuntersuchung, spezielle Untersuchung
Es zeigt sich eine hochgradige Stützbeinlahmheit der linken Vordergliedmaße, die sich zeitweise
bessert. An der linken Vordergliedmaße ist zudem eine Pulsation der Mittelfußarterie spürbar, der
Trachtenspanngriff ist positiv. Bei der Hufzangenprobe ergibt sich im medialen Sohlenbereich eine
Druckdolenz, beim trichterförmigen medialen Nachschneiden entleert sich schwarzes Exsudat.
Röntgenologische Untersuchung der Vordergliedmaße links, 1 Bild von lateral nach medial und 1 Bild
von anterior nach posterior.
Röntgenbefunde: In der Aufnahme von anterior nach posterior fallen am Hufbeinrand Aufhellungen mit
unregelmäßiger Hufbeinrandstruktur (Einziehungen) auf. Dies lässt auf eine Druckatrophie des
Hufbeines schließen.
Diagnose
Pododermatitis purulenta
Behandlung
In Absprache mit der Besitzerin wird der Esel stationär zur weiteren Behandlung aufgenommen.
Der Esel verbleibt insgesamt 5 Tage in der Klinik. Während der gesamten Aufenthaltsdauer bleibt die
Körpertemperatur im Normalbereich bei 37,2°C – 37,5°C, auch Puls und Atmung sind physiologisch.
Am 22.06.2007 wird ein Angussverband an die linke Vordergliedmaße angelegt und mit Rivanol ®
(lokales Antiseptikum) viermal täglich begossen. Des Weiteren erhält der Patient Metacam ® für
1
400kg einmal täglich (entzündungshemmend, abschwellend und schmerzlindern wirksam) und
einmalig 10ml Tetanusserum i.m. und 1ml Tetanus-Vaccine i.m..
Am 23.06. wird der Angussverband weiter viermal täglich mit Rivanol ® angegossen, „Theo“
bekommt Metacam ® für 400kg einmal täglich. Das Tier zeigt ein gutes Allgemeinbefinden, es belastet
die linke Vordergliedmaße in der Torfbox gut.
Am 24.06. wird die Therapie vom 23.06. weiter fortgesetzt, der Hufverband wird gewechselt und neu
angelegt. Die Pulsation der vorderen linken Mittelfußarterie bleibt bestehen, vorne rechts ist keine
Pulsation feststellbar.
Am 25.06. findet eine Nachuntersuchung des Hufes statt. Der Esel ist im Schritt lahmfrei, im Trab
zeigt er noch eine geringgradige Lahmheit. Der mediale Trichter am Huf ist noch geringgradig feucht,
sonst trocken. Die Hufzangenprobe fällt negativ aus und die Pulsation der Mittelfußarterie ist noch
fühlbar. Es wird wieder ein Hufverband angelegt und dreimal täglich mit Rivanol ® über 2 Tage hinweg
angegossen. Die Besitzerin ist telefonisch nicht erreichbar.
Am 26.06. geht der Patient auf hartem Boden gut, zum Teil tritt er etwas unklar auf dem linken
Vorderbein. Die Pulsation der Mittelfußarterie vorne links ist nach wie vor positiv, die vorne rechts
negativ. Der Hufverband wird dreimal täglich mit Rivanol ® angegossen.
Der Patientenbesitzerin werden die Befunde telefonisch übermittelt, wenn alles planmäßig verläuft
könnte der Esel in einer Woche beschlagen werden. Die Besitzerin holt den Esel ab, es wird ihr
geraten „Theo“ in circa einer Woche zur Nachuntersuchung in der Klinik vorzustellen.
Pododermatitis purulenta – Ätiologie, Pathogenese, Behandlung, Differentialdiagnosen
Grundsätzlich kann man eine Pododermatitis folgendermaßen einteilen:
 Pododermatitis aseptica acuta circumscripta
 Pododermatitis aseptica chronica
 Pododermatitis infectiosa traumatica
 Pododermatitis purulenta superficialis
 Pododermatitis purulenta profunda
 Pododermatitis gangraenosa
 Pododermatitis necroticans
Wenden wir uns zunächst der Pododermatitis purulenta zu.
Betroffen sind Pferde und Esel jeden Alters und jeder Rasse. Sie entsteht nach Verletzungen der
Lederhaut und Schädigungen des Hufhorns. Die Zusammenhangstrennung des Hufhorns kann durch
einen eingedrückten oder eingetretenen spitzen Fremdkörper (Nagel, Drahtstück, Glasscherbe,
scharfkantiger Stein), einen Tragrandbruch eines barfußlaufenden Tieres, eine Hornspalte oder durch
eine Vernagelung erfolgen.
Fremdkörper treten am ehesten an den weichen Hornabschnitten der Sohle (weiße Linie,
Strahlfurchen und Strahlkörper) durch das Horn. Tiefe und Lage der Verletzung, der Umfang des
Gewebsschadens und die Pathogenität der Mikroorganismen bestimmen dabei das Ausmaß der
pathologischen Veränderungen.
Eine Verletzung im Gebiet der Strahlspitze bis ca. 2-fingerbreit dahinter kann bei entsprechender
Tiefeneinwirkung nicht nur die Lederhaut, sondern auch die tiefe Beugesehne, die Bursa
podotrochlearis, das Strahlbein und das Hufgelenk erreichen. Auch das Strahlpolster kann in den
übrigen Zonen mitbetroffen sein.
Das infizierte entzündliche Exsudat breitet sich über das Gebiet der ursprünglichen
Gewebsschädigung aus, unterminiert eine größere Fläche der Sohle und bricht bei einem
tragrandständigen Prozess durch weiteres Vordringen entlang der Hufwand gegebenenfalls am
Kronrand nach außen durch. Wenn der Infektionsherd eingedämmt wird, bildet sich ein umschriebener
Hufabszess. Die Tiefenausdehnung der Entzündung bestimmt weitgehend das Ausmaß des
Schmerzes und damit die Stärke der Lahmheit, die meistens einen hohen Grad erreicht.
Der Huf ist vermehrt warm, die Hauptmittelfußarterie pulsiert pochend, es zeigt sich eine
geringgradige bis mittelgradige ödematöse Umfangsvermehrung der Krone oder es ist nur die
Ballengrube verstrichen. Das Tier zeigt eine starke Abwehrreaktion bei Untersuchung mit dem
Perkussionshammer und der Hufzange (bei Zangendruck federt die erkrankte Stelle), damit kann die
Ausbreitung des Infektionsherdes eingegrenzt werden. Der Appetit ist vermindert aufgrund der
Schmerzen, das Tier liegt häufiger und länger, hat erhöhte Temperatur und der Puls und die Atmung
sind an der oberen Grenze der physiologischen Normen.
Das Hufeisen muss daraufhin entfernt werden und überflüssiges Sohlen- und Strahlhorn ebenso. An
der Stelle des maximalen Schmerzes muss das Horn so weit abgetragen werden bis das aufgestaute
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Sekret austritt, der Eiter und das Pigment sammelt sich im Stratum spinosum, dadurch entsteht eine
Trennung zwischen Stratum papillare und Stratum germinativum. Bei einem oberflächlichen Prozess
hat dieses Sekret eine grauschwarze Farbe wegen des großen Anteils an pigmenthaltigen Zellen. In
tiefer liegenden Gewebsschichten ist die Farbe rahmig-gelb.
Anschließend muss das gesamte vom Eiter unterminierte Horngebiet entfernt werden bis ein fester
Anschluss zur Lederhaut wiederhergestellt ist. Nach Abtupfen der Wundfläche und Beschichtung mit
einem Antiseptikum wird ein wattegepolsteter Druckverband angelegt, der in 3-5 tägigen Abständen
zu erneuern ist bis junges Horn den Defekt verschlossen hat. Der Watteverband kann gegebenenfalls
durch einen Splintverband ersetzt werden. Eine parenterale Chemotherapie ist gewöhnlich nicht
erforderlich. Wichtig ist jedoch die Tetanusprophylaxe. Zum Schutz der neu gebildeten noch weichen
Hornlage empfiehlt sich als Abschluss der Behandlung ein Beschlag mit einer Ledersohle.
Besonders sorgfältige Wundrevision ist bei die Huflederhaut durchdringenden Verletzungen
angezeigt, der Wundkanal wird dabei bis zu seinem Ende vorsichtig umschnitten damit die natürliche
Wundreinigung der exsudativen Phase ungestört ablaufen kann. Der trichterförmige Wundkanal wird
anschließend mit steriler Gaze austamponiert und durch einen Hufverband geschützt.
Bis zur Ausfüllung der Wundhöhle mit Granulationsgewebe ist der Verband zweimal wöchentlich zu
wechseln, dann je nach Bedarf. In der ersten Behandlungswoche wird der Patient mit Penicillin
(15.000 I.E./kg Körpergewicht i.m.) versorgt. Die Verabreichung von Phenybutazon (5-10mg/kg)
begünstigt den Heilungsverlauf und reduziert den posttraumatischen Schmerz.
Die Prognose dieser Erkrankung ist als gut zu bezeichnen.
Differentialdiagnostisch könnte es sich um eine Pododermatitis aseptica acuta circumscripta handeln.
Dies ist eine Huflederhautentzündung, die zu 80 % die Vordergliedmaßen betriff und dabei vor allem
die Eckstreben der Sohle und die Sohlenwinkel. Ursache hierfür kann eine Quetschung, Zerrung, oder
Zerreißung der Pododerma sein durch eine einmalige Traumatisierung oder durch wiederholte oder
dauerhafte Einwirkungen. Darunter fallen zum Beispiel ungleiche Druck- und Zugbeanspruchungen
der Lederhaut (durch mangelhafte und unsachgemäße Hufversorgung, Stellungsabweichung der
Zehe oder pathologisches Hufhorn). Durch die mechanisch-traumatische Irritation kommt es zur
Schädigung der Lederhaut, feine Kapillargefäße können rupturieren und es kommt zu örtlichen
Blutungen.
Hyperämie, Exsudation und Hämorrhagien führen zur Drucksteigerung im ödematisierten Stratum
papillare, die einen örtlichen Schmerz und dadurch die Lahmheit bewirkt. Durch Gefäßrupturen
gelangt Blutfarbstoff extravasal in die Hornröhrchen und wächst mit diesen an die Oberfläche,
wodurch nach längerer Zeit punkt- oder strichförmige Rötungen in der Hornschicht auftreten.
Flächenförmige Farbstoffeinlagerungen werden als „Steingalle“ oder „Hornfleck“ bezeichnet. Wenn
Mikroorganismen in den aseptischen Prozess gelangen verändert sich die Entzündung zur infektiösen
Entzündung.
Bei den betroffenen Tieren zeigt sich auch eine Stützbeinlahmheit und verstärkte Pulsation der
Mittelfußarterie. Bei Bewegung auf hartem Boden verstärkt sich die Lahmheit. Eine
Zangenuntersuchung und Hufperkussion kann den betroffenen Bereich wieder abgrenzen. Im
schmerzhaften Bereich muss die Hornschicht zu diagnostischen Zwecken abgetragen werden, damit
man eine perforierende oder eine eitrige Entzündung der Huflederhaut ausschließen kann. Behandelt
wird die Pododermatitis aseptica acuta circumscripta mit einem kalten Hufangussverband über 3-5
Tage, dann mit einem warmen Angussverband. Besteht die Lahmheit immer noch und über mehrere
Tage ist ein warmer Angussverband indiziert, da dieser die Resorption des entzündlichen Exsudates
fördert. Natürlich gilt auch hier für das Tier Boxenruhe.
Klingen die Symptome dennoch nicht ab muss eine operative Freilegung der erkrankten Lederhaut
erfolgen. Dabei abfließende Entzündungsflüssigkeit hat je nach Pigmentgehalt der aufgelösten
Epithelzellen eine hell- bis dunkelgraue Farbe. Der freigelegte Huflederabschnitt wird mit einem
trockenen Watteverband geschützt bis er mit Narbenhorn bedeckt ist.
Produkt einer aseptischen oder eitrig-chronischen Entzündung der Huflederhaut kann auch eine
Hornsäule sein. Eine Hornsäule ist eine deutlich abgesetzte leisten-, zylinder-, oder säulenförmige
Verdickung an der Innenfläche der Hornwand. Nimmt die Hornbildung ihren Ausgang von der
Kronlederhaut, so besteht sie hauptsächlich aus Röhrchenhorn, das im Verlauf von Monaten
tragrandwärts herabwächst und durch die halbrunde Form schließlich an der Sohle die weiße Linie
sohlenwärts einbuchtet (Kronhornsäule).
Eine Wandhornsäule entsteht durch einen entzündlichen Dauerreiz der Wandlederhautblättchen. Das
vermehrt gebildete Horn ist unregelmäßiger gestaltet und schiebt sich mit der Zeit ebenso nach distal
bis zur weißen Linie und kann sich aber auch durch Ausbreitung der Entzündung nach proximal bis
zur Krone ausdehnen.
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Nimmt die abnorme Hornbildung einen erheblichen Umfang an dann kann der dabei entstehende
ständige Druck eine atrophische Druckrinne am Hufbein hervorrufen. Die Ursachen einer Hornsäule
sind alle nicht abgeheilten Verletzungen der Kron- und Wandlederhaut. Seltener entstehen sie durch
Druck der Zehen- und Seitenwandaufzüge sowie durch undirektes Vernageln.
Nachweisen kann man eine Hornsäule durch Adspektion des Tragrandes. Dieser ist dann
vorgeschoben und es sind Einziehungen der weißen Linie erkennbar. Manchmal ist das
Schwielenhorn dort zerklüftet und mit Kanälen versehen aus denen sich auf Zangendruck eine graue
Flüssigkeit oder Eiter hervorpressen lässt. Diese Flüssigkeit ist Folge einer exsudativen Entzündung
oder Infektion der Lederhaut.
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