Die Gründung der zwei deutschen Staaten 1945 – 1949

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Staaten 1945 – 1949
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Die Gründung der zwei deutschen Staaten 1945 – 1949
I.
Maßnahmen der Alliierten
(1)
Die vier Besatzungszonen
Konferenz von Potsdam, 17. Juli bis 2. August 1945: Churchill, Truman und Stalin
legten das weitere Vorgehen in Deutschland fest: Zerschlagung des
Nationalsozialismus im Inneren, Entmilitarisierung, Umgestaltung Deutschlands zu
einem demokratischen Staat. Gebiete jenseits der Oder/Neiße sollten unter
sowjetischer Verwaltung stehen, Deutschen sollten Ungarn, Tschechoslowakei und
Polen sollten in humaner Weise verlassen, Reparationen durch Sachwerte.
Amerikanische Zone: Die Amerikaner drangen auf eine schnelle Bestrafung der
Nazis und wollten die Demokratisierung auf allen Ebenen vorantreiben. Franklin D.
Roosevelt (ab April 1945 Harry S. Truman) verfolgte zudem einige Zeit ernsthaft den
Plan von Finanzminister Henry Morgenthau, Deutschland in einen Staat ohne
nennenswerte Industrie zurückzuverwandeln.
Britische Zone: Churchill erkannte früher als Roosevelt die machtpolitischen
Realitäten; von ihm stammt das Diktum vom „iron curtain“. Wie die Amerikaner
wollten sie das Land demokratisieren.
Französische Zone: De Gaulle nahm nicht an der Potsdamer Konferenz teil und war
dank der Konzilianz der Briten und Amerikaner im Kreis der Alliierten. Das Vorgehen
der Franzosen war selbstherrlich, wenig kooperativ (z.B. in der Besetzung des
Saarlandes) und damit ein Faktor für das Scheitern einer gemeinsamen
Besatzungspolitik.
Sowjetische Zone: Weil sie von den vier Siegermächten am meisten zu leiden
hatten, legten sie großen Wert auf materielle Rekompensation, die aus ihrer Zone
kommen sollte. Dank einer Gruppe geschulter konnten sie relativ schnell Wirtschaft
und Gesellschaft kommunistisch umbauen, ohne auf die Zustimmung einer
überwiegend nicht kommunistisch eingestellten Bevölkerung angewiesen zu sein.
FAZIT Die Aufteilung in Zonen bereitete die Teilung des Staates Deutschland vor,
aber auch die föderalistische Struktur der künftigen Westrepublik.
(2)
Funktion des Alliierten Kontrollrats ab Mai 1945
Die übergeordnete Organisation war der Alliierte Kontrollrat in Berlin:
General Dwight D. Eisenhower, nach ihm Lucius D. Clay
Marschall Shukov
Feldmarschall B.L. Montgomery
General Pierre Koenig
Sie mußten ihre Entscheidungen einstimmig treffen, konnten aber, wenn sie sich
nicht geeinigt hatten, in ihren Zonen unabhängig verfahren. Eine zentrale deutsche
Regierung war zunächst nicht vorgesehen, wohl aber sollten sie untergeordnete
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Behörden und Verwaltungen zulassen und einrichten. Zentrale deutsche Behörden
hätten sich einrichten lassen, aber die Franzosen verhinderten dies. Daher ging nicht
von den Sowjets, sondern von den Franzosen nachhaltiger Widerstand gegen eine
Politik für ganz Deutschland.
Im März 1946 hatten die vier Kontrollräte sich auf den „Industrieplan“ geeinigt, nach
dem die Sowjets aus den Westzonen Reparationen bezogen, aber ihrerseits
Nahrungsmittel und Rohstoffe in dies Zonen liefern sollten; sie weigerten sich im Mai,
so daß der Austausch ganz eingestellt wurde. Am 1. Oktober 1946 verhinderte König
durch sein Veto, daß zentrale Behörden eingerichtet wurden. Am 20. März 1948
verließen die sowjetischen Vertreter, aus Protest gegen den Marshall-Plan (s.u.), den
Kontrollrat, der damit handlungs- und funktionsunfähig wurde.
(3)
Der Nürnberger Prozess
Schon in der Moskauer Erklärung vom 1. November 1943 hatten die Alliierten
beschlossen, Kriegsverbrecher zu bestrafen (abgedruckt bei Heydecker / Leeb).
Er begann am 20. November 1945 in Nürnberg als Militärgerichtshof
Vier Anklagepunkte:
Verschwörung (Die Nationalsozialisten festigten ihre Macht durch Terror, Täuschung
und die Verletzung von Verträgen [Rheinland, Saarland]; durch
Gleichschaltung, Unterdrückung des Widerspruchs im Innern, Indoktrination der
Bevölkerung [Führerprinzip, Lehre von der Herrenrasse], Ausrottung von
Volksgruppen).
Verbrechen gegen den Frieden (Die Vorbereitung des Krieges durch Aufrüstung, der
Überfall auf neutrale Nachbarstaaten, der Einmarsch in Nachbarländer, auch
die Verletzung des Münchner Abkommens fielen unter diesen Punkt).
Kriegsverbrechen (Die Bevölkerung in eroberten Gebieten sei unterworfen, durch
Arbeit und Hunger geplant dezimiert, schließlich vernichtet worden. Regionen
wurden verwüstet, öffentliches und privates Eigentum geplündert).
Verbrechen gegen die Humanität (erweiterte die Anklage der Kriegsverbrechen und
betraf vorwiegend zwei Punkte: „Ermordung, Ausrottung, Versklavung,
Deportation und andere unmenschliche Handlungen gegen Zivilbevölkerungen
vor oder während des Krieges“, „Verfolgung aus politischen, rassischen und
religiösen Gründen“).
Problem: nulla poena sine lege; auch die Sowjets saßen im Gericht, wiewohl sie
durch Angriffe gegen Polen und Finnland selbst gegen das Völkerrecht schuldig
waren. Die Strafen wurden am 10. Oktober 1946 verkündet und lauteten auf
Erhängen (u.a. Jodl, Keitel, Rosenberg, Seyss-Inquart, Streicher), Gefängnis (u.a.
Dönitz, Heß, Speer) und Freispruch (u.a. Papen, Schacht). Es blieb die Frage nach
der verdrängten Schuld, die der Psychoanalytiker Alexander Mitscherlich
zusammenfaßte als „Unfähigkeit zu trauern“.
(4)
Spruchkammer-Verfahren zur Entnazifizierung
Jeder Erwachsene hatte sich ihr zu stellen; ein Fragebogen mit 131 Fragen zu
Schulbildung, Beruf, Vermögen, Ämter, Reisen sollte helfen, den Grad seiner
Mittäterschaft zu ermitteln. Die NSDAP hatte acht Millionen Mitglieder, so daß Ende
1945 in der amerikanischen Zone 117 Personen in Internierungslagern saßen.
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Fünf Kategorien: Hauptschuldige – Belastete – Minderbelastete – Mitläufer –
Entlastete. Als Strafen waren Internierung, Aberkennung von Vermögen und Pension
oder Geldstrafen vorgesehen. Am 15. Dezember 1950 hob der Bundestag die
Spruchkammern auf; die Verfolgung von Verbrechen wurde nun den Ländern und
ihren Gerichtshöfen übertragen.
Dieses Vorgehen mußte oberflächlich und damit zweifelhaft bleiben. Ein besserer
Weg wäre gewesen, erst bei der Übernahme von Ämtern, dem Eintritt in öffentliche
Verantwortung zu prüfen, was der/diejenige zwischen 1933 und 1945 getan hatte.
Am konsequentesten wurde sie in der Sowjetischen Zone durchgeführt; dort wurden
wichtige Stellen bei Polizei und Justiz (Justizreform 1946) mit Kommunisten besetzt.
Da die sozialistische Regierung sich als fortschrittliches Gegenmodell zum
Nationalsozialismus und als antifaschistisch verstand, war die Auseinandersetzung
mit diesem Teil der Vergangenheit, wie er dann im Frankfurter Prozeß 1968
stattfand, nicht Teil der nationalen Erinnerung und Selbstdefinition.
(5)
Re-education‘
Die Politik wurde, mindestens anfangs, undemokratisch von den Alliierten, die
Militärs waren, ‚diktiert‘; erst mit der Gründung von Parteien (auch Zeitungen, deren
Genehmigung ebenfalls bei den Besatzern lag) war es möglich, demokratische
Strukturen vorzubereiten.
II.
Neuordnung von innen
(1)
Neugründung der Parteien
In den westlichen Zonen:
SPD: Wurde als erste Partei am 19. April 1945 unter Kurt Schumacher neu
gegründet. Er wollte eine parlamentarische Demokratie und die nationale Einheit,
aber eine sozialistische Wirtschaftsordnung (Großbanken, Großbetriebe, Grundbesitz
enteignen). Gegen die SPD in der Ostzone grenzte er sich scharf ab und ging im
Oktober 1945 nicht auf Grotewohls Vorschlag ein, eine gemeinsame Führung
einzusetzen.
KPD: Sie erzielte zunächst Erfolge in Bremen, Hamburg, Hessen, BadenWürttemberg und Nordrhein-Westfalen. 1956 wurde sie vom
Bundesverfassungsgericht verboten.
CDU (CSU): Überkonfessionelle Partei, die sich im Dezember 1945 für alle
Besatzungszonen gründete. Am 1. März 1946 wählte sie Konrad Adenauer zu ihrem
Vorsitzenden.
LDP/FDP: Im Juni 1945 war in Berlin die Liberal-Demokratische Partei gegründet
worden; sie löste sich von der Westpartei und nahm am 1. Volkskongreß teil. Im
Dezember 1948 gründete sich die FDP unter dem Vorsitz von Theodor Heuss; als
einzige Partei forderte sie ein strikt marktwirtschaftliches System.
Parteien in der sowjetischen Zone:
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Aus Moskau kehrte die ‚Gruppe Ulbricht‘ zurück, deren Auftrag es war, den Magistrat
von Groß-Berlin aufzubauen. Von den 16 Mitgliedern waren 8 Kommunisten; dies
konfrontierte die anderen Alliierten mit Vorentscheidungen.
KPD: Neugegründet wurde sie mit einem moderaten Programm, in dem ausdrücklich
festgehalten war, daß freier Handel und Unternehmerinitiative auf der Basis des
Privateigentums möglich sein sollten. Ihre Führer waren Walter Ulbricht und Wilhelm
Pieck.
SPD: Ihr Programm fiel radikaler aus, zielte auf Verstaatlichung von Banken,
Bodenschätzen und der Energiewirtschaft. Ihr Führer war Otto Grotewohl.
Auch die bürgerlichen Parteien LPD und CDU gründeten sich neu; auch sie wollten
das Privateigentum nicht antasten. Mitte Juli 1945 schlossen sich die vier Parteien
der SBZ zur „Einheitsfront der antifaschistisch-demokratischen Parteien“ zusammen,
die von einem Ausschuß vertreten wurde.
(2)
Unmittelbare (Über-)Lebensfragen und Wirtschaftslage
Von den Eisenbahnen und Straßen waren drei Viertel zerstört; in einer Stadt wie Köln
lebten von 730000 Einwohnern noch in den Kellern der zerbombten Häuser ca.
40000. Sofort wurde Arbeitspflicht bei der Beseitigung von Trümmern eingeführt; sie
war z.B. Bedingung, um als Student/in zugelassen zu werden.
Es fehlte zudem an d.h. Kohle; die Sektoren waren als wirtschaftliche Einheiten nicht
fähig für sich zu bestehen.
In das verbleibende deutsche Staatsgebiet strömten bis zum 1. April 1947 etwa zehn
Millionen Flüchtlinge aus den Gebieten östlich von Oder und Neiße wie aus der
Tschechoslowakei und Ungarn. Diese Zuwanderung und die geringe Wirtschaftskraft
führten zu einer schlimmeren Ernährungskrise als während des Krieges: Die
Nahrungszuteilung wurde 1946/47 auf 1500 Kalorien/Tag für jeden reduziert (normal
sind 2500-3500).
Bi-Zone: Unter dem wirtschaftlichen Druck entschlossen sich Briten und Amerikaner,
ihre Zonen zur „Bi-Zone“ zusammenzuschließen. Es entstand der Wirtschaftsrat in
Frankfurt, der sich aus 52 Abgeordneten der Länder zusammensetzte und eine Art
Vor-Parlament darstellte; sie konnten Gesetze und Verwaltungsvorschriften erlassen.
Neben ihm existierte der Verwaltungsrat aus den Direktoren der Ressorts, den die
späteren Ministerien ähnlich waren. Einen Länderrat, der wie der Bundesrat
spezifische Maßnahmen für das Land beriet, gab es ebenfalls.
Weder Amerikaner noch Briten noch Franzosen verfolgten ernsthaft den Plan, die
großen Industrien zu verstaatlichen; es wurden lediglich großen Kriegskonzerne
entflochten (Sontheimer 31). Gerade die unmittelbare Not nach 1945 hätte eine
Sozialisierung einsichtig und damit leichter durchführbar gemacht, aber
ironischerweise hemmte sie gerade diesen Schritt, weil die soziale Struktur der
Gesellschaft so nivelliert wie nie zuvor schien und damit einen grundlegenden Eingriff
überflüssig zu machen schien (Sontheimer 31).
Die Sowjets hingegen handelten im Sinne der Potsdamer Beschlüsse (Wirtschaftsund Gesellschaftssystem grundlegend ändern) und setzten schon im September
1945 eine Bodenreform durch (Grundbesitz über 100 Hektar wurde enteignet,
„Junkerland in Bauernhand“); so gelangten 3,3 Mio Hektar entschädigungslos in die
Hände von landarmen Bauern, Landarbeitern oder Umsiedlern. Betriebe, v.a.
diejenigen der NSDAP oder ihrer Mitglieder, wurden sozialisiert oder in sowjetische
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Aktiengesellschaften überführt. 1947 kamen 56% der industriellen Produktion aus
volkseigenen Betrieben.
Marshall-Plan: In seiner Rede am 5. Juni 1947 entwarf der amerikanische
Außenminister George C. Marshall an der Harvard University ein Programm, das
nicht mehr nur darauf abzielte, unmittelbare Not zu lindern. Das war mit dem CAREProgramm geschehen, denn CARE stand für „Cooperative for American Remittances
to Europe“, d.h. es waren Lebensmittel aus den Beständen der Armee.
Sechzehn europäische Länder gründeten am 16. April 1948 die OEEC
(=Organization for European Economic Cooperation; Nachfolge-Organisation OECD
existiert heute noch), die das Europäische Wiederaufbau-Programm auflegten (ERP
= European Recovery Program). Über dieses Programm flossen zwischen 1948 bis
1952 100 Milliarden Mark nach Europa, davon 1,4 Milliarden auf die westlichen Teile
Deutschlands, als Darlehen, das zurückzuzahlen war (nur ein Mrd. wurde
zurückgezahlt).
Die Sowjets wollten sich zunächst beteiligen, aber zu anderen Bedingungen
(bilaterale Kredite, statt als Empfänger zusammenzuarbeiten); darüber kam es zum
Bruch, der es auch Polen und der CSSR unmöglich machte, die Gelder in Anspruch
zu nehmen. So wurde der Marshall-Plan auch ein Streitpunkt im Kalten Krieg.
Genutzt wurde das Geld zum Bau von Wohnungen
III.
Die Entwicklung in den Besatzungszonen – Kalendarium einer Teilung
Wann?
Westliche Zonen
21./22. April
1946
Die KPD (Wilhelm Pieck) und SPD
(Otto Grotewohl) wurden zur SED
zusammengeführt
Wahl der Stadtverordneten in SPD 48,7 %; CDU 22,2 %; LDP
Berlin: 9,3 %; SED 19,8 %.
Bi-Zone zwischen dem US und
dem britischen Sektor
Konferenz der Minister- „Schaffung eines deutschen
präsidenten in München Einheitsstaates“ als provozierende
scheiterte: Formel W. Ulbrichts
1. Deutscher Volksrat, um eine
Verfassung auszuarbeiten
Währungsreform: Bankguthaben
wurden abgewertet 100 RM :
6,50 DM; Schulden 10:1;
‚Kopfgeld‘ 40 DM, im August
noch einmal 20 DM.
Sowjetische Vertreter verließen die
Alliierte Kommandantur.
Blockade aller Land- und
SMAD (=Sowjetische MilitärWasser-Wege zu den WestAdministration Deutschlands)
sektoren, um die Währungsführte Währungsreform durch: 70
reform dort zu verhindern. Lucius M ‚Kopfgeld‘, Bargeld 10:1;
20. Okt. 1946
1. Jan. 1947
7. Juni 1947
Dez. 1947
20. Juni 1948
16. Juni 1948
23. Juni 1948
Sowjetische Zone
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D. Clay ließ eine Luftbrücke
einrichten, die am 4. Mai 1949
endete. Dazu wurde der
Flughafen Tegel erneuert, 2,2
Mio. Menschen wurden aus der
Luft versorgt. Dabei starben 31
amerikanische, 39 englische und
8 deutsche Piloten.
1. Juli 1948
Militärgouverneure ermächtigen
die Ministerpräsidenten der
Länder, bis zum 1. Sept. 1948
eine Verfassung auszuarbeiten.
Es wurde ein Parlamentarischer
Rat aus den Länderparlamenten
beschlossen, ohne Volksabstimmung, ‚Grundgesetz‘.
1. Sept. 1948 Parlamentarischer Rat in Bonn
tritt zusammen: 65 Mitglieder aus
CDU, SPD, DP, FDP, KPD
6. Sept. 1948
Guthaben wurden gestaffelt
getauscht (bis RM 100: 1:1; ab RM
1000: 10:1). Bis März 1949 galten
in Berlin beide Währungen.
SED-Trupps sprengen die
Versammlung der
Stadtverordneten in Berlin; die
Mehrheit tagt weiter im
Westsektor.
Volksrat billigte die Verfassung.
22. Okt. 1948
Dez. 1948
Der Magistrat verlegt seinen Sitz
in den Westteil
4. Mai 1949
Ende der Blockade angekündigt
8. Mai 1949
Mit 53 gegen 12 Stimmen nahm
der Parlamentarische Rat das
Grundgesetz an. Die Parlamente
der Länder billigten es.
12. Mai 1949 Blockade beendet
23. Mai 1949 Das Grundgesetz wurde
unterzeichnet, in Gegenwart der
Ministerpräsidenten, der
Abgeordneten, der alliierten
Vertreter. Die beiden
Kommunisten Max Reimann und
Heinz Renner unterschrieben
nicht.
7. Okt. 1949
2. Volksrat beauftragte Otto
Grotewohl mit der Regierung.
Schlaglicht
‚Alien homeland‘.
Die Rückkehrversuche der Emigrierten.
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Erika Mann (9. November 1905 – 27. August 1969) und
Alfred Döblin (10. August 1878 - 26. Juni 1957)
in Deutschland nach 1945.
Erika Mann war Kriegsreporterin für mehrere Zeitungen und kam, wie ihr Bruder
Klaus auch, mit dieser Aufgabe nach Europa.
Im August 1945 fuhr sie nach Luxemburg, um die dort inhaftierten Nationalsozialisten
zu sehen:
Ein gespenstischeres Abenteuer ist nicht vorstellbar. Göring, Papen, Rosenberg,
Streicher, Ley – tout le horreur monde [sic] (einschließlich Keitel, Dönitz, Jodl etc.)
eingesperrt in einem ehemaligen Hotel, das zum Gefängnis wurde und aus dem
seine Insassen ein regelrechtes Irrenhaus gemacht haben. Da ich mit den Idioten
nicht selbst sprechen durfte, schickte ich hinterher Vernehmungsbeamte zu ihnen
und ließ sie wissen, wer ich (die erste und einzige Frau, die je den Ort betreten hat)
war. Ley schrie: ‚Assez!‘ und schlug die Hände vors Gesicht; Rosenberg murmelte:
‚Pfui Deubel!‘ und Streicher lamentierte: ‚Du lieber Gott, und diese Frau ist in meinem
Zimmer gewesen!‘ Göring war am erregtesten. Hätte ich mich doch nur vorgestellt,
sagte er, dann hätte er alles erklärt; und hätte er den Fall Mann bearbeitet, dann
hätte er die Sache anders gehandhabt. Ein Deutscher von T.M.‘s Format hätte dem
Dritten Reich sicherlich angepaßt werden können. Ich kabelte all dies und vieles
mehr an den London Evening Standard, der es auf der Titelseite groß herausbrachte.
(Zitiert nach: Lühe, Erika Mann, s. Literatur, 279)
Döblin vertrat prominent die von den Nazis verfemte ‚Asphaltliteratur‘ und war am
Tag es Reichstagsbrandes nach Frankreich geflohen, wo er drei Jahre später die
französische Staatsbürgerschaft erhielt. 1940 konnte er nach USA einwandern; nach
1945 war er als einer der ersten Schriftsteller entschlossen, nach Deutschland
zurückzukehren. Am 9. November 1945 kam er über Straßburg nach Baden-Baden
und wurde Offizier mit den Aufgaben, Manuskripte zu zensieren und eine literarische
Monatsschrift zu gründen. Er gab Lesungen, Vorträge, Interviews; die Zeitschrift „Das
goldene Tor“ erschien am 1. Oktober 1946. Er lebte in Mainz, war befreundet mit
Theodor Heuss, kehrte im September 1955 nach Paris zurück, wo er am 26. Juni
1957 starb.
Literatur
Alfred Döblin. 1878. 1978. Katalog von Jochen Meyer in Zusammenarbeit mit Ute
Doster. 3. Unveränd. Aufl. Marbach 1979 (zuerst 1978) (Sonderausstellung des
Schiller-Nationalmuseums, Katalog 30)
Außenpolitik der Bundesrepublik. Dokumente von 1949 – 1994. Hrsg. aus Anlaß des
125. Jubiläums des Auswärtigen Amts. Köln 1995.
Biographisches Handbuch der SBZ / DDR 1945 – 1990. Hrsg. v. Gabriele
Baumgartner, Dieter Hebig. 2 Bde. München, New Providence u.a. 1996, 1997.
Danyel, Jürgen (Hrsg.): Die geteilte Vergangenheit. Zum Umgang mit
Nationalsozialismus und Widerstandt in beiden deutschen Staaten. Berlin 1995
(Zeithistorische Studien 4).
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Das gespaltene Land. Leben in Deutschland 1945 – 1990. Texte und Dokumente zur
Sozialgeschichte. Hrsg. v. Christoph Kleßmann, Georg Wagner. München
1993.
Deutschland nach der Wende. Eine Bilanz. Hrsg. v. Robert Hettlage, Karl Lenz.
München 1995.
Dokumente zur Deutschlandpolitik. Deutsche Einheit 1989/90. Sonderedition aus den
Akten des Bundeskanzleramtes. Hrsg. v. Bundesministerium des Innern unter
Mitwirkung des Bundesarchivs. München 1998.
Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik. Von einem Autorenkollektiv
unter Leitung von Rolf Badstübner. 2. durchgeseh. Aufl. Berlin 1981.
Glaser, Hermann: Deutsche Kultur 1945 – 2000. München 1997.
Glaser, Hermann: Kulturgeschichte der BRD. 3 Bde. München: Hanser 1985-1989.
(ausführliche Version mit weniger Bildern, aber gut belegte Darstellung, v.a.
umfangreiche Zeittafel zu dem jeweiligen Epochenabschnitt)
Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. Hrsg. v.
Uwe Andersen, Wichard Woyke. Opladen 1993.
Heydecker, Joe; Johannes Leeb: Der Nürnberger Prozeß. Überarb. und aktualisierte
Ausgabe Köln 1985.
Jesse, Eckhard (Hrsg.): Bundesrepublik Deutschland und Deutsche Demokratische
Republik. Die beiden deutschen Staaten im Vergleich. 2. Aufl. Berlin 1981
(zuerst 1980)
Kielmansegg, Peter Graf: Nach der Katastrophe. Eine Geschichte des geteilten
Deutschland. Berlin 2000.
Lühe, Irmela von der: Erika Mann. Eine Biographie. Reinbek 1993 (zuerst Frankfurt
1993).
Rudzio, Wolfgang: Das politische System der Bundesrepublik Deutschland. 4. Aufl.
Opladen 1996.
SBZ-Handbuch. Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen
und ihre Führungskräfte in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands
1945-1949. Hrsg. v. Martin Broszat und Hermann Weber. München 1990. - 50 /
NQ 6050 B 874
Schwieriges Erbe. Der Umgang mit Nationalsozialismus und Antisemitismus in
Österreich, der DDR und der Bundesrepublik Deutschland. Hrsg. v. Werner
Bergmann, Rainer Erb, Albert Lichtblau. Frankfurt, New York 1999.
Sontheimer, Kurt: Grundzüge des politischen Systems der neuen Bundesrepublik
Deutschland. Völlig überarb. Neuausgabe München 1993, 16. Aufl. 1995.
Winkler, Heinrich August: Der lange Weg nach Westen. Bd. 2: Deutsche Geschichte
vom „Dritten Reich“ bis zur Wiedervereinigung. München 2000.
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