Diagnostik und Betreuungsansätze bei Intersexualität

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Diagnostik und Betreuungsansätze bei Intersexualität
PD Dr. med. Olaf Hiort, Dipl.-Psych. Sandra Reinecke,
Prof. Dr. phil. Hertha Richter-Appelt*, Dr. med. Paul-Martin
Holterhus und PD Dr. med. Ute Thyen
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
Universitätsklinikum Lübeck
*Abt. für Sexualforschung
Klinik und Poliklinik für Psychotherapie
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Zusammenfassung
Abweichungen der normalen Geschlechtsentwicklung mit dem Bild der Intersexualität
können durch eine Vielzahl von Störungen bedingt sein. Intersexualität beschreibt dabei eine
Abweichung des phänotypischen Geschlechts vom gonadalen oder chromosomalen
Geschlecht. Das äußere Genitale kann also völlig unauffällig und sicher einem Geschlecht
zuordbar sein und dennoch kann eine Intersexualität vorliegen, da z.B. bei äußerem
männlichen Genitale ein 46,XX Karyotyp oder bei äußerlich komplett weiblichen Genitale ein
46,XY Karyotyp vorliegt. Eine besondere Herausforderung für medizinische, aber auch
soziale und psychologische Entscheidungsfindungen stellen Fehlbildungen des Genitale beim
Neugeborenen dar, die keine eindeutige Zuordnung zu männlich oder weiblich erlauben. Hier
ist ein Konsens zwischen verschiedenen Fachrichtungen der Medizin mit Eltern und
Psychologen zu erreichen, der eine höchstmögliche Lebensqualität und Zufriedenheit für das
betroffene Kind erlaubt. Für die Entscheidungsfindungen der Therapie und
Geschlechtszuordnung ist neben einem sachgemäßen Umgang zunächst eine eingehende
Diagnostik erforderlich. Auf die biologischen Grundlagen, die daraus folgende Diagnostik
und die Entwicklung von Betreuungsstrategien soll im Folgenden näher eingegangen werden.
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Summary
Abnormal sexual development with intersex genitalia has a variety of causes.
Intersexuality means a discrepancy between phenotypic sex and gonadal or chromosomal sex.
Thus, the external genitalia may be unambiguously normal male or female, however, the child
can have an intersex state, e.g. because external genitalia are male in a 46,XX individual or
female in a 46,XY individual. Disorders with ambiguous genitalia not allowing a definitive
male or female sex of rearing create a serious challenge for the medical profession, but also
for social and psychological decision-making. A consent among professionals, parents, and
psychologists is needed to accomplish maximum quality of life for the affected child. A
precise diagnosis is mandatory for such decisions on gender assignment and therapeutic
interventions. This article will focus on the biology of intersex disorders, on necessary
diagnostic steps, and strategies for dealing with affected children and their families.
Grundlagen der Geschlechtsentwicklung
Chromosomales Geschlecht
Vor mehr als 40 Jahren wurde gezeigt, dass der Nachweis eines Y-Chromosoms
normalerweise mit einer männlichen Entwicklung und dessen Fehlen mit einer weiblichen
Entwicklung assoziiert ist. Eine normale weibliche Entwicklung ist von dem Vorhandensein
zweier X-Chromosomen abhängig. Ein Fehlen oder überzählige Geschlechtschromosomen
gehen normalerweise nicht mit einer Intersexualität einher. Bei nur einem X-Chromosom
(45,X) liegt ein Ullrich-Turner Syndrom vor; der Phänotyp ist zwar normal weiblich, aber es
kommt zu einer Gonadendysgenesie, so dass die Pubertätsentwicklung oft gestört ist. Beim
Chromosomensatz 47,XXY kommt es zu einem Klinefelter-Syndrom. Eine Besonderheit
stellen Fehlverteilungen der Gonosomen mit einer Mosaikbildung dar, so z.B. 46,XY/45,X
oder 46,XX/46,XY und ähnlich. Hierbei kann die Entwicklung der Gonaden erheblich gestört
sein und konsekutiv ist meist auch das äußere Genitale intersexuell.
Verschiedene strukturelle Anomalien sowohl der Geschlechtschromosomen als auch
der Autosomen sind mit Intersexualität assoziiert. Von besonderem Interesse für die
Geschlechtsentwicklung sind Abschnitte auf Chromosom 9 und 10. So konnte gezeigt
werden, dass Monosomien des distalen Arms von Chromosom 9 mit einer Geschlechtsumkehr
bei männlichem Karyotyp und zu dem mit einer psychomotorischen Retardierung
einhergehen (Übersicht bei Lim und Hawkins, 1998).
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Daher gehört bei jedem Patienten mit Intersexualität eine Chromosomenanalyse mit
eingehender Untersuchung struktureller Anomalien zum Basisprogramm der Diagnostik.
Gonadenentwicklung
Mittlerweile konnten eine Vielzahl von Genen charakterisiert werden, die für die
Entwicklung der Keimdrüsen von entscheidender Bedeutung sind. Defekte in diesen
Entwicklungsgenen können zu einer Gonadendysgenesie führen und damit global die
Sexualsteroidsynthese beeinträchtigen. Gonadendysgenesien treten häufig zusammen mit
anderen Organfehlbildungen, insbesondere des Urogenitalsystems auf. Bei 46,XX Karyotyp
führt eine Gonadendysgenesie nicht zur Entwicklung eines intersexuellen Genitale,. bei
46,XY Karyotyp aber sehr wohl, da die uneingeschränkte Bereitstellung und Wirkung
androgener Steroidhormone für die männliche Geschlechtsentwicklung unerlässlich ist.
Neben einer Beeinträchtigung der Steroidbiosynthese in den Leydigzellen kommt es auch zur
Beeinträchtigung der Synthese anderer gonadaler Hormone, insbesondere des Anti-Müller
Hormons aus den Sertoli-Zellen des Hodens. Deshalb sind bei Kindern mit männlichem
Karyotyp und Gonadendysgenesie z.T. Müller’sche Strukturen wie Uterus und Eileiter
vorhanden. Beim Hermaphroditismus verus ist sowohl ovarielles als auch testikuläres
Gewebe vorhanden. Je nach Ausprägung der beiden Gewebeanteile ist auch das klinische
Bild sehr variabel und das Genitale intersexuell.
Eine komplette Gonadendysgenesie bei männlichem Karyotyp wird als SwyerSyndrom bezeichnet. Der Phänotyp ist uneingeschränkt weiblich, daher fallen die Patienten
oftmals erst durch eine primäre Amenorrhoe bei hypergonadotropem Hypogonadismus auf.
Bei einem Teil der Patienten wurden genetische Veränderungen im SRY-Gen auf dem YChromosom nachgewiesen. Die partielle Gonadendysgenesie bei männlichem Karyotyp stellt
ein sehr heterogenes Bild dar. Oftmals kann die genaue molekulare Ursache nicht eruiert
werden. Bekannt ist, dass Mutationen im SOX 9-Gen auf Chromosom 17 zu einer Störung
der Hodenentwicklung, aber auch der Knorpelentwicklung führen können. Das klinische Bild
wird dann als kampomele Dysplasie bezeichnet. Hingegen ist das Denys-Drash Syndrom mit
einer Nephropathie assoziiert und wird durch Veränderung im WT-1-Gen auf Chromosom 11
verursacht. Bei 46,XY Karyotyp besteht eine Intersexualität aufgrund einer partiellen
Gonadendysgenesie, bei 46,XX Karyotyp kommt es zu einer Ovarialinsuffizienz. Störungen
durch Veränderungen des WT-1-Gens sind von besonderem Interesse, da hier ein deutlich
erhöhtes Risiko für die Entstehung von Nierentumoren (Wilms-Tumor) oder bei besonderen
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Mutationen auch von Gonadoblastomen besteht. Eine Reihe weiterer molekularer
Veränderungen, die mit einer partiellen Gonadendysgenesie assoziiert sind, sind heute
bekannt. Je nach klinischem Bild kann eine molekulargenetische Diagnostik angezeigt sein
(Übersicht bei Hiort und Holterhus, 2000).
Sexualhormonsynthese
Die ersten Schritte der Steroidbiosynthese sind den Glukocortikoiden,
Mineralocortikoiden und Sexualsteroiden gemeinsam. Somit werden Enzymdefekte zu einer
Beeinträchtigung aller oder zumindest zweier dieser Steroidklassen führen. Damit liegt bei
den kombinierten Störungen der Steroidbiosynthese definitionsgemäß ein Adrenogenitales
Syndrom vor. Je nach Art und Lokalisation des betroffenen Syntheseweges kann es zu einer
vermehrten oder verminderten Bereitstellung androgener Steroidhormone kommen und eine
Intersexualität bei beiden Kerngeschlechtern vorliegen. Für die Diagnosestellung ist eine
differenzierte Hormonanalyse auch unter Einbeziehung von Stimulationstestungen
unabdingbar. Bei seltenen enzymatischen Störungen kann es auch zu einer Verminderung der
Androgensekretion kommen, so dass hier genetisch männliche Kinder ein
Virilisierungsdefizit aufweisen (z.B. 3ß-Hydroxysteroid Dehydrogenase-Mangel). Die
klassische Form des adrenogenitalen Syndroms und die häufigste Ursache genitaler
Fehlbildungen beim Mädchen ist allerdings der 21-Hydroxylase-Mangel, bei dem die
Umwandlung von 17-Hydroxyprogesteron (17-OHP) zu 11-Deoxycortisol in der
Glukocortikoidsynthese und teilweise auch die von Progesteron zu Deoxycorticosteron in der
Mineralocortikoidsynthese beeinträchtigt ist. Patienten mit 46,XX Karyotyp und schwerem
21-Hydroxylasemangel werden pränatal hohen Spiegeln adrenaler Androgene ausgesetzt und
haben daher eine z.T. deutliche Virilisierung des äußeren Genitale bei Geburt. Bei Kindern
mit 46,XY Karyotyp ist das Genitale unauffällig. Die Kinder mit schwerem 21-HydroxylaseMangel, bei denen auch die Mineralocortikoidsynthese beeinträchtigt ist, fallen im
Neugeborenenalter durch Salzverlustkrisen und mangelhaftes Gedeihen auf. Mittlerweile ist
jedoch bekannt, dass der 21-Hydroxylase-Mangel ein breites phänotypisches Spektrum
aufweisen kann. Das klinische Bild kann bei nicht-klassischem adrenogenitalem Syndrom bis
hin zu einer alleinigen schweren Akne, einem Hirsutismus oder Oligomenorrhoe bei
betroffenen Frauen reichen (White und Speiser, 2000).
Eine direkte molekulargenetische Untersuchung ist beim 21-Hydroxylase-Mangel,
ebenso wie bei den anderen Defekten der Steroidbiosynthese möglich und wird von
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verschiedenen Laboren durchgeführt. Sowohl Deletionen, Inversionen, als auch
Punktmutationen wurden beschrieben und eine Genotyp-Phänotyp Korrelation ist
eingeschränkt möglich.
Die Diagnose eines adrenogenitalen Syndroms erfolgt durch die Bestimmung der
jeweils vor und nach dem Defekt lokalisierten Steroidmetabolite. Je nach Art des Defektes
sollte eine Stimulation entweder mit ACTH und/oder mit humanem Choriongonadotropin
(hCG) erfolgen. Die molekulargenetische Untersuchung gilt in den meisten Fällen der
Bestätigung der endokrinologischen Diagnose. Nur für den 21-Hydroxylase-Mangel als
Ursache des adrenogenitalen Syndroms werden pränatale Therapieansätze in Verbindung mit
molekulargenetischen Untersuchungen in betroffenen weiblichen Embryos studiert.
Im Gegensatz zu den kombinierten Steroidbiosynthesedefekten stehen isolierte
Störungen der Sexualsteroidsynthese. Defekte der weiblichen Geschlechtshormonsynthese
(Aromatasemangel) sind sehr selten, im Gegensatz zu Störungen der Androgensynthese, die
insbesondere die Umwandlung von Androstendion zu Testosteron (17ß-Hydroxysteroid
Dehydrogenase-Mangel) oder aber von Testosteron zu Dihydrotestosteron (5-ReduktaseMangel) betreffen. Sind die Leydig-Zellen des Hodens insgesamt zur Testosteronsynthese
nicht stimulierbar, kann ein Rezeptor-Defekt für das Luteinisierungshormon (LH) vorliegen
(Hiort et al, 1996; Twesten et al. 2000, Misrahi et al. 1998).
Die Diagnose sollte nach Bestimmung des chromosomalen Geschlechts durch eine
verläßliche und umfassende Bestimmung adrenaler und gonadaler Steroidhormone in einem
spezialisierten Labor eingegrenzt werden. Oftmals sind im Kindesalter zur genauen
Evaluation Stimulationstests mit hypophysären Hormonen notwendig. Da die Variabilität der
genitalen Fehlbildung groß ist und oftmals die Abgrenzung normaler von pathologischen
Quotienten des veränderten Steroidprofils schwierig ist, kann eine direkte
molekulargenetische Untersuchung angezeigt sein.
Androgenresistenz
Eine Besonderheit bei Virilisierungsstörungen von Kindern mit männlichem
Kerngeschlecht stellt die Androgenresistenz dar. Hierbei liegt eine normale endokrine
Hodenfunktion vor, androgene Steroidhormone können aber nicht wirken. Zu Grunde liegen
Veränderungen im Androgenrezeptor, einem nukleären Protein, das als Transkriptionsfaktor
die Wirkung in der Zielzelle vermittelt (Hiort et al. 1996). Das klinische Bild ist sehr
heterogen und reicht von einem äußerlich weiblichen Genitale über Stufen der
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Genitalfehlbildung bis hin zu einem männlichen Genitale ohne Fehlbildung, jedoch Störung
der Maskulinisierung in der Pubertät oder Fertilitätsproblemen (Sinnecker et al. 1997). Für
die Diagnose eines Rezeptordefektes ist ein normales Steroidprofil Voraussetzung, oder man
findet sogar supraphysiologische Androgenspiegel im Serum. Während früher spezielle
Androgenbindungsanalysen in Genitalhautfibroblasten zur Diagnostik herangezogen wurden,
ist heutzutage eine direkte molekulargenetische Untersuchung des Androgenrezeptor-Locus
auf dem X-Chromosom die sensitivste diagnostische Möglichkeit (Hiort et al. 1994).
Diagnostisches Vorgehen bei Intersexualität
Die Inzidenz schwerer Genitalfehlbildungen einschließlich chromosomaler
Aberrationen liegt bei etwa einem Fall auf 4000 Neugeborene. Da hierzu verläßliche Daten
fehlen, wird in Deutschland eine Studie zur Inzidenz von Intersexualität beim Neugeborenen
unter Federführung der Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Endokrinologie durch die
Erhebungseinheit für seltene Krankheiten in der Pädiatrie (ESPED) durchgeführt.
Auf Grund der phänotypischen Variabilität werden die Patienten in unterschiedlichen
Altersstufen verschiedene medizinische Subspezialitäten kontaktieren. Dies gilt insbesondere
für komplett weibliche Patienten mit 46,XY Karyotyp und Androgenresistenz, die wegen
primärer Amenorrhoe primär gynäkologisch betreut werden, im Gegensatz zu Neugeborenen
mit uneindeutigem äußeren Genitale, die bei Geburt auffallen.
Die differentialdiagnostischen Überlegungen sollten in Abhängigkeit ihrer
Verfügbarkeit und dem Lebensalter des Patienten erfolgen. Obgleich Fortschritte in der
molekulargenetischen und endokrinologischen Forschung in den letzten Jahren erheblich zu
einer ätiologischen Klärung der Störungen der Geschlechtsdifferenzierung beigetragen haben,
bleibt die individuelle Diagnose und Prognoseabschätzung bei einzelnen Patienten schwierig.
Die Erhebung einer ausführlichen Familienanamnese unter Berücksichtigung einer möglichen
Variabilität der Genitalfehlbildung in der Familie ist unabdingbar. Die klinische
Untersuchung soll sowohl den Lokalbefund erheben als auch mögliche assoziierte
Fehlbildungen erkennen. Bei Neugeborenen und Säuglingen ist auf die Möglichkeit einer
Nebennierenrindeninsuffizienz zu achten. Die Laborbefunde schließen eine
Chromosomenanalyse sowie die Bestimmung von basalen Serumwerten der gonadotropen,
gonadalen und adrenalen Hormone ein. Erst in Abhängigkeit von den Ergebnissen sind
weitere Untersuchungen insbesondere Stimulationstests indiziert. Durch diese Befunde und
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Analysen sollte zumindest eine weitgehende Eingrenzung der Diagnose möglich sein (Abb.
1).
Heutzutage sind für viele der Störungen der Geschlechtsentwicklung direkte
Genanalysen möglich. Diese bieten den Vorteil einer gering invasiven Methodik zusammen
mit einer hohen Sensitivität (Hiort et al. 1994, 1996, Twesten et al. 2000). Zudem sind bei
bekannter genetischer Variation auch Familienuntersuchungen möglich und die Basis für eine
umfassende Beratung der Familie gelegt. Es ist aber zu beachten, dass die
molekulargenetischen Untersuchungen einer vorherigen genetischen Beratung der Familie
bedürfen. Die Analysen sind zudem sehr aufwendig und langwierig, die Kosten damit nicht
zu vernachlässigen.
Eine eingehende Abklärung mit Stellen einer korrekten Diagnose ist unabdingbare
Voraussetzung für die therapeutischen Entscheidungen. Dazu gehören die
Geschlechtszuweisung, eine Beratung über eine eventuell durchzuführende Gonadektomie,
falls eine unerwünschte Hormonwirkung eintreten könnte, oder die Möglichkeiten und
Aussichten einer Hormonersatztherapie oder –supplementierung, sowie letztendlich eine
Prognose der weiteren geschlechtlichen Entwicklung und der Fertilitätsaussichten. Gerade
auf Grund der weitreichenden Entscheidungen ist eine kompetente Beratung der Familie unter
Einbeziehung von pädiatrischen Endokrinologen, Psychologen, Kollegen der operativen
Fächer anzustreben. Dies wird nur in einem Zentrum möglich sein, in dem Erfahrung im
Umgang mit Patienten mit Intersexualität besteht.
Psychosoziale Aspekte und gesundheitsbezogene Lebensqualität
Geschlechtsidentität, Geschlechtsrollenverhalten und sexuelle Orientierung werden
beim Menschen sowohl durch biologische Faktoren bestimmt, als auch in erheblicher Weise
durch psychische, soziale und kulturelle Faktoren modifiziert (Money 1995; Berenbaum
1998; Bosinski 2000). Nach der Geburt eines Kindes mit uneindeutigen äußeren
Geschlechtsmerkmalen, tauchen unter anderem zwei zentrale Fragen auf:

in welchem Geschlecht sollte das Kind aufwachsen bzw. welches Geschlecht sollte ihm
zugewiesen werden?

wie wird sich das psychosoziale Geschlecht des Kindes (Geschlechtsrollenverhalten und
Geschlechtsidentität) entwickeln?
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Für die Entscheidung der Geschlechtszuweisung eines Neugeborenen stützte man sich seit
Mitte der 50er Jahre auf die Leitlinien von John Money und Mitarbeitern (1955). Er vertrat
die Annahme, dass die Geschlechtsidentität weitgehend psychosozial beeinflusst wird. Eine
rasche Geschlechtszuweisung nach der Geburt sei erforderlich, um den Zeitraum der
„geschlechtlichen Unsicherheit“ für die Eltern so kurz wie möglich zu halten. Zusätzlich
sollte innerhalb von maximal 18 Monaten anhand chirurgischer Eingriffe eine genitale
Korrektur vorgenommen werden, wodurch eine Geschlechtszuweisung und -anpassung
erleichtert werden sollte. Die Entscheidungskriterien bezogen sich auf langfristige Aspekte
wie Fortpflanzungsfähigkeit, psychosexuelle Funktionsfähigkeit und psychische Gesundheit.
Man entschied sich für das Geschlecht, welches mittels chirurgischer Korrekturen am besten
dargestellt werden konnte, so dass langfristig mit einer stabilen Geschlechtsidentität gerechnet
werden konnte („optimal gender policy“). Den Eltern und der Familie riet man, nicht über die
medizinischen Behandlungen zu sprechen, um eine optimale Anpassung des Kindes an die
zugewiesene Geschlechtsrolle zu ermöglichen.
Seit etwa 10-15 Jahren werden die Richtlinien nach Money zunehmend kritisiert. Diamond
und Sigmundson (1997) beispielsweise halten die „Prägung“ des Gehirns durch pränatale
Hormoneinwirkungen für relevant und empfehlen, dass männliche Kinder mit Mikropenis
(oder nach traumatischem Penisverlust) wegen der pränatalen Androgenexposition im
männlichen Geschlecht erzogen werden sollten. Wilson und Reiner (1998) formulierten als
neues Paradigma, dass genitale Operationen bei Kindern nur durchgeführt werden sollten,
wenn sie notwendig sind, um die Gesundheit des Kindes zu erhalten oder zu sichern. Im
übrigen seien Operationen zurückzustellen bis die Kinder einwilligungsfähig sind. Dieses
Vorgehen hat sich nicht in der Praxis durchgesetzt, wird aber diskutiert. Man könnte dieses
neue Paradigma als „full consent policy“ bezeichnen, für deren Richtigkeit aber auch keine
Evidenz vorhanden ist (Meyer-Bahlburg, 1998).
Im wissenschaftlich-medizinischen Bereich kam es im Rahmen der Qualitätsforschung
zur Forderung nach Belegen für Behandlungsstrategien („evidence based medicine“) und
zusätzlich wurden Fragen nach einer gleichberechtigten Arzt-Patienten-Beziehung
aufgeworfen. Vor diesem Hintergrund gründeten sich in den letzten Jahren zunehmend
Selbsthilfegruppen, deren Mitglieder sich zum größten Teil aus eigener Initiative über das
Internet fanden. Die größte Gruppe, die Intersex Society of North America (ISNA), vertritt
unter anderem die Position, dass neben dem weiblichen und dem männlichen Geschlecht ein
„drittes“ Geschlecht akzeptiert werden sollte. Die kritische Hinterfragung einer „Zwei –
Geschlechter – Gesellschaft“ wird zunehmend diskutiert (Fausto-Sterling, 2000).
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Von betroffenen Erwachsenen wurde häufig berichtet, dass sich die einzelnen isoliert
fühlten und betont, wie wichtig es sei, andere Betroffene in einer Kontaktgruppe gefunden zu
haben. Für die meisten sei es das erste ´Mal, dass sie über sich und ihre Sexualität offen
sprechen können und das Gefühl haben, verstanden zu werden. Anhand der
Erfahrungsberichte und der öffentlichen Kritik (z.B. Spiegel 2000, Stern 2000, Zeit 2000) von
betroffenen Erwachsenen über negative Erfahrungen mit der Diagnostik, der Aufklärung und
der medizinischen Behandlung wurde die Notwendigkeit zur Evaluation der verschiedenen
konservativen und chirurgischen Behandlungsstrategien deutlich.
Wie auch bei anderen chronischen Erkrankungen oder angeborenen Fehlbildungen,
stellt die Adaptation bei Intersexualität einen lebenslangen Prozess dar. In jeder einzelnen
Entwicklungsphase können sehr unterschiedliche Erfahrungen im Bereich Sexualität
auftreten.
Die Geschlechtsidentität einer Person bezeichnet das bewusste und unbewusste
geschlechtliche Zugehörigkeitsgefühl einer Person. Sie entwickelt sich aufgrund des
komplexen Zusammenwirkens von biologischen und psychosozialen Einflüssen ab der Geburt
eines Kindes und ist Ende des zweiten Lebensjahres als (relativ) konfliktfreie Gewissheit
etabliert. Kinder beginnen die Geschlechter aufgrund kulturell typischer Geschlechtsrollen der
Erwachsenen in ihrer Umwelt und auch biologischer Merkmale zu differenzieren. Genitale
Neugier und Erfahrung sind bereits in den ersten beiden Lebensjahren beobachtet worden
(Schuhrke, 2000, 1997). Bereits gegen Ende des zweiten Lebensjahres verfügen viele Kinder
über Benennungen für ihre eigenen Genitalien, häufig aber auch für die des anderen
Geschlechts und kommunizieren mit Bezugspersonen über diesen Teil ihres Körpers. Diese
Befunde belegen die bewusste Integration der Genitalien in das kindliche Körperschema
ungefähr im gleichen Alter, in dem Kinder sich selbst auch bereits verbal eine
Geschlechterkategorie zuordnen können und in dem Money u.a. davon sprechen, das Kinder
über eine Kerngeschlechtsidentität verfügen. Ob ein Zeitraum innerhalb der beiden ersten
Lebensjahre evtl. so etwas wie eine kritische Periode für den Erwerb der
Kerngeschlechtsidentität darstellt, ist auf der Basis der vorliegenden
entwicklungspsychologischen Erkenntnisse jedoch noch nicht ausreichend belegbar.
Das Geschlechtrollenverhalten ist Ausdruck der Erwartungen an das
geschlechtstypische Verhalten. Die Geschlechtsrollen stellen dabei meist eine mehr oder
weniger dichotome Aufspaltung in zwei Stereotype von typisch männlich und typisch
weiblich dar. Bei Kindern äußert sich Geschlechtsrollenverhalten z.B. in der Wahl von
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Freunden, Präferenzen für das äußeres Erscheinungsbild und Spielverhalten. Bei
Erwachsenen werden z.B. auch Berufswahl, soziale Interaktion, Partnerschaft, häusliches
Verhalten und Freizeit als Parameter für Geschlechtsrollenverhalten herangezogen.
Besonderer Bedeutung kommt dieser Differenzierung deshalb zu, da trotz stabiler
Geschlechtsidentität das Geschlechtsrollenverhalten einer Person stark variieren kann (MeyerBahlburg et al., 1999).
Die sexuelle Orientierung bezieht sich auf das bevorzugte Geschlecht des
Liebespartners. Erste prägende Eindrücke finden bereits in der Kindheit statt (Ödipale Phase),
aber erst im Verlauf der Adoleszenz, zum Teil erst im Erwachsenenalter, nimmt die sexuelle
Orientierung ihre endgültige Ausgestaltung an.
Durch Intersexualität kann es zu Diskrepanzen in der Geschlechtsidentität, dem
Geschlechtsrollenverhalten und der sexuellen Orientierung kommen.
Nach Meyer-Bahlburg (1999) wird eine stabile Geschlechtsidentität bei Personen mit
Intersexualität durch eine Reihe von Faktoren bestimmt. Hierzu gehören:
das individuelle Intersex-Syndrom

das Erscheinungsbild des äußeren Genitale

prä- und postnatale Hormoneinwirkungen
das Ergebnis chirurgischer Maßnahmen

das Alter des Kindes zum Zeitpunkt der genitalen Korrektur

die psychosoziale Einbettung der familiäre und der kulturelle Hintergrund
Erste klinische Studien zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität bei betroffenen
Patient/innen, meist mit Patientinnen mit Adrenogenitalem Syndrom, zeigen eine Reihe von
Beeinträchtigungen: In einigen Studien wurde deutlich, dass die allgemeine Lebensqualität
von erwachsenen Personen mit Intersexualität nicht signifikant beeinträchtigt war (Kuhnle et
al., 1995; Schober, 1999). Deutlich eingeschränkt ist die Lebensqualität im Intersexspezifischen Bereich der Psychosexualität. Neben sexuellen Erfahrungen und Partnerschaften
sind die eigene Körperwahrnehmung und weibliche Geschlechtsidentität stark beeinträchtigt
(Dittmann et al., 1992; Kuhnle et al. 1995; Meyer-Bahlburg 1999*). Im Vergleich zu Personen
einer Kontrollgruppe berichten Personen mit Intersexualität von verzögerten ersten sexuellen
Erfahrungen und Beziehungen, sind eher alleinstehend, haben insgesamt weniger Kinder und
sind unzufrieden mit ihrem Sexualleben (Hurtig & Rosenthal, 1987; Meyer-Bahlburg et al.
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1999). Einige Autoren sehen die Gründe für eine beeinträchtigte soziale und sexuelle
Partizipation in frühzeitigen Genitaloperationen und dem Zurückhalten von Informationen
gegenüber Betroffenen (Preves, 1998).
Mit Ausnahme von Studien zur Geschlechtsidentitätsstörung sind psychische Störungen bei
Personen mit Intersexualität bislang eher selten untersucht. Dennoch zeigten erste Ergebnisse,
dass Betroffene vermehrt Scham- und Schuldgefühle, Wut und Trauer bzw. depressive
Symptome angaben (Slijper et al., 2000; Kuhnle et al., 1995). Nachuntersuchungen bei
Kindern mit Intersexualität ergaben, daß bei 39% der Betroffenen psychopathologische
Befunde erhoben wurden (Slijper et al, 1998). 81% erwachsene Personen mit Intersexualität
wurden bereits zu einer Zeit in ihrem Leben bezüglich verschiedener Aspekte ihres Syndroms
psychologisch unterstützt (Wisniewski et al., 2000). Bei Menschen mit Intersexualität finden
sich gehäuft Hinweise für Geschlechtsidentitätsstörungen (Money et al., 1986; Zucker 1999).
In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass die Spanne von geringen
Zweifeln bezüglich der Geschlechtsidentität bis hin zur Geschlechtsidentitätsstörung nach
DSM-IV und einem Geschlechtsrollenwechsel variieren kann. Eine Definition, ab wann bei
Personen mit Intersexualität von einer Geschlechtsidentitätsstörung gesprochen werden soll,
existiert bislang nicht.
Betreuungskonzepte von Personen mit Intersexualität
Neuere Studien zeigen, dass die Diagnosemitteilung für Eltern von Neugeborenen mit
Intersexualität zunächst mit extrem starken Gefühlen begeleitet ist. Neben Gefühlen von
Angst, Kummer und Wut treten Scham- und Schuldgefühle auf, insbesondere bei den Müttern
(Slijper et al., 2000). Bereits in ersten Diagnosegesprächen (an der Medizinischen Universität
zu Lübeck, die mit einem Endokrinologen und einer Psychologin geführt werden) erwähnen
Eltern ihre Sorgen und Ängste bezüglich der Zukunft ihres Kindes (z.B. Hänseleien durch
Kinder aufgrund der äußeren Erscheinung des Genitales, Schwierigkeiten in Partnerschaften,
Probleme mit der Geschlechtsidentitätsentwicklung). Zum Teil werden auch Probleme
angesprochen, die Geschlechtszuweisung des Kindes zu akzeptieren, welche im weiteren
Verlauf der Entwicklung des Kindes immer wieder auftreten können und das
Erziehungsverhalten der Eltern verunsichern können. In den Erstgesprächen bzw.
Erstkontakten kommt es wiederkehrend zu typischen medizinischen und psychologischen
Fragestellungen.
Die medizinischen Fragen beziehen sich auf:
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
das biologische Geschlecht
 Ursache der Diagnose
 Vererbung
 Medikamenteneinnahme
 Behandlungs- und Operationsmöglichkeiten
 körperliche Veränderungen in der Pubertät und Vorgehen
 Fortpflanzungs- und sexuelle Funktionsfähigkeit
Die psychologischen Fragen beziehen sich auf:

Unsicherheiten, Zweifel eventuell Uneinigkeiten zwischen den Eltern
bezüglich der Geschlechtszuweisung

Geschlechtsidentitätsentwicklung

Schuldgefühle

Umgang mit Außenstehenden

Erfahrungen anderer Kinder und Erwachsene mit Intersexualität

psychotherapeutische Unterstützung
Diese Fragen können, müssen aber nicht bereits im Erstgespräch bzw. Erstkontakt
auftreten. Diese Erfahrungen machen jedoch deutlich, wie bedeutend eine medizinischpsychologische Betreuung von Beginn an ist. Zunehmend wichtig erscheint in der Zukunft
der Zugang zu sozialen Beratungsmöglichkeiten und sozialer Unterstützung durch
Selbsthilfegruppen und Patientenverbänden. Diese Aktivitäten stärken das Wissen der
Betroffenen, ihre Selbstwirksamkeit und damit die Möglichkeit, verantwortungsvoll
Entscheidungen zu treffen.
Die Eltern von Neugeborenen mit Intersexualität sollten vor widersprüchlichen und
verwirrenden Informationen bewahrt werden. Wichtig ist zunächst eine beruhigende
Aufklärung und Unterstützung der Eltern sowie eine schnellstmögliche Diagnostik. In
folgenden endokrinologisch-psychologischen Erstgesprächen sollten die Eltern nicht nur
verständlich informiert werden, sondern auch ihr Wissensstand ermittelt werden, inklusive der
Erfahrungen mit und nach der Geburt: Missverständnisse, Ahnungen, Phantasien, Sorgen,
aber auch Zweifel, um gegebenenfalls psychotherapeutische Unterstützung anzubieten.
Bei heranwachsenden Kindern, gerade im Pubertätsalter erscheint der Zugang zu
verständlichen Informationsmöglichkeiten, vor allem eine kontinuierliche Beratungsstelle und
die Möglichkeit der psychotherapeutischen Unterstützung bzw. Begleitung sinnvoll und
hilfreich. Um eine verbesserte, umfassendere aber auch kontinuierlichere Betreuung zu
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ermöglichen, sollten neben der Bildung von Zentren und Netzwerkstrukturen interdisziplinäre
Behandlungs- Betreuungskonzepte entwickelt werden und diese mittels geeigneter
Instrumente überprüft werden (Abb. 2).
In Verbindung mit einer respektvollen und empathischen Haltung von Ärzten und
Therapeuten, sachlicher Aufklärung über evidenz-basierte Therapieverfahren,
interdisziplinäres Management und Kontinuität in der Betreuung können so schwerwiegende
Beeinträchtigungen der gesundheitsbezogenen Lebensqualität und eine sekundäre Morbidität
vermieden werden.
Abb. 1:
Familienanamnese, körperliche Untersuchung,
Karyotype, Darstellung des inneren Genitale
46,XX
46,XY
AGS
exogene Androgene
Mütterl. Androgene
Gonadendysgenesie
nicht vorhanden
(Inhibin B normal bis erhöht)
erniedrigt
hCG-Test
Testosteron
Müller'sche Derivate
vorhanden
(Inhibin B, AMH
erniedrigt)
normal bis erhöht
vorhanden Nebennierenrindenstörung nicht vorhanden
Defekte in
- StAR
- 3ß-HSD
-17-Hydroxylase
45,X/46,XY
Defekte in
- LH-Rezeptor
- 17/20-Lyase
- 17ß-HSD
erniedrigt
Defekt in
- 5-Reduktase
DHT
evtl. genetische
Untersuchung:
WT-1
SRY
DAX-1
Duplikatur
bei assoz.
Fehlbildungen
auch SF-1,
SOX9
normal
Def ekt im
- Androgenrezeptor
Entscheidungsfindung bei Intersexualität
Aus Hiort O (2000): Androgenesistenz: Grundlagen der männlichen Geschlechtsdifferenzierung.
Korasion 15: 13-17
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Abb. 2
Grundlagenforschung
/Diagnostik:
- Molekulare Biologie
- Labordiagnostik (Hormone)
- Screeningverfahren
- Chromosomenuntersuchung
- bildgebende Verfahren
Psychologische,
pädagogische und
ethische Beratung
-Sozialpädagogik
-Psychologie
-Ethik
Therapie/ Klinische Versorgung
- Kinder- und Jugendmedizin
- Endokrinologie
Patient/innen
- Kinderchirurgie
Familien
- Kinderurologie
- Frauenheilkunde
- K.- u. Jugendpsychiatrie
Selbsthilfe-Gruppen
- Psychiatrie
Medien
- Psychologie
Öffentlichkeit
- Sexualberatung und -therapie
Betreuungskonzepte von Personen mit Intersexualität
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Tabelle 1.
Diagnostik
Familienanamnese:
Indexfälle? Medikamente in der Schwangerschaft? 
Virilisierung der Mutter in der Schwangerschaft?

Körperliche Untersuchung:
Gonaden tastbar?

Sekret aus der Vagina exprimierbar?

Virilisierungsgrad?

Assoziierte Fehlbildungen?

Untersuchung des inneren Genitales:
Uterus, Tuben, Vagina vorhanden?

(Sonographie, Vaginoskopie, Genitographie)

Laboruntersuchungen (Basisdiagnostik):
Chromosomenanalyse

LH, FSH, Testosteron, DHT, Östradiol präpuberal 
postpubertär 
17-OH-Progesteron, Cortisol, Elektrolyte
Spezielle Diagnostik:
HCG-Test: Testosteron, ggfs. Steroid-Vorstufen
Androstendion/Testosteron
Testosteron/Dihydrotestosteron
Inhibin B, Anti-Müller-Hormon
SHBG-Test:
DNA-Analyse:
Laparoskopie, Gonadenbiopsie







Schlußfolgerung
Familiäre Formen
Exogene Faktoren
höchstwahrscheinl. Hodengewebe
Uterus vorhanden
Schweregrad des Defekts
komplexes Mißbildungssyndrom
Gonadendysgenesie,
Echter Hermaphroditismus, AMH-Mangel
Gonadendysgenesie
Nur im Säuglingsalter informativ
Steroidbiosynthese- u. 5-Reduktase 2Defekt, Androgenresistenz
Adrenogenitales Syndrom
Testosteron-Biosynthesedefekte
17ß-Hydroxysteroid Dehydrogenase Defekt
5-Reduktase 2-Defekt
Abschätzung der Sertolizell-Funktion
Androgenresistenz
für viele spezifische Störungen möglich
Gonadendysgenesie,
Echter Hermaphroditismus
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