Neue Professoren an der Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät in Kiel Zum Wintersemester 2005/06 sind drei neue Kollegen den Rufen an die Kieler Fakultät gefolgt und haben ihre Tätigkeit aufgenommen. Prof. Döring vertritt nun die neu geschaffene Professur Molekulare Ernähung (Institut für Humanernährung und Lebensmittelkunde), Prof. Thaller folgt Prof. Kalm auf die Professur Tierzucht (Institut für Tierzucht und Tierhaltung) und Prof. Hartung tritt die Nachfolge von Prof. Isensee (Institut für Landwirtschaftliche Verfahrenstechnik) an. Damit ist der Generationswechsel an der Kieler Agrar- und Ernähungswissenschaftlichen Fakultät nahezu abgeschlossen. Es stehen nur noch zwei weitere Berufungsverfahren aus. So gilt es noch die Professur Agribusiness im Institut für Agrarökonomie und die Professur für molekulare Phytopathologie im Institut für Phytopathologie neu zu besetzen. Zwei der drei neuen Kollegen werden sich bereits am 3. Februar 2006 in der Plenarveranstaltung zur 56. Öffentlichen Hochschultagung, die im nächsten Jahr unter dem Leitthema „Leistungen der Agrar- und Ernährungswirtschaft für die Gesellschaft“ steht, einer breiten Öffentlichkeit aus Wissenschaft, Praxis und Politik präsentieren. Prof. Döring wird zum Thema „Ernährung und Sport–Power-Food und Power-Gene sprechen“, Prof. Thaller referiert über „Die Bedeutung der Tierzuchtwissenschaft für die Ernährungswirtschaft unter dem Aspekt zukünftiger Herausforderungen“. Danach werden die drei neuen Kollegen an der Kieler Fakultät mit ihren Arbeitsgebieten kurz vorgestellt. Prof. Dr. Frank Döring (Professur Molekulare Ernährung) Frank Döring wurde 1962 in Hooksiel, Friesland, geboren. Nach dem Abitur 1985 begann er sein Studium der Ernährungswissenschaft und der Philosophie an der Universität Giessen. Sein Studienschwerpunkt war biochemisch ausgerichtet. Die Diplomarbeit über den Glucosetransporter am Max-Planck-Institut (MPI) für Systemphysiologie in Dortmund führte zu der Einsicht, dass Ernährungsprozesse mit molekularbiologischen Methoden besser zugänglich sind. Deshalb führte er seine Dissertation über kleine GTPasen in der Bäckerhefe am MPI für biophysikalische Chemie in Göttingen durch. Nach der Promotion (1995) ging er zu Prof. Hannelore Daniel nach Giessen und habilitierte sich für das Fach Biochemie und Physiologie der Ernährung mit dem Thema Struktur und Funktion epithelialer Peptidtransporter. Von 1999-2003 arbeitetet Prof. Döring an der TU München über den Einfluss von Zink auf das Transkriptom, Proteom und Metabolom. Seit dieser Zeit stehen die Wechselwirkungen zwischen der Ernährung und dem Genom in seinem Forschungsfokus. Seit 2003 leitet er eine selbständige Forschergruppe an der Uni Kiel. Im Herbst 2005 hat er den Ruf auf die Professur für Molekulare Ernährung angenommen. Die Professur wird sich mit einer Grundsatzfrage beschäftigen: „Was macht Nahrung mit den Genen und warum wirkt Nahrung bei verschiedenen Personen unterschiedlich?“ Die Arbeitsgruppe von Prof. Döring versucht also zu verstehen, wie Nahrung unter Berücksichtigung der individuellen genetischen Makeups auf molekularer Ebene wirkt. Hierbei stehen die Nahrungsfette im Mittelpunkt der Betrachtung, da sie den menschlichen Organismus auf verschiedenen Ebenen biologischer Integrität nachhaltig beeinflussen. Beispielsweise bewirken gesättigte Fettsäuren, dass bestimmte zelluläre Signalwege abgeschaltet werden. Zum Verständnis der molekularen Mechanismen dieser vielfältigen Fettwirkungen untersucht die Arbeitsgruppe Gene des Fettstoffwechsels. So sind beispielsweise Fettsäurebindungsproteine im Darm, in der Leber und im Fettgewebe daran beteiligt, wie schnell Nahrungsfette vom Organismus aufgenommen werden und in welchen Organen sie ihre Wirkung entfalten. Die beteiligten Gene werden ihrerseits durch Fettsäuren reguliert. Derartige ernährungsbiologische Rückkopplungsmechanismen werden mit zahlreichen Methoden der Molekular- und Zellbiologie entschlüsselt. Dadurch konnten Prof. Döring und seine Mitarbeiter zeigen, dass ca. 15 % der Bevölkerung Träger einer Gen-Variante des Fettsäurebindungsproteins sind, dessen Aktivität durch Fettsäuren besonders gut gesteigert werden kann. Ob diese Eigenschaft einen schützenden Effekt auf die Entstehung von Altersdiabetes und Übergewicht hat, wird derzeit mit Hilfe verschiedener Bevölkerungsstudien untersucht. Insgesamt wird somit der primär Erkenntnis stiftende Forschungsansatz durch einen Krankheits-orientierten Ansatz ergänzt. Eine zukünftige Anwendung seiner Forschungen wäre zum Beispiel das frühzeitige Erkennen von Personen mit einem hohen Risiko für Diabetes und Übergewicht. Denkbar ist auch die Entwicklung von genom-orientierten Ernährungsstrategien für diese Hochrisikogruppen. Prof. Dr. Georg Thaller (Professur für Tierzucht) Georg Thaller wurde 1962 in Waging am See (Bayern) geboren und entstammt einem Rinderzuchtbetrieb. Nach dem Abitur studierte er Agrarwissenschaften an der Technischen Universität München in Weihenstephan. In seiner Doktorarbeit beschäftigte er sich mit den genetischen Grundlagen der Erbfehler beim Schwein. Im Anschluss an die Promotion war er von 1992 bis 1994 Projektleiter für das Forschungsvorhaben ‚Gesamtzuchtwert für die Zuchtleistung beim Rind’ an der Bayerischen Landesanstalt für Tierzucht in Grub. Von 1994 bis 1995 absolvierte er einen Forschungsaufenthalt am Department of Dairy Science der Virginia State University and Polytechnic Institute in Blacksburg, Virginia. Im Anschluss daran kehrte er als wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Tierzucht an die Technische Universität in München zurück wo er im Jahr 2005 habilitierte. Die Forschungsschwerpunkte von Prof. Thaller liegen in der Entwicklung statistischer Verfahren für tierzüchterische Fragestellungen. Im Vordergrund stehen dabei Ansätze zur Aufklärung molekulargenetischer Ursachen der genetischen Variation von quantitativen und qualitativen Merkmalen beim Nutztier. In diesem Zusammenhang gelang es seiner Arbeitsgruppe, einzelne Gene für Milchleistungsmerkmale in heimischen Rinderrassen zu charakterisieren. Die künftigen Schwerpunkte richten sich auf Merkmale der Tiergesundheit, der Stoffwechselstabilität und der Nutzungsdauer aus. Seine bisherigen Arbeiten auf diesem Gebiet wurden mit dem Dr. Heinrich Baur Förderpreis für besondere Verdienste in der Wissenschaft ausgezeichnet. Daneben gilt sein besonderes Interesse, die neuen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Molekulargenetik in innovativen Zuchtprogrammen umzusetzen. Die grundsätzliche Herausforderung besteht in der Einbindung der notwendigen Logistik in die bestehenden Zuchtstrukturen. Inwieweit sich diese Zukunftstechnologien in der Praxis durchsetzen werden, hängt dann von der Höhe der zusätzlich zu erwarteten Erträgen relativ zu den Züchtungskosten ab. Hierzu sind umfangreiche Studien geplant, um unter verschiedenen Szenarien klare Aussagen zur Kosten-Nutzen Situation zu erhalten. Diese Betrachtungen sind in der gegenwärtigen Situation, die durch eine abnehmende Transparenz der Zuchtverfahren in Zuchtunternehmen gekennzeichnet ist, von besonderer Bedeutung. Prof. Dr. Eberhard Hartung (Professur für Landwirtschaftliche Verfahrenstechnik) Eberhard Hartung wurde 1964 in Satzvey, Kreis Euskirchen, geboren und wuchs im Rheinland auf den von der Familie verwalteten Gutsbetrieben auf. Nach dem Abitur studierte er bis zum Vordiplom Agrarwissenschaften an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms- Universität, Bonn, und schloss daran ein einjähriges landwirtschaftliches Inlandspraktikum mit Praktikantenprüfung an sowie ein jeweils 6 ½-monatiges landwirtschaftliches Praktikum im Ausland (West-Australien bzw. Minnesota/USA) an. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland studierte er Agrarwissenschaften an der Universität Hohenheim und diplomierte dort in der Hauptfachrichtung Agrartechnik. Seine Doktorarbeit (1995) und seine Habilitation (2001) für das Fachgebiet Agrartechnik absolvierte er am Institut für Agrartechnik der Universität Hohenheim. Dort war er seit 1996 Leiter der international anerkannten Arbeitsgruppe Emissionen und seit 2001 stellvertretender Leiter des Fachgebietes für Verfahrenstechnik der Tierhaltungssysteme; im Jahr 2003 übernahm er die Lehrstuhlvertretung dieses Fachgebietes. Seine nationalen und internationalen Forschungsarbeiten hatten die Berufung in zahlreiche Gremien und Arbeitsgruppen wie z.B. CIGR, DLG, KTBL, VDI/MEG und VDI zur Folge. 1999 wurde Prof. Hartung für den Umweltpreis der Stiftung „Umwelt und Wohnen“, 2000 für den Landeslehrpreis des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg sowie den Douglas-Bomford-Trust-Award ausgelobt, zur EuroTier 2004 erhielt er die DLGSilbermedaille für eine CO2-gesteuerte Volumenstromregelung. Seine bisherigen nationalen und internationalen Arbeiten im Bereich der Verfahrenstechnik und Prozesssteuerung in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung führten dazu, dass sich der Schwerpunkt seiner Forschungsaktivitäten an der Universität Hohenheim zunehmend auf den Bereich der Modellierung und Regelung biologischer und landwirtschaftlicher Prozesse und Precision Livestock Farming fokussierte. Aufbauend auf diesen Forschungsbereichen wird der zukünftige Hauptforschungsschwerpunkt des Institutes für Landwirtschaftliche Verfahrenstechnik (ILV) in Kiel der Bereich der gesamten so genannten Precision bzw. Smart Agriculture sein. D.h. für den Bereich der gesamten Prozesskette der Primärproduktion inklusive der Entwicklung neuer Prozess- und Produktionstechniken zur Nutzung nachwachsender Roh- und Energiestoffe werden universell anwendbare, methodische Kernkompetenzen gezielt weiter ausgebaut und neu entwickelt. Hierbei fällt innovativen Sensorund Datenverarbeitungstechniken zum Inline-Monitoring (wie z.B. NIRS und Bildanalyseverfahren) eine Schlüsselrolle zu. Diese Sensoren und Methoden sollen dazu dienen, den Betreibern landwirtschaftlicher Unternehmen ein besseres bedarfs- bzw. bedürfnisorientiertes Bestands-, Herden- bzw. Prozessmanagement inkl. dessen automatisierter Dokumentation zu ermöglichen.