165 19 Redoxgleichgewichte (Elektronenübertragungsreaktionen) Vergleich „Protochemische“ und „Elektrochemische“ Spannungsreihe „Protochemische“ Spannungsreihe Korrespondierende Säure-Base-Paare Säure korrespondierende Base + H+ pKS HCl Cl- + H+ -7 + H+ 0 + H+ 4,75 + H+ 9,25 Protonenübertragung Säurestärke H3O+ H2O CH3COOH CH3COO- NH4+ NH3 Basenstärke Eine starke Säure steht in Verbindung (korrespondiert) mit einer schwachen Base. S1 + B2 B1 + S2 „Elektrochemische Spannungsreihe“ Korrespondierende Redoxpaare Reduzierte Form korrespondierende oxidierte Form + ne- Unedles Metall Metallkation E° [V] + ne- <0 + 2e- 0 + ne- >0 Elektronenübertragung Reduktionskraft H2 + 2H2O 2H3O+ Edles Metall Metallkation Oxidationskraft Ein starkes Reduktionsmittel korrespondiert mit einem schwachen Oxidationsmittel. Red1 + Ox2 Ox1 + Red2 166 Versuche: Metall + Metallkation a) 0 +I Cu(s) + 2Ag+ 0 2Ag(s) +II + Cu2+ b) 0 +II Zn(s) + Cu2+ 0 Cu(s) c) Cu(s) + Zn2+ keine Reaktion +II + Zn2+ Zn Zn2+ + 2e- Reduktions- Cu kraft Ag Cu2+ Oxidations+ 2ekraft Ag+ + e- Versuche: Halogenid + Halogen a) -I 2I- + 0 Cl2 b) -I 2Br- + 0 Cl2 0 Br2 + -I 2Cl- c) -I 2I- 0 Br2 0 I2 -I 2Br- + 2IReduktions- 2Brkraft 2Cl- 0 I2 + -I 2Cl- I2 + + 2e- OxidationsBr2 kraft + 2eCl2 + 2e- 167 19.1 Die Spannungsreihe Die Reaktion von Cu(s) mit Ag+(aq)-Ionen soll im folgenden näher betrachtet werden. Steckt man ein Cu-Blech in Wasser, so können an der Oberfläche einige Ionen das Metall verlassen. Die Elektronen bleiben an der Oberfläche zurück und verhindern durch die elektrische Anziehung, dass sich die Metallionen aus der Nachbarschaft der Oberfläche entfernen, so dass eine „elektrochemische Doppelschicht“ aus Cu2+(aq)-Ionen und Elektronen entsteht (s.u.). Jedes Metall besitzt einen charakteristischen „Lösungsdruck“, der wiederum einen entsprechenden Elektronenüberschuss im Metall erzeugt. So ist der Lösungsdruck von Kupfer größer als der von Silber (Kupfer ist unedler als Silber). Beim obigen Versuch (unten schematische Darstellung) diffundieren die Ag+-Ionen zur elektrochemischen Doppelschicht an der Phasengrenzfläche Cu(s) /Elektrolyt und nehmen vom Cu-Metall Elektronen unter Bildung des edleren Silbers auf. Cu(s) + 2Ag+(aq) Cu-Blech Cu2+ 2Ag eCu2+ -Cu Ag ee Cu2+ e Ag -Cu 2+ e Cu ee-Cu Cu2+ e+ Cu2+(aq) + 2Ag(s) 1. Halbreaktion (Oxidation) Cu(s) H2O Cu2+ + 2e- Cu 2. Cu Halbreaktion (Reduktion) 2Ag+ + 2e- Cu 2Ag(s) Halbreaktionen örtlich trennen und 2NO3- elektrisch leitend verbinden Elektrochemische Doppelschicht an der Phasengrenze Cu(s) und Elektrolytlösung aus Cu2+(aq)-Ionen und negativ geladener (e = Elektronen) Cu-Oberfläche Um ein quantitatives Maß für den unterschiedlichen edlen Charakter von Cu und Ag zu erhalten, werden die beiden Halbreaktionen (Oxidation und Reduktion, s.u.) der betrachteten Redoxreaktion örtlich voneinander in Halbzellen getrennt. In der einen Halbzelle taucht ein Ag-Stab in eine wässerige Lösung von AgNO3(aq) (c = 1 mol/l) und in der anderen Halbzelle ein Cu-Stab in eine Lösung von CuSO4(aq) (c = 1 mol/l). Verbindet man nun das Cu-Blech durch einen Draht mit dem Ag-Blech, so werden die Elektronen vom Ort höheren „Elektronendrucks“ (Kupfer) zum Orte niedrigeren „Elektronendrucks“ verschoben. Aus dem unedleren Cu-Blech gehen Cu2+-Ionen in Lösung über und am Ag-Blech tritt die umgekehrte Reaktion (Ag+ Ag) ein. 168 Elektronenstrom(-verschiebung) _ _ Elektronenabführende Anode Leiter-Draht _ Elektronenzuführende Kathode Salzbrücke Ag Cu _ Cu2+ _ _ Cu2+ _ _ Cu2+ _ _ Cu2+ _ Cu2+ Ag+ _ Ag+ _ H2O H2O _ 2 Ag _ SO42- 2Ag+ Cu2+ Cu-Halbzelle (Cu-Elektrode) 2NO3- Ag-Halbzelle (Ag-Elektrode) Lösungsdruck Cu Elektronendruck im Cu > > Ag Ag Elektronen fließen vom Cu zum Ag: Cu Cu2+ + 2e- Oxidation unedleres Metall löst sich auf 2Ag+ + 2eReduktion edleres Metall scheidet sich ab Zellreaktion: Cu + 2Ag+ Cu2+ + 2Ag 2Ag 169 Der elektrische Strom, der zwischen der Cu- und der Ag-Halbzelle in der obigen Zelle fließt, kann für die Verrichtung von elektrischer Arbeit genutzt werden. Derartige Zellen, in denen chemische Energie in elektrische Energie umgewandelt wird, nennt man Galvanische Elemente. Ein schon sehr früh genutztes Galvanisches Element ist das Daniell-Element: Entladereaktion einer galvanischen Zelle (Daniell Element) < In den obigen Zellen fließt ein Strom von der Anode zur Kathode (vom Ort größeren Elektronendrucks zum Ort kleinen Elektronendrucks = vom höheren Potential zum niederen Potential). Dieser Strom kann nur fließen, weil die Elektrodenpotentiale unterschiedlich sind. Das einzelne Elektrodenpotential lässt sich nicht messen, aber die Differenz zwischen den Elektrodenpotentialen (das Potentialgefälle = Zellspannung). Mit Hilfe eines Voltmeters erhält man folgende Zellspannungen (= EMK, Elektromotorische Kraft): Galvanische Zelle Zellspannung [V] Cu(s)/Cu2+(aq)//Ag+(aq)/Ag(s) 0,46 Zn(s)/Zn2+(aq)//Cu2+(aq)/Cu(s) 1,1 Zn(s)/Zn2+(aq)//Ag+(aq)/Ag(s) 1,56 (/) (//) senkrechter Strich für Phasengrenzfläche zwischen Metall und Elektrolyt zwei senkrechte Striche für Trennung von Anoden- und Kathodenraum (stehen für Diaphragma oder Salzbrücke) Die Unterschiede zwischen den Elektrodenpotentialen sind im folgenden Schema zusammengefasst. Die Zn/Zn2+-Elektrode besitzt das höchste Potential: 170 Zn/Zn2+ Potential 1,1 V 1,56 V Cu/Cu2+ 0,46 V Ag/Ag+ Den Aufbau einer Wasserstoffelektrode (H2/2H3O+) zeigt folgende Abbildung: Die Standard-Wasserstoffelektrode Eine platinierte - mit fein verteiltem Platin überzogenes - Platin-Blech taucht in eine Lösung, die H3O+-Ionen enthält, und wird von H2-Gas umspült. H2 löst sich im fein verteilten Platin atomar. An der Phasengrenzfläche Platin/Elektrolyt stellt sich das Potential des Redoxsystems H2/2H3O+ H2 + 2H2O 2H3O+ + 2e- ein. 171 Bei einer Standardwasserstoffelektrode beträgt c(H3O+) = 1 mol/l und p(H2) = 1,013 bar. Das Standardpotential der Standardwasserstoffelektrode (auch Normalwasserstoffelektrode – Abkürzung NHE) erhält willkürlich den Wert Null: E° (H2/2H3O+) = 0 Das Standardpotential einer anderen elektrochemischen Elektrode (Halbzelle bzw. Redoxsystem) erhält man durch Messung der Zellspannung eines galvanischen Elements, bei dem ein Standardhalbelement gegen die Standardwasserstoffelektrode geschaltet ist. Galvanisches Element Zellspannung E° = E° (Kathode) – E° (Anode) E° = 0,76 V = E° (H2/2H3O+) – E° (Zn/Zn2+) Zn / Zn2+ // NHE Cu / Cu2+ // NHE = 0,34 V = E° (Cu/Cu2+) – E° (H2/2H3O+) E° (H2/2H3O+) = 0 E° (Zn/Zn2+) = - 0,76 V E° (Cu/Cu2+) = +0,34 V Standardpotentiale E° (=Standardredoxpotentiale) sind also Relativwerte bezogen auf die Standardwasserstoffelektrode, deren Standardpotential willkürlich null gesetzt wurde. Die Standardredoxpotentiale sind ein Maß für das Redoxverhalten eines Redoxsystems (= korrespondierendes Redoxpaar) in wässeriger Lösung. Man ordnet die korrespondierenden Redoxpaare nach der Größe ihrer Standardredoxpotentiale und erhält eine Redoxreihe, die als Spannungsreihe bezeichnet wird: Elektrochemische Spannungsreihe Reduzierte Form Li K Ba Ca Na Mg Al Mn Zn Cr S2Fe Cd Co Sn Pb Fe H2 + 2H2O Oxidierte Form Li+ K+ Ba2+ Ca2+ Na+ Mg2+ Al3+ Mn2+ Zn2+ Cr3+ S Fe2+ Cd2+ Co2+ Sn2+ Pb2+ Fe3+ 2H3O+ +ze- Standardpotential E° in V + e+ e+2e+2e+ e+2e+3e+2e+2e+3e+2e+2e+2e+2e+2e+2e+3e+2e- -3,04 -2,92 -2,90 -2,87 -2,71 -2,36 -1,68 -1,19 -0,76 -0,74 -0,48 -0,41 -0,40 -0,28 -0,14 -0,13 -0,036 0 172 Reduzierte Form Oxidierte Form H2 + 2H2O 2H3O+ Sn2+ Sn4+ Cu+ SO2 + 6H2O Cu Cu 2IH2O2 + 2H2O Fe2+ Ag Hg NO + 6H2O 2Br6H2O 2Cr3+ + 21H2O 2ClPb2+ + 6H2O Au Mn2+ + 12H2O 3H2O + O2 2F- Cu2+ SO42- + 4H3O+ Cu2+ Cu+ I2 O2 + 2H3O+ Fe3+ Ag+ Hg2+ NO3- + 4H3O+ Br2 O2 + 4H3O+ Cr2O72- + 14H3O+ Cl2 PbO2 + 4H3O+ Au3+ MnO4- + 8H3O+ O3 + 2H3O+ F2 +ze- Standardpotential E° in V +2e+2e+ e+2e+2e+ e+2e+2e+ e+ e+2e+3e+2e+4e+6e+2e+2e+3e+5e+2e+2e- 0 +0,15 +0,15 +0,17 +0,34 +0,52 +0,54 +0,68 +0,77 +0,80 +0,85 +0,96 +1,07 +1,23 +1,33 +1,36 +1,46 +1,50 +1,51 +2,07 +2,87 Einteilung nach der Größe des Standardredoxpotentials Starke Reduktionsmittel Mittelstarke Reduktionsmittel Schwache Reduktionsmittel Schwache Oxidationsmittel Mittelstarke Oxidationsmittel Starke Oxidationsmittel E° in V Beispiele < -0,6 -0,6...0 0...0,5 0,5...1,0 1,0...1,4 > 1,4 Zn, Al Fe, Cd, Cr2+ Sn2+, H2S, S2O32Ag+, Fe3+, I2 MnO2, Cl2, Cr2O72MnO4-, S2O82-, Ag2+ Je größer das Standardredoxpotential eines korrespondierenden Paares (Red Ox + ne-), um so geringer ist die Tendenz der Elektronenabgabe durch die reduzierte Form Red (Abnahme der Reduktionskraft) und um so größer ist die Tendenz der Elektronenaufnahme durch die oxidierte Form (Zunahme der Oxidationskraft). Ein schwaches (starkes) Reduktionsmittel steht in Verbindung (=korrespondiert) mit einem starken (schwachen) Oxidationsmittel. 173 Mit Hilfe der Spannungsreihe lässt sich voraussagen, welche Redoxreaktionen möglich sind. Die reduzierte Form eines Redoxsystems gibt Elektronen nur an die oxidierte Form von solchen Redoxsystemen ab, die in der Spannungsreihe darunter stehen. Einfacher ausgedrückt: Es reagieren Stoffe links oben mit Stoffen rechts unten (vergl. S. 1). Alle Metalle mit negativem Potential, also alle Metalle, die in der Spannungsreihe oberhalb von Wasserstoff stehen, können Elektronen an H3O+Ionen abgeben und Wasserstoff entwickeln. Man bezeichnet diese Metalle als unedle Metalle (Fe, Zn). Metalle mit positivem Potential, die in der Spannungsreihe unterhalb von Wasserstoff stehen, wie Cu, Ag, Au, können sich nicht in Säuren unter H2-Entwicklung lösen und sind z. B. in HCl unlöslich. Man bezeichnet sie daher als edle Metalle. Es ist natürlich zu beachten, dass diese Voraussage nur aufgrund der Standardredoxpotentiale geschieht und nur für solche Konzentrationsverhältnisse richtig ist, bei denen das aktuelle Redoxpotential nur wenig vom Standardredoxpotential verschieden ist. 19.2 Die Konzentrationsabhängigkeit des Redoxpotentials E Der Zusammenhang zwischen der Konzentration und dem Elektrodenpotential E eines Redoxpaares (= Redoxpotential) wurde von Walther Nernst abgeleitet (Nernst-Gleichung) Ox + ne- Red E = E° + R T n F c (Ox) c (Red) ln E° = Standardredoxpotential des Redoxpaares N = Anzahl der pro Formelumsatz ausgetauschten Elektronen R = Gaskonstante = 8,314 J K-1 mol-1 F = Faraday-Konstante = 96490 C mol-1 T = Temperatur in Kelvin c(Ox) bzw. c(Red) = Konzentrationen (eigentlich Aktivitäten) aller Reaktionspartner auf der Oxidations- bzw. Reduktionsseite. Bei Gasen wird der Partialdruck p eingesetzt. Werden alle Variablen eingesetzt und die Gleichung in den dekadischen Logarithmus umgeformt, so lautet die Nernst-Gleichung für eine Temperatur von 298,15K (25°C): E = E° + 0,059 n c (Ox) c (Red) lg Mit dieser Gleichung können Elektrodenpotentiale beliebiger Redoxpaare berechnet werden, die nicht unter Standardbedingungen {c(Ox) = 1 mol/l, c(Red) = 1 mol/l} vorliegen. Für eine Zinkhalbzelle mit der Konzentration des Elektrolyten c(Zn2+) = 0,1 mol/l ergibt sich: Zn (s) Zn2+ + 2e- E = E°(Zn/Zn2+) + = -0,76 V + 0,059 2 E° = -0,76 V 0,059 n lg c (Zn2+) lg 0,1 = -0,79 V 174 Zwischen zwei Zn/Zn2+ - Halbzellen, die sich nur durch c(Zn2+) unterscheiden (eine Halbzelle c = 1 mol/l – Standardbedingungen und die andere c(Zn2+) = 0,1 mol/l – obige E-Berechnung) fließt ein Strom von der Halbzelle mit der niedrigeren Zn2+-Konzentration zur Halbzelle mit der höheren Zn2+Konzentration, da ein Potentialgefälle besteht. E = E° (Zn/Zn2+) - E(Zn/Zn2+ [c = 0,1 mol/l]) = -0,76 V - (-0,79 V) = 0,03 V Je kleiner die Zinkionen-Konzentration in einer Lösung ist, um so größer wird die reduktive Kraft von metallischem Zink (z. B. Zink-Granalien). Das obige Rechenbeispiel zeigt aber auch, dass die Abweichungen von den Standardkonzentrationen schon mehrere Zehnerpotenzen betragen muss, um eine deutliche Abweichung von den Standardredoxpotentialen zu bewirken. Für die Einschätzung vieler Redoxreaktionen sind deshalb die Standardredoxpotentiale der Spannungsreihe ausreichend. Deutliche Abweichungen von den Standardredoxpotentialen werden z. B. hervorgerufen, wenn a) b) die reduzierte Form und/oder die oxidierte Form des Redoxpaares an der Bildung einer schwerlöslichen Verbindung oder einer Komplexverbindung und Protonen an der Halbzellenreaktion beteiligt sind zu a) Zu diesem Punkt werden Bespiele bei der Behandlung der Übergangsmetallchemie besprochen. zu b) pH-Abhängigkeit von Redoxpotentialen ) H2 + 2H2O 2H3O+ + 2e- c(H3O+) = 1 mol/l E° = 0 V Beim Redoxpaar (H2/2H3O+) ergibt sich die Veränderung des Redoxpotentials mit der H3O+-Konzentration beim Wasserstoffdruck von 1,013 bar aus der Beziehung: 0,059 n E = E°(H2/2H3O+) + = 0 + 0,059 2 lg lg c2 (H3O+) p (H2) c2(H3O+) 1 ~ ~ 0,03 lg c2(H3O+) in saurem Wasser c(H3O+) in neutralem Wasser c(H3O+) in basischem Wasser c(OH-) = 1 mol/l = 10-7 mol/l = 1 mol/l (pH = 0) (pH = 7) (pH = 14) E= 0V E = -0,41 V E = -0,82 V Dementsprechend lassen sich z. B. die H3O+ -Ionen des neutralen Wassers thermodynamisch nur durch solche Metalle zu H2 entladen, deren Potential < -0,41 V ist, z. B. durch Alkali- und Erdalkalimetalle. Die Zahl der zur Darstellung von Wasserstoff aus Wasser geeigneten Metalle ist also kleiner als die zur H2-Gewinnung aus Säuren in Frage kommende Zahl von Metallen mit einem Potential < 0 V. 175 Die Tatsache, dass Stoffe wie Magnesium, Aluminium oder Zink mit Wasser entgegen ihrer Stellung in der Spannungsreihe keinen Wasserstoff entwickeln, beruht darauf, dass das bei der Umsetzung Mg(OH)2 + H2 ) gebildete unlösliche Metallhydroxid (z. B. Mg + 2H2O eine Schutzschicht um das Metall bildet, welche den weiteren Angriff des Wassers verhindert, so dass die Reaktion gleich nach Beginn zum Stillstand kommt. Löst man die Hydroxidschicht durch Zugabe z. B. von Säure auf, so geht die H2-Entwicklung weiter. Metalle wie die Alkali- oder schweren Erdalkalimetalle, die lösliche Hydroxide bilden, können keine solche Schutzschicht ausbilden und reagieren daher mit Wasser lebhaft unter H2-Entwicklung. ) Auch bei einer Reihe anderer Redoxsysteme, bei denen H3O+-Ionen auftreten, sind die Potentiale sehr stark vom pH-Wert abhängig, und das Redoxverhalten solcher Systeme kann nicht mehr aus den Standardredoxpotentialen allein vorausgesagt werden. z.B. 12H2O + Mn2+ E = E° + 0,059 5 MnO4- + 8H3O+ + 5e- lg c(MnO4-) c8(H3O+) c(Mn2+) E° = 1,51 V Im Zähler des konzentrationsabhängigen Teils der Nernstschen Gleichung stehen die Produkte der Konzentrationen der Teilchen der oxidierenden, im Nenner die Produkte der Konzentrationen der Teilchen der reduzierenden Seite des Redoxsystems. Berechnet man E unter Annahme der Konzentrationen c(MnO4-) = 0,1 mol/l und c(Mn2+) = 0,1 mol/l, so erhält man für verschiedene saure Lösungen: pH c(H3O+) [mol/l] E[V] 0 5 7 1 10-5 10-7 1,51 1,04 0,85 Die Oxidationskraft von MnO4- verringert sich also stark mit wachsendem pH. 19.3 Aufstellen von Redoxgleichungen Das Behelfsmodell Oxidationszahl vereinfacht die Beschreibung von Redoxreaktionen: Eine Oxidation ist eine Erhöhung der Oxidationszahl. Eine Reduktion ist eine Erniedrigung der Oxidationszahl. Regeln zur Ermittlung von Oxidationszahlen (OZ): 0 0 0 0 Cl2, He, S8, P4 1) Elemente haben die OZ = 0 2) Für einfache Ionen ist die OZ gleich der Ionenladung -I -II +II +III Cl-, O2-, Fe2+, Al3+ 176 3) Oxidationszahlen der Elemente in Verbindungen werden so ermittelt, dass Bindungselektronen dem elektronegativeren Bindungspartner zugeteilt werden. +I -I H - Cl Cl χ 2,8 die H 2,2 Die Summe aus positiven und negativen Oxidationszahlen muss gleich der Ladung des Moleküls sein. a) b) c) Fluor (als elektronegativstes Element) hat stets die OZ = -I Metalle erhalten in ihren Verbindungen stets positive OZ Wasserstoff hat in seinen Verbindungen die OZ = +I, es sei denn, eine der vorstehenden Regeln greift: +I -I Na H d) Sauerstoff hat meist die OZ = -II (Ausnahmen: +I -I -I -I H - O - O - H, Beispiele: -II +IV -II O=C=O +II-I OF2) +VII -II MnO4- +I+V-II H3 P O4 (Phosphorsäure) 4) a) b) c) Sonderregeln für Oxidationszahlen von C-Atomen in organischen Verbindungen: Zahlwert Bindung zu C 0 Bindung zu elektronegativerem Partner (O, N, S, Halogen) oder negative Ladung Doppelbindung (O, N, S) +I +II Bindung zu elektropositivem Partner (H) -I Beispiele: H H H -III C -I C H O H H H H -III +I C C H O H Aufstellen der Redoxgleichung (Methode der Halbreaktionen): Beispiel: Cl2-Darstellung (Oxidation von Salzsäure mit Kaliumpermangant) 1. Edukte und Produkte werden ohne Berücksichtigung der Stöchiometrie aufgeführt: HCl + KMnO4 Cl2 + MnCl2 177 „Zuschauer-Ionen“ werden eliminiert und die verbleibenden Teilchen mit Oxidationszahlen versehen. -I +VII HCl + MnO4- 0 +II Cl2 + Mn2+ 2. Oxidations- und Reduktions-Halbreaktion stöchiometrisch korrekt a) b) hinsichtlich der Anzahl der transferierten Elektronen aller Atomzahlen (z. B. von H und O; Hinzufügen von H+ und H2O, wenn die Reaktion im sauren Medium abläuft; oder H2O und OH-, wenn die Reaktion in einem basischen Medium abläuft). Oxidation: Reduktion: 3. -I 2HCl +VII MnO4- + 8H+ + 5e- 10 HCl Reduktion x 2: 2 MnO4- + 16H+ + 10e- formuliert, und zwar 0 Cl2 + 2 H+ + 2e- +II Mn2+ + 4H2O 5 Cl2 + 10 H+ + 10e2 Mn2+ + 8 H2O Addition der Halbreaktionen und Kürzen der Spezies, die auf beiden Seiten der Gleichung auftreten: 10 HCl + 2 MnO4- + 6H+ 5. getrennt Die Halbreaktionen werden mit Koeffizienten multipliziert, so dass die Zahl der bei jeder Halbreaktion transferierten Elektronen dieselbe ist. Oxidation x 5: 4. werden 5 Cl2 + 2 Mn2+ + 8 H2O Hinzufügen der “Zuschauer-Ionen” 16 HCl + 2 KMnO4 5 Cl2 + 2 MnCl2 + 8 H2O + 2 KCl