235 22 Die Stickstoff-Phosphorgruppe (5. HG, 15. Gruppe des PSE) Die in diese Gruppe gehörenden Elemente der Valenzelektronenkonfiguration ns2p3 gehören zu den Nichtmetallen (Stickstoff), kommen in nichtmetallischen und halbmetallischen Modifikationen vor (Phosphor, Arsen, Antimon; mit steigender Tendenz zum Metallcharakter) oder sind den Metallen zuzurechnen (Bismut, das letzte stabile Element des Periodensystems). Bis auf das Gas Stickstoff sind die Elemente fest. In Verbindungen ist ihre höchste Oxidationsstufe +V, die niedrigste –III. Die Stabilität der gleichfalls häufig anzutreffenden Oxidationsstufe +III nimmt zum Bismut hin zu, die Stabilität +IV hingegen ab. P4O6 (P Oxidationsstufe +III) ist ein Reduktionsmittel, Bi2O3 (Bi Oxidationsstufe +III) dagegen quasi redoxinert. Andererseits ist P4O10 (P Oxidationsstufe +V) quasi redoxinert und Bi2O5 (Bi Oxidationsstufe +V) ein starkes Oxidationsmittel. Regel: In der 3. bis 7. HG (3-7 = n) nimmt die Stabilität der Oxidationsstufe n-2 mit der Ordnungszahl zu! Beispiele aus der 6. HG: konz. Schwefelsäure ist ein mildes Oxidationsmittel, Selensäure (H 2SeO4) dagegen ein starkes Oxidationsmittel; schweflige Säure wirkt stärker reduzierend als Selenige Säure, Schweflige Säure kann Selenige Säure zum elementaren roten Selen reduzieren (Versuch): +IV +IV H2SeO3 + 2SO2 + H2O 0 Se (rot) +VI + 2H2SO4 22.1 Stickstoff Vorkommen: N2 ist Bestandteil der Luft sowie anorganischer Verbindungen {z.B. „nitroser Gase“ = NOx, Nitrit, (NO2-), Nitrat (NO3-), Ammoniak (NH3) und Ammoniumsalze (z.B.NH4Cl) und organischer Verbindungen (z.B. Amine, Aminosäuren, Nukleotide). Stickstoff unterliegt einem Kreislauf, der durch biologische Prozesse (nitrifizierende und denitrifizierende Mikroorganismen) aber auch nichtbiogene Prozesse (z.B. Blitzschlag, Höhenstrahlung, anthropogene Einflussnahme) gesteuert wird. 236 N2 N2-Fixierung (biolog. u. industr.) NH3 Denitrifikation Nitrifikation (biolog. u. industr.) Abbau NO3- bei Reduktion Synthese Protein u.a. Mineralisch kommt Stickstoff als Chilesalpeter (NaNO3, kurz: Salpeter) vor. Stickstoff ist sehr reaktionsträge und unterhält die Atmung nicht (Name!); die korrekte internationale Bezeichnung für N2 ist „Dinitrogen“. Bindung: N N Die Stickstoffatome im N2-Molekül sind durch eine -Bindung und zwei -Bindungen aneinander gebunden (s. S. 86). Die Dissoziationsenergie ist ungewöhnlich hoch. N2 2N H = +946 kJ/mol Die N2-Moleküle sind dementsprechend chemisch sehr stabil und Stickstoff wird oft als Inertgas bei chemischen Reaktionen verwendet. Eine Aktivierung erfolgt bei hohen Temperaturen oder durch Katalysatoren. Gewinnung: Technik - fraktionierte Destillation verflüssigter Luft (Linde-Verfahren, s. S. 47) Labor ) chemische Abtrennung von O2 aus der Luft mit glühender Cu-Wolle im Verbrennungsrohr (Versuch): 237 4N2 + 0 O2 + 0 2Cu Luft 4N2 +II-II 2CuO + edelgashaltiger Kupfer(II)-oxid (1%) Luftstickstoff schwarz ) durch Erwärmen konz. NH4NO2-Lösung (Versuch): -III +III NH4NO2 0 2H2O + N2 Vorsichtiges Erhitzen einer konz. Mischlösung (NH4)2SO4 und NaNO2 bis zum Einsetzen der Gasentwicklung. ) chemisch reinen Stickstoff durch thermische Zersetzung von Natriumazid: 1 +I - 3 2NaN3 300°C 0 0 2Na + 3N2 22.1.1 N-Verbindungen Der Stickstoff kommt in seinen Verbindungen in lückenloser Folge in den Oxidationsstufen –III bis +V vor, wobei naturgemäß die negativen Wertigkeiten in Verbindungen mit elektropositiven Elementen (z.B. Wasserstoff) und die positiven Wertigkeiten in Verbindungen mit elektronegativeren Elementen (z. B. Sauerstoff) auftreten. a) H-Verbindungen des Stickstoffs {NH3, N2H4 (Hydrazin), HN3 (Stickstoffwasserstoffsäure)} ) NH3 Farbloses Gas von charakteristischem, stechenden, zu Tränen reizendem Geruch, Sdp.: - 33 °C, zwischen NH3-Molekülen WBB, lässt sich leicht verflüssigen, gutes Lösungsmittel für viele Salze, im flüssigen NH3, wie im H2O, kommt es zur Autoprotolyse: 2NH3 NH4+ + NH2Ammonium-Ion - N Amid-Ion H H zum Vergleich: Imid-Ion 2 2- N H 3- Nitrid-Ion N 238 Alkalimetalle und Erdalkalimetalle lösen sich in flüssigem NH3 unter Bildung solvatisierter Elektronen (blaue Lösungen). M + NH3 M+(am.) + e-(am.) am. = Ammoniakate Die Lösungen sind metastabil, bei Zusatz von Katalysatoren zersetzen sie sich. z.B. Na+(am.) + e-(am.) + NH3 Kat. Na+(am.) + NH2- + 1 2 H2 Nach dem Abdampfen von NH3 erhält man Natriumamid, NaNH2. Großtechnische Herstellung: Aus den Elementen mit dem Haber-Bosch-Verfahren: 3H2 + N2 2NH3 H = -92 kJ/mol (1) Die Reaktion des inerten Stickstoffs mit Wasserstoff gelingt nur in Gegenwart eines Katalysators (s.u.). Auch mit Katalysatoren ist die Reaktionsgeschwindigkeit bei dieser exothermen Reaktion erst bei 400-500 °C ausreichend groß. Bei diesen Temperaturen liegt das Gleichgewicht aber weit auf der linken Seite. Die Ausbeute kann erhöht werden, wenn die Reaktion unter hohen Drücken (250-350 bar, Hochdrucksynthesen) durchgeführt wird. Bei der Reaktion ist das gasförmige Volumen der Produkte kleiner als das der Edukte. Durch Erhöhung des Gesamtdruckes wird das Gleichgewicht (1) in Richtung der NH3-Bildung verschoben (vergl. S. 133). Die Abhängigkeit der NH3-Ausbeute vom Druck und von der Temperatur zeigt folgende Abbildung: 239 Bei 500 °C und einem Druck von 200 bar wird eine Ausbeute von 18 % erreicht. Da das H 2/N2Gemisch nur kurzzeitig ( 12 Minute) mit der Katalysatormasse in Kontakt kommt, beträgt die Ausbeute nur 11 %. Man entzieht dem aus dem NH3 - Kontaktofen kommendem Gasgemisch z.B. durch Kühlung (Verflüssigung) Ammoniak. Das Restgas wird nach Ersatz der umgesetzten H2-N2-Menge im Kreislauf wieder dem NH3-Kontaktofen zugeführt. Als Katalysator wird Fe3O4 eingesetzt, dem zur Aktivierung Promotoren zugesetzt werden. Der eigentliche Katalysator ist -Fe, das sich in der Anfahrphase durch Reduktion des Eisenoxids mit H2 bei 400 °C bildet. Die Aktivierungsenergie der nichtkatalysierten Gasreaktion beträgt ca. 400 kJ/mol, sie wird durch den Katalysator auf 65-85 kJ/mol herabgesetzt. Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt der Katalyse ist die dissoziative Adsorption von N2 auf der -Fe-Oberfläche. N2 N2(ads) 2N(ads) Wasserstoff wird ebenfalls dissoziativ adsorbiert und reagiert stufenweise in schneller Reaktion zu NH3, das dann desorbiert wird. 240 Löslichkeit in Wasser: sehr gut, in 1 l H2O lösen sich bei 15 °C 772 l NH3 Struktur: Trigonal pyramidal ) HNH = 107° N H H H NH3 als schwache Base in Wasser: Löst man NH3 in Wasser auf, so zeigt die Lösung schwach basische Eigenschaften, die auf die Fähigkeit des NH3 zurückgehen, in reversibler Weise Protonen unter Bildung von Ammonium-Ionen, NH4+, aufzunehmen (NH3 ist auf Grund des freien Elektronenpaares eine Lewis-Base). NH3 + H2O NH4+ + OH- pKB = 4,75 (2) Das Gleichgewicht dieser Reaktion liegt weit auf der linken Seite. Der weitaus größte Teil des Ammoniaks in Wasser liegt hydratisiert vor. In einer NH3-Lösung c(NH3) = 0,1 mol/l bilden sich weniger als 1 % NH4+-Ionen. Der pH-Wert beträgt 11 (vergl. S. 146). Da das Gleichgewicht der Reaktion (2) weit auf der linken Seite liegt, kann man aus Ammoniumsalzen durch Einwirkung von starken Basen (NaOH, KOH) Ammoniak erzeugen (Labordarstellung) bzw. NH4+-Ionen nachweisen. Nachweis von NH4+ als NH3: NH4+ + OH-(starke Base) NH3 + H2O NH3 wird am Geruch erkannt. Kleinere Mengen an NH3 können durch die Blaufärbung {basische Reaktion, Gl. (2)} von feuchten Lackmuspapier erkannt werden bzw. als NH4Cl-Rauch mit einem Tropfen konz. HCl. Das stabile Ammonium-Ion ist tetraedrisch gebaut; es ähnelt den Alkalimetallkationen {r(K+) = 133 pm, r(NH4+) = 143 pm}: H + N H H H Ammoniumsalze: Mit Protonendonatoren wir HCl, HNO3 und H2SO4 reagiert NH3 praktisch quantitativ zu Ammoniumsalzen. 241 Versuch: - NH3(g) + HCl(g) NH4Cl(s) "Ammoniumchlorid-Rauch" - NH3(g) + HNO3 NH4NO3 Ammoniumnitrat - Düngemittel - in Mischungen mit z.B. Trinitrotoluen zur Herstellung von Bomben ab 170 °C exothermer Zerfall in H2O und Distickstoffoxid: -III+V NH4NO3 170 °C 2H2O +I + N2O Wegen seiner explosiven Eigenschaften und seiner Zerfließlichkeit wird Ammoniumnitrat nicht in reinem Zustand als Düngemittel eingesetzt, sondern nur im Gemisch mit Zuschlägen gelagert bzw. verwendet, z. B. Kalkammonsalpeter (Gemisch von NH4NO3 und CaCO3). - 2NH3(g) + H2SO4(halbkonz.) (NH4)2SO4 Ammoniumsulfat - Düngemittel - CO2(g) + 2NH3 + H2O (NH4)2CO3 Ammoniumcarbonat - CO2(g) + NH3 + H2O (NH4)HCO3 Ammoniumhydrogencarbonat - im Backpulver als Treibmittel: (NH4)HCO3 60 °C CO2 + H2O + NH3 Ammoniumcarbonat zersetzt sich langsam zu NH3 und (NH4)HCO3, welches bei 60 °C in CO2, NH3 und H2O zerfällt. (NH4)2CO3 kann aufgrund dieser hohen Flüchtigkeit nicht als Düngemittel verwendet werden, statt seiner verwendet man Harnstoff (Kohlensäurediamid). Harnstoff: Harnstoff hydrolysiert im Boden langsam unter Bildung von Ammoniumcarbonat NH2 O C + NH2 2H2O (NH4)2CO3 242 Herstellung in der Technik aus flüssigem Ammoniak (Überschuss) und CO2 bei 200 °C und 250 bar im Reaktor: O O CO2(g) + NH3(l) + C NH4+ NH2 Ammoniumcarbamat höhere Temp. -H2O NH2 O C NH2 Der Anteil von Harnstoff an den stickstoffhaltigen Düngemitteln beträgt 60 - 70 %. NH3 als Komplexligand: NH3 kann auf Grund seines Lewis-basischen Charakters nicht nur mit Protonen unter Bildung von Ammonium-Ionen reagieren, sondern auch mit Metallionen unter Bildung von Amminkomplexen (Versuch). Cu2+ + 4NH3 [Cu(NH3)4]2+ hellblau dunkelblau Tetraamminkupfer(II) ) Hydrazin farblose Flüssigkeit( Smp.: 2 °C, Sdp.: 113 °C) Struktur: HN 2 NH 2 Die beiden NH2-Gruppen sind um die N-N-Achse des Moleküls 100 ° gegeneinander verdrillt (gauche Konformation). In dieser Konformation ist die Abstoßung zwischen den freien Elektronenpaaren am kleinsten. Wie die F-F- und die O-O-Einfachbindung besitzt auch die N-N-Einfachbindung eine kleine Bindungsenergie. Hydrazin ist daher eine endotherme Verbindung, die beim Erhitzen oder bei Initialzündung explosionsartig zerfällt: 3N2H4 4NH3 + N2 243 Mit Wasser ist Hydrazin unbegrenzt mischbar. Wässrige Lösungen lassen sich gefahrlos handhaben. In den Handel gelangt z. B. „Hydrazin-Hydrat“ N2H4 H2O, ein 64 % iges Hydrazin (Sdp.: 118,5 °C) Techn. Herstellung (durch Oxidation von NH3 mit Natriumhypochlorit in Gegenwart von Aceton, Bayer-Prozesss): -III -I -II H3C - C 2NH3 + ClO + 2 35 °C O -II H3C CH3 C N N H3C H3C -I + 3H2O + Cl- C CH3 Ketazin (Kondensationsprodukt von Keton und Hydrazin) Das Ketazin wird unter Druck (8 - 12 bar) bei 180 °C mit Wasser unter Rückbildung von Aceton zu Hydrazin hydrolysiert. N2(CMe2)2 + 2H2O 8 - 12 bar 180 °C N 2H4 + 2Me2CO Me = Methyl Chemische Eigenschaften: Hydrazin und seine Lösungen haben reduzierende Eigenschaften. Verwendung: Derivate des Hydrazins werden als Herbizide und Pharmaka verwendet. Wasserfreies Hydrazin und dessen Methylderivate dienen als Raketentreibstoffe. Ein flüssiges Gemisch von N2H4 N2H2Me2 und N2O4 diente bei den Ab- und Aufstiegesmotoren der Mondlandefähre als Raketentreibstoff im amerikanischen „Apollo“ - Programm der Raumschifffahrt. 2N2H4(l) + N2O4(l) 3N2 + 4H2O H = -1226 kJ/mol ) Stickstoffwasserstoffsäure, HN3 Herstellung (Technik) (man geht zweckmäßigerweise von Verbindungen aus, in denen 2 N-Atome miteinander verknüpft sind, als solche kommen N2O und N2H4 in Frage): +I -III N2O + NaNH2 1 -3 NaN3 + H2O Natriumazid +verd. H2SO4 HN3 244 Reine Stickstoffwasserstoffsäure (unerträglich durchdringender Geruch, sehr giftig) ist hoch explosibel (endotherme Verbindung). Wässerige Lösungen bis zu einem Masseanteil von 20 % sind gefahrlos zu handhaben. 2NH3(fl) 3N2 H = -528 kJ/mol + H2 Die große Instabilität der Stickstoffwasserstoffsäure beruht darauf, dass der Distickstoff im HN 3Molekül schon vorgebildet ist: N N N N N N N H 1,13Å 1,24Å Salze: Azide, N3Struktur: linear und symmetrisch 2 N N - 2 N N N N N N N Im Schwermetallaziden (Azide mit hohem kovalenten Bindungsanteil) wird das Azid-Ion polarisiert (symmetrische Elektronenverteilung aufgehoben) wodurch die Neigung zur Explosion zunimmt. Pb(NO3)2 + 2NaN3 Pb(N3)2 + 2NaNO3 Bleiazid explodiert bereits durch Schlag bzw. Reibung (Versuch). Es wird als Initialzünder für Schießund Sprengstoffe verwendet. Pb(N3)2 oder Schlag Pb + 3N2 Natriumazid ist dagegen ein ionisches Azid (enthält symmetrische Azidionen), das bei 300 °C kontrolliert in Na und Stickstoff thermisch gespalten werden kann (vergl. S. 237). 245 b) Stickstoff-Sauerstoff-Verbindungen Oxidationsstufe des N Oxid +I N2O Distickstoffoxid +II NO Stickstoffmonoxid +III +IV NO2 Stickstoffdioxid +V N2O5 Distickstoffpentoxid Säure Salze “HNO2” Salpetrige Säure NO2Nitrite HNO3 Salpetersäure NO3Nitrate Die Stickstoffoxide sind - mit Ausnahme von N2O5(s) - metastabile, endotherme Verbindungen, die beim Erhitzen in die Elemente zerfallen. ) Distickstoffoxid, N2O Farbloses, reaktionsträges Gas (Sdp.: - 88 °C), metastabil (Zerfall erst oberhalb von 600 °C in die Elemente); als Anästhetikum verwendet, unterhält aber die Atmung nicht. Da es eingeatmet Halluzinationen und Lachlust hervorruft, wird es auch Lachgas genannt. Herstellung {Thermische Zersetzung von (NH4)2NO3, s. S. 241) Struktur: {linear (isoelektronisch mit CO2, N3- und NO2+)} N N O N N O Chemische Eigenschaften: „Ozon der Stickstoffchemie“ P, S und C verbrennen in N2O, wie in Sauerstoff, Gemische mit Wasserstoff explodieren bei Entzündung wie Knallgas. 246 ) Stickstoffmonoxid, NO - farbloses, paramagnetisches, giftiges Gas - in H2O nur wenig löslich (0,07 Raumteile NO in 1 Raumteil H2O bei 0 °C) Struktur: eines der wenigen Hauptgruppen-Oxide mit ungerader Elektronenzahl (11), deshalb paramagnetisch; andere Beispiele NO2 und ClO2 . N O N . O Darstellung: Stickstoffmonoxid ist eine stark endotherme Verbindung, N2 + O2 2NO H = 180,62 kJ/mol (1) sie entsteht daher nur bei Energiezufuhr (hohe Temperatur: elektrischer Lichtbogen, Blitze, Verbrennungsraum von Automotoren) aus den Elementen. Die untere Abbildung gibt die kleinen Ausbeuten an NO in Vol. -% beim Erhitzen von Luft (4N2 + O2) auf verschiedene Temperaturen wieder. Bei höheren Temperaturen durchläuft die NO-Ausbeute wegen des dort erfolgenden Zerfalls ein Maximum. Temperaturabhängigkeit der Stickstoffmonoxid-Ausbeute bei der Synthese aus Luft 247 Die Vereinigung von Stickstoff und Sauerstoff zu Stickstoffmonoxid in einem elektrischen Flammenbogen („Luftverbrennung“) war früher ein großtechnisches Verfahren zur Darstellung von Salpetersäure, da man NO durch Einwirkung von O2 und H2O leicht in HNO3 überführen kann (s. u.). Das N2/O2-Gemisch kommt bei diesem Verfahren nur kurzzeitig mit dem Flammenbogen in Berührung und wird dann auf Temperaturen unterhalb von 400 °C „abgeschreckt“. NO ist bei diesen Temperaturen metastabil. Große Mengen NO werden derzeit gemäß Gleichung (1) im Verbrennungsraum der Automotoren erzeugt (s.u.) Heute erfolgt die großtechnische Erzeugung von NO durch katalytische Ammoniakverbrennung (Ostwald-Verfahren). 4NH3 + 5O2 800-950 °C Pt-NetzKatalysator 4NO + 6H2O(g) H = -906 kJ/mol NH3 wird mit überschüssiger Luft bei 800-950 °C an Pt-Netz-Katalysatoren in sehr rascher Reaktion zu NO verbrannt. Zur Erzielung einer guten Ausbeute an NO (bis 98 %) ist es hierbei erforderlich, das NH3-Luft-Gemisch nur sehr kurzzeitig mit dem Katalysator in Berührung zu lassen, da sonst das bei 700 °C nicht stabile, sondern nur metastabile NO katalytisch in Stickstoff und Sauerstoff zerfällt. Labor (im Kippschen Gasentwickler durch Umsetzung von NaNO2-Stangen mit verd. H2SO4) Versuch: +III 6NaNO2 + 6H+(verd. H2SO4) +II 4NO + 2HNO3 + 2H2O + 6Na+ Nitritionen, NO2-, werden zur salpetrigen Säure, HNO2, protoniert, die in NO und HNO3 zerfällt (s.u.). Der Nachweis des dargestellten NO erfolgt durch Komplexbildung (NO wird durch eine Waschflasche mit einer wässerigen Lösung von Fe(II)-sulfat geleitet): NO + [Fe(H2O)6]2+ schwach grünlich [Fe(H2O)5NO]2+ + H2O braun Pentaaquanitrosyleisendikation Nitrosyl ist eine Bezeichnung für den Neutralliganden NO (fungiert als Dreielektronendonator, in [Fe(H2O)5NO]2+ wird ein Elektron formal auf Eisen übertragen, dann bildet NO+ (s.u.) wie das isoelektrische CO eine dative Ligand Metall und eine -Rückbindung Metall Ligand). Daneben gibt es noch das Nitrosyl-Kation NO+ (vergl. S. 230 Nitryl-Kation, NO2+). NO+ entsteht leicht aus Stickstoffmonoxid durch die Abgabe des einsamen Elektrons. Es ist mit N2 und CO isoelektronisch und besitzt den Bindungsgrad 3. Von NO+ sind ionische Verbindungen bekannt, z. B. NO+ClO4-, Nitrosylperchlorat. + N O 248 An die Luft entweichendes farbloses NO reagiert spontan mit dem Sauerstoff der Luft unter Bildung von braunem NO2 (Versuch). Chemische Eigenschaften: Charakteristisch für Stickstoffmonoxid, welches oberhalb von ca. 450 °C in Stickstoff und Sauerstoff zerfällt (s. o.), ist sein großes Bestreben sich mit Sauerstoff zu braunem Stickstoffdioxid zu verbinden: 2NO + O2 2NO2 farblos braun H = -114 kJ/mol (1) Sobald daher das farblose NO mit Luft in Berührung kommt, bildet es braune Dämpfe von NO2. Da es sich um eine exotherme Reaktion handelt, verschiebt sich das Gleichgewicht mit steigender Temperatur nach links. So kommt es, dass NO oberhalb von 650 °C nicht mehr mit Sauerstoff in Reaktion tritt. ) Rauchgasentstickung und geregelter Dreiweg-Katalysator Rauchgasentstickung: Bei der Verbrennung N- und S-haltiger Stoffe z.B. in Kraftwerken und Müllverbrennungsanlagen entstehen umweltschädliche Gase, nämlich Nitrose Gase NOx (NO, untergeordnet NO2) und Schwefeloxide SOx (SO2, untergeordnet SO3). Die Entfernung dieser Gase aus den Rauchgasen erfolgt durch Rauchgas-Entschwefelung (s. S. 223) und Rauchgas-Entstickung. Die Rauchgasentstickung erfolgt mit Vorteil durch selektive katalytische Reduktion (engl. „selective catalytic reduction“) von NOx mit Ammoniak an wabenförmigen WO3- und V2O5-haltigen TiO2-Katalysatoren {„DeNOxKatalysatoren bei 200-450 °C („SCR-Verfahren“)}: 1 2NH3 + 2NO + 2 O2 2N2 + 3H2O Geregelter Dreiweg-Katalysator: Da die für Otto-Automotoren verwendeten Kraftstoffe weitestgehend von Schwefel und Stickstoff befreit sind, enthalten die Autoabgase als Hauptschadstoffkomponenten nur CO und CnHm als Folge unvollständiger Kraftstoffverbrennung sowie NO als unumgängliche Verbrennungsbegleiterscheinung bei höheren Temperaturen (s. o.). Ihre Beseitigung erfolgt durch edelmetallkatalysierte Oxidation des Kohlenstoffmonoxids und der Kohlenwasserstoffe (z.B. Methan) ab ca. 400 °C zu CO 2 mit anwesendem NO (Reduktion zu N2) sowie O2: 2CO + 2NO N2 + 2CO2 CH4 + 4NO 2N2 + CO2 + 2H2O (1) bzw. 2CO + O2 2CO2 (3) (2) bzw. CH4 + 2O2 CO2 + 2H2O (4) 249 Abluftreinigung: Katalysator hinter Ottomotoren Soll das aus dem Motor über dem (heißen) Dreiweg-Katalysator strömende Abgas frei von CO, CnHm und NOx sein, so muss das Verhältnis des tatsächlich in den Verbrennungsraum gelangenden Sauerstoffs zu dem für eine vollständige Verbrennung gemäß: CnHm + (n + m/4)O2 nCO2 + m/2H2O benötigten Sauerstoff („Lamda-Wert“) gleich eins sein: = 1. Da CO und CnHm rascher von O2 als von NO katalytisch oxidiert werden {Gl. (3) und (4)}, verbleibt bei Sauerstoffüberschuss ( > 1; CnHm-mageres Abgas) NO, während die O2- und NO-Menge bei Sauerstoffunterschuss ( < 1; CnHm-fettes Abgas) für eine vollständige Oxidation von CO und CnHm nicht ausreichen, so dass CO und CnHm verbleiben. Nur innerhalb eines sehr engen Bereichs („-Fenster“) des Luft/BrennstoffVerhältnisses arbeitet der Autoabgaskatalysator optimal. Eine Regulation des optimalen Verhältnisses von Luftsauerstoff- und Kraftstoffmengen unter allen Betriebszuständen des Automotors bewirkt in geregelten Dreiweg-Katalysatoren eine dem Katalysator vorgeschaltete „-Sonde“. ) Stickstoffdioxid, NO2 (Distickstofftetraoxid, N2O4) braunrotes, charakteristisch riechendes Gas (20 mal giftiger als NO, MAK-Wert = 5 mg/m3), das sich leicht verflüssigen lässt (Sdp. = 21,15 °C), NO2 ist wie NO paramagnetisch 250 Struktur NO2: gewinkelt . . N N O O O O NO2 dimerisiert zum farblosen diamagnetischen Distickstofftetraoxid, N2O4, unter Abgabe von Wärme: 2NO2(g) N2O4(g) rotbraun farblos H = -57 kJ/mol Bei Temperaturerniedrigung verschiebt sich das Gleichgewicht nach rechts (bei 140 °C liegt nur NO 2 vor, bei 50 °C 40 % und beim Sdp. von 21 °C nur noch 20 %). Unterhalb des Schmelzpunktes (-11 °C) liegt nur noch N2O4 vor (farblose Kristalle von N2O4, Versuch, vergl. auch S. 133). Struktur N2O4: O O N O O O N N O O N O Darstellung: Technik NO2 ist ein Zwischenprodukt bei der Salpetersäureherstellung. Das durch katalytische NH3-Verbrennung erzeugte NO vereinigt sich während der Abkühlung in Wärmeaustauschern auf 2030 °C mit noch vorhandenem sowie zugeführtem Sauerstoff zu NO2 {s. S. 248 Gleichung(1)}, welches seinerseits bei noch tieferen Temperaturen zu N2O4 dimerisiert. Labor (durch thermische Zersetzung von Schwermetallnitraten) Pb(NO3)2 280-600 °C PbO + 2NO2 + 12 O2 (1) Chemische Eigenschaften: - kräftiges Oxidationsmittel NO2 gibt leicht Sauerstoff ab. Mit organischen Stoffen kann es explosionsartig reagieren. Ab 150 °C zerfällt NO2 in Umkehrung seiner exothermen Bildung in NO und Sauerstoff. 251 - Säure-Base-Verhalten NO2 bildet mit Wasser salpetrige Säure und Salpetersäure: +IV 2NO2 + H2O +III +V HNO2 + HNO3 Versuch: Ein Rundzylinder mit NO und wenig Wasser wird mit einem Rundzylinder, der O2 enthält, vereinigt. Es bildet sich braunrotes NO2. Das NO2 reagiert mit H2O zu HNO2 und HNO3 (Rotfärbung des H2O durch Säure-Indikator). Nach der vollständigen Reaktion von NO2 mit H2O entsteht in den beiden verbundenen Rundzylindern ein Unterdruck und die Gasphase ist farblos. ) Salpetrige Säure HNO2, Nitrite NO2Salpetrige Säure ist nur in verdünnten, kalten, wässerigen Lösungen und in Form ihrer Salze, der Nitrite, beständig. Sie entsteht beim vorsichtigen Ansäuren von Nitrit-Lösungen: NO2- + H+ HNO2 In konzentrierten Lösungen und beim Erwärmen - langsam auch schon bei Zimmertemperatur zersetzt sich die wässerige salpetrige Säure unter Disproportionierung in Salpetersäure und Stickstoffmonoxid (vergl. S. 247 Darstellung von NO im Labor): +III 2HNO2 +V +II HNO3 + 2NO + H2O Chemische Eigenschaften: - schwache Säure HNO2 + H2O NO2- + H3O+ pKS = 3,29 Wässerige Lösungen von Nitrit enthalten daher infolge Hydrolyse freie salpetrige Säure und sind infolgedessen wenig haltbar (s.o.). - Redox-Verhalten Die salpetrige Säure kann als Reduktions- und als Oxidationsmittel wirken: als Oxidationsmittel 252 +III +III HNO2 + H+ + eHNO2 + H+ + e- +II +II NO + H2O NO + H2O E° = +0,996 V E° = +0,996 V (1) (1) Oxidation von Iodid (Versuch): Oxidation von Iodid (Versuch): +III -I + +III -I 2HNO2 + 2H + 2I 2HNO2 + 2H+ + 2I- +II 0 +II 2H2O + 2NO + 0I2 2H2O + 2NO + I2 als Reduktionsmittel HNO2 + H2O NO3- + 3H+ + 2e- E° = +0,94 V (2) wird vom stärkeren Oxidationsmittel MnO4- oxidiert (Versuch): +III +VII 5HNO2 + 2MnO4- + H+ +II +V 2+ 2Mn + 5NO3- + 3H2O - HNO2 reagiert mit Amidosulfonsäure und anderen Derivaten des Ammoniaks unter Bildung von Stickstoff (Versuch). Diese Reaktion ist wichtig zur Entfernung von Nitrit aus der Analysenlösung, da Nitrate nur nachgewiesen werden können, wenn Nitrit abwesend ist. +III HNO2 -III + (NH2)HSO3 0 H 2SO4 + N2 +H2O Nitrite Struktur: gewinkelt - N O N O O O Technische Gewinnung von Natriumnitrit NaNO2: Einleiten eines äquimolaren Gemisches von NO und NO2 in Natronlauge +II +IV NO + NO2 + 2NaOH +III 2NaNO2 + H2O 253 Thermisches Verhalten: Alkalimetallnitrite schmelzen unzersetzt, andere Zerfallen vor Erreichung des Schmelzpunktes, NH4NO2 zerfällt explosionsartig zu N2 und H2O (vergl. S. 237 N2-Darstellung). Verwendung: NaNO2, das nur schwach giftig ist (vergl. aber S. 256, Physiologisches), unterdrückt das Wachstum von Bakterien. Es ist als Konservierungsstoff im Nitritpökelsalz (E 250, Gemisch aus Speisesalz und 0,4-0,5 % NaNO2). NaNO2 wird in der organische Synthesechemie zur Diazotierung primärer aromatischer Amine gebraucht. Diese Reaktion wird auch für den Nachweis von NO2--Ionen genutzt. Nachweis von Nitrit: HO3S NH2 + HNO2, H+ -2H2O HO3S Sulfanilsäure N N Diazoniumion NH2 + N -Naphthylamin N NH2 HO3S roter Azofarbstoff In saurer Lösung entsteht aus Natriumnitrit Salpetrige Säure, HNO2, die mit der Sulfanilsäure (primäres aromatische Amin) ein Diazoniumsalz bildet. Das Diazoniumion kuppelt mit dem Naphthylamin zu einem intensiv rot-gefärbten Azofarbstoff. - Nachweis mit FeSO4 (Versuch) In schwach saurer Lösung oxidiert die salpetrige Säure Fe2+ zu Fe3+ und wird selber zum NO reduziert. Das NO bildet mit Fe2+ den braunen Pentaaquanitrosyleisen-Komplex (s. S. 247) Fe2+ + HNO2 + H+ Fe3+ + NO + H2O [Fe(H2O)6]2+ [Fe(H2O)5NO]2+ + H2O + NO braun 254 ) Salpetersäure HNO3, Nitrate NO3Salpetersäure Ist neben der Salzsäure und der Schwefelsäure die wichtigste Säure der chemischen Industrie. Sie wird heute über mehrere großtechnische Reaktionen aus dem Stickstoff der Luft hergestellt. + H2 N2 + O2 NH3 Haber-Bosch-Verfahren (S. 238) NO Ostwald-Verfahren (S. 247) +O2 NO2 + O2, H2O HNO3 (S. 248) Im letzten Schritt wird ein N2O4/O2-Gasgemisch in Wasser eingeleitet, wobei N2O4 in salpetrige Säure und Salpetersäure überführt wird, salpetrige Säure sich leicht in HNO3 und NO zersetzt und NO durch O2 zu N2O4 oxidiert wird, so dass aus N2O4 unter Mitwirkung von Sauerstoff nur Salpetersäure entsteht: 3N2O4 + 3H2O 3HNO2 2NO + O2 2N2O4 + 2H2O + O2 3HNO2 + 3HNO3 (vergl. S. 251) HNO3 (vergl. S. 251) + 2NO + H2O N2O4 (vergl. S. 248) 4HNO3 (1) In den Handel gelang konzentrierte Salpetersäure (69 %-ige, bei 122 °C azeotropes Gemisch). Mit wasserentziehenden Mitteln (z. B. P4O10) lässt sie sich in wasserfreie Salpetersäure (100 %-ige) überführen. Sie wird in braunen Flaschen aufbewahrt, da es bereits durch Licht zur Zersetzung kommt {Umkehrung der Reaktion (1)}. Der größte Teil der Salpetersäure wird zur Herstellung von Nitraten für Düngezwecke genutzt. Eine Mischung von konz. HNO3 und konz. H2SO4 (Nitriersäure, s. S. 230) wirkt nitrierend. Struktur HNO3: O O N HO N O HO O Chemische Eigenschaften: - Starke Säure HNO3 + H2O NO3- + H3O+ pKS = -1,44 255 - HNO3 als „oxidierende Säure“ HNO3 + 3H+ + 3e- NO + 2H2O E° = 0,96 V Konzentrierte Salpetersäure-Lösungen wirken oxidierend (verd. HNO3 -Lsg. auch, aber hier sind es die H3O+-Ionen, die oxidierend wirken, vergl. S. 231 Schwefelsäure). Die Oxidationswirkung nimmt mit der Konzentration von HNO3 zu (obiges Gleichgewicht verschiebt sich nach rechts). Alle Metalle mit einem Oxidationspotential kleiner als 0,96 V (z. B. Cu, Ag und Hg) können unter Stickoxidentwicklung gelöst werden. Metalle mit einem positiveren Oxidationspotential (z. B. Au und Pt) werden nicht angegriffen. 50 %ige Salpetersäure kann deshalb zur Trennung von Gold und Silber benutzt werden („Scheidewasser“). 0 +V 3Ag + HNO3 + 3H+ +I +II + 3Ag + NO + 2H2O Noch intensiver oxidierend wirkt ein Gemisch von konz. Salpetersäure und konz. Salzsäure (Volumenverhältnis 1 : 3), da aktives Chlor gebildet wird und mit den Metallionen Chlorokomplexe gebildet werden. +V -I HNO3 + 3HCl +III 0 NOCl + 2Clnasc. + 2H2O Nitrosylchlorid 0 0 2Au + 6Clnasc. + 2Cl- +III -I 2[AuCl4]gelb Tetrachloroaurat Versuch: Ein Stück Blattgold wird in Königswasser aufgelöst. Die Lösung färbt sich durch das Tetrachloroaurat-Ion gelb. Eigentümlicher Weise werden eine Reihe unedler Metalle (Al, Cr, Fe) von konz. HNO 3 nicht angegriffen. Man erklärt dieses Phänomen (Passivierung) durch die Bildung einer äußerst dünnen, aber dichten, fest haftenden Oxidhaut, die das darunterliegende Metall vor weiterem Angriff der oxidierenden Säure schützt. Nitrate Struktur: trigonal planar, Bindungswinkel 120 ° (Seminaraufgabe: mesomere Grenzstrukturen) Nitrate sind in Wasser leicht löslich. 256 Thermisches Verhalten: Alkalimetallnitrate zersetzen sich beim Erhitzen in Nitrite (Versuch: Holzkohle verglüht im O2-Strom), während aus Schwermetallnitraten NO2 und Metalloxide entstehen {vergl. S. 250, Gl. (1)}. KNO3 KNO2 + 12 O2 NH4NO3 zersetzt sich bei höherer Temperatur explosiv zu N2O und H2O (s. S. 241) Oxidationsmittel: Nitrate sind, besonders bei höheren Temperaturen, Oxidationsmittel. Davon macht man in der qualitativen anorganischen Analyse bei der Oxidationsschmelze von niedrigwertigen Mangan- und Chromverbindungen Gebrauch (s. Kapitel 32.1 Mangan und 33.1 Chrom). KNO3 ist im ältesten Explosivstoff „Schwarzpulver“ enthalten, der aus einer Mischung von 10 % Schwefel, 15 % Holzkohle und 75 % Kaliumnitrat besteht (Versuch). Nachweis (Ringprobe): HNO3 + 3Fe2+ + 3H+ NO + [Fe(H2O)6]2+ 3Fe3+ + NO + 2H2O [Fe(H2O)5NO]2+ + H2O brauner Ring Die Probelösung wird im Reagensglas mit einer mit verdünnter H2SO4 angesäuerten FeSO4-Lösung versetzt und vorsichtig mit konzentrierter H2SO4 unterschichtet, indem man das Reagenzglas schräg hält und die konzentrierte H2SO4 an der inneren Wandung herunterfließen lässt. An der Berührungszone wässerige Lösung - konzentrierte H2SO4 bildet sich je nach der NO3- - Menge ein brauner bis amethystfarbener Ring. Physiologisches: NO3- ist ein natürlicher Bestandteil von Böden und Gewässern (0,1 – 10 mg/l). Nitrate kommen sowohl im „sauren Regen“ als auch im Trinkwasser und in pflanzlichen Nahrungsmitteln vor. Durch Einwirkung von Nitrat-Reduktasen können aus Nitraten Nitrosamine-bildende Nitrite entstehen, weshalb der Nitrat-Gehalt im Trinkwasser auf 50 mg NO3-/l begrenzt ist. Nitrosamine sind cancerogen. Die Bildung von Nitrosaminen lässt sich durch geeignete Inhibitoren - das sind Stoffe, die mit salpetriger Säure schneller reagieren als (sek.) Amine- unterdrücken wie z.B. mit Ascorbinsäure (Vitamin C).