die radiodoktor-infomappe - RadioKulturhaus

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DIE RADIODOKTOR-INFOMAPPE
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RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
Die Sendung
Die Sendereihe „Der Radiodoktor“ ist seit 1990 das Flaggschiff der
Gesundheitsberichterstattung von Ö1. Jeden Montag von 14.05 bis 14.40 Uhr werden
interessante medizinische Themen in klarer informativer Form aufgearbeitet und Ö1Hörerinnen und -Hörer haben die Möglichkeit, telefonisch Fragen an das hochrangige
Expertenteam im Studio zu stellen.
Wir über uns
Seit September 2004 moderieren Univ.-Prof. Dr. Manfred Götz,
Univ.-Prof. Dr. Karin Gutiérrez-Lobos, Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger und Dr.
Christoph Leprich die Sendung.
Das Redaktionsteam besteht aus Mag. Nora Kirchschlager, Dr. Doris Simhofer, Uschi
Mürling-Darrer, Dr. Michaela Steiner, Dipl. Ing. Eva Obermüller, Dr. Ronny TekalTeutscher, Mag. Anna Siebinger und Dr. Christoph Leprich.
Das Service
Seit dem 3. Oktober 1994 gibt es das, die Sendereihe flankierende, Hörerservice, das
auf größtes Interesse gestoßen ist.
Unter der Wiener Telefonnummer 50 100 ist „Der Radiodoktor“ mit Kurzinformationen
zur aktuellen Sendung die ganze Woche per Tonband abrufbar. Die zu jeder Sendung
gestaltete Infomappe mit ausführlichen Hintergrundinformationen, Buchtipps und
Anlaufstellen komplettiert das Service und stellt in der Fülle der behandelten Themen
eigentlich bereits ein kleines Medizin-Lexikon für den Laien dar.
Der Partner
Ermöglicht wird die Radiodoktor-Serviceleiste durch unseren Partner:
die Österreichische Apothekerkammer.
An dieser Stelle wollen wir uns ganz herzlich bei unserem Partner für die
Zusammenarbeit der letzten Jahre bedanken!
Wir bitten um Verständnis, dass wir aus Gründen der besseren Lesbarkeit in dieser Infomappe zumeist
auf die weiblichen Endungen, wie z.B. PatientInnen, ÄrztInnen etc. verzichtet haben.
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INTERSEXUALITÄT – LEBEN ZWISCHEN DEN
GESCHLECHTERN
Mit Univ.-Prof. Dr. Manfred Götz
7. Februar 2011, 14.05 Uhr, Ö1
Redaktion und Infomappe: Mag. Anna Siebinger
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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INHALTSVERZEICHNIS
INHALTSVERZEICHNIS
LEBEN ZWISCHEN DEN GESCHLECHTERN
MEDIZINISCHE DEFINITION UND FORMEN VON INTERSEXUALITÄT
Adrenogenitales Syndrom (AGS)
Komplette und partielle Androgenresistenz (CAIS/PAIS)
Störungen der Androgenbiosynthese (5a RM/17b HSD)
Gonadendysgenesien
Die gemischte Gonadendysgenesie
Hermaphroditismus verus
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DISKURS UM BEHANDLUNG BEI NICHT EINDEUTIGEM GENITALE
Ein historischer Rückblick: liberale Behandlung in der Vergangenheit
Richtlinien von John Money in den 1950ern
Kritische Auseinandersetzung der letzten Jahre
Das Geschlecht entsteht im Kopf
Evidenzen des Geschlechts
Chirurgische und hormonelle Eingriffe bei Intersexualität
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DER INTERSEXUELLE MENSCH – EINE IDENTITÄSSUCHE
Sex & Gender – Geschlechtsrolle & Geschlechtsidentität
Ist Geschlecht zweigeteilt und unveränderbar?
Kein Platz in unserer Gesellschaft
Was macht Frau zur Frau und Mann zum Mann?
Intersexualität vs. Transsexualität
Intersexualität als psychosozialer „Notfall“
Zur Frage des Kindeswohls
Offener Umgang, Aufklärung und Akzeptanz seitens der Gesellschaft
Intersexualität als eigene Geschlechts- und Identitätsbezeichnung
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ANLAUFSTELLEN
BUCHTIPPS
FILMTIPPS, DIPLOMARBEITEN, INFOLINKS
STUDIOGÄSTE
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RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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INTERSEXUALITÄT
LEBEN ZWISCHEN DEN GESCHLECHTERN
„Unser verstümmeltes Geschlecht ist ein medizinisches
Konstrukt, also Theorie. So schob man uns von einem Nichts in
das andere Nichts: Unser Geschlecht, wie es uns angeboren
wurde, hat keine gesellschaftliche Existenz.“
Michel Reiter, Menschenrechtler und Betroffener
Intersexuelle Menschen – Menschen zwischen den beiden Geschlechtern – finden
gesellschaftlich kaum Beachtung. Wenige wissen von der Existenz dieser Personen, die
körperlich weder eindeutig Mann noch Frau sind; noch viel weniger ist über ihre
Gefühlswelt und ihr Körperempfinden bekannt. Fühlen sich intersexuelle Menschen als
Mann oder Frau oder weder als Mann noch als Frau oder als beides? Wie viele
Geschlechter gibt es überhaupt?
Wir wissen mittlerweile, dass der Entstehung des Geschlechts hochkomplexe Prozesse
während der Entwicklung des Ungeborenen und auch während der ersten Lebensjahre
zu Grunde liegen. Diese bestimmen das Aussehen, das Vorhandensein von Organen und
biologischen Substraten (v.a. Hormonen) sowie deren Effekte. Diese Prozesse haben
auch Auswirkungen auswirken auf Erleben und Verhalten, d.h. Geschlechtsrolle,
Geschlechtsidentität, sexuelle Identität und sexuelle Orientierung.
Ausschlaggebend für die Entwicklung des biologischen Geschlechts sind nicht nur, wie
oft angenommen wird, die Chromosomen, sondern eine Reihe von Gegebenheiten,
Funktionen und Entwicklungen: neben den Chromosomen sind dies
Geschlechtsdeterminierende Gene, die Gonaden (Keimdrüsen), vorgeburtliche
Sexualhormonmechanismen, die Reproduktionsorgane und die externen Genitalien,
Entwicklungen des Gehirns, die Sexualhormonwirkung, sekundäre
Geschlechtsmerkmale und Habitus.
Sie alle gemeinsam bestimmen, ob eine Person einen männlichen oder weiblichen
Körper hat, wie männlich oder weiblich der Körper einer Person aussieht, funktioniert,
aber auch, und das wird zumeist nicht berücksichtigt, ob und wie sehr sich eine Person
als Mann oder Frau erlebt, sich sexuell verhält, fortpflanzt oder sich zu Männern oder
Frauen hingezogen fühlt.
Intersexuell zu sein ist, im Gegensatz zu dem seit einigen Jahren öffentlich erörterten
Thema Transsexualität, nach wie vor ein gesellschaftliches Tabu. Auf dieses Tabu
aufmerksam zu machen und auf die ganz besondere Individualität von Betroffenen und
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INTERSEXUALITÄT
ihr Recht, so sein zu können, wie sie es wollen, hinzuweisen, das ist die Zielsetzung
dieser Sendung.
MEDIZINISCHE DEFINITION UND FORMEN VON
INTERSEXUALITÄT
Am Anfang sind wir alle zweigeschlechtlich: Beim menschlichen Embryo sind bis zur
fünften Schwangerschaftswoche die Keimdrüsen und inneren Geschlechtsanlagen und
bis zur neunten Schwangerschaftswoche das Genitale gleich. Ein XYChromosomenpaar sorgt für eine Entwicklung in die männliche Richtung, ein XX für
die Entwicklung hin zur Frau. Doch auf dem Weg vom „neutralen“ Feten zu Mann oder
Frau können auch Störungen auftreten: Chromosomen fehlen oder sind überzählig,
Enzyme versagen, Hormone fallen aus.
Die Medizin spricht von DSD, disorders/differences of sexual development, also von
Störungen oder Besonderheiten der Geschlechtsentwicklung, bzw. von Intersexualität.
Unter diesem Sammelbegriff wird eine Vielzahl von einzelnen Diagnosen
zusammengefasst. Gemeinsames Kennzeichen dieser unterschiedlichen Formen und
Ausprägungen ist, dass nicht alle geschlechtsbestimmenden Merkmale des Körpers
(Chromosomen, Gene, Hormone, Keimdrüsen, Reproduktionsorgane, äußere
Geschlechtsorgane, Gehirn, Sexualhormonwirkung etc.) einem Geschlecht entsprechen
bzw. einem Geschlecht eindeutig zugeordnet werden können.
Nach Schätzungen ist einer von rund 2.000 Menschen betroffen. Bei der Intersexualität
handelt es sich nicht um ein „einheitliches Krankheitsbild“, sondern um ein komplexes
Phänomen mit einer Vielzahl von Erscheinungsformen, die zum Teil sehr verschiedene
und oftmals noch ungeklärte Ursachen haben.
Neben den vererbbaren Formen gab es schon immer die Fälle, die sich nach heutigem
Wissen nicht durch die Genetik erklären lassen: Bei rund 40 Prozent der Fälle mit
schwerwiegenden genitalen Fehlbildungen ist die zu Grunde liegende Ursache noch
nicht genau bekannt. Seit einigen Jahren gibt es, besonders betreffs weniger
gravierender geschlechtlicher Abweichungen wie der Hypospadie (eine
Fehlentwicklung des Penis), Untersuchungen, die neue Faktoren ins Licht rücken: die
Umwelt und ihre Verschmutzung mit schädlichen Stoffen. Die Häufigkeit leichterer
Abweichungen hat in den letzten beiden Jahrzehnten stark zugenommen – es besteht der
Verdacht, dass besonders so genannte Weichmacher in Plastikpartikeln, ebenso wie
hormonhaltige Medikamentenrückstände, die über das Grundwasser in unsere
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INTERSEXUALITÄT
Nahrungskette gelangen, hierfür verantwortlich zu machen sind. Wir haben über diese
Fakten bereits mehrfach in unseren Sendungen berichtet.
Die häufigsten Formen von Intersexualität werden in den folgenden Kapiteln
eingehender aus medizinischer Sicht dargestellt.
ADRENOGENITALES SYNDROM (AGS)
Beim Adrenogenitalen Syndrom (AGS, Salzverlustsyndrom), einer der häufigsten
rezessiv autosomalen Erberkrankungen und der häufigsten Ursache für Intersexualität,
handelt es sich um eine Störung der Nebennierenfunktion (Nebennieren = adrenal).
Rund jedes zehntausendste Kind kommt mit diesem Defekt zur Welt: Der genetisch
verursachte Enzymmangel kann bei XX- und bei XY-Karyotypen vorkommen - zu
genitalen Auffälligkeiten kommt es jedoch nur bei Mädchen.
Bei dieser Störung kann in der Nebenniere keine ausreichende Menge der
lebenswichtigen Hormone Kortisol und/oder Aldosteron (sowie einiger verwandter
Hormone), die u.a. den Wasser- und Salzhaushalt des Körpers steuern, gebildet werden.
Es kommt stattdessen zu einer massiven Überproduktion männlicher Sexualhormone.
Diese Ausschüttung kann zu einer Vermännlichung des weiblichen Genitales in Form
einer Klitorishypertrophie, in schwereren Fällen zu einem intersexuellen Genitale oder
einem äußerlich komplett männlichen Genitale führen.
Bei etwa der Hälfte der Kinder mit AGS entsteht ein Salzverlustsyndrom. Aufgrund des
Aldosteron-Mangels verliert der Organismus Natrium und Flüssigkeit und es kommt zu
einem Überschuss an Kalium. Die betroffenen Kinder erbrechen, haben schwere
Durchfälle und trocknen durch die großen Flüssigkeitsverluste rasch aus. Diese Störung
kann lebensbedrohliche Ausmaße annehmen und muss sofort behandelt werden.
Bei einem Neugeborenen mit intersexuellem Genitale muss daher erst einmal ein AGS
ausgeschlossen werden. Kinder mit AGS müssen lebenslang mit Kortisol und meist
auch mit einem aldesteronartigen Medikament behandelt werden.
Betroffene Kinder werden meist als Mädchen aufgezogen. Bei Mädchen mit einer
vergrößerten Klitoris wurde häufig eine Klitorisreduktion (chirurgische Feminisierung)
vorgenommen. Eine Hormonersatztherapie soll spätere Vermännlichung verhindern.
Studien zufolge entwickeln betroffene Kinder in der Regel eine weibliche
Geschlechtsidentität, zeigen aber auch einen Hang zu männlichem
Geschlechtsrollenverhalten. Einige der betroffenen Frauen haben Kinder.
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INTERSEXUALITÄT
KOMPLETTE UND PARTIELLE
ANDROGENRESISTENZ (CAIS/PAIS)
Die häufigste bei Personen mit XY-Chromosomensatz auftretende Variante ist die
Androgenresistenz, auch „testikuläre Feminisierung“ oder Androgeninsensitivität (AIS)
genannt. Es handelt sich um eine verminderte (PAIS, Partial Insensitivity Snydrome)
oder gänzlich ausbleibende (CAIS, Complete Insensitivity Snydrome) Wirkung der
männlichen Geschlechtshormone (Androgene).
Die Androgen-Rezeptoren an den verschiedenen Organstrukturen können die
männlichen Geschlechtshormone Testosteron und Dihydrotestosteron nur teilweise
bzw. gar nicht binden.
Da die männliche Genitalentwicklung eine normale Wirkung der Androgene in der
frühen Embryonalzeit voraussetzt, entsteht bei CAIS trotz männlichem
Chromosomensatz ein Kind mit komplett weiblichem äußeren Genitale. Die
Androgenresistenz wird oft erst in der Pubertät, durch Ausbleiben der Menstruation und
Fehlen von Scham- und Achselbehaarung, entdeckt. Die Betroffenen erleben sich
äußerlich ganz normal als Frauen, haben jedoch keine Gebärmutter, Eierstöcke oder
Eileiter. Ihre Hoden produzieren Testosteron, das, wie im Körper jeder Frau, zu
Östrogen umgewandelt wird.
Im Falle von PAIS ist die Wirkung der männlichen Sexualhormone nur teilweise
beeinträchtigt; das Spektrum des äußeren Erscheinungsbildes variiert dabei sehr, von
diskreten Androgenwirkungen bei fast komplett weiblichem Äußeren bis hin zum
Erscheinungsbild eines Mannes mit nur geringem Vermännlichungsdefizit. Oftmals
kommen Betroffene mit einer leicht ausgeprägten Hypospadie (Harnröhrenöffnung am
unteren Penisschaft) oder mit einem verkleinerten Penis, in der Fachsprache Mikropenis
genannt, zur Welt. Über einen langen Zeitraum hinweg wurden diese Kinder operativ
korrigiert und als Mädchen großgezogen, was seit Mitte der 1990er Jahre zusehend
kritischer betrachtet wird.
STÖRUNGEN DER ANDROGENBIOSYNTHESE (5A
RM/17B HSD)
Bei dem 5-Alpha-Reduktase Typ II-Mangel ist die Umwandlung von Testosteron in das
wesentlich stärker wirksame Dihydrotestosteron (DHT), das für die normale
Entwicklung eines äußerlich männlichen Genitales während der Frühphase der
Embryonalentwirklung mitverantwortlich ist, gestört. Die Folge ist eine
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INTERSEXUALITÄT
Vermännlichung des äußeren Genitales. Diese Kinder kommen mit intersexuellem bis
eher weiblichem Genitale auf die Welt, die erhöhte Testosteronausschüttung in der
Pubertät führt jedoch zu einer männlichen Erscheinung mit Bartwuchs,
Wachstumsschub, maskuline Muskelentwicklung und Stimmbruch.
Bei einem weiteren Enzymmangel, dem 17-Beta HSD-Mangel bei Personen mit einem
46 XY-Typ, wird die Testosteronvorstufe Androstendion nicht ausreichend in
Testosteron umgewandelt, was zu einer deutlichen Beeinträchtigung der männlichen
Entwicklung führt. Die Mehrheit der Betroffenen weist äußerlich ein fast komplett
weibliches Genitale auf. Das innere Genitale ist jedoch eindeutig männlich. Betroffene
erfahren in der Pubertät mit Stimmbruch, ausbleibender Regelblutung und
Brustentwicklung eine Vermännlichung wie bei 5-Alpha Typ II. Individuen mit diesem
Enzymmangel werden meist zunächst als Mädchen erzogen. Viele ändern auch in bzw.
nach der Pubertät trotz der eintretenden Vermännlichung ihre Geschlechtsrolle nicht,
manche schon.
GONADENDYSGENESIEN
Gonadendysgenesien treten bei einer Reihe verschiedener Störungsbilder, so z.B. dem
Swyer Snydrom oder dem Denys Drash Syndrom, auf. Es handelt sich hierbei um eine
Unterentwicklung der Keimdrüsen, also der Hoden oder der Eierstöcke.
Eine reine Gonadendysgenesie können sowohl Personen mit einem XX- als auch mit
einem XY-Chromosomensatz aufweisen.
Einige der Betroffenen fallen bereits in ihrer Kindheit wegen der Nichteindeutigkeit
ihrer Genitalien auf, andere werden erst in der Pubertät entdeckt. Es finden sich sowohl
Personen, die dem weiblichen Geschlecht zugewiesen werden, als auch solche, die als
Buben erzogen werden - entscheidend hierfür ist in der Regel das Aussehen des äußeren
Genitales.
Die gemischte Gonadendysgenesie
Nach AGS ist die gemischte Gonadendysgenesie die zweithäufigste Ursache für
Intersexualität. Bei dieser Variante kommen in manchen Körperzellen XY, in anderen
XO-Chromosomen vor. Auf der einen Seite kann sich im Hodensack oder im
Bauchraum ein normaler bzw. ein unterentwickelter Hoden, auf der anderen Seite nur
eine Stranggonade befinden.
Es besteht auch die Möglichkeit, dass beide Hoden unterentwickelt sind.
Je nach Anteil des funktionsfähigen Hodengewebes und seiner Hormonproduktion
entwickeln sich innere Strukturen wie Uterus, Eileiter oder Prostata, jedoch keine
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INTERSEXUALITÄT
Eierstöcke. Die gemischte Gonadendysgenesie führt in einem Drittel der Fälle zu
Minderwuchs und in der Mehrheit der Fälle zu Unfruchtbarkeit.
Studienergebnissen zufolge liegt die Wahrscheinlichkeit, dass sich in dem
unterentwickelten Hoden ein bösartiger Tumor befindet zwischen 25 und 40 Prozent.
Daher sollte dieser funktionsuntüchtige Hodenstrang entfernt werden.
Wird die Gonade entfernt, bedeutet das eine Hormonersatztherapie, da der Körper
Hormone auch für den Knochenaufbau benötigt.
Hermaphroditismus verus
Beim echten Hermaphroditismus findet sich sowohl Hodengewebe als auch
Eierstockgewebe.
„Wahre Hermaphroditen“, die sehr selten vorkommen, besitzen entweder auf der einen
Seite einen Seite einen Eierstock und auf der anderen Seite einen Hoden oder ein
gemeinsames Organ, einen so genannten „Ovotestis“. Der Chromosomentyp ist
entweder nur XX oder ein Chromosomenmosaik, eine Kombination aus XX und XYChromosomen, selten auch nur XY.
Hermaphroditismus verus geht fast immer mit „uneindeutigen“ Genitalien einher, die
aber unterschiedlich ausgeprägt sein können. Die sekundären Geschlechtsmerkmale
reichen von fast „weiblich“ über androgyn bis hin zu fast „männlich“. Fruchtbarkeit ist
grundsätzlich möglich, wobei männliche Fertilität sehr selten ist. Die Medizin definiert
entsprechend dem Chromosomentyp einen „männlichem“ und „weiblichem“
Hermaphroditismus verus.
Quellen für die vorangegangenen Kapitel:
Fröhling, Ulla: Leben zwischen den Geschlechtern. Intersexualität – Erfahrungen in
einem Tabubereich.
Groß, Dominik u.a.: Transsexualität und Intersexualität: Medizinische, ethische, soziale
und juristische Aspekte
Höhne, Sven-Olaf u. Finke, Rainer: Intersexualität bei Kindern.
Lang, Claudia: Intersexualität. Menschen zwischen den Geschlechtern.
Richter-Appelt, Hertha u. Hill, Andreas: Geschlecht zwischen Spiel und Zwang.
Störungen der sexuellen Differenzierung (Intersex, DSD)
http://www.kinderchirurgiewien.at/content/site/krankheitsbilder/urogenital/article/232.html
Hamburger Forschergruppe Intersex (D)
http://www.intersex-forschung.de
http://www.dggg.de/_download/unprotected/g_01_07_05_stoerungen_sexuellen_differe
nzierung.pdf
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INTERSEXUALITÄT
DISKURSE UM BEHANDLUNGSRICHTLINIEN BEI
NICHTEINDEUTIGEM GENITALE
Historisch betrachtet lassen sich vier Phasen ausmachen, in denen von Intersexualität
Betroffene mit höchst unterschiedlichen gesellschaftlichen Haltungen konfrontiert
waren bzw. sind.
Bis zum 19. Jahrhundert hätten sich in unserem Kulturkreis Hermaphroditen bei
Volljährigkeit für eines der beiden Geschlechter entscheiden dürfen.
Danach habe sich mit dem Bekanntwerden immer neuer körperlicher
Geschlechtsmerkmale wie den Geschlechtshormonen und den
Geschlechtschromosomen das „authentische Geschlecht“ bestimmen lassen.
In der zweiten „Phase der Medikalisierung von Hermaphroditen“ Anfang des 20.
Jahrhunderts lässt sich ein Diskurs der Degeneration erkennen, der Betroffene als
monströs und missgebildet dargestellt hat. Viele Intersexuelle wurden im Rahmen der
medizinischen Fotografie öffentlich zur Schau gestellt.
Die dritte Phase setzte in den 1950er Jahren ein: Nun wurden hormonelle und
chirurgische Interventionen und die Geheimhaltung der Diagnose propagiert.
Seit Ende der 1990er Jahre lässt sich eine neue Bewegung – eine vierte Phase – mit
Hang zur Selbstbestimmung der Betroffenen erkennen: Von vielen Experten wird eine
neutrale Erziehung propagiert.
Ein historischer Rückblick: liberale Behandlung in der Vergangenheit
Intersexualität gibt es, seit es den Menschen gibt. In vielen Schöpfungsgeschichten
kommen Menschen mit beiden Geschlechtern vor. Oft stellt ihr Körper die höchste
Stufe der Vollkommenheit dar; in vielen Kulturen und Mythen vereinen die Götter
selbst beide Geschlechter in sich.
Aus der Zeit von der Antike bis ins 18.Jahrhundert ist wenig über den juristischen und
gesellschaftlichen Umgang mit Zweigeschlechtrigen bekannt. Bevor die Medizin
vermeintliche Klarheit schaffen konnte, sahen die entsprechenden Gesetzestexte
jedenfalls anders aus. Lange Zeit galten europaweit kirchenrechtliche Regeln: Diese
sahen bei einem uneindeutigen Geschlecht vor, dass der Intersexuelle selbst zu
entscheiden hatte, ob er als Mann oder Frau leben wollte. Nur in Streitfällen traten
Sachverständige, sprich Mediziner, auf, um über das „wahre“ Geschlecht zu
entscheiden.
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INTERSEXUALITÄT
Als zu Beginn des 19.Jahrhunderts in Frankreich der Code Napoléone eingeführt wird,
fiel diese Regelung.
Im preußischen Landrecht hält sich der so genannte Zwitterparagraph noch 100 Jahre
länger.
Als Experten traten Mediziner erst Ende des 19. Jahrhunderts auf den Plan. Betroffene
wurden nun ihrem vermeintlich „wahren“ Geschlecht, das in den Gonaden lokalisiert
wurde und oft erst nach dem Tod durch Sezieren der Leiche endgültig festgestellt
werden konnte, zugeordnet.
Dies geschah häufig im Widerspruch zum Selbstempfinden und äußeren
Erscheinungsbild von intersexuellen Personen.
RICHTLINIEN VON JOHN MONEY IN DEN 1950ERN
John Money, amerikanischer Psychologe und Sexologe an der John Hopkins
Universität, galt ab den 1950ern bis Mitte der 1990er, als eine kritische
Auseinandersetzung mit seinen Thesen einsetzte, als die Institution bezüglich
Intersexualität.
Drei wichtigte Thesen Moneys wurden seit den 1950er Jahren bei Auftreten eines
nichteindeutigen Genitales empfohen und von der medizinischen Fachwelt nur zu gerne
aufgegriffen und umgesetzt:
die frühzeitige Zuweisung zu einem Geschlecht
die operative Angleichung an ein Geschlecht möglichst in den ersten
Lebensmonaten bis –jahren sowie
die Geheimhaltung der Diagnose und keine Aufklärung über die in der Kindheit
erfolgten operativen Maßnahmen und jahrelangen Hormoneinnahmen.
Diesem Behandlungskonzept lagen Erfahrungen zu Grunde, die Money als Kliniker mit
betroffenen Personen gesammelt hatte und die ihn zu der Annahme verleiteten, man
könne bei jedem Kind das erwünschte Geschlecht formen, wenn man es nur eindeutig
genug erziehe (nature versus nurture – Anlage versus Umwelt). In den 60er Jahren
bekam Money die Gelegenheit, seine These der uneingeschränkten Macht der
Erziehung zu untermauern: Der Fall ist v.a. unter dem Namen Bruce/Brenda bekannt,
dem Jungen, der als Mädchen aufwuchs.
Money empfahl den Eltern, deren Sohn bei einer Beschneidung durch ein defektes
Gerät seinen Penis verloren hatte (keine vorliegende Intersexualität!), ihr Kind als
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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INTERSEXUALITÄT
Mädchen zu erziehen. Der Bub wurde am Genitale operiert, es wurde ein weibliches
Genitale konstruiert – aus Bruce wurde Brenda, während sein Zwillngsbruder normal
als Junge aufwuchs.
Bei den nachfolgenden systematischen Untersuchungen wurde festgestellt, dass der
Betroffene zunächst die weibliche Geschlechtsrolle und Identität (mit Unterstützung
durch weibliche Hormone) anzunehmen schien. Glücklich scheint Bruce/Brenda jedoch
Insidern zufolge nie gewesen zu sein. Das Kind verweigerte sich weiteren Operationen
und sperrte sich gegen die „ihr“ zugedachte Rolle als Mädchen.
Nach Bekanntwerden seiner Vorgeschichte wechselte David, wie er nun genannt
werden wollte, in sein männliches Geschlecht zurück. Er heiratete, fand jedoch,
verschiedenen Quellen zufolge, nie mehr richtig ins Leben zurück und nahm sich im
Alter von 38 Jahren das Leben.
Sowohl diese Geschichte als auch das Bekanntwerden anderer Lebensläufe von
Betroffenen sollten, jedoch erst Jahrzehnte später, zu einer kritischen
Auseinandersetzung mit Moneys Behandlungsmethoden und mit
geschlechtsangleichenden chirurgischen Eingriffen führen.
Money wusste um Davids Schicksal, bezog jedoch nie zum Scheitern seiner Theorie
Stellung.
Seine Richtlinien zur Behandlung setzen sich in der Wissenschaft durch und wurden in
den 1950ern in den USA, Kanada, Europa und anderen weißen, westlichen Kulturen
übernommen. Zeitgleich gab es in der Kinderheilkunde wichtige Entwicklungen – die
Fächer Kindergynäkologie und pädiatrische Endokrinologie entstanden und das
Zeitalter der plastischen Chirurgie begann.
Vor Money konnten Personen mit intersexuellem Genitale nur auf eigenen Wunsch hin
operativ und hormonell behandelt werden. Durch Money wurde an der John Hopkins
Universität in Baltimore ein umfassendes „Management“ von uneindeutigen Körpern
im Sinne der Zweikörpernorm eingeführt. Ab 1957 wurden auch an verschiedenen
deutschen Kliniken Klitorisreduktionen vorgenommen und Neovaginen neu konstruiert.
Gemäß der zynischen Aussage „it’s easier to dig a hole than to build a pole“ wurden
Betroffene mehrheitlich in Mädchen „umfunktioniert“.
Der Penis oder die Klitoris eines Kindes durfte nicht mehr als zwei
Standardabweichungen von der Norm haben. Es wurde angenommen, dass ein Kind mit
einem zu kleinen Penis nicht zu einem „richtigen“ Mann heranwachsen könne, und
daher das Kind zu einem Mädchen umgewandelt werden solle, was medizinisch
machbarer erschien. Dabei wurde kaum Rücksicht auf den Erhalt der sexuellen
Empfindungsmöglichkeit genommen: Ziel war ganz klar ein normkonformes Aussehen
der Genitalien sowie die Funktionsfähigkeit für heterosexuellen Geschlechtsverkehr.
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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INTERSEXUALITÄT
Die Annahme, die „Störung“ bzw. „Krankheit“ Intersexualität könnte bereits bei Geburt
behandelt und ein „normales“ Aufwachsen im Sinne des Zweigeschlechtersystems
durch Verheimlichung der Diagnose ermöglicht werden, führte zu einer Leugnung und
Tabuisierung von Intersexualität.
Erst Jahrzehnte später wurde hinterfragt, ob die Beibehaltung des intersexuellen
Genitales tatsächlich eine unausweichliche psychische Traumatisierung der Betroffenen
bedingt.
Kritische Auseinandersetzung der letzten Jahre: neutrale Erziehung und
Miteinbeziehung der Betroffenen
Ausgehend von der Intersex-Bewegung in den USA Mitte der 1990er Jahre, die eng mit
der Gründung der Intersex Society of North America (ISNA) verknüpft ist, wurde die
geschlechtszuweisende bzw. korrigierende Operation an intersexuellen Genitalien als
Lösung in Frage gestellt.
Da ungewiss ist, welche Geschlechtsidentität das Kind später entwickelt, nimmt eine
fremdbestimmte geschlechtszuweisende Operation dem Kind die Möglichkeit, entweder
im anderen als dem zugeschriebenen Geschlecht (mit dem entsprechenden
Geschlechtskörper) oder als intersexueller Mensch mit einem intersexuellen Körper zu
leben. Das Bewahren einer offenen Zukunft wird als Wahlmöglichkeit des Geschlechts
und Recht auf Selbstbestimmung gesehen und propagiert.
Abhängig von Land und Kultur bemühen sich viele Mediziner nun um Aufklärung, ein
großer Fortschritt im Vergleich zum früheren Schweigen. Ethische Richtlinien zum
Umgang mit intersexuellen Personen wurden erarbeitet, verbindlich sind sie jedoch
nicht. Ärzte greifen zwar nicht mehr so rasch zum Skalpell wie noch vor 20 Jahren,
sexuelle Eindeutigkeit, so scheint es, ist jedoch nach wie vor das oberste Gebot. In wie
vielen Fällen sich Eltern dazu entscheiden, ihr Kind neutral bzw. als „drittes
Geschlecht“ aufzuziehen und es selbst entscheiden zu lassen, lässt sich nicht genau
sagen - es dürfte sich jedoch um eine Minderheit handeln.
Das Geschlecht entsteht im Kopf
Und das ist nicht als Metapher gemeint.
Hauptargument gegen Operationen im frühen Kindesalter ist, dass das Geschlecht
erwiesenermaßen im Gehirn entsteht. Im Hypothalamus und angrenzenden Regionen
wurden Strukturen entdeckt, die entscheidend dafür sind, als was wir uns fühlen, als
Mann oder als Frau. Die Ausformung der äußeren Genitalien, also männlich, weiblich
oder „dazwischen“ sagt nichts darüber aus, wie es in diesen Gehirnregionen aussieht.
Die Entwicklung der äußeren Genitalien findet in den ersten Monaten der
Schwangerschaft statt. Die geschlechtliche Differenzierung des Gehirns hingegen setzt
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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INTERSEXUALITÄT
erst in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft ein und kann während dieser Zeit von
anderen Faktoren beeinflußt werden. Das bedeutet, dass gerade im Fall eines
intersexuellen Genitales nicht gesagt werden kann, in welche Richtung das Gehirn sich
endgültig entwickeln wird. Es müsste abgewartet werden, bis das Gehirn in der Lage ist,
in einer geschlechtlich differenzierten Art und Weise zu arbeiten.
Denn nur vom Verhalten eines Menschen lässt sich ableiten, ob er ein männliches oder
ein weibliches Gehirn hat.
Die kritischen Diskussionen der letzten Jahre führen, Hertha Richter-Appelt zufolge, zu
folgenden Feststellungen:
Das Geschlecht wird durch viele verschiedene biologische und psychosoziale
Komponenten bestimmt.
Geschlechtsangleichende chirurgische Maßnahmen sind in der Regel kein
Notfall.
Der/die Betroffene sollte in den Entscheidungsprozess mit einbezogen werden;
d.h. die medizinisch nicht notwendigen Operationen sollten zu einem Zeitpunkt
durchgeführt werden, zu dem der oder die Patient/in eine klare Entscheidung
bezüglich eines Geschlechts treffen kann und möchte.
Nichteindeutiges/von der Norm abweichendes Genitale muss nicht zu einer
Störung der psychosexuellen Entwicklung führen.
Wiederholte Operationen und Untersuchungen im Genitalbereich können
traumatisierender sein als ein „auffälliges“ Genitale.
Es gibt eine Vielfalt von Genitalen, nicht nur zwei.
Es gibt eine Vielfalt von Identitäten, nicht nur zwei.
EVIDENZEN DES GESCHLECHTS
Medizinisch setzt sich das „biologische“ Geschlecht aus folgenden Bestandteilen
zusammen:
dem chromosomalen Geschlecht (Karyotyp XX bzw. XY)
dem gonadalen Geschlecht (die Keimdrüsen betreffend: Eierstöcke bzw. Hoden)
dem hormonellen Geschlecht
dem inneren genitalen Geschlecht (Vagina, Uterus und Eileiter bzw. Prostata
und Samenleiter) sowie
dem äußeren genitalen Geschlecht (Klitoris, kleine und große Schamlippen bzw.
Penis und Skrotum).
Wenn ein Baby mit im Sinne des Zweigeschlechtermodells uneindeutigen Genitalien
zur Welt kommt, wird von medizinischer Seite eine Reihe von Tests durchgeführt, um
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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INTERSEXUALITÄT
das „wahre“ bzw. das „bessere“ Geschlecht zu bestimmen. Im euro-amerikanischen
Geschlechtermodell, das die Grundlage für die medizinische Betrachtung von
Intersexualität darstellt, ist ein drittes Geschlecht bzw. die Möglichkeit, gar kein
Geschlecht zuzuweisen, nicht vorgesehen. Auf der Geburtsurkunde, die in Österreich
binnen einer Woche nach der Geburt beantragt werden muss, hat man nur die
Möglichkeit, zwischen männlich und weiblich zu entscheiden.
Das Geschlecht gilt als von Natur aus gegeben, ist an bestimmten Merkmalen ablesbar
und bis zum Tode unveränderbar. Eine Veränderung des Geschlechts wird als enorme
psychische Belastung, im Falle von Intersexualität zudem als falsche medizinische
Geschlechtszuschreibung nach der Geburt gesehen, die unbedingt vermieden werden
sollte.
Obwohl die Idee, intersexuelle Kinder neutral bzw. als drittes Geschlecht aufzuziehen
von der Medizin nicht mehr als absurd betrachtet und abgelehnt wird, ist die korrekte
Zuschreibung des Geschlechts als Mädchen oder Jungen nach wie vor die oberste
Priorität des interdisziplinären Behandlungsteams. Dieses besteht, im Idealfall, aus
einem Kinderendokrinologen, einem Kinderchirurgen oder – urologen, einem Genetiker
und einem Psychologen oder Psychotherapeuten.
Wie zu Beginn dieses Kapitels beschrieben, ist Intersexualität entweder durch ein
uneindeutiges Genitale oder durch fehlende Übereinstimmung zwischen genitalem –
innerem und äußerem – (Anatomie), gonadalem (Anatomie), hormonellem
(Endokrinologie) und genetischem (Genetik) Geschlecht definiert. Auf der Suche nach
dem tatsächlichen Geschlecht stehen also der anatomische, der endokrinologische und
der genetische Körper im Wettstreit. Jede Disziplin betrachtet dabei andere Faktoren als
wesentliche Geschlechtsmarker.
Als Evidenzen des männlichen oder weiblichen Geschlechts werden bei intersexuell
geborenen Körpern je nach Syndrom verschiedene Merkmale herangezogen. Die
Geschlechtsfestlegung läuft jedoch nicht nach einem gleich bleibenden und
verbindlichen Schema ab, sondern ist, so wie jeder einzelne Fall von Intersexualität
höchst individuell ist, ein einmaliger Prozess.
Die Entscheidung über das medizinische Geschlecht ist dabei, neben körperlichen
Merkmalen, verknüpft mit einem weiteren entscheidenden Faktor psychologischer
Natur, der antizipierten Geschlechtsidentität (siehe Kapitel „Sex & Gender –
Geschlechtsrolle & Geschlechtsidentität“).
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
16
INTERSEXUALITÄT
CHIRURGISCHE UND HORMONELLE EINGRIFFE BEI
INTERSEXUALITÄT
Im medizinischen Diskurs wird Intersexualität mehrheitlich als Fehler der Natur, als
Störung betrachtet, durch dessen endokrinologische und vor allem chirurgische
Behandlung und Korrektur die normale, zweigeschlechtliche Ordnung wiederhergestellt
wird. Genitale werden als „nicht vollkommen entwickelt“ beschrieben, der Natur müsse
hier, so liest man immer wieder, „ein wenig nachgeholfen“ werden.
Nachdem sich das interdisziplinäre Expertenteam gemeinsam mit den Eltern, denen die
letztendliche Entscheidung obliegt, für ein Geschlecht entschieden hat, stellt sich die
Frage der Behandlung. Sofern die Erziehungsberechtigten sich nicht ausdrücklich gegen
rein kosmetische operative Eingriffe aussprechen – die Option der neutralen Erziehung
steht, wie bereits erwähnt, erst seit rund rund 15 Jahren (wieder) im Raum – wird das
Genitale intersexueller Minderjähiger chirurgisch in die entsprechende Richtung
„rekonstruiert.“
Ziele sind ein mit dem zugewiesenen Geschlecht übereinstimmendes Aussehen der
Genitalien („Ästhetik“), (hetero)sexuelle Funktion, sprich mögliche Penetrierbarkeit
bzw. Penetrierfähigkeit sowie eine ungehinderte Urinentleerung ohne Inkontinenz und
häufige Infektionen.
Bis heute gilt dabei immer noch, dass eine Operation hin zum Mädchen technisch
einfacher und „Erfolg versprechender“ ist. Dennoch gehen Geschlechtszuweisungen in
letzter Zeit vermehr in die männliche Richtung. Technisch ist, von Klitorisreduktion bis
zur Peniskorrektur, alles möglich. Hormontherapien ergänzen die Behandlung.
In der Diskussion um Behandlungsstandards von Personen mit Intersexualität wird
zumeist von „der“ Operation gesprochen, wodurch man den Eindruck bekommen
könnte, dass Personen nur ein einziges Mal operiert würden.
Obwohl im Bereich der Operationsstandards in den letzten Jahren und Jahrzehnten viele
Fortschritte gemacht wurden, enthüllen Statistiken, dass bis auf Personen mit
kompletter Androgenresistenz alle Betroffenen mit anderen Formen im Genitalbereich
oft mehrfach operiert wurden. Viele der Operationen wurden dabei keineswegs
ausschließlich im Kleinkindalter durchgeführt, sondern in der Pubertät.
Was sind echte medizinische Gründe, aus denen in einen intersexuellen Körper
frühzeitig, also ohne die Zustimmung des Betroffenen abzuwarten, eingegriffen werden
muss?
Als ein Grund wird immer wieder das Tumor-Risiko genannt, wobei dieses bei der
Gonadendysgenesie höher sein soll als beispielsweise bei AIS oder bei
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
17
INTERSEXUALITÄT
Hermaphroditismus verus. Grundsätzlich ist dieses immer gegeben, wenn sich Hoden
nicht an der richtigen Stelle befinden oder sich Keimdrüsen nicht richtig entwickelt
haben. Auch im Auge behalten werden muss die Gefahr von häufig wiederkehrenden
Harnwegsinfekten, die hochfieberhaft sein und zu einer Sepsis (Blutvergiftung) führen
können.
Nach streng chirurgischen Gesichtspunkten ist eine Formung der Genitalien in den
ersten Lebensmonaten am einfachsten zu bewerkstelligen - das Gewebe eignet sich
dafür in der Frühphase besser als zu einem späteren Zeitpunkt.
Stichwort Frühphase: Die Forschung arbeitet mit Hochdruck daran, Diagnosen immer
früher stellen zu können, manchmal schon im Mutterleib. Dabei besonders im
Blickpunkt: Chromosomen und Gene. Denn letztendlich sind schwerwiegende
Störungen der Geschlechtsentwicklung durch Dysfunktionen selbiger bedingt, die
darüber hinaus vererbbar sind und über viele Generationen hinweg beobachtet werden
können.
Im Falle eines operativen Eingriffs werden keine eigenen Körperteile durch „fremde“
ersetzt, sondern der vorliegende Körper wird in Richtung eines normgerechten
weiblichen oder männlichen Körpers „korrigiert“.
Wenn der Körper als Resultat von zugeführten Hormonen, bzw. bestimmte Körperteile
als Ergebnis eines Eingriffs wahrgenommen werden, so kann dies zu einem Gefühl der
Entfremdung führen.
Davon betroffen sind vor allem Intersexuelle, bei denen diese Korrekturen nicht auf
ihren eigenen, ausdrücklichen Wunsch erfolgt ist.
Einzelne Körperteile werden in diesem Fall nicht als zum leiblichen Selbst gehörig,
sondern als „künstlich“ hergestellt empfunden.
Dies gilt übrigens nicht nur für intersexuelle oder auch beispielsweise
organtransplantierte Menschen, sondern für alle Personen, die sich größeren Eingriffen
unterziehen mussten.
Quellen für die vorangegangenen Kapitel:
Colapinto, John: Der Junge, der als Mädchen aufwuchs.
Höhne, Sven-Olaf u. Finke, Rainer: Intersexualität bei Kindern.
Klöppel, Ulrike: XX0XY ungelöst. Hermaphroditismus, Sex und Gender in der
deutschen Medizin.
Lang, Claudia: Intersexualität. Menschen zwischen den Geschlechtern.
Richter-Appelt, Hertha: Vom Körper zur Geschlechtsidentität.
Zehnder, Karin: Zwitter beim Namen nennen: Intersexualität zwischen Pathologie,
Selbstbestimmung und leiblicher Erfahrung.
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
18
INTERSEXUALITÄT
Genitale Zwangsoperationen an Intersexuellen
http://de.indymedia.org/2007/11/199653.shtml
Kroeger, Fabian u.a.: Intersexualität. Die alltägliche Folter in Deutschland. Ein
Forschungsbericht
http://www.fabiankroeger.de/kulturwissenschaft/pdfs/04Intersexualitaet.pdf
Intersex Society of North America
http://www.isna.org
DER INTERSEXUELLE MENSCH – EINE
IDENTITÄSSUCHE
Sex & Gender – Geschlechtsrolle & Geschlechtsidentität
Wie im Englischen wird auch im Deutschen in den Theorien zur psychosexuellen
Entwicklung bezüglich des Geschlechts zwischen sex und gender unterschieden. Seit
den 1990ern wird das biologische Geschlecht in der Regel als sex, also als männlicher
oder weiblicher Körper, das psychosoziale Geschlecht als gender verstanden. Die
Grundthese – soziales Geschlecht ist konstruiert – und die daraus entwickelte Kategorie
gender ist eng verknüpft mit der Intersexualitätsthematik.
Der Begriff gender wurde in der heutigen Bedeutung (als soziales Geschlecht) erstmals
von dem Psychologen Robert Stoller in seinem Buch Sex and Gender (1968) verwendet.
Stoller selbst war Mitglied eines Ärzteteams, dass sich mit dem Fallmanagement von
Intersexualität beschäftigte. In Verbindung mit den bedeutsamen Theorien der
Philosophin Judith Butler wird das körperliche Geschlecht (sex) als Produkt eines
normierenden Diskurses über gender gedeutet. Das geschlechtliche Subjekt und der
Geschlechtskörper werden durch die heterosexuelle Matrix betrachtet bzw.
hervorgebracht.
Ist Geschlecht zweigeteilt und unveränderbar?
Fundamentale Regeln heterosexueller Zweigeschlechtlichkeit sind die Annahmen, dass
Körper- und Geschlechtsidentität deckungsgleich sein müssen, dass Geschlecht nicht
veränderbar und die getroffene Zuweisung lebenslänglich gelte, sowie dass Geschlecht
eine körperliche Basis habe. Intersexuelle Menschen lassen sich diesem
Geschlechterentwurf jedoch nicht zuordnen: Sie gehören nicht nur einem Geschlecht an.
Eine körperliche Basis für Geschlecht (diese müsste erst hergestellt werden) gibt es in
ihrem Fall nicht. Von zentraler Bedeutung für die Entscheidung der
Geschlechtsbestimmung ist bei intersexuellen Genitalen Form und Aussehen des
äußeren Geschlechts, das nach Auffassung vieler Mediziner, zumindest bis Mitte der
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
19
INTERSEXUALITÄT
1990er, großteils aber auch nocht jetzt, sowohl das psychische als auch das soziale
Geschlecht nachhaltig prägt.
Daraus lässt sich eine klare Hierarchisierung der „Geschlechtskomponenten“ erkennen:
Die Annahme ist, dass „sex“ in Bezug auf „gender“ Vorrang hat. Mit der Zurichtung
des sex, der Genitalien, soll also auch das gender hergestellt werden und damit
zusammenhängend (heterosexuelles) Begehren.
Bei Intersexuellen wird sex wortwörtlich konstruiert, von Ärzten, die die (natürlich
gesellschaftlich/gendergeprägte) „Wahrheit“ der Natur zu erkennen glauben.
Kein Platz in unserer Gesellschaft
Die Tabuisierung von Intersexualität hat wesentlich dazu beigetragen, dass Betroffene
in der Gesellschaft nicht mehr sichtbar sind. Es gibt für sie keine lebbare Kategorie - in
die existierende Einteilung männlich-weiblich passen sie nicht hinein. Die
Genderforschung wird durch die Thematisierung von Intersexualität erneut
herausgefordert. Diese Diskussion würde im Endeffekt auf eine Aufweichung der
körperlichen Zweigeschlechtlichkeit hinauslaufen. Eine weitere Auseinandersetzung
wäre vor allem wichtig insofern, als in Zusammenhang mit dem Geschlecht einerseits
diskutiert wird, wodurch Männer und Frauen sich unterscheiden, andererseits, wie die
beiden Geschlechter sich auch sexuell erleben und verhalten. Hierfür von ebenso großer
Bedeutung wie die Begrifflichkeiten sex und gender sind jene der Geschlechtsrolle und
der Geschlechtsidentität.
Was macht Frau zur Frau und Mann zum Mann?
Der Begriff der Geschlechtsrolle bezeichnet seit den 1950ern die Gesamtheit der
kulturell erwarteten, als angemessen betrachteten und zugeschriebenen Fähigkeiten,
Interessen und Verhaltensweisen des jeweiligen Geschlechts. Diese unterliegen
naturgemäß einem Wandel innerhalb unserer Kultur und zwischen den Kulturen. John
Money zufolge stellen Geschlechterrollen variable Konstrukte von Erwartungen sozial
erwünschter Vorstellungen dar, die von den Eltern und dem gesellschaftlichen Umfeld
an eine Person herangetragen werden.
Geschlechtsidentität auf der anderen Seite ist das subjektive Empfinden eines
Menschen, sich als Mann oder Frau (oder dazwischen) zu erleben – dieses Gefühl findet
sich zu allen Zeiten und in allen Kulturen. Der Begriff wurde in den 1960er Jahren
durch Money im englischen Sprachraum eingeführt. Die Geschlechtsidentität bildet sich
aus durch Selbst- und Fremdkategorisierungen sowie Selbst- und Fremdwahrnehmung.
Hertha Richter Appelt zufolge sind dabei folgende Aspekte von grundlegender
Bedeutung:
Geschlechtszuweisung nach der Geburt
Elterliche und gesellschaftliche Einstellungen
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
20
INTERSEXUALITÄT
Körperliche und psychische Prädispositionen und Entwicklungen
Körperbewusstsein
Interaktionen mit Gleichaltrigen.
Geschlechtsidentität ist nur eine von mehreren möglichen Identitätsbeschreibungen. Es
gibt andere Identitäten, so z.B. die ethnische, nationale, berufliche, verwandschaftliche
oder krankheitsbezogene Identität, die gleichzeitig beobachtet und erlebt werden
können. Manche sind von Geburt an festgelegt, andere werden erworben; manche
können verändert werden, andere nicht.
Die Änderung mancher Identitäten gilt als Störung bzw. Krankheit (Mann zur Frau), die
anderer nicht (Deutscher wird Österreicher). Auf die Wichtigkeit der Unterscheidung
zwischen Geschlechtsrolle und Geschlechtsidentität, vor allem hinsichtlich des Themas
Intersexualität, sei an dieser Stelle dezidiert hingewiesen.
INTERSEXUALITÄT VS. TRANSSEXUALITÄT
Aufgrund der öffentlichen Thematisierung und Aufarbeitung des Phänomens
Transsexualität in den letzten Jahren und der weitgehenden gesellschaftlichen NichtExistenz von Intersexualität wird letztere von vielen Nicht-Betroffenen oft mit
Transsexualität verwechselt. Diese Vermischung wird von intersexuellen Menschen
immer wieder kritisiert und mehrheitlich rigoros abgelehnt: Intersexualität und
Transsexualität sind, der oberflächlichen Ähnlichkeit der Begriffe zum Trotz,
grundverschiedene Phänomene.
Während transsexuelle Menschen ihr eigentliches Ich in ihrer Geschlechtsidentität und
unabhängig von ihrem „falschen“ Körper begreifen, sind sie, vom BiologischKörperlichen her, eindeutige Männer oder Frauen. Der Geschlechtswechsel
transsexueller Menschen wird als freie Entscheidung gewertet (auch wenn sie selbst es
auch als Notwendigkeit betrachten), während Intersexuelle, die sich mit dem ihnen
zugeschriebenen Geschlecht nicht identifizieren können, ihrem Selbstverständnis nach
aufgrund ihrer körperlichen Gegebenheit keine Wahl haben.
Transsexuelle fühlen sich erst durch die medizintechnologische Anpassung an ihr
Geschlechtsempfinden als vollkommen, Intersexuelle fühlen sich gerade durch die
medizinischen Eingriffe ihres „eigentlichen“ Körpers und ihres wahren Selbst beraubt.
Der chirurgische und hormonell hergestellte Körper wird von Transsexuellen aufgrund
der Übereinstimmung mit ihrer Geschlechtsidentität als eigentlich und richtig
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
21
INTERSEXUALITÄT
empfunden, von Intersexuellen als künstlich hergestellt und falsch. Beide Gruppen
fühlen sich im falschen Körper, der jedoch im transsexuellen Fall der ursprüngliche
(und vom biologischen Standpunkt her einwandfreie), im intersexuellen Fall hingegen
der medizintechnologisch veränderte Körper ist. Während Transsexuelle durch ihren
Wechsel innerhalb der Geschlechter und die körperliche Anpassung an eines der beiden
die Zweigeschlechternorm aufrecht erhalten, stellen intersexuelle Menschen durch ihre
körperlichen Gegebenheiten die Geschlechterbinarität in Frage.
Bei der Transsexualität konnte man bis heute keine biologische Grundlage dafür finden,
dass eine Person das Gefühl hat, im falschen Körper zu stecken. Da dieses Phänomen
weniger mit der Sexualität zu tun hat, sondern primär mit der Geschlechtsrollenidentität,
bevorzugen Betroffene oft den Begriff der Transidentität oder Transgender. Verbunden
sind Transsexuelle bzw. Transgender und Intersexuelle durch ihre gemeinsamen
Erfahrungen von Leiden. Bei beiden wird mit chirurgischen Mitteln versucht,
Normalität herzustellen: bei Transsexuellen aus einem inneren, psychischen, bei
Intersexuellen aus einem äußeren, physischen Zwang heraus.
INTERSEXUALITÄT ALS PSYCHOSOZIALER
„NOTFALL“
Die Geburt eines Kindes, das weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht
zugeordnet werden kann, wird nicht als medizinischer, sondern als psychosozialer
Notfall verstanden. Eine Ausnahme bildet das Adrenogenitale Syndrom, da diese
Störung mit starkem Salzverlust einhergehen kann.
Intersexualität wird, mehrheitlich auch heute noch, als psychologisches Problem
gesehen, das durch medizinisches Eingreifen behoben werden muss.
Sowohl die Eltern als auch das betroffene Kind leiden – so die medizinische Auffassung
- zwangsläufig unter der Tatsache, dass der Körper geschlechtlich uneindeutig ist. Die
psychische Belastung, die Eltern nach der Geburt eines intersexuellen Kindes erleben,
wird als so genanntes „Geburtstrauma“ begriffen, das von Anfang an
psychotherapeutische Begleitung erfordert.
Eltern sollten vor der Zustimmung zu medizinischen Eingriffen stets psychologisch
evaluiert werden. Genitalkorrigierende Maßnahmen sollten erst dann erfolgen, wenn die
Erziehungsberechtigten zu einer sinnvollen Entscheidungsfindung in der Lage sind.
Auch wenn Eltern sich zu einer „neutralen“ Erziehung entschließen, wird vielfach
geraten, zwecks Bewältigung der Situation Hilfe anzunehmen.
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
22
INTERSEXUALITÄT
Es kommt vielfach zu Machtkonflikten zwischen Medizin und Psychologie hinsichtlich
der Frage, welche Disziplin letzten Endes „grünes Licht“ geben darf: Oft stehen
einander medizinische Gründe, die für ein frühes Eingreifen sprechen und
psychologische Erwägungen gegenüber.
Die meisten Betroffenen versuchen, in ihrer Abweichung von der Geschlechternorm
nicht aufzufallen. Die Entwicklung eines Körpers, der nicht den gesellschaftlichen
Konventionen entspricht, führt besonders in der Pubertät zu Verhaltensweisen wie dem
Verstecken des Körpers, zum Vortäuschen normaler Körperprozesse, zu Selbstzweifeln
sowie zu einem gestörten Selbstbild. Viele täuschen die Menstruation vor, um als
„echte“ Frau zu gelten. Auch die tägliche Hormoneinnahme oder, wie im Falle von
AGS, Kortisol und Aldosteron wird aus Angst, aufzufallen, so gut wie möglich
verheimlicht. Die Praktiken des Versteckens und Lügens werden als extrem belastend
empfunden.
Erfahren Jugendliche oder Erwachsene später im Leben , dass etwas an ihrem Körper so
unannehmbar war, dass es entfernt, reduziert, korrigiert oder verstümmelt werden
musste, so hat das meist enorme Folgen für ihre Selbsteinschätzung. Viele fragen sich,
wie „verkehrt“ sie in ihrem ursprünglichen Zustand gewesen sein müssen, dass sie ohne
chirurgische Eingriffe von Eltern und Gesellschaft nicht akzeptiert worden wären. Viele
hadern mit dem Begriff Intersexualität und seiner Bedeutung; für andere hingegen, die
die längste Zeit bereits das Gefühl hatten, dass etwas mit ihnen nicht „stimmen“ würde,
die allerdings aufgrund von Tabuisierung und Geheimhaltung dieses Gefühl an nichts
festmachen konnten, stellt die Diagnose eine Erleichterung dar.
Immer wieder liest man in der Fachliteratur, dass gerade die Geheimhaltung der
Diagnose innerhalb und außerhalb der Familie zu Scham- und Schuldgefühlen, zu
mangelndem Selbstwertgefühl und zur sozialen Isolation geführt hat. Es ist wichtig, die
Unzufriedenheit von Betroffenen mit dem Umgang des Fachpersonals von der
Unzufriedenheit mit Operations- und Behandlungsergebnissen, bzw von der
Handhabung der Situation innerhalb und außerhalb des eigenen Familien- und
Freundeskreises zu trennen.
Alle drei Erfahrungsbereiche können in vielen Fällen zu Traumatisierungen führen.
Kann überhaupt beurteilt werden, ob die geschlechtliche Zuschreibung zum Mädchen
oder Buben bei einem intersexuellen Kind richtig war? Wenn sich die
Geschlechtsidentität in überwiegendem Maße in Übereinstimmung mit dem
zugeschriebenen Geschlecht entwickelt, so wird darin die Bestätigung für die
entsprechenden physischen Geschlechtsmarker gesehen.
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
23
INTERSEXUALITÄT
Eine Erfüllung der gesellschaftlich erwarteten Geschlechterrollenvorstellungen beweist
die Richtigkeit der Entscheidung (Bsp. Buben, die mit Autos - Mädchen, die mit
Puppen spielen).
Als weiteres Kennzeichen der Identifizierung mit dem zugewiesenen Geschlecht gilt
eine heterosexuelle Orientierung. Umgekehrt ist es seitens der Medizin kein Signal
falscher Zuschreibung, wenn eine intersexuelle Person gegengeschlechtliches Verhalten
zeigt oder als Erwachsener homosexuell ist.
ZUR FRAGE DES KINDESWOHLS
Das Recht jedes Kindes auf körperliche Unversehrtheit ist in der Gesetzgebung, ebenso
in der UNO-Kinderrechtskonvention, verankert. Wie also ist es um das „Wohl des
Kindes“ in Zusammenhang mit der Diagnose Intersexualität bestellt?
Es existieren unterschiedliche Auffassungen darüber, was das „Wohl“ eines
intersexuellen Kindes sein soll. Das erwähnte Recht auf Selbstbestimmung und einen
intakten Körper stehen im Widerspruch mit dem Recht auf medizinische Behandlung
und Hilfe. Was genau in diesem Falle „intakt“ bedeuten soll, ist unklar: Je nachdem, ob
ein intersexuelles Genitale als vollständig und normal oder als fehlgebildet betrachtet
wird, wird ein intakter Körper unterschiedlich gesehen. Gilt ein intersexueller Körper
nicht als fehlgebildet, sondern als normal und gesund, so stellen Operationen juristisch
eine Verletzung des Rechts auf körperliche Intaktheit dar. Dem medizinischen Konzept
hingegen kann ein intakter Körper nur ein „normaler“ männlicher oder weiblicher
Körper sein – in diesem Sinne wäre die Behandlung von Intersexualität ein Vorgang im
Dienste der Gesundheit. Die behandelnden Ärzte befinden sich demnach im
Spannungsfeld zwischen den Diskursen.
Offener Umgang, Aufklärung und Akzeptanz seitens der Gesellschaft
Intersexualität galt innerhalb des medizinischen Diskurses bis zumindest Mitte der
1990er – und gilt vielerorts immer noch – als Fehlbildung bzw. Störung, die zu
korrigieren ist. Die medizinische Diagnose, wird sie in späteren Jahren mitgeteilt, stellt
für viele meist die erste Öffnung, das erste Heraustreten aus dem Schweigen dar. Es ist
immerhin ein Begriff für den eigenen Körper, wenn auch für viele Betroffene ein
negativ besetzter. Aber das Erfahren der Diagnose und ein medizinisches Verständnis
ihres Körpers alleine befreit Betroffene in den seltensten Fällen von der Last der
Unaussprechbarkeit, des Geheimnisses.
Das Hauptproblem stellt die gesellschaftliche Nicht-Existenz bzw. Nicht-Akzeptanz von
Intersexualität dar, mit der sich auch Eltern und Betroffene, die einen offenen Umgang
mit dem Thema gewählt haben (Stichwort neutrale Erziehung) immer wieder
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
24
INTERSEXUALITÄT
auseinander setzen müssen. Die gesellschaftliche Nicht-Akzeptanz stellt für die Medizin
die Legitimierung geschlechtsnormierender Eingriffe dar. Die These des
zwangsläufigen Hohnes und der Ausgrenzung, denen intersexuelle Kinder ohne
Korrektur ausgesetzt seien, und die sich in Aussagen wie „Kinder können so grausam
sein“ manifestiert, ist den Eltern Betroffener nur zu gut bekannt. Es gilt jedoch als
erwiesen, dass, wenn Eltern die Intersexualität ihres Kindes akzeptieren, damit auch der
Grundstein für die Akzeptanz im sozialen Umfeld gelegt ist.
Intersexualität müsste unbedingt von den sensationsgeleiteten Assoziation mit Zwitterund Hermaphroditentum losgelöst werden, denn die gesellschaftliche Nicht-Existenz
bzw. Nicht-Akzeptanz von Intersexualität bedeutet eigentlich immer eine Tabuisierung
körperlicher Zwischengeschlechtlichkeit. Von vielen intersexuellen Personen wird
primär die Akzeptanz der naturgegebenen Vielfalt von Körpern eingefordert. Die
Allgemeinheit solle wissen und akzeptieren, dass es neben männlichen und weiblichen
Körpern noch etwas anderes gäbe. Gründe für den Wunsch nach Akzeptanz
körperlicher Vielfalt finden sich vor allem auch in der Natur: Bei Pflanzen und Tieren
ist Intersexualität, im Gegensatz zu jener beim Menschen, be- und anerkannt und wird
im schulischen Biologieunterricht thematisiert.
Auf der Suche nach geschlechtlichen Vorbildern und Identifikationsfiguren besteht
innerhalb der Bewegung, die Intersexualität gesellschaftlich zu etablieren versucht,
großes Interesse an der Frage, wie in anderen Kulturen (außerhalb des euroamerikanischen Raumes) mit dem Phänomen umgegangen wird. Ob
Geschlechtersysteme mit dritten Geschlechtern in nicht-westlichen Systemen tatsächlich
freier und toleranter sind, muss an dieser Stelle dahingestellt bleiben, da eine
dahingehende Untersuchung den Rahmen dieser Infomappe bei weitem sprengen würde
(für weitere Informationen siehe das Kapitel „Alternative Geschlechtermodelle“ in
Claudia Langs Werk „Intersexualität“).
Prinzipiell geht es in der Diskussion um Akzeptanz auch darum, sich als intersexueller
Mensch nicht nur innerhalb der queer- und transgender-Kulturen frei bewegen zu
können, sondern auch im Alltagsleben uneingeschränkt intersexuelles Kind,
Erwachsener oder auch Elternteil sein zu dürfen. Dieser Aspekt ist zentral bzgl. des
Bemühens Intersexueller, aus der gesellschaftlichen Nicht-Existenz herauszutreten.
Verschiedene Diskurse um Intersexualität suchen eine Akzeptanz intersexueller
Personen nicht nur innerhalb einer speziellen Subkultur, sondern die Normalisierung der
Intersexualität im ganz normalen gesellschaftlichen Kontext zu erreichen.
Die öffentlich thematisierten Schicksale des österreichischen Schifahrers und
Goldmedaillen Gewinners Erik Schinegger und der südafrikanischen Läuferin Caster
Semenya haben, wie auch der Dokumentarfilm „Tintenfischalarm“ oder Jeffrey
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
25
INTERSEXUALITÄT
Eugenides mit dem Pulitzerpreis ausgezeichneter Roman „Middlesex“, dazu
beigetragen, dass der Begriff Intersexualität langsam aber doch in den Köpfen der
Menschen Einzug findet.
Es ist der Wunsch vieler Intersexueller, nicht mehr als quer zur Norm oder als außerhalb
der Normalität wahrgenommen zu werden.
Die Frage, die bis jetzt noch nicht beantwortet werden konnte, lautet jedoch als was?
Als drittes Geschlecht, als Intersexueller, als Person mit einer endrokrinologischen
Erkrankung, als Mensch mit einer körperlichen Besonderheit?
Für die (wenigen) Personen, die den Weg an die Öffentlichkeit gesucht haben, stellt
Intersexualität zumeist eine eigene Geschlechts- und positive Identitätsbezeichnung dar,
wie das letzte Kapitel zeigen soll.
Intersexualität als eigene Geschlechts- und Identitätsbezeichnung
Wer legt eigentlich fest, ob ein Mensch zu zehn, fünfzig oder hundert Prozent Mann
oder Frau ist? Was ist eigentlich ein Mann, was eine Frau?
Fragen, die die Wissenschaft auch zu Beginn des 3.Jahrhunderts nicht beantworten
kann. Fest steht nur eines: Mann und Frau sind die Kategorien, die die Gesellschaft
(aner)kennt, und in die jeder Mensch von der Stunde seiner Geburt an „eingepasst“
wird. Für manche intersexuelle Menschen stellt die Diagnose einzig eine (medizinische)
Körperbeschreibung dar und hat nichts mit ihrer Identität zu tun. Andere intersexuelle
Personen finden den Begriff intersexuell – im wahrsten Sinne des Wortes als zwischen
den Geschlechtern stehend – durchaus passend, da er ihre körperliche Gespaltenheit und
ihr Selbstempfindung widerspiegelt.
Die Idee eines dritten Geschlechts kam zu Beginn des 20. Jahrhunderts, im
Zusammenhang mit der Neubetrachtung von Homosexualität von einer
Krankheitskategorie hin zu einer eigenen Identitätskategorie sowie im Rahmen der
homosexuellen Empanzipationsbewegung auf.
Heute, ein Jahrhundert später, wird das dritte Geschlecht von queer- und transgenderPersonen, aber auch von einigen intersexuellen Menschen, die mit diesem Wunsch an
die Öffentlichkeit getreten sind, beansprucht. Letztere betrachten den von der Medizin
als intersexuell definierten Körper als einzig zulässige Begründung für eine Kategorie
abseits von Mann und Frau. Betroffene sind der Auffassung, dass Geschlecht nicht
bipolar ist, sondern als Kontinuum besteht. Die „Eckpfeiler“ dieser Empfindung sind
sehr weibliche und sehr männliche Individuen. Dazwischen gibt es Platz für
verschiedene Variationen.
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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INTERSEXUALITÄT
Betroffenen, die um eine Einführung des dritten Geschlechts kämpfen, geht es um die
Anerkennung ihrer Menschenwürde, um das Recht, so sein zu dürfen, wie sie sind und
nicht in einer Geschlechterrolle leben zu müssen, die ihrem eigentlichen Selbst nicht
entspricht und von jemandem anderen zugewiesen wurde.
Erst durch die Etablierung einer dritten Kategorie wäre der medizinischen,
chirurgischen und hormonellen „Behandlung“ intersexueller Minderjähriger der Boden
entzogen. Das dritte Geschlecht wird jedoch nicht nur als juristische Kategorie verlangt,
sondern vor allem aus gesellschaftlicher Sicht verhandelt: Bei einer Neukonzeption
würde das euro-amerikanische Zweigeschlechtermodell durch ein
Dreigeschlechtermodell ersetzt werden. Dies würde, so einige Betroffene, einen
zentralen Schritt zur Sichtbarmachung und der gesellschaftlichen Etablierung
intersexueller Menschen darstellen.
Für diejenigen intersexuellen Menschen und ihre Eltern, die sich für die Einführung
eines dritten Geschlechts aussprechen, zeigt die Existenz intersexueller Körper, dass die
„Natur“ nicht nur zwei, sondern drei Geschlechter hervorbringt: Wenn diese Tatsache
bei Pflanzen und Tieren anerkannt werde, dann müsse das auch bei den Menschen so
sein. Ihre Kritik an medizinischer Geschlechtszuweisung richtet sich häufig nicht gegen
eine falsche Zuweisung als Bub oder Mädchen, sondern dagegen, dass überhaupt eine
Zuweisung innerhalb des üblichen Modells stattfindet, da sich einige weder weiblich
noch männlich, sondern als eine eigene, davon abweichende, Kategorie empfinden.
Interessanterweise scheinen, wenn der Begriff intersexuell fällt, die Assoziationen
Störung oder Krankheit langsam in den Hintergrund zu treten. Als (positive)
Identitätskategorie oder sogar eigene Geschlechterkategorie hingegen wird der Begriff
immer bedeutender. Ausgehend von der Intersex-Bewegung, die in den USA von der
Intersex Society of North America (ISNA) gegründet wurde, sind in vielen
europäischen Ländern Intersex-Bewegungen entstanden, die eine intersexuelle
Identitätsauffassung propagieren. Als Metapher für die Auffassung verschiedenartigster
Geschlechtskörper werden immer wieder die Extremfarben Schwarz und Weiß
angeführt, zwischen denen alle möglichen Grautöne liegen.
Die berechtigte Frage, ob es Sinn macht bzw. aussichtsreich ist, von der Gesellschaft zu
verlangen, ihr Geschlechtsverständnis neu zu konzipieren, kann an dieser Stelle nicht
beantwortet werden.
Was hingegen auf jeden Fall verändert werden kann, ist eine Entwicklung hin zu
Offenheit, Toleranz und der Akzeptanz von Verschiedenheit.
Wenn Intersexuelle schon nicht unser gesellschaftliches Ordnungssystem der
Zweigeschlechtlichkeit erschüttern können, so besteht doch zumindest eine realistische
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
27
INTERSEXUALITÄT
Chance, dass bestehende Konzepte erweitert werden können und somit der sozialen
Akzeptanz intersexueller Personen in Zukunft nichts mehr im Wege steht.
Quellen für die vorangegangenen Kapitel:
Bublitz, Hannelore: Judith Butler zur Einführung.
Dietze, Gabriele: Schnittpunkte. Gender Studies und Hermaphroditismus.
Eifert, Christine u.a.: Was sind Frauen? Was sind Männer? Geschlechterkonstruktionen
im historischen Wandel.
Gildemeister, Regine u. Wetterer, Angelika: Wie Geschlechter gemacht werden. Die
soziale Konstruktion der Zwei-Geschlechtlichkeit und ihre Reifizierung in der
Frauenforschung.
Heldmann, Anja: Jenseits von Frau und Mann, Intersexualität als Negation der
Zweigeschlechtlichkeit.
Lang, Claudia: Intersexualität. Menschen zwischen den Geschlechtern.
Richter-Appelt, Hertha: Vom Körper zur Geschlechtsidentität.
Zehnder, Karin: Zwitter beim Namen nennen: Intersexualität zwischen Pathologie,
Selbstbestimmung und leiblicher Erfahrung.
Tintenfischalarm. Buch und Regie: Elisabeth Scharang. DVD. Österreich: wega
Filmproduktionsges.m.b.h, 2006. 107’.
Die Philosophin: Forum für feministische Theorie und Philosophie. #28: Intersexualität
und Geschlechterstudien
http://www.ruhr-uni-bochum.de/philosophin/ein28.html
Rammesmayer, Eva: (Filmische) Diskursivierung von Intersexualität. Diplomarbeit,
Universität Wien, 2010.
http://othes.univie.ac.at/10467
Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (D)
http://www.dgti.info
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
28
ANLAUFSTELLEN
ANLAUFSTELLEN
SIÖ – 1. Österreichische Selbsthilfegruppe für intersexuelle Menschen
Obere Amtshausstraße 27/6
A-1050 Wien
Tel.: +43/664/9124704
E-Mail: [email protected]
Homepage: http://www.intersex.at
Selbsthilfe Salzburg
Faberstraße 19–23
A-5020 Salzburg
Tel.: +43/662/88891800
Die AGS-Eltern- und Patienteninitiative e.V. (D)
http://www.ags-initiative.de
Hamburger Forschergruppe Intersex (D)
http://www.intersex-forschung.de
Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (D)
http://www.dgti.info
Androgen Insensitivity Syndrome Support Group (AISSG) (GB)
http://www.aissg.org
Verein
Intersexuelle Menschen e.V. (D)
http://www.intersexuelle-menschen.net
Selbsthilfegruppe XY-Frauen (D)
http://www.xy-frauen.de
Netzwerk Intersexualität/DSD
http://netzwerk-is.de
Selbsthilfe Intersexualität (CH)
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
29
ANLAUFSTELLEN
http://www.si-global.ch
Organisation Intersex International
http://www.intersexualite.org
Intersex Society of North America
http://www.isna.org
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
30
BUCHTIPPS
BUCHTIPPS
Bublitz, Hannelore
Judith Butler zur Einführung
Verlag Junius 2010
ISBN-13: 978-3885066781
Butler, Judith
Die Macht der Geschlechternormen und die Grenzen des Menschlichen
Suhrkamp Verlag 2011
ISBN-13: 978-3518295892
Colapinto, John
Der Junge, der als Mädchen aufwuchs
Walter-Verlag 2000
ISBN-13: 978-3530421545
Dietze, Gabriele
Schnittpunkte. Gender Studies und Hermaphroditismus
In: Dietze, Gabriele u. Hark, Sabine: Gender kontrovers. Genealogien und Grenzen
einer Kategorie. Helmer Verlag 2006
ISBN-13: 978-3897412156
Eifert, Christine u.a.
Was sind Frauen? Was sind Männer? Geschlechterkonstruktionen im historischen
Wandel
Suhrkamp Verlag 1996
ISBN-13: 978-3518117354
Eugenides, Jeffrey
Middlesex
Picador Verlag 2002
ISBN-13: 978-0312991739
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
31
BUCHTIPPS
Foucault, Michel
Das wahre Geschlecht
In: Barbin Herculine u. Foucault, Michel: Über Hermaphrodismus. Der Fall Barbin.
Suhrkamp Verlag 1998
ISBN-13: 978-3518117330
Fröhling, Ulla
Leben zwischen den Geschlechtern. Intersexualität – Erfahrungen in einem
Tabubereich
Christoph Links Verlag 2003
ISBN-13: 978-3861532903
Gildemeister, Regine u. Wetterer, Angelika
Wie Geschlechter gemacht werden. Die soziale Konstruktion der ZweiGeschlechtlichkeit und ihre Reifizierung in der Frauenforschung
In: Knapp, Gudrun-Axeli: Traditionen Brüche: Entwicklungen feministischer Theorie
Kore Verlag 1992
ISBN-13: 978-3926023827
Groß, Dominik u.a.
Transsexualität und Intersexualität: Medizinische, ethische, soziale und juristische
Aspekte
MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2007
ISBN-13: 978-3939069553
Heldmann, Anja
Jenseits von Frau und Mann, Intersexualität als Negation der
Zweigeschlechtlichkeit
In: Hauser-Schäublin, Brigitta: Differenz und Geschlecht: neue Ansätze in der
ethnologischen Forschung
Reimer Verlag 1997
ISBN-13: 978-3496026310
Höhne, Sven-Olaf u. Finke, Rainer
Intersexualität bei Kindern
Uni-Med Verlag 2008
ISBN-13: 978-3895999277
Klöppel, Ulrike
XX0XY ungelöst. Hermaphroditismus, Sex und Gender in der deutschen Medizin
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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BUCHTIPPS
Transcript Verlag 2010
ISBN-13: 978-3837613438
Lang, Claudia
Intersexualität. Menschen zwischen den Geschlechtern
Campus Verlag 2006
ISBN-13: 978-3593382234
Richter-Appelt, Hertha u. Hill, Andreas
Geschlecht zwischen Spiel und Zwang
Psychosozial-Verlag 2004
Stern, Caroline
Intersexualität: Geschichte, Medizin und psychosoziale Aspekte
Tectum Verlag 2010
ISBN-13: 978-3898063623
Zehnder, Karin
Zwitter beim Namen nennen: Intersexualität zwischen Pathologie,
Selbstbestimmung und leiblicher Erfahrung
Transcript Verlag 2010
ISBN-13: 9783837613988
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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FILMTIPPS, DIPLOMARBEITEN, INFOLINKS
FILMTIPPS, DIPLOMARBEITEN, INFOLINKS
Tintenfischalarm
Buch und Regie: Elisabeth Scharang
DVD. Österreich: wega Filmproduktionsges.m.b.h, 2006. 107’
XXY
Regie und Buch: Lucia Puenzo
DVD. Argentinien/Frankreich/Spanien: Pyramide Films, 2007. 87’
Die Philosophin: Forum für feministische Theorie und Philosophie. #28:
Intersexualität und Geschlechterstudien
http://www.ruhr-uni-bochum.de/philosophin/ein28.html
Rammesmayer, Eva: (Filmische) Diskursivierung von Intersexualität
Diplomarbeit, Universität Wien, 2010
http://othes.univie.ac.at/10467
Kroeger, Fabian u.a.: Intersexualität. Die alltägliche Folter in Deutschland. Ein
Forschungsbericht
http://www.fabiankroeger.de/kulturwissenschaft/pdfs/04Intersexualitaet.pdf
Störungen der sexuellen Differenzierung (Intersex, DSD)
http://www.kinderchirurgiewien.at/content/site/krankheitsbilder/urogenital/article/232.html
Genitale Zwangsoperationen an Intersexuellen
http://de.indymedia.org/2007/11/199653.shtml
Ich bin kein ewiges Kind
http://www.woz.ch/artikel/2010/nr19/leben/19292.html
Sexualität: Und Gott schuf das dritte Geschlecht
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,517983,00.html
Verschiedene Artikel zum Thema
http://www.intersexualite.org/Artikel.html
RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT
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STUDIOGÄSTE
STUDIOGÄSTE
In der Sendung Radiodoktor - Medizin und Gesundheit vom 7. Februar 2011
waren zu Gast:
Herr H.
Vater eines betroffenen Kindes
OA Dr. Stefan Riedl
Endokrinologe an der Ambulanz für Endokrinologie
Experte für Geschlechts- und Sexualentwicklungsstörungen
St. Anna Kinderspital/Medizinische Universität Wien
Kinderspitalgasse 6
A-1090 Wien
Tel.: 43/1/40 170-2800 od. 2810
E-Mail: [email protected]
Ass. Univ.-Prof. Dr. Brigitte Hackenberg
Psychotherapeutin und Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie
Ärztliche Leiterin des Fachbereiches Psychosomatik
Universitätsklinik für Kinder und Jugendheilkunde
Währinger Gürtel 18-20
A-1090 Wien
Tel.: 43/1/40 400/3266 od. 3232
E-Mail: [email protected]
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