Ein Vier-Generationen-Stammbaum mit autosomal dominanter Vererbung von Legasthenie weist auf einen neuen Genort auf Chromosom 4q hin. Andreas W. Kuss1,2, Lucia Puettmann2, Masoud Garshasbi2, Robert Weißmann1, Reinhard Ullmann2, Wei Chen2, Bertram Müller-Myhsok3, Markus Noethen4, Kerstin Ludwig4, Andres Warnke5, Gerd Schulte-Körne6, Hans-Hilger Ropers1, Tiemo Grimm7 1 Molekulare Humangenetik, Universitätsmedizin Greifswald, 2MPI für Molekulare Genetik, Berlin, 3MPI für Psychiatrie, München, 4Humangenetik, Universität Bonn, 5KJP, Universität Würzburg, 6KJP, Universität München, 7Medizinische Genetik, Universität Würzburg Legasthenie ist eine spezifische Behinderung beim Erlernen von Lesen und Schreiben. Es ist gibt überzeugende Hinweise, dass Legasthenie genetische Ursachen hat. Bisher wurden mindestens neun Genorte identifiziert. In dieser Studie untersuchten wir einen Vier-Generationen-Stammbaum mit einer autosomal dominanten Form der Legasthenie. Mit Hilfe von genomweiter SNP-Genotypisierung und parametrischer Kopplungsanalyse konnte in dieser Familie ein einzelnes prominentes Kopplungsintervall auf Chr4q bestimmt werden. Alle Protein-kodierenden Exons und-Exon-Intron-Grenzen innerhalb dieses Intervalls wurden in einem betroffenen und ein gesunden Familienmitglied sequenziert. Die Analyse mittels Sanger- und „Next-Generation“ Sequenzierung ergab eine Nucleotid-Änderung in der 3 'UTR des Gens SPRY1, welches auch im Gehirn exprimiert wird. Durch diese Missense-Mutation wird möglicherweise die Bindungseffizienz bestimmter miRNAs verändert und damit die Expression des Genprodukts beeinflusst. Darüber hinaus ergab ein Screening dieses Gens in 96 Individuen aus einer Kohorte von Legasthenikern bei einer Indexperson eine weitere Missense-Mutation (Y29C), die nicht bei deren gesunder Schwester vorliegt. Dieser Befund aus einer zweiten unabhängigen Familie unterstützt die Schlussfolgerung, dass SPRY1 eine Rolle bei der Ätiologie von Legasthenie spielt.