Persönlichkeitsentwicklung im kommunikativen Kontext Tilman Meynig im Februar 2008 "Einst träumte Zhuang Zhou und wurde ein flatternder Schmetterling, heiter und seinem Ansinnen angepasst. Er wusste nichts von Zhuang Zhou. Als er plötzlich erwachte, war Zhuang Zhou voll und ganz da. Nun weiß man nicht, ob ein Zhuang Zhou im Traum ein Schmetterling wird, oder ein Schmetterling im Traum ein Zhuang Zhou. Wenn es einen Zhuang Zhou und einen Schmetterling gibt, dann muss es einen Unterschied dazwischen geben. Dieses nennt man die Wandlung der Dinge." (Dsi 1972, 51) Meinen Eltern Inhaltsverzeichnis: Abstract(3) I. Aufgabenstellung(4) I.1. Persönlichkeitsentwicklung als Gegenstand kulturwissenschaftlicher Arbeit und Forschung(6) I.2. Themenspezifische Strukturierung(8) I.2.1. Form und Aufbau(9) I.3. Vorgehensweise(11) II. Das Ausgangsproblem(12) II.1. Begriffe und Phänomene 1: Persönlichkeitsentfaltung und Persönlichkeitsentwicklung(19) II.1.1. Die beiden Modelle(19) II.1.2. Synthese von „Entfaltung“ und „Entwicklung“(20) II.2. Begriffe und Phänomene 2: Lernen und Sozialisation(20) III. Neuformulierung(29) III.1. Kommunikation als strukturelle Kopplung(33) III.2. Verstehen und Handeln – Kommunikations-/Sprechaktmodelle(35) III.2.1. Synthese der Kommunikationsmodelle(37) III.3. Das System „Gesellschaft“(39) III.3.1. Person und Identität(40) III.3. . Die Konstruktion der Person(42) III.3.2.1. Entscheidung und Organisation(44) III.3.3. Die Konstruktion der Identität(45) III.4. Assimilisation und Akkomodation(47) IV. Hypothese der doppelten Evidenz der Persönlichkeitsentwicklung im Bewusstsein und in der Kommunikation(48) IV.1. Die Personalisierung des Sozialen(48) IV.2. Interpenetration als Kopplung von Bewusstsein und Kommunikation(51) 1 IV.3. Leben und Tod(53) IV.4. Riten 1: Funktion(54) IV.5. Intentionalität(57) IV.5.1. Intention, Sprache, Gesellschaft(58) IV.5.2. om Aufbau gesellschaftlicher Ordnungen(59) IV.5.3. om Aufbau zur sozialen Erscheinungsweise der Persönlichkeit(61) IV.6. Die Transformation von Ereignissen in Kommunikation(63) IV.7. Grenzen der Kommunikation(68) IV.8. Kommunikation als Bewusstseinsinterpunktion(69) IV.9. Interaktionsmedien(71) IV.9.1. Macht(72) IV.9.2. Liebe(73) IV.10. Riten 2: Kategorien(74) IV.11. Liebe als Evidenzkriterium der Persönlichkeitsentwicklung(76) V. Deduktion(78) V.1. Konsequenzen und Anwendungen(78) V.1.1. Das Nicht-Tun der Kommunikation(78) V.2. Intuition und Vernunft(82) V.3. Emotion und Verstand(83) V.4. Instinkt, Intuition und Emotion(84) V.4.1. Instinkt(84) V.4.2. Intuition(85) V.5. Ausblick(86) V.6. Zusammenfassung(88) VI. Quellenangaben(88) Literatur(88) Links(119) Filme(122) Musik(123) 2 Abstract This paper deals with personal development in it´s social contexts. It demonstrates how personal development works and appears in communication. Therefore there will be an analysis implemented which is based on system-theoretical propositions of the social sciences which reveals the reciprocal relation between consciousness and communication. The evidence of communication will be explained in different models and under different aspects, e.g. learning and socialization, paradoxical operations and forms of development. The constructive character of identity and reality will be discussed in its sociobiological origins. As a result „knowledge“ will be redefined as an intentionally directed contingent way of perceiving and acting. It leads to the conclusion that personal development is an irreversible process which becomes evident by the expansion of personal choices in the code of truth and love as ecological criteria. 3 I. Aufgabenstellung Die vorliegende Untersuchung beschreibt Modelle prozesshafter1 Veränderungen der Persönlichkeit bzw. Identität im Rahmen von Theorien des Geistes, der „Philosophy of Mind“ und neueren epistemologischen Ansätzen (insbesondere der ursprünglich aus der Evolutionsbiologie entstandenen Evolutionären Epistemologie, der allgemeinen und soziologischen Systemtheorie, der Kybernetik und des Konstruktivismus). Gehen viele theoretische Ansätze von einer allgemeinen Begriffsbildung von Identität und/oder Persönlichkeit, einer Art synchronisch dargestellten Bestandsaufnahme des Bestehenden2 aus, so widmet sich diese Untersuchung einer konzeptuellen Beschreibung, die die Verwendung von Zeit berücksichtigt und integriert3. Entwicklungen lassen sich nur als kausale Verkettungen von Veränderungen unter der Bedingung des Vergehens von Zeit beobachten. Personen als soziale Konstruktionen und Identitäten als Konstruktionen des Bewusstseins lassen sich, und das ist ein Anliegen dieser Studie, nur im Rahmen von Veränderungen als zeitlichen Markierungen bzw. Aktualisierungen auf Grundlage des Vergleichs von vorher und nachher, beobachten und bezeichnen. Das macht es notwendig, dass diese Studie interdisziplinär betrieben wird4 und auch und insbesondere reziproke Bezüge zwischen Natur- und Geisteswissenschaften herstellt. Den Anspruch bildet also weniger der Nachweis der Faktizität der Grundlagen der hier vorgenommenen Beschreibungen oder gar der Beschreibung als solcher, 1 Lewin, Mitbegründer der Gestaltpsychologie, stellt über (Persönlichkeits-)Prozesse fest, dass „In every process the forces in the inner and outer environment are changed by the process itself.“ (1935, 48). Aber auch die kausale Umkehrung dieser Aussage trifft zu: „(...) forces control the course of a process.“. (Hervorhebungen durch den Verfasser). 2 besonders deutlich bei Heidegger durch die mannigfaltige Verwendung des Begriffes des „Seins“ in Gegenüberstellung zur „Zeit“ (Heidegger 1960), oder auch die Kategorienlehre und Ausführungen zum Apriori bei Kant. Dabei wirkt die Heideggersche Differenzierung von So-Sein, Dasein, In-der-Welt-Sein usw. durchaus entschleunigend und gegenwartsorientiert. Näher liegen den folgenden Ausführungen aber Ansätze wie der von Prigogine 1992, „Vom Sein zum Werden“. So schreibt er auf S.261: „Das Sein ist in diesem Sinne mit den Zuständen verknüpft, das Werden mit den Gesetzen, welche diese Zustände umwandeln.“. 3 Piaget (1967) geht so vor, über die Untersuchung von Prozessen zu Begriffen zu gelangen, mit denen sich Strukturen und letzten Endes dann wieder Prozesse beschreiben lassen. Diesem Erklärungsansatz entspricht in der erklärenden Soziologie die „Colemansche Badewanne“, in der Phänomene der Makroebene auf die Mikroebene heruntergebrochen werden, um dort zu Verallgemeinerungen zu gelangen, mit denen sich dann wieder Erscheinungen der Makroebene beschreiben lassen. 4 In ähnlicher Weise geht auch Bateson (Bateson 1981) vor und trennt allerdings seine Studien disziplinsspezifisch. In dieser Studie wird im Unterschied dazu eine Synthese aus den Perspektiven und Forschungen verschiedener Disziplinen zur Untermauerung meiner Konklusion verfolgt. 4 sondern ihre Brauchbarkeit für eine endliche und befristete Bestandsaufnahme5. Noch vor der Eingrenzung des Gegenstandes und einer Einführung in die Terminologie dieser Studie wird die Gewinnung wissenschaftlicher Erkenntnisse nach Maturana erklärt. Die Zirkularität seiner Gedankenführung soll in und mit dieser Untersuchung nachvollzogen werden 6, da sich die Form der Selbstreferenz zur Verdeutlichung des Themas der Studie anbietet. Escher liefert mit einigen seiner Bilder Veranschaulichungen dieser Zirkularität: die Ameisenmatrix „Moebius Strip II“ oder auch das Treppenhaus „Relativitheit“ (als Auflösung von Sinn in der Form, also als Auflösung des Raumgefüges in Funktionsgefüge rein ästhetischer Natur)7. Auch die Mythologie liefert mit dem Bild der sich selbst verzehrenden Schlange oder der Hydra, einem Ungeheuer, das an der Stelle jedes abgeschlagenen Kopfes jeweils zwei neue hervorbringt, bildliche Entsprechungen von Differenzierung und Zirkularität. Allgegenwärtige Grenze dieser Prozesse bildet die in Wittgensteins Tractatus8 beschriebene andere Seite, über die sich nur schweigen, nicht aber reden lässt. „Wissen“ wird im Folgenden scharf unterschieden von den gleichfalls kognitiven Ahnungen als sprachlich nicht realisierter9 Erkenntnisform ereignishaften Charakters. Manchmal fehlen einfach nur die Worte. Worte kanalisieren und beschränken auf neuronaler Ebene die Bewusstseinsprozesse, deren Struktur sie bilden. Unterschiedliche Sprachen generieren 5 Spätestens seit der durch Kuhn (Kuhn 1962) ausgelösten Paradigmendiskussion ist diese Relativierung über die Erstellung von Theorien notwendig geworden. Fundierender als die Erhebung von Faktizität kraft Reputation oder gesellschaftlicher Konsensgewohnheiten erscheint dem Autoren der Verweis auf geltende Paradigmen, innerhalb deren selbstbestätigender Logik sich eine Arbeit einfügt. So auch Deleuze / Guattari (1977), die Erklärungen und Theorien nicht anhand ihrer „Wahrheit“, sondern anhand ihrer möglichen Verwertbarkeit beurteilen und das zum Gegenstand/zur methodischen Vorgehensweise des Poststrukturalismus erheben. In der Konsequenz bedeutet das nichts anderes als die Ersetzung von Strukturanalysen zugunsten von final abgeleiteten Kontingenzanalysen und daraus gewonnenen entsprechenden Substitutionsvorschlägen. Schließlich geht sogar der Physiker Mach (1968) von der diskursiven Konstitution von Theorien und ihrer „Wahrheiten“ aus und misst sie anhand ihres jeweiligen Nutzens als eigentlich relevantes Kriterium der Bewertung von Theorien. So schreibt er: „Wer, wie der Naturforscher, das menschliche psychische Individuum nicht als ein der Natur gegenüberstehendes isoliertes Fremdes, sondern als einen Teil der Natur auffaßt, wer das sinnlich-physische und das Vorstellungsgeschehen als ein untrennbares Ganzes ansieht, wird sich nicht wundern, daß das Ganze nicht durch den Teil zu erschöpfen ist.“ (459). Und noch vorher stellt er die Frage, ob „nun die Naturgesetze als bloße subjektive Vorschriften für die Erwartung des Beobachters, an welche die Wirklichkeit nicht gebunden ist, wertlos [sind]? Keineswegs! Denn, wenn auch der Erwartung nur innerhalb gewisser Grenzen von der sinnlichen Wirklichkeit entsprochen wird, so hat sich erstere doch vielfach als richtig bewährt, und bewährt sich täglich mehr.“ (458). 6 Unabhängig von Maturana hat auch Spencer-Brown (Spencer-Brown, 1997) diese Zirkularität in seinem Formenkalkül vollzogen. Aufgrund der Linearität der herrschenden Lese- und Denkgewohnheiten mag die Lektüre dadurch ungewohnt und anstrengend erscheinen. Zur Unterstreichung, Herstellung von Einheitlichkeit in Form und Inhalt und für ein konsequentes Vorgehen bei der Durchführung der Untersuchung hält es der Autor für erforderlich. 7 Escher 2006, 40 und 67 (siehe Anhang). Weitere Beispiele: die Kompositionen Johann Sebastian Bachs und die Mathematik Gödels in Hofstadter (1979). 8 Wittgenstein (1984, 85). 9 So gibt es in der Mayasprache (León-Portilla 1988) kein Wort für Zeit. Allerdings gibt es dazu funktionale Entsprechungen, beispielsweise zu Vereinbarungen von Verabredungen u.ä.. Das „Wissen“ der alten Maya war sprachlich anders strukturiert und die Bedeutung eines hochabstrahierten Begriffes wie „Zeit“ ist anhand ihres Gebrauches und ihrer Lösung in der Beschreibung von Phänomenen, die sie zusammenfasst, zu rekonstruieren. Erst damit sind Übersetzungen und Abstimmungen eines semantischen Bereiches über die „Zeit“ aufstellbar. 5 unterschiedliche Strukturen, wie auch umgekehrt unterschiedliche Semiosphären 10 unterschiedliche Sprachen und unterschiedliches Sprechen generieren. Das bedeutet aber nicht, dass sich darüber nicht reden lässt, wofür es in einer Sprache noch nicht die Worte gibt, deren Beschränkungen die neugewonnenen Freiheiten nicht betreffen. Wird die Erlangung der Sprache als Fortsetzung von Verhaltenskoordinierungen11 betrachtet, dann ist Sprache im Kognitionsprozess etwas Motorisches, das die ganze physische Ausformung der Existenz (inklusive der Wahrnehmungskanäle 12 und ordnungen) umfasst. Mindell geht davon aus, dass die Sinne Medien für Ereignisse primär nichtoder vorsprachlicher Natur bilden, die erst zu einem relativ späten Zeitpunkt des Kognitionsprozesses zu Bedeutungseinheiten synthetisiert werden. Das Wesen der Worte besteht somit in seiner Kontingenz und das Wesen der (geistigen) Freiheit in der latenten Mitpräsenz kognitiver Strukturen als Bedingung der Möglichkeit genannter kontingenter Verbalisationsprozesse und, damit einhergehend, der sinnhaften Konstitution des Erlebens. Die lateralen Abläufe, die hier als in den Wahrnehmungskanälen ablaufende Ereignisse bezeichnet werden, trotzen den Beschreibungen der sie stets voraussetzenden Verbalgerinnungen und unterstützen die prägnante Formulierung Wittgensteins 13. Allerdings lassen sie sich als elektrochemische Wellen und Stimulationen durchaus beobachten, wenn auch auf einer Ebene, die nicht in der Lage ist, sie von anderen (elektrochemischen) Abläufen zu differenzieren und somit als 10 Lotman 1990, zit. nach Artikel Juri Michailowitsch Lotman. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 5. Dezember 2007, 18:25 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Juri_Michailowitsch_Lotman&oldid=39726404 (Abgerufen: 1. Februar 2008, 15:17 UTC). 11 So Piaget 1967, 46, „III. Die Rückführung des Höheren auf das Niedere. (...) Dieser Aufbau oder diese Konstruktion [der Intelligenz] kennt keine Grenzen (vgl. die unerschöpfliche Fülle der logisch-mathematischen Schemata), ist aber gleichzeitig einer inneren Organisation verpflichtet, die nicht einfach die Eigenschaften des Objekts widerspiegelt, sondern vor allem die der Verhaltenskoordinationen.“) und auch Maturana (1994, 209: „Sprache ist eine Form, Verhalten zu koordinieren.“ Oder Maturana 1985, 55: „Sprachliches Verhalten ist Orientierungsverhalten; es orientiert den zu Orientierenden innerhalb seines kognitiven Bereiches auf Interaktionen hin, die unabhängig sind von der Art der orientierenden Interaktionen selbst.“ Und weiter (60): „Natürliche Sprache ist entstanden als ein neuer Interaktionsbereich, in dem der Organismus durch die Beschreibungen seiner Interaktionen modifiziert wird. Diese Beschreibungen werden durch Aktivitätszustände des Nervensystems verkörpert und die Evolution des Organismus wird somit seinen Interaktionen in den Bereichen der Beobachtung und des (Ich-)Bewußtseins unterworfen.“). 12 So genannt von Mindell, dem Begründer der prozessorientierten Psychologie (1992, 38/55/96 und 1987, 58/59). Mehr noch geht er davon aus, „daß die Seele des Körpers, der Traumkörper, ein mehrkanaliger Sender ist, der durch Träume, Körpersymptome und Beziehungsprobleme Aufmerksamkeit auf sich zu lenken versucht.“ Mindell 1988, 77 (Hervorhebungen durch den Autor). 13 Die Unerreichbarkeit dessen, über das sich nur schweigen lässt, thematisieren auch Fuchs und Luhmann in ganz anderer Weise in „Reden und Schweigen“ und „Die Religion der Gesellschaft“ (Luhmann 2000, 129 „Jede Behauptung eines unterscheidungsfrei gegebenen Sinnes (zum Beispiel: eines unnegierbaren Sinnes) läuft demnach auf eine Paradoxie hinaus. Es wird Sinn behauptet, den es im Medium Sinn nicht geben kann.“ Oder auch: 127: „Bemerkenswert bleibt, daß die Paradoxie der Einheit des durch den Code different Gesetzten auftaucht und über den negativen Wert des Codes, über den Reflektionswert, über die Transzendenz aufgelöst wird.“) und „Funktion der Religion“. Luhmann stellt dabei auf die Einheit der Unterscheidung von Immanentem und Transzendentem ab, die er als Ausgangsgedanken für eine systemtheoretisch angelegte Beschreibung von Kommunikation innerhalb der Religionen zugrundelegt. Diese bezeichnet er aufgrund ihrer Unterdrückung auch anders anlegbarer Unterscheidungsmöglichkeiten als „Kontingenzformel Gott“ (Luhmann 2000, 147-87). 6 irgendwie spezifisch zu charakterisieren. I.1. Persönlichkeitsentwicklung als Gegenstand kulturwissenschaftlicher Arbeit und Forschung Die Cognitive Sciences geisteswissenschaftlicher bilden etwas wie einen großen Schmelztiegel Epistemologien. Die Kulturwissenschaften hingegen natur- und schließen naturwissenschaftliche Ansätze nicht explizit ein. Allerdings ermöglicht die scharfe inter- und intradisziplinäre Grenzziehung der Kulturwissenschaften eine Form von Korrespondenz zwischen den Disziplinen, die in den synthetisierenden Cognitive Sciences konzeptuell nicht realisiert werden kann. Seit Knorr-Cetinas Untersuchungen14 setzt sich mehr und mehr die Perspektive durch, die Naturwissenschaften nicht als Gegensatz zu den Geisteswissenschaften zu begreifen, sondern als ethnographisches Feld, sprich als kulturell eigenständiges Milieu, das in der Anwendung seiner Methodik strenger, in der Überprüfung der in die Arbeit einfließenden Vorannahmen lockerer operiert als im geisteswissenschaftlichen Milieu15. Insofern ermöglicht es die Kulturwissenschaft, den Standpunkt des Beobachters in seiner Genese und der durch seine Beobachtung erfolgenden Modifikation des Beobachteten in den Vordergrund ihrer Disziplin16 zu stellen, was die Voraussetzung für die vorliegende Studie bildet. Die Arbeit an Prämissen und an (Kor)relationshypothesen bildet die eigentliche Grundlage für den Versuch der Eingrenzung und 14 Knorr-Cetina (1984). 15 Diese Aussage wird sogar durch Sokals Kritik (Sokal/Bricmont 1998) an geisteswissenschaftlichen Arbeiten der „Postmoderne“ gestützt. So bemängelt er insbesondere die schwammige Terminologie und generalisierende Phrasen, die mehrdeutige und beliebige Sinnzusammenhänge zulassen und von der Unkenntnis ihrer Autoren zeugen würden (Sokal 1998, 229-245). Er übersieht dabei, dass das Studium eines philosophischen Werkes andere Mittel gelten lässt als die Durchführung(!) eines naturwissenschaftlichen Experimentes. Andere Mittel, andere Ergebnisse und andere Relevanzen im an und für sich gleichen Medium (Wahrheit). Kreatives Denken bemüht er sogar selbst („Sokal-Joke“, Sokal 1998, 262ff.), wenngleich ohne explizite Würdigung desselben, was aber die Grundlage für jede wissenschaftliche Erkenntnis bildet. Besser hat Maturana den Voraussetzungsreichtum naturwissenschaftlichen Arbeitens reflektiert: durch die Implikation des Standpunktes des Beobachters innerhalb der naturwissenschaftlichen Forschung denkt er die soziokulturellen Ausgangsbedingungen der die Naturwissenschaft betreibenden Akteure mit. Im Übrigen sind die von Sokal nichtsdestotrotz teils treffend beschriebenen Ausdrucksmittel geisteswissenschaftlicher Arbeiten nicht per sé verwerflich. Über die Bedingungen und Bedeutungen einer mehrdeutigen Sprache äußert sich beispielsweise Adorno im Falle Hegels (Adorno 1996, 326376) auf S. 329: „Die isolierten Momente gehen eben doch nur darum über sich hinaus, weil die Identität von Subjekt und Objekt schon vorgedacht ist. Die Relevanz der Einzelanalysen wird immer wieder vom abstrakten Primat des Ganzen gebrochen.“. Und auf S.336: „Weil es nie unmittelbar sich sagen lässt, weil jedes Unmittelbare falsch – und darum im Ausdruck notwendig unklar – ist, sagt er [Hegel] es unermüdlich vermittelt.“. Statt also das zu Erklärende zu erklären legt Hegel es demnach darauf an, die wechselseitigen Bezüge von Erklärendem und Erklärtem (in der Terminologie Oppenheims) aufzuzeigen, um damit die Subjekt-Objekt-Spaltung naturwissenschaftlicher Erklärungsansätze zu umgehen. Interessanterweise benutzt Sokal bereits für den Buchtitel unkritisch den umstrittenen Begriff der „Postmoderne“ und subsummiert darunter auch Autoren des beginnenden 20.Jahrhunderts. 16 Kroeber und Kluckhohn (1952) geben alleine schon eine Auswahl von 164 Kulturdefinitionen. Die aktuell auf der Homepage der kulturwissenschaftlichen Fakultät der Viadrina verwendete von Cassirer (http://www.kuwi.euvfrankfurt-o.de/de/index.html, 19.11.07) betrachtet Kulturen unter dem Nenner ihres funktionalen Bezuges. 7 Bestimmung der Kausalfaktoren Untersuchungsgegenstände, wie von sie Phänomenen vom Lehrstuhl im für Sinne wissenschaftlicher Philosophische Grundlagen Kulturwissenschaftlicher Analyse wahrgenommen wird. Die Beibehaltung von Subdisziplinen in den Kulturwissenschaften erleichtert deren Sondierung und Inanspruchnahme für die Ausarbeitung wissenschaftlicher Beiträge17. Dem gegenüber erweist sich nach von Glasersfeld die Kybernetik als eine Art Metawissenschaft nicht disziplinär zu- oder beizuordnen18. Vielmehr stellt sie Theorien und Methoden für alle Disziplinen bereit und erkennt darin auch ihre Aufgabe. Insofern kann auch der von Rickert konstatierte Unterschied von Kulturwissenschaften als idiographisch, besonders, und von Naturwissenschaften als nomothetisch, allgemein, als überholt angesehen werden19. Die Kybernetik bzw. Systemtheorie stellt für die Natur- und Geisteswissenschaften gleichermaßen valide Theoriegrundlagen und Termini bereit. Ausgehend von der Beobachtung, dass die Art der Fragestellung die naturwissenschaftliche Forschung und ihre möglichen Ergebnisse bereits enthält, ist auch hier Kreativität im Denken der jeweiligen Forscher gefragt. Darüber hinaus halte ich es im Hinblick auf die gegen unendlich gehende mögliche Generierung von Wissen für unangemessen, Forschungen allein inhaltlich und anhand ihres Beitrages im und für den aktuellen Diskurs zu bestimmen und seine Einfügung in das herrschende (Wissenschafts-)Paradigma und gesamtgesellschaftliche Werden, also alles übrige und weitere, auszublenden20. I.2. Themenspezifische Strukturierung Das Thema speziell dieser Untersuchung ist allgemein genug gehalten, unterschiedlichste Ansätze zulassen zu können und andererseits konkret genug, auf den kybernetischen Charakter ihrer Ausgangskonzeption hinzuweisen. Weiter stellt diese Untersuchung als solche exemplarisch eine Selbstreferenz auf, die wissenschaftlich hergeleitet und in ihrer Kontingenz begründet und 17 Ute Daniel (2006, 13; 25) verdeutlicht die Vorteile im Umkehrschluss von der Öffnung der Subdisziplinen (in ihrem Fall: Kulturgeschichte) gegenüber der allgemeinen Kulturwissenschaft. (25: „...der Erkenntnis nämlich, den ein Verbleiben in den jeweils eigenen disziplinären vier Wänden gewährt, erkauft würde mit der Unfähigkeit, sich selbst ein Bild zu machen, wie der Bau, den man professionell bewohnt, von außen aussieht und in welcher Landschaft und auf welchen Fundamenten er errichtet worden ist.“). 18 Von Glasersfeld (1995, 147 und 1992, 144) zitiert dazu Piaget, „Die Intelligenz organisiert die Welt, indem sie sich selbst organisiert.“ Die Fragestellung der Selbstreferenz/Selbstregulation kennzeichnet die moderne Kybernetik als einer Wissenschaft zweiter Ordnung. Es ließe sich auch sagen, dass die Kybernetik eine Modalwissenschaft ist, in der die Frage nach dem „Was“ durch die Frage nach dem „Wie“ ersetzt, oder doch zumindest vorgeordnet wird. 19 Rickert (1986, 8) selbst hat diese Gegenüberstellung mit Vorsicht gebraucht und sie als relative, graduelle Abstufungen betrachtet, als Pole, zwischen denen sich die wissenschaftliche Forschung bewegt. Insofern verweist er auf eine individualisierende und eine generalisierende Methode als Organisationsformen wissenschaftlichen Arbeitens. 20 Der Physiker Carl-Friedrich von Weizsäcker (2002) wies z.B. nachdrücklich auf die Verantwortung der Wissenschaften für die aus ihren Entwicklungen und Entdeckungen resultierenden technologischen Anwendungen hin, konkret z.B. der Physik für die Atombombe. 8 ausformuliert ist. Sie erhebt den Anspruch, sowohl ein stringentes Gerüst für eine Kontextualisierung möglicher Persönlichkeitsentwicklungen bereitzustellen, als auch als Katalysemechanismus dergleichen auf der Annahme kognitiver, adaptativ gerichteter und zirkulär evoluierender Selbstreproduktionen einsetzbar zu sein. Sie ist selbst ein Teil dessen, was sie beschreibt. Somit lässt sich die Studie in zweierlei Hinsicht lesen: als den Konventionen des Binnensystems Wissenschaft entsprechende Abhandlung, die bestimmten, noch zu definierenden Wahrheitskriterien unterworfen ist und auch als Geschichte ihrer eigenen Hervorbringung, als Mysterium eines Universums, in das sie als sprachliche Endlichkeit ihrer existenzstiftenden Paradoxien eingeschlossen ist und das sie letztlich nicht wird erklären, wohl aber spüren lassen können. Dieses zu leisten sind Worte durchaus in der Lage, was im Bereich der Poesie und Literatur auch gewusst wird21. Der Philosoph Gaston Bachelard betrachtete sowohl Wissenschaft als auch Kunst als divergierende Möglichkeiten, Methoden und Formen menschlichen Wachstums im Sinne einer Sensibilisierung für und Praxis von neuartigen Unterscheidungsvollzügen22. Und auch Bieri sondiert zwischen der Philosophie als einer Inszenierung der Gedanken und der Literatur (Poesie, Kunst usw.) als einer Vergegenwärtigung von Erfahrung23 als zwei Bereichen, die einander ergänzen. Eine Form, die beides nicht kombiniert, aber beiden Bereichen zu entsprechen in der Lage ist, soll die systemtheoretische Auffassung von Wahrheit als Kommunikationsstil und mittel24 verdeutlichen. Damit wird im Erfolgsfall eine Verbindlichkeit der Behandlung ihrer Themen erreicht, die sich ihrer Grenzen bewusst ist. I.2.1. Form und Aufbau 21 Vgl. Serres 1987. Der Baron von Münchhausen (vgl. Watzlawick 1985) gibt diesbezüglich eine ebenso klare wie radikale Linie vor. Die Gesetze von Zeit und Raum, deren Relativität sich unserem Bewusstsein durch die Zuschreibung der menschlichen Existenz in die vierte Dimension entzieht, werden in voller Absicht außer Kraft gesetzt und der immer intentional angelegten Erinnerungs- und Repräsentationstätigkeit kommunikativ unterworfen. Metaphern wie die des „Sich-selbst-aus-dem-Sumpf-Ziehens“ fließen in erfolgreiche therapeutische Interventionsarbeit ein, die darauf abzielt, den Klienten aus den sich selbst bestätigenden Denk- und Verhaltensstrukturen zu befreien (vgl. Luhmann / Fuchs 2008, über die Erlangung personaler Freiheit durch kommunikatives „Paradoxieren“ im Zen (Fuchs) und in der Mystik (Luhmann)). Prägnant formuliert es auch der seinen Mord vor sich selbst verleugnende Täter in David Lynchs „Lost Highway“: auf die Frage der Polizei, weshalb er denn die im Haus installierten Videokameras nicht aktivieren würde antwortet er, dass er die eigene Erinnerung an die Ereignisse als wesentlicher empfindet als die tatsächlichen Umstände ihres Auftretens. Auch die juristische Aussagekraft stützt sich auf eine ähnliche Priorisierung der Erinnerung vor technisch reproduzierten Aufzeichnungen. Zur Wirkung von Worten bzw. Zeichen siehe auch Bergen 2000, 168. 22 Den Zusammenhang zwischen Wissenschaft und Kunst beschreibt Bachelard (1988, 9) als den zwischen Vernunft und Spiel/Experiment: „Wenn sie [die wissenschaftliche Tätigkeit] experimentiert, muß sie auf Vernunftgründe zurückgreifen; wenn sie von Vernunfterwägungen ausgeht, muß sie experimentieren.“. 23 Deleuze (in Balke/Vogl 1996, 25) geht sogar noch weiter: „Wichtiger als der Gedanke ist das, >was zu denken gibt<; wichtiger als der Philosoph ist der Dichter.“. 24 Vgl. Luhmann 1992, 241ff. Vergleichbar auch mit Lyotard (1986), der dem szientistischen Wissen der Wissenschaft mit ungeklärter Legitimation (76) das narrative Wissen mit Selbst- bzw. Alltags- und konversationskontextueller Legitimation gegenüberstellt (63) und für das szientistische Wissen bestimmte Legitimationserzählungen vorschlägt (96, 123). 9 Die Fußnoten erfüllen in dieser Studie die Funktion der Veranschaulichung und Spezifizierung bestimmter Gedanken. Außerdem verweisen sie auf Quellen und weiterführende Forschungen. Überdies finden sich in den Fußnoten Zitate, die aus strukturellen Gründen im Text keinen Platz fanden und als Fußnote den Lesefluss zumindest nicht behindern. Der Bezug der wesentlichen in den Literaturangaben aufgeführten Werke zu dem Thema dieser Untersuchung wird jeweils durch eine kurze Erläuterung verdeutlicht. Da auch im Text auf jede Angabe mindestens einmal verwiesen wird, ist somit eine wechselseitige Referenz hergestellt, die die Einordnung der Untersuchung in ihrer wissenschaftlichen „Nische“ plausibilisiert. Ziel ist es, die Studie in ihren Bezügen auf die sie speisenden Quellen soweit als möglich transparent zu gestalten und eine gedankliche Tiefe und Dichte zu erreichen, die nicht auf Kosten ihrer Klarheit entsteht. Zirkularität und Reziprozität sind nicht nur Themen der Studie, sondern auch Bedingungen ihres Zustandekommens und Merkmale ihres intendierten kohärenten Aufbaus. Die Untersuchung wird dadurch gewissermaßen exemplarisch zum Anwendungsfall der hier vorgestellten und zusammengeführten Theorien. Der Autor achtet auf sprachliche Dissoziiertheit zu der Studie. Dies soll nicht nur dem Rezipierenden ermöglichen, das Thema als wissenschaftliche Vorstellung zu erleben, sondern auch und vor allem eine Objektivierung der vorgestellten Gedanken als Grundlage des wissenschaftlichen Interaktionsmodus herzustellen25. Dies hält der Autor umso mehr für notwendig, da kybernetische Überlegungen zentralistische Perspektiven ausschließen 26. Die Standpunktgebundenheit des Beobachters und die aus ihm resultierende Relativität seiner Observationsoperationen bedeutet nicht, dass die von ihm kombinierten und examinierten Wahrheiten keine Objektivität besitzen könnten. Die Trag- oder Reichweite der Objektivität besagter Wahrheiten bildet den Gegenstand jedweder wissenschaftlichen Forschung, der sich diese Studie unterwirft und zu der sie ihren bescheidenen Anteil beitragen möchte. Objektivität wird nicht in Frage gestellt, wohl aber gründlich in ihren Konstitutionsbedingungen untersucht. Objektivierung ist eine notwendige Bedingung einer Kontextualisierung der Beobachtung und des Erlebens von Persönlichkeitsentwicklungen. Der Autor möchte die Erlebens-und Erfahrungsebene nicht ausschließen27. Im Gegenteil wird ein Großteil der vorgestellten Untersuchung dafür verwendet, die Bedingungen dieser Ebenen zu 25 Ausgehend von der Peirceschen Zeichentriade (Peirce 1991, 43-63, Bergen 2000, 179, weiter unten) und des von ihm erklärten Semioseprozesses bezieht der Autor mögliche Wirkungen des von ihm Kommunizierten in seine Überlegungen mit ein. 26 Wie ein Kreis, dessen Mittelpunkt überall und dessen Umfang nirgends ist (Nach Blaise Pascals Beschreibung des Weltalls). Siehe auch Eschers Werk „Relativiteit“. Bergson (1912) betont die Wichtigkeit der Peripherie als Bedingung der Möglichkeit des Verständnisses des Zentralen. 27 „Science is violence when negating the experience in favor of a translation which attempts to separate observing from the experience to objectify.“ gefunden auf: http://youtube.com/watch?v=GKwtaCXEM5E (06.11.07). 10 klären. Ziel ist es, eine Beschreibung anzufertigen, die sich als Interaktionsrahmen für Komplexitätsreduktionen bei kontinuierendem Strukturdrifting verwenden lässt, also wie eine Art Landkarte28. Daher ist die zugrunde gelegte Leitunterscheidung nicht die Trennung von Beobachtung und Erfahrung, sondern die von Erscheinung und Wesen (oder Synthese), die aus der Phänomenologie Edmund Husserls stammt29. Beobachtung und Erfahrung verschmelzen zu ein und derselben Operation, da das Beobachtete durch die Art der Beobachtung entsteht, die sich aus der Erfahrung als habitualisierten Verhaltenskoordinationen ergibt. I.3. Vorgehensweise Die Vorgehensweise orientiert sich, wie oben angegeben, an Maturanas Definition. Dazu gehört in der ersten Phase die Auswahl eines zu erklärenden Phänomens und die Beschreibung des Kontextes, die es etabliert und gegenüber anderem abgrenzt. Im zweiten Schritt wird eine Neuformulierung des Phänomens auf der Grundlage eines angenommenen generativen Mechanismus (Hypothese) vorgenommen, die es hervorbringt. Darauf folgt eine Art Generalisierung oder logische Schlussfolgerung, die durch die Annahme des generativen Mechanismus als verursachender Faktor zu gelten hat und im vierten Schritt dann die entsprechende Übertragung auf andere Fälle, auf die es auch zutrifft. Poppers Aussage30 von der Unmöglichkeit der Verifikation von Theorien steht dazu insofern nicht im Widerspruch, als dass verursachende Faktoren andere verursachende Faktoren nicht ausschließen und der Beweis eines Zusammenhanges zwischen Ursachen und Wirkungen für sich Geltung besitzt, ohne die Richtigkeit einer Theorie als Reflektionen zweiter Ordnung endgültig belegen (wohl aber sie in Frage stellen) zu können, die die Hypothese dieses Zusammenhanges überhaupt erst nahe legte31. Anspruch auf Geltung erlangt eine Theorie also nicht nur durch erfolgreich vollzogenes Induzieren (Schritt 1 und 2) und Deduzieren 28 Lewis Carroll (Schindehütte 1993, 106) schildert ein Krockett-Spiel, dessen Schläger und Kugeln Tiere sind, die auch ein eigenes Leben führen. Für eine „interaktive“ Landkarte des Geistes im Sinne von Kohonens „Selforganizing Maps“ (Kohonen 2001, 99, „Brain Maps“) oder Minskys „Society of Mind“ einer Mehrzahl quasi autonom agierender Agenten als Ausführender der mentalen Apparates ist das eine treffende Parabel. 29 Die sogenannte „Eidetische Reduktion“ Husserls beschäftigt sich insofern damit, Erscheinungen auf ihr Wesen zurückzuführen und auf diese Weise Erkenntniskategorien zu identifizieren (Vgl. dazu http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Eidetische_Reduktion&oldid=34747240). 30 Popper (1997, 397) ersetzt unter Bezugnahme auf Carnap den Begriff „Verifizierbarkeit“ durch den der „Prüfbarkeit“. Psychologisch betrachtet es James 2001, 133: „Wahre Vorstellungen sind solche, die wir uns zu eigen machen, beweisen, erhärten und verifizieren können. Falsche Vorstellungen sind solche, bei denen wir dies nicht können. (...) Ihre [der Vorstellung] Wahrheit ist tatsächlich ein Ereignis, ein Prozess: der Prozess nämlich, in dem sie sich selbst wahr macht, ihre Veri-fikation. Die Gültigkeit einer Vorstellung ist nichts anderes als eben dieser Prozess des Sich-geltend-Machens oder der Validierung [valid-ation].“ 31 Kuhn 1962 und Fleck 2002 geben dafür Beispiele, wie Kuhn die Einbindung der Newtonschen Gesetze in Einsteins Relativitätstheorie, Fleck die Identifikation und Behandlungsmethoden von Krankheiten usw. 11 (Schritt 3 und 4), sondern in der Reduktion größerer Komplexität im Vergleich zu konkurrierenden Theorien, d.h. als Erklärungsmuster eines „Mehr“ an Zusammenhängen, die im Vergleich zu früheren quantitativ und/oder qualitativ einen größeren Erklärungswert besitzt32. Beschreiben zwei komplexe Theorien den gleichen Sachverhalt, ist nach dem Prinzip von „Ockhams Rasiermesser“33 die im Vergleich einfachere vorzuziehen. Um nichts Anderes geht es in der vorliegenden Studie. Die Vorteile eines solchen Vorgehens zeigen sich im Abgleich z.B. mit der Problemlösungsmethodik des Konnektionismus34. Im ersten von vier Schritten werden Informationen erhoben, im zweiten wird ein Modell konzipiert, dessen Modifizierung oder vorläufige Annahme anhand von Prognosen (3) und deren mögliches Zutreffen anhand der Prüfung der durch Testung dieses Modelles entstehenden Ergebnisse (4) vorgenommen wird. Maturana geht in seinem Modell über die unbestreitbar vorhandenen Strukturisomorphien beider Modelle einen Schritt weiter und fordert die Fähigkeit eines Modelles zu Übertragungsleistungen (Deduktion). Wird die von Kuhn konstatierte Paradigmenrevolution als eine Art Wissenschaftsbewusstsein methodisch zusammengezogen, ließe sich ein weiterer Schritt fordern: jenseits der Deduktionen erfolgreicher Modelle als ökologisch effizient operierender Reduktionsleistungen von Komplexität sollten sich vor allem Grenzen und Widersprüche als vernachlässigte Größen entsprechender Modelle im „Ausblick“ niederschlagen. Erst dadurch lassen sich die Leistungen wissenschaftlicher Modelle versuchsweise adäquat einschätzen. Paraphrasiert ließe sich sagen, dass eine Untersuchung ebenso wie die Vorwegnahme bzw. Andeutung möglicher Konsequenzen und ihrer Einordnung in den aktuell geltenden wissenschaftlichen Diskurs im Ausblick zum Widerspruch und zum Aufbau einer kritischen Position anregen sollte. II. Das Ausgangsproblem Das Leben der Menschen bringt immer auch Veränderungen mit sich. Vom Standpunkt 32 Bateson spricht in diesem Zusammenhang von einem Erklärungsprinzip als einer „...konventionelle[n] Übereinkunft zwischen Wissenschaftlern, die dazu dient, an einem bestimmten Punkt mit dem Erklären der Dinge aufzuhören.“ (Bateson 1981, 74) und in Anlehnung an Whitehead von dem „Fehlschluss der unangebrachten Konkretheit“ (Bateson 1981, 102). Dieser besteht darin, Theorien geringerer Komplexität zur Erklärung von Phänomenen größerer Komplexität zu verwenden, d.h. im Grunde nichts anderes, als zu vereinfachen. Als Beispiel führt Bateson die Einseitigkeiten des marxistischen Historismus an. 33 Bateson 1997, 38. 34 Vgl. Dorffner 1991, 405. Eine besondere Schwierigkeit bei der Modellierung von Kognitionsprozessen bilden die Intuitionen, die die künstliche Simulation natürlicher Verhältnisse nach wie vor behindern. Dem gegenüber können Assoziationsvorgänge inzwischen mathematisch und informatisch nachgebildet werden. Siehe auch Kohonen 2001 und Kohonen 1977, 1, „On the Physical Embodiment of Associative Information Structure“ und 3, „Relational Structure of Knowledge“. 12 beispielsweise des Buddhismus35 ist das Leben / das Sein in ständigem Wandel begriffen 36. Als erleuchtend werden die Augenblicke erlebt, in denen die Wandlung als solche identitätsstiftend erfahren wird37. Eine Welt, die sich, inzwischen auch gestützt auf Erkenntnisse der Quantenphysik 38 und Chaostheorie39, in Erscheinungen und Illusionen von Endlichkeiten und festen Formen auflöst, ist der Wandel die einzige Konstante. Sie liegt dem Erleben einer jeden Realität zugrunde und stellt als Voraussetzung Bedingungen für das Erleben und der Selektion von als beständig und im Wandel Begriffenem auf. Gemäß den kybernetischen Grundsätzen von Foersters40 können Wandlungen und Entwicklungen nur als die Beschreibung eines Beobachters zwischen mindestens zwei Zeitpunkten (bei 35 Mit dem Anatta wird im Buddhismus beispielsweise die Nichtexistenz eines unveränderbaren Ich bezeichnet. Demnach existiert das Bewusstsein und alles durch das Bewusstsein Konstituierte wie Identität, Welt usw. in Abhängigkeit von Bedingungen, die ihrerseits stetigem Wandel unterworfen sind. An dieser Stelle werden in einer bemerkenswerten Analogie zur Kybernetik Subjekt-Objekt-Modelle durch Relationen, bzw. in der buddhistischen Terminologie durch Bindungen dargestellt. Diese Bindungstypen nennen sich Skandhas und teilen sich ein in Körper, Empfindungen, Wahrnehmungen, Geistesformation und Bewusstsein (Artikel Anatta. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 28. Januar 2008, 22:05 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Anatta&oldid=41780132 (Abgerufen: 18. Februar 2008, 12:11 UTC) und Artikel Skandhas. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 13. Dezember 2007, 19:08 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Skandhas&oldid=40030873 (Abgerufen: 18. Februar 2008, 12:13 UTC)). 36 Und auch vom Standpunkt eines Bewusstseinstheoretikers wie William James (2006, 32): „Persönliche Geschichten sind Prozesse der Veränderung in der Zeit, und die Veränderung selbst ist eines jener Dinge, die unmittelbar erfahren werden. >Veränderung< meint hier ununterbrochenen Übergang im Gegensatz zum unterbrochenen. (...) der ununterbrochene Übergang ist eine Art der verbindenden Beziehung (...).“. Bergson (1948, 177) schreibt: „Bemühen wir uns dagegen, die Veränderung, so wie sie ist, wahrzunehmen, in ihrer natürlichen Unteilbarkeit, so sehen wir, daß sie die Substanz selbst der Dinge ist.“. 37 Dennett (1996) geht z.B. davon aus, dass das Selbst in ständigem Wandel begriffen ist. Von dieser Warte aus bringt er die Theorie verschiedener „Minds“ ins Spiel. Ganz ähnlich, bloß empirisch greifbarer, auch Keifenheim (2000, 73-81) über die Seelenwelt der Kashinawa-Indianer, die glauben, dass der Körper von mehreren Geistern beseelt sei und Merleau-Ponty 2003, 277, über „die assoziierten Leiber“. Konstant bleibt demnach einzig die Leibeskonzeption (bzw. bei den Kashinawas das shinan als integrierendes Bewusstsein) hinter dem Handeln und Erleben. Dass auch der Leib selbst sich wandelt und mit ihm die Bedingungen für Handeln und Erleben, schließt diese Konzeption ausdrücklich ein. Auch Metzinger (2004) geht davon aus, dass es kein einziges „Selbst“ gibt und dass das jeweilige phänomenale (bzw. emergente) Selbst in einem fortschreitenden Prozess zu sehen ist. Insofern spricht Metzinger von einem transparenten Selbst-Modell. Schließlich geht auch Gebser (1986, 672 ff.) von Kontinuität als etwas nachträglich in das Geschehen Hineinkonstruiertem und somit von einer kontingenten Interpunktion von Übergängen aus. 38 Dazu Prigogine 1992, 263: „Sie [die Welt] ist eine Welt der Ungewißheit, aber auch eine Welt, in der das Handeln des Einzelnen nicht notwendig zur Bedeutungslosigkeit verurteilt ist, eine Welt, die nicht durch eine einzige Wahrheit zu beschreiben ist.“ 39 Walter 1992, 54 schreibt: „Beiden Systemen – dem genetischen Code wie dem I Ging - ist ein Paradigma gemeinsam: deterministisches, komplementäres Chaos.“ Und auf S.21: „In dem scheinbar zufälligen Chaos von Ereignissen verbirgt sich ein fraktales Muster, das dafür sorgt, daß sich die Ereignisse dynamisch bis in alle Ewigkeit fortsetzen.“ Dieses Chaos „hat seine eigenen Wahrheiten: (...) ein zyklisches Verhalten, bei dem ein Muster beständig mit minimaler Variation wiederholt wird; eine gestufte Ordnung bewirkt, daß ein Muster ins nächstgrößere paßt wie ineinandergestellte Schachteln.“(29). 40 „1. Beobachtungen sind nicht absolut, sondern relativ zum Standpunkt eines Beobachters (d.h. relativ zu seinem Koordinatensystem: Einstein); 2. Beobachtungen beeinflussen das Beobachtete und machen so jede Hoffnung des Beobachters zunichte, Vorhersagen treffen zu können (d.h. seine Unsicherheit ist absolut: Heisenberg).“ (Von Foerster 1985, 81). Anders ausgedrückt: „Objectivity is the delusion that observations could be made without an observer.“ (Von Foerster zit. nach von Glasersfeld 1995, v). 13 Entwicklungen über Zeiträume) zum Gegenstand einer wissenschaftlich geführten Auseinandersetzung werden. Beobachtungen dieser Art betreffen in Bezug auf die Entwicklung der Persönlichkeit im Allgemeinen die Physiologie (Genesen wie von der Kindheit zur Adoleszenz, also Veränderungen der Körpergröße, Motorik usw. und Modifikationen wie Piercings, Tattoos, Haarschnitte usw.) und das Verhalten/die Kommunikation (wobei hier zwischen Lern- und Anwendungsverhalten unterschieden werden kann). Beides lässt sich allerdings nicht gänzlich voneinander separieren41 und dient vor allem dem Zwecke der Veranschaulichung und Übersicht. Bevor diese Unterscheidung jedoch wieder aufgegeben wird, soll eine andere Art der Darstellungsweise aufgezeigt werden, die auch die Annahme der Unterscheidung von Genese und Modifikation einschließt. Unter dem gleichen Vorbehalt läuft auch die Unterscheidung von willentlich induzierten und unwillkürlich ablaufenden Entwicklungen. Auch hier wird sich zeigen, dass Ereignis, Handlung und Erleben mitnichten über den Vollzug der Einteilung in bewusst/unbewusst, die auf die klassische Psychoanalyse zurückgeht42, in Opposition zueinander stehen als vielmehr als graduelle Variationen, wie die Farben innerhalb des Spektrums des Regenbogens, zu bewerten sind. Einen weiteren Bereich der alltagsweltlichen Phänomenologie bilden die Anlässe, die eine Veränderung induzieren und irgendwie die Persönlichkeitsentwicklung beeeinflussen. Auch hier wird zunächst unterschieden zwischen soziopersonalen (kommunikativ katalysierten) Fällen, unter die sich auch Unfälle, Zufälle u.ä. subsummieren, da sie erst in der neuronalen Verarbeitung eine eigenständige Realität innerhalb des neuronalen Trägersystems erlangen, die eine solche Kategorisierung ermöglicht43, und den physikalischen Dispositionen44, die prä- bzw. averbal 41 Die Beziehungen zwischen Genese und Modifikation werden insbesondere von Foucault (1994) untersucht. Er geht von der Instrumentalisierung der Technik zur Disziplinierung der Körper aus (wie in der Architektur beispielhaft Benthams Panopticon (1994, 251-295). Das Beispiel veranschaulicht auch die Wirkung der Möglichkeit von Beobachtung auf das Verhalten von Menschen, Wirkungen, die die Unterscheidung von Intimität und Öffentlichkeit etablieren.). Die Sozialisation steht aus diesem Blickwinkel in einer buchstäblich bezeichnenden Vormachtstellung gegenüber den genetischen Dispositionen. Die hier eingeführte Unterscheidung schmilzt dadurch im Hinblick auf die Veränderung von Verhaltenskoordinationen aufgrund von technischen Eingriffen. Es gibt genügend Menschen, die ohne physiologische Notwendigkeit z.B. mit dem Tragen von Cowboystiefeln auch ihren Gang, ihre Art zu rauchen und zu sprechen bis hin zu den Bewegungen des Kaugummis im Mund modifizieren. Der Künstler und Robotiker Arcadiou („Stelarc“) entwickelt in diesem Zusammenhang über die Beziehung von technisch verlängerten, körperlichen Disziplinierungstechniken des Bewusstseins und der Kommunikation eine Vielzahl von Performances (siehe Homepage http://www.stelarc.va.com.au/). 42 die ebenfalls häufig dem Fehlschluss der unangebrachten Konkretheit (siehe Anm.) unterliegt. Ein missglückter Versuch, die psychoanalytischen Axiome unter Rückgriff auf Freud und Lacan in die Systemtheorie einzuflechten, findet sich in Fuchs (1998). Nach Fuchs eigener Einschätzung ein „Schlingschlangbuch“ (Fuchs 1998, 15) gleicht es der Zusammensetzung eines Puzzles aus miteinander inkompatiblen Teilen unterschiedlicher Puzzles und wird infolge dessen lediglich vom Einband zusammengehalten. 43 Rein physiologische Veränderungen, wie z.B. die Amputation eines Gliedes nach einem Unfall, werden erst durch die Auseinandersetzung des personalen Systems damit und durch die Kommunikation der Gesellschaft über „körperliche Herausforderungen“ für die vorliegende Untersuchung relevant. 44 wie hormonelle Veränderungen oder elektrochemischen Ausgangsbedingungen innerhalb und außerhalb des 14 wirken. Der Zusammenhang von genetisch-systemischen Vorgaben und phänotypisch evidenter Kommunikation bildet das Kernstück dieser Untersuchung. Freiheit und Determination werden damit zu einer Frage des Standpunktes des Beobachters. In aktuellen Diskursen über personale Transformationen erweisen sich vor allem psychologische Standpunkte als zunehmend problematisch: ihre transdisziplinären Entsprechungen, wie z.B. die Mikrosoziologie in den Sozialwissenschaften und hierbei insbesondere der Rational-ChoiceAnsatz45, lösen das Individuum gänzlich aus seinen sozialen Bezügen, die sie als Handlungs- bzw. Entscheidungsfaktoren nachträglich wieder theoretisch hineinkonstruieren. Entsprechende Theorien verlieren damit nicht nur ihre intuitive Schlüssigkeit. Sie stehen auch in unverträglicher Weise (makro)soziologischen Ansätzen gegenüber46. Erst in den vermittelnden Ansätzen von Bourdieu oder auch Luhmann wird die Eingebundenheit und wechselseitige Bezogenheit von Individuum und Gesellschaft beleuchtet47. Und erst die Abstrahierungen der Systemtheorie lenken die Diskussion von Menschenbildern ab auf Handlungshorizonte, Kontexte und Selektionen48. Das hat zwei weitreichende Konsequenzen: zum Einen werden die Menschenbilder kontingent. Wer sich auf die eigene gesellschaftliche Prägung beruft, hat genauso recht wie jemand, der eigene Möglichkeiten wahrnimmt und sie auch als solche betrachtet. Zum Anderen ändert sich damit das Verständnis von Wahrheit schlechthin49. 45 46 47 48 49 Systems (Pollenflug, Erbkrankheiten, γ-Strahlung, Synapsenaktivität (...)). So lässt sich z.B. das Reaktorunglück in Tschernobyl in zweifacher Hinsicht betrachten. Die Kommunikation über das Unglück, das u.a. den Exodus aus der näheren Umgebung des verstrahlten Gebietes bewirkte und die tatsächlich eintretenden Folgen, die die Strahlung auf die Menschen hatte. Es geht hier also nicht um die Folgen als solche, sondern um den Umgang der Menschen mit den von ihnen auf das Unglück bezogenen Folgen und es geht somit nicht um das Unglück selbst, sondern um die Kommunikation der Menschen über das Unglück und seine Folgen, z.B. die Zuschreibung von Krankheitsursachen auf externe (Strahlung) oder interne, psychosomatische Faktoren. Esser (1991, 40) benennt dies als Lösungsansatz für das „Problem der ´Tiefenerklärung´“, also die dem Handeln zugrunde liegenden Motive/Motivation. Der bekannteste geht natürlich auf Marx zurück, das Klassenbewusstsein in Anlehnung an Hegel, die Klasse an sich in Unterscheidung zur Klasse für sich. Althusser 1975 baut dieses in seiner psychoanalytisch-materialistisch geprägten Philosophie noch weiter aus. Durkheim (1984, 105-15) isoliert die Kriterien Allgemeinheit, Äußerlichkeit und Zwang als gesellschaftliche Strukturen, die das Individuum in seinen Handlungen determinieren. Aber auch Foucault (1994) tendiert zu der Annahme, dass das Individuum über Disziplinierungsmaßnahmen gänzlich von der Gesellschaft geprägt wird. In seinen Konsequenzen führt das zum Begriff der Biomacht und einer Dezentralisierung der Macht. Über ihre Wirkungsmechanismen siehe Serres (1964) und Hardt/Negri (2003, 22-42). Bezeichnend in diesem Zusammenhang die epistemologischen Ansätze von Lotze und Natorp: so geht Lotze (1879) vom Denken als einem „beziehenden Vorstellen“ (530) zwischen Begriffen/Dingen/usw., also von der objektiven Identität von Sachverhalten aus (Lotze 1989, XXI), während Natorp (1974, 40 u. 44 und 1985, 208 in Anlehnung an den Begriff der Relation, oder genauer der „dynamischen Verknüpfung“ von Kant, Beziehung unter Beziehungen oder Verhältnis des Bedingens) das Denken als eine Operation betrachtet, die selbst schon in Beziehungen bzw. Verhältnissen steht. Genau das zeigt die Schwäche des akteurszentrierten Ansatzes und der Psychologie als einer Wissenschaft der Unzulänglichkeit. Und das ruft die ersten Soziologen (Thönnies, Durkheim, Weber) und ihre aus heutiger Sicht makrosoziologischen Ansätze auf den Plan. Auch Searle (1986, 68) denkt, bezogen auf Intentionalität, epistemologisch in diese Richtung: „Jeder intentionale Zustand funktioniert nur als Teil eines Netzes anderer intentionaler Zustände. Und mit „funktioniert“ meine ich hier, daß er seine Erfüllungsbedingungen nur relativ zu einer riesigen Menge anderer intentionaler Zustände festlegt.“. Bateson (1981, 362-400 und 530-549) hat dafür mit der Etablierung von Lernebenen große Vorarbeiten geleistet. Mit zum Teil gravierenden gesellschaftlichen Konsequenzen, Stichwort Kulturrelativismus (Tibi 2002, 31). Ob es 15 Es wird jetzt nicht mehr über das Gebiet50 gestritten. Vielmehr werden Landkarten abgeglichen, Theorien synthetisiert und anhand ihrer Brauchbarkeit51 benutzt oder verworfen. Theorien werden wie Folien übereinandergelegt, deren Komplexität weniger das Gebiet beschreibt als vielmehr die faktoriellen Variablenkonstitutionen und -kombinationen der sie verwendenden Fragestellungen. Das führt zu Synergieprozessen und einer zunehmenden Epherimisierung52. Die dadurch gewonnenen Spielräume versetzen in die Lage, auf immer größere Komplexität zu reagieren, was eine zunehmende Sensibilisierung und leichtere Irritierbarkeit zur Folge hat. Denn auch das Störungspotential und die sie konstituierenden Zusammenhänge nehmen proportional zur Differenzierung soziopersonaler Perspektiven zu. Gesellschaftliche Differenzierung, Vervielfältigung des Denkens und der Perspektiven, Globalisierung und Vernetzung von Erkenntnisstrukturen, Problembewusstsein, Krankheiten und darauf reagierende Strukturen lassen einen Raum entstehen, der totalitaristische Strömungen wie Ideologien, Fanatismus u.a. gleichermaßen sprengt wie entlarvt. Auf der anderen Seite geraten viele Maßstäbe von Bewertungen zu kulturrelativen Konstruktionen, die sich im Zuge von Säkularisierung und emanzipatorischen Bestrebungen selbst als adaptationsfähig zu erweisen haben 53. Die Frage, was normal ist, trennt sich von der Frage, was gesund und was krank ist. Wenn psychotische Symptome, Besessenheit und Schizophrenie in Kulturen wie Brasiliens oder Nepals Naturreligionen als besondere Begabungen betrachtet werden, zeigt das einmal mehr die Ethnozentrizität hiesiger gesellschaftlicher Krankheitsauffassungen. Wird z.B. „Krankheit“ am individuellen Leidensdruck 50 51 52 53 nun darum geht, die Schöpfungsgeschichte der Evolution gegenüberzustellen und im Biologieunterricht (wörtlich!) zu lehren (wie in einigen Bundesstaaten der USA), oder darum, ob sich Journalisten, Schriftsteller und Künstler säkularer Staaten für die eventuelle Verletzung kulturreligiös geprägter Empfindlichkeiten zu verantworten haben (wie beim sog. „Karikaturenstreit“, der Fatwa Rushdies aufgrund seiner „Satanische[n] Verse“, dem Mord an van Gogh usw.). Von daher besehen sollte es der „Ideologie“ Humanismus nicht so sehr um die bloße Behauptung einer „Universalität“ der Menschenrechte gehen als vielmehr um eine kulturübergreifende Integralisierung derselben. Weg von einem „Kampf der Kulturen“ (Huntington 1997, kritisiert von Tibi 1995, 40, 282, 304) zu einer kulturübergreifenden Verbreitung von Wertvorstellungen (wie Vernunft/Kritikfähigkeit) unter Bezug auf die eigenen kulturellen Traditionen (das könnte im Islam z.B. der Sufismus sein). Dazu exemplarisch Tibi, 1999, 364. „A map is not the territory.“ (Korzybski 2000, 750). Das bezieht sich auf den Umstand, dass es nicht eine Wahrheit gibt, um die gestritten zu werden braucht, sondern jede Wahrheit eine bestimmte und einzigartige neuronale Repräsentation mit einer Art normativen Evaluierungsfunktion des individuellen Verstandes darstellt. Dazu passt auch Rorty, der den Wahrheitsbegriff rein linguistisch formuliert und „Wahrheit“ somit vom jeweiligen Vokabular her bestimmt. „Models are not true or false. They are more or less useful.“ (Stafford Beer) gefunden bei: http://youtube.com/watch?v=Qw5sGhZqypY („Models and More“, 05:01, 06.11.07). Vgl. auch Beer 1969, 79, 91ff., 123 u. 157. Ein Begriff, der auf Buckminster Fuller zurückgeht und natürliche wie zivilisatorische Prozesse der Multifunktionalisierung und eines „Mehr mit weniger Tun“ bezeichnet. Auch das daraus hervorgegangene Synergiekonzept wurde von Fuller (Fuller 1997) geprägt. Zur Synergiefunktion und -effekten bezogen auf das Gedächtnis siehe auch Haken 1991, 190-206. So zeigt es sich auch, dass die in Deutschland von Bassam Tibi angedachte „Leitkultur“ (Tibi 2002, 203) im konservativen Modus zu eng gelegt, bzw. parteipolitisch instrumentalisiert und von liberalen und progressiven Kräften gar nicht erst aufgegriffen wurde. Diese einseitige Vereinnahmung führte einzig dazu, dass sie selbst in den Parteiprogrammen konservativer Parteien inwischen so gut wie fehlt. 16 gemessen und nicht an einer unreflektierten Auffassung von Konventionalität, individualisiert sich die Kultur und es entsteht Toleranz. Allerdings sind jetzt die institutionell legitimierten Katalysanten personaler Transformationen54 auch gefordert, mindestens ebenso individuelle Lösungen zu finden, die der Komplexität der Probleme selbst wie auch der sie manifestierenden Personen gerecht werden. Unter diesen voraussetzungsvollen Verhältnissen können personale Entwicklungen im Prinzip alles Seiende, alles Vergangene und alles Werdende betreffen. Therapien können sich nicht mehr darauf beschränken, ein Gebiet vorzugeben und die Landkarte eines „Kranken“ darauf zu konditionieren55. Stattdessen geht es darum, Kriterien und Orientierungen unter Annahme individueller Realitätskopplungen herauszuarbeiten, die das Leiden sinnhaft integrieren und als Wachstumschance hervortreten lassen56. Die Bewährung einer erweiterten Landkarte im Alltag zeugt dann von dem jeweiligen therapeutischen und/oder wissenschaftlichen Erfolg der Intervention. Daher besteht das Problem nicht darin, eine Realität herauszufinden und ihrer Wahrheit aufzusitzen, sondern in der Suche nach Kriterien, an denen sich personale Transformationen entlanghangeln können, um eine individuelle Äquilibration zu erreichen bzw. aktualisieren und die personalen Adaptationsstrategien ökologisch57 einzubinden58. So gibt die Stimme des singenden Kashinawa-Schamanen den berauschten Indios den Halt, sich durch die Visionen und drogeninduzierte Entdifferenzierung der Welt hindurchzufinden59. Es stellt sich also die Frage, wie sich derart durchgreifende Transformationen in der funktional differenzierten Gesellschaft generieren und kontrollieren lassen, die die innergesellschaftliche Kommunikation, wie auch ihren Zusammenhalt nachhaltig stabilisieren und fördern, oder dem zumindest nicht entgegenwirken. Ein weiteres Bündel von Problemen ergibt sich aus den quasi inflationären und ubiquitären Verwendungen von Begriffen wie „Lernen“ und „Sozialisation“ vor allem in der Psychologie und Soziologie, aber natürlich auch im Alltag, mit denen personale Transformationen/Entwicklungen 54 z.B. Ärzte, Lehrer, Coaches, Psychiater, Dozenten, Mediatoren usw. 55 Man denke an Kubricks „Clockwork Orange“, Orwells „1984“ und an den Behaviorismus, insbesondere Skinners „Walden Two“ (1998). 56 So Dethlefsen/Dahlke (1990,127). 57 Im Sinne G. Batesons, Ökologie des Geistes (1981, 179-81, 299-301, 636-47). 58 Im Neopragmatismus Richard Rortys wird dies als Zurückstellung der Suche nach Wahrheit zugunsten der Suche nach und Evidenz von Werten (Rorty 1980, 306) bereits in seinen Konsequenzen gesehen, im Falle der Wissenschaft: Freiheit und Solidarität (Rorty 1995). Luhmanns Kreation eines eigenen Interaktionsmediums „Wahrheit“ für die Wissenschaft (Luhmann 1992) in seiner Systemtheorie trägt ebenfalls dieser Sichtweise Rechnung. 59 Keifenheim (2000, 133) Dieses bewusst gewählte extreme Beispiel soll eine wesentliche systemtheoretische Annahme demonstrieren, dass im Wandel das zentral ist, was konstant bleibt (Maturana 1997). Im vorliegenden Beispiel sind es die Stammeslieder, die die Stimme des Schamanen transportiert. 17 benannt und beschrieben werden60. Da sie oftmals unterschiedliche Phänomene bezeichnen und unterschiedlichen Theorien ihre semantische Tragweite abtrotzen, werden sie mit den diese Untersuchung liefernden Unterscheidungen untersucht und reformuliert. Ein besonderes Feld bildet die Gegenüberstellung von Lehren und Lernen. Die Einheit dieser terminologischen Opposition zerfällt, wenn in Rechnung gestellt wird, dass eine Übermittlung von (Lehr-)Inhalten in konstruktivistischen Kommunikationsmodellen gar nicht möglich ist und sich nur mit den früheren, als weitgehend überholt geltenden Überlegungen zur Kommunikation, wie beispielsweise dem Sender-Empfänger-Modell von Shannon und Weaver61, begründen lässt62. Personale Transformationen werden in der Psychologie weitgehend vom Bewusstsein her verstanden und nicht von der Kommunikation her behandelt. Als Integrationskonstrukt wird dabei die Psyche betrachtet, ein aus der griechischen Mythologie stammender Begriff, der den menschlichen Geist und/oder Seele bezeichnen sollte. Die Annahme und Erklärung der Psyche, die Gegenüberstellung von Geist und Körper/Gehirn und das Verhältnis dieser Seele zu einem Schöpfer/einem Schöpfungsprinzip sind Themen, die viele Wissenschaftler und möglicherweise sogar die Wissenschaften als solche zu überfordern scheinen63. Das mag daran liegen, dass in den genannten Aufgabenstellungen Ebenen vermischt werden, die unterschiedliche Behandlungen und deren Synthese erst in Darstellungen axiomatisch erweiterter Modelle und Theorien erfordern, die nach der Modelltheorie ihre Widersprüche aufzulösen oder zu erklären in der Lage sind64. Die Annahme einer gegen unendlich gehenden Weltkomplexität impliziert die konstante Unvollständigkeit systemintern reduzierter Komplexität, nicht aber der Widerspruchsfreiheit der ihr zugrunde liegenden Annahmen. Daher wird in Berufung auf das Gödelsche Unvollständigkeitstheorem, demnach ein Modell nur entweder unvollständig oder widersprüchlich sein kann, der Unvollständigkeit der Vorzug gegeben65. Es sollen Widersprüche beschrieben und ggf. aufgelöst, nicht aber aufgestellt werden66. Deshalb wird im Folgenden von den genannten 60 Meynig (2005) hält es für wahrscheinlich, dass diese Art Beliebigkeit zur häufigen Verwendung genauso beigetragen hat wie zur Verhinderung der Etablierung der Sozialisationsforschung als eigenständigem Wissenschaftsbereich. 61 Shannon /Weaver (1963). 62 Lehren ist Lernen (Chott 1996, 17/21) und es geht insofern darum, lernen zu lernen und lernen zu lehren. 63 Insofern können viele Wissenschaften als Kapitulation vor der Hinterfragung ihres spezifischen Ansatzes betrachtet werden: die Theologie vor dem Zweifel an einem Gott, die Psychologie vor dem Zweifel an einer Seele usw.. Das gilt natürlich nicht für die Kulturwissenschaften, die mitunter als Erstes fragen, was mit Kultur denn überhaupt gemeint ist. Das verdeutlicht im übrigen ihre selbstreflexiven Fähigkeiten. 64 So sagte Albert Einstein: „No problem can be solved from the same level of consciousness that created it.“ (http://zitate.net/autoren/34/zitat_1787.html (20.01.08)). 65 Was sich auch mit dem Kritischen Rationalismus Poppers vereinbaren lässt. Zum Unvollständigkeitstheorem von Gödel vgl. Beer 1963, 93 und ihrer Interpretation Sokal/Bricmont 1998, 200-205. 66 Dass das nicht selbstverständlich ist, zeigt z.B. Nelson Goodmans neues Rätsel der Induktion (Goodman 1988, 97). Allerdings zeigt sein Rätsel sehr gut, wie aus Kontingenz Redundanz gewonnen und in Selbstverständnis überführt wird, was noch einmal das prekäre, da oftmals unkritische Verhältnis wissenschaftlicher Disziplinen zu den ihr 18 Themen Abstand genommen und Termini wie „Psyche“ und „Seele“ mit Vorsicht gebraucht. Ihre Reformulierung ergibt sich implizit aus den weiteren Schritten, ist aber nicht Thema der Studie. II.1. Begriffe und Phänomene 1: Persönlichkeitsentfaltung und Persönlichkeitsentwicklung II.1.1. Die beiden Modelle67 Der Cartoonist Erik Liebermann hat für die beiden Modelle von Persönlichkeitsentfaltung und Persönlichkeitsentwicklung eine bildliche Darstellung gefunden: zugrundeliegenden Annahmen demonstriert. Widersprüche treten dann auf, wenn bereits von reduzierter Komplexität ausgegangen wird, also ausschließlich auf der immanenten Seite der „primordialen Fissur“ (Fuchs 1998, 17-21) operiert wird. Personen, gar Menschen werden dann vergleichbar, Werte, Verhalten usw. qualifizierbar und quantifizierbar. Im gewissen Sinne gibt es auf einer sehr basalen Ebene also zwei Wissenschaften: die Wissenschaft des Redens und die Wissenschaft des Schweigens (dazu E. Weil nach Deligne 1998). Die Wissenschaft des Redens bezieht sich immanent auf Immanentes, die des Schweigens immanent auf das transzendente Andere. Es wird sich zeigen, dass ein solcher metakognitiver Standpunkt eine notwendige Bedingung zur Induktion personaler Entwicklungen darstellt. Eine Annäherung, die das schon erkannt hat, findet sich auch bei Levinas 1988 in seiner Erklärung eines Denkens, das mehr denkt, als es denkt (Levinas 1988, 15ff.). 67 Dazu auch Meynig 2005, 24. 19 Abb.1: (Faulstich-Wieland 2000, 39) Die Persönlichkeitsentfaltung setzt den Entwurf einer Persona bereits voraus. Im Laufe des Lebens durchläuft die Person Situationen, in denen der Facettenreichtum ihrer Fähigkeiten sichtbar wird. Unbewusste Kompetenzen treten in diesen Triggersituationen zutage. In der Persönlichkeitspsychologie wird dabei auch vom Eigenschaftsmodell gesprochen. Das andere Modell ist das der Persönlichkeitsentwicklung: Abb.2: (Faulstich-Wieland 2000, 40) Die Persönlichkeitspsychologie nennt es das situationistische Modell. Die Person entwickelt sich dabei im Laufe des Lebens auf der Grundlage der Situationen, in denen sie sich bewähren muss. Die Persönlichkeit misst sich an der Vielfalt der Situationen und Rollen, die sie bereits durchlaufen hat. II.1.2. Synthese des Entfaltungs- und Entwicklungsmodelles Der interaktionistische Ansatz der Persönlichkeitspsychologie geht von einer Synthese beider Modelle aus. Auch eine Neurobiologie der Sozialisation stützt sich auf eine Kombination beider Modelle. Die Person kann kein Verhalten für etwas entwickeln, für das es keine genetische Disposition gibt. Die genetische Disposition bestimmt die Eigenschaften, die die Ausprägung eines bestimmten Verhaltens ermöglichen. Umgekehrt bestimmen die Lebenssituationen maßgeblich, welche Verhaltens- und Wesenszüge sich ausprägen. 20 Diese vor allem von der Entwicklungspsychologie thematisierten wechselseitigen Bezüge sind allerdings noch nicht erschöpfend erforscht. Roth (2003) meint, dass das Verhältnis von genetischer Disposition und Sozialisation bei 40 zu 30 liegt, also 40 % Disposition, 30 % Sozialisation in den ersten drei Lebensjahren und 30% durch Erfahrungen im Laufe des Lebens, die die Fähigkeiten, Lernräume und Verhaltensmuster als Parameter der Persönlichkeit des Menschen bestimmen. Festzuhalten ist, dass die Persönlichkeit anteilig entwickelt, anteilig entfaltet wird. Eine „Persönlichkeitsentfaltung“ impliziert allerdings, dass das, was ent-wickelt wird, vorher schon „verpackt“ in der Person geschlummert hat. Lernen und Modellierungen von Fähigkeiten / Eigenschaften / Prozessen in der Umwelt assimilierender Systeme werden durch Zielsetzungen deutlich erleichtert. Im Folgenden wird dem Begriff der „Persönlichkeitsentwicklung“ der Vorzug geben, da er dem Autor weniger voraussetzungsvoll erscheint. Vorausgesetzt wird hier, dass persönliche Ziele und deren methodische Realisierung einen Kontext bilden, in dem Entwicklungen stattfinden. Es wird gezeigt, dass dieser „Kontext“ der Setzung und Organisation von Zielen und Wegen/Erfahrungen ein kommunikativer ist. Es wird nicht vorausgesetzt, dass eine Persönlichkeit vom Menschen quasi mit in die Welt gebracht wird und im richtigen Kontext zur Blüte gelangt. Diese Perspektive ist wohl zulässig, aber nicht Thema dieser Studie. II.2. Begriffe und Phänomene 2: Lernen und Sozialisation Die Aufschlüsselung oder Neubestimmung der mit „Lernen“ und „Sozialisation“ bezeichneten Prozesse wird mit der Aufstellung der Hypothese von der Geltung der wechselseitigen Bezüge von Bewusstsein und Kommunikation (in IV.2.) vorangetrieben. So wird es dadurch ersichtlich, dass die intentionale Steuerung personaler Transformationen gemeinhin als Lern- bzw. Lehrvorgänge beobachtbar werden. Wünsche und Ziele stellen ganz allgemein notwendige Bedingungen von Lernprozessen dar. Wünsche und Ziele sind die Bedingungen der Möglichkeit von Absichten. Und diese Ausrichtung ist für die Kreation und Entscheidung/Selektion von Strategien und Taktiken68 notwendig. Wünsche, Ziele, daraus abgeleitete Absichten und Strategien stellen auch präverbale Voraussetzungen der Genese von Sprache bzw. Kommunikation dar. Genetische Dispositionen alleine reichen dafür bei weitem nicht aus69. Da das Soziale in seiner biologischen Definition als Orientierungsverhalten kanalisierend, verstärkend und kondensierend wirkt, entscheidet es über das 68 Sunzi 2001. Das gilt aber nicht nur für die Kriegsführung oder die Künste, es gilt allgemein. Wer sich dessen bewusst ist, kann es entsprechend kontextuell an- und einpassen. 69 Das wird ersichtlich bei der Entwicklung von begabten Kindern in gestörten Verhältnissen oder noch offensichtlicher bei geistigen Behinderungen (z.B. der „Kaspar-Hauser-Hospitalismus“. Vgl. Bateson 1981, 332-47 und Laing 1972). 21 Ob und Wie von Ausprägungen genetischer Veranlagungen. Lernen und Lehren stehen sich in der Alltagsverwendung gegenüber und bezeichnen die Konzeption einer asymmetrischen Beziehung70. Wird von der Reziprozität menschlicher Beziehungen aus konstruktivistischer Sicht ausgegangen, dann ergibt sich ein Schema, in dem Lehren und Lernen in jeder Interaktion stets bei allen an ihr Beteiligten erfolgt. Je nach Intelligenzgrad und -typ71 und den von Bateson unterschiedenen Lernebenen „lernen“ alle Interagierenden mit großer Wahrscheinlichkeit in unterschiedlichen Bereichen. So können sich die Verhältnisse bei genauer definierter Beobachtung sogar vom Lernenden zum Lehrenden verschieben72. Es bleibt zu differenzieren, wer was auf welcher Ebene voneinander lernt. Und es ist festzuhalten, dass der intentional strukturierende Repräsentationsaufbau des personalen Systems im neuronalen Medium Lehrzuschreibungen, -befähigungen, -inhalte sowie die in sie eingehenden Submodalitäten selbst bestimmt. Die Ausgabebedingungen personaler Systeme werden von Luhmann in Rückgriff auf von Foerster mit denen nontrivialer Systeme 73 verglichen, über die sich keine absoluten Aussagen treffen lassen. Die Lern- und Entwicklungsmethodik des „Nimomashtic“ des Anthropologen Victor Sanchez ist eine darauf abstellende Praxis des Sich-Selbst-Lehrens74. Trainer werden hier zu Begleitern des eigenen Weges, der eigenen absichtsvollen Ausrichtung. Sanchez unterteilt in Anlehnung an Castaneda das Wissen in Erfahrungs- und logisches Wissen (sog. Tonal) auf der einen und intuitives Wissen oder Praxis (sog. Nágual75) auf der anderen Seite76. Als wirkliche Lehrer werden 70 Komplementär in der Terminologie Watzlawicks (1974, 68-71) unter Verweis auf Bateson (107-108). 71 Wilber (2001 und in „Integral Operating System 1.0“) unterscheidet zwischen fünf bzw. sieben Formen von Intelligenz: kognitiver, zwischenmenschlicher, moralischer, musikalischer, weltanschaulicher, kinästhetischer (affektiver) und spiritueller bzw. Wertintelligenz, die in jeweils drei Stadien ausgebildet (ausbildbar) sind: vorkonventional, konventional und postkonventional. Gardner (1991) unterscheidet in seiner „Theorie der multiplen Intelligenzen“ die sprachlich-linguistische, die logisch-mathematische, die musikalisch-rhythmische, die bildlichräumliche und die körperlich-kinästhetische. Zusätzlich differenziert er einen weiteren Bereich der „personalen Intelligenzen“ (218) und ihre Subkategorien der naturalistischen, interpersonalen, intrapersonalen und existenziellspirituellen Intelligenz. Guilford (Gardner 1991, 20) wiederum erweiterte den gängigen Intelligenztest und darauf abstellenden Begriff zwar nicht, verfeinerte aber seine Konstituenten und gelangte zu einem Raster aus 120 Einzelfaktoren, aus denen sich die Auffassungsgabe ableiten lässt. 72 Wie der Witz von der Ratte zeigt, die dem Wissenschaftler vorgaukelt, sie wäre konditionierbar, weil sie die experimentelle Fragestellung durchschaut. Als Konsequenz der Einsicht über die Relativität des Wissens und der Relation des Lehrens und Lernens trifft der Physiker Richard Feynman (http://www.zitate-online.de/autor/feynmanrichard-p/, 19.11.07) die Aussage: „Ich finde es weit interessanter, so zu leben, dass man nichts weiß, anstatt Antworten zu haben, die möglicherweise falsch sind.“. 73 Luhmann 2002, 77. 74 Dem Autor sind außer Sanchez keine Quellen bekannt, die den Begriff „Nimomashtic“ sonst noch verwenden. Da Sanchez einen Zusammenhang mit der toltekisch-atztekischen Tradition behauptet, wäre davon auszugehen, dass der Begriff aus der Atztekensprache Náhuatl (dazu León-Portilla 1988 und 1969, 51) entlehnt wurde. 75 León-Portilla 1969, 31. Laut León-Portilla bedeutet der Begriff „Náhual“ wörtlich „das Alter Ego“, also der generalisierte Andere. Insofern leitet sich aus ethymologischer Perspektive im Atztekisch-toltekischen die Sprache („Náhuatl“) aus der Existenz des/der Anderen („Náhual“) ab. 76 Sanchez 1996, 37. Von der Einteilung geht im übrigen auch Krishnamurti (1992, 48 und 264) aus. Denken funktioniert demnach nur im Bekannten. Ein kompetenter Umgang mit Unbekanntem bedeutet gerade nicht zu 22 in der von Sanchez beschriebenen Weltsicht der Wirrarika-Indianer Entitäten wie die vier Elemente betrachtet77. Lernprozesse werden durch die Behandlung überpersonaler Entitäten als Lehrer abstrahiert und von Zuschreibungsobjektivierungen befreit. Ähnlich geht auch der lernpsychologische Konstruktivismus davon aus, dass Lehrer in Hinsicht auf effizientes Lernen vielmehr als „Lernprozessberater“ denn als Lehrer auftreten sollten. Als Lernen unterscheidet es phänomenal die Kategorien Konstruieren (Erfinden), Rekonstruieren (Entdecken) und Dekonstruieren (Kritisieren). Das stellt einen Lösungsansatz für das Problem dar, dass Lehr- und Lernkompetenz in ihrer rollen- bzw. erwartungsgeregelten Aufrechnung, dem Instruktionismus78, zu knappen Gütern werden, deren zuschreibungshafte Verteilungsaktivitäten auf Lernprozesse perturbativ einwirken79. Systemtheoretischen Auffassungen am Nächsten liegen Konzepte wie das des Situierten Lernens, das in der fortwährenden Aushandlung von Bedeutungen besteht 80. Ähnlich betrachtet auch Schelling soziales Handeln als ständiges Konfligieren81. Dem gegenüber ist die Sozialisation alles das, was nicht Lernen ist und was das Personale systemreaktiv erfährt. Bateson spricht diesbezüglich vom Lernen 0. Darunter fallen einfache Konditionierungen, Reflexe u.ä., Unterschiede, die keinen Unterschied machen, wie Marken und 77 78 79 80 81 Denken. Weisheit beginnt jenseits des Denkens, das stets nur auf Erfahrungen kompensatorisch und organisatorisch reagieren kann. Weisheit, also Nichtdenken, ist demnach Kompetenz zur Gegenwärtigkeit. Ähnlich argumentiert auch Baecker (http://www.taz.de/1/zukunft/wissen/artikel/1/sozialisationsagentur-uni/?src=SE&cHash=90479540a2 (19.11.07)), der (geistes-)wissenschaftliche Kompetenz als Fähigkeit zum Umgang mit Nichtwissen beschreibt. Mit einem solchen postsokratischen Pragmatismus ausgerüstet wäre Sokrates, konsequent weitergedacht, womöglich der Schierlingsbecher erspart geblieben. Bachelard (1978, 188) dachte in die gleiche Richtung: „ (...) So kommt es zu einer postromantischen Theorie von der absoluten Bedeutung der Elemente, in denen dem Menschen das Wesen seines eigenen Bewußtseins zuteil werde. Die philosophische Reflexion übergibt sich ganz der Wirklichkeit des Stoffes, der Natur von Feuer, Wasser, Luft und Erde, in denen sich die Einbildungskraft selbst zuteil werde, und findet hier die Wahrheit, so wie sie in den Wissenschaften Wahrheit gefunden hatte.“. Von Foerster spricht von „Trivialisierung“ (von Foerster 1985, 21). Er meint damit die Erwartung eines berechenbaren Outputs seitens des „Lernenden“. Der Lernende hat dabei zu lernen, eine triviale Maschine zu spielen, die auf bestimmte Fragen genau festgelegte Antworten zu geben hat. Minsky empfiehlt zur Ausbildung eigenständigen Denkens entsprechend, „We have to learn not to learn what we learn.“. Er bezieht sich damit augenscheinlich auf die Akkomodation assimilierter Strukturen bzw. das Lernen II bei Bateson (siehe IV.1.). Magee (1985) spricht in diesem Zusammenhang in Anlehnung an Popper von „unintented consequences“, die den „Outcome“ einer Lernsituation beeinträchtigen. Weder der staatliche Lehrbetrieb noch alternative Lehranstalten wie die Waldorfschule der Anthroposophie sind in der Lage, die neuronal faktisch gegebene Einzigartigkeit jedes personalen Systems voll zu berücksichtigen. Am ehesten ist das noch in der Montessori-Pädagogik (Holtstiege 1994) der Fall. Das Konzept basiert auf der Befähigung zu intrinsischem Forschen. Über Lehrinhalte entscheiden die Schüler dabei weitgehend selbst. Wird auch die Nontrivialität der Lehrkräfte in die Überlegung miteinbezogen, wäre es konsequent, wenn sich Schüler und Lehrer gleichberechtigt füreinander entscheideten, um so die Unterrichtssituation über die Anerkennung der beidseitigen Freiheit der Individuen zu definieren. Man könnte sagen, dass sich das Wissen des Lernenden an der Qualität seiner (Forschungs-)Fragen misst, genau wie das Wissen des Lehrenden an der Qualität seiner Fragestellung und forschungsbezogener Anschlussfragen, die, und das macht die Bescheidenheit eines Lehrers aus, durchaus offen und über das eigene Wissen hinausreichen dürfen. Der Lehrende ist also bereit, vom Lernenden etwas Neues zu erfahren. Insofern unterscheidet sich der Lehrende vom Lernenden durch seine Bescheidenheit, das Bewusstsein um die Begrenztheit des eigenen Wissens. Lave / Wenger 1991. Schelling 1960 in Bühl 1972, 9-64. 23 Inskriptionen in der Definition Nelson Goodmans82. Im weiteren Sinne lassen sich auch unvernetzte Repräsentationen für einen Beobachter als Lernen 0 bezeichnen 83. Das trifft z.B. auf Menschen mit Kombinationsschwächen wie der Bildung von Syllogismen zu. Die Dianetik, das Dogmengebäude von Scientology, unterscheidet hierbei den analytischen und den reaktiven Mind84. Der reaktive Mind erlebt zusammenhanglos wie das kontinuierende Bewusstsein selbst. Der analytische Mind bildet Kategorien im Sinne Kants oder etabliert Gestalten im Sinne der Gestalttheorie, die das Erleben sinnhaft ordnen. Es setzt Prioritäten und blendet für zu leicht Befundenes aus. Auf Grundlage dieser weitläufig einhelligen Unterscheidung von „Sozialisation“ und „Lernen“ wird bis auf Weiteres davon ausgegangen, dass Sozialisation das Lernen als ihre besondere Form nicht einschließt, sondern dass es sinnvoll ist, Lernprozesse von bloßer Sozialisation klar abzugrenzen. Als umfassende Definition eignet sich der Sozialisationsbegriff nur in Gegenüberstellung zur genetischen Disposition. In diesen Zusammenhang fallen auch die von Kuhn beschriebenen paradigmatischen Wechsel. Wilber konstatiert, dass auch auf der personalen Ebene paradigmatisch verfahren wird. So gehen personale Systeme aufgrund struktureller Notwendigkeiten von Vorannahmen aus, deren Hinterfragung sich ihnen im Moment ihres Gebrauches entzieht85. Als Konsequenz dieser Beobachtung schlägt er die Einteilung des menschlichen Erkennens in eine Abfolge von drei Operationen vor: die Injunktion bezeichnet einen Befehl der Wahrnehmung von etwas als etwas. Es entsteht eine Identifikation im Sinne einer Bedeutungszuweisung. Dies bildet den paradigmatischen Grund aller darauf aufbauenden epistemologischen Operationen. Die Apprehension ist eine Vermutung oder Eingebung, eine Art Detektor, die in der Confirmation ihre Bestätigung erfährt86. Allerdings unterscheidet sich die von Wilber vorgenommene Übertragung vom Kuhnschen Originalmodell insofern, dass Kuhn nicht von Entwicklungen evoluierender Systeme87 ausgeht, sondern vor allem die radikalen Brüche revolutionärer Paradigmenwechsel in geradezu sozialdarwinistischer Manier 82 Goodman 1993, 82ff. Demnach bestimmen sich Marken rein von ihrer Evidenz her, ihrem phänomenologischem Auftreten. Inskriptionen hingegen tragen semantisches Potential, welches jeweilig funktional in ihrem semantischem bzw. kommunikativen Gesamtzusammenhang bestimmt wird. 83 Das wird auch durch Kandels (Kandel 1996, 672-675) Lerndefinition gestützt. Er geht davon aus, dass implizites (im Gegensatz zu explizitem, erstmaligem) Lernen in einer funktionalen Veränderung der Effektivität vorhandener Verknüpfungen besteht. Dies wären, um noch einmal auf Fuller zu kommen, Prozesse der Epherimisierung und Synergienbildung und somit der Möglichkeit der Nutzung von Kapazitäten zur Reduktion zusätzlicher Komplexität. 84 Artikel Scientology. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 1. Februar 2008, 11:38 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Scientology&oldid=41919675 (Abgerufen: 12. Februar 2008, 15:13 UTC). Eine kritische Auseinandersetzung mit der Scientology-Philosophie ist angedacht, übersteigt aber den Rahmen dieser Untersuchung. 85 Der sogenannte blinde Fleck. Luhmann (1998, 62) bezeichnet es in der Besprechung des Spencer-Brownschen Formenkalküls als das ausgeschlossene Dritte einer jeden Unterscheidungsoperation. 86 Ausführlicher in Kap. III. 87 In Kuhns Fall: des Wissenschaftsbetriebs. 24 betont. Lakatos kritisiert dies an Kuhns Ausführungen88 und hält dem entgegen, dass die folgenden Paradigmen die Widersprüche des Alten zu integrieren in der Lage sind. Insofern sei denn auch eine Entwicklung in Hinsicht auf den Erfolg der Reduktion größerer Komplexität festzustellen89. Wilbers eigenes, evolutionär angelegtes Modell der menschlichen Entwicklung passt daher besser zu Lakatos Modifikation der Paradigmentheorie als zum Original von Kuhn. Für eine solche Sichtweise spricht auch Fullers Beobachtung einer Epherimisierung menschlicher Praxis. Irrational und revolutionär erscheinen diese Brüche denjenigen Vertretern des alten Paradigmas, die strukturverhaftet operieren und somit keinen Metastandpunkt zu entwickeln in der Lage sind, von dem aus sie sequentiell dessen Annahmen in Klammern stellen können90. Auf personaler Ebene kann das bedeuten, dass sich Freunde, Partner, Arbeitgeber usw. einer Person, die einen Transformationsprozess persönlicher Annahmen durchläuft, ihre Erwartungen und Erwartungserwartungen gegenüber dieser Person je nach lebens- und alltagsweltlicher Nähe/Ferne von Grund auf zu reflektieren haben. Der veränderte Kommunikationsmodus, der das neugefundene Selbst (im Sinne einer Identität) stabilisiert, irritiert die gesamte soziopersonale Umgebung (Nische), die bereits Erwartungen im Hinblick auf das transformierte System generiert und personalisiert haben. Die Transformation des personalen Systems bietet daher auch der Umgebung die Möglichkeit, ihren Informationsapparat in Hinblick auf relevante und irrelevante Irritationen91 neu zu justieren und sich somit Strukturredundanzen zu entledigen92. Insofern kann, um noch 88 Lakatos 1982a, 6. 89 Allerdings grenzt sich Lakatos gegen den aus dem Kritischen Rationalismus Poppers entstandenen Falsifikationismus/Kritischen Empirismus ab, der wissenschaftliche Theoriebildung und -verwerfung als eine immer feinere Annäherung an eine letztlich nicht vollständig bestimmbare Realität betrachtete. Bei Lakatos fällt der Realitätsbegriff bereits aus der Theorie. Das bezeugen schon seine Untersuchungen über den Umgang mit unendlichem Regress (Lakatos 1982, 3-23), letztlich ein Äquivalentsbegriff zur „Komplexitätsreduktion“, womit er den Fokus von der „Welt“ und „Wissen“ über die Welt auf das System selbst verschiebt, das die Welt als Beschreibung jeweilig (in der Terminologie Norbert Wieners) „errechnet“. Konkret wirft er Popper vor, er habe nicht erkannt, dass Theorien bereits „widerlegt` geboren“ (Lakatos 1982, 196) werden. 90 z.B. können von Rechnern aktuell verwendete Programme nicht deinstalliert werden. Von personalen Systemen verwendete Axiome als Bedingung der Möglichkeit ablaufender Kommunikationen können nicht ersetzt oder reflektiert werden, solange die Kommunikation nicht aussetzt oder sich die Position der Interagierenden bewegt (was z.B. im Harvard-Konzept (Fisher 1996, 39/68) als Anwendung der Unterscheidung von Person und Position beschrieben wird). In der schriftlichen Kommunikation kann das sie verwendende personale System theoretisch Pausen und Brüche beliebig bestimmen und muss sich nicht gegenüber anderen Personen (wie in der Interaktion) durchsetzen. Allerdings verhält es sich bei Texten, die einen „in ihren Bann ziehen“ so, dass die Kommunikation dabei eine Dynamik gewinnt, die den Leser eben diese Pausen und Brüche zu vermeiden suchen lässt. Zur Spannung von Texten als paradigmatischem Phänomen emotionaler Kommunikation siehe Anz 1998, 150ff. 91 Luhmann 1998, 46: „(...) die Welt ist [für Sinnsysteme] ein unermeßliches Potential für Überraschungen, ist virtuelle Information, die aber Systeme benötigt, um Informationen zu erzeugen, oder genauer: um ausgewählten Irritationen den Sinn von Informationen zu geben.“. 92 So kann es für den Chef unwichtig sein, ob der elegante Kleidungsstil seines Angestellten einem lässigeren weicht, wenn Kleiderordnung im Betrieb keine Rolle spielt. Eine Umgewöhnung bedeutet es trotzdem. Weitere Beispiele dafür sind auf gesellschaftlicher Ebene die Hochbegabtenförderung oder auch die Möglichkeit des Überspringens von Klassen im Schulsystem, Integrationsprojekte usw. Auf der anderen Seite kann eine nicht gefestigte Identität, die nicht in der Lage ist, die sie bedingenden Kommunikationsstrukturen zu stabilisieren, nicht im gleichen Umfeld bestehen, welches die Notwendigkeit der Transformation ursächlich bedingt hat. Das belegen zahlreiche Studien 25 einmal auf Merleau-Ponty zu kommen, der Körper als der einzige konstante Anker des sich wandelnden Bewusstseins gelten, nimmt man an, das Bewusstsein sei ein epiphänomenales Produkt des Körpers, sozusagen naturalisiert. In jedem Fall sind Körper die einzigen unbedingt notwendigen Konstanten in einer sich wandelnden Kommunikation zwischen Menschen und, im Umkehrschluss zu Maturana, somit zentral in der Situation soziopersonaler Umbrüche. Das bedeutet, dass einzelne Veränderungen und ganze Entwicklungen dann erfolgreich und überhaupt beobachtbar sind, wenn sie sich im Verhalten manifestieren („inkorporieren“, „habitualisieren“ usw.). Ein Entwicklungsschritt menschlicher Perspektiven ist Wilber zufolge z.B., wenn sich das Bewusstsein der Nationalität internationalisiert93. Piaget entdeckte in der Entwicklung des Kindes die Inventarisierung der Körpermöglichkeiten und Grenzen, die mit dem Erkennen beginnt, dass z.B. die Hand, die nach etwas greift, die Hand ist, mit der nach ihr gegriffen wird. Dies nannte er die „kopernikanische Wende“. Auf die gleiche Art und Weise ist es demnach ein Entwicklungsschritt, wenn die Unterschiede, die Nationen kennzeichnen (Sprache, Kultur, Geographie usw.) und die nationale Identität prägen, im Kontext derjenigen Gemeinsamkeiten betrachtet werden, die alle Menschen miteinander verbinden94. Wird diese Betrachtung weitergesponnen, dann wird die Menschheit zu einem kurzlebigen und nicht sehr wichtigen Epiphänomen eines evoluierenden Universums, das mit großer Sicherheit viele Lebens- bzw. Bewusstseinsformen generiert. Das entspricht der Stimmung, die sich einstellen kann, wenn in einer sternklaren Nacht unter günstigen Lichtverhältnissen die Spiralarme der Milchstraße sichtbar werden. Es kommt zu Veränderungen des Bezugspunktes, denen auf neuronaler Ebene Bewusstseinsveränderungen („states“- Wilber95) entsprechen. Stabilisieren sich diese Veränderungen und werden sie als integraler Bestandteil inventarisiert, dann dehnt sich das Bewusstsein der eigenen Identität aus und setzt sich über Veränderungen auf personaler und sozialer Ebene fort. Kommt es zu einer solchen Inventarisierung/Habitualisierung, lässt sich auch von einer Entwicklung sprechen. Ein geändertes Selbstverständnis führt zu Verhaltensänderungen und somit auch zu veränderten Erwartungen und Erwartungserwartungen. Die Transformation äußert sich so schließlich in den Modalitäten und der Kontextualisierung von Kommunikationsprozessen. Nach Wilber96 führt dies zur Etablierung von „stages“, die durch Bereich und Gestalt der Veränderungen bestimmbar sind. 93 94 95 96 über die Sozialisations- und Milieubedingtheit von Süchten, Krankheiten, usw., bzw. der Möglichkeit ihrer Therapie im Entstehungsumfeld. Dem Kosmopoliten liegt die globalisierte Welt des 21.Jahrhunderts zu Füßen (Appiah 2007). Das ist die allgemeine Frage nach der Aufgabe aller Kulturen, wie von Cassirer (http://www.kuwi.euv-frankfurto.de/de/index.html, 19.11.07) gestellt: „Die verschiedenen Formen der Kultur werden nicht durch eine Identität in ihrem inneren Wesen zusammengehalten, sondern dadurch, daß sich ihnen eine gemeinsame Grundaufgabe stellt.“. Wilber (2006, 71-84). Wilber (2006, 50-70). 26 Allerdings spricht auch vieles für Kuhns Darstellung paradigmatischer Wechsel als Brüche bzw. Revolutionen, da sich Einsichten nicht bzw. nur von einem Beobachter, der diese Einsichten und ihre Arrangements97 bereits reflektiert hat, vorhersagen lassen. Von der Annahme ausgehend, dass Vergangenheit und Zukunft Navigationskonstruktionen eines sinnprozessierenden Bewusstseins sind, lösen sich Entwicklungen in ihre Ereignisabfolgen auf. Vor diesem Hintergrund findet die Konstruktion von Entwicklungen als prozedural angelegter Strukturprojektionen systeminterner Erkenntnisprozesse statt, deren Objektivierung die Einheit von Raum und Zeit erzeugt. Sowohl Kuhn als auch Lakatos beschreiben daher von verschiedenen Bezugspunkten das gleiche Phänomen. Einsichten treten aus Beobachterperspektive als Unterbrechungen, als Frakturen des Denkens / des Diskurses in Erscheinung. Auf der anderen Seite lässt sich in der zeitlichen Dimension auch immer der schrittweise Prozess beobachten. Beobachtungen diachronischer Verläufe erfordern allerdings eine zeitliche Entkoppelung, genauer: eine Desynchronisation des Umweltbezuges. Das bedeutet die Entstehung einer Eigenzeit 98, die es ermöglicht, sich selbst als konstant zu erleben und die Umwelt in Form von chronologisch geordneten Ereignisabfolgen99. Das Gegenteil ist z.B. im kreativen Prozess der Fall100. Die Umwelt wird als konstant erlebt, während sich die Ereignisse im eigenen Erleben abspielen. Die eigene Befindlichkeit synchronisiert sich, wird mit dem Vergehen einer Zeit gekoppelt, die sich in die Gegenwart entlädt101. Dies bezieht sich auf den Umstand, dass sich die Generierung einer Eigenzeit, von Zeithorizonten als Zukunft und Vergegenwärtigung von Vertrautem als Vergangenheit, kurz, die Linearisierung des Erlebens, im Aufbau einer körperlichen Spannung vollzieht102, die körperlich bzw. geistig abgebaut werden muss, um sich nicht symptomatisch zu manifestieren. Der Gegenwartsbezug verstärkt demgegenüber die situative Aufmerksamkeit und Befindlichkeitswahrnehmung. So schreibt Csikszentmihalyi103 über das sogenannte „Flow-Erleben“, es vollziehe sich in vollständiger Passung von aufgabenbezogener Anforderung, Fähigkeit und Zielklarheit. Die Arbeit vollzieht sich dabei autotelisch, sie wird also zum Selbstzweck. Aus systemischer Perspektive lässt sich daher feststellen, dass sowohl Kuhn als auch Lakatos 97 Den Riten. Siehe dazu IV.4. 98 Einstein führte diesen Begriff zur Demonstration der allgemeinen Relativitätstheorie ein. Bergson (1928) entwickelte ungefähr zeitlich parallel zu Einstein das Konzept der durée, einer Dauer als Abfolge innersystemischer Veränderungen. 99 Ähnlich beschreibt auch Luhmann 1991, 126-151, die Entstehung von Zeit. 100 Csikszentmihalyi 2003, 63, über „Differenzierung und Integration“. 101 Ähnlich ein Titel des Zenmusikers Michael Vetter, „Ins Wellenspiel hinein sich entsagende Botschaft“. 102 So Reich (1989), der davon ausgehend verschiedene symptomatische Panzerungen als Triebmanifestationen erklärt und, ganz in der Tradition Freuds, Trieb(ökonomie) und Außenwelt gegeneinander setzt (391). MerleauPonty (2003) stellt in seiner Phänomenologie der Wahrnehmung die Bedingtheit des Geistigen durch das Körperliche, den „erlebten Leib“ (75) dar und spricht in diesem Zusammenhang auch von der „Technik des Körpers“ (287). „Sie verkörpert und erweitert die metaphysische Struktur unseres Leibes (chair).“ 103 Csikszentmihalyi 2003, 61, 103 und zur Autotelie 118. 27 Aspekte eines allgemeinen Phänomens von unterschiedlichen Standpunkten her skizzieren104. Bühl105 unterscheidet neben der Evolution noch vier weitere Wandlungstypen: Fluktuation, Oszillation, Katastrophe und Zyklus. Am Beispiel des von Kuhn analysierten Wissenschaftssystems wäre eine Oszillation der paradigmenstützende Diskurs106, das von Fleck genannte Denkkollektiv107, das sich mit Auslegungen und Konsequenzen des Paradigmas beschäftigt. Dessen Verlauf verläuft zyklisch, d.h. die paradigmengesteuerten Bindungskräfte tendieren dazu, sich ins Gleichgewicht zu bringen. Fluktuationen treten ein, wenn Entkoppelungen stattfinden. Bezogen auf das Wissenschaftssystem kann es sich um Spezialisierungen terminologischer und methodologischer Art handeln, die inter- und intradisziplinäre Kommunikation letztlich behindern. Auch die Ausbildung eines eigenen Mediums hat dazu geführt, dass die Wissenschaft sich gesellschaftlich entkoppelt hat. Insofern lässt sich bei der funktionalen Differenzierung auch von einer Fluktuation der Subsysteme sprechen, wenn es darum geht aufzuzeigen, wie sich gesellschaftliche Teilbereiche auf andere ausdehnen, wie z.B. die theoretische Physik auf die Religion oder die Wirtschaft und Politik durch Budgetrechte und Förderungen Einfluss auf Themen und Forschungszweige der Wissenschaft nehmen. Katastrophen stellen Systemzusammenbrüche dar. Der Bruch mit einem Paradigma kann ebenso völlig neue Herausforderungen, wie der Vereinnahmung der Wissenschaft durch andere gesellschaftliche Bereiche, mit sich bringen. Die Krise als abgeschwächter Form der Katastrophe stellt einen Zustand verminderter Kontrolle dar. Demgegenüber steht die Anastrophe als einem stufenweisen Aufschwung, einer Art kulturellen Konjunktur. Diese allgemeinen kybernetischen Kategorien sollen nun aus dem Makrobereich Kultur auf den Mikrobereich personaler Entwicklungen bezogen werden und somit eine Typisierung verschiedener Formen der Persönlichkeitsentwicklung ermöglichen. Evolution ist eine Bedingung jeder Entwicklung. Evolution ist das einer jeden Entwicklung zugrundeliegende Prinzip. Umgekehrt ist eine Entwicklung immer ein kontingent selektierter Abschnitt einer spezifischen Evolution. Wer eine Entwicklung beschreibt, geht von einem Anfang 104 Noch ein Beispiel dazu: Ein Mensch, der wie „Stiller“ (Frisch 1986) von einer langen Reise heimkehrt, sieht sich selbst als letzter Punkt einer Entwicklung, für die die Reise symbolisch steht. Sein Umfeld behandelt ihn nach altem Muster und erlebt die von ihm vertretene Veränderung seines Standpunktes und Umweltbezuges als irrationalen Bruch, den es (in der Figur seiner zurückgebliebenen Frau) zu korrigieren gilt. Ähnlich auch bei Nizon 1999. Gemeinsames Thema ist die Entfremdung der Protagonisten aus ihrem vertrauten Umfeld. Persönlichkeitsentwicklungen werden durch solche Beschreibungen in ihrer Wechselwirkung mit dem sie bedingenden sozialen Kontext greifbar. 105 Bühl 1987, 73. 106 Im Sinne Foucaults 1994a, 10/11: „Ich setze voraus, daß in jeder Gesellschaft die Produktion des Diskurses zugleich kontrolliert, selektiert, organisiert und kanalisiert wird – und zwar durch Prozeduren, deren Aufgabe es ist, die Kräfte und die Gefahren des Diskurses zu bändigen, sein unberechenbar Ereignishaftes zu bannen, seine schwere und bedrohliche Materialität zu umgehen.“. 107 Fleck 2002, 129. 28 und einem (mindestens vorläufigen) Ende aus. Für das Alltagsverständnis reicht das aus. Im wissenschaftlichen Kontext ist dagegen auch die Wahl von Anfang und Ende zu begründen oder auf die Aufgabenstellung zu beziehen108. Revolutionen setzen Entwicklungen voraus109. Eine Revolution als solche wird erkennbar dadurch, dass sie Umbrüche an Stellen verursacht, die mit der die Revolution verursachenden Entwicklung nicht mehr direkt zusammenhängen. Revolutionen interpunktieren Entwicklungen als Zäsuren. Fluktuationen sind Entwicklungen, die personal als multiple Denk- und Handlungsmuster beobachtbar werden. Komplexe und Traumata als psychische, Autoritätshörigkeit und Doppelmoral als soziale Phänomene der Persönlichkeit bilden Facetten solcher Fluktuationen. In der Kommunikation treten personale Fluktuationen als unbeabsichtigte Doppelbotschaften auf, die die Kommunikation verzerren oder randomisieren und damit eine wirkliche Verständigung verhindern. Eine wirkliche Verständigung, wie z.B. ein gutes Gespräch, oszilliert. Es gibt feste Grenzen, über die sich verständigt wurde und zwischen denen die Kommunikation pendelt, sie aber nicht überschreitet. Oszillation bedeutet im Rahmen der Persönlichkeitsentwicklung Feedback. Feedbacks sind kommunikative oder kommunikativ induzierte110 Rückkopplungen, die nowendig und hinreichend die Anschlussfähigkeit der Kommunikation gewährleisten und somit Entwicklungen kanalisieren (z.B. die Entwicklung des Gespräches, das Erleben und Handeln der Interagierenden usw.). Zyklen beschreiben die Anschlussfähigkeit von Entwicklungsabfolgen. Die von Csikszentmihalyi geschilderte Einheit der Unterscheidung von Differenzierung und Integration, die sich gegenseitig bedingen und ablösen und die die Elemente jeder Persönlichkeitsentwicklung bilden, steht für einen (kleinstmöglichen) Zyklus. Daher geben Zyklen im Rahmen der Persönlichkeitsentwicklung Aufschluss über den Stand von Prozessen, deren Vollzug den Abschluss eines Zyklus determiniert. Zyklen sind die Kapitel der Persönlichkeitsentwicklung, die ihre Finalität aus den gerichteten Prozessen des jeweiligen Zyklus bezieht. Je nach Zyklus können sich Mittel, Zwecke und sogar Ziele verändern. Die Persönlichkeitsentwicklung wird von ihrem Zyklus diskriminiert. Diese Diskriminierung oder Inskribierung erfolgt kommunikativ. Die den Zyklus konstituierenden Prozesse sind Sozialisation und Lernen. Bei den hier vorgestellten Entwicklungstypen lassen sich gesellschaftliche Veränderungen 108 z.B. die Entwicklung von Lebensfreude im Zusammenhang mit dem Kennenlernen (Anfang) geliebter Menschen und ihrer schließlichen Stabilisierung durch die Ereichung einer positiven Lebenseinstellung, die nicht mehr an Personen und Aktivitäten gebunden ist. 109 Das wird von Kuhn 1962 anhand seiner Beschreibung des Wissenschaftsbetriebs durchaus gestützt. 110 Wie im Falle von Biofeedback und Neurofeedback. Das EEG z.B. ist an und für sich kein kommunikatives Feedback. Es wird aber kommunikativ vermittelt. Das macht spätestens dann einen Unterschied, wenn es um dessen Auswertung geht. 29 allgemein beschreiben und sie gelten somit in der soziologischen Systemtheorie auch für die Kommunikation. Ausgangspunkt bildet die Annahme, dass Personen Träger oder Medien der gesellschaftsweiten Kommunikation sind. Jede Person hat daher einen spezifischen Standpunkt. Dieser gesellschaftsweiten Kommunikation kann sich keine Person entziehen, es sei denn durch Ausfall des Bewusstseins (Tod, Schlaf, Koma,...) oder partiell durch Entmündigung. Die von Bühl auf den Kulturbegriff bezogenen Wandlungstypen stellen differenzierte Beobachtungskonfigurationen bereit, mit denen sich eine Persönlichkeitsentwicklung als Prozess unterschiedlich angeordneter Ereignisabfolgen untersuchen lässt. Ganz allgemein charakterisieren die Bühlschen Typen die Beziehungen der Ereignisse einer Entwicklung in ihrer Beziehung zueinander. Auf personaler Ebene geht es dann um Verhalten im Kontext rollenspezifischer Erwartungen und Erwartungserwartungen. Personale Veränderungen einer Entwicklung vollziehen sich im Bereich der Formung des Verhältnisses von Eigen- und Fremderwartungen und -zuschreibungen. Diese sind sozialisationsbedingt und kulturabhängig. III. Neuformulierung Zunächst geht es darum, die dual organisierten Unterscheidungen in analytisch begründete Differenziale umzustrukturieren. Das Gegensatzpaar Verhalten und Physiologie wird dafür durch Kommunikation und Bewusstsein ersetzt. Bezeichnetes und Bezeichnendes111 fällt zusammen und ergibt sich aus der Beobachtung und dem Vollzug von Verhaltenskoordinationen zweiter Ordnung112. Die Theorie von der Arbitrarität der (symbolischen) Zeichen bricht auseinander und das Medium wird selbst zur Message113. Erkenntnis vollzieht sich im Prozess der Digitalisierung analog gelieferter Sinnesreize. Kultur wird zu einer phänomenal kontingenten Kodierung, die ihre Freiheiten und Zwänge anhand des interkulturellen Vergleiches ermisst. Kultur ist das Feld, auf dem die wechselseitigen Bezüge von Kommunikation und Disposition bestellt werden 114. Somit ist die Kultur als solche funktional nichtkontingent, sondern Grundlage einer jeden Lebensrealität als Produkt rückbezüglicher Operationen zweiter Ordnung (Maturana), die funktionale 111 Nach de Saussure (1967, 77) Vorstellung und Lautbild. 112 Um im Bereich der Semiotik zu bleiben: einer Semiose als Vollzug der Peirceschen Zeichentriade (Bezugnahme und Interpretation; siehe Bergen 2000, 60 und 103). 113 „Das Medium ist die Botschaft.“ Marshall McLuhan (1992, 17). 114 Einen Beitrag dazu bildet „Die Ordnung des Diskurses“ von Foucault 1994a, 42. Ein Beispiel ist das, worüber in einer Kultur geredet und geschwiegen wird, z.B. in Hinblick auf den Umgang mit den Kapiteln ihrer Geschichte. Ein anderes Beispiel ist die Ablösung der protestantischen Arbeitsethik von der sie ursprünglich hervorbringenden religiösen Ausrichtung (dazu Max Weber 1993). 30 Substituierbarkeit überhaupt erst ermöglicht. Nach Maturana ist im Wandel immer das zentral, was erhalten bleibt 115. Im Umkehrschluss sei in dem Moment, in dem eine Beziehung anfängt, sich selbst zu erhalten, alles andere dem Wandel unterworfen116. Auf diese Weise etablieren sich Lernebenen117, Abstraktionsvermögen, Standpunkte usw. Zur Beschreibung von Veränderungen gehört deshalb das Bezeichnen des unverändert Bestehenden. Es markiert die Beschränkungen, denen eine Entwicklung unterliegt und somit den entwicklungsbezogenen Spielraum und die Qualität diesbezüglicher Veränderungen. Das Bestehende wird maßgeblich durch seine inhärente Organisation als System charakterisiert. Es geht daher nicht darum, die Elemente eines Systems zu analysieren und so das Ganze zu erschließen, sondern die Elemente in ihrer funktionalen Anordnung als Organisationseinheiten des Systems zu bestimmen, wobei es zunächst zu vernachlässigen ist, welche wie auch immer gearteten Funktionen die Elemente bzw. Rekombinationen der Elemente in der Organisation anderer Systeme einnehmen mögen118. Da es in dieser Untersuchung zunächst darum geht, die Zusammenhänge von Bewusstsein und Kommunikation zu klären, wird daher das Eine wie das Andere in seiner jeweiligen Organisation erklärt. Elemente des einen können aufgrund ihrer funktionalen Doppelwertigkeit 119 niemals Elemente des anderen sein, solange ihre funktionale Determination Teil ihrer Definition und Kennung ist. Bezüglich der personalen Organisation hat Talcott Parsons vor allem mit dem AGIL-Schema in der Soziologie eine gründliche Vorarbeit geleistet, auf die bis heute in der Erklärung von Sozialisationsbzw. Gesellschaftsprozessen zurückgegriffen wird120. Es soll im Folgenden121 eine kurze Darstellung des Schemas unter Einbeziehung systemtheoretischer Erweiterungen und Ergänzungen gegeben werden. Die Buchstaben der Folge AGIL122 oder LIGA123 stehen, jedes für sich, für eine Ebene der 115 Maturana (1997): „Was im Wandel zentral ist, ist das, was konstant bleibt.“. 116 Maturana (1997): „Wenn in einer Menge von Elementen sich eine Beziehung zu erhalten beginnt, ist alles andere dem Wandel unterworfen.“. 117 Bateson 1981, 362-400, u. insbes. 371-96. 118 Ein Beispiel für die mögliche Mehrverwendung von Elementen ist das Atmen: seine physiologische Funktion besteht in der Versorgung der Organe mit Sauerstoff als Teil des Stoffwechsels (Organisation). Innerhalb von Meditationspraktiken steht die Atmung für ein den Bewusstseinsstrom stets begleitendes, sinnlich erfassbares Ereignis, welches als Fokussierungsgegenstand der Aufmerksamkeit eine Analogie zum Bewusstseinsstrom selbst und damit zum Forschungsinstrument Erkenntnissuchender wird. 119 Diese Doppelwertigkeit von Elementen bildet den Schlüsselbegriff zum Verständnis der strukturellen Kopplung (dazu III.1 und IV.2). 120 Dazu Meynig 2005, 6. 121 Meynig 2005, 8 und 2005a, 14. 122 Dazu Parsons 1976, 172-177. 123 Bühl 1987, 60. Der Autor hält die Erwähnung dieser Umbenennung des Schemas für sinnvoll, um die Wechselseitigkeit der Beziehungen zwischen den Schemaebenen aufzuzeigen. Die Benennung „AGIL“ ist natürlich 31 Personalität. Die Adaptationsebene lässt sich, neurobiologisch betrachtet, als Ebene der Reizverarbeitung bezeichnen, deren Parameter die Reizselektion/Reizweiterleitung und Reizkodierung bzw. Informationstransformation bilden. Diese Prozesse erfolgen im Hinblick auf Interessen und Ziele, deren allgemeinstes in der Reduktion von Komplexität besteht, die immer auch auf die Kontingenz der auf der Adaptationsebene apriori eingeführten Erkenntnisstrukturen rückverweisen. Assimilationen im Sinne Piagets finden rein auf der Adaptationsebene statt, während Akkomodationen die Existenz von Interessen und Zielen als Ordnungs- und Priorisierungsprinzip der Ebene des „Goal-Attainment“ (Parsons) voraussetzen. Meynig124 ergänzt die Integrationsebene unter Referenz auf die Habitustheorie Bourdieus125 um das Konzept der Inkorporierung. Dies bietet sich an, wenn Sprache, wie in der biologischen Systemtheorie, als Verhaltenskoordinierung höherer Ordnung betrachtet wird. Insofern alle Bewusstseinsprozesse biophysiologisch vermittelt werden, ist der Terminus Inkorporation treffender und stärker als der der Integration. Beide haben als unterschiedliche Merkmale des gleichen Prozesses, der auf dieser Ebene stattfindet, jedoch ihre Berechtigung. Integriert werden Erkenntnisse und Informationen der A- und G-Ebene in Vorerfahrungen und logisch-mathematisch strukturierten Repräsentationen, die sie bestätigen oder modifizieren. Auf dieser Ebene finden die reflektierenden Prozesse statt, die gemeinhin als Ergebnisse der Arbeit der jüngeren Gehirnarreale betrachtet werden. Personale Identität entwickelt sich erst auf der Ebene des „Latent Pattern Maintenancy“. Parsons stellt das ganze AGIL-Modell in den Rahmen des von ihm geprägten Strukturfunktionalismus, dem zufolge die Funktionen im Hinblick auf die Erhaltung der Struktur gewählt werden. Luhmann126 vertauscht dies in dem von ihm geprägten Funktionsstrukturalismus, dem zufolge kontingente Strukturen im Hinblick auf die Erfüllung von Funktionen entstehen bzw. gewählt werden. Über Kondensation und Konfirmation werden aber bestimmte Strukturen stabilisiert und, und das geht über Parsons hinaus, im Hinblick auf die Erfüllung einer oder mehrerer Funktionen organisiert bzw. metastabilisiert. Kondensation bedeutet dabei die Ausbildung einer Abstraktionsebene bzw. die Erreichung einer allgemeinen Erkenntnis, die es ermöglicht, das Erlernte zu übertragen. Konfirmation bedeutet die Selektion von Strukturen gemessen an ihrem Erfolg oder Nutzen127. Sie semantisch doppeldeutig (agil von lat. agitare - betreiben, verwenden), was Parsons sicher im Blick hatte. 124 Meynig 2005, 8. 125 Bourdieu 1987, 277-86. 126 Luhmann 2005, 114. 127 Dafür gibt es aus dem Bereich der Wissenschaftstheorie verschiedene Strategien: die TOTE-Strategie (TestOperation-Test-Exit; siehe Miller 1991, 34) bildet ein Muster für Try-and-Error Versuche zweiter Ordnung, die die Durchführung zu ihrem Ergebnis in Beziehung setzt und darauf das Rearrangement vor der Wiederholung des Versuches abstellt. Das Rearrangement setzt dabei Lernen II (im Sinne Batesons 1981, 378) voraus, also ein Nachdenken über mögliche Fehlerquellen und die Neukonzeptionierung einer Bandbreite darauf angelegter 32 ermöglicht die Bildung von Gewohnheiten, die sich als etablierte Erfolgsstrategien im Hinblick auf Zwecke retrospektiv konstruieren lassen, selbst wenn die Handlung von ihrem Nutzen durch Verselbständigung längst entkoppelt wurde. Diese Ebene der Erhaltung von Strukturen, die Luhmann als funktional substituierbar beschreibt, wird von Maturana als Systemorganisation bezeichnet. Die Organisation eines Systems besteht in der funktional eingerichteten Kombination seiner Elemente und Subelemente. Ist die Reorganisation eines Systems durch irreversible Strukturveränderungen nicht mehr möglich, zerbricht das System. Die Kommunikation endet und das Bewusstsein erlischt. Die Autopoiese, also die Produktion von Elementen durch die Elemente, die sie ersetzen128, sichert als autonomes Organisationsprinzip den Fortbestand des Systems129. Die Organisation gibt die Spannweite vor, innerhalb derer Reorganisationen und Substitutionen seiner Strukturen möglich sind. Die Autopoiese steht für das faktische Geschehen, also die Selektion, Modifikation und Stabilisierung von Strukturen. Sie folgt der Organisation und verwirklicht sie. Meynig130 schlägt vor, energetische Prozesse, die sich von A nach L vollziehen, als biologisches und informationales Feedback, das in der Richtung von L nach A rückläuft, als kulturelles Evoluieren zu bezeichnen. Dabei dient die biologische Evolution den Strukturgerinnungen und Informationsgewinnungen und die kulturelle Evolution der Energieverwaltung und Energieeffizienzmaximierung. Piaget spricht in diesem Zusammenhang von „Äquilibration“. Äquilibration geht insofern über eine Ökonomie körperlich-geistiger Reserven hinaus, als dass sie auch den finalen Zweck der Organisation eines autonomen Systems beschreibt – ihre Einbindung in die sie betreffende Umwelt, ihre jeweilige ökologische Nische131. Den Mechanismus der Äquilibration bildet die Adaptation, d.h. soviel wie Selbstregulation durch Anpassung. Die Parallelen zu Maturana sind hier nicht zu übersehen. Was Maturana vor allem als Verhaltenskoordinationen zweiter und höherer Ordnungen durch einen Beobachter erklärt, Versuchsmöglichkeiten und Anordnungen. Die GEO-Strategie stellt das gewünschte Ergebnis („Goal“) an die erste Stelle: im Hinblick auf das zu erreichende Ziel werden Kriterien gesucht, die das Ziel in seinen Parametern beschreiben („Evidence“). Erst wenn diese entwickelt sind, kann die Durchführung („Operation“) erfolgen (siehe Linneweh 1973, 44). 128 Maturana 1985, 157/58 und 1995, XIII. 129 Maturana 1985, 35. 130 Meynig 2005, 8. 131 Piaget (1967, 26) definiert die Äquilibration mit folgenden Worten: „Die Äquilibration stellt einen sehr allgemeinen Prozeß dar (...), der in großen Zügen darauf hinausläuft, daß den Störungen von außen aktive Kompensationen entgegengesetzt werden, Kompensationen, die natürlich mit dem Entwicklungsstadium und den der jeweiligen Person verfügbaren Schemata variieren, die aber immer in Reaktionen auf erlebte oder antizipierte Störungen bestehen.“ Von Glasersfeld (1992, 194) schließt sich dieser Auffassung an: „Wird Gleichgewicht nicht bloß als ein stabiler Zustand aufgefaßt, sondern dynamisch als die Regularität rekursiver Prozesse, dann wird jede Irregularität eine Störung darstellen, und jede Handlung, die eine solche Handlung ausschalten soll, ist ein Akt (oder zumindest ein Versuch) der Äquilibration.“. 33 beschreibt Piaget gewissermassen von Innen her als Homöostase132. Es geht dabei um ein durch das funktionale Zusammenwirken seiner Teile entstehendes Gleichgewicht. Er grenzt diese Prozesse gegen homöorhetische Prozesse ab, die darin bestehen, Entwicklungen genetisch wie auch kognitiv zu steuern und zu kanalisieren. Dies wird durch Perturbationen der Umwelt notwendig, aber auch ermöglicht, da Störungen stets die Bedingung der Möglichkeit von Entwicklungen darstellen. Die Homöorhese ist daher der Homöostase vorgeordnet. Entwicklungsäquilibrierungen finaler Art bilden die Voraussetzungen der Entstehung eines funktionsregulierten Gleichgewichtsinnes. Für die Fundierung des AGIL-Modelles lässt sich der Adaptationsprozess (im Sinne Piagets) von A nach L verlaufend analog setzen, die Homöorhese als von L nach A verlaufender Prozess, die Assimilierungs- und Akkomodationsebene als Adaptationsebene (A-Ebene im AGIL-Modell), die Homöostase als Integrationsebene und die Äquilibration als Strukturerhaltungsfunktionsebene. Piaget133 weist darauf hin, dass die Kognitionsevolution zwischen dem sozialen und dem genetischen Bereich oszilliert. Das Parsonssche AGIL-Modell kann in den hier vorgenommenen Modifizierungen als ein veranschaulichendes Stufenmodell134 der wechselseitigen Bezüge von Genotyp und Phänotyp zunächst verwendet werden. Bezogen auf das Thema dieser Studie ergibt sich daraus die Konklusion, dass sich die ursprüngliche, an die systemtheoretische Terminologie angelehnte Aufgabenstellung der Untersuchung über die Beziehungen von Bewusstsein und Kommunikation durchaus mit der Entwicklungspsychologie Piagetscher Prägung vereinbaren lässt. Eine Synthese aus beiden theoretischen Strömungen, die der Komplexität der Ansätze gerecht wird, ergibt sich aus der thematischen Erweiterung und Einbindung in eine Beschreibung von Persönlichkeitsentwicklungen in ihren kommunikativen Kontexten. III.1. Kommunikation als strukturelle Kopplung Anders als Luhmann betrachtet Maturana Kommunikation als Form wechselseitig aufeinander bezogener Verhaltenskoordinationen. Ein System ist demnach mit einem Medium gekoppelt. Die Kopplung selbst beschreibt dabei die Nische des Systems. Zur Nische zählen alle die Faktoren, mit denen das System direkt gekoppelt ist. Zum Medium zählen zusätzlich auch die indirekten 132 Maturana / Varela (Artikel Selbstregulation. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 6. Dezember 2007, 21:18 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Selbstregulation&oldid=39772383 (Abgerufen: 2. Februar 2008, 09:57 UTC)) empfehlen, den Begriff der Homöostase durch den der Homöodynamik zu ersetzen und somit das aktive Justieren bei Gleichgewichtsprozessen hervorzuheben. 133 Piaget 1967, wie der Titel „Über die Beziehungen zwischen organischen Regulationen und kognitiven Prozessen“ schon sagt. 134 Wie das Treppenhaus „Relativiteit“ von Escher (2006, 67; siehe Anhang): AGIL/LIGA also quasi als eine Treppe, die von beiden Seiten benutzt wird. 34 Faktoren, die nur mittelbar auf das System einwirken135. Ist Kommunikation das Medium, dann stellt das System in seinem Medium die gleichen wechselseitigen Bezüge fest, mit denen es selbst auf der Koordinationsebene zweiter Ordnung operiert. Es nimmt gewissermaßen die Welt in sich hinein und unterstellt dem Kommunikationspartner, Bedeutungen zu generieren und zu selektieren, wie es selbst es auch tut. Diese Genese wird in seinen Bezügen auf das Verhalten des oder der jeweils anderen gerichtet136. Maturana vergleicht es mit einem Tanz. Themen und Gegenstände sind demnach, „which we do together, so that they arise“137. Dadurch wird die „Realität“ zu einer sozialen Konstruktion138 auf konventionaler Grundlage. Die geistigen Prozesse wurden in der Tradition der griechischen Philosophie im Dualismus den körperlichen Prozessen und Befindlichkeiten gegenübergestellt. Die Erklärungsversuche des Geistes gingen seit Descartes quasi unhinterfragt von der Annahme dieser Unterscheidung aus, an der sie dann auch regelmäßig scheiterten139. Werden die geistigen Prozesse als Verfeinerungen und Verlängerungen des physischen Verhaltens und Lernens betrachtet, fügt sich der Mensch wieder in seine phylogenetische Vorgeschichte ein. Die die Kommunikationswissenschaft betreffenden Fragen verändern sich aus der Richtung, wie es zu Missverständnissen kommt, in die Richtung, wie Verständigung überhaupt erst möglich wird140. An Kommunikation ist nichts geistig, da sie sich über die Beobachtung des Verhaltens vollständig beschreiben lässt. Wenn Menschen ihr Verhalten 135 Siehe Kap.II, Fußnote 44. 136 Hier geht es um Intention, auf die, basierend auf den Forschungen Searles (2004, 104-130 oder auch 1987, 15) u.a. in IV.5. umfangreicher eingegangen wird. 137 http://youtube.com/watch?v=sdI_Cc3fV_U, „Defining Social“. Maturana gibt diese Definition als Alternativentwurf zur Aussage von Herbert Brun, „Things are what is said about them in our social worlds.“. 138 Das sieht auch Luckmann (1969) so: „Bewußtsein ist immer intentional.“ (23). Oder auch: „Die Wirklichkeit der Alltagswelt stellt sich mir ferner als eine intersubjektive Welt dar, die ich mit anderen teile.“ (25). Anders formuliert es Rapoport (1972, 376) in Anlehnung an Korzybski: „Die Sprache, sagt Korzybski, ist eine Landkarte von der Wirklichkeit. (...) Die drei Postulate von Korzybskis „nichtaristotelischem System“ lassen sich als Aussagen über die „Landkarte“ formulieren; sie lauten: „Die Landkarte ist nicht das Gelände. Die Landkarte zeigt nicht das ganze Gelände. Die Landkarte spiegelt sich selbst wieder.“ 139 Wie z.B. der Ansatz des „Dualistischen Interaktionismus“ von Popper/Eccles (1991), deutlicher noch bei Eccles (1994), „Wie das Selbst sein Gehirn steuert“ und sogar Bateson (1997). Bezeichnend der argumentative Bruch bei Eccles, der das Selbst als „Ghost in the machine“ nicht als neurologisch evident begründet und dabei belässt, sondern religiös rechtfertigt (Eccles 1994, 70). Ausgangsproblem ist der Bezug auf das Dreiweltenmodell Poppers (siehe Eccles 1991, 34), bzw. die Behauptung der jeweiligen Eigenständigkeit/Objektiviät der drei Welten. So verliert die lebendige Seele der Welt 2 mit dem Tod ihres Trägerkörpers ihre Ausdrucksmöglichkeiten in/als der Welt 3 (Eccles 1991, 296). In dieser Untersuchung wird von dem Modell abgesehen, da Identität in der Systemtheorie nicht als absolut, sondern relativ bezogen auf das die Identität beobachtende bzw. verwendende System angenommen wird. Genauer gesagt nimmt der hier vertretene Standpunkt Kontingenz und fundamentale Wandlungsoptionen eines an und für sich apersonalen Selbst an, das erst in der Kommunikation entsteht und Permanenz gewinnt oder verliert. Alles darüber Hinausgehende ist in dieser Konzeption eher als spekulativ, metaphysisch oder theologisch zu betrachten und widerspricht im übrigen Poppers Forderung nach Bescheidenheit und Versachlichung der Wissenschaft. 140 Es geht hierbei um die Ersetzung des Shannon und Weaver Modells (1963) durch konstruktivistische Ansätze, wie bei Luhmann (1991, 25-35, „Die Unwahrscheinlichkeit von Kommunikation“). 35 aufeinander abstimmen und beziehen, findet Kommunikation statt141. Kommunikation besteht in der Beziehung des Bewusstseins zu den es ermöglichenden Bedingungen. Kommunikation impliziert daher schon eine intentionale Ausrichtung als funktional obligatorisches Utensil. Kontemplative Übungen lösen oder ersetzen diesen Bezug nicht. Sie fördern die Bezugnahme auf Bedingungen allgemeinerer oder abstrakterer Ausprägungen 142. Egal, was die Kommunikation zum Thema hat und welche Information aus dem Verstehen ihrer Mitteilung selektiert wurde, stellt sie immer einen Bezug des Bewusstseins zu den es konstituierenden Bedingungen her. Dieses allgemeine Verständnis der Kommunikation als Weg der Reproduktion des Bewusstseins über die Aktualisierung ihrer Sinnesbezüge bzw. durch den Ausdruck ihres Bezugs auf ihre Nische, zeigt ihr Funktionieren als strukturelle Schnittstelle des Bewusstseins und seiner Nische. Die Intentionalität des Bewusstseins gibt allerdings die Modalitäten möglicher Kommunikationen vor. Themen können, müssen aber nicht seligiert werden. Vielmehr ist es die Art der Behandlung der Themen, die die gerichteten Bezüge des Bewusstseins beschreiben. Die „Mitteilung“, nicht die Information, stellt den Bezug des Bewusstseins zu seinen Konstitutionsbedingungen auf. Die Mitteilung als komplexes Verhaltensmuster ermöglicht Rückschlüsse auf die neuronalen Vorgänge wie Repräsentationsbildung, -vernetzung und erweiterung und der daraus resultierenden Vergewohnheitlichung143. 141 Luhmann geht soweit, auch das Lesen und Schreiben als Kommunikation zu bezeichnen, wenn auch als besondere Form, „weil in diesen Operationen nicht zwischen Laut und Sinn, sondern nur zwischen Buchstabenkombinationen und Sinn unterschieden werden muß“ (Luhmann 1998, 256). Die Triade aus Information, Mitteilung und Verstehen wird dabei räumlich und zeitlich auseinandergezogen. Daraus ergibt sich eine dichtere Vernetzung der Kommunikation der Weltgesellschaft in Abhängigkeit vom Zugang personaler Systeme zu Kommunikations- bzw. Interaktionsmedien (andere personale Systeme, gesellschaftliche Einbindung, Zugang, Verständnis und Gebrauch von Massenmedien, Kenntnisse von Zeichensystemen und Codes). Zu den Konsequenzen siehe Benjamin (1955, 366-405) und McLuhan (1992 u. 1994, 80-95). 142 So erklärt die spirituelle Lehrerfigur Don Juan in Castaneda 2000, 15, seinem Schüler, er könne ihm erklären, sie seien von Unendlichlichkeit umgeben und es würde für ihn keinen Unterschied machen, solange er keine persönliche Kraft besäße, die Relevanz dieser Erkenntnis zu begreifen („Es kommt nicht darauf an, was man verrät oder was man für sich behält (...). Alles, was wir tun, alles, was wir sind, beruht auf unserer persönlichen Kraft. Haben wir genug davon, dann genügt vielleicht ein einziges Wort, das uns gesagt wird, um unser ganzes Leben zu ändern. Haben wir aber nicht genug persönliche Kraft, dann mag es sein, daß uns die wunderbarste Weisheit offenbart wird, und diese Offenbarung würde nicht das geringste bewirken. (...) Weißt du, daß dich genau in diesem Moment die Ewigkeit umgibt ? Und weißt du, daß du diese Ewigkeit benutzen kannst, wenn du es willst ?“). Auf der anderen Seite reicht es manchmal aus, überhaupt irgendetwas zu sagen, um tiefe Erleuchtungzustände auszulösen, wenn ein personales System diesbezüglich Intentionen entwickelt. So fragt der Schüler seinen Meister in einem Zenkoan „Was ist der Buddha ?“ Und erhält zur Antwort: „Ein getrockneter Scheisshaufen“ (Watts 2002, 99). 143 Die Hebbsche Lernregel besagt, „What fires together, wires together“ (Kohonen 2001, 91 und Dorffner 1991, 31/32). Das besagt, dass miteinander reagierende Neuronen die Tendenz haben, sich miteinander zu verzahnen. So bilden sich neuronale Trampelpfade, Wege und Straßen, die sich als Verhaltensgewohnheiten und Konditionierungen beobachten lassen. William James (2006, 20) formuliert es so: „Die Eigenart unserer Erfahrungen, die darin besteht, daß sie nicht nur sind, sondern man ihrer auch gewahr ist (was zu erklären man ihrer ´bewußten` Beschaffenheit anträgt), wird besser durch die Beziehungen erklärt, die sie miteinander haben und die überdies selbst Erfahrungen sind.“ S.29: „(...) jene Beziehungen, durch die Erfahrungen miteinander verbunden sind, [müssen] ihrerseits erfahrene Beziehungen sein, und jede Art von erfahrener Beziehung muß für genauso ´wirklich` wie alles andere im System auch erklärt werden.“. 36 III.2. Verstehen und Handeln – Kommunikations-/Sprechaktmodelle Schulz von Thun144 geht in seinem Vier-Seiten-Modell von einer vierfachsynchronen Verständigung zwischen Menschen aus: auf der Sachebene wird der Bezug auf eine Information hergestellt. Deren Unterscheidung von der Mitteilung stellt nach Luhmann Verstehen her. Die Mitteilung splittet sich in drei weitere Ebenen: die Offenbarungsebene, in der der Kommunizierende etwas sich selbst, also sein Selbstverständnis, seine Person bzw. Identität verrät, die Beziehungsebene, auf der der Kommunizierende sein soziales Umfeld verrät bzw. arrangiert, und die Appellebene, die einem Wunsch/einer Aufforderung in irgendeinem Sinne entspricht. Jeder Ebene wird eine „Seite“ und ein „Ohr“ zugeordnet. Mit der Seite wird der entsprechende Aspekt seitens des Kommunikators bezeichnet, mit dem Ohr das Verständnis des Kommunikationspartners. Das Verstehen der Unterscheidung von Information und Mitteilung ist kontingent, d.h. es kann durch diese Unterscheidung jeweils eine bestimmte der 4 Ebenen Schulz von Thuns selektiert werden, da alle 4 Ebenen mitschwingen und Kommunikation nach Luhmann vom Verstehenden her definiert wird. Schulz von Thun geht davon aus, dass in jeder Kommunikation diese Ebenen vorliegen. Sie stellt sozusagen eine kommunikationswissenschaftlich spezifizierte Pragmatisierung der von Austin begründeten und von Searle erweiterten Sprechakttheorie dar. Searle (1983) unterscheidet hierbei Illokution und Proposition145. Der Vollzug illokutionärer Akte zerfällt sowohl in Austins ursprünglichem, als auch in Searles modifiziertem Sprechaktmodell in einige grundlegende Kategorien. In Anlehnung an Austins Terminologie nennt Searle hierzu assertive, kommissive, direktive, expressive und deklarative Akte. Assertive beziehen sich auf eine Weltobjektivierung, die Searle als intentionale Wort-auf-Welt Ausrichtung bezeichnet. Das bedeutet, dass mit dem Vollzug des Sprechaktes auf einen Gegenstand Bezug genommen wird, der als unabhängig von ihm gegeben angenommen und beschrieben wird146. Dieser Wort-auf-Welt Ausrichtung stellt Searle die Welt-auf-Wort Ausrichtung gegenüber, die eine Sprechhandlung bezeichnet, die die konsensuelle Realität durch ihren Vollzug zu modifizieren beabsichtigt. Parallelen zu Piagets Assimilations- und Akkomodationsschemata liegen 144 Schulz von Thun (1996, 26-31). 145 Austin (2002) ging ursprünglich von lokutionären, illokutionären und perlokutionären Akten aus, was ungefähr Form/Syntax, Inhalt/Absicht und Folge/konventionelle und kontextuelle Einbindung/Verständnis der Interaktionspartner entspricht. „Diese gesamte Handlung, „etwas zu sagen“, nenne – d.h. taufe – ich den Vollzug eines lokutionären [locutionary] Aktes (...).“ (S.112). „Der Vollzug einer Handlung in diesem neuen, zweiten Sinne habe ich den Vollzug eines „illokutionären“ Aktes genannt, d.h. einen Akt, den man vollzieht, indem man etwas sagt, im Unterschied zu dem Akt, daß man etwas sagt; (...).“ (S.117). „ (...) und die Äußerung kann mit dem Plan, in der Absicht, zu dem Zweck getan worden sein, die Wirkungen hervorzubringen. (...) Das Vollziehen einer solchen Handlung wollen wir das Vollziehen eines perlokutionären [perlocutionary] Aktes nennen (...).“ (S.118/119). 146 Im Gegensatz zu Austins performativen Sprechakten, mit denen ein Gegenstand „gemacht“ wird, z.B. heiraten. Diese fallen in Searles theoretischem Ansatz unter die Welt-auf-Wort Sprechakte (Searle 1987, 23). 37 auf der Hand, die hier allerdings nicht die Persönlichkeit strukturieren, sondern die Kommunikation, die dann erst wieder auf der Grundlage ihrer Annahme bzw. Ablehnung, Hineinnahme bzw. Veräußerung/Gestaltung sozialer Realität auf die Persönlichkeit Einfluss nimmt. Insofern sei auf die Einbindung des Sprechhandelns in allgemeine bzw. neurobiologisch begründete Verhaltensformen verwiesen. Dabei lassen sich anhand der Analyse von Sprechakten sowie der sie konstituierenden und begründenden sozialen Kontexte Handlungs- und Erlebenshorizonte der an ihnen beteiligten personalen Systeme rekonstruieren147. Es ist Searle anzurechnen, mit dieser einfachen Phrase (Wort-auf-Welt; Welt-auf-Wort) die Einbindung von (Sprach)verhalten in Verhaltenskorrelierungen zweiter Ordnung, also Mindmaps, Repräsentationen usw. analytisch dargestellt zu haben, obwohl er die „Welt“ nicht in ihrer mentalen Funktion als neuronal repräsentierter Wahrheitskonstante der Selbstwahrnehmung durchschaut zu haben scheint. Direktiven, ein weiterer illokutionärer Typus, bilden Handlungsanweisungen und entsprechen dem Appell des Vier-Seiten-Modells. Kommissive sind Versprechen, also autoregulative Handlungsanweisungen, die sich von Direktiven nur in der referentiellen Ausrichtung unterscheiden. Beide Akte sind Welt-auf-Wort gerichtet, d.h. auf die Absicht, reale Sachverhalte durch das Wort zu kreieren. Expressive sind Ausdrücke, die keine Ausrichtung haben. Sie entstehen als Verbalisierung psychischer Zustände und entsprechen somit der Selbstoffenbarungsebene Schulz von Thuns. Eine Deklaration ist eine Feststellung, die unter die illokutionären Akte fällt, weil auch sie performativer Art ist und die durch ihren Vollzug die sie bestimmende Realität determiniert. Mit dieser Modifizierung des Austin-Modelles löst Searle die von Austin vorgenommene Unterscheidung von konstativ (feststellend) und performativ (handelnd) auf. Die Illokution wird zu etwas Allgemeinen, das alle Sprechakte betrifft. Wer immer etwas sagt, tut damit auch etwas. Damit wird der soziale Charakter der Sprache betont. Worte dienen nicht nur der Koordination, sondern auch der Substitution von Handlungen148. In diesem Zusammenhang weist nun Luhmann auf die zeitliche, sachliche und soziale Kontextualität von Kommunikation hin. Dieses sind die Dimensionen ihrer Konstitution. Sachlich und sozial meint dabei die Unterscheidung von Information und Mitteilung unter Verwendung und Abfall von Zeit. Das bedeutet, dass der Vollzug einer Unterscheidung149 als Handlung der zeitlichen Abfolge von vorher und nachher realisiert wird und dass durch das Unterscheiden Zeit überhaupt erst innersystemisch entsteht, da Zeit als 147 Das wird z.B. in der Ethnomethodologie von Garfinkel und der ihr verwandten Disziplin der Konversationsanalyse (Sacks, Schegloff, Jefferson), der Interaktionslinguistik (Selting), vor allem aber der Sozialpsychologie betrieben. 148 Zum Beispiel wird durch die Androhung von Gewalt, ob nun erfolgreich oder nicht, die Gewalt ersetzt. 149 „Triff eine Unterscheidung.“ Spencer-Brown (1997, 3). 38 chronologisch etablierte Ordnung der Unterscheidung von vorher und nachher innersystemisch operationalisierbar wird. III.2.1. Synthese der Kommunikationsmodelle Auf einige Entsprechungen und Parallelen ist bereits hingewiesen worden. Ein Modell der Kommunikation für die Beschreibung bzw. Beobachtung von Persönlichkeitsentwicklungen im jeweiligen kommunikativen Kontext sollte den Standpunkt der Kommunizierenden einbeziehen, also wie sie sich selbst in Beziehung zu ihrer Umwelt setzen. In diesem Sinne ist die Selbstoffenbarung ein Teil des Sozialen. Beschleunigt wird die Kommunikation durch den Beziehungsaspekt, d.h. wie der Kommunikator seine Umwelt in Bezug auf sich selbst wahrnimmt. Auch dies ist in jeder Kommunikation stets enthalten. Die Reziprozität dieses Bezuges von Selbstoffenbarungs- und Beziehungsaspekt lässt sich anhand der Heisenbergschen Unschärferelation ersehen: hierbei lässt sich entweder der Standort eines Teilchens oder seine Geschwindigkeit messen. Daher muss sich der Kommunikator wie auch der Verstehende für jeweils eine Sichtweise entscheiden150. Entsprechend ergibt sich erst aus dieser Entscheidung/Gewohnheit die Appellfunktion (als „Seite“ und „Ohr“). Searles Kategorien sind unter der Bedingung verwendbar, dass sie im Sinne Schultz von Thuns synchron laufen und Aspekte einer weniger explizifizierten als vielmehr einer sozialen Realität konstruktiven Charakters diskriminieren. Auch reichen die vier Seiten des Schultz-von-Thun-Modelles aus, da Deklarativa eher eine allgemeine Illokution darstellen und Assertiva, Expressiva, Kommissiva und Direktiva als Aspekte der Illokution vom jeweiligen Verständnis (Ohr) her entschieden werden. Das bedeutet, dass die Fortsetzung von Kommunikation unter der Bedingung der Entscheidung bzw. Betonung des Verständnisses nur einer Sprechaktform stattfinden kann, und das, obwohl die Kommunikation Charakteristika aller Sprechakte transportiert. Dass Annahme, Verständnis und Fortsetzung von Kommunikation ohne eigentliche Entscheidbarkeit trotzdem möglich ist, beruht auf der intentionalen Ausrichtung von Kommunikation auf Kommunikation, auf ihrer Anschlussfähigkeit. Intentionalität151 bezeichnet die Ausrichtung mentaler Zustände auf Eigenobjektivierungen und 150 Dies ist mit mitunter gravierenden gesellschaftlichen Konsequenzen verbunden: den Selbstoffenbarungsaspekt zu betonen gilt als „männlich“, den Beziehungsaspekt zu betonen als „weiblich“. Entsprechend werden anhand dieser Identifizierungen Rollendifferenzierungen vorangetrieben (dazu Weinbach 2005, 39, über „Die Kontingenzformel ´Geschlechtsrollenidentität`“). Diese sind wiederum mit kulturspezifischen Bewertungen verknüpft, die in den Interaktionsmedien eine entsprechende Behandlung erfahren. Ein typisches Männerstereotyp ist es z.B., die Kommunikation auf Digitalität abzustellen und das äquivalente Frauenstereotyp kommuniziert dazu analog. Der „Mann“ hört insofern aus den Aussagen der „Frau“ zu entscheidende Aspekte heraus. Die Frau widerum hört die Selbstoffenbarungsebene des Mannes und entscheidet auf der Beziehungsebene. 151 Das Intentionalitätskonzept geht auf den Philosophen Brentano (1982, XIII) zurück und nimmt in der Phänomenologie Edmund Husserls einen zentralen Platz ein. 39 kennzeichnet die Kommunikation quasi von der Innenseite her. Das Erscheinen einer von uns unabhängigen Umwelt in der vierten Dimension samt den sie konstituierenden Bedingungen wie physikalischen Gesetzen ist die Folge intentionaler Operationen, in denen Zustände auf Zustände bezogen werden. Diese konstruktivistische Erklärung unterscheidet sich von Searles Definition der Intentionalität dahingehend, dass er von Gegenständen ausgeht, auf die sich Zustände beziehen können. Dies ist konstruktivistisch insofern zu erweitern, dass diese Gegenstände ebenfalls durch Intention erzeugte Objektivierungen, Projektionen bzw. Repräsentationen des Geistes darstellen, was immer diese „Gegenstände“ sonst sein mögen. Die Wirklichkeit wird nicht negiert, aber sie wird im Hinblick auf die operative Geschlossenheit des Nervensystems ausgeklammert. Die „Welt“ wiederum wird als für die Konstitution des Selbst benötigtes Modell einer das Modell immer übersteigenden Wirklichkeit verwendet. III.3. Das System „Gesellschaft“ Luhmann geht von der Systemhaftigkeit der Kommunikation als solcher aus, die er in ihrer Gesamtheit „Gesellschaft“ nennt. Die Gesellschaft besteht in diesem Sinne aus der Summe aller Kommunikationen, die sich durch ihre Träger, also die personalen Systeme, äußern. Von diesem Standpunkt aus sind somit Personen als die Medien gesellschaftlicher Kommunikation zu sehen. Das weicht erheblich von psychologischen Ansätzen ab und stellt einen vermittelnden Ansatz zwischen Mikro- und Makrosoziologie dar152. Die Eigenständigkeit eines allübergreifenden Kommunikationssystems, das alle Kommunikationen umfasst und sich durch personale Systeme reproduziert, ist kognitiv schlechterdings zu begreifen, da erst die Annahme physiologischer und kognitiver Autonomie weitere Kognition zuzulassen in der Lage ist. Dass es dennoch so ist belegt die Beobachtung, dass Kommunikation dort fehlt, wo es an Bewusstsein fehlt. Im Falle angenommener Kommunikation kommt es zur Bildung von Bewusstsein bzw. zu dessen Kondensation und Konfirmation153 unter den Interagierenden. Kommunikation ist Voraussetzung und Folge des Bewusstseins, genau wie Bewusstsein Voraussetzung und Folge der Kommunikation ist. Was bewusst ist, kann kommuniziert werden und Kommuniziertes führt im Verständnisprozess 152 Die systemische Familientherapie (Sparrer, von Kibed, Simon) geht von diesem Modell aus. Zu seiner Integration in die Klinische Psychologie siehe Schiepek 1991. 153 Es geht hierbei ganz allgemein um Identitätsbildung, in diesem Fall um die Identität der Kommunikation. Dazu Luhmann 1998, 47: „Folglich muß jegliche Identität als Resultat von Informationsverarbeitung oder, wenn zukunftsbezogen, als Problem begriffen werden. „Identitäten“ bestehen nicht, sie haben nur die Funktion, Rekursionen zu ordnen, so daß man bei allem Prozessieren von Sinn auf etwas wiederholt Verwendbares zurückund vorgreifen kann. Das erfordert selektives Kondensieren und zugleich konfirmierendes Generalisieren von etwas, was im Unterschied zu anderem als Dasselbe bezeichnet werden kann.“ Oder S.107: „Das [die Unterscheidung von Information und Mitteilung in der Kommunikation zu treffen, also: zu verstehen] aber heißt, daß sich entsprechende sachliche und personale Referenzen bilden. (...), ließe sich auch sagen, daß die Wiederverwendung solcher Referenzen Personen (bzw. Dinge) kondensiert, nämlich als identische fixiert, und sie zugleich konfirmiert, nämlich mit neuen Sinnbezügen aus andersartigen Mitteilungen anreichert.“. 40 zur Aktualisierung des Bewusstseins. Überforderungen des einen wie des anderen Systems verdeutlichen ihre wechselseitigen Bezüge: Wenn etwas bereits kommuniziert und verstanden wurde, kann es dazu kommen, dass die Bewusstseinsstruktur das Kommunizierte in seiner Komplexität nicht verarbeiten kann. Zwanghaftigkeit ist ein Beispiel für das Vorliegen eines Bewusstseins, dessen integrative Struktur nicht genügend Flexibilität besitzt, die erforderlichen Akkomodationen durchzuführen. Die Vernunft erfasst einen Handlungsspielraum, der sich mit dem tatsächlichen nicht deckt. Es entstehen Fehleinschätzungen, die adäquates Handeln im Hinblick auf das der Situation als angebracht erachtete Verhalten verhindern. Anders formuliert entsteht eine beobachtbare Divergenz zwischen Selbstzuschreibung und Selektionshorizont. Man denkt, es gehe auch anders, doch man hat keine Wahl. Man macht sich etwas vor. Kommunikation lässt sich ablehnen, doch zeugt die Ablehnung bereits von dem Vorliegen eines Verständnisses. Abgelehnte Kommunikation ist eine Art Plus-Minus-Reaktion. Sie lässt sich nicht vermeiden, wohl aber ablehnen. Umgekehrt kann dort, wo Bewusstsein als fehlend beobachtet wird, dennoch kommuniziert werden. Es kann dann als Unwissenheit beobachtet werden. Als spezieller Fall abgelehnter Kommunikation gilt die Ignoranz etwas oder jemandem gegenüber. Bewusstsein einer Kommunikation über etwas ist vorhanden und wird aber als Kommunikationsthema abgelehnt. So kann es dazu kommen, dass Menschen sich nicht unterhalten oder ohne dass sie sich wirklich verstehen, und das, obwohl die Kommunikation insgesamt vollzogen wird und beobachtbar ist, weil die Bewusstseinsinhalte gänzlich unterschiedlich sind. Dass Kommunikation dennoch stattfinden kann, leistet die Ausdifferenzierung unterschiedlicher, sogenannter symbolisch generalisierter Interaktionsmedien154, die auf Grundlage der Unterscheidung von Erleben und Handeln die Bedingungen der Möglichkeit von Kommunikation gewährleisten. Auf diese Weise dehnt Luhmann den Verständnisbegriff als Entstehung intersubjektiver Wahrheit auf alles aus, was sich in der Kommunikation beobachten lässt und schlägt eine allgemeine Kategorisierung, die vier Interaktionsmedien, vor. III.3.1. Person und Identität Ausgehend von der Unterscheidung von Kommunikation und Bewusstsein, von Sozialem und Personalem, dient das Erwartungserwartungen. 154 Konzept Es der impliziert Person eine der schon Bildung vorausgesetzte Luhmann (1998, 316-96): Macht, Liebe, Wahrheit/Kunst und Geld/Eigentum. 41 von Erwartungen Identität, die bzw. die Erwartungsspielräume bestimmt. In Referenz auf Musil155 verfügt jeder Mensch über einen Wirklichkeits- und einen Möglichkeitssinn. Das als möglich Erkannte bestimmt dabei quantitativ, der Zusammenhang zwischen Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit qualitativ das faktisch Realisierte im Hinblick auf Zwecke156. Smithson entwickelt sogar anhand des Zusammenhanges von Möglichkeit und Selektion in der Possibilitätstheorie dazu einen Begriff der Handlungsfreiheit, der sich stochastisch messen lässt157. Identität als das von Fuchs und Luhmann so bezeichnete psychische System158 ist nur rückbezüglich konstruierbar und die Person stets anhand ihres Verhaltens prinzipiell beobachtbar159. Im Hinblick auf die Beschreibung personaler Entwicklung macht die Unterscheidung von Identität und Person Sinn, um die Veränderungen auf der Verhaltens- und der Bewusstseinsebene abbilden zu können. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass die Unterscheidung als künstlich zu bewerten ist und sowohl Person als auch Identität als Konzepte vielmehr die Abstufungen des Umwelt- bzw. Systembezuges des beobachteten Systems darzustellen helfen. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass nicht auch die Identitätseinstellungen eines Systems bei hinreichend geeichter Feineinstellung des Observierenden beobachtbar sein sollten160. In diesem Sinne denkt auch Piaget: Genotyp und Phänotyp stehen sich als Sozialisationsschablonen nicht gegenüber, sondern stellen so etwas wie zwei Bereiche einer Skala von System- bzw. Umweltzugehörigkeiten dar. Auf der anderen Seite ist Identität auch für das betreffende personale System selbst nicht beobachtbar. Identität strukturiert das Erleben und generiert das Verhalten161. Sie ist somit, anders als das personale System, dem Bewusstsein nicht unmittelbar zugänglich. Diese Nubiosität und prinzipielle Unzugänglichkeit der Identität ermöglicht deren Transformation und Ausrichtung von Adaptationsstrategien bei 155 Musil 1992, 16. Auch Bergson (1948, 110) geht davon aus. 156 Das bildet den Gegenstand der Stochastik. 157 Smithson 1988, 29. 158 „Psychische Systeme [sind] selbstreferentiell geschlossene, strukturdeterminierte Systeme, die das, was ihre Realität ist, autonom produzieren und auf der Ebene der sie konstituierenden Operationen keinerlei Direktkontakt mit der Umwelt und mit Systemen in ihrer Umwelt haben.“ (Fuchs 1992, 189). 159 Wie Watzlawick (1974, 50) feststellt, ist es nicht möglich, sich nicht zu verhalten. Und alles Verhalten basiert auf Erwartungen und Erwartungen von Erwartungen. Verhalten ist immer auch kommunikativ (im Sinne Luhmanns (1994, 194-195), der Kommunikation als Einheit der Differenz von Information, Mitteilung und Verstehen betrachtet, betrifft dies allerdings nur die Verhaltenskoordinationen zweiter und höherer Ordnungen. Siehe auch Kap. III.1). 160 In dem Video „Eyes of the Insane“ (http://youtube.com/watch?v=sOMec-rYTbo (16.01.08)) spiegeln sich beispielhaft Lebensereignisse eines amerikanischen GI´s in dessen gefilmter Pupille. Dies veranschaulicht die rückbezügliche Beobachtungsmöglichkeit von Identität. Doch auch ohne Spiegelung kann das Schwarze in den Augen des Mitmenschen sehr aufschlussreich sein (Vgl. Robbins 2004, 172 über die Wiederspiegelung von Hirnvorgängen des Abrufs von Repräsentationssystemen in den Augenbewegungen bzw. -mustern.). 161 Und über das Verhalten Kommunikation und Gesellschaft: So schreibt Fuchs 1992, 189: „Die Intransparenz psychischer Systeme ist deshalb die Bedingung der Notwendigkeit einer emergenten Ebene, des Sozialsystems, das sich eben nicht auf der Basis von Gedanken, sondern auf der Basis von Kommunikationen reproduziert, die jene Intransparenzen, jene ihnen unzugängliche psychische Selektivität benutzen, um eigene Selektivität aufzubauen. [Und] Das gilt auch umgekehrt.“. 42 konstanter Selbstempfindung wie der symbolischen Selbstergänzung162, die die Differenz von Selbstbild und Selbstideal überbrückt. Die Identitätsschemata gehen weit über den Teil des Personalen hinaus, der sich in der Kommunikation als Selbstreferenz äußert. Schon Descartes stellte fest, dass das Ich sich in der Kommunikation gebärt. Es ist durch und durch personalisiert. Die Identität erschließt sich als Beobachtung auf Grundlage der Unterscheidung von Rede und Selbstbild auf der einen, von Handlung und Verhalten auf der anderen Seite. Das, was das Ich nicht ist, gehört genauso zur Beschreibung der Identität wie das, was das Ich ist. Beobachtungen dieser Art führen zu einer stufenweisen Eingrenzung und Bestimmung der Identität, die sich in ihrer Totalität aber nicht zeigen kann, da sie ihre Umgebung, ihr ausgeschlossenes Anderes immer mitbestimmt. Die Identität legt hernach die Grundlagen für eine beständige Nichtauthentizität des emanierenden Selbst. Authentizität, also die Kongruenz von Rede und Handlung, von Selbstbild und Selbstideal, findet im Flowerleben statt und basiert auf der Loslösung von identitätsstiftenden Strukturen. Authentizität ist ein Zustand, der sich als kongruentes Verhalten beobachten lässt, statt einer Darstellung. Ähnlich betrachtet Judith Butler (1991) im Anschluss an Fichte163 u.a. die Identität im Kontext ihrer soziokulturellen Verhältnisse als Resultat performativer Akte. Dabei geht sie davon aus, dass Sprechakte funktional Wirklichkeit stiften und damit ihre Validierung als Konvention verdecken. Auf diese Weise entsteht die Identität zusammen mit der Wirklichkeit und nicht vorher, nachher oder separat von ihr. Sie ist aus dem gleichen Stoff wie die Wirklichkeit selbst. Damit wird sie um Einiges realer erlebt als als Person oder Persönlichkeit, die immer Gegenstand von Aushandlungsprozessen sozialer Interaktionen164 sind. Mit Fichte entsteht die Objektwelt zusammen mit der Setzung des Ichs. Identität in Abgrenzung zur Personalität entspricht hier somit Hegels Definition des Absoluten als Identität der Identität und Nichtidentität165. III.3.2. Die Konstruktion der Person Die personale Identität entsteht mit dem Vollzug der Unterscheidung von Selbst- und Fremdreferenz, dem sich selbst von seiner Umgebung zu unterscheiden. Das ermöglicht darauf aufbauend die Beobachtung, in der eigenen Umgebung Systeme zu unterscheiden, die sich ebenfalls 162 Gollwitzer und Wicklund (1985, 31). 163 der Handeln und Existieren quasi gleichsetzt und das Erkennen aus dem handelnden Existieren bzw. existierenden Handeln ableitet (Artikel Johann Gottlieb Fichte. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 7. Februar 2008, 10:53 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Johann_Gottlieb_Fichte&oldid=42200193 (Abgerufen: 14. Februar 2008, 00:16 UTC)). 164 Metzinger spricht von Personalität als „Anerkennungsbeziehungen zwischen rationalen Individuen“ (http://www.zeit.de/2007/34/M-Seele-Interview; 20.11.07). 165 Hegel 1999, 46 und 187. Prägnanter und allgemeiner wird dieser Gedanke von Whitehead (1987) formuliert: „Das Universum erreicht durch sich selbst den Ausdruck seiner Gegensätze.“ (624). 43 selbst von anderem unterscheiden und andere Systeme unterscheiden, die sich ebenfalls von ihrer Umgebung zu unterscheiden verstehen. Dies bildet die Voraussetzung für darauf bezogene Verhaltenskoordinationen, der Kommunikation. Durch das Nervensystem erzeugte Relationen stellen Verhaltenskoordinationen zweiter und höherer Ordnungen dar, also Koordinationen von Koordinationen usw. Diese Ordnungen wirken in ihrer hierarchischen Aufeinanderfolge wiederum auf die Kommunikation bis hin zum kleinsten Ereignis als einfachem Verhaltenselement zurück166. Personen werden sozial, also kommunikativ, konstruiert und sind daher stets beobachtbar167. Sie treten als unterscheidende und unterschiedene Systeme in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen auf, für deren Leitkodierungen sie einen Unterschied machen 168. Ein Angestellter einer GmbH ist z.B. im Rechtssystem keine Person. Die GmbH/AG selbst ist eine (juristische) Person 169. Was zur Person gerechnet wird und was nicht, ob und welche Menschen, Organisationen und Interaktionssysteme als Personen gelten und welche nicht, wird durch gesellschaftliche Aushandlungsprozesse innerhalb ihrer Subsysteme bestimmt170. Personen in ihrem jeweiligen gesellschaftlichen Kontext entstehen durch das kommunikative Spiel von konventionell abgestimmten Erwartungen über Selbst- und Fremdzurechnungen. Diese Kommunikation über die Geltung von Personalem braucht keine Internalisierung. Die Verinnerlichung von Zurechnungen und Zurechnungserwartungen ist identitätsstiftend, worauf im nächsten Abschnitt noch eingegangen wird. Personen können in ihrem Umgang mit Erwartungen und Erwartungserwartungen nur durch interaktionsmedial begründete Unterscheidungen beobachtet und bewertet werden. Die Verabsolutierung der Verwendung der Interaktionsmedien171 führt zur Verdeckung und 166 Dazu genauer Kap. III.4. 167 Luhmann 1994, 155: „Psychische Systeme, die von anderen psychischen oder sozialen Systemen beobachtet werden, wollen wir Personen nennen.“. An anderer Stelle beschreibt er Personen als Identifikationspunkte der Kommunikation. Diese Identifikationspunkte sind polykontextural angelegt und insofern eher als Knoten in einem dreidimensionalen Netz zu verstehen. Dazu auch Fuchs 1992, 43. 168 Diese gedankliche Formulierung geht auf Bateson zurück (Bateson 1981, 582: „Von dieser Unendlichkeit selektieren wir eine sehr begrenzte Anzahl, die zur Information werden. Was wir tatsächlich mit Informationen meinen – die elementare Informationseinheit -, ist ein Unterschied, der einen Unterschied ausmacht, und er kann einen Unterschied ausmachen, weil die Nervenbahnen, auf denen er reist und kontinuierlich transformiert wird, ihrerseits mit Energie versorgt werden.“) und taucht bei Luhmann als wesentliches Element seiner gesellschaftstheoretischen Komposition wie ein Leitmotiv oder Refrain immer wieder auf. Zum Mechanismus der Distinktion siehe auch Spencer-Brown (1997) und Derrida (1986, 69), der den Begriff der „différance“ einführt, mit dem er in zu Spencer-Browns Formenkalkül analoger Weise Unterscheidungs- und damit auch Konstruktionsoperationen bezeichnet, die sich selbst als Operator voraussetzen, statt der gegebenen „Welt“ und „Wirklichkeit“ aus der materialistischen Sicht. 169 Neus 2003, 148. 170 Insofern gibt es auch keine Universalität der Menschenrechte, wohl aber den Anspruch einer Universalisierung (natürlich wieder und nur durch personale Systeme). Die Erklärung der Menschenrechte als universell stellt bereits eine ideologische Verfestigung dar, mit der bisher noch keine dauerhaften weltgesellschaftlichen Veränderungen erreicht wurden. Menschenrechte zu vertreten ist vielleicht schwieriger, aber auch aufrichtiger als sie zu proklamieren und sich anschließend politisch ständig über deren Definitionen, Spielräume und Einschränkungen auseinanderzusetzen. 171 Schlagworte wie „Geld regiert die Welt.“ (Wirtschaft); „Alle x wollen nur das eine.“ (Liebe/Sex); „Létat cést 44 Ausgrenzung der jeweils anderen gesellschaftlich wirkenden Medien in ihren Bereichen und erzeugt soziale Vereinseitigungen, die auf Strukturverhaftungen pathologischer Ausprägungen zurückzuführen sind. Die ökologische Form besteht darin, die gesellschaftlichen Subsysteme mit dem Licht der unterschiedlichen Interaktionsmedien anzustrahlen. So kommt es beispielsweise zu einer Unternehmensethik172, zu Emissionszertifikaten, zu Forschungsstipendien, zur Demokratisierung der internen Kommunikation politischer Parteien uvm. Durch die Anwendung der Interaktionsmedien auf sie nicht konstituierende Bereiche wird die wechselseitige Integration gesellschaftlicher Subsysteme erreicht und es entsteht gesellschaftliche Identität. Personen sind von solchen gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen insofern betroffen, als dass die wechselseitige Integration oder die Vereinseitigung der Kommunikation durch die Interaktionsmedien Menschenbilder und Gesellschaftsmodelle generiert, denen die Menschen in ihren gesellschaftlichen Bezügen ausgesetzt sind. Persönlichkeitsentwicklung findet eben immer in einem gesellschaftlichen Rahmen statt, der den kommunikativen Kontext von Persönlichkeitsentwicklungen determiniert. Kommunikative Spielräume der Personen, sich selbst zu organisieren und Identitäten zu (er)finden, werden ihnen von der Gesellschaft angeliefert. Die Befähigung, anderen Menschen die personale Identität als einer Art Befindlichkeit zu vermitteln, basiert auf einem Austausch, in dem jeder Interagierende sowohl zum Kommunikator als auch Adressat von Kommunikationen werden kann und dies auch bei seinen Interaktionspartnern voraussetzt173. III.3.2.1. Entscheidung und Organisation moí.“ (Macht); „Religion ist Opium für das Volk“ (Wahrheit). 172 Was beispielsweise in der Nachkriegszeit ganz selbstverständlich für deutsche Firmen war, da, so würde Luhmann wohl schlussfolgern, die funktionale Differenzierung noch nicht abgeschlossen war. Bei genauerer Analyse ergibt sich jedoch ein anderes Bild. Hitler konnte die deutschen Großfirmen vor allem deshalb auf seine Seite ziehen, weil er ihnen reiche Beute bei der „Verbreitung des deutschen Wesens“ versprach (Stichwort „Gefälligkeitsdiktatur“- Verführen und Sanktionieren). Adenauer wiederum bediente sich in einem Akt politischer Nötigung dieses Vorwissens der Verstrickung der Großfirmen in das NS-System, um sie im Sinne eines Wiederaufbaus Deutschlands zu engagieren. Eine wirkliche Unternehmensethik wiederum baut auf die Identität der Organisation und damit auf Erwartungen der Entscheidungsweise der sie realisierenden personalen Systeme. Hier wird die Intransparenz der Identität (der Organisation) zum Problem, da sie von Personen kommunikativ realisiert zu werden hat, da sich Ethik nicht an Personen beobachten lässt, sondern Identitäten unterstellt werden muss. Entsprechend werfen beobachtete Inkongruenzen eines Verhaltens, das also nicht die Erwartungen der unterstellten Ethik erfüllt, Fragen bzw. Misstrauen auf. 173 Parsons und Luhmann nennen diese Verdoppelung der Möglichkeiten, die sich in der Konversation anhand der turn-takings oder auch schon an der Organisation einer zufälligen Begegnung mit einem Bekannten auf der Straße beobachten lässt, „Doppelte Kontingenz“. So Luhmann 1998, 332: „[Die Terminologie Ego/Alter will] gerade zum Ausdruck bringen (...), daß jeder Mensch immer beides ist, wenn (und nur wenn) er sich an Kommunikation beteiligt.“ Und auf S. 643: „Personalität wird anscheinend immer dort verliehen, wo doppelte Kontingenz wahrgenommen wird und zu regulieren ist. Weitgehend heißt dies, daß Personalität mit Kommunikationsmöglichkeiten korreliert. (...) Personalität entsteht, wo immer das Verhalten anderer als gewählt vorgestellt wird und durch eigenes Verhalten kommunikativ zu beeinflussen ist.“ 45 Luhmann174 definiert eine Organisation als entscheidungsdeterminierte Struktur. Ihr Aufbau und ihre Reproduktion stützt sich auf die Entscheidungsgeschichte und ihre Modifikation auf gegenwärtig getroffene Entscheidungen, die frühere Entscheidungen bestätigen175, generalisieren, spezifizieren oder exstinguieren. Luhmann konstruiert Entscheidungen in Anlehnung an den kybernetischen (digitalen) Informationsbegriff176: demnach stellt eine Entscheidung eine Selektion aus einer Menge von Alternativen dar. Je größer diese Menge, desto potenter die Entscheidung. Entscheidungssysteme, also Organisationen, werden hierarchisch strukturiert. Organisierte Entscheidungen sind einander über- oder untergeordnet. Die Organisation als Entscheidungssystem wirkt autoregulativ und erlangt ihre Etablierung und Autonomie durch ihre Anerkennung der sie konstruierenden personalen und sozialen Systeme. Luhmann betrachtet somit Organisationen als primär soziale Systeme. Organisationen sind wechselseitig aufeinander bezogene Kommunikationen durch Entscheidungen. Entscheidungen sind durch andere Entscheidungen begründbare verbindliche Vorgaben der Behandlung von Sachverhalten. Die Verbindlichkeit wird durch das oder die von der Organisation verwendete Interaktionsmedium hergestellt177. Das Bewusstsein wird aber nicht durch Entscheidungen, sondern durch Unterscheidungen bzw. Ereignisse organisiert. Das, was einen Unterschied macht, aktualisiert die Reproduktion des Bewusstseins. Unterscheidungen zeichnen Ereignisse, die als Bausteine von Repräsentationen in die neuronale Realitätskonstitution integriert werden. Personale und soziale Organisationen unterscheiden sich fundamental voneinander. Ihre Elemente unterliegen gänzlich unterschiedlichen Bedingungen und sind separat zu untersuchen. Insbesondere die Inkommunikabilität bestimmter als Ereignisse rezipierter Unterscheidungen weist auf ihren von Kommunikation divergierenden Charakter hin. Wird die Persönlichkeit jedoch als Organisation von personbezogener Kommunikation betrachtet, ergibt sie sich aus der Summe ihrer Entscheidungen. Anders als das Bewusstsein, dessen mysteriöse Evidenz als Qualiaproblem diskutiert wird, ist sie nicht mehr als die Summe seiner Teile – die Persönlichkeit ist genau die Summe ihrer Entscheidungen. Ergibt sich die Persönlichkeit aus der Summe ihrer Entscheidungen und hängen diese Entscheidungen und ihre Horizonte, aus denen sie selektiert werden, von ihrer internalen Organisation ab, dann hängt laut Bergson (1989, 106) die persönliche Freiheit bzw. das, was die 174 Luhmann 2000a, 63. 175 Konfirmation trägt als verstärkende Handlung zur Habitualisierung von Entscheidungen und somit zur Modifikation der sie einbindenden Organisation bei. 176 Dazu Klaus (1969, 269). 177 Macht, Liebe, Wahrheit oder Geld, Luhmann (1998, Kap.2). 46 Person als Freiheit erlebt, eben von der internalen Organisation ihrer Entscheidungen und Entscheidungsspielräume bzw. -nischen ab. Bergson selbst spricht in diesem Zusammenhang von Freiheit als „Organisation der Bewusstseinszustände“. III.3.3. Die Konstruktion der Identität Internalisierungen von Kommunikationen178 stiften Identität. Das Vorliegen persönlicher Präferenzen, die alle Ebenen des AGIL-Schemas durchdringen, manifestiert sich erst in Anwendungen (Goal-Attainment), dann Übertragungen (Integration) und schließlich in der Bildung von Werten als holistisch eminenten Abstraktionen durch die wechselseitige Integration von Repräsentationen unterschiedlicher Ebenen und Bereiche. Die Erkenntnis- und Realitätsstruktur wird dadurch maßgeblich modifiziert. Was bewusst ist und was bewusst wird dient stets der Bestätigung des den Erkenntnisprozess konstituierenden Wertes179. Die unzureichende Herausbildung von Werten erscheint als Anpassung (nicht: Anpassungsfähigkeit). Wer keine Werte zu vertreten hat, passt sich an. Es bleibt dann offen, ob diese Anpassung eine vorübergehende oder dauerhafte ist. Werden Lernprozesse vorausgesetzt, dann wird eine dauerhafte Anpassung als Opportunismus und Stromlinienförmigkeit beobachtbar und die vorübergehende als Sachkunde, Meinungsführerschaft und kommunikativ legitimierte Reputation. Ausdifferenzierte Werte schaffen personale Integrität und Verlässlichkeit. Erwartungen und Erwartungserwartungen gewinnen eine konsistente Transparenz, da sich vieles wie von selbst versteht. Entsprechend schränkt die Identität in ihrer Funktion als Reduktor von Komplexität die Auswahl und die Behandlung von Kommunikationsthemen ein und setzt die Annahme dieser Einschränkungen voraus. Die Nichtbeachtung dieses Anspruches verletzt das Ansehen im öffentlichen und demütigt im privaten Raum180. 178 „Inkorporationen“ bei Bourdieu (1987, 729-34, über „Inkorporierte soziale Strukturen“), „gesellschaftliche Disziplinierung“ bei Foucault (1994). 179 Wilson (1993, 19) „(...) was immer der Denker denkt, wird der Beweisführer beweisen.“. 180 Zur Aufrechterhaltung der identitätsbezogenen Integrität in schwierigen Zeiten schreibt Brecht über den Umgang mit der vergesellschafteten Androhung von Gewalt: Als Herr Keuner, der Denkende, sich in einem Saale vor vielen gegen die Gewalt aussprach, merkte er, wie die Leute vor ihm zurückwichen und weggingen. Er blickte sich um und sah hinter sich stehen - die Gewalt."Was sagtest du?" fragte ihn die Gewalt. "Ich sprach mich für die Gewalt aus", antwortete Herr Keuner. Als Herr Keuner weggegangen war, fragten ihn seine Schüler nach seinem Rückgrat. Herr Keuner antwortete: "Ich habe kein Rückgrat zum Zerschlagen. Gerade ich muß länger leben als die Gewalt." Und Herr Keuner erzählte folgende Geschichte: In die Wohnung des Herrn Egge, der gelernt hatte, nein zu sagen, kam eines Tages in der Zeit der Illegalität ein Agent, der zeigte einen Schein vor, welcher ausgestellt war im Namen derer, die die Stadt beherrschten, und auf dem stand, daß ihm gehören soll jede Wohnung, in die er seinen Fuß setzte, ebenso sollte ihm auch jedes Essen gehören, das er verlange; ebenso sollte ihm auch jeder Mann dienen, den er sähe. Der Agent setzte sich in einen Stuhl, verlangte Essen, wusch sich, legte sich nieder und fragte mit dem Gesicht zur Wand vor dem Einschlafen: "Wirst du mir dienen?" Herr Egge deckte ihn mit einer Decke zu, vertrieb die Fliegen, bewachte seinen Schlaf, und wie an diesem Tage gehorchte er ihm sieben Jahre lang. Aber was immer er für ihn tat, eines zu tun hütete er sich wohl: das war, ein Wort zu sagen. Als nun die sieben Jahre herum waren und der Agent dick geworden war vom vielen Essen, Schlafen und Befehlen, starb der Agent. 47 Die Identität manifestiert sich personal und sozial. Auf der personalen Ebene dient sie als ein Selektionskriterium. Welche Person jemand darstellt und warum diese Darstellung gewählt wurde und nicht eine andere, lässt sich nur durch den Bezug auf die personale Identität begründen 181. Die kommunikativ erschlossene Identitätsstruktur einer Person fällt mit dem Begriff der Persönlichkeit zusammen. Die Persönlichkeit ist das, was der Person in ihren verschiedenen sozialen Bezügen gemein ist, das „Menschliche“ an ihr. Auf der sozialen Ebene gibt eben diese Rolle und der ihr zugrundeliegenden Realisierung von Werten Handlungs- bzw. Kommunikationsspielräume vor. Das schließt auch die Verständnismöglichkeiten und den Realitätsaufbau mit ein, die als innerweltliche Außenwelt182 das Setting für darauf bezogene Handlungen/Kommunikationen bildet. Das „Menschliche“ zeigt sich so in doppelter Hinsicht: als Allgemeines der Person und als Allgemeines der Situation. III.4. Assimilisation und Akkomodation Um die Beziehungen zwischen den Bereichen des Personalen und Sozialen zu beschreiben, führt Piaget die Begriffe der Assimilisation und Akkomodation ein. Der Begriff der Adaptation in der durch Lorenz183 beschriebenen Weise wird dadurch in funktionaler Hinsicht dekomponiert. Sie bilden einen wesentlichen Bestandteil von Piagets Entwicklungspsychologie. Allerdings finden sich Da wickelte ihn Herr Egge in die verdorbene Decke, schleifte ihn aus dem Haus, wusch das Lager, tünchte die Wände, atmete auf und antwortete: "Nein." (Bert Brecht 2006, 28: „Maßnahmen gegen die Gewalt“). Auf nationaler Ebene stolpert das sog. Nation-building nur zu oft über die Identitätskrisen von Völkern und Nationen. Das gilt nicht nur für völkisch und religiös zusammengewürfelte ehemalige Kolonialstaaten wie den Irak oder die meisten Länder Afrikas, in denen sich gar nicht oder nur rudimentär nationale Identitäten ausgebildet haben, sondern auch Staaten wie Kambodscha, das sich seit der Diktatur in einer Art Kollektivtrauma befindet, dessen Aufarbeitung nur über die Anerkennung des Leides und der Wiederherstellung der Würde seiner Bürger erfolgen kann. Armut, Statuslosigkeit in der Weltgemeinschaft und die Auslöschung des kulturellen Gedächtnisses durch die Roten Khmer behindern jedoch die Rückbesinnung auf ein Leben in Menschlichkeit und Würde. 181 Entsprechend wird in der Themenzentrierten Interaktion TZI (Cohn 2004, 120) der Mensch als eine Person beschrieben, der seine Vergangenheit kennt, seine Zukunft entwickelt und in der Gegenwart handelt. In der Gegenwart stehen „Störungen“ (im Sinne von Irritationen) für Lernherausforderungen der Person, an denen sie wachsen kann und denen sie daher nicht ausweichen sollte. 182 In Anlehnung an Peter Handkes Gedichtsband „Die Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt“ (Handke, 1993). Jeder Text des Bandes liefert eine Beschreibung einer Außenwelt bei gleichzeitigen Strukturisomorphien bis hin zu Phrasen und Wörtern mit den anderen Texten, die die Innenwelt der Beschreibung der Außenwelt beschreiben. Ähnlich auch die Beatles „Your inside is out, and your outside is in.“ (White Album). 183 „Diese zentralnervöse Apparatur schreibt keineswegs der Natur ihr Gesetz vor, sie tut das genau so wenig, wie der Huf des Pferdes dem Erdboden seine Form vorschreibt. Wie dieser stolpert sie über nicht vorgesehene Veränderungen der dem Organ gestellten Aufgabe. Aber so wie der Huf des Pferdes auf den Steppenboden paßt, mit dem er sich auseinandersetzt, so paßt unsere zentralnervöse Weltbild-Apparatur auf die reichhaltige reale Welt, mit der sich der Mensch auseinandersetzen muß und wie jedes Organ, so hat auch sie ihre arterhaltend zweckmäßige Form in äonenlangem stammesgeschichtlichem Werden durch diese Auseinandersetzung von Realem mit Realem gewonnen.“ (Lorenz 1975, 166; oder auch Radnitzky / Bartley 1993, 85). 48 ähnliche Konzepte auch bei Popper und Eccles184 in ihrer Darstellung der wechselseitigen Bezüge von Welt 2 und 3. Eine Assimilation bezeichnet eine faktische Substitution eines oder mehrerer Elemente eines Systems gegen andere. So ist ein sättigendes Frühstück auch mit Brötchen anstatt mit Brot oder, wie bei den Briten, auch mit überbackenen Bohnen möglich. Assimilationen, die die Funktion des Zusammenwirkens der Komponenten des Systems verändern, werden dadurch zu Akkomodationen, die wiederum die anschlussfähigen Assimilationsmöglichkeiten aktualisieren. Statt zu frühstücken ließe sich auch fasten, beten und meditieren. Hier findet die Substitution auf einer viel höheren Ebene statt: die Herstellung physischer und psychischer Energien erfolgt auf eine ganz andere Weise und lässt andere Anschlussmöglichkeiten des Handelns und Erlebens zu. Akkomodationen bilden also eine Art Rückkopplung erfolgreicher Assimilationsschemata. Die Herstellung eines energetischen Zustandes am Morgen als ein Schema lässt sich auch auf andere Weise herstellen als durch die physische Funktion der Nahrungsaufnahme. Die erfolgreiche Akkomodation kann erneut durch Assimilation modifiziert werden: Statt Meditation Yoga, veränderte Adressaten der Gebete, andere Gebete, statt Gebeten Visualisierungen usw.. IV. Hypothese der doppelten Evidenz der Persönlichkeitsentwicklung im Bewusstsein und in der Kommunikation IV.1. Die Personalisierung des Sozialen Die in der Neuformulierung angedeutete unterschiedliche Auffassung der Systemtheoretiker Luhmann und Maturana bezüglich einer Unterscheidung von personal und sozial soll hier aufgegeben werden. Bewusstsein ist zwar Medium von Kommunikation/Verhalten, kann aber, gerade weil es als Medium fungiert, nicht personalisiert werden. Für das Bewusstsein spezifisch ist, 184 Popper/Eccles 1985, 55 in Meynig 2005a, 12. Auch Bourdieu (1987, 279: „Der Habitus ist nicht nur strukturierende, die Praxis wie deren Wahrnehmung organisierende Struktur, sondern auch strukturierte Struktur...“) geht im Habituskonzept von der Wechselseitigkeit der Bezüge, von Beeinflussungen und Beeinflussbarkeiten des Habitus im Feld aus. Von Glasersfeld (1992, 158) formuliert es im Anschluss an Piaget so: „Assimilation ist, wie wir gesagt haben, die Anwendung eines ausgebildeten invarianten Musters oder Schemas auf eine gegenwärtige Erfahrung ohne Rücksicht auf Abweichungen. In der Akkomodation dagegen führt eine Abweichung zur Bildung eines neuen Musters (entweder zur Modifikation eines alten oder zum Aufbau eines neuen), das hernach eine neue Invariante werden kann.“ Oder kybernetisch ausgedrückt, „ (...) können wir sagen, daß Assimilation, insofern sie sensorische Signale gleichrichtet, die Erzeugung von Störungsmeldungen reduziert. Die Akkomodation andererseits tritt nur dann auf, wenn es eine Diskrepanz oder eine Störung gibt, für die der Organismus noch kein bewährtes Verfahren der Abhilfe besitzt.“. 49 dass es kontinuiert185. Referenzziehungen und Personalisiert wird -zuweisungen186. Kommunikation Identitäten sind durch systemoperative kommunikativ induzierte187 Strukturgerinnungen, die zwar auf basale Ebenen und sogar ihre genetischen Bedingungen durchschlagen können, aber immer von ihrer kultursozialisatorischen Entstehungsgeschichte her betrachtet werden müssen. Die Identität kann nur in der Kommunikation als eigenständige Einheit diskriminiert werden. Identifikationen sind stets kommunikativ induziert. Identität gewinnt das Identifizierte durch repräsentationalen die Verselbständigung Vernetzungen und vor der allem Diskriminierungsoperation der sie funktional samt ihrer bestimmenden Metakognitionen188. Das bedeutet, dass Identitäten im Sinne des Funktionsstrukturalismus Niklas Luhmanns von ihrer Funktion her bestimmt werden müssen. Das Bewusstsein kann der Identität allerdings nicht die Funktion diktieren, da es selbst nichts tut, beabsichtigt, denkt oder will. Es aktualisiert sich pausenlos und entzieht sich den Ereignissen der Kommunikation, die das Bewusstsein für seine Fortsetzung utilisiert. Das lenkt die Frage auf die Beziehungen zwischen Person und Identität. Personale Konstruktionen bilden Erwartungsstrukturen als Bedingung der Möglichkeit von Kommunikation. Die Generierung solcher Strukturen und ihrer jeweiligen kontextuellen Rahmenbezüge fällt damit in den Bereich der Identität. Identität ist daher ein kommunikativ etablierter, aber vor allem Kommunikation generierender Standpunkt. Bateson bezeichnet dies als Lernen II, dem sogenannten Deutero-Lernen189. In Bezug zum Thema Persönlichkeitsentwicklung im strengen Sinne bedeutet das, dass eine Verkettung von Veränderungen der Alternativen und von Veränderungen der Modalitäten von Erfahrungen darunter fallen. Eine psychologisch angelegte Abhandlung des Themas stellt auf diese Lernebene ab. Lernen III und IV übersteigen eine solche Abhandlung und werden in Kap.V. nur ansatzweise dargestellt. Da Bewusstsein und Kommunikation unterschiedliche Ebenen darstellen, sind personale und soziale Transformationen separat zu behandeln. Das Bewusstsein lässt sich durch seine Kopplung mit kommunikativen Prozessen zwar erreichen und irritieren, aber keinesfalls determinieren. Daher 185 „Consciousness is continuous.“ (William James, zitiert nach http://youtube.com/watch?v=GKwtaCXEM5E (06.11.07)). 186 Daraus ergeben sich kulturinterne Verfahrensformen von Disziplinierung und Haftung, deren Feststellung und Objektivierung (auf Basis der „Kontingenzformel Gerechtigkeit“ Luhmann 1993, 214ff. und zur juristischen Person 292) Gesetzesbücher füllen und richterliche Urteile bestimmen, oder auch einfach nur Common Sense und Etikette generieren und locker kodieren. Dazu auch Foucault 1994, Luhmann 1993 und Luhmann 1983, 250. 187 Siehe Kap. III. und Luhmann 1998, 107. 188 Ein Begriff, der aus dem Konzept der Theory of Mind in den Kognitionswissenschaften stammt und Selbstreflexionen bezeichnet, also das Denken über das Denken (Artikel Theory of Mind. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 31. Januar 2008, 12:37 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Theory_of_Mind&oldid=41881328 (Abgerufen: 14. Februar 2008, 13:19 UTC)). 189 „Lernen II ist Veränderung im Prozess des Lernens I, z.B. eine korrigierende Veränderung in der Menge von Alternativen, unter denen die Auswahl getroffen wird, oder es ist eine Veränderung in der Art und Weise, wie die Abfolge der Erfahrung interpunktiert wird.“ (Bateson 1981 , 379). 50 appellieren erfolgreiche Kommunikationen an die Freiheit und faktische Eigenständigkeit von Personen, statt in behavioristischer Manier auf Konditionierungs- bzw. Programmierungsmethoden zu setzen190. Von Foersters Unterscheidung von trivialen und nontrivialen Maschinen trägt diesem Umstand Rechnung191. Demnach lassen sich bei nontrivialen Maschinen aus dem Input keine validen Vorhersagen über das Output errechnen. Die Zusammenhänge zwischen Bewusstsein und Kommunikation entsprechen nicht der von Gleichungen mit Leerstellen und Variablen, in die nur Werte eingesetzt zu werden brauchen. Vielmehr sind Feinwahrnehmungen erforderlich, die die sich im Verhalten spiegelnde Systemhaftigkeit der Bewusstsein inanspruchnehmenden personalen Strukturen voraussetzen und als rezeptive Komplexität in dieser Hinsicht reduziert werden, ohne dass dem Bewusstsein seine Trägerfunktion einer kommunikativ induzierten Tiefenstruktur abgesprochen wird192. Auf diese Weise entstehen kontingente Annäherungen als intentional gerichtete Wege der Initiierung von Kommunikation. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch die Forderung nach der Wahrung der Würde des Menschen zu sehen. Immer vorausgesetzt, dass die Komplexität der Vorgänge des menschlichen Gehirns/des Nervensystems für einen Beobachter193 zu gewaltig sind, um eins zu eins rezipiert und verarbeitet werden zu können, stellen alle darauf bezogenen Reduktionen kontingente und nichtsdestotrotz für die Kommunikation notwendige Prozesse dar. Nur über die Anerkennung des Gegenübers als soziopersonalem System, das intentional soziale Komplexität kontingent reduziert, findet Kommunikation als Bedingung der Möglichkeit einer tatsächlichen Verständigung statt194. 190 Insofern sind theoretische Ansätze des Programmierens oder Konditionierens des Menschen auch begrifflich nicht optimal gewählt. Die ökologische oder „spirituelle“ Komponente als Evidenzkriterium erfolgreicher personaler Transformationen lässt sich damit nicht einfangen. Es handelt sich vielmehr um systematische soziopersonale Irritationen. Von Foerster nennt dieses Phänomen Anthropomorphia Inversa, das alltagssprachlich beispielsweise Menschen „Programme abspulen“ und an anderen Menschen die „Austaste“ suchen lässt. Im Forschungszweig der AI, der Artificial Intelligence, wird die Diskussion schon seit längerer Zeit geführt (Searle und die „Turingmaschine“). 191 Von Foerster (1985, 12), siehe auch Luhmann (2002, 77). 192 „A map is not the territory.“ Korzybski (2000, 750). Es gibt insofern keine 1:1 Entsprechungen von Symptomen (Im Sinne von Verhaltenseinheiten) und Interpretationen, die in bestimmten Kontexten auf jeden Menschen zutreffen. So wehrt sich der Autor beispielsweise gegen Traumdeutungen mit feststehender Symbolik und Archetypik, wie sie von Jung vertreten wurde, als einer groben Vereinfachung. Anders als Fuchs 1998 und die Schüler Lacans (Zizek u.a.) betrachtet der Autor auch die Leitunterscheidung der Psychoanalyse zwischen bewusst und unbewusst im Anschluss an Erickson (1976) nur als Arbeitsinstrument. Das Paradox des ausgeschlossenen Dritten löst sich in die Zeit auf. Was eben noch unbewusst war kann jetzt reflektiert werden. Das ehemals Unbewusste ist daher eher als reduktionsverdeckte Anschlussmöglichkeit der Fortsetzung von Kommunikation und Reproduktion des Bewusstseins zu beschreiben, denn als die berühmen 9/10 des Eisbergs „Bewusstsein“. Der Irrtum, die Unterscheidung von bewusst /unbewusst als faktisch zu setzen basiert wahrscheinlich auf dem tradierten Glauben an die historische Festschreibung und Unveränderbarkeit psychischer „Fakten“. Sartre ging so auch mit der Psychoanalyse eher spielerisch um. So behauptete er aufgrund des Umstandes, seinen Vater nicht kennengelernt zu haben, deshalb auch kein Über-Ich entwickelt zu haben. Die Unterscheidung von „Ich“ und „Es“ stellte er aber nicht in Frage. 193 Der auch nichtmenschlich sein kann, z.B. Gott. 194 Diese gleiche Augenhöhe ist Maturana zufolge auch Bedingung der Möglichkeit von Liebe und entsprechend ihre Außerachtlassung Bedingung der Möglichkeit von Macht, der Herstellung von Autorität und der Ausübung von 51 Es ist also unbestritten, dass Kommunikation das Bewusstsein erreicht. Es lassen sich nur vorweg keine Aussagen über die Modalitäten der Repräsentation der Kommunikation machen. Die Modalitäten entscheiden wiederum über den Aufbau und die Prozessierung der Repräsentation von Kommunikationen, d.h. über das Anschlussverhalten195. Auch kommt Kommunikation nicht ohne Bewusstsein aus. Minimales Bewusstsein ist die Voraussetzung jeder Kommunikation. Personen können in völlig unterschiedlichen mentalen Zuständen dennoch miteinander kommunizieren, was die Autonomie des sozialen Systems von den es reproduzierenden Personen als dessen Medien demonstriert. Eine Separierung und Erforschung der wechselseitigen Bezüge von Bewusstsein und Kommunikation wirft die Frage auf, wie das Bewusstsein zum Medium der Kommunikation und wie umgekehrt die Kommunikation zum Medium des Bewusstseins wird. Es gibt daher zwei Erklärungsansätze, die von grundlegend unterschiedlichen Positionen her begründet werden. Daraus ergibt sich die Hypothese, dass sich soziopersonale Transformationen auf beiden Ebenen abbilden und Frage 1 sich auf die Erreichbarkeit des Bewusstseins durch Kommunikation und Frage 2 sich auf die Bewusstseinsprozesse per sé bezieht. Das bedeutet, dass bestimmte Kommunikationen das Bewusstsein iritieren und andere nicht. Es bedeutet, dass einige Einsichten auf die Kommunikation durchschlagen und andere nicht. Die persönliche Geschichte ist daher nicht mehr als eine kommunikativ habitualisierte Feedbackschlaufe im Endlosloop der Realitätsstabilisierung. Kommunikation entwickelt eine Eigendynamik, die als ökologisch evidentes funktionales Substitut diese Feedbackschlaufen aufbrechen kann, indem sie diesen Elemente untermischt, deren Inkompatibilität mit den verselbstständigten Strukturen zur Auflösung derselben und zur Wiederentstehung der Möglichkeit einer Äquilibration führt, deren selbstgenerierte Verkrustungen sie daran hinderte, sich als zentrales Ordnungsprinzip des Bewusstseins zu etablieren 196. Die volle und ungehinderte Entfaltung des Äquilibrationsprinzips erzeugt ein metastabiles personales System, das nicht nur den Anforderungen der kommunikativen Dynamik gewachsen ist, sondern als ihr integrierter Bestandteil und sie prozessierendes Betriebssystem diese Dynamik fordert und fördert. So kommt es zur Kongruenz von Bewusstsein und Ausdruck als Kommunikat, die von einem Gewalt. Dabei geht es um die erzwungene mediale Verlängerung des Willens des Mächtigen durch den Folgsamen, der in der Ausführung von Befehlen sich selbst verleugnet. 195 Noch einmal Marshall McLuhan, „Das Medium ist die Botschaft.“ („The Medium is the Message.“) Später stellt McLuhan (McLuhan 1994) das Zitat noch einmal um und die Botschaft wird zur Massage („The Medium is the Massage“), um auf die inkorporative Kraft der Medien hinzuweisen, die sich im Nutzer (System) habitualisiert. Dadurch, dass das Medium bereits die Botschaft ist, ist die Wirkung durch das Medium bedingt, statt nur durch die Information. 196 Dies ist als allgemeine Bedingung personaler Entwicklung zu betrachten. Eine pathologische Homöostase, wie z.B. das Suchtverhalten, durchläuft natürlich auch eine Entwicklung, aber keine nachhaltige. Der Autor schlägt daher vor, Lernen als obligatorischen Bestandteil von Persönlichkeitsentwicklungen zu betrachten. Die Persönlichkeit eines Alkoholikers entwickelt sich nicht – sie zerfällt. 52 Beobachter als Authentizität wahrgenommen wird. IV.2. Interpenetration als Kopplung von Bewusstsein und Kommunikation Gemäß den Erläuterungen in III.1. über strukturelle Kopplungen im Sinne Maturanas fällt auch die sogenannte Interpenetration darunter. Der Begriff geht auf Talcott Parsons 197 zurück und wurde von ihm zur Darstellung der Beziehung zwischen den verschiedenen Ebenen des AGIL-Modelles und ihren Umwelten verwendet. Luhmann gebraucht ihn für den speziellen Fall der Beziehung von Bewusstsein und Kommunikation198, weist aber das Symbiotische dieser Beziehung als Definitionskriterium des Begriffes „Interpenetration“ aus. Strukturelle Kopplung basiert auf dem Mechanismus von wechselseitig aufeinander bezogenen Assimilationen und Akkomodationen, sich gegenseitig einschränkender Strukturselektionen. Bewusstsein und Kommunikation bedingen sich wechselseitig. Bewussstsein kann ohne Kommunikation genausowenig auskommen wie Kommunikation ohne Bewusstsein, auch wenn, oder gerade weil Maturana anders als Luhmann möglicherweise diese beiden Begriffe zusammenfassen würde. Luhmann erklärt die Kommunikation zum primären Forschungsgegenstand der Soziologie. Die Erforschung des Bewusstseins lokalisiert er im Bereich der Psychologie und Phänomenologie, bezieht es aber als Kausalfaktor der Kommunikation mit in seine Überlegungen ein. So ermöglicht das Bewusstsein der Kommunikation, sich selbst zu kanalisieren und fortzusetzen und die Kommunikation dem Bewusstsein, sich zu reflektieren199. Nur die Inhalte des Bewusstseins können auch zum Gegenstand der Kommunikation werden. Was zum Inhalt der Bewusstwerdung wird, entscheiden die kommunikativen Strukturen, die Selektionen von Inhalten überhaupt ermöglichen200. Henne-Ei197 Parsons 1976, 74: „Mit der Feststellung z.B., daß die Handlungssysteme „Persönlichkeit“ und „Sozialsystem“ füreinander Umwelten sind und es einen Energie-Input vom Persönlichkeitssystem in das Sozialsystem gibt, wird nicht die analytische Integrität und Eigenständigkeit dieser beiden Systeme geleugnet. „Persönlichkeit“ und „Sozialsystem“ sind nach unserer Auffassung nicht zu einem System verschmolzen, noch ist das eine Epiphänomen des anderen; sie stellen vielmehr zwei analytisch unabhängige Subsysteme eines Systems (des allgemeinen „Handlungs“-Systems) dar, die in Interaktion und Interpenetration miteinander stehen.“. 198 Dazu Luhmann (1998, 108). 199 Fuchs (1998). Diese Beziehung wird auch in den Reflektionen der Religionen rekapituliert. So braucht Gott den Menschen, sich seiner selbst in seinen Aspekten bewusst zu werden und der Mensch Gott, um die Rückbindung an seinen Ursprung, seine ursprüngliche All-einheit zu vollziehen. In der Mystik findet dies im Dialog mit Gott, also Gebeten und Meditationen, statt. Die Abgrenzung des Menschen wird zunächst als gegeben genommen und erfährt ihre Transzendierung durch die Berührung und das Wort Gottes. Im Buddhismus geschieht es durch die Verschmelzung mit Gott. Meditierende werden sich ihres göttlichen Anteils bzw. Ursprunges bewusst. Dazu auch Luhmann/Fuchs 2008. 200 Das „leere“ Bewusstsein ist der gegengelagerte Fall: ein leeres Bewustsein, wie das eines Babys in den ersten Lebensmonaten, verfügt über ein inhaltsfreies Bewusstsein. Das Bewusstsein ist hierbei in jeder Beziehung offen und schließt sich erst mit dem bewussten Vollzug der Unterscheidung von angenehm und unangenehm. Entsprechend setzt der Zen-Buddhismus auf die Rücknahme eben dieser Ausgangsunterscheidung menschlicher Lern- und Lebensprozesse. Der Psychologe Stanislav Grof (1991, 106-24) untersucht die pränatalen Einflüsse („perinatalen Matrizen“), die zur Entstehung von bedürfnisgeprägten Bewusstseins- und somit auch zur Selektion darauf reagierender Kommunikationsstrukturen führen. 53 Fragen lassen sich im Hinblick auf Kommunikation und Bewusstsein klar beantworten: vor jeder Kommunikation gibt es immer schon Bewusstsein201. Die Relativität der Seinsdimensionen Zeit und Raum bildet den Gegenstand der allgemeinen und speziellen Relativitätstheorie. Sie nimmt damit die kybernetische Annahme von der Standpunktbezogenheit der Erkenntnisse des Beobachters in Form eines physikalischen Gesetzes vorweg. Diesem neuen Paradigma der Physik entspricht auch die Heisenbergsche Unschärferelation: mathematisch betrachtet geht es um den Umgang mit zwei variablen Größen, von denen die eine zur Bestimmung des anderen immer einen festen Wert braucht. Analog verhält es sich mit den Beziehungen der Bestimmungen der Lokalität zu denen der Geschwindigkeit. Es ist dabei nicht möglich, gleichzeitig Ort und Geschwindigkeit einer Entität in der Raumzeit zu messen. In eine Analogie dazu stellt Wilber die Unterscheidung einer inneren und einer äußeren Wissenschaft. Diese bezieht sich auf den Umstand zweier Bereiche des Wirklichkeitsempfindens: den Bewusstseins- und den Kommunikationsmodus. Die innere Wissenschaft beschäftigt sich mit Methoden der Einkehr und Meditation. Die Kommunikation wird dabei ausgeklammert, so dass sich das Bewusstsein von den kommunikativ gerichteten Einschränkungen dissoziieren kann. Es zeigt sich in seinem Fluss und seiner Kontinuität und trägt an die Kommunikation die Kontingenz seiner Ereignishaftigkeit heran. Die Kommunikation wird dabei durch unlösbare Aufgaben, Paradoxien, Koans oder Mantren fixiert, damit das Bewusstsein ins Driften gerät. Das Sein wird zum Werden. Emotionen werden zum Emotionieren. Realität wird zur Realisierung. Wahrheit wird zur Wahrnehmung. Umgekehrt wird in der äußeren Wissenschaft das Bewusstsein durch Nominalisierung der Erkenntnisvorgänge konstant gesetzt. Das Werden wird zum Sein, zur Befindlichkeit. Kommunikation wird zum Vorgang des Konversierens. Die Kommunikation kontinuiert und aktualisiert sich, während das Bewusstsein fortlaufend auf personale Erwartungen und Identitätsstrukturen festgezurrt wird. Emotion, Realität, Wahrheit und andere Größen 202 entstehen als Themen und Medien darauf bezogener Kommunikationen. So entstehen zwei Erkenntnisformen, Instinkt und Intuition auf der einen, Vernunft und Verstand auf der anderen Seite. Beide Formen leiten sich von der ihnen jeweils zugrundeliegenden Systemreferenz her und erfordern gesonderte Untersuchungen203. Ihre Verschränkung, Gewichtung und Bezugnahme durch kognitive Prozesse ist 201 „1 Am Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott , und Gott war das Wort. 2 Dasselbe war im Anfang bei Gott.“ Johannes 1, 1-2. bezeichnet somit die Entstehung der Welt aus einem Sprechakt und die Rückführung dieser Kommunikation auf Bewusstsein. Die Möglichkeit der Schöpfung wird gedeutet als das Vermögen des alleinigen Bewusstseins zur Kommunikation. 202 Luhmann (1998, 1136, siehe auch III.2.) unterscheidet drei Dimensionen, in denen Themen und Medien generiert werden: in zeitlicher, sachlicher und sozialer Hinsicht. 203 Kapitel V.2-V.4. 54 das Resultat der Interpenetration von Bewusstsein und Kommunikation. IV.3. Leben und Tod Als Bewusstsein werden im Allgemeinen die kontinuierenden Zustände bezeichnet, durch die sich ein lebendes System reproduziert und aktualisiert. Ohne Leben ist kein Bewusstsein mehr möglich und viel spricht dafür, dass es auch umgekehrt so ist. Die Möglichkeit eines Lebens nach dem Tode trägt diesem Umstand Rechnung204, sofern das Bewusstsein in irgendeiner Weise fortbesteht. Dass das Leben und das Bewusstsein aus dem toten Körper tritt, lässt sich beobachten. Die physikalischen Energieerhaltungssätze weisen darauf hin, dass sich das Bewusstsein im Sterbeprozess transzendiert. Auf dieser basalen physikalischen Ebene sind Leben und Tod keine relevanten Kategorien der Beschreibung. Leben und Tod spielen nur im Bewusstsein eine Rolle und dienen der Bewertung persönlicher Schicksale, das sich auf die Beobachtung jeder früher oder später auftretenden Auflösung individuellen Bewusstseins stützt. Wer sich seiner eigenen ewigen Anteile bewusst ist weiß auch, dass diese „Anteile“ als formlose Berührungspunkte des Alleinsseins weitaus weniger Anteil der Individualität sind als vielmehr die Individualität Anteil bzw. Ereignis der Ewigkeit, ein kurz aufglimmender Funken des Feuers der Welt205. Mit Feuer wird der Mensch gezeugt, auf der Erde empfangen, mit Luft ins Leben gerufen und mit Wasser gesegnet. Ähnlich bringt Bachelard206 die vier Elemente mit dem Leben in Verbindung. Demnach entwickelte der Mensch in seiner Phylogenese eine Meisterschaft im Umgang mit den Elementen, z.B. mit dem Feuer. Diese Umgangsfähigkeit setzte sich in Bilder und Träume um und führte schließlich zur Entstehung der Sprache. Entsprechend variieren die Sprachmodalitäten mit den Anteilen der Elemente im Sprachverhalten und natürlich den Bildern und dem Abstraktionsgrad des Inhaltes. Es sei einmal dahingestellt, ob das auch naturwissenschaftlich haltbar ist. Eine weitere Skizze liefert der Soziologe Oevermann, der das Leben mit Endlichkeit und Zukunftsoffenheit als seinen Fundamentalaspekten verbindet, auf deren Bewältigung die Religionen abstellen. Etwas anders sieht der Schweizer Systemkritiker Jean Ziegler den Tod als Antipode des Lebens, die zur Bilanz zwingt207. Die Vergegenwärtigung des Todes unterscheidet Menschen von anderen 204 Eccles (1991) erörtert vom Standpunkt der Neurobiologie her die Möglichkeit oder Vorstellung eines Lebens nach dem Tod bzw. der Unsterblichkeit einer wie auch immer beschaffenen Seele. 205 Auch Levinas (1996, 117) zieht in solcher Weise diesen Umkehrschluss: so denkt er die Zeit nicht mehr ausgehend vom Tod, sondern den Tod ausgehend von der Zeit. 206 Bachelard 1987. Der Mensch wird damit zum Alchemisten auf der Suche nach einer für sein Leben guten chemischen Formel, z.B. der Formel für Liebe (100). 207 Und das meint er nicht nur in Bezug auf den eigenen. Vielmehr hält er gerade den Tod von Tausenden von Menschen infolge von Hunger und Armut für das Thema des beginnenden 21.Jahrhunderts (Ziegler 2007). Mindell (1987, 22) resümmiert unter Verweis auf das Fortleben des „Traumkörpers“ über den Tod hinaus: „Vielleicht ist der 55 Lebewesen und ermöglicht dem Menschen, das eigene Schicksal in größeren Zusammenhängen zu sehen. An dieser Stelle beginnt die Spiritualität, die sich in letzter Konsequenz als gelebte Nächstenliebe ausdrückt. Die Bewältigung des Lebens beginnt insofern mit der Vergegenwärtigung des Todes und das, was Oevermann als Zukunftsoffenheit des Lebens betrachtet, wird zu einer Frist208, die diktiert, wie sich die Zwischenzeit einigermaßen sinnvoll ausfüllen lässt. Bachelard beschreibt in seiner „Psychoanalyse des Feuers“209, dass das Bewusstsein transzendiert wie das Feuer, das maßlos und letztlich selbstverzehrend in seinem Hunger nach immer neuer Nahrung ist. Es bleibt festzuhalten, dass das Leben eine Art Ritus der Schöpfung, ein Übergangsritual, das zwischen Geburt und Tod stattfindet, darstellt. Diese natürliche Form der Existenz führt zu entsprechenden Ausprägungen und Strukturen, die der Empfindung einer kontinuierlichen Bewegung allen Lebens von der Geburt bis zum Tod nachgebildet sind: den Riten210. IV.4. Riten 1: Funktion Geburt und Tod als Begrenzungsmarken des Lebens sind die wichtigsten semantischen Bausteine für die Erzeugung von Mythen und Riten211. Die Riten, die immer den Übergang von etwas zu etwas kennzeichnen, ihn beschreiben und bereiten212, sind auf der kulturellen Ebene, wie die Evolution auf der biologischen, Mechanismen der Transformation und der Sozialisation213. Ganz allgemein interpunktieren Riten Konversation und Kommunikation. Sie bilden funktionale Analogien zu dem, was Goffman in der Konversationsanalyse als Klammerfunktion oder noch allgemeiner, bezogen auf kommunikative Kontexte, als Rahmen214 („Frames“) bezeichnet hat. Ein Ritus wäre demnach eine spezifisch definierte Klammer, die einen besonderen semantischen bzw. kommunikativen Kontext vorgibt, innerhalb dessen Themen und Medien der Kommunikation konventional selektiert werden, und zwar im Hinblick auf Entwicklungen. Tod die letzte Grenze, an der wir so zu leben beginnen, wie wir wirklich sind.“ 208 Heiner Müller (1998, 249): „(...) Was du nicht wissen wolltest ZEIT IST FRIST / Die Bäume auf der Heimfahrt schamlos grün (H. Müller 21.08.1992, „Herzkranzgefäß“). 209 Bachelard 1990, 75. Dort zitiert er Rodin aus einem Werk Schelers, „Jedes Ding ist nur die periphere Grenze und Grenzgestalt der Flamme, die es ins Dasein setzt.“. 210 Dazu Turner 2000, 9/47. 211 Oevermann (1995, 27-102) spricht, wie in Kap.IV.3. schon angeführt, von der steten Zukunftsoffenheit und Endlichkeit des Lebens und einem damit auftretenden Bewährungsproblem, auf das Bewährungsmythen (Religionen u.ä.) mit einer je spezifischen Praxis reagieren. 212 Van Gennep 1909, 374. 213 Turners Ritenkonzept unterscheidet sich nur unwesentlich von der Beschreibung van Genneps. Erwähnenswert ist Turners Begriff der „Liminalität“ (von limes (lat.) - Grenze in Turner 1982, 28/40 und 2000, 94), mit der der Schwellenzustand nach der Trennungsphase und der stattfindenden Vefremdung des Vertrauten bezeichnet wird. 214 Goffman 1977, 31ff. 56 Ausgehend von Luhmanns Konzept positiven und negativen Evoluierens 215 lassen sich progressive und konservative Riten unterscheiden: konservative Riten, wie z.B. Feiertage, Abklatschen oder Tischsitten dienen der „Kondensation und Konfirmation“, der Be- und Verstärkung des Bestehenden, z.B. einer Freundschaft. Progressive Riten, wie z.B. Therapien, Wettkämpfe oder Wahlen kanalisieren Entwicklungen, die möglicherweise konventionale/kommunikative Veränderungen nach sich ziehen, oder mehr noch bewusst darauf angelegt sind. Es bleibt festzuhalten, dass auch konservative Riten Entwicklungen thematisieren. Der Erhalt z.B. von Freundschaften mittels konservativer Riten kann Entwicklungen katalysieren und unterstützen, die im Hinblick auf deren Erhaltung nicht anders möglich wären. Ein Ritus gliedert sich in drei Phasen: der Trennungs- oder Loslösungsphase, der Übergangsphase und der Reintegrationsphase. In der Trennungsphase wird das Alte verabschiedet, Arbeiten beendet, ein Schlussstrich gezogen. Damit einher gehen die Vorbereitungen zur Initiierung des Ritus, durch den einerseits die Schwelle zu etwas Anderem markiert wird und andererseits, bei aller Unbestimmtheit und Freiheit gegenüber den personalen Transformationen, eine ökologische Einbindung von Veränderungen („Homöorhese“ in der Terminologie Piagets) zwecks einer ungefähren Kontrolle des Entwicklungsprozesses beabsichtigt wird. Die Übergangsphase ist ein personaler und sozialer Ausnahmezustand. Gesellschaftlich werden die Initianden ausgesondert. Es gelten andere und nur für den Ritus gültige Regeln. Alle kommunikativen Gewohnheiten werden durch die besondere Situation außer Kraft gesetzt und durch eine besondere, rituell festgelegte Form des Umganges ersetzt. Für das Bewusstsein bleibt das nicht ohne Folgen. Oftmals werden die sozialen Besonderheiten des Rituals noch durch direkt auf das Bewusstsein bzw. die Gehirntätigkeit wirkende Maßnahmen ergänzt und gestützt216. In der Übergangsphase zeigen sich besonders deutlich die Zusammenhänge von Bewusstsein und Kommunikation in Hinsicht einer Ausrichtung auf die das Ritual begründenden Zwecke. Die Konstruktion einer Ausnahmesituation verhindert die im Alltag vollzogene Gleichsetzung der Realität mit der (als überindividuell angenommenen) Wirklichkeit. Die Wirklichkeit erscheint hernach dem Bewusstsein in der vollen Tragweite ihrer Kontingenz. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft fallen in den Augenblick. Alles ist es selbst und auch etwas anderes. Wirklichkeit und Möglichkeit entstehen und verschmelzen als Gegensatz zur erkenntnisbezogen vorstrukturierten Interpretation einer als unwirklich erkannten Realität. Unwirklich deshalb, da sie im Übergang von ihren konventionalen Bezügen losgelöst ist. Dies löst die Orientierung an zeitlichen, sachlichen und sozialen Aspekten der Identität des Bewusstseins auf. 215 Meynig 2005a, 21. 216 z.B. körperliche und geistige Überforderungen, Drogen, Provokationen und symbolische Vefremdungen, der „Schamanenkrankheit“ uvm. 57 Dieser personalen Transformation, deren Prozessierung stets individuell verläuft und die in der Übergangsphase eine besondere Relevanz erfährt, damit sie sich entfaltet, steht eine an spezifische Erwartungen gebundene und dazu synchron verlaufende soziale Transformation gegenüber. Der Sinn gesellschaftlich etablierter und institutionalisierter Übergangsriten besteht darin, dem personalen System Rollenzuschreibungen und die damit verbundenen Erwartungen verbindlich anzutragen. Die Freiheit der Art und Form der Internalisierung dieser veränderten Erwartungen ist dabei die Bedingung der Möglichkeit ihrer Annahme. Die Freiheit persönlicher Selbstbestimmung steht somit im Dienst sozialer Stabilisierungen, die in der dritten, der Reintegrationsphase, in den Blickpunkt rücken. Auch Lewin217 hat im Rahmen der Organisationstheorie ein abstraktes Konzept eines Veränderungsprozesses entwickelt, der sogenannten „Pioniertheorie“. Die Phasen nennen sich bei ihm „Unfreezing“, „Moving“ und „Refreezing“. Interessant ist hierbei, dass er als Ausgangsbedingung für Veränderungsprozesse Dislokationen von Erwartungen bzw. Referenzen angibt. Wichtige Veränderungen sind daher schon vor dem eigentlichen Ritus gegeben, die es notwendig werden lassen, kommunizierte Erwartungen und Haltungen anzupassen bzw. zu aktualisieren. Eine weitere Bedingung besteht in der Voraussetzung von Flexibilität bei den den Veränderungsprozess durchlaufenden Systemen. Anders ausgedrückt geht es um die Kapazität, die im „Moving“ erfolgende Flexibilisierung der Systeme auszuhalten. Das ist ein wichtiger Punkt, den von Gennep wohl noch nicht gesehen hat. Denn Flexibilität als Sinn und Zweck von Riten vorauszusetzen und zu erweitern bedeutet auch, dass sich damit der Einfluss transformierender Systeme vergrößert. Flexibilisierung ist somit ein Indikator von Persönlichkeitsentwicklungen. Und damit erübrigt es sich auch, bei pathologischen Prozessen noch von Persönlichkeitsentwicklung zu sprechen. Dort, wo die Flexibilität ab- statt zunimmt, handelt es sich um Verkrustungen, Einschränkungen, Stillstand. Es wäre zynisch zu sagen, der Heroinabhängige entwickele seine Flexibilität, auf bestimmte Dosisabweichungen resistent zu reagieren. Beobachtbar sind an Krankheiten, dass sie Personen einschränken und bei einer Krankheitsgenese sogar in zunehmendem Maße. Es wäre unsinnig, den anhand zunehmender Einschränkungen beobachtbaren Verlauf von Krankheiten als Entwicklung zu betrachten. Für diese Untersuchung gilt, dass eine Entwicklung zu weniger Flexibilität keine Entwicklung ist, was immer es sonst sein mag. Ein weiteres Beispiel: eine Person, die körperlich herausgefordert ist, z.B. durch eine Behinderung, kann das als Einschränkung oder als Herausforderung erleben: im ersteren Fall verdoppelt sich die 217 Lewin 1947, 5-41. Zit. nach Artikel Veränderungsmanagement. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 23. Januar 2008, 17:45 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ver%C3%A4nderungsmanagement&oldid=41553388 (Abgerufen: 30. Januar 2008, 18:10 UTC). 58 Behinderung: das bewusste Erleben der Einschränkung verhindert die Entwicklung eines Umganges, einer Flexibilisierung. Im letzteren Fall ist es umgekehrt. Die Einsicht, dass eine körperliche Einschränkung nicht zwingend eine geistige nach sich zieht, erweitert in diesem Fall die Möglichkeiten auf der Suche nach einem Umgang damit. Das Interessante an Lewins Ansatz ist also, dass er, bezogen auf das Beispiel, die erlebte Einschränkung als Bedingung der Möglichkeit eines Trennungsritus betrachtet: die (in diesem Fall an den Körper gerichteten) Erwartungen passen nicht mehr auf die Realität, personalisieren aber nach wie vor das Bewusstsein und konfirmieren seine Identität. Das Loslassen dieser alten Erwartungen und der Aufbau neuer, die Identität durch Praxis bestätigender Erwartungen, kommt einem Sterben und einer (Neu-)Geburt gleich. Das Sterben wird im Ritus simuliert und als stärkster transformierender Prozess utilisiert. Tod und Leben symbolisieren dem Initiierten, dass die Identität, wie er sie bisher verstanden hat, nur eine Reflektion im Spiegel seiner Seele ist, die er im Hinblick auf die Integration von Elementen/Internalisierung von Werten, die er im Laufe der Übergangsphase kennenlernt, aufzugeben hat218. Gesellschaftliche Institutionalisierung entkoppelt die soziale von der personalen Transformation. Inwieweit die Erlangung von Bildungstiteln, Berufszulassungen und das Verfolgen gesellschaftlich etablierter Laufbahnen in den Zusammenhang einer personalen Transformation gestellt wird, bleibt dem Einzelnen überlassen. Die funktionale Differenzierung erfordert von den an ihr Partizipierenden nur auf das jeweilige Subsystem bezogene Qualifizierungen (z.B. bezogen auf eine politische Laufbahn Ambition und den Umgang mit Macht). Zusammenfassung: Riten als Sozialstrukturen richten Entwicklungen der Persönlichkeit im Sinne einer lockeren („fuzzy“) Kontrolle des Entwicklungsprozesses unter Einhaltung bestimmter Vorgaben. Der Vollzug von Riten stellt auf die Weise ab, wie intern Erfahrungen generiert und strukturiert werden. IV.5. Intentionalität 218 Dazu Campbell (1991, 284). Die alten Kulturen Mesopotamiens und Ägypens dachten diesbezüglich so weit, dass sie den Tod als solchen für einen Übergangsritus hielten. Das bezeugt die ganze, auf den Tod hin orientierte Lebensweise und der mythologisch untermauerte Todeskult. Wie auch immer der biologische Tod zu bewerten ist, stellt dies eine durchaus wirksame Form der Vorbereitung auf das Ableben dar. Es ist anzunehmen, dass dies die (Vorformen der) Hospizarbeit in dieser alten Kultur erleichterte. (Campbell 1991, 447ff.) Ganz anders die Schamanen Zentralasiens: für sie ist der Tod ein lebendiger Teil der Gegenwart. Der Schamane stirbt schon während der Initiation einen symbolischen, doch durchaus als real erlebten Tod und sein weiteres Leben im Stamm ist ein zweites, durch den Tod gereinigtes und bestätigtes, nichtselbstverständliches Leben in der durch die Allgegenwart des Todes ausgelösten demütigen Hingabe an das Leben und die Menschen (Paulson 1960, 238 ff., Schröder 1955, 313, Vitebsky 1998, 94). 59 Der Intentionalität, also der Ausrichtung von Handlungen, kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu219. Bezugnahme lässt sich, neurologisch betrachtet, immer nur als Relationierung und Relationierung von Relationen beobachten220. Intentionalität ist als biologisches Phänomen am ehesten mit den von Piaget als Homöorhese bezeichneten Vorgängen in Zusammenhang zu setzen. In erster Linie demonstriert die Homöorhese allerdings die (genetischkombinatorische) Aufstellung von Erfüllungskriterien und nicht deren tatsächliche Erfüllung, wie von Searle gefordert. Wahrnehmung basiert auf Vorwissen als erkenntnistechnischer Vorstrukturierung. Entscheidungen (z.B. über die „Vogeligkeit“ eines geflügelten Lebewesens 221) trifft das Bewusstsein dort, wo kein oder nicht genug Wissen angenommen wird. Alle anderen Prozesse folgen Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsgewohnheiten, die allerdings intentional aufgebaut sind und in Beziehung zueinander gebracht werden können 222. Intentional ist daher nicht die Sprache als erlernbares Instrument der Verständigung, sondern die Absicht, sich zu verständigen, die sich ihre Formen anhand der Aufstellung von Erfüllungskriterien sucht. Absichten liegen aus biologischer Sicht neurologische Verknüpfungsprozesse zugrunde. Die Sprache wird daher als Aufbau, Verknüpfung und Modifikation von Repräsentationen im Hinblick auf ein Interesse an Verständigung erlernt. Verständigung stellt dabei eine an den Erfüllungskriterien gemessene erfolgreiche Verhaltenskoordination samt ihrer darauf bezogenen Relationierungen dar. Komplexe Prozesse wie das Denken als Teil der Kognition entwickeln sich aus (physiologischen) Verhaltensmustern, die sich gewissermaßen nach innen fortsetzen und die Ebene der Konstruktion mentaler Repräsentationen als emergentem System etablieren223. 219 Searle (2004, 104-34, 1987) ist in diesem Zusammenhang zu nennen. Seine Intentionstheorie ist hier um den Konstruktionscharakter individueller Realität erweitert worden. Daher beziehen sich viele seiner Ausführungen nicht auf „die Dinge“ an sich, sondern auf die funktional entstandenen Repräsentationen als einer kreativen Leistung des Gehirns bzw. Nervensystems („Intentionalität naturalisieren“: Searle 2004, 108). Auch Merleau-Ponty (1976, 190) hat den Bereich der Intentionen als eine Art Leim der Wahrnehmung analysiert „(...) sie [die Wahrnehmung] heftet sich eher an menschliche Intentionen als an Objekte und erfährt eher Realitäten, als daß sie Wahrheiten erkennt.“ und kommt zu dem gleichen Schluss wie Searle, dass mehrere Intentionsarten das Bewusstsein jeweils operativ verwenden, also so etwas wie die Operationsmodi oder Zustände des Bewusstseins darstellen. 220 Es sei noch einmal auf das Semiosekonzept des Chemikers, Mathematikers und Philosophen Charles Peirce hingewiesen, das diese jüngeren Erkenntnisse der Neurobiologie in seiner Zeichenlehre vorweggenommen hat (siehe Bergen 2000, 55, „Bausteine des Zeichens“). 221 Der sogenannten Prototypentheorie von Aitchison (Aitchison 1987, 51) u.a. mangelt es leider an neurowissenschaftlichen Befunden. Da rudimentäre Teile des Gehirns assoziativ arbeiten stellt sich die Frage, nach welchen jeweiligen Kriterien sich das Gehirn verschaltet. Das schränkt dann entsprechend die Menge möglicher Verknüpfungen ein. Die Prototypentheorie basiert wie die Archetypentheorie Jungs nach Sichtweise des Autors auf dem gängigen Irrtum, von Identität statt von Differenz auszugehen. Es ist also nicht die Frage, was einen Vogel „vogelig“ macht, sondern mit welchen angelernten Unterscheidungen man Vögel von allem anderen unterscheidet. Und da gibt das Kind andere Unterscheidungen an als der Ornithologe, so wie der Neurokybernetiker den repräsentationalen Aufbau des Geistes anders beschreibt als der Linguist. 222 Erneut sei auf die GEO-Strategie als eine andere Beschreibung des gleichen Sachverhaltes hingewiesen. 223 Entsprechend betrachtet Bergson (1948, 140) die Generierung von Sinn als gedankliche und gerichtete „Bewegung“. Insofern betonen Searle und Bergson zwei Charakteristika desselben Phänomens: Bergson die Bewegtheit, Searle die Gerichtetheit des kognitiven Prozesses. 60 IV.5.1. Intention, Sprache, Gesellschaft Diese an Maturana angelehnten Gedankengänge lassen sich mit der Geschichte des Turmbaus zu Babel illustrieren. Jeder Mensch spricht eine andere Sprache, da jeder Mensch ein einzigartiges Wesen ist. Trotzdem erfolgt Verständigung. Es erheben sich daher die Fragen, was es denn bedeutet, dass vorher alle Menschen die gleiche Sprache gesprochen haben und warum trotz unterschiedlicher bzw. einzigartiger Sprachen erfolgreiche Verständigung stattfindet. Die erste Frage bezieht sich auf die Evolution des Menschen. Es ist davon auszugehen, dass sich mit dem Gebrauch von Werkzeugen, der reflexiven Objektivierung der Umwelt und der Verortung subjektiv erkennender Systeme in der Umwelt und der daraus resultierenden Möglichkeit der Etablierung von als nützlich erachteten Unterscheidungen in der Außenwelt der Innenwelt (z.B. der Bezeichnung von Gegenständen, Lebewesen, Pflanzen und Menschen) das soziale System operativ isolierte und verselbständigte. Die Fertigstellung des Turmbaus platzte. Der Mensch stand nun vor der Aufgabe, die Verständigung neu zu erlernen und erlangte aber die Fähigkeit, sich über die Wolken zu träumen, eine Nebenwirkung der Verselbstständigung der Kommunikation. Der abstrakte Kern dieser Geschichte besteht indes darin, dass der Mensch, der sich Gott gleichstellen möchte, mit Unverständnis gegenüber seinen Mitmenschen geschlagen wird. Die Metapher lässt sich evolutionsepistemologisch in der Weise verstehen, dass der Mensch, der Gott gleich werden möchte, zunächst die Nichtselbstverständlichkeit der Kommunikation feststellt. Dies ist somit die Geburtsstunde der Wissenschaft, insbesondere der Philosophie. Wie die Vertreibung aus dem Paradies kann dieses Ereignis ein Hinweis auf die Freiheit und Selbstverantwortung des Menschen sein224. Es liegt nunmehr im Bereich des Menschen, Verständigung herzustellen und zu stabilisieren, Kommunikationsthemen zu wählen oder auch abzulehnen. Es ist daher nicht zuviel gesagt, diese Freiheit als wesentlichen Unterschied zu den anderen Lebensformen auf diesem Planeten aufzustellen225. Die Intentionalität ist also als ein ursprünglich soziales Phänomen zu 224 Dazu Sartre (1994, 117) „Der Existenzialismus ist ein Humanismus.“ und auch Camus 1992, der das Verhalten verschiedener Menschen am Beispiel des Eintretens einer Katastrophensituation (Pest) unter ethischen Gesichtspunkten klassifiziert. 225 Das ist nicht als Herabwürdigung anderer Lebensformen zu verstehen. Die Unterschiede sind in der Regel graduell und nur in diesem Zusammenhang offenkundig. Auch Delfine kommunizieren über Freiheit (Lilly 1975). Sie sind allerdings zu Verneinungen nicht in der Lage. Es ließe sich auch sagen: entweder sie umgehen die Verneinung oder wir Menschen die Bejahung. Allen Entwicklungen lebendiger Organismen gemein ist, dass der evolutionäre Drive die Wand des einzelligen Lebens als kleinstmöglicher Lebensform besitzt und zwischen dieser Wand und größerer Komplexität/Adaptabilität „torkelt“ (So Gould 1994 und 1988, der das Modell der Evolution des Lebens als eines hierarchischen, stratifizierten Differenzierungsvorganges ablehnt). Den Begriff „torkeln“ verwendet Gould, um klarzustellen, dass diese Richtung keinesfalls vorgegeben und somit kontingent ist und die Wege der Phylogenese nicht geradlinig, sondern verschlungen. 61 sehen, welches auf einem Interesse an Verständigung beruht und durch dessen Wirken die kognitive Autonomie des Individuums gewährleistet wird. IV.5.2. Vom Aufbau gesellschaftlicher Ordnungen Zum Verständnis der historischen Gegebenheiten ist die besondere gesellschaftliche Struktur der Stadtstaaten Mesopotamiens zu berücksichtigen226. Diese waren, anders als die Nomadenstämme der Region und der Vorzeit, stratifikatorisch und nicht mehr segmentär organisiert. Gegenüber dem Stammesleben war das Stadtleben anonymer, hierarchisch und durch die Verteilung von Rechten und Privilegien qua Amt gegliedert, auch wenn die Herkunft und Verwandtschaft nach wie vor eine Grundlage für die Erlangung von Ämtern war. Mit der Umstellung der Struktur von segmentär auf stratifikatorisch veränderten sich auch Weltbild und Kosmos. Die Götterwelt bildete und zeichnete die gesellschaftliche Strukturierung nach. Der Gott Israels, ein zorniger Gott, dem die Stämme auf Gedeih und Verderb ausgeliefert waren, verkörpert eine Naturerfahrung, die in der Organisation der Stadtstaaten und großen Reiche ganz anders erlebt wurde. Verschiedene Faktoren wie Landwirtschaft, Handel, militärische Stärke usw. drückten dem Schicksal dieser Gesellschaft in unterschiedlichem Maße ihren Stempel auf. Gesellschaftliche Stratifikation (der Turmbau) ließ aber ein wesentliches Problem unberücksichtigt, nämlich die Einführung von Ämtern, die nicht aufgrund von Qualifikation, sondern aufgrund von Herkunft oder despotischer Gnade227 vergeben wurden. So haftet den stratifikatorisch organisierten Gesellschaften bis heute etwas Künstliches an, das nur als eine deduktiv begründete Übergangslösung so viele Möglichkeiten schuf, wie es kosmologischreligiöse Widersprüche zu erklären hatte. Da die Generalisierung von Einfluss gesellschaftliche Asymmetrien (zwischen oben und unten) erzeugt, verhinderte dies den Fortbestand von Vertrauen als soziales Bindemittel, wie es im Stammesleben praktiziert wurde. Diese Form lebte als öffentliche Bedrohung der Ordnung geschmäht in der Gestalt nepotistischer, oligarchischer und später aristokratischer bzw. bourgeoiser Strukturen weiter und stellt sogar in den auf funktionale Differenzierung umgestellten Gesellschaften eine beträchtliche Herausforderung dar. Die allmähliche Herausbildung der Kommunikationscodes oder, in Luhmanns Terminologie, die Entstehung der symbolisch generalisierten Interaktionsmedien, ist als die Antwort auf die Existenz der unterdrückten segmentären Anteile an der gesellschaftlichen Organisation zu verstehen. Die Etablierung der Codes erleichtert die Artikulation von und die Verständigung über Interessen und abstrahiert von den Umwelteinflüssen, deren Zusammenhänge durch die Ergebnisse 226 Dazu Luhmann 1993a, 65-149. 227 Der von Weber (1968, 475) in Abgrenzung zur charismatischen und rationalen Herrschaft beschriebene traditionale Herrschaftstyp. So spricht Weber denn auch von den reinen Typen der Herrschaft. Das bedeutet, dass die meisten Gesellschaften Mischformen dieser drei Typen sind. Es wird darauf noch weiter eingegangen. 62 wissenschaftlicher Forschungen evident werden. Gott zieht sich auf eine Beobachterposition zurück und verweist auf die von ihm gegebene Freiheit des Willens, die auch denen gegeben ist, die nicht die Tragweite seiner Empfehlungen ermessen wollen228. Doch egal wo und wie weit die gesellschaftliche Entwicklung steht und geht, bleiben diese strukturellen Bezüge Parameter der kognitiven Entwicklung jedes Menschen. Darauf weist das magische Weltbild des Kindes hin229. Darauf weist auch die stratifizierte Organisation der psychischen Welten hin230. Und das bezeugt auch die Organisation von Familien und Kommunen, öffentlichen Institutionen und Organisationen. Funktionale Differenzierung ist eine Art gesellschaftlicher Einigung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. Gemeinschaften und Organisationen steht es frei, innerhalb ihres Bereiches und jenseits ihrer gesellschaftlichen Interaktionen ihre eigenen Formen zu kultivieren. In der Anlage schafft funktionale Differenzierung die Freiheiten des gesellschaftlichen Verkehrs, die notwendig sind, Menschen ihre personalen Freiheiten zu vergegenwärtigen und sie personal (nicht sozial) zu realisieren. Deren soziale Realisierung besteht in der wahrgenommenen Möglichkeit der Ausübung von Macht und dem daraus abgeleiteten Verzicht ihrer Anwendung als Einschränkung der Freiheiten anderer. Erst durch die Etablierung dieses Verhaltens wird es möglich, nach dem durch die funktionale Differenzierung erzeugten sozialen Driften wieder zusammenzurücken. Dass das in der Natur der Sache liegt, lässt sich so nicht sagen. Rein deskriptiv: nein. Dennoch haben in diesem Zusammenhang die Interessen der Träger von Kommunikation und somit der an Gesellschaft Partizipierenden in Prognosen und Tendenzen über die gesellschaftsstrukturelle Veränderungen eingerechnet zu werden231. Alles darüber Hinausgehende fällt in den Bereich von Glaube und Religion. Allerdings ist es möglich, Absichten und Interessen quantitativ und qualitativ zu bestimmen. Zwei Ansätze werden diesbezüglich stellvertretend für viele untersucht: Ken Wilbers Integralnetwork als Kommunikations- und Interaktionskonzept und Marvin Minskys „Society of Mind“ der Persönlichkeit als Aushandlungsmodell interagierender 228 Luhmann, Die Religion der Gesellschaft, 2000, 250-78, 162-63. 229 Das magische Weltbild des Kindes besteht in der Annahme des Kindes, durch Versprechen und Handlungen Einfluss auf Beziehungen und Sachverhalte nehmen zu können (Vgl. Hellinger 2000 und 2006). Wie stark (und verheerend) diese Glaubenssätze sein können, zeigt die familiensystemische Konstruktion pathologischer Störungen wie der Magersucht. So glaubt das Kind, durch seinen eigenen Weggang die Trennung eines der beiden Elternteile vom anderen verhindern zu können. Es löst sich buchstäblich auf. Magie dieser Art ist an und für sich Teil des Weltbildes segmentärer Gesellschaften, die von dem Mysterium und der Unergründlichkeit ihrer Umwelt ausgehen, in der geheimnisvolle Kräfte wirken, deren Teil und Träger sie sind. 230 Im schamanischen Weltbild die Aufteilung in Unterwelt, Mittelwelt und Oberwelt (Vitebsky 1998, 17) und in der Psychoanalyse die Existenz von Es, Ich und Über-Ich. 231 So spricht Bühl (1987) in Bezug auf Kultursysteme von Mehrebenensystemen (67), die lose (im Sinne der aus der Kybernetik und Artificial Intelligence stammenden „fuzzy functions“) oder strikt mehrfach (62) gekoppelt sein können. Etwas konkreter vollzieht sich die Gesellschaft ebenso auf individueller wie auf kollektiver (z.B. staatlicher) Ebene und ihre spezifischen Kopplungen werden in der Sozialwissenschaft sowohl qualitativ als auch quantitativ erforscht. 63 Persönlichkeitsanteile im Sinne eines erweiterten, funktional differenzierten sozialen Panoramas232. IV.5.3. Vom Aufbau zur sozialen Erscheinungsweise der Persönlichkeit Minsky beschäftigt sich hierbei mit dem Problem der Entstehung und Beschreibung von Intelligenz mit dem Ergebnis, dass die Intelligenz nicht einfach die Eigenschaft einer einzigen Entität sei. Vielmehr seien vielerlei Prozesse, die sich untereinander beeinflussen, an der Generierung und Koordinierung von Verhalten beteiligt. Er diskriminiert diese Prozesse (270) und bezeichnet sie als Agenten, die die „Society“ des Geistes bilden, die Stadt „Mentopolis“ bevölkern. Es gibt Ober- und Unterfunktionen, deren Gewichtung von den Einigungs- bzw. Koordinationsprozessen der beteiligten Agenten der jeweiligen Funktionsebene abhängt. Minskys Modell beschreibt daher nicht so sehr das Was der Absichten, Interessen und Entscheidungen als vielmehr ihr Zustandekommen, ihr Wie und die Akzentuierung ihrer Anteile. Wilber geht einen anderen Weg. Er bestimmt Absichten und Interessen in Hinsicht auf ihre Generalisierung und gesellschaftsstiftende Qualität („States“ und „Stages“). Hierbei stellt er das Bewusstsein, also die stetig kontinuierende Bewusstwerdung sich abwechselnder Zustände, ihrer soziokommunikativen Etablierung voran. Ein verändertes Bewusstsein ist, von diesem Modell her gedacht, eine notwendige innere Bedingung, um einen Entwicklungsschritt zu vollziehen. Seine Etablierung erfolgt aber kommunikativ. Zustandsveränderungen, die keine Veränderungen der Kommunikation bewirken, sind sozial indifferent. Umgekehrt sind Veränderungen der Rollen oder Kommunikationen, die keine Veränderung des Bewusstseins stiften, Lügen oder Institutionen. Das bedeutet, dass eine Lüge darin besteht, sich gegenüber anderen auf Konventionen zu beziehen, deren Einhaltung nur von den anderen erwartet wird. Die Ausübung von Macht ist das beste Beispiel für diese Ungleichheit, die kommunikativ aufgebaut wird und gleichermaßen strukturstabilisierend wie funktionsunterwandernd wirkt. Sie stabilisiert Strukturen, da Handlungen erwartbar und wahrscheinlich gemacht werden. Sie unterwandert Funktionen, die von der faktischen Freiheit und Selbstdeterminierung des Menschen ausgehen und damit von Selbstverpflichtung und Freiwilligkeit233. Das führt z.B. zu Korruption und Lobbyismus. Die Unterordnung wird immer nur soweit nachvollzogen, wie sie noch mit den eigenen Interessen kongruent ist. Jenseits dessen wird die eigene Freiheit wieder wahrgenommen, soweit die 232 Das auf Derks (2005) zurückgehende Konzept des sozialen Panoramas stellt eine Differnzierung von Meads „Generalisiertem Anderen“ dar: Personale Identität bricht sich demnach in den Bezügen zu seiner direkten Umwelt (z.B. zu anderen Menschen) Bahn, einer Art Gesellschaft des Geistes, die im inneren Dialog evident wird. 233 Pestalozzi (1979, 87) folgert im Umkehrschluss mit dem Zitat des Unternehmers Duttweiler, Freiwilligkeit sei der Preis der Freiheit. Dies ist im Zusammenhang seiner Strategie der „positiven Subversion“ zu sehen, die auf eine Lösung des Problems des Lobbyismus in demokratischen Gesellschaften abzielt. 64 Unterordnung nicht so diffus234 ist, dass der Einfluss als höher bewertet wird als sich dem beobachteten sozialen Setting durch einen ideal informierten Beobachter entnehmen lässt235. Das Kalkül der Macht erhebt die Lüge zur Konvention, denn beide gehen von der Ungleichheit des Menschen aus. Die Konventionalisierung der Lüge wiederum nennt sich Institutionalisierung. Sie hebt die Macht und die sie implizierende Lüge in den Bereich des Legitimen und Angemessenen. Sie schafft eine Wirklichkeit, die nur zwischen Menschen gilt, die auf den entsprechenden Konsens eingetrimmt sind. Für den Beobachter, der der Lüge die Wirklichkeit (und nicht die „Wahrheit“) gegenüberstellt, ist und bleibt sie – eine Lüge. Gebser236, auf den sich Wilber mit seinen integralen Denkmodellen immer wieder beruft, erklärt anhand der gesellschaftlichen Differenzierungsprozesse als „Manifestationen der aperspektivischen Welt“ die Auflösung patriarchaler und matriarchaler237 Strukturen zugunsten von integralen. Die jeweils bemühten Unterscheidungen werden in diesem Prozess genau definiert, legitimiert und auch institutionalisiert238. Die u.a. von Butler (1991) im wissenschaftlichen Diskurs behandelte Unterscheidung von Sex und Gender sowie ihre Konzeption der Konstruktion von Geschlechtern (die sogenannten Gender Studies) stellen auf den Ansatz ab, dass die Geschlechterkonstruktionen ein Mittel zur Individualisierung werden und sich die ihnen angehefteten Stereotypen davon ablösen. Ein integrales Strukturmodell der Gesellschaft impliziert daher eine integrierte Persönlichkeit, die sich dadurch auszeichnet, dass sie Unterscheidungen in bestimmten Kontexten organisiert und deren konstruktiven Charakter anerkennt. Das bedeutet in Anlehnung an Bateson eine mentale Ökologie. Es ist überdies die einzige Möglichkeit, interpersonale, intragesellschaftliche und staatliche sowie national-kulturelle Gegensätze und Widersprüche dauerhaft auszuhalten. IV.6. Die Transformation von Ereignissen in Kommunikation239 Das Bewusstsein aktualisiert und reproduziert sich durch Ereignisse als einer Art Selbstvergegenwärtigung durch anderes. Die Inhalte des Bewusstseins sind vom Bewusstsein 234 Bezogen auf Analysen politischer Unterstützungsformen siehe auch die Unterscheidung diffus/spezifisch durch Easton (1975, 435-453). 235 Die Unterscheidung von Furcht und Angst stellt darauf ab. Furcht ist demnach konkret, situativ und funktional, Angst abstrakt, diffus und psychisch. 236 Gebser 1986, 698. 237 Maturana (1994a, 20) würde „matristisch“ sagen, um auf die weniger von Autorität als mehr von Weiblichkeitskult geprägten gesellschaftliche Organisation bestimmter Ackerbaugesellschaften hinzuweisen. 238 Da die amerikanische Verfassung Frauen und Farbige nicht vom Präsidentenamt ausschließt, bewarben sich für die Wahl 2008 in den USA auf Seiten der Demokraten zwei solche Kandidaten. Dass das einen Unterschied macht(e), zeigen die bisherigen 43 WASPs (White Anglo Saxon Protestants) mit Ausnahme von Kennedy, der ein Katholik war, obwohl das Geschlecht, die Hautfarbe oder Religionszugehörigkeit weder Einstellung noch Qualifikation anzeigen. 239 Dazu Mindell (1987), der dieses Kapitel inspirierte. 65 unterschieden und Anker des Bewusstseins, das sich stetig asynchronisiert, um Weltkomplexität reduzieren zu können240. Diese Asynchronisation erfolgt nicht durch Entscheidungen, sondern einer intentionalen Ausrichtung der Ereignisabfolge des Erlebens, durch die Erzeugung linearer Chronologizität. Synchrones Welterleben besteht in der Erfahrung, Kontingenz und nicht Formen zu erleben241. Die sogenannten Kippbilder, also Bilder, die je nach Blickinterpunktion Unterschiedliches zeigen, demonstrieren die Asynchronisation des Bewusstseins gegenüber der Wirklichkeit: es ist möglich, zwischen der Wahrnehmung der einen und der anderen Gestalt hinund herzuwechseln. Es ist dem Bewusstsein aber nicht ohne weiteres möglich, beides gleichzeitig zu sehen oder womöglich noch etwas ganz anderes zusätzlich, das Phänomen der sogenannten „Binokularen Rivalität“. Es bezeichnet aber weniger eine Rivalität als den seit „Schrödingers Katze“ problematisierten quantentheoretischen Ansatz, dass das jeweils Wirkliche bzw. wirklich Gewordene nicht gleichzeitig das Mögliche sein kann242. Durch solch eine Asynchronisation erzeugen personale Systeme Eigenzeit, deren Elemente Ereignisse sind, die chronologisch und linear gerichtet werden. Für die Etablierung von Lernerfahrungen als Gewohnheitsbildung von Verhaltenskoordinationen stellt die Asynchronisation von Selbst und Wirklichkeit die Voraussetzung dar. Anders gesagt führt die Einführung der Unterscheidung von System und Umwelt und die laufende Wiederkehr dieser Unterscheidung in das von ihr Unterschiedene (nach Luhmann) zur Entstehung von Zeit als Produkt und Indikator des Erlebens sich abwechselnder Ereignisse. Dass die chronologische Anordnung von Ereignissen wie auch ihrer durch Unterscheidungen getroffenen Konstitution kontingent ist, zeigen die Modalitäten der Träume. Träume entbehren in der Regel des bewussten Willens der Sondierung von Innen und Außen im Sinne einer funktional gerichteten System-Umwelt-Differenzierung. Träume sind, mit Bachelard gesprochen, pure Subjektivität243. Die Innenwelt verwendet keine Energie darauf, Aspekte der Innen- und der Außenwelt zu sortieren. Das Träumen generiert latente Verknüpfungen zwischen Repräsentationen als reizspezifisch konstruierten Funktionseinheiten des Bewusstseins. Das Träumen ist eine Form der Diffusion durch Assoziation zwecks Metaphorisierung von Ereignissen, 240 Luhmann 1991, 142ff. 241 Dazu Keifenheim (2000, 69) über die Mythologie der Kashinawa-Indianer („Zeit war Gleichzeitigkeit, in der alles es selbst und etwas anderes sein konnte. Somit erscheint das Prinzip generalisierter Transformativität als das Merkmal der Urschöpfung schlechthin.“). Alle Gestaltwahrnehmungen sind gleichzeitig sie selbst und auch anderes. Möglichkeit und Wirklichkeit verschmelzen, die Welt entdifferenziert sich. Dazu auch William Blake, zitiert in Huxleys „Pforten der Wahrnehmung“ (1996, 9): „Würden die Pforten der Wahrnehmung gereinigt, erschiene dem Menschen alles, wie es ist: unendlich.“ 242 Die Quantenphysik behauptet das aber aufgrund der Beobachtung der Unvorhersagbarkeit des Zerfalls von Atomen trotzdem. 243 Und weiter: „(...) eher als der Wille, eher als der „elan vital“ ist die Einbildungskraft die treibende Kraft der psychischen Produktion. Psychisch werden wir durch unsere Träumerei erschaffen. Durch unsere Träumerei erschaffen und in Schranken verwiesen, denn die Träumerei steckt die äußersten Grenzen unseres Geistes ab. Die Einbildungskraft arbeitet an ihrem äußersten Ende wie eine Flamme (...).“ (Bachelard 1990, 143/144). 66 dem Bindemittel zur Integration und Utilisierung von Erfahrungskonstruktionen. Am Ende bleiben einem, und das wissen ältere Menschen am besten, nur Geschichten. Die Metaphorisierung als evaluierendes Moment bei der Integration von Ereignissen und ihrem Auf- und Einbau in und zu Repräsentationen ist als kognitive Funktion der Wirkungsweise homöorhetischer Vorgänge ähnlich. Es werden Kräfte und Informationen gebündelt und kanalisiert. Das Bewusstsein operiert als gleichzeitiger Protagonist und Erzähler von Geschichten. Mindell244 skizziert die drei Ebenen der Wirklichkeit, des Traumzustandes und der Traumzeit245 als einen Strudel. An der Oberfläche, also der Wirklichkeit bzw. „Konsensusrealität“ (Mindell), werden die Gestalten und Erlebnisse in die Träume gezogen und wie bei einem schwarzen Loch in die Traumzeit komprimiert, die an ihrem tiefsten Punkt keine Gestalten mehr kennt. Dort sind alle Ereignisse reizspezifisch dekomponiert und flottieren als beliebig verknüpfbare Modalitäten im Unbewussten. Kreative Prozesse bestehen in der Leistung der entsprechenden (Re)kombination von Reizen bei minimalen strukturellen Vorgaben. Diese treten dann in den Traum ein und verdichten und verknüpfen sich zu Gestalten, die vom kreativen Traumbewusstsein semantisch bestimmt werden. Im Traumzustand gibt es nur zwei relevante Koordinaten der Erfüllung von Funktionen von Äquilibrationsprozessen: Absicht und Wille. Der Kognition sind somit im Traum keine Grenzen gesetzt. Intention und Volition entscheiden über Verlauf und Richtung des Traumgeschehens. Grundsätzlich ist damit im Traum nichts ausgeschlossen. Der Traum ist eine Art Land der unbegrenzten Möglichkeiten des Geistes246. Auf der Suche nach einer basalen Ebene des Bewusstseins gerät die Traumzeit ins Blickfeld. In der Traumzeit gibt es Prozesse, die im Traumzustand performativ gerinnt. Die gleichzeitige Ein- und Ungebundenheit alles Ereignishaften im Bewusstsein ist die Bedingung der Möglichkeit der Kommunikation zwischen Entitäten. Auf dieser Ebene sind aber, wie schon am Beispiel des NishiPae Rituals der Kashinawa-Indianer ausgeführt, alle Gestalten und konstituierten Wesenheiten nur 244 Mindell 1987, 58/59 und 2004, 27. 245 „Traumzeit“ (Alerjinga) geht begrifflich auf die Riten der Aborigine-Kulturen über die Entstehung der Welt zurück (Petri 1950, Borsboom 1998, 78, Campbell 1991, 109). Diese Riten bestehen in Gesängen und Tänzen zu Ehren der Schöpfung. Diese ist, ähnlich dem Pantheismus, gänzlich belebt. Jeder Stein, jede Pflanze und jedes Tier verfügt demnach über Bewusstsein. Die Lieder und Tänze der Entstehung der Welt sind das Allerheiligste der Aborigines. Aus diesen Riten leiten sich auch die Songlines und ihre Themen her. Die Songlines sind Lieder, die bestimmte geographische Gegebenheiten metaphorisch behandeln. Statt auf eine Karte zu schauen lernten die Aborigines Lieder, nach deren Angaben sie dann den Weg suchten. Ein Netz von Songlines überspannte den ganzen australischen Kontinent. Vgl. auch Serres (1964) über das Kommunikationsnetz Penelope, eine gelungene Beschreibung kommunikativ generierter und gesteuerter Mindmaps, die sich von Unter- zur Überdetermination entwickeln. 246 Das wurde auch schon im alten Griechenland gewusst. In Epidauros konnten Kranke in speziellen Unterkünften übernachten. Im Traum erschien ihnen, wie es überliefert ist, Asklepios, der Gott der Heilung, der ihnen die Schritte zur Gesundung vorgab. Mindell (2004) behauptet denn auch, „Die Realität kommt vom Träumen“ (27) und noch pointierter „Träumen ist die mystische Quelle der Realität“ (1). 67 als kontingente und gleichwertige Sinnesreize erfassbar. Kommunikation im Sinne Luhmanns findet auf dieser Ebene nicht statt. Sie besteht aus reinem Bewusstsein, das alles zulässt und, anders als im Wachbewusstsein, nichts unterdrückt. Die Ebene des Traumes etabliert sich gegenüber der Traumzeit durch die Ausprägung von Gestalten und Formen. Kommunikation wird durch den Vollzug der Unterscheidung von Selbst- und Fremdreferenz simuliert. Dabei kann es tatsächlich zu Informations-, Mitteilungs- und Verstehensprozessen kommen. Dies wird als Verhaltenskoordination für einen Beobachter über EEG´s als sogenannte REM (Rapid-Eye-Movement)247-Schlafphase beobachtbar. Die Traumebene ließe sich auch die Ebene der symbolischen Formen248 nennen. Dabei ist hinzuzufügen, dass die von Mindell differenzierten Ebenen an und für sich analoge Vor- bzw. Übergänge darstellen. Neurowissenschaftlich betrachtet sind alle Ebenen verschiedene Aktivitätszustände des Gehirns. So geht z.B. Tart249 auch von verschiedenen Trancezuständen des Gehirns aus. Die Alltags- oder Konsensustrance entspricht dabei dem „Wachzustand“. Erickson ging in seinen hypnotherapeutischen Studien ebenfalls davon aus. Diese Trancezustände werden dabei jeweils kommunikativ induziert. Gewohnheiten sind demnach Stimuli, mit denen sich Menschen in ihrer Alltagstrance halten. Es ist nicht notwendig und unbedingt praktisch, das Autofahren jeden Morgen neu zu lernen. Es ist aber möglich. Die „Traumkommunikation“ unterliegt anderen Bedingungen als die Kommunikation im Wirklichkeitsbewusstsein, obwohl beide auf der Grundlage von Verhaltenskoordinationen zweiter und höherer Ordnungen entstehen. Zeit und Raum bieten keinerlei Orientierungsmöglichkeiten. Die Funktion von Kommunikation besteht immer in der Generierung von Sinn250 im Hinblick auf die Herstellung oder Stabilisierung des seelischen Gleichgewichtes, der Äquilibration. Es geht um die Exploration und Erweiterung der holistischen Landschaft des Geistes 251. Verhaltenskoordinationen 247 Der Autor hat bis zum Abschluss der Studie keine Untersuchungen über einen möglichen Zusammenhang von Augenbewegungen und der sinnesspezifischen Verarbeitung von Sachverhalten gefunden. Da Augenbewegungen in der Kommunikation Gehirnaktivitäten dokumentieren, die Rückschlüsse auf den Repräsentationsmodus der Information ermöglichen (Robbins 2004, 172), hält der Autor einen Zusammenhang für plausibel. Eine Aufzeichnung der genauen Bewegungen ließe sich für eine Erfassung der Konstruktion, Modifikation und des sinnesspezifischen Modus von im Traum aktivierten Repräsentationen verwenden. 248 In Anlehnung an Cassirer (2001, „Die Philosophie der symbolischen Formen“, 15): „(...)die Begriffe des Raumes und der Zeit, der Masse und der Kraft, des materiellen Punktes und der Energie, des Atoms oder des Äthers sind freie „Scheinbilder“, die die Erkenntnis entwirft, um die Welt der sinnlichen Erfahrung zu beherrschen und als gesetzlich geordnete Welt zu sehen, denen aber in den sinnlichen Daten selbst unmittelbar nichts entspricht.“ Und S.21: „Die Reproduzierbarkeit des Inhalts selbst ist an die Produktion eines Zeichens für ihn gebunden, in welcher das Bewußtsein frei und selbstständig verfährt.“. 249 Tart 1985, 227-243. 250 Luhmann 1994, 92: „Die Co-Evolution hat zu einer gemeinsamen Errungenschaft geführt, die sowohl von psychischen als auch von sozialen Systemen benutzt wird. Beide Systemarten sind auf sie angewiesen, und für beide ist sie bindend als unerläßliche, unabweisbare Form ihrer Komplexität und ihrer Selbstreferenz. Wir nennen diese evolutionäre Errungenschaft „Sinn“.“ 251 Minsky (1994) bevorzugt eine andere Darstellung: basierend auf einer Analyse der funktionalen Bestandteile 68 dienen der Selbstorientierung in der Welt. Alles, was deren Funktionieren bedroht oder in Frage stellt, wird als Problem für den Bestand des personalen Systems wahrgenommen. Starke Reaktionen als deren Folge betreffen auch bzw. gerade das Geschehen und die internen Interaktionen in Träumen. Die Identität des personalen Systems wird in der Besetzung an bestimmte Repräsentationsstrukturen fixiert und verhindert daher jede auf sie bezogenen Modifikationen, die als Bestandsbedrohungen erlebt werden. Erst wenn die Identität auf ihre mentale Funktion bezogen wird, ist die Prozessualisierung von Selbst- und Weltkonstruktionen möglich252, die zu den emissionierenden253 Identitätshorizonten254 bei gleichzeitig zunehmender Selektionsverengung der Handlungsspielräume des personalen Systems geführt hat. Modaloperative Kleinstereignisse, ins neuronale System eingespeiste bzw. generierte Reize, entwickeln sich also in der Traumzeit zu Repräsentationen und Erlebnissen. Unterschiede werden zu Unterscheidungen, die einen Unterschied machen255. Die aufgebauten Repräsentationen werden in Traumzuständen zu Gestalten und Formen, die somit schon Realitätscharakter besitzen. Je nach Beobachtungsstandpunkt erzeugt oder imitiert diese Ebene Wirklichkeit. Intrapersonal erzeugt das System diese Realität und interpersonal bezieht es sich auf die Wirklichkeit, an der es partizipiert, wie der Beobachter dieser Partizipation auch. Träume sind die von Platon256 beschriebenen Wände, an die sich die Schatten der Seele werfen. Alle Aprioris von Handlungen (im Sinne der Konstitution von Selektionshorizonten und entsprechender Selektionskriterien) und Erfahrungen durchlaufen in ihrer Genese diese Ebenen, während sie sich in der Koordinierung des Verhaltens manifestieren257. Brouwer258 entwickelte ein ähnliches Konzept der Bedeutungs-, Bewusstseins- und der Gehirntätigkeit wählt er das Bild einer Gesellschaft des Geistes („Society of Mind“), auf deutsch Mentopolis, also Stadt des Geistes. Dass ein solches Bild Sinn macht, ist unbestritten. Die Traumagenten treten ja im Setting der Träume als Entitäten auf, die sich teils wie eigenständige Wesen verhalten. Und das Bewusstsein täuscht sich darüber. Siehe Kap. IV.5.3. 252 Auf der Grundlage der Transformationsgrammatik Chomskys (2002) lassen sich Substantive durch Verben ersetzen, die Sprachgerinnungen in Prozesse bringen und katalysieren können, was neuronale Neuverknüpfungen ermöglicht. So geht es von der Identität zum sich identifizieren mit, vom Ärger auf jemanden zum sich Ärgern über etwas, vom Gefühl haben zum sich fühlen. Auch Maturana ersetzt Substantive durch Aktionen (Konversieren, Emotionieren, „Languaging“(Linguieren)). Watts (1995, 73) geht sogar noch weiter. Er betrachtet in allem Erkannten und sogar dem Gegenständlichen die ihm zugrundeliegende Aktivität: ein Haus wird zum „housing“, eine Katze zum „cating“ usw.. 253 Jung spricht von inflationären, konkreter, von „psychischer Inflation“ (1991, 26). Das ist natürlich eine Beschreibung. Als einer Erklärung müsste es heißen: inflationierenden. Jung bringt dazu das Beispiel der Identifikation von Behördenbediensteten mit ihrem Amt, statt mit der Erfüllung ihrer Aufgaben und Wahrnehmung der behördlichen Funktionen. Maßnahmen wie die Umbenennung des Arbeitsamtes in „Bundesagentur für Arbeit“ sind auch auf eine entsprechende Ausrichtung bzw. Umorientierung ihrer Mitarbeiter gerichtet. 254 Ausdehnung bzw. Einengung des imaginierten („imaginären“ - Lacan) Selbst über seine Funktion hinaus auf Strukturen. 255 wie Bateson (1981, 582) es auf den Punkt bringt. 256 Natorp (1994). 257 Claßen 2002, 67 schreibt mit dem Verweis auf Schuster und von Franz von den Naskapi-Indianern Kanadas, die erst dann auf Jagd gehen, wenn der Jäger in einem Traum das Wild bereits erlegt hat. 258 Von Stigt 1990, 137 zit. nach Artikel Luitzen Egbertus Jan Brouwer. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. 69 Kommunikationsgenese: er unterschied dabei die naive, die wissenschaftliche und die soziale Phase des Bewusstseins. Die naive Phase besteht in reinen, analog (schwellengebunden) kodierten Sinnesempfindungen. Sie werden in der „isolierten kausalen Phase“ schablonenartig digitalisiert und in eine Abfolge gebracht, was Brouwer auch als mathematische Phase nennt (und sich mit Piagets Aufbau der logisch-mathematischen Strukturen in der Entwicklung des Kindes deckt). Die soziale Phase des Bewusstseins bemächtigt es zur ostentativen Kodierung, also zu Übertragungsleistungen wie Metaphorisierungen u.a.. IV.7. Grenzen der Kommunikation Das Verhalten integriert als letzte bzw. erste Elemente zeitliche und räumliche Dimensionen als grundlegende Parameter. Verhalten manifestiert sich in Zeit und Raum als Wahrnehmung und Kommunikation. Dies sind die Organisationsprinzipien der vierten Dimension. Jede weitere mögliche Dimension unterwirft das Verhalten demnach noch spezifischeren, noch unwahrscheinlicheren Bedingungen seines Zustandekommens259. Die Ausbalancierung basalerer Ebenen wird dadurch einfacher, die Äquilibration des Gesamtsystems in größeren Zusammenhängen jedoch exponentiell zunehmend komplizierter. Denn so, wie Unterscheidungen der Form die Elemente der Traumzeit, Unterscheidungen von Ereignissen die Elemente des Träumens und Unterscheidungen der Kommunikation, also die Einheit aus Information, Mitteilung und Verstehen Elemente der (konsensgebundenen) Wirklichkeit darstellen, sind sie auch als eine Rückkopplung des Bewusstseins mit den unterschiedlichen Bedingungen dieser personalen Realitätsebenen zu verstehen. Ändern oder erweitern sich diese Bedingungen, dann wirkt das direkt auf die die Realitätsebenen konstituierenden Bedingungen zurück. Das im Beginn des 21.Jahrhunderts geltende Paradigma der Standpunktabhängigkeit des Beobachters 260 ist insofern als eine Lobpreisung der Vorgaben der vierten Dimension zu verstehen. Und da sich die Wissenschaften als kommunikatives System ebenfalls nur auf die vierte Dimension beziehen können, schränken sie ihren evolvierfähigen Bereich ein, da sie Erkenntnisse höherer Dimensionen solange nicht als valide gelten lassen können, wie sie sich nicht den Annahmen über die Beschaffenheit der vierten Dimension fügen, d.h. solange sie inkommunikabel sind. Aus genau Bearbeitungsstand: 29. Dezember 2007, 14:29 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Luitzen_Egbertus_Jan_Brouwer&oldid=40551692 (Abgerufen: 31. Januar 2008, 09:41 UTC). 259 Bateson (1985, 389-95) dachte in den Ausführungen zu Lernen III und IV nicht an ihre Bedingungen, wohl aber an die Möglichkeit ihres Erreichens. Erst in seinem Spätwerk (Bateson 2002) thematisiert er (bzw. seine Tochter als Lektorin nach seinem Ableben) diese Ebenen ausführlicher. 260 welches eine Konsequenz der Relativitätstheorie und der Heisenbergschen Unschärferelation (Hawking 1993, 48ff., 75ff.) darstellt. 70 diesem Grund lässt sich im Rückgriff auf Wittgenstein über vieles tatsächlich nur schweigen, wenn auch beredt, wie Einstein zeigte. Abschließend ist festzustellen, dass die Transformation von Ereignissen in Kommunikation ein kreatives, um nicht zu sagen konstruktives Verfahren ist, das von den neuronalen und innersystemischen Vorbedingungen abhängt. Auch wird deutlich, dass sich der Übergang vom Ereignis zur Kommunikation als ein gradueller beschreiben lässt. Die Konstituierung eines personalen und eines sozialen Systems ist nichtsdestotrotz im Hinblick auf die Unterscheidung verschiedener Existenzdimensionen samt ihrer Bedingungen sinnvoll. IV.8. Kommunikation als Bewusstseinsinterpunktion Die systemtheoretische Beobachtungsweise der Kommunikation dezentralisiert die Perspektiven. Kommunikation äußert sich vermittels personaler Systeme. Die kontextuelle und strukturelle Konstitution personaler Systeme gibt die Spannweite jeweils möglicher Kommunikationen vor. Den Rest besorgt die Kommunikation selbst. Beobachter ordnen die Kommunikationen durch bezugnehmende Referenz personaler Systeme, die die Geschichte des personalen Systems bildet261. Die Operation des Setzens von Referenzen etabliert Welt und Selbst. Sie setzt sich ins Bewusstsein fort und wird kommunikativ entkoppelt. Kommunikation als Ermöglichung von Verständigung in der vierten Dimension (als Folge und Voraussetzung der Kommunikation, deshalb: vierfache Dimensionierung) behält ihre Ordnungs- und Organisationsfunktion. Da sich das Bewusstsein reflexiv durch die kontinuierende Setzung sich gegeneinander abgrenzender, kontingenter Ereignisse, die ständig entstehen und vergehen, reproduziert262, erscheinen die Ereignisse mitunter wie Kommunikationen des Bewusstseins mit sich selbst263. Sie wird zu einer bloßen Form der Prozessierung von Reizinformationen, die auch anders möglich ist. Auf basaleren Ebenen des Bewusstseins wie der Traumzeit gibt es gar keine Formen. Diese Ebene kommt der bloßen Rezeption elektrochemischer Ladungen am Nächsten. Bewusstsein wird zum Prozess, zur intentional gesteuerten Bewusstwerdung, anhand der sich das Bewusstsein fortlaufend über die 261 Wer hat was gesagt/mitgeteilt ? Was habe ich selbst gesagt/getan ? 262 Luhmann spricht hierbei von einer „Temporalisierung der Letztelemente“ (1994, 77). De Saussure (1967, 137) benutzt eine ganz ähnliche Beschreibung für die Sprachstruktur, die „langue“. Zeichen als semantisch-syntaktische Elemente von Ereignissen sind demnach stets arbiträr und negativ gebaut. Sie erreichen ihre positive Bestimmung durch Abgrenzung gegeneinander im gleichen Medium, dem gleichen Kode, der Kommunikation/Parole. Tholen 2002, 26 und 2005, 150-172 sieht die Funktion von Medien insgesamt darin, als strukturelle Kopplung informativ zu wirken. 263 Wie in den Träumen, dem magischen Theater Hesses (2004, 166). 71 Etablierung von Distinktionen aktualisiert. Goodman unterscheidet in Analogie zur Peirceschen Unterscheidung von „types“ und „tokens“ zwischen „inscriptions“ und „marks“. Marken sind potentielle Bedeutungsträger. Inskriptionen bilden die Kleinstelemente syntaktischer Relevanz. Ein Token ist ein Zeichenvorkommnis, also eine Unterscheidung, die einen Unterschied macht. Und Types sind die Signifikanten, die Bedeutungen als solche264. Inskriptionen sind Elemente analoger Systeme. Analogie leitet sich aus der Indetermination seiner Elemente ab, d.h. der Möglichkeit und nicht der Wirklichkeit, zum Bedeutungsträger zu werden. Kontingenz stellt in analogen Systemen kein Konstruktionsprinzip als kognitiver Funktionsanalyse dar, sondern eine Evidenz, eine phänomenologische Bestimmungsgrundlage. Analoge Systeme generieren die Bedingungen der Möglichkeit verschiedener Interpretationen. In Opposition dazu stehen die digitalen Systeme mit einem hierarchisch geordneten, disjunkten (entscheidbaren) Modus265. Die logisch-mathematischen Funktionen der Kognition (Piaget) stellen Digitalität her. Entscheidungen und Unterscheidungen basieren nach dem Formenkalkül Spencer-Browns auf den gleichen Grundlagen. Es sind Operationen, die Digitalität in das sie verwendende System einführen, um Komplexität zu reduzieren266. Umgekehrt wird ebenfalls weitere Komplexität reduziert, wenn z.B. in der FuzzyLogik Definitionen Abstraktionsleistungen unscharf und die formuliert Erkennung werden. von Dies stellt eine Strukturisomorphien Bedingung für (Assimilation und Akkomodation, Welt-auf-Geist, Geist-auf-Welt) dar, die die Analogizität ihres Ursprungsbestandes für ihre Autopoiesis notwendigerweise zu berücksichtigen hat. Scholz bemüht die Zeichentheorie zur Begründung seines Bildbegriffes und ihrer ästhetischen bzw. linguistischen Dimensionen Syntax, Semantik und Pragmatik. Diese bilden die drei psychischen Ebenen Mindells funktional ab. Aus der kontingenten und synchronen Reizgleichzeitigkeit entstehen Inskriptionen als Folge der Generierung von Marken. Träume sind ihrem Wesen nach bereits syntaktisch vollwertig. Ihre Aufgabe ist die Herstellung einer Semantik durch Tokenkompositionen. Deren An- und Verwendungen ist Gegenstand und Grundlage des Wachbewusstseins, der Genese der Realität. Sinn misst sich immer an der Funktion des ihn verwendenden Systems. In der Realität macht es Sinn, Chronologie und Referenzen zu stabilisieren. 264 Goodman nach Scholz 2004, 109. 265 Luhmann 1998, 101: „(...), kann man auch festhalten, daß strukturelle Kopplungen analoge Verhältnisse digitalisieren. Da die Umwelt und in ihr die anderen Systeme stets gleichzeitig mit dem jeweiligen Bezugssystem der Beobachtung operieren, sind zunächst nur analoge (parallellaufende) Verhältnisse gegeben. Daraus können die beteiligten Systeme keine Information ziehen, denn dies setzt Digitalisierung voraus. Strukturelle Kopplungen müssen daher zunächst analoge in digitale Verhältnisse umformen, wenn über sie die Umwelt Einfluß auf ein System gewinnen soll. Das ist, im Verhältnis des Kommunikationssystems zu den Bewußtseinssystemen, eine Funktion der Sprache, die ein kontinuierliches Nebeneinander in ein diskontinuierliches Nacheinander verwandelt.“. 266 Luhmann 1998, 101. 72 Im Traum macht es „Sinn“, Erlebens- und Handlungshorizonte zu (re)produzieren. In der Traumzeit macht es „Sinn“, Gestalten und Formen zu generieren. Daher ist es nicht notwendig, Mythen wie der Schöpfungsgeschichte oder der Todesreise der ägyptischen Pharaonen Wahrheit abzusprechen. Sie referieren auf basalere Ebenen unserer Existenz, die anderen Bedingungen unterliegen und somit unterschiedliche Wahrheitsqualitäten hervorheben267, andere verdecken. So bezieht sich die Mythologie auf die Funktionsweise der Traumzeit (Schöpfung), die Kunst auf die Träume (Formen) und Technik und Strategien auf die Realität (Sinn). Insofern kann beispielsweise eine symbolische Traumdeutung nachträglich Bedeutungen generieren und dadurch die Integration des Traumgeschens in die Realitätsempfindung fördern. Die künstlerisch-kreative Auseinandersetzung mit Trauminhalten wiederum kann analog dazu eine Intensivierung des Traumgeschehens anregen. Putnam und Fodor268 vergleichen Geist und Gehirn mit der Hardware und der Software eines Computers. Im Kapitel II wurde diese Unterscheidung als für diese Untersuchung irrelevant begründet. Anders verhält es sich, wenn das Bewusstsein als Hardware und Kommunikation als Software betrachtet wird. Dadurch wird der inskribierende Zug der Kommunikation nachvollzogen, die sich ins Bewusstsein einschreibt wie der Laser auf einen CD-Rohling. Vernachlässigt wird dabei der prozessuale Charakter des Bewusstseins, seiner ständigen Genese, die in den Modellen der Studien zur Künstlichen Intelligenz (AI) weitaus schwieriger zu berücksichtigen ist. Das Bewusstsein erhebt sich aus den physiologischen Ressourcen und Kapazitäten. Die es konstituierenden Prozesse sind aktiv und kreativ, auch in der Rezeption und erst recht in der Perzeption. Die das Bewusstsein konstituierenden Prozesse sind aber keine Kommunikationen, es sind Ereignisse269. Die das Bewusstsein konstituierenden Ereignisse sind kontingent, arbiträr und disjunkt. Ereignisse entstehen aus der Überführung analoger elektrochemischer Prozesse in digitale Prozesse, aus denen Gestalten und Formen synthetisiert werden. Wohlfahrt spricht in diesem Zusammenhang von einer Aktualgenese270, der stufenweisen Entwicklung einer Gegebenheit. Das 267 Idries Schah (1996, 41) erzählt in diesem Zusammenhang eine Sufiparabel: „Ein Wanderzirkus hatte seinen Elefanten in einem Stall in der Nähe einer Stadt untergebracht, in der man noch nie einen Elefanten gesehen hatte. Vier neugierige Bürger hörten von dem verborgenen Wunder und machten sich auf, um vielleicht im voraus einen Blick darauf zu erhaschen. Als sie jedoch zu dem Stall kamen, fanden sie, daß es kein Licht darin gab. Sie mußten ihre Untersuchung also im Dunkeln vornehmen. Der eine bekam den Rüssel des Elefanten zu fassen und meinte folglich, das Tier müsse einer Wasserpfeife ähneln; der zweite erfühlte ein Ohr und schloß, es sei eine Art Fächer; der dritte, der ein Bein anfaßte, konnte es nur mit einer lebenden Säule vergleichen; und der vierte schließlich, der seine Hand auf den Rücken des Elefanten legte, war überzeugt, eine Art Thron vor sich zu haben. Keiner von ihnen konnte sich ein vollständiges Bild machen, und den Teil, den ein jeder erfühlte, konnte er nur in Begriffen beschreiben, die ihm bekannte Dinge bezeichneten. (...)“ 268 Putnam 1999. Dieses Werk des „Mentalismus“ diskutiert die Computeranalogie des Bewusstseins sowohl in Anlehnung als auch Abgrenzung zu Fodor. 269 Schon Whitehead 1987, 389, wies auf Ereignisse als fundamentale Elemente der „Welt“ hin. Und: „Jedes wirkliche Ereignis grenzt seine eigene wirkliche Welt ab, aus der es entsteht. Zwei Ereignisse können niemals identische wirkliche Welten haben.“. 270 Artikel Aktualgenese. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 1. Februar 2006, 17:00 UTC. 73 Bewusstsein, das eigentlich ein Werden ist, entsteht als Einheit nur in der Kommunikation, also in der Möglichkeit, Gegenstände zu linguieren, sprachlich zu erzeugen und festzuschreiben. Für Kohonen zerfällt das Bewusstsein in „Selforganizing Maps“. In dieser Selbstorganisation wird das Bewusstsein für einen Beobachter als Verhalten sichtbar. Wohlfahrt beschreibt den vorgenannten Zerfall wiederum als Aktuallyse, als Entdifferenzierung des digital organisierenden Bewusstseins. IV.9. Interaktionsmedien Ein weiterer Unterschied zwischen der Kommunikation und der innerpsychischen Wiederkehr der Form der Kommunikation stellt die Ausdifferenzierung und symbolische Generalsierung der Interaktionsmedien dar. Luhmann271 unterscheidet vier Medien. Macht, Liebe, Eigentum/Geld und Wahrheit/Kunst auf der Grundlage der Kombination beobachtbaren Erlebens und Handelns zwischen Interaktionspartnern. Da Eigentum/Geld sich aus Personalisierung ableiten und selbst apersonal funktionieren, werden sie aus dieser Untersuchung ausgeklammert. Wahrheit ist Medium dieser Studie als wissenschaftlichem Erzeugnis, wie schon dem ersten Kapitel zu entnehmen ist, weshalb sie hier nicht noch einmal gesondert aufgeführt ist. Es bleiben Macht und Liebe. IV.9.1. Macht Macht272 basiert auf der Generalisierung von Einfluss. Es geht darum, durch die Möglichkeit von Gewalt im Sinne einer für den jeweils anderen zu vermeidenden Alternative eine diffuse oder spezifische Handlungsausrichtung des Gegenübers zu erreichen. Wenn Menschen aufgrund des Handelns anderer handeln, sind sie von eben diesen Handlungen beeinflusst. Das gilt für Konkurrenzsituationen und eskalierende Konflikte, aber auch für bestimmte Partnerschaften und Zusammenarbeit. Einfluss kann in vielen Formen erscheinen. Maturana und Levinas (in seiner „Philosophie des Anderen“) sprechen im Zusammenhang von ausgeübter Macht vom Verlust der Subjektivität. Der eigene Standpunkt wird aufgegeben oder in bestimmten Kontexten unterdrückt. Holloway (2006) unterscheidet anders als Vorgenannte zwischen kreativer und instrumenteller Macht. Instrumentelle Macht basiert auf der Negation des anderen im Glauben an und Benutzung von der Macht der Gewalt273. Sie ist das, was Canetti als Entfremdung von den eigenen URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Aktualgenese&oldid=13266556 (Abgerufen: 14. Februar 2008, 22:44 UTC). 271 Luhmann (1998, 336). 272 Dazu Luhmann (1998, 328-329 und 1988, 74ff.). 273 Der berühmte Sozialdemokrat Kurt Schumacher charakterisierte die NS-Ideologie als alleinigen Glauben an 74 Handlungen, von sich selbst beschreibt274. Kreative Macht ist dagegen gesellschaftlich und dient der Entfaltung des Subjekts275. Kreative Macht ist die Kultur des Einzelnen. Im Anschluss an McMillan, der einen etwas neutraleren Machtbegriff vertritt, wäre instrumentelle Macht „das Vermögen, tatsächliche Situationen umzustrukturieren“ und kreative Macht Einfluss als „Vermögen, die Wahrnehmung anderer Leute zu kontrollieren und zu verändern.“276. Levinas wie Maturana begreifen Machtausübung als letzten Endes problematisches und defizitäres Verhalten, dessen Veränderung nur durch Liebeskonstellationen wie Partnerschaft und Familie gelingen kann, also durch die Wiedergewinnung der Würde, die sich immer im Umgang mit dem bzw. den jeweils anderen zeigt. IV.9.2. Liebe Liebe als Interaktionsmedium generiert Handeln in Bezug auf das Erleben anderer. Luhmann konstatiert ihre Ausdifferenzierung277 als Folge des höfischen Verhaltens, des Plaisiere. Plaisiere gilt somit als höflich und unverbindlich. Amour ist hingegen eine Strategie der Kommunikation von der Verbindlichkeit des auf das Erleben des anderen bezogenen Verhaltens. Motiv des Handelns im Medium der Liebe ist die Wahrnehmung und Anerkenntnis der physischen und mentalen Befindlichkeit, deren offener Ausdruck die Sexualität ist. Liebe ist ein Beziehungsmedium. Die Orientierung an der Befindlichkeit des anderen dezentriert das Ego und eröffnet den spirituellen Raum für die Wahrnehmung von Zusammenhängen, die die eigene Endlichkeit übersteigen, da sich Liebe als generalisierte Form an allem ausrichten kann, dem Leben zugeschrieben wird 278. Maturana betrachtet die Liebe, anders als Luhmann, aus phylogenetischer Sicht279. Demnach stellt Gewalt, die nicht zu verwechseln sei mit echtem Patriotismus. Was er selbst unter Patriotismus verstand demonstrierte er mit einem mehr als neunjährigen KZ-Aufenthalt ohne Abrückung von seinen Positionen, was ihn geistig nicht brechen konnte. 274 Canetti 1976, 29. „Die älteste Wirkungsform des Befehls ist die Flucht. Sie wird dem Tier von einem Stärkeren, einem Geschöpf außer ihm, diktiert.“. Das umfasst auch, was Hannah Arendt als „Banalität des Bösen“ bezeichnete: So war für einen Eichmann die Vernichtung europäischer Bevölkerungsteile eine Frage von Zahlen und Ressourcen, für Himmler eine Frage der psychischen Belastbarkeit seiner Leute, für einen Höß ein verantwortungsvoller Job und für viele seiner SS-Schergen hart verdientes Brot im Dienste der deutschen Allgemeinheit. Wen wundert es da, dass viele von ihnen ihre Lebenslügen mit ins Grab nahmen. 275 So spricht der Gegenwartskünstler Jonathan Meese von der Diktatur der Kunst, die durch ihn proklamiert werde: Dies sei „weder gut, noch schlecht. Das ist neutral. Das ist auch nichts Besonderes.“ (http://www.zeit.de/video; 17.01.08). 276 McMillan 1978, zit. nach Artikel Macht. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 30. Januar 2008, 10:41 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Macht&oldid=41835558 (Abgerufen: 30. Januar 2008, 20:31 UTC). 277 Luhmann 1994a, 21ff. 278 Auch an in die Zukunft oder Vergangenheit projizierten Entitäten, wie z.B. die Welt unserer Enkelkinder. 279 Maturana 1997: „Wir sind liebende Tiere.“. Das stellt eine konsequente Neuvermessung des Menschen dar, 75 sie Möglichkeiten des Konversierens und Emotionierens280 bereit, die sich in Hinsicht auf die Überlebenswahrscheinlichkeit von Stammesgesellschaften bewährt und evolutionär ausdifferenziert haben. Liebe dient dem Zusammenhalt von Menschen und Gruppen in zeitweiligen oder permanenten Gefahrensituationen und stabilisiert und ordnet ihn in friedlichen Zeiten. Ihre soziale Erscheinungsform ist der Altruismus, in dem sie sich als kommunikatives Ordnungsprinzip verwirklicht. Im theoretischen Gebäude Maturanas nimmt die Liebe daher einen exklusiven Platz ein, während Luhmann ihr Geld, Macht und Wahrheit als Mittel sozialer Organisation gleichrangig gegenüberstellt. Als Beobachtung von Kommunikationen funktional differenzierter Gesellschaften mag das gerechtfertigt sein. Neurologisch betrachtet ist Liebe im Prozess des Emotionierens indess fundamental und Hass, Depressionen oder auch chronische Angstzustände dessen kommunikativ verfestigte Störungen. Die Übernahme gesellschaftlicher Realität als Koordinaten der Selbstdefinition kann denn auch zu Problemen führen. Die Interaktionsmedien stellen überindividuelle Lösungen dar, deren Generalisierungen keineswegs realer sind als die Heilslehren der Religionen. Man muss nicht an sie glauben, um sie erfolgreich zu benutzen. Die Verleugnung oder Relativierung der Liebe führt jedoch auf der personalen Ebene zur Abkapselung von originären Motivationen bei gleichzeitiger Überschätzung gesellschaftlicher Bewegungen wie z.B. Marktregulierungen281, Machtausübung und der Institutionalisierung und Technisierung von Wissen. Die Abbindung von Liebe kommt somit einer Selbstentmündigung gleich, in der das Vertrauen auf die eigene Kraft und die Eingebundenheit der eigenen Handlungen in das Wirken und die Ordnung kosmischer Kräfte zugunsten einer unreflektierten Gesellschaftsinternalisierung aufgegeben wird. Durch diese Entscheidung oder Vergewohnheitlichung entsteht das Böse als kommunikative Umwelt der Liebe, zu der es als Folge in neuronaler Hinsicht keine Alternative gibt282. Es kann zu Motivationsstörungen, psychosomatischen Erkrankungen 283, Sucht- bzw. Konsumverhalten kommen. Die Liebe richtet sich im Sozialisationsprozess zunächst auf die direkten Bezugspersonen, also die Mutter, dann die Eltern, Familie, Freunde usw.. Das Familiensystem ist als emergente Form sozialer wie sie Gould (1988) vermutlich auch im Sinn hat. 280 Maturana 1994a, 30. 281 im Sinne fremdreferentiell bestimmter Schwarmintelligenz als biopolitischer Produktionsbedingungen (Hardt/Negri 2000, 22-42). Das personale Modell dazu wäre demgegenüber die „Society of Mind“ Minskys (1994), die auf das Zusammenwirken und -treffen verschiedenster innerpsychischer Faktoren abstellt. 282 Der Satan in Miltons „Das Verlorene Paradies“ (1985) ist eine tragische, hyperaktive Figur mit einer offenkundigen emotionalen Störung. Er ist hier nicht der Vertreter eines Gegenprinzips, als der er z.B. in Goethes Faust dargestellt wird, sondern ein intriganter Profilneurotiker mit Autoritäts(Vater-)komplex. 283 Norbert Claßen (1995), Dethlefsen (1990). 76 Organisation durch Liebe evident284. Entlang der sozialisierten Umgangsformen entstehen Wege, Störungen und Krankheiten als Ausprägungen der Kultivierung liebevollen Miteinanders. Besonderes Augenmerk verdient dabei die magische Weltsicht des Kindes und der Kommunikationsstil der Bezugspersonen285. Das Kind glaubt beispielsweise daran, dass es stellvertretend für andere Bürden auf sich nehmen kann. Es sucht den Ausgleich in Hinsicht auf die früh erfolgende Ausdifferenzierung einer moralischen Überinstanz, die es objektiviert und deren Regeln es sich unterwirft. IV.10. Riten 2: Kategorien Riten beruhen als magische Praktiken auf dieser Weltsicht. Van Gennep (1909, 376ff.) differenziert in seinen Übergangsriten einige grundsätzliche Kategorien: So unterscheidet er zwischen sympathetischen und kontagiösen (Kontakt-) Riten, animistischen und dynamistischen, direkten und indirekten und schließlich zwischen positiven und negativen Riten. Sympathetische Riten implizieren die Annahme der Reziprozität aller Ereignisse, die Beziehungen vom Teil zum Ganzen, vom Beinhaltenden zum Beinhalteten, vom Gegensätzlichen und Gleichen usw.. Sie sind metaphorisch zu verstehen. Kontaktriten gehen von der Annahme der Übertragbarkeit aus: der Zauberer, Schamane oder die Hexe nimmt ein Haar für die Zeremonie und meint dessen (ehemaligen) Besitzer. Ein direkter Ritus ist z.B. eine Verzauberung im Gegensatz zur Anrufung eines Hilfsgeistes, die indirekt die gewünschte Wirkung herbeiführen soll. Willensäußerungen und Affirmationen fallen unter die positiven, Tabus unter die negativen Riten. Dynamismus und Animismus betreffen die Personalisierung oder Objektivierung der Welt. Der Glaube an die Rettung durch einen Gott oder Götter und darauf bezogene Praktiken sind demnach animistisch. Dynamistische Riten implizieren die Annahme unpersönlicher Zusammenhänge. Naive Wissenschaftsgläubigkeit fällt ebenso darunter wie viele Praktiken des „New Age“, also Tarot, Astrologie usw286. Auch die Naturwissenschaften gehen von dynamistischen Annahmen aus: allerdings gelten diese Annahmen unter genau definierten Bedingungen. Erst die Generalisierung und Übertragung des naturwissenschaftlichen Modelles auf lebensweltliche Zusammenhänge bringt 284 Fritz Simon 1984, 129ff.. 285 Dazu die Studie von Bateson (1984, 263ff.) über Kommunikationsstrukturen in Familien mit einem schizophrenen Mitglied, auf die sich auch Simon (1984) beruft. 286 Wenn Menschen eifrig einen Glauben vertreten, lassen sich die kategorialen Annahmen dahinter gut erraten: in der Diskussion zwischen Kreationisten und aufgeklärten Atheisten (z.B. Dawkins und die Brights-Bewegung), stehen die Atheisten für einen dynamistischen Glauben an eine Wissenschaft, die die unpersönlichen Wirkungskräfte der Welt erforscht und die Kreationisten für einen animistischen Glauben an einen Gott. Solange der Glaube als solcher nicht als eine mächtige kommunikative Kraft verstanden wird, die in der Lage ist, das Bewusstsein basal zu prägen, wird es weiterhin Kämpfe um eine fiktive Glaubensvorherrschaft geben, die sich mit einer definitiven Festlegung auf ein dynamistisches oder animistisches Weltbild weiterer Möglichkeiten beraubt. 77 wirkliche dynamistische Riten hervor287288. Geht man mit Gebser289 von verschiedenen subjektiven Zeiten aus, die das Bewusstsein in seiner Entwicklung durchläuft, lassen sich die meisten Ritustypen, also der Annahmen über das Auftreten und die Wirkungsweise transzendentaler Kräfte, der magischen Zeit zuordnen. Der Animismus entspricht dem mythischen und der Dynamismus dem mentalen Bewusstsein. Mit Gebser könnte man daher meinen, die Ritentypen indizierten den Entwicklungsstand des jeweiligen es verwendenden Bewusstseins. In den Riten werden diese Weltannahmen der Wirkungsweise transzendentaler Kräfte reaktiviert und absichtsvoll arrangiert. Sie integrieren und beziehen sich auf die Prozessierung von Reizinformationen in der Traumzeit bis zu den Formen und Gestaltbildungen während des Träumens. Da das Bewusstsein die Negation nicht kennt und sie aber logisch-mathematisch einrechnen kann290, erkennt es auf der basalen Ebene der Traumzeit keinen Unterschied zwischen Realität und Fiktion. Performative Inszenierungen, die Bewusstseinszustände thematisieren und auch erzeugen291, wirken direkt auf die Traumzeit des Bewusstseins und beeinflussen die Strukturierung der Gestalten und Formen der Träume. IV.11. Liebe als Evidenzkriterium der Persönlichkeitsentwicklung Das Kind spricht deshalb auf Liebesriten in besonderer Weise an, da es zu Abstraktionsleistungen 287 Ein Beispiel dafür wäre die Entscheidung eines Zugreisenden, die Mitte des Zuges aufzusuchen, weil dort, statistisch gesehen, der sicherste Platz im Falle eines Unglückes wäre. Frisch (1992) thematisiert diese Art von Weltsicht in seinem „Homo Faber“. 288 Jaynes (1993) stellte mit dem Konzept der „bikameralen Psyche“ eine weitere dynamistische Theorie des Bewusstseins auf. Demnach mussten die Menschen ihre Subjektivität erst lernen, da sie Teile ihres internalen Dialoges als göttliche Eingebungen interpretierten, als „objektiv“. Entsprechend weist Jaynes dem Bewusstsein drei Attribute zu: die Fähigkeit zu Narratisation, zu glaubwürdigen und fragwürdigen Erzählungen (und auf dieser Ebene erklärt er das Problem der bikameralen Psyche), zur Konzentration im Sinne wahrnehmender Aufmerksamkeit (Rezeption) und zur Consilience, von assimilierender bzw. integrierender Aufmerksamkeit (Perzeption). Siehe auch Artikel Julian Jaynes. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 8. Januar 2008, 21:58 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Julian_Jaynes&oldid=40954044 (Abgerufen: 1. Februar 2008, 15:57 UTC). 289 Gebser 1986, 234ff. und 379ff.. Dies ist zumindest teilweise von Piaget und sogar Freud gedeckt. Interessant ist, dass Gebser das dem mentalen Bewusstsein folgende integrale Bewusstsein als Rekonkretisierung abstrakter Inhalte darstellt. Dem liegt zugrunde, dass Abstraktionen stets Annahmen enthalten, die (mentale) Beweisführungen nach sich ziehen. Integrales Bewusstsein besteht somit in der steten Suche nach empirischen Befunden durch die Wahrnehmung selbst. Die Evidenz des integralen Bewusstseins besteht darin, dass Abstraktionen nicht bewusst gebildet (der großen evolutionären Errungenschaft des mentalen Bewusstseins), sondern bewusst identifiziert und an der Wirklichkeit gemessen werden. 290 Wittgenstein 1984 versucht dies in seinen Tagebüchern 1914-16. Im weiteren Sinne kann auch der Tractatus als ein sprachphilosophisch elaborierter Versuch über das Wesen der Negation verstanden werden. 291 wie z.B. von Grotowski, 2006, 142, „für ein armes Theater“, gefordert: „Der Schauspieler muß jene Widerstände und Hindernisse entdecken, die ihn in seiner schöpferischen Aufgabe behindern. (...) Durch eine Anpassung der Übungen an die jeweilige Persönlichkeit muß eine Lösung zur Beseitigung dieser Hindernisse gefunden werden, die sich von Schauspieler zu Schauspieler unterscheiden. (...) Die meisten [Übungen] wurden mehr auf Kontaktsuche hin orientiert: das Empfangen äußerlicher Stimuli und die Reaktion darauf (das ist der schon an anderer Stelle erwähnte Prozeß von „geben und nehmen“.)“. 78 wie der Generalisierung von Liebe erst im Verlauf der Ausbildung der logisch-mathematischen Strukturen gelangen kann und auch das nur, wenn Intensität und Quantifizierbarkeit liebevoller Erfahrungen oberhalb einer genetisch bestimmten Schwelle liegen. Erst im Erwachsenenalter wird es möglich, einzelne Erfahrungen repräsentativ zu justieren und so selbst einer insgesamt freudlosen Kindheit das wenige abzuringen und in emotionale Ressourcen zu verwandeln292. Krishnamurti geht davon aus, dass sich Spiritualität in Organisationen auflöst und dass die Wahrheit denjenigen „Jüngern“ abhanden kommt, die einfach folgen. Damit lehnt er auch mehr oder weniger offen Religionen und die Institutionalisierung des Glaubens ab, die auf Formen von Autorität und damit des Gebrauches von Macht abstellen. Festzuhalten ist, dass auch die Liebe sich nicht in festgefügte Formen binden lässt. Sie wächst in Freiheit und nicht in Ketten. Bündnisse wie die Ehe wären also unter dem Gesichtspunkt des Verständnisses der Eheschließenden zu überprüfen. Des Weiteren sind Formen sozialer Organisation durch Liebe als Interaktionsmedium an dem Grad der Freiheit zu messen, den sich die daran Beteiligten zugestehen. Auch die Sanktionierungsmöglichkeiten bei Verfehlungen lassen sich im Code der Liebe anwenden 293. Liebe stellt daher Möglichkeiten der Personalisierung von Kommunikation bereit, die sie dadurch verdichtet und deren Annahme sie damit erleichtert. Das unterscheidet sie von dem Medium Geld, das gerade auf die Depersonalisierung der Kommunikation abstellt. Das unterscheidet sie von dem Medium Macht, das auf Unfreiheit aufgrund fehlender Wahlalternativen abstellt 294. Und das unterscheidet sie von dem Medium Wahrheit, das auf Erleben anstatt auf Handlung abstellt. Liebe als Interaktionsform ist daher frei, personalisierend und aktiv. Diese Charakteristika des Mediums qualifizieren es für Eingriffe in die Beziehungen von 292 Erickson (1979, 401) schildert einen Fall, in dem er eine Patientin hypnotisch eine Vertrauensperson (den „Februarmann“) erleben/imaginieren lässt, die die Kindheit der Patientin liebevoll begleitet. Dies stellt den umgekehrten Fall dar, der zeigt, dass es auch möglich ist, emotionale Ressourcen aus der Gegenwart (das Vertrauensverhältnis der Patientin zu ihrem Therapeuten) in die persönliche Geschichte einzubringen und damit die Vergangenheit nachträglich zu verändern. Das zeigt ein weiteres Mal die neuronale Kodierung und kommunikative Erreichbarkeit persönlicher Erfahrungen. 293 Hellinger 2000 und 2006, 54, empfiehlt einen Ausgleich, einem Täter (z.B. bei einem Seitensprung) nicht in der vollen Härte das gleiche wiederfahren zu lassen, sondern etwas milder. Das bildet demnach eine gute Grundlage für die Wiederherstellung einer Ordnung in Liebe. 294 Ein Sonderfall ist die Definition von Politik als „Nächstenliebe an die Welt“, von Johannes Rau in Anlehnung an Hannah Arendt, „Politik ist angewandte Liebe zum Leben.“. Dabei geht es um eine generalisierte Form von Liebe, das sich auf die Passage der Bergpredigt über Nächstenliebe bezieht. Es ist ein großes Thema des Neuen Testamentes, den Sprung individuell gerichteter Liebe prinzipiell zu generalisieren. Das schlägt sich z.B. in dem Anspruch nieder, die Feinde zu lieben. Das bedeutet, ihnen Motive und Befindlichkeiten zu unterstellen, die sich von den eigenen nicht notwendigerweise unterscheiden. Der Musiker Sting fasste diese Erkenntnis zu Zeiten des Kalten Krieges in der Phrase, „The Russians love their children, too.“ zusammen. Gut und Böse löst sich dadurch in edle und niedere Motive auf, deren Differenzierung die Grundlage jeder Moral bildet. Jesus empfiehlt nun, diese Erkenntnis des Menschseins des jeweils anderen in das eigene Handeln einzurechnen. Levinas (1987) entwickelt auf der Grundlage einer Philosophie des Unendlichen im Anderen eine Moral, die eben das zum Gegenstand hat und insofern von der sozialen Interaktion her bestimmt wird und somit zur Konzeption eines personalierenden, generalisierten Interaktionsmediums passt. Maurice Blanchot übernahm diesen Ansatz in seine Dichtung. 79 Bewusstsein und Kommunikation. Personale Integrität bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die eigenen Bezüge ein Handeln in Liebe und Hingabe erlauben. Sie muss daher hinreichend ausdifferenziert und reflexiv sein. Dies stützt sich auf die Unterscheidung von Motiven und Techniken/Pragmatik/Taktik, so dass ein Feedback nicht den Kanal stört und ohne Ansehung der Person geäußert werden kann. Diesbezüglich ist auf die Konfliktforschung hinzuweisen, die mit Brun295 davon ausgeht, dass die Erscheinung von Streit Anzeichen für Frieden ist. Die Entwicklung einer Streitkultur ist somit ein Stabilisator des Friedens aufgrund einer immer vorhandenen Diversität von Meinungen. Ein eskalierender Konflikt äußert sich im umgekehrten Fall in einer zunehmenden Wortlosigkeit (kalter Konflikt)296 oder eruptiven und ungesteuerten Ausbrüchen (heißer Konflikt). Rapoport297 hat in seinen Konflikt- und Kooperationsforschungen die Möglichkeiten der Generalisierung im Kode Liebe zur Konfliktlösung gesehen. So empfiehlt er, Partei A den Standpunkt der Partei B so vollständig erklären zu lassen, bis Partei B dem voll zustimmt und umgekehrt. Insofern steckt in den Begriffen Achtsamkeit und Nächstenliebe auf allgemeiner Ebene ein Anspruch, den generalisierten Anderen mindestens soweit in seinen Motiven zu verstehen, dass er sich verstanden fühlt. Das kann bisweilen skurrile Formen annehmen298. Ein weiterer Aspekt personaler Integrität kann es sein, personale Annahme und Respekt in einer Weise zu kommunizieren, das gezielte Grenzüberschreitungen erlaubt, um Prozesse personaler Transformation anzustoßen299, ohne dass diese zu Verletzungen oder unkontrollierten Verstimmungen führen, sondern im Gegenteil dem personalen System neue Wahlmöglichkeiten bewusst machen. Gemäß von Foersters ethischem Imperativ 300 stellt das ein Ziel nicht nur in der Therapie, sondern überdies unter der Annahme ethischer Kriterien im alltäglichen Leben und natürlich erst recht unter der Voraussetzung eindeutig definierter Kriterien in der wissenschaftlichen Arbeit dar. In diesem Kontext ist Liebe nicht nur ein ökologisch erfolgreiches Interaktionsmedium, sondern auch als Evidenzkriterium einer Äquilibration personaler Transformationen von hohem 295 http://youtube.com/watch?v=FcnurB40uWI (15.02.08). 296 „Cold silence has a tendency to atrophy any sense of compassion.“ (Tool, „Schism“) Zur Unterscheidung von kalt und heiß Meynig 2003, 6 nach Thiel und Widder 2003, 75. 297 Artikel Anatol Rapoport. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 29. August 2007, 12:37 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Anatol_Rapoport&oldid=36095980 (Abgerufen: 15. Februar 2008, 00:43 UTC). 298 Wie der Präsidentenberater und Altnazi Dr. Strangelove in Kubricks „Dr. Seltsam oder als ich lernte, die Bombe zu lieben“. 299 Wie in der provokativen Therapie Frank Farrellys (http://youtube.com/watch?v=kfOxS6pCObk „History of Provocative Therapy“ 20.11.07) und auch Farrelly 1986, 43ff. 300 „Handle stets so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird.“. Artikel Ethischer Imperativ. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 24. Juli 2007, 04:12 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ethischer_Imperativ&oldid=34726622 (Abgerufen: 30. Januar 2008, 21:02 UTC). 80 Potential. Dasjenige, was die Fähigkeit oder die Bedingungen zum Lieben erweitert und verstärkt301, kann hernach als Erfolg bewertet werden. Darunter fällt natürlich auch Wahlfreiheit als Bedingung der Möglichkeit von Liebe. Liebe als Form sozialer Organisation bedeutet also, die Befindlichkeit des Generalisierten Anderen302 als Ausrichtungspunkt eigenen Handelns zu bestimmen. Ein anderer Begriff dafür wäre – Achtsamkeit. Dies gilt auch dann, wenn bei Differenzen der eigene Standpunkt als richtig befunden und vertreten wird. Wut, Furcht, Freude usw. sind demgegenüber Expressiva des Emotionierens und keineswegs dessen pathologische Ausprägungen. Sie setzen das Emotionieren fort und gewährleisten navigatorische Korrektheit auch in kontextuellen Schieflagen. V. Deduktion V.1. Konsequenzen und Anwendungen V.1.1. Das Nicht-Tun der Kommunikation Das Nicht-Tun ist ursprünglich ein Begriff aus dem Daoismus („Wu wei“303) und des ZenBuddhismus und bezeichnet Techniken, in der das Bewusstsein von der Fokussierung auf das Verfolgen von Zwecken gelöst wird. Das Nicht-Tun wird ganz allgemein zur Auflösung von Gewohnheiten eingesetzt. Die besten Beispiele dafür bilden die sogenannten Koans, Meditationssätze304, die Paradoxien enthalten und damit das logische Denken sprengen. In anderen Traditionen wird das Kreieren von Widersprüchen als solches zum Nicht-Tun. Auch in der therapeutischen Praxis kommen sogenannte Double-Binds305 zur Anwendung. Diese ist natürlich von pathologischen Erscheinungen unreflektierten Gebrauchs zu trennen. Ob derlei Kommunikationen massive Störungen wie Schizophrenie auslösen und manifestieren können, gilt als unbewiesen306. Dass die Form als solcher den Kommunikationsverlauf sabotiert, lässt sich aber nicht von der Hand weisen. Das von Bateson etablierte Lernen III bezieht sich auf ein Lernen der Änderung einer Auswahl von Alternativen. Diese Definition deckt sich mit der von Lernen II307. Genaugenommen müsste es sich also um eine Veränderung der Kriterien für eine Veränderung 301 Fromm (1984, 17): „Liebe als Antwort auf das Problem der menschlichen Existenz“. 302 Mead 1987, 295 ff. 303 Watts 2002, 44. 304 Watts (2002, 26), spricht von „Meditationsproblemen“. 305 Bateson (1984, 301), Erickson (1979, 39-44, 1976, 27-83) und natürlich auch Watzlawick (1969, 194-203). 306 In der Psychologie wird gegenwärtig nicht mehr davon ausgegangen. Schizophrenie wird in der Regel als eine genetisch bedingte Stoffwechselkrankheit betrachtet. 307 Bateson (1984, 378). 81 einer Auswahl von Alternativen handeln. Dies könnten Veränderungen sein, die nicht nur auf Veränderungen des Verhaltens und der personalen Zuschreibungen durchschlagen, sondern auch die Prägungen der Identität einbeziehen und somit die ganze Persönlichkeit einer Entwicklung aussetzen, die sie selbst übersteigt. Dies ist überhaupt nur denkbar durch die Lösung von der Annahme, die Identität sei der Kern von lebenden Wesen. Das Gegenteil ist der Fall. Die Identität ist integraler Bestandteil eines kontingent verfahrenden Bewusstseinsprozesses als Kommunikationsgenerator. Seelenkonzepte lassen sich aus dieser Sicht nicht mehr halten, solange sie sich selbst voraussetzen. Ersetzen lässt sich diese Annahme durch die symbiotische und intentional gesteuerte Reziprozität des Bewusstseins und der Kommunikation. Kriterien für eine Veränderung der Auswahl von einer Menge von Alternativen lassen sich nur intrinsisch motiviert erfolgreich reformulieren. Bedürfnisse als Kriterien des Veränderns von Alternativmengen (Lernen II) sind im Prinzip selbst alternativlos308. Mögliche Kompatibilitätsprobleme dieser aus Bedürfnissen gewonnenen Kriterien lassen sich aber nur unter Bezugnahme auf einen noch höheren kognitiv-emotionalen Abstraktionsgrad lösen. Die Forderung der Ideologien nach oder die Annahme der Religionen von einer geistigen Entwicklung des Menschen trägt dem Umstand Rechnung, dass im Lernen II Widersprüche generiert werden, die im gesamten gesellschaftlichen Kommunikationsnetz auftreten und die sich nur durch Lernen III lösen lassen. Denn es kann nicht nur darum gehen, sich über die eigenen Ziele klar (Flow) und den generalisierten Anderen verstehen gewillt zu sein309. Vielmehr entstehen wirkliche Führungsqualitäten in der Annahme sich gegenseitig ausschließender Standpunkte bzw. der aus ihrer Spannung gewonnenen Integrationskraft310. Gewohnheiten und Kommunikation lassen sich nicht sauber voneinander trennen 311. Besser eignen sich auch in diesem Fall Assimilations- und Akkomodationsschemata als Koordinaten der Beschreibung von Aktivitäten des Nicht-Tuns. Dadurch wird eine exakte Beschreibung der Parameter des Nicht-Tuns im Hinblick auf die Generierung des Bewusstseins als Bedingung der Möglichkeit -und nicht als Folge- von Identität ermöglicht. Es ist dieser sich selbst bestätigende Trugschluss des Bewusstseins, Identität ermögliche Bewusstsein als Folge der Unterscheidung von 308 Darauf stellt auch Maslow (1991, 62ff.) mit dem Modell einer Bedürfnispyramide (von den „grundlegenden“, physiologischen bis hin zu höheren (66ff.) wie Lieben und Selbstverwirklichung) ab. 309 Dazu Emmanuel Levinas (1987), der die Bedeutung des Anderen als einem letztlich irreduziblen, unendlichen („nontrivialem“ -v.Foerster) Gegenüber in und für die jeweils eigene Wirklichkeitskonstitution untersucht. 310 Ein Beispiel dafür bildet die von Buckminster Fuller und Applewhite (1997, 700.00) kreierten TensegrityArchitekur. Tensegrity ist ein Kunstwort, das sich aus Tension (Spannung) und Integrity (Integrität) zusammensetzt. 311 Watzlawick (1969) setzt Verhalten und Kommunikation praktisch gleich. Luhmann und Maturana, obwohl von entwicklungspsychologischen Annahmen über die Genese von Kommunikation als Verhaltenskoordinationen informiert, trennen dennoch beides voneinander. Bei Maturana führt das zur Beobachtung von Koordinationen zweiter Ordnung, bei Luhmann zur Distinktion von Inhalt und Mitteilung. 82 System- und Umweltreferenz, die in das durch sie Unterschiedene zurückkehrt312, von dem die menschliche Existenz die Möglichkeit ihrer Selbstreflektion bezieht. Nicht-Tun auf der Assimilationsebene bezieht sich auf all diejenigen Schemata, die die Zusammenfügung der Systemelemente verändern, d.h. Akkomodationen bewirken. Die erzeugten Akkomodationen können zwar durch einen Beobachter als kontingent gesetzt werden, sind aber auch immer durch die sie bedingenden Adaptationsstrukturen als Voraussetzung ihrer Möglichkeit determiniert. Wie eingangs313 gesagt stellt der stete Wandel die Essenz allen Lebens dar. Aus dieser Sicht ist somit die Evolution nicht nur das Lebensprinzip, sondern auch Wesen und Gegenstand ihrer Selbstschau314. Dieser Gedanke lässt sich am besten mit der Polykontextualitätstheorie Gotthard Günthers erklären: dieser Theorie legt er die Vorstellung zugrunde, dass sich kausale Determinanten der Welt im Individuum brechen und Subjektivität als eine vermittelte Rückkopplungsschlaufe der Welt zu bewerten ist, die aber gegenüber physiologischen Vorgängen ungleich komplexer ausfällt315. Bezogen auf die dem Nicht-Tun zugrundeliegende Intention bedeutet das, dass es immer die Ereignisse und Erfahrungen sind, die den eigenen Konzepten widersprechen, sie sabotieren 316, die ein Fenster öffnen auf das Phänomen des Lebens. So kann unkonventionelles Verhalten gewohnheitsverstärkend wirken oder im Umkehrschluss sogar Konformität erleuchtend, wenn die Personal- und Identitätskonzeptionen entsprechend gebaut sind317. 312 So geschildert von Luhmann (1998, 58) bezogen auf das Formen-Kalkül Spencer-Browns in Anwendung auf die systemtheoretische Darstellung von Kommunikation und Bewusstsein. 313 Siehe Kap. II. 314 Es handelt sich um einen Reflexionsstil, der die Reduktion durch jede Aktualisierung neu entstehender Komplexität erkannt hat und in dem von Gennepschen Sinne Zeitpunkte für Handlungen wie im/als Ritus vorgibt. Daraus ergibt sich Flexibilität, sich verändernde Umstände kognitiv einzurechnen und Handlungsprämissen auf struktureller Ebene zu modifizieren. Wenn im Gegenschluss Struktur und Intention gleichgesetzt werden, kommt es zu Doppelmoral und pathologischen Verfestigungen, die von den Umständen überholt werden. Luhmann hat dies als Schwäche in der Soziologie von Talcott Parsons erkannt und auf Parsons Strukturfunktionalismus mit der Prägung eines Funktionsstrukturalismus reagiert (Luhmann 2005). Zu dem Code „progressiv“ vs. „konservativ“ siehe auch Luhmann (1991, 267-87). Es ist interessant, dass gerade die USA mit ihrem geflügelten Wort von den „unbegrenzten Möglichkeiten“ eine gesellschaftliche Beweglichkeit aufweisen wie die katholische Kirche in ihren besten Zeiten. Möglicherweise stellt gerade diese gesamtgesellschaftliche Verhaftung, die nicht mit Stabilität verwechselt werden sollte, einen Faktor der Erkennung des eigenen Handlungsspielraumes dar. 315 Fuchs 1992, 37 beschreibt diese Komplexität, die Günther (und vor ihm Schopenhauer) als Wille bezeichnet, im Rückgriff auf Luhmann als „Notwendigkeit des Durchhaltens einer nur selektiven Verknüpfung der Elemente“ und weist darauf hin: „Wie rigide nämlich das Selektionsmuster sein muß oder sein kann, hängt von den Funktionskomponenten der verknüpften Elemente ab. Diese infrasystemischen, subelementaren Komponenten haben ihre eigene Komplexität, deren zusammenschließende Reduktionen Formen ergeben, die einerseits die Verknüpfungsfähigkeit der Elemente limitieren, andererseits eben diese Fähigkeit generieren.“. Dies deckt sich auch mit den Ausführungen in Kap. IV.6.. 316 „Life is what happens while you are busy making other plans.“ John Lennon. 317 Diesbezüglich spricht Wilson (1993, 82) von Realitätstunneln und rät dazu, die Tunnelwände anderer Realitäten kennenzulernen, z.B. durch Lektüre von Zeitungen verschiedener politischer Ausrichtung usw.. Noch weiter geht der Psychologe Timothy Leary (2006): er schlägt vor, sich unter dem Gebrauch psychedelischer Drogen bzw. Kontemplationstechniken in verschiedene Kulturen einzuarbeiten, also in ihre Medien, Religion, Politik, Wissenschaft, usw. Die Ethnologie erfüllt in ihrer Methodik der teilnehmenden Beobachtung ebenfalls den Bedarf 83 Ziel der Meditation ist es, die transzendente Seite des Seienden zu erreichen. Über diese lässt sich tatsächlich und buchstäblich - wie in der Wittgensteinschen Formulierung - nur schweigen. Die Problematik dessen wird zudem auch schon im Gedanken 6.4311 ausgedrückt: demnach sei unser Leben ebenso endlos wie unser Gesichtsfeld grenzenlos. Krishnamurti beschreibt es als Verlangen und dem darauf beruhenden Denken, das der Gegenwart stets hinterherhängt. Wird das Verlangen als Ursache des Denkens ganz losgelassen, dann richten sich die erst dadurch möglichen echten Handlungen auf immanente Kriterien, die nicht von Wissen und Erfahrung im herkömmlichen Sinne bestimmt werden, sondern von der Gegenwart und den Korrelationen aller das System irritierenden Bedingungen318. Handlungen werden spontan, einfach319 und intuitiv. Herrigel spricht in diesem Zusammenhang von einer sogenannten Prajna-Intuition. „Prajna kann als „transzendentale Weisheit“ bezeichnet werden. (...) [Prajna] ist eine Intuition, die sofort die Totalität und Individualität aller Dinge erfasst. Es ist eine Intuition, die ohne irgendwelche Meditation erkennt, dass Zero unendlich ist (-) und Unendlichkeit Zero ist (-); und dies ist nicht symbolisch und mathematisch gemeint, sondern ist eine unmittelbar wahrnehmbare Erfahrung.“ Und weiter: „Satori ist deshalb, psychologisch gesprochen, ein Jenseits der Grenzen des Ichs. Logisch betrachtet ist es Einblick in die Synthese von Bejahung und Verneinung, metaphysisch gesprochen intuitives Erfassen, dass das Sein Werden und das Werden Sein ist.“ (Herrigel 1964, 8). Handlungen dieser Qualität vollziehen sich in vollständiger Harmonie mit der Umwelt. Sie vollziehen sich ohne persönliche Einmischung. Personen als Adressaten, Imaginierende und Erwartungverflechtende werden als Konstruktionen transparent und obsolet. Handlungen auf dieser Ebene finden ohne Einmischung des Selbst statt. Körper und Geist bilden eine Einheit und ein Medium für dasjenige, das den Körper lebt, den Traum, der das Leben und die Welt träumt. Das Selbst wird als eine komplexe Empfindung erlebt, die sich als prä- oder postverbale Eigenschaft der neuronalen Funktionstätigkeiten nicht beschreiben lässt. Wesentliches Kriterium der Bewertung von Anwendungen des Nicht-Tuns sind also die kommunikativen Zusammenhänge, innerhalb derer sie verwendet werden. Ein Beobachter kann diese anhand der Wirkungen, die diese Anwendungen auslösen oder verstärken, bestimmen. V.2. Intuition und Vernunft Die Intuition lässt sich in doppelter Hinsicht abgrenzen: zum Einen gegenüber dem Instinkt und einer Erweiterung der Auswahl von Erkenntnisstrukturen. Prägnant formuliert es auch der Musiker Heinz Rudolf Kunze: „Wäre ich ein Redner, dann wählte ich das Schweigen, wäre ich ein Heiliger, dann wählte ich die Welt.“ (Kunze, „Der schwere Mut“). 318 Genaueres siehe Kap. V.4.2.. 319 Baso Matsu sagt in einem Zitat von Herrigel (1964, 9): „Zen ist „das tägliche Bewusstsein“ (...). Dieses „tägliche Bewusstsein“ ist nichts anderes als „schlafen, wenn man müde ist, essen, wenn man hungert.“. 84 zum Anderen gegenüber der Vernunft. In der Alltagsbedeutung stehen Instinkt und Intuition als rational unbegründete, aber im Hinblick auf Zwecke und Ziele durchaus erfolgreiche Handlungsfaktoren der „Doppelgottheit“ (Luhmann 1998, 22) der Aufklärung, Vernunft und Kritik, auf Grundlage einer sprachlich eingefassten Logik gegenüber. Der Instinkt wird dabei mit den rudimentären und die Intuition mit den höheren kognitiven Funktionen bzw. jüngeren Gehirnarrealen in Verbindung gebracht. Die atztekische Mythologie liefert das Bild einer gefiederten Schlange, Quetzalcoatl320. Sie steht metaphorisch für die Einheit zweier Prinzipien. Die Fortbewegung am Boden (Schlange) wird ergänzt durch die Möglichkeit zum Fliegen (Federn). Dies kann als Analogie zum intuitiven und Instinktwissen verstanden werden. Die phylogenetische Herkunft des Menschen bleibt in der Funktion der älteren Gehirnregionen erhalten. Diese erkennen instinktiv, nicht rational oder intuitiv. Dieses Wissen erweist sich jedoch als nicht weniger valide in Bezug auf die ihm gestellten Aufgaben. Das intuitive Wissen erwächst aus den jüngeren Gehirnregionen. Beide Erkenntnisformen generieren unterschiedliche Sorten von Wissen, deren Einheit und wechselseitige Integration Voraussetzung einer Äquilibration, eines mentalen und physischen Gleichgewichtszustandes, bilden. Intrinsische Motivation lässt sich nur durch eine solche Ausbalancierung erreichen. Selbstbestimmung setzt eigenständiges Handeln, Reflektion und emotionale Selbstresonanz voraus. Ist eine der Instanzen Ratio, Intuitio oder Instinkt den anderen gänzlich untergeordnet, bedeutet das eine Erblindung gegenüber möglichem Wissen. Dies kann durch Vertrauen (z.B. in Autorität, Reputation, Institutionen, persönliche Beziehungen)321 abgefedert werden. Doch damit wird auch ein Stück Kontrolle, Urteilskraft und mögliche Freiheit aufgegeben, umso ausgeprägter, je weiter der Vollzug der wechselseitigen Integration von Intellekt, Vernunft und Instinkt. Auch Bergson schreibt über ein elán vital, einer Art Lebensenergie ähnlich dem Orgon 322 von Wilhelm Reich, das sich auf intuitive statt rationale Erkenntnis bezieht. 320 León-Portilla 1969 und Artikel Quetzalcoatl. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 20. Januar 2008, 14:31 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Quetzalcoatl&oldid=41420184 (Abgerufen: 30. Januar 2008, 21:41 UTC). 321 Bei Luhmann (2000b) verlängert sich die Liste um Vertrauen in Vertrauen (85), Vertrauen in Misstrauen (92) usw. Vertrauen ist demnach ein integraler Mechanismus der Reduktion von Komplexität, und dies gilt sowohl auf inter- als auch auf intrapersonalen Ebenen. „Vertrauen“ als Lösung des Problems von Informationsasymmetrien ist auch Gegenstandsbereich der Neuen Institutionenökonomik (Neus 2003, 530). Die Principal-Agent-Theory stellt einige Möglichkeiten zur Überbrückung von Informationsasymmetrien zwischen Verantwortlichem (Principal) und dem Verantwortendem (Agent) bereit, z.B. Signaling, das Anzeigen von Vertrauenswürdigkeit seitens des Agenten, Screening, die Bildung eines Urteiles seitens des Principals und Self-Selection als vom Principal getroffene Auswahl und vom Agent ausgewähltes (vertragliches) Verhältnis. 322 Die sogenannte „primordiale kosmische Energie“. Weitere Begriffe sind Qi (aus der Traditionellen Chinesischen Medizin), Prana (hinduistische Mythologie), Mana (King 1993, 107. Zum Begriff des Mana in Abgrenzung zur und Definition von Macht vgl. von der Leeuw 1956), élan vital (Bergson) usw.. 85 V.3. Emotion und Verstand Geistesfunktionen wie Intuition und Vernunft beruhen auf wesentlich basaleren Prozessen des zentralen Nervensystems. Maturana spricht in diesem Zusammenhang vom „Emotionieren“ und „Konversieren“323. Das Konversieren folgt dabei der Faktoren internalisierenden und externalisierenden, isolierenden und zusammenfassenden Logik, die ihre synthetisierten Elemente im Alltagsverhalten nicht benennt, von denen sie ausgeht. Das Emotionieren kanalisiert die psychischen Energien324 und selektiert die kognitiv erreichbaren Fokussierungshorizonte. Damit bilden die Emotionen auch die Grundlage für Entscheidungen. Entscheidungshandeln auf Konversationen zurückzuführen, also das gemeinhin als „Rationalisieren“ Bezeichnete, bedeutet somit nichts anderes als Ursachen mit Wirkungen zu verwechseln und sich der eigenen Wurzeln zu berauben325. Der Emotivismus geht darin sogar noch weiter. Demnach basieren alle Werturteile auf Emotionen und sind darauf angelegt, wieder spezifische Emotionen auszulösen. Insofern sind auch Konversierungen (Maturana) bzw. Konversationen immer latent emotional, auch wenn sie sachlich ausfallen sollten. Denn Sachlichkeit ist vom Emotivismus her als Kommunikationsstil angelegt, der auf einer emotional getroffenen Entscheidung mit der Absicht basiert, eine bestimmte Form von Resonanz hervorzurufen. Allerdings fallen Assimilierungen in den Bereich des Konversierens, das somit einen notwendigen und wesentlichen Teil der adaptiven Kognitionsfunktion, der Kommunikation, bildet. Demgegenüber bestimmen die Emotionen darüber, in welcher Weise und Ausrichtung die Aktualisierung der kognitiven Elemente, also Themen und Wahrnehmungen, organisiert werden (Akkomodation). Die Internalisierung der Welt, die Bildung und Integration von Erfahrungen erfolgt daher emotional, d.h. in der Klärung und dem Umgang mit den Emotionen, die Ereignisse mit sich bringen und nach sich ziehen. Dies aktualisiert die Qualität der sich anschließenden Konversierungen, die wiederum Elemente (Themen, Wahrnehmungen) berücksichtigen oder ausschließen. Dissoziationsprozesse bestehen in der Lösung von Ereignisspuren von den sie begleitenden Emotionen. Dies verändert Erinnerungsvorgänge, die meistens von der Stabilität der mit den Ereignissen verbundenen Emotionen ausgehen. Da Emotionen als Brücke konstant gehalten 323 Maturana (1994a, 30ff.). Emotionieren geht dabei auf Emotion, konversieren auf Konversation zurück. Watzlawick hat sicher an dem Begriff des Konversierens Freude gehabt, geht er doch von der Entstehung aller Wahrheit und Wirklichkeit im Gespräch aus (1974, 243/244), welches er als allgemeines Konzept für die therapeutische Praxis empfiehlt. 324 „Energy flows where attention goes“ (King 1993, 215) umschreibt das Wirkungsprinzip dieses Emotionierens. 325 Ehrlichkeit in Selbstreflektionen besteht also nicht im bloßen Nachdenken über Handlungsgründe oder der Einschätzung von Zweck-Mittel-Aufwendungen, was den Gegenstand der Ökonomie bildet, sondern auch und vor allem Klarheit gegenüber den eigenen Werten. Dies ist die Grundlage einer geistigen Ökologie (Bateson), der dann die ökonomischen Abwägungen zu folgen haben. Auch hier führt die Umkehrung des Verhältnisses auf der ökonomischen Ebene zur Beschädigung von Besitz (denn was anderes besitze ich als Werte?) und auf der ökologischen Ebene zu einem Verlust des Gleichgewichtes. 86 werden, verändert sich proportional zur Stärke der Empfindungen die Schärfe der Ereignisbeobachtung bzw. -erinnerung. Durch Dissoziierung verändern sich aber die Emotionen selbst. Die Theory of Mind326 geht diesbezüglich von einer Metakognition als Fähigkeit, sich in Anderes hineinzuversetzen (z.B. Personen, Ereignisse, Sachen, Umstände) aus, die Selbstreflexion, also das Denken über das Denken ermöglicht. Sogenannte Spiegelneurone feuern in der gleichen Weise, wenn andere bei Handlungen beobachtet werden, wie wenn es die eigenen Handlungen wären. Dadurch bilden sich Metarepräsentationen, die die Komplexität sich in der (fiktiven und realen) Umwelt der Person befindlicher anderer Systeme zu berücksichtigen in der Lage sind. Insofern leistet die Empathie einen wesentlichen Beitrag zur Ausbildung der Kognition. In Anwendung auf Dissoziationsprozesse entsteht eine Form von Metaemotion, die die Empfindungen in ihrem Kontext, ihrem situativen Arrangement, erlebt und daher loslassen kann. Das Entstehen und Vergehen von Ereignissen parallelisiert sich zum ständigen Wechsel der Emotionen, die nicht mehr responses auf Erlebtes bilden, sondern den Flow des Bewusstseins anzeigen und für einen Schritt der Entwicklung der Persönlichkeit in Richtung einer Äquilibration stehen. Es räumt ein mögliches Missverständnis des kausalen Weltbildes aus dem Weg, objektive Ereignisse verursachten subjektive Emotionen. Da die Objektivierung der Welt genauso Konstruktionsprozess ist wie subjektive Bezugnahme, stellt die kausale Aufeinanderbeziehung von Ereignis und Emotion einen Ordnungszusammenhang her, der auch anders möglich ist. V.4. Instinkt, Intuition und Emotion V.4.1. Instinkt Instinktives Handeln lässt sich auf Prozesse der phylogenetisch älteren Hirnregionen zurückführen. Es geht hierbei um die Verarbeitung unterschwelliger, also präsynaptischer Ladungen327. Dendriten rezipieren elektrochemische Ladungen, die nicht synaptisch kodiert, sondern gleich in das Netz der Kollateralneuronen eingespeist werden. Gleichzeitig kann in Abhängigkeit von der Überschreitung bzw. Unterschreitung des axiomatischen Schwellenwertes eine reguläre Verarbeitung als Reiz erfolgen. In dem Fall erreicht die Ladung die kritische Schwelle und überschreitet sie. Der Reiz wird durch das Axiom weitergeleitet und synaptisch kodiert. Dendriten anderer Nervenzellen werden durch die chemische Katalysation der Synapsendköpfchen gereizt. Zu dem Zeitpunkt, an dem die Synapsen den Reiz erstmalig kodieren, findet bereits die Aufwertung des Reizes zur Information statt. Die Bedeutung der Information ergibt sich nun aus der Wahrscheinlichkeit des 326 327 Dazu Förstl 2006. Meynig 2005, 13. 87 Eintretens derselbigen bzw. aus der Menge der Einschränkungen, die die Information im Verlauf ihrer Verarbeitung in den Bau oder die Modifikation einer Repräsentation erfährt328. Instinktives Handeln speist sich aber genau nicht aus diesem Weg der Funktionsweise des Nervensystems, sondern über eine Art Ho-Chi-Minh-Pfad des ZNS. Dies ist eine elektrische Standleitung des Nervensystems. Von Dendriten rezipierte Ladungen können direkt jeden beliebigen Ort des Nervensystems erreichen und so direkt die rudimentären Arreale stimulieren, die sofortige, wenngleich unscharfe Verhaltensreaktionen auslösen können. Im Falle von Ahnungen oder unbestimmten Empfindungen können sich diese Ladungen über ihre elektrische Stimulation des entsprechenden Gehirnbereichs zur Reizinformation summieren. V.4.2. Intuition Aus Sicht der Neurologie macht es kaum Sinn, Intuition und Instinkt zu vergleichen 329. Denn während der Instinkt auf den älteren stammesgeschichtlichen Ausprägungen und Besonderheiten des menschlichen Erkenntnis- und Wahrnehmungsapparates beruht, bezieht die Intuition als neuronaler Prozessierungsmechanismus alle Funktionen bzw. Arreale des Gehirns/des Nervensystems ein. Eine Intuition resultiert aus dem reibungslosen Zusammenspiel des gesamten ZNS samt seiner Instinkte, seines Verstandes und auf Grundlage seiner Vernunft. Die Intuition impliziert das aus den Instinkten gewonnene Wissen ebenso wie die aus den logischmathematischen Funktionen (Piaget) und den emotiv330 erzeugten Erfahrungen gewonnenen Erkenntnisse. Sie wird als höhere Funktion nur durch das Funktionieren und Zusammenwirken aller phylogenetischen „Vorgänger“ ermöglicht. Sie setzt das geistige Gleichgewicht voraus und kann es sowohl in die Zukunft als auch in die Vergangenheit projizieren und somit die Voraussetzungen ihrer eigenen Stabilität schaffen331. Bergson332 stellt der Intuition den Verstand gegenüber. Das Analysieren des Verstandes versteht er als eine Sezieroperation, die Begrifflichkeiten im Sinne von Vereinfachungen und kontingenten 328 Meynig 2005, 14 nach Klaus 1969, 269. 329 Die gängige Gegenüberstellung ist natürlich die von Intellekt und Intuition. Als einer der ersten hat Scotus (2002, 25-27) darüber gearbeitet. So wusste er die abstraktive Begriffsbildung als Arbeit des Intellekts („intellectus passim agens“) von der holistischen Wahrnehmungsweise von Sachverhalten („intellectus passim possibilis“) als Tätigkeit der Intuition zu unterscheiden. 330 emotiv - emotionsgeladen; wird hier verwendet, um auf den aktiven Charakter der Emotionen hinzuweisen. 331 Tatsächlich arbeiten Therapien damit, unaufgearbeitete Erfahrungen durch Wiedererleben und Veränderung des „Plots“ wie auch durch die Manipulation des Zeiterlebens selbst der als geschichtlich begründeten Wahrheit wirkenden Repräsentation in ihrer emotionalen Bewertung zu befördern (vgl. Andreas/Andreas 1993, 21.). 332 Bergson 1988, 49: „Die Beweise, die zum Nachweis der Relativität unseres Wissens gegeben wurden, werden also durch einen ursprünglichen Mangel beeinträchtigt: sie setzen, wie der Dogmatismus, den sie bekämpfen, voraus, daß jedes Wissen notwendigerweise von fest umrissenen Begriffen ausgehen müsse, um mit ihnen die ablaufende Realität zu erfassen.“ 88 Verknüpfungen der Weltkomplexität voraussetzt. Der gängige Intelligenzbegriff stellt demnach auf diese analytischen Fähigkeien ab. Analyse geht auf Struktur, auf Synchronie. Intuition geht nach Bergson vom Absoluten aus und ist folglich unscharf und „in Bewegung“ (Bergson 1988, 45). Begriffe werden verflüssigt und transformiert und verändern dadurch das personale Erleben333. Beispielhaft schildert er die moderne Mathemaik als einen „Versuch, dem bereits Gemachten das sich Machende zu substituieren.“ (Bergson 1988, 49). V.5. Ausblick Gelungen ist eine Studie dann, wenn sie eher Fragen aufwirft als Antworten liefert und somit vielmehr ein Bewusstsein der Komplexität ihrer Ausgangsfrage bzw. Aufgabenstellung vermittelt. Fragen und Suchprozesse sind Antworten evolutionär vorgeordnet. Antworten sind als Festlegungen und Festschreibungen stärker als Fragen mit Annahmen und Glaubensmustern verknüpft. Überspitzt gesagt sind Fragen Sache der Wissenschaft und Antworten Sache der Religionen. Da Fragen in diesem Sinne Bedingungen der Möglichkeit der Erweiterung des Horizontes darstellen hofft der Autor, mit dieser Studie beim Leser viele neue Fragen aufgeworfen zu haben oder alte Fragen aus einer anderen Sichtweise ins Bewusstsein zurückgerufen zu haben. Persönlichkeitsentwicklung kann ohne Fragen und ihr emotionales Äquivalent, der Neugierde, nicht stattfinden. Gerade die letzten Kapitel werfen Fragen auf, die in den aktuellen Diskussionen zwischen Naturund Geisteswissenschaftlern nach letztem Stand des Autoren in dieser Weise noch nicht gestellt wurden. Die Frage ist, wie sich kognitive Erkenntnisformen (Vernunft, Verstand und Intuition) synthetisieren und kontrollieren lassen können. Mögliche Wege wären ebenso unkonventionell wie unbequem, solange Nachweis und Förderung intuitiver Erkenntnisformen von den Neuro- und Kognitionswissenschaften nicht oder nur am Rande thematisiert werden. Wenn Menschen sich nach ihrem Instinkt oder ihrer Intuition entscheiden, kann das keine Letzterklärung sein. Ein Handlungsmodell wie das der „Bounded Rationality“ lässt diese irrationalen, weil nicht rationalen, Faktoren außen vor334. Die meisten Handlungstheorien machen vor Intuition und Instinkt halt. Insofern ist danach zu fragen, wie sich intuitives Wissen evaluieren lässt und vor allem, in welchen 333 Bergson 1988, 49 „ (...) Er [der Geist] kann sich in die bewegliche Realität versetzen, sich der stetig wechselnden Richtung anpassen, kurz, sie intuitiv erfassen. Es ist dazu nötig, daß er sich bezwingt, daß er den Sinn der Operation, durch die er üblicherweise denkt, umkehrt, daß er unablässig seine Kategorien umkehrt oder völlig umarbeitet. Aber er wird so zu flüssigen Begriffen kommen, die fähig sind, der Realität mit all ihren Windungen zu folgen und sich der Bewegung des inneren Lebens der Dinge anzupassen.“ 334 Im analog verfahrenden Nervensystem des Menschen liegen, wie gezeigt, Intuitionen (zu komplex) oberhalb, Instinkte (zu basal) unterhalb der Schwelle, an der das Nervensystem Reize digital kodiert und als Informationen erfährt. 89 Kontexten sie sich bewährt bzw. pragmatisch unabdingbar ist. Denkbar wären in diesem Zusammenhang Untersuchungen des Verhaltens der Aktienanlieger an Börsen oder das Verhalten von Menschen in Extremsituationen, z.B. Wildnisaufenthalte fernab von zivilisatorischen Einflüssen. Pragmatisch gesehen geht es also letzten Endes darum, die Kriterien für das, was als „Wissen“ gesellschaftlich legitimiert ist, so zu erweitern, dass Erkenntnisformen höherer Hirnfunktionen wie der Intuition und als Mitteilungsverhalten beobachtbaren averbalen Wissen im wissenschaftlichen Lehrbetrieb systematisch modifiziert wird. Von Foerster335 plädiert denn auch dafür, den Wissenschaftsbegriff von „Science“ (lat. Sciencia – das Wissen) auf „Systemics“ umzustellen. Die Wissenschaft würde damit als eine stringente („systematische“) Methode beschrieben, als Möglichkeit der Modulation eines Wissens, das von jedem Individuum anders konstruiert und repräsentiert wird. Das wäre gewissermaßen ein Wandel von der Betonung des Gegenstandes und seiner Charakteristika zur Methode der Exploration kontingenter Sachverhalte. Ein solches Wissenschaftsverständnis ist dann auch in der Lage auszuhalten, Wissen und daraus abgeleitetes Handeln als etwas zu begreifen, was den Verstand übersteigen und sich dennoch bewähren kann. Es würde gerade die Geisteswissenschaften gesellschaftlich erheblich aufwerten, wenn sie eine erfahrungs- und anwendungsorientierte Ausbildung anbieten kann und das bedeutet hier, die Kognition in ihren Teilaspekten zu fördern336. Daran schließt sich die Frage an, welche Art oder Qualität von Erfahrungen Menschen dazu bringt, etwas wie ihre innere Stimme zu entdecken, ihr zu vertauen und auf sie zu hören. Es kann nicht der Sinn eines Studiums sein, die Schulzeit um einige Jahre zu verlängern. Wichtiger wäre es, die Kompetenz und Bereitschaft zu erlangen, Verantwortung zu übernehmen, Positionen zu besetzen. Es wäre auch eine Anerkennung des Umstandes, dass es heute praktisch häufig schon der Fall ist, dass nicht mehr auf multiple-choice getestetes Wissen abgestellt wird, sondern auf Kompetenz im Umgang mit Autoritäten, auf die Befähigung, den eigenen Standpunkt zu vertreten, die eigenen Interessen eigenständig zu verfolgen und sich eigene Ziele zu setzen und zu realisieren. Wenn Minsky „We have to learn not to learn what we learn.“ 337 fordert, lässt sich das im Anschluss an Wilber auch als ein „We have to learn to unlearn what we learn“ lesen. Es geht darum, dass 335 Siehe „Das Netz“ - Interview mit Heinz von Foerster. 336 Wilber bemüht in diem Kontext die Unterscheidung von Foersters zwischen den Systemics, also der Wissenschaft im Sinne von Analysen und Generierungen von Struktur auf der einen und dem erfahrungsorientierten Lernen, dem „gelebten Leben“ auf der anderen Seite. Es geht insofern darum, eine Balance zwischen beiden Bereichen herzustellen, Sachkenntnis und -kompetenz auf der einen, (Re-)Organisation von Erfahrungen auf der anderen Seite. 337 Artikel Marvin Minsky. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 23. Dezember 2007, 18:20 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Marvin_Minsky&oldid=40376577 (Abgerufen: 17. Februar 2008, 19:12 UTC). 90 Lernen (als Teil der Persönlichkeitsentwicklung) auf ganz unterschiedlichen Ebenen stattfindet und Annahmen und Überzeugungen von Zeit zu Zeit aktualisiert zu werden haben, um das sie verwendende System im Gleichgewicht zu halten. Es geht darum, das generalisierte Wissen in seinen Kontext zurückzustellen, um sich Offenheit, Unbefangenheit und Neugierde zu erhalten. V.6. Zusammenfassung „A plausible argument could be made that evolution is the control of development by ecology“338. Persönlichkeitsentwicklung bedeutet Lernen in einem fortwährenden Sozialisationsprozess, das selektiv und kontextgebunden verfährt. Entwicklung wird durch eine Erweiterung der Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten beobachtbar. Grundlage der Persönlichkeitsentwicklung und der sich daraus ergebenden Erweiterungen von Handlungs- und Erlebensspielräumen sind Wahrheit und Liebe als Kommunikationsmedien. VI. Quellenangaben Die Literaturangaben sind keineswegs repräsentativ und in keiner Weise umfassend. Auf viele der vorliegenden Quellen ist der Autor bei seiner systematischen Recherche gestoßen, die sich noch um einiges hätte ausdehnen lassen. In Anlehnung an das von Deleuze und Guattari (1977) beschriebene Rhizommodell hat der Autor die Quellen im Hinblick auf ihre thematische Relevanz und unter Einschätzung und Verweis auf ihren Gehalt und ihre mögliche Geltung verwendet. Bei ausgewählten Quellen findet sich ein Kommentar, der ihren thematischen Bezug nennt. Literatur: Adorno, Theodor (1996): „Gesammelte Schriften – Band 5 – Zur Metakritik der Erkenntnistheorie – Drei Studien zu Hegel“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Aitchison, Jean (1987): „Words in the Mind – An Introduction to the Mental Lexicon“. Blackwell. Oxford/Cambridge. 338 Van Valen zit durch Gould 1990, 1. 91 Althusser, Louis (1975): „Elemente der Selbstkritik“. VSA. Berlin (West). Andreas, Connirae/Andreas, Steven (1993): „Gewußt wie - Arbeit mit Submodalitäten und weitere NLP-Interventionen nach Maß“. Junfermann. Paderborn. Appiah, Kwame Anthony (2007): „Der Kosmopolit – Philosophie des Weltbürgertums“. Beck. Appiah geht hier ganz praktisch der Frage nach den Bedingungen kosmopolitischen Bewusstseins nach, das der Autor in Übereinstimmung mit Appiah als (zunehmend) zeitgemäß betrachtet. Austin, John L. (2002): „Zur Theorie der Sprechakte (How to do things with Words)“. Reclam. Stuttgart. Dieses Werk thematisiert allgemeine Sprachmodalitäten und zeigt damit, dass derlei Strukturen jeder sozialen Realität zugrundeliegen. Bachelard, Gaston (1978): „Die Philosophie des Nein – Versuch einer Philosophie des neuen wissenschaftlichen Geistes“. Heymann. Wiesbaden. Bachelard beherrschte es, nicht nur über den Rand der Philosophie, sondern über den Rand der Wissenschaften überhaupt zu blicken und Erkenntnisweisen zu beschreiben und erforschen, die nicht nur wissenschaftliche, sondern auch und vor allem personale Integrität erfordern. Bachelard, Gaston (1987): „Die Bildung des wissenschaftlichen Geistes – Beitrag zu einer Psychoanalyse der objektiven Erkenntnis“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Bachelard, Gaston (1988): „Der neue wissenschaftliche Geist“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Bachelard, Gaston (1988a): „Die Flamme einer Kerze“. Hanser Verlag. München/Wien. Bachelard, Gaston (1990): „Psychoanalyse des Feuers“. Fischer. Frankfurt/Main. Baecker, Dirk (2007): „Sozialisationsagentur Uni“. http://www.taz.de/1/zukunft/wissen/artikel/1/sozialisationsagenturuni/?src=SE&cHash=90479540a2 (21.01.08). 92 Baecker plädiert dafür, den Umgang mit Komplexität als Ziel universitärer Schulung stärker und eindeutiger in den Vordergrund zu rücken. Balke, Friedrich / Vogl, Joseph (1996): „Gilles Deleuze – Fluchtlinien der Philosophie“. Fink. München. Bateson, Gregory (1981): „Ökologie des Geistes – Anthropologische, psychologische, biologische und epistemologische Perspektiven“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Das Werk zeigt in exakter interdisziplinärer Arbeit zwischen „lockerem“ und „strengem“ Denken einen Ansatz, der auf Bezugnahme, Einbindung und Integration augenscheinlich sehr weit auseinanderliegender Bereiche abzielt. Bateson, Gregory (1997): „Geist und Natur – Eine notwendige Einheit“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Bateson, Gregory / Bateson, Mary C. (2002): „Wo Engel zögern – Unterwegs zu einer Epistemologie des Heiligen“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Beer, Stafford (1963): „Kybernetik und Management“. Fischer. Frankfurt/Main. Beer zeigt hier, dass erfolgreiche Führung nicht in einer Abkopplung, sondern in bestimmten Rückkopplungseinrichtungen besteht, die sich nicht auf den eigenen Verantwortungsbereich beschränken. Beer, Stafford (1969): „Management – Die Praxis der Unternehmensforschung“. Deutsche Verlags-Anstalt. Stuttgart. Benjamin, Walter (1955): „Schriften“. Daraus: „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“. 366-405. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Medien und Techniken, Mitteilungen und Informationen bilden fundamentale Bestandteile kommunikativer Kontexte und deren Wandel verändert auch die Kontexte, Entwicklungsbedingungen und Möglichkeiten der Persönlichkeit. Bergen, Ira-Astrid (2000): „Realität in den Geisteswissenschaften: Hermeneutikkritik und neurobiologisch fundierte Semiotik zur Darstellung und Analyse des mentalen Realitätsaufbaus 93 beim Lesen und Schreiben“. http://www.sbg.ac.at/hai/publikationen/realitaet_bergen.pdf (14.11.2004). Bergen stellt in ihrer Synthese aus semiotischer Theorie nach Peirce und neurobiologischer Forschung Sprach- und Weltaufbau als intentional erzeugt dar und betont die Wirkungen (und ihre Unterscheidungsformen) als evidente Wahrheit dieses so allgemeinen wie auch kreativen Vorganges. Berger, Peter L. / Luckmann, Thomas (1969): „Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit“. Fischer. Frankfurt/Main. Wahrheit wird in der von Berger und Luckmann vertretenen Wissenssoziologie zu einer besonderen Form innerhalb sozialer Konventionen und wirft insofern ein Licht auf Bedingungen und Grenzen wissenschaftlichen Arbeitens. Bergson, Henri (1912): „Schöpferische Entwicklung“. Diederichs. Jena. Bergson, Henri (1928): „Die seelische Energie – Aufsätze und Vorträge“. Diederichs. Jena. Bergson beschreibt in einem eher intuitiven als streng definiertem Rahmen Modalitäten unterschiedlicher Erkenntnisformen und -möglichkeiten. Bergson, Henri (1948): „Denken und schöpferisches Werden“. Westkulturverlag. Meisenheim. Bergson, Henri (1988): „Einführung in die Metaphysik“. Junghans-Verlag. Cuxhaven. Bergson, Henri (1989): „Zeit und Freiheit“. Athenaum. Frankfurt/Main. Borsboom, Ad (1998): „Mythen und Spiritualität der Aborigines“: Diederich. München. Bourdieu, Pierre (1987): „Die feinen Unterschiede – Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Inkorporationen, Habitualisierung und die wechselseitigen Determinierungen von Habitus und sozialem Feld als großen Themen dieses Bandes eröffnen eine differenzierte Sicht auf die Freiheiten und Beschränkungen der Persönlichkeit in ihrem sozialen Kontext. Brecht, Bertold (2006): „Geschichten vom Herrn Keuner“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. 94 Brentano, Franz (1982): „Deskriptive Psychologie“. Meiner Verlag. Hamburg. Bühl, Walter (1987): „Kulturwandel – Für eine dynamische Kultursoziologie“. Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Darmstadt. Kultur als sozialer und auch kommunikativer Kontext beeinflusst in seinen Wandlungsformen Entwicklungsbedingungen der an ihr partizipierenden Personen als ihrer Träger. Butler, Judith (1991): Das Unbehagen der Geschlechter. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Die Konstruktion, Verfremdung und Attribuierung von und zu Geschlechtern wirkt auf die Wahrnehmung des am anderen als anders Wahrgenommenen und bildet ein Kriterium für die Beobachtung von Persönlichkeitsentwicklung. Cassirer, Ernst (2001): „Philosophie der symbolischen Formen – Erster Teil – Die Sprache“. Meiner Verlag. Hamburg. Castaneda, Carlos (2000): „Der Ring der Kraft – Don Juan in den Städten“. Fischer. Frankfurt/Main. Castanedas Lehrer-Schüler-Gespräche brechen die Komplexität einer kommunikativ eingebundenen Persönlichkeitsentwicklung auf ein literarisch eingängiges Level. Campbell, Josef (1991): „Die Masken Gottes – Mythologie der Urvölker“. Sphinx. Basel. Camus, Albert (1992): „Die Pest“. Rowohlt. Hamburg. Das Verhalten von Personen in Extremsituationen bildet den Stand ihrer Entwicklung deutlich ab, wie Camus in diesem Roman zeigt. Canetti, Elias (1976): „Masse und Macht“. Hanser. Regensburg. Der Umgang mit und die Möglichkeit von Gewalt als Bedingung von Macht fordert eine auf diese Problematik abstellende Persönlichkeitsentwicklung heraus, da Macht den Selektionshorizont der Beteiligten verengt und Entwicklung im hier definierten Sinne immer auf eine Erweiterung der Wahlmöglichkeiten abzielt. Chomsky, Noam (2002): „Syntactic Structures“. De Gruyter. Berlin. 95 Chomskys Transformationsgrammatik kann neurowissenschaftlich als teilweise widerlegt gelten und dennoch dadurch Möglichkeiten für sprachlich-induzierte Veränderungen und Entwicklungen der Persönlichkeit bereitstellen, dass die Grammatik selbst eine Struktur für die Generierung unbegrenzter Ausdrucksmöglichkeiten und Inhalte und somit der Evidenz personaler Freiheit darstellt. Chott, Peter O. (1996): „Schulkonzepte zum „Lehren des Lernenes“ - Analysen zur Grundlegung und zur Revision von Lehrplänen“. Schuch. Weiden. Claßen, Norbert (1995): „Das Krebsprinzip – Zivilisation und Krankheit“. Nietsch. Freiburg. „Sinn“ als Medium von Bewusstsein und Kommunikation zeigt sich in Habitualisierungen und Inkorporationen und steht somit auch hinter gesellschaftlichen und persönlichen Symptomen und Krankheiten. Claßen, Norbert (2002): „Das Wissen der Tolteken – Carlos Castaneda und die Philosophie des Don Juan“. Nietsch. Freiburg. Zentral in diesem Sekundärwerk zu Castaneda stehen für eine Persönlichkeitsentwicklung relevante und förderliche (Re-)Interpretationsmöglichkeiten über den Umgang mit Personen und Situationen. Cohn, Ruth (2004): „Von der Psychoanalyse zur themenzentrierten Interaktion – Von der Behandlung einzelner zu einer Pädagogik für alle“. Klett-Cotta. Stuttgart. Ruth erkannte die Bedeutung von Irritationen/Störungen für die Entwicklung der Persönlichkeit und stellt in der von ihr begründeten „Themenzentrierten Interaktion“ deren Integration ins Zentrum. Csikszentmihalyi, Mihaly (2003): „Flow – Das Geheimnis des Glücks“. Clett-Kotta. Stuttgart. Die Identität und Einheit von Prozessen und Zuständen ist kommunikativ ebenso eingebunden wie die Persönlichkeitsentwicklung insgesamt. Daniel, Ute (2006): „Kompendium Kulturgeschichte – Theorien, Praxis, Schlüsselwörter“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Deleuze, Gilles / Guattari, Felix (1977): „Rhizom“. Merve. Berlin. Ein erfolgreicher Umgang mit Komplexität besteht nach Deleuze und Guattari in der Demut eines Lumpensammlers, der nach für sich Verwertbarem sucht und alles andere beiseite lässt. 96 Deligne, Alain (1998): „Eric Weil - Ein zeitgenössischer Philosoph: Einführung in das Werk, Anthologie von Erstübersetzungen aus dem Französischen nebst Erstveröffentlichung eines Typoskripts, Bibliographie“. Romanistischer Verlag. Bonn. Dennett, Daniel (1996): „Kinds of Minds – Toward an Understanding of Consciousness“. Basic Books, Inc. New York. Dennett spielt den Ball neurowissenschaftlicher Forschungen zur Erkenntnistätigkeit von Gehirnregionen und neuronal verknüpfter Konstellationen der konnektivistischen Sichtweise über die Beobachtung und Beschreibung unterschiedlicher Bewusstseinstätigkeiten und Erscheinungsformen zurück. Derks, Lucas (2005): „Social Panoramas – Changing the Unconscious Landscape with NLP and Psychotherapy“. Crown House Publishing. Carmarthen. Derrida, Jaques (1986): „Positionen – Gespräche mit Henri Ronse, Julia Kristeva, Jean-Louis Houdebine, Guy Scarpetta“. Böhlau. Graz/Wien. Derridas „differánce“ als Etablierung von Unterscheidungen, die Unterschiede machen und Kommunikationen ermöglichen wie limitieren, bildet einen integralen Bestandteil der Untersuchung von kommunikativen Faktoren der Persönlichkeitsentwicklung. De Saussure, Ferdinand (1967): „Grundfragen der Allgemeinen Sprachwissenschaft“ . De Gruyter. Berlin. De Saussures Unterscheidung von Lautbild und Bedeutung nimmt sich in einer Theorie des in das ursprünglich instrumentelle Handeln eingeschobenen Mitteilungsverhaltens in der gleichen Weise künstlich aus wie das Denken selbst als inversierter Mitteilungsoperationen und leistet einen grundlegenden Beitrag zur Kategorisierung von Mitteilungen in ihren spezifischen Modalitäten. Dethlefsen, Thorwald / Dahlke, Rüdiger (1990): „Krankheit als Weg – Deutung und Be-deutung der Krankheitsbilder“. Bertelsmann. München. Die personalen Manifestationen von gesellschaftlich angelieferten Sinn-Strukturen als Symptomen und Krankheiten lassen sich semantisch Entwicklungsmöglichkeiten dar. 97 transformieren und stellen somit Dorffner, Georg (1991): „Konnektionismus – Leitfäden der angewandten Informatik“. Teubner. Stuttgart. Der Konnektionismus erhebt nicht Wahrheiten, sondern effizient operierende Verknüpfungskonstellationen zum Kriterium erfolgreichen wissenschaftlichen Arbeitens, das sich auf personaler Ebene als Kriterium der Evaluierung von Persönlichkeitsveränderungen und entwicklungen einsetzen lässt. Dsi, Dschuang (1972): „Das wahre Buch vom südlichen Blütenland“. Anaconda. Köln/Düsseldorf. Durkheim, Emile (1984): „Die Regeln der soziologischen Methode“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Easton, David (1975): „A Re-Assessment of the Concept of Political Support“. In: „British Journal of Political Science 5“. S.435-453. Eccles, John C. / Robinson, Daniel N. (1985): „Das Wunder des Menschseins – Geist und Gehirn“. München. Piper. Eccles, John C. (1991): „Die Psyche des Menschen – Das Gehrin-Geist-Problem in neurologischer Sicht“. Piper Verlag. München. Eccles, John C. (1994): „Wie das Selbst sein Gehirn steuert“. Springer Verlag. Heidelberg. Erickson, Milton / Rossi, Ernest & Sheila (1976): „Hypnotic Realities – The Induction of Clinical Hypnosis and Forms of Indirect Suggestion“. Irvington Publishers, Inc.. New York. Erickson erkannte wie kaum ein anderer Möglichkeiten, den kommunikativen Kontext von Persönlichkeitsentwicklungen (mit-)zugestalten und wusste um die prinzipiell unbegrenzte Sensibilisierungsfähigkeit der eigenen Wahrnehmungsfunktion. Erickson, Milton / Rossi, Ernest (1979): „Hypnotherapy – An Exploratory Casebook“. Irvington Publishers Inc.. New York. Escher, M.C. (2006): „Graphik und Zeichnungen“. Taschen. Köln. Escher veranschaulicht in vielen seiner Werke die Paradoxien, mit denen sich das Bewusstsein fängt und händelt, um operationsfähig im Sinne der Konstitution und Aktualisierung von Kontexten 98 und Identitäten zu sein. Esser, Hartmut (1991): „Alltagshandeln und Verstehen – Zum Verhältnis von erklärender und verstehender Soziologie am Beispiel von Alfred Schütz und ´Rational Choice´“. Mohr (Paul Siebeck). Tübingen. Esser zeigt in seinem akteurszentrierten Handlungsmodell den internalisierten Kontext für die Konstitution von Handlungen auf, wodurch sich der kommunikative Kontext als systeminterne und systemexterne Umwelt der Persönlichkeit verdoppelt. Farrelly, Frank (1986): „Provokative Therapie“. Springer. Heidelberg. Farrelly geht von Irritationen und Störungen („Provokationen“) als Möglichkeit der Persönlichkeitsentwicklung aus und zeigt die Bedingungen ihrer Wirksamkeit in kommunikativen Zusammenhängen auf. Faulstich-Wieland, Hannelore (2000): „Individuum und Gesellschaft – Sozialisationstheorien und Sozialisationsforschung“. Oldenbourg. München. Die Sozialisation umfasst ganz allgemein den kommunikativen Kontext, innerhalb dessen Entwicklungen (im Sinne von „Mutationen“ bzw. positiven, also beobachtbaren, progressiven Veränderungen) stattfinden oder auch nicht (im Sinne negativen, konservativen Evoluierens als Stabilisierung von Kontinuität, als Affirmierung). Fisher, Roger / Ury, William / Patton, Bruce (1996): „Das Harvard-Konzept – Sachgerecht verhandeln – erfolgreich verhandeln“. Frankfurt. Campus Verlag. Die Gleichsetzung von Person und Position erzeugt Identität, die sich kommunikativ zerlegen lässt und damit die Wahlmöglichkeiten der Interakteure erweitert. Fleck, Ludwig (2002): „Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache – Einführung in die Lehre vom Denkstil und Denkkollektiv“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Fleck zeigt, dass Konventionen nicht nur Themen und Tabus vorgeben, sondern auch die Modalitäten ihrer Behandlung, die fälschlicherweise oftmals als „objektiv“ statt als kontingent angenommen werden. Förstl, Hans (2006): „Theory of Mind – Soziologie sittlichen Verhaltens – Neurologie und Psychologie sozialen Verhaltens“. Springer. Berlin. 99 Die Tätigkeit der Spiegelneuronen für den Aufbau von Metarepräsentationen als Fähigkeit, sich in Zustände, Dinge, Personen, Geschichten usw. hineinzuversetzen, ermöglicht ein Verstehen, dessen Tiefe prinzipiell keine Grenzen gesetzt sind. Foucault, Michel (1994): „Überwachen und Strafen – die Geburt des Gefängnisses“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Die gesellschaftlichen Disziplinierungstechniken ermöglichen den sozialen Zusammenhalt und schränken gleichzeitig die personalen Freiheiten erheblich ein, weshalb sich Persönlichkeitsentwicklung stets im Spannungsfeld interner und externer Dispositionen und Vorgaben vollzieht. Foucault, Michel (1994a): „Die Ordnung des Diskurses“. Fischer. Frankfurt/Main. Frisch, Max (1986): „Stiller“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Frischs Figuren veranschaulichen Persönlichkeitsentwicklung im Zuge einer Entfremdung vom sozialen Kontext und den dadurch induzierten Wirkungen auf deren Identität. Frisch, Max (1992): „Homo Faber“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Fromm, Erich (1984): „Die Kunst des Liebens“. Ullstein. Stuttgart. Fromm bringt das Lieben als Tätigkeit im Zuge einer Sinngebung des Lebens ins Spiel und ist ein, wenn nicht der wichtigste Faktor für den positiven Verlauf einer Persönlichkeitsentwicklung. Fuchs, Peter (1992): „Die Erreichbarkeit der Gesellschaft – Zur Konstruktion und Imagination gesellschaftlicher Einheit“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Die internalisierte Gesellschaft auf der einen, die externe Gesellschaft auf der anderen Seite stellen Schleusen der Anlieferung von Irritationen als Bausteinen der Persönlichkeitsentwicklung dar, die sich in ihrem Vollzug rückkoppelt und auf diese Weise wiederum die personalen Erwartungen anderer irritieren kann. Fuchs, Peter (1998): „Das Unbewußte in Psychoanalyse und Systemtheorie – Die Herrschaft der Verlautbarung und die Erreichbarkeit des Bewusstseins“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Das Bewusstein als Träger und mediales Substrat von Kommunikationsoperationen bildet das ab, was in der Kommunikation als Persönlichkeit beobachtet wird, nämlich einen dynamischen 100 Verbund aus assoziativ attribuierten Selbst- und Fremdreferenzen. Fuller, R. Buckminster / Applewhite, E. J.(1997): „Synergetics – Explorations in the Geometry of Thinking“. Macmillan Publishing Co.Inc. Estate of Buckminster Fuller (Online-Ausgabe). Persönlichkeitsentwicklungen lassen sich anhand des Auftretens von Synergie- und Ephemerisierungseffekten als ökologisch wirkenden Stabilisierungen beobachten. Gardner, Howard (1991): „Abschied vom IQ – Die Rahmen-Theorie der vielfachen Intelligenzen“. Klett-Cotta. Stuttgart. Intelligenz wird von Gardner zu einem multifaktoriell bedingten Konstrukt erklärt, das sich in vielen Bereichen des Lebens manifestieren kann. Gebser, Jean (1986): „Ursprung und Gegenwart – 1.Teil: Die Fundamente der aperspektivischen Welt – Beitrag zu einer Geschichte der Bewußtwerdung“. DTV. München. Gebser entwirft eine Art paradigmatisches Gesellschaftsmodell und leitet daraus gesellschaftliche Anschlussmöglichkeiten ab, die das gängige Verständnis von Persönlichkeitsentwicklungen zu beurteilen und erweitern in der Lage sind. Gebser, Jean (1986): „Ursprung und Gegenwart – 2.Teil: Die Manifestationen der aperspektivischen Welt“. DTV. München. Goffman, Erving (1977): „Rahmen-Analyse – Ein Versuch über die Organisation von Alltagserfahrungen“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Goffman demonstriert die Eingebundenheit von personalen Systemen in ihrem jeweiligen kommunikativen Kontext und zeigt Grundlagen eines Programmes der empirischen Analyse von Wahrnehmung, Kommunikation und Interaktion auf. Goodman, Nelson (1988): „Tatsache - Fiktion - Voraussage“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Gould, Stephen Jay (1988): „Der falsch vermessene Mensch“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Gould, Stephen Jay (1990): „Ontogeny and Cambridge/London. 101 Phylogeny“. Harvard University Press. Gould, Stephen Jay (1994): „Zufall Mensch – Das Wunder des Lebens als Spiel der Natur“. DTV. München. Gould macht klar, dass Evolution Kontingenz und Kausalität Notwendigkeit nach sich zieht und sich Entwicklungen somit entweder als kontingent oder als verursacht beobachten und darstellen lassen. Grof, Stanislav (1991): „Geburt, Tod und Transzendenz – Neue Dimensionen in der Psychologie“. Rowohlt. Hamburg. Grof geht davon aus, dass die Bedingungen der Persönlichkeitsentwicklung sowie die Spielräume ihrer Entfaltung bis vor die Geburt und bis nach dem Tod reichen. Grotowski, Jerzcy (2006): „Für ein armes Theater“. Alexander. Berlin. Die Arbeit an der bewussten Initiierung, Steigerung und Prozessierung von Zuständen und ihrer Gerinnung zu Erfahrungen betrachtete Grotowski als Bedingung echter Ausdruckskraft, an deren Stärke er die Qualität des Schauspiels maß. Haken, Hermann (1991): „Konzepte und Modellvorstellungen der Synergetik zum Gedächtnis“. Erschienen in: Schmidt, Siegfried J. (Hrsg.) (1991): „Gedächtnis – Probleme und Perspektiven der interdisziplinären Gedächtnisforschung“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Handke, Peter (1993): „Die Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Handke veranschaulicht die Repräsentationsweise menschlicher Erfahrung und ihre prinzipielle Austauschbarkeit und Strukturbedingtheit. Hardt / Negri (2003): „Empire“. Harvard University Press. London. „Empire“ zeigt, wie Machtverhältnisse in Gesellschaften organisiert werden und somit die Einflussmöglichkeiten des Einzelnen wie auch dessen Einschränkungen und Inanspruchnahme durch die Gesellschaft auf. Hawking, Stephen (1993): „Eine kurze Geschichte der Zeit – Die Suche nach der Urkraft des Universums“. Rowohlt. Hamburg. Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1999): „Wissenschaft der Logik II – Die subjektive Logik“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. 102 Heidegger, Martin (1960): „Sein und Zeit“ . Max Niemeyer Verlag. Tübingen. Heidegger separiert mit seinen „Existenzialen“ Aspekte des menschlichen Lebens, die für eine Definition und Beschreibung von Persönlichkeitsentwicklungen verwendbar sind. Hellinger, Bert (2000): „Religion – Psychotherapie – Seelesorge“. Kösel. München. Hellinger trägt durch sein profundes Wissen über Menschen und deren Einbindung in Familie, Gesellschaft und andere Systeme zur Erfassung der Reich- und Tragweite des kommunikativen Kontextes von Persönlichkeitsentwicklungen bei. Hellinger, Bert (2006): „Liebes-Geschichten zwischen Mann und Frau, Eltern und Kindern, uns und der Welt“. Kösel. München. Herrigel, Eugen (1964): „Zen in der Kunst des Bogenschießens“. Barth-Verlag. Weilheim. Der Philosoph Herrigel stellt hier einen Erfahrungsbericht über seine Persönlichkeitsentwicklung im Kontext des japanischen Zen vor. Hesse, Hermann (2004): „Sämtliche Werke – Band 4 - Der Steppenwolf/Narziß und Goldmund/die Morgenlandfahrt“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Viele Figuren Hesses finden sich im Verlauf der Rahmenhandlungen in größeren Kontexten des Lebens wieder und erfahren darin ihre Bestimmung. Hofstadter, Douglas (1979): „Gödel, Escher, Bach: an Eternal Golden Braid“. Basic Books, Inc. New York. Die Matrix als Symbol des in sich geschlossenen Zyklus zeigt Hofstadter in verschiedenen Erscheinungsformen wie Mathematik, Kunst und Musik und passt sich in das kybernetischkonstruktivistische Paradigma der Geschlossenheit von Nervensystemen ein. Holloway, John (2006): „Die Welt verändern, ohne die Macht zu übernehmen“. Westfälisches Dampfboot. Münster. Holloway betont, dass die Möglichkeiten der Einflussnahme und Gestaltung vor allem bei denen liegen, deren gesellschaftliche Funktionen nicht oder nur sehr allgemein bestimmt sind, womit sich die Macht vom Politiker zum Wähler, vom Wirtschaftskonzern zum Konsumenten usw. verlagert. 103 Holtstiege, Hildegard (1994): „Montessori-Pädagogik und soziale Humanität – Perspektiven für das 21. Jahrhundert“. Herder Verlag. Freiburg. Die Montessori-Pädagogik liefert den Ansatz intrinsischen Lernens als Bedingung der Möglichkeit einer positiven Sozialisation, die Autonomie und Gesellschaftsfähigkeit als zwei sich bedingende Aspekte einer Persönlichkeitsentwicklung begreift. Husserl, Edmund siehe Links: Artikel Eidetische Reduktion. Husserl hat mit seiner Phänomenologie einen epochalen Ansatz der Erforschung des Bewusstseins / der Persönlichkeit in ihren mannigfältigen Bezügen aufgestellt. Huntington, Samuel (1997): „Der Kampf der Kulturen – The Clash of Civilizations – Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert“. Europaverlag. München/Wien. Huxley, Aldous (1996): „Die Pforten der Wahrnehmung – Himmel und Hölle – Erfahrungen mit Drogen“. Piper. München. Huxleys Werk durchzieht ein tiefes Interesse an Persönlichkeitsentwicklung und gesellschaftlicher Aufklärung. James, William (2001): „Pragmatismus – Ein neuer Name für einige alte Denkweisen“. Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Darmstadt. Die Psychologie von James folgt einem induktiven Ansatz, der Modelle anhand ihrer Fähigkeit der folgerichtigen Beschreibung und darauf abstellenden Behandlung von personalen Entwicklungen bewertet. James, William (2006): „Pragmatismus und radikaler Empirismus“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Jaynes, Julian (1993): „Der Ursprung des Bewußtseins durch den Zusammenbruch der bikameralen Psyche“. Rowohlt. Hamburg. Online-Ausgabe unter: http://www.conspiracyresearch.org/forums/index.php?act=attach&type=post&id=347. Jaynes theoretische Annahme der bikameralen Psyche gilt als unwahrscheinlich, lenkt aber die Aufmerksamkeit auf unkonventionelle Erklärungmuster der Entwicklungsstadien des menschlichen Bewusstseins, die durchaus plausibel geschildert werden. Jung, Carl Gustav (1991): „Die Beziehungen zwischen dem Ich und dem Unbewußten“. DTV. 104 München. Den Ausgleich der „männlichen“ und „weiblichen“ Anteile des Menschen beschreibt Jung hier als Bedingung der Möglichkeit einer Äquilibration und Entwicklung („Individuation“) der „ManaPersönlichkeit“, die die gesellschaftlichen Rolleninteraktionen ohne Identitätsverhaftungen zu durchlaufen in der Lage ist. Kandel, Eric R. / Schwartz, James H. / Jessell, Thomas M. (1996): „Neurowissenschaften – Eine Einführung“. Spektrum. Berlin. Keifenheim, Barbara (2000): „Wege der Sinne – Wahrnehmung und Kunst bei den KashinawaIndianern Amazoniens“. Campus. Frankfurt/Main. Sowohl das Gemeinschafts- als auch das personale Konzept der Kashinawa-Indianer fallen im interkulturellen Vergleich aus dem Rahmen und verdeutlichen den kontingenten Charakter des „Selbstverständlichen“ in der Alltagskultur. King, Serge (1993): „Begegnung mit dem verborgenen Ich – Ein Arbeitsbuch zur Huna-Magie“. Aurum. Braunschweig. Kings Arbeiten zu einer hawaiianischen Ausgabe von Selbsterfahrungswegen sind gleichermaßen interessant wie wissenschaftlich fragwürdig. Klaus, Georg (1969): „Wörterbuch der Kybernetik“. Fischer. Frankfurt/Main. Knorr-Cetina, Karin (1984): „Die Fabrikation von Erkenntnis – Zur Anthropologie der Naturwissenschaft“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Knorr-Cetina verdeutlicht den konstruktiven, sozial bedingten Charakter von „Wissen“ und „Wahrheit“ im Kontext des naturwissenschaftlichen Wisssenschaftsbetriebs. Kohonen, Teuvo (1977): „Associative Memory – A system theoretical approach“. Springer Verlag. Berlin/Heidelberg. Kohonen liefert mit seinen assoziativ und intuitiv arbeitenden selbstorganisierenden (Mental)Karten ein kybernetisches Modell der Repräsentationstätigkeit des Geistes. Kohonen, Teuvo (2001): „Self-organizing Maps“. Springer. Heidelberg. 105 Korzybski, Alfred (2000): „Science and Sanity – An Introduction to Non-Aristotelian Systems and General Semantics“. Institute of General Semantics. New York. Korzybski entwirft in diesem Werk einen neuen Begriff „Objektiviät“, der von der Relativität und Einzigartigkeit des eigenen Standpunktes ausgeht und ihn begründet. Krishnamurti, Jiddu (1992): „LEBEN!“. Fischer. Frankfurt/Main. Kroeber, Alfred / Kluckhohn, Clyde (1952): „Culture - A Critical Review of Concepts and Definitions“. New York: Random House. Kuhn, Thomas (1962): „The Structure of Scientific Revolutions“. The University of Chicago Press. Chicago and London. Der kommunikative Kontext, innerhalb dessen sich die Persönlichkeitsentwicklung vollzieht, besteht aus einem Netz sich ergänzender und bestätigender Annahmen, die Kuhn am Beispiel der Wissenschaftsgeschichte analysiert und deren Substitution („Paradigmenwechsel“) veränderte Rahmenbedingungen für die betroffenen evoluierenden personalen Systeme darstellen. Laing, Robert D. (1972): „Das geteilte Selbst“. Kiepenheuer und Witsch. Köln. Laing erbringt hier eine phänomenologisch angelegte Beschreibung des schizophrenen Krankheitsverlaufes. Lakatos, Imre (1982): „Mathematik, empirische Wissenschaft und Erkenntnistheorie“. Vieweg & Sohn. Braunschweig/Wiesbaden. Lakatos, Imre (1982): „Die Methodologie der wissenschaftlichen Forschungsprogramme“. Vieweg & Sohn. Braunschweig/Wiesbaden. Lave, Jean/Wenger, Etienne (1991): „Situated Learning – Legitimate Peripheral Participation (Learning in Doing)“. Cambridge University Press. New York. Leary, Timothy (2006): „Info-Psychologie – Ein Handbuch für den Gebrauch des menschlichen Nervensystems gemäß den Instruktionen der Hersteller“. Phänomen-Verlag. Neuenkirchen. Anders als beispielsweise Maslow geht Leary nicht von Bedürfnishierarchien, sondern von Schaltkreishierarchien aus, die jeweils bestimmte Möglichkeiten des Umgangs mit den Bedürfnissen des Menschen und den Herausforderungen des Lebens eröffnen. 106 León-Portilla, Miguel (1969): „Pre-Columbian Literatures of Mexico“. University of Oklahoma Press. Norman. León-Portilla, Miguel (1988): „Time and Reality in the Thought of the Maya“. University of Oklahoma Press. Venture Drive. Lewin, Kurt (1935): „A Dynamic Theory of Personality“. McGraw-Hill. New York. Der Begründer der Gestalttheorie beschreibt hier Formen und Möglichkeiten von Persönlichkeitsentwicklung und ihrer Förderung in Interaktion und Kommunikation. Lewin, Kurt (1947): „Frontiers in Group Dynamics 1 – Concept, Method and Reality in Social Science“. Erschienen in der Zeitschrift „Human Relations“. Levinas, Emmanuel (1987): „Totalität und Unendlichkeit – Versuch über die Exteriorität“. Alber. Freiburg/München. Levinas „Philosophie des Anderen“ ist gerade angesichts der aktuellen Diskussionen über die Spiegelneuronentätigkeit als Lernbedingung insofern für das Thema Persönlichkeitsentwicklung interessant, als dass sich die Evidenz, Legitimation und Etablierung von personalen Entwicklungen immer auch aus der Art des Umganges mit den Mitmenschen ergibt. Levinas, Emmanuel (1988): „Wenn Gott ins Denken einfällt – Diskurse über die Betroffenheit von Transzendenz“. Alber. Freiburg/München. Levinas, Emmanuel (1996): „Gott, der Tod und die Zeit“. Passagen-Verlag. Wien. Lilly, John C. (1975): „Lilly on Dolphins – Humans of the Sea“. Doubleday. New York. Lillys Forschungsergebnisse, die teils bis an die Grenzen menschlicher Vorstellungskraft gingen, ordnen die Erfahrungen einer tiefen Selbstexploration, die er in den Bereichen der Delfinforschung, Partnerschaft und experimentellen Selbstversuchen unternahm. Linneweh, Klaus (1973): „Kreatives Denken – Techniken und Organisation innovativer Prozesse“. Verlag Nadolski. Karlsruhe. 107 Lorenz, Konrad (1975): Die Rückseite des Spiegels – Versuch einer Naturgeschichte menschlichen Erkennens. München. Piper. Eine menschliche Erkenntnisfähigkeit, die eine phylogenetische Errungenschaft ist, welche sich an Selektionsvorteilen ausrichtet, stellt sowohl Grundlage als auch Folge von Entwicklungen im Rahmen von Ontogenese und Sozialisation dar. Lotman, Jurij M. (1990): „Universe of the Mind - A Semiotic Theory of Culture“. I. B. Tauris & Co Ltd. London/New York. Lotmans „Semiosphären“ liefern eine prägnante Beschreibung der kultursemiotischen Bedingtheit von Persönlichkeitsentwicklungen in ihrem jeweiligen kommunikativen Kontext. Lotze, Rudolf Hermann (1879): „Metaphysik – Drei Bücher über Ontologie, Kosmologie und Psychologie“. Verlag von S. Hirzel. Leipzig. Lotze, Rudolf Hermann (1989): „Logik – Drittes Buch. Vom Erkennen (Methodologie)“. Meiner Verlag. Hamburg. Luhmann, Niklas (1983): „Legitimation durch Verfahren“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Luhmann beleuchtet hierbei den Zusammenhang der Legitimierung von gerichteten Entwicklungen bzw. Prozessen durch in bestimmter Weise angeordnete Verfahren, die ihrerseits auf Kommunikation basieren. Luhmann, Niklas (1988): „Macht“ . Suhrkamp. Frankfurt/Main. Luhmann, Niklas (1991): „Soziologische Aufklärung 3 – Soziales System, Gesellschaft, Organisation“. Westdeutscher Verlag. Opladen. Daraus: „Die Unwahrscheinlichkeit der Kommunikation“ . 25-35; „Temporalstrukturen des Handlungssystems : Zum Zusammenhang von Handlungs- und Systemtheorie“. 126-51; „Der politische Code: „Konservativ“ und „Progressiv“ in systemtheoretischer Sicht“. 267-87. Luhmann, Niklas (1992): „Die Wissenschaft der Gesellschaft“ . Suhrkamp. Frankfurt/Main. Luhmann, Niklas (1993): „Das Recht der Gesellschaft“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. 108 Luhmann, Niklas (1993a): „Gesellschaftsstruktur und Semantik“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Nicht nur bestimmen die kommunikativ angelieferten Unterscheidungsweisen, was sich dem Beobachter als Person und deren Entwicklung darstellt, sondern auch, was überhaupt als eine Entwicklung gilt. Luhmann, Niklas (1994): „Soziale Systeme“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Dem Werk wurden Gedanken über System- und Umweltbezüge, die Definition und Kopplung von Bewusstsein und Kommunikation und die Unterscheidung von Handeln und Erleben entnommen. Luhmann, Niklas (1994a): „Liebe als Passion - Zur Codierung von Intimität“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. „Liebe“ als Interaktionsmedium lässt die Konzeption eines darauf abstellenden dynamischen Prozesses zu, dem alle ökologisch immanenten möglichen Persönlichkeitsentwicklungen unterliegen. Luhmann, Niklas (1998): „Die Gesellschaft der Gesellschaft“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Die Gesellschaft als Kommunikationsgebilde liefert den Rahmen für die Konstruktion von Personen sowie der Konstitution, Entwicklung und Erweiterung der Persönlichkeit. Luhmann, Niklas (2000): „Die Religion der Gesellschaft“ . Suhrkamp. Frankfurt/Main. Die Herausforderung des menschlichen Lebens bezieht sich auf ein Navigieren im Unbekannten jenseits des sich seine Grenzen mitdiktierenden Wissens im Mysterium als letztlich unlösbarem Rätsel der Existenz. Luhmann, Niklas (2000a): „Organisation und Entscheidung“. Westdeutscher Verlag. Opladen. Personen sind, im Verlauf betrachtet, die Summe ihrer Entscheidungen, weshalb deren Organisation und Reorganisation eine pragmatische Beschreibung der Entwicklung der Persönlichkeit bietet. Luhmann, Niklas (2000b): „Vertrauen – Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität“. Lucius & Lucius. Stuttgart. Vertrauen, worin oder worauf auch immer gerichtet, ist ein Baustein jeder Entscheidung und als Teil des menschlichen Selbstbewusstseins auch des geistigen Wachstums. 109 Luhmann, Niklas (2002): „Das Erziehungssystem der Gesellschaft“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Erziehung/Pädagogik stellt die Asymmetrisierung einer auf Lernvorgänge abstellenden Kommunikationssituation dar und liefert einen spezifischen Kontext für die Unterscheidung von beabsichtigten und unbeabsichtigten Entwicklungen. Luhmann, Niklas (2005): „Soziologische Aufklärung I - Aufsätze zur Theorie sozialer Systeme“. VS – Verlag für Sozialwissenschaften. Wiesbaden. Luhmann, Niklas / Fuchs, Peter (2008): „Reden und Schweigen“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Die Wirkung kommunikativen Paradoxierens auf das Bewusstsein und die bei jeder psychischen Operation mitlaufende transzendente andere Seite schaffen nicht Bedingungen, aber Leerstellen oder Brüche, die Möglichkeiten für andersartige (mutierte) Selektionen von Anschlussoperationen ermöglichen und insofern Entwicklungen als Veränderungen in der Abfolge von Bewusstseinoperationen beschreiben. Lyotard, Jean-Francois (1986): „Das postmoderne Wissen – Ein Bericht“. Passagen. Graz/Wien. Wissen als für die Begründung eines Standpunktes verwertbare Informationsselektion hebt nicht die höchst kontingente Information selbst, sondern die Integrität des Standpunktes und die Motive des ihn beziehenden in den Bereich des wissenschaftlich zu prüfenden. Mach, Ernst (1968): „Erkenntnis und Irrtum – Skizzen zur Psychologie der Forschung“. Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Darmstadt. Mach hebt hier die Begrenzung des physikalisch Erforschbaren aufgrund der begrenzten Kapazitäten menschlicher Erkenntniskategorien hervor und koppelt diese im Umkehrschluss an die Wichtigkeit von personalem Wachstum für deren Erweiterung wie auch an die Aufforderung zur Demut vor dem Größeren, das die Erkenntnisfähigkeit des Menschen übersteigt. Maslow, Abraham (1991): „Motivation und Persönlichkeit“. Rowohlt. Hamburg. Maslow sichtet den Zusammenhang von Motivation und Persönlichkeitsentwicklung und differenziert dabei menschliche Bedürfnisse als Motivationsfaktoren und Strategien ihrer Bewältigung. Maturana, Humberto (1985): „Erkennen: Die Organisation und Verkörperung von Wirklichkeit“. Vieweg & Sohn. Braunschweig/Wiesbaden. 110 Maturanas Systemtheorie wirft ein Licht auf die Unterscheidungen, mit denen ein Beobachter Entwicklungen entdeckt und beschreibt und differenziert zwischen selbstreproduktiven, zyklischen und geschlossenen Entwicklungen, der „Autopoiesis“ auf der einen und offenen, linearen Entwicklungen (Prozessen, Maschinen usw.), der „Allopoiesis“, auf der anderen Seite. Maturana, Humberto (1994): „Was ist Erkennen ?“. Piper. München. Maturana, Humberto/Verden-Zöller, Gerda (1994a): „Liebe und Spiel - Die vergessenen Grundlagen des Menschseins“. Carl Auer Verlag. Heidelberg. Maturana hebt die Liebe in den Rang eines Kriteriums wirklicher Kommunikation zwischen Lebewesen und schließt Macht als Kommunikationsform aufgrund der Fremdbestimmungsleistung des Mediums aus. Maturana, Humberto R. (1995): „La realidad: ¿objetiva o construida? I. Fundamentos biológicos de la realidad“. Editorial Anthropos. Barcelona. Maturana, Humberto R. (1997): „Biologie des Erkennens: Vortrag während des Kongress "Visionen menschlicher Zukunft", Bremen 1997“ [Audiobook]. Auditorium. Hamm. Magee, Brian (1985): „Philosophy and the Real World – An Introduction to Karl Popper“. Open Court Publishing Company. Chicago. McLuhan, Marshall/Fiore, Quentin (1994): „Das Medium ist Massage“. Ullstein. Kommunikation als Medium der Katalysierung, Prozessierung und Legitimierung von Persönlichkeitsentwicklung zeigt die Bedeutung ihrer Modalisierung und Spezifizierung zur Steigerung der Wahrscheinlichkeit ihrer Annahme. McLuhan, Marshall (1992): „Die Magischen Kanäle – Understanding Media“. ECON Verlag. Düsseldorf. Mead, George H. (1987): „Gesammelte Aufsätze“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Mead zeigt mit seiner Konzeption des „Generalisierten Anderen“, wie das internalisierte soziale Panorama identitätssstiftend wirkt und baut darauf seine Sozialisationstheorie auf. 111 Merleau-Ponty, Maurice (1976): „Die Struktur des Verhaltens“. DeGruyter. Berlin. Merleau-Pontys körperbezogene Epistemologie zeigt, dass Erfahrungen als Elemente der Persönlichkeitsentwicklung etwas durch und durch Leibliches sind und sogar Gedanken und Intuitionen vom Menschen „verkörpert“ werden und sich auf die bloße Existenz des Leibes (als Medium) zurückführen lassen. Merleau-Ponty, Maurice (2003): „Das Auge und der Geist – Philosophische Essays“. Meiner Verlag. Hamburg. Metzinger, Thomas (2004): „Being No One – The Self-Model Theory of Subjectivity“. MIT Press. Cambridge. Metzinger zeigt, dass sich die menschliche Identität in bloße Kategorien des Handelns zerlegen lässt und daher eher als Orientierungsfunktion denn als Entität zu behandeln ist. Meynig, Tilman (2003): „Kommunikations- und Systemtheoretische Grundlagen von Konflikten und ihrer Behandlung in Mediationsverfahren“. http://www.grin.com/de/fulltext/kul/28626.html (26.01.08). Meynig, Tilman (2005): „Neurobiologische Grundlagen von Sozialisationsprozessen und ihre Entsprechungen in Soziologie und Systemtheorie“. http://www.grin.com/de/fulltext/kul/28632.html (26.01.08). Meynig, Tilman (2005a): „Der erkenntnistheoretische Ansatz der ´Evolutionären Epistemologie`“. http://www.grin.com/de/fulltext/kul/28633.html (26.01.08). Miller, George A. / Galanter, Eugene / Pribram, Karl H. (1991): „Strategien des Handelns – Pläne und Strukturen des Verhaltens“. Klett-Cotta. Stuttgart. Milton, John (1985): „Das Verlorene Paradies“. Rütten und Loening. Berlin. Mindell, Arnold (1987): „Der Leib und die Träume – Prozeßorientierte Psychologie in der Praxis“. Junfermann. Paderborn. Mindell wirft einen Blick auf die basalen Ebenen der Konstruktion und Transformation personaler Realitäten und die Möglichkeiten der Bespielbarkeit des Bewusstseins zwischen Ereignis und 112 Kommunikation. Mindell, Arnold (1992): „Traumkörper und Meditation – Arbeit an sich selbst“. Patmos. Düsseldorf. Mindell, Arnold (2004): „24 Stunden luzid träumen – Techniken, um den nichtdualistischen, träumenden Hintergrund der Alltagsrealität wahrzunehmen“. Via Nova. Petersberg. Minsky, Marvin (1994): „Mentopolis“. Klett-Cotta. Stuttgart. Minsky entwirft ein Modell der psychischen Wirklichkeit als Aushandlungsprozess und Zusammenwirken verschiedener Elemente, die zusammen die „Society of Mind“ (engl. Titel) bilden und deren jeweilige Gewichtung über den Verlauf der Persönlichkeitsentwicklung entscheidet. Müller, Heiner (1998): „Die Gedichte“ . Suhrkamp. Frankfurt/Main. Musil, Robert (1992): „Der Mann ohne Eigenschaften“. Rowohlt. Hamburg. Natorp, Paul (1974): „Sozialpädagogik“. Schöningh. Paderborn. Natorp, Paul (1985): „Pädagogik und Philosophie“. Schöningh. Paderborn. Natorp, Paul (1994): „Platos Ideenlehre“. Meiner Verlag. Hamburg. Neus Werner (2003): „Einführung in die Betriebswirtschaftslehre aus institutionenökonomischer Sicht“. Mohr Siebeck. Tübingen. Nizon, Paul (1999): „Untertauchen – Protokoll einer Reise“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Oevermann, Ulrich (1995): „Ein Modell der Struktur von Religiosität - Zugleich ein Strukturmodell von Lebenspraxis und von sozialer Zeit“. In: Wohlrab-Sahr, Monika (Hrsg.), „Biographie und Religion - Zwischen Ritual und Selbstsuche“. Campus. Frankfurt/Main. Orwell, George (2007): „1984“. Ullstein. Stuttgart. 113 In Orwells Roman werden Möglichkeiten der Persönlichkeitszerstörung evaluiert, was ein Licht wirft auf das, was vom Menschen bleibt, wenn er seiner Würde und seines Selbstrespektes beraubt wird – ein Mensch. Parsons, Talcott (1976): „Zur Theorie sozialer Systeme“. Westdeutscher Verlag. Opladen. Parsons AGIL-Modell der Persönlichkeits- und Sozialebenen ergänzt sich hervorragend zu Piagets Assimilations- und Akkomodationsschemata. Paulson, Ivar (1960): „Seelenvorstellungen und Totenglaube bei nordeurasischen Völkern“. In: Schmitz, Carl August (Hrsg.) (1964): „Religions-Ethnologie“. Akademische Verlagsgesellschaft. Frankfurt/Main. Peirce, Charles S. (1991): „Vorlesungen über Pragmatismus“. Meiner Verlag. Hamburg. Die Semiotik nach Peirce ist in der Lage, den systemtheoretischen Kommunikationsbegriff (als Semiose) zu erklären und liefert auch eine Beschreibung möglicher Wirkungen durch in dieser Weise klassifizierter Zeichen und eignet sich somit für eine allgemeine Beschreibung von Kommunikationsvorgängen. Pestalozzi, Hans A. (1979): „Nach uns die Zukunft – Von der positiven Subversion“. Kösel. München. Petri, Helmut (1950): „Kult-Totemismus in Australien“. Erschienen in: Schmitz, Claus August (Hrsg.) (1964): „Religions-Ethnologie“. Akademische Verlagsgesellschaft. Frankfurt/Main. Piaget, Jean (1967): „Biologie und Erkenntnis – Über die Beziehungen zwischen organischen Regulationen und kognitiven Prozessen“. S.Fischer Verlag. Frankfurt/Main. Piaget erörtert hier die biologischen und psychologischen Bedingungen und Gestaltungsspielräume menschlicher Entwicklungen, wie auch ihre Grenzen und Beschränkungen. Popper, Karl (1997): „Vermutungen und Widerlegungen – Das Wachstum der wissenschaftlichen Erkenntnis“. Mohr (Siebeck). Tübingen. Popper, Karl R. / Eccles, John C. (1991): „Das Ich und sein Gehirn“. Piper Verlag. München. Es wird hier ein interdisziplinärer Ansatz vorgestellt, wie sich Erkenntnisse der Neurobiologie 114 (Eccles) und der Philosophie verbinden lassen, der zeigt, dass Natur- und Geisteswissenschaften sich ergänzen und verstärken können, wenn Vertreter beider Disziplinen eine gemeinsame Sprache entwickeln. Prigogine, Ilya (1992): „Vom Sein zum Werden – Zeit und Komplexität in den Naturwissenschaften“. Piper. München. Prigogine stellt zeitinvariante Strukturen, das „Sein“, der Irrversibilität von Prozessen, dem „Werden“ gegenüber und liefert damit ein wesentliches Kriterium der Identifikation von Entwicklungen – deren Irreversibilität. Putnam, Hilary (1999): „Repräsentation und Realität“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Radnitzky, Gerard / Bartley, W. W. (1993): „Evolutionary Epistemology, Rationality, and the sociology of knowledge“. Peru (Illinois). Open Court. Rapoport, Anatol (1972): „Bedeutungslehre – Eine semantische Kritik“. Darmstädter Blätter. Darmstadt. Reich, Wilhelm (1989): „Charakteranalyse“. Kiepenheuer und Witsch. Köln. Reich geht von einer Inkorporation von Triebstrukturen aus, die den charakterlichen Ausdruck und das Verhalten formen („Charakterpanzer“), weshalb sich Persönlichkeitsentwicklung primär nicht im kommunikativen Kontext, sondern in der Körpertherapie vollzieht. Rickert (1986): „Kulturwissenschaft und Naturwissenschaft“. Reclam. Stuttgart. Robbins, Anthony (2004): „Grenzenlose Energie – Das Power Prinzip – Wie Sie Ihre persönlichen Schwächen in positive Energie verwandeln“. Ullstein. Stuttgart. Dieser Ratgeber nennt die Zuordnung von Repräsentationsmodi zu Augenmustern, verrät aber nicht seine Quellen. Rorty, Richard (1980): „Philosophy and the Mirror of Nature“. Princeton University Press. Princeton, New Jersey. Rorty misst Prozeduren und Verfahren wie das wissenschaftliche Arbeiten an ihrem normativen Anspruch, an ihrer Zielsetzung und regt dazu an, Entwicklungen an einer unscharfen oder auch 115 expliziten Zielvorgabe / Ausrichtung zu legitimieren. Rorty, Richard (1995): „Contingency, irony and solidarity“. Cambridge University Press. New York. Roth, Gerhard (2003): „Fühlen, Denken, Handeln – Wie das Gehirn unser Verhalten steuert“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Sanchez, Victor (1996): „Die Lehren des Don Carlos – Praktische Anwendung der Lehren Carlos Castanedas“. Synthesis. Essen. Sanchez geht von der Persönlichkeitsentwicklung Wirkung aus und tiefer, kritisiert „unkonventionaler“ die ausschließlich Erfahrungen rational für die verfahrenden Wissenschaften. Sartre, Jean-Paul (1994): „Gesammelte Werke – Philosophische Schriften I – Der Existentialismus ist ein Humanismus – Materialismus und Revolution – Selbstbewußtsein und Selbsterkenntnis“. Rowohlt. Hamburg. Sartres Manifest des Existentialismus als Humanismus zeigt die Möglichkeit einer Ethik auf, die nicht wie Religionen an Mythen, sondern vielmehr direkt an eine Gemeinschaftsbildung gekoppelt ist, die auf der Selbstbestimmung der an ihr Partizipierenden basiert. Schah, Idries (1996): „Die Sufis – Botschaft der Derwische, Weisheit der Magier“. Diederichs Verlag. München. Schelling, Thomas (1960): „Versuch über das Aushandeln“. In Bühl, Walter L.(Hrsg.), (1972): „Konflikt und Konfliktstrategie – Ansätze zu einer soziologischen Konflikttheorie“. Nymphenburger Verlagshandlung. München. Schiepek, Günter (1991): „Systemtheorie der Klinischen Psychologie – Beiträge zu ausgewählten Problemstellungen“. Vieweg. Braunschweig/Wiesbaden. Schindehütte, Albert (1993): „Album für Alice – Eine Huldigung für Lewis Carroll und „Alice im Wunderland““. Gutenberg. Hamburg. 116 Scholz, Oliver R. (2004): „Bild, Darstellung, Zeichen – Philosophische Theorien bildlicher Darstellung“. Klostermann. Frankfurt/Main. Schröder, Dominik (1955): „Zur Struktur des Schamanismus“. Erschienen in: Schmitz, Carl August (Hrsg.) (1964): „Religions-Ethnologie“. Akademische Verlagsgesellschaft. Frankfurt/Main. Scotus, Johannes Duns (2002): „Die Univozität des Seienden – Texte zur Metaphysik“. Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen. Searle, John R. (1983): „Sprechakte – Ein sprachphilosophischer Essay“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Kommunikation besteht nach Searle immer aus intentional gerichteten Sprechakten, mit denen die Welt geordnet (gerichtet) wird und die somit auch bestimmen, in welche Richtung die eigene Entwicklung verläuft und wie sie geordnet und interpunktiert wird. Searle, John R. (1986): „Geist, Hirn und Wissenschaft“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Searle, John R. (1987): „Intentionalität – Eine Abhandlung zur Philosophie des Geistes“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Searle, John R. (2004): „Geist, Sprache und Gesellschaft – Philosophie in der wirklichen Welt“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Serres, Michel (1964): „Das Kommunikationsnetz Penelope“. Erschienen in: Engell, Lorenz (Hrsg.): „Kursbuch Medienkultur – die massgeblichen Theorien von Brecht bis Beaudrillard“. DVA. Stuttgart. Serres, Michel (1987): „Der Parasit“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Shannon, Claude E. / Weaver, Warren (1963): „The Mathematical Theory of Communication“. University of Illinois. Urbana/Chicago. Simon, Fritz B. (1984): „Der Prozess der Individuation – Über den Zusammenhang von Vernunft und Gefühlen“. Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen. 117 Skinner, Burrhus Frederic (1998): „Walden Two“. Prentice Hall. New Jersey. Smithson, Michael (1988): „Possibility Theory, Fuzzy Logic, and Psychological Explanation“. In Zétényi, Tamás (Hrsg.): „Fuzzy sets in psychology“. Amsterdam. Sokal, Alan / Bricmont, Jean (1998): „Eleganter Unsinn – Wie die Denker der Postmoderne die Wissenschaften mißbrauchen“. C.H.Beck. München. Spencer-Brown, George (1997): „Gesetze der Form“. Bohmeier Verlag. Lübeck. Mit Spencer-Browns mathematischem Kalkül lässt sich die Unterscheidungen prozessierende Tätigkeit des Nervensystems in einer Weise beschreiben, in der sich Entwicklungen als Abfolgen von Unterscheidungen und Veränderungen in den Abfolgen der Unterscheidungen präzise beobachten und darstellen lassen. Schulz von Thun, Friedemann (1996): „Miteinander Reden – Allgemeine Psychologie der Kommunikation“. Rowohlt. Hamburg. Ein kommunikativer Kontext, der auf Persönlichkeitsentwicklung abstellt, ist in besonderer Weise gefordert, die vier Seiten der Kommunikation nach Schulz von Thun zu berücksichtigen. Sunzi (2001): „Die Kunst des Krieges“. Droemer Knaur. München. Tart, Charles (1985): „Bewußtseinszustände und zustandsspezifische Wissenschaften“. In: Walsh, Ronald N. / Vaugham, Francis E. (Hrsg.): „Psychologie in der Wende“. Scherz. Bern. Nach Tart ist die Welt und das Selbst eine Abfolge von Zuständen des operierenden personalen Systems, deren Erscheinungsweise durch den Zustand (die jeweilige „Trance“) eingefärbt bzw. determiniert ist. Thiel, Svenja / Widder, Wolfgang (2003): „Konflikte konstruktiv lösen – Ein Leitfaden für die Teammediation“. Wolters Kluwer. München. Tholen, Georg C. (2002): „Die Zäsur der Medien – Kulturphilosophische Konturen“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. 118 Tholen, Georg C. (2005): „Medium, Medien“. In: Roesler, Alexander / Stiegler, Bernd (Hrsg.): „Grundbegriffe der Medientheorie“. Fink. Stuttgart. Tibi, Bassam (1995): „Krieg der Zivilisationen – Politik und Religion zwischen Vernunft und Fundamentalismus“. Hoffmann und Campe. Hamburg. Tibi plädiert für die Unterscheidung von Werthaltungen und Einstellung auf der einen und jeweiliger kultureller, religionsspezifischer und nationaler Ausprägungen auf der anderen Seite, womit die Unterscheidung nach Werten quer durch alle Gesellschaften und nicht mehr zwischen Gesellschaften (Nationen, Religionen usw.) verläuft. Tibi, Bassam (1999): „Die neue Weltunordnung – Westliche Dominanz und islamischer Fundamentalismus. Propyläen. Berlin. Tibi, Bassam (2002): „Die fundamentalistische Herausforderung – Der Islam und die Weltpolitik“. C.H. Beck. München. Turner, Victor (1982): „Vom Ritual zum Theater – der Ernst des menschlichen Spiels“. Campus. Frankfurt/Main. Riten sind eine besondere und wirkungsvolle Form der Ausrichtung von personalen und sozialen Entwicklungen, welche evolutionär angelegte Prozesse auf kommunikativer Ebene imitieren. Turner, Victor (2000): „Das Ritual – Strktur und Anti-Struktur“. Campus. Frankfurt/Main. Van Gennep, Arnold (1909): „Die Übergangsriten“. Erschienen in: Schmitz, Carl August (Hrsg.) (1964): „Religions-Ethnologie“. Akademische Verlagsgesellschaft. Frankfurt/Main. Van Gennep zeigt, dass die Herstellung von Sinnzusammenhängen im Ritual auf besonderen Zuschreibungsweisen der Wirkung transzendenter Kräfte beruht. Vitebsky, Piers (1998): „Schamanismus – Reisen der Seele – Magische Kräfte – Ekstase und Heilung“. Knaur. München. Der Schamanismus rückt die Persönlichkeitsentwicklung sowohl bei der Initiation, Stellung und Aufgabe des Schamanen wie auch bei den von ihm Behandelten an zentrale Stelle. Von der Leeuw, Gerardus (1956): „Macht und theoretisierte Macht“. Erschienen in: Schmitz, 119 Claus August (1964). Akademische Verlagsgesellschaft. Frankfurt/Main. Von Foerster, Heinz (1985): „Sicht und Einsicht – Versuche zu einer operativen Erkenntnistheorie“. Vieweg. Braunschweig/Wiesbaden. Von Glasersfeld (1992): „Wissen, Sprache und Wirklichkeit – Arbeiten zum Radikalen Konstruktivismus“. Vieweg. Braunschweig/Wiesbaden. Von Glasersfeld (1995): „Radical Constructivism – A Way of Knowing and Learning“. Falmer Press. London/Washington. Von Weizsäcker, Carl-Friedrich (2002): „Carl Friedrich von Weizsäckers Wanderungen ins Atomzeitalter - Ein dialogisches Selbstporträt“. Mentis. Paderborn. Von Weizsäcker betrachtet es als Teil seiner eigenen Entwicklung, dass Menschen auch für die von ihnen nicht explizit beabsichtigten Folgen ihrer Handlungen (mit)verantwortlich sind. Walter, Katya (1992): „Chaosforschung, I Ging und Genetischer Code – Das Tao des Chaos“. Diederichs. München. In der ostasiatischen Philosophie wie auch in Teilbereichen der Physik stehen weniger Entwicklungen als Zyklen im Fokus, woraus sich ein Bild von stabilen Entwicklungen als Wiederkehr von Mustern in Variationen ergibt. Watts, Alan (2002): „Zen Zen – Die Weisheit des Nichtstuns. Herder. Freiburg. Watts löst in seiner Zen-Philosophie nicht nur Kategorien der Identität, sondern mit ihr auch der Welt auf, die er beide als sprachlich verursacht wie auch als sprachlich dekonstruierbar betrachtet, was die Fragilität des kommunikativen Kontextes aufzeigt und Entwicklungen als Folge sprachlichen Operierens erscheinen lässt. Watts, Alan (1995): „Das Tao der Philosophie“. Theseus. Berlin. Watzlawick, Paul (1974): „Menschliche Kommunikation – Formen, Störungen, Paradoxien“. Verlag Hans Huber. Bern. Watzlawicks Ansatz geht konform mit dem Thema dieser Studie, dass Persönlichkeitsentwicklungen in ihrem kommunikativen Kontext stattfinden und auch davon 120 abhängen. Watzlawick, Paul (1985): „Münchhausens Zopf oder Psychotherapie und „Wirklichkeit“. Piper. München. Weber, Max (1968): „Die drei reinen Typen der legitimen Herrschaft“. In: „Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre“. Mohr (Siebeck). Tübingen. Weber, Max (1993): „Die protestantische Ethik und der „Geist“ des Kapitalismus“. Mohr (Siebeck). Tübingen. Weinbach, Christine (2004): „Systemtheorie und Gender – Das Geschlecht im Netz der Systeme“. VS Verlag. Wiesbaden. Die Genderforschung demonstriert wie kaum ein anderer wissenschaftlicher Zweig die kommunikative Determination von Sachverhalten, in ihrem Fall des biologischen Geschlechtes, dessen soziale Kontextualisierung eine Art traditionsbezogen legitimierter Kategorienfehler darstellt. Whitehead, Alfred North (1987): „Prozeß und Realität – Entwurf einer Kosmologie“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Whitehead zeigt, dass Erkenntnis sich immer prozessual, in Entstehung und Entwicklung vollzieht und die Erkennung von Wahrheit(en) eine Frage der Ausrichtung des Apriori ist. Wicklund, Robert. A. / Gollwitzer, Peter. M. (1985): „Symbolische Selbstergänzung“. In Frey, Dieter / Irle, Martin (Hrsg.): „Theorien der Sozialpsychologie. Band 3: Motivations- und Informationsverarbeitungstheorien“. (S. 31-55). Hans Huber. Bern. Wilber, Ken (2001): „Integrale Psychologie – Geist – Bewußtsein – Psychologie – Therapie“. Arbor Verlag. Freiamt. Wilber betrachtet die Würdigung und Einbeziehung sehr unterschiedlicher Modelle und theoretischer Ansätze in eine „integrale“ Synthese als eine Aufgabe der Wissenschaft wie auch als Möglichkeit der Erweiterung und Entwicklung des eigenen Horizontes. Wilber, Ken (2006): „Integral Spirituality – A Startling New Role for Religion in the Modern and 121 Postmodern World“. Integral Books. Boston & London. Wilson, Robert Anton (1993): „Der neue Prometheus – Die Evolution unserer Intelligenz“. Rowohlt. Hamburg. Das Schaltkreismodell des Bewusstseins von Leary und Wilson geht nicht von Entwicklungen, sondern von Quantensprüngen zwischen den Schaltkreisen aus, die sich durch Gewohnheiten stabilisieren lassen. Wittgenstein, Ludwig (1984): „Tractatus logico-philosophicus – Tagebücher 1914-1916 – Philosophische Untersuchungen“. Suhrkamp. Frankfurt/Main. Nach Wittgenstein ist das möglich, was sprachlich möglich ist, weshalb der kommunikative Kontext die Möglichkeiten von Entwicklungen vorgibt. Yao, Zhihua (2005): „The Buddhist Theory of Self-Cognition“. Routledge. London/New York. Ziegler, Jean (2007): „Das Imperium der Schande – Der Kampf gegen Armut und Unterdrückung“. Pantheon. München. Ziegler behauptet, dass sich die zivilisatorische Entwicklung des Menschen insgesamt am Schicksal der Situation der jeweils schwächsten Menschen und Gesellschaften messen lassen muss und sich im Zuge der wirtschaftlichen Globalisierung auch der Verantwortungsbereich nicht auf das Personale und Nationale reduzieren lässt. Links: http://www.kuwi.euv-frankfurt-o.de/de/index.html (19.11.07) „Kulturdefinition nach Cassirer“. http://www.stelarc.va.com.au (30.01.08) „Stelarc“. http://www.wikipedia.de: Artikel Aktualgenese. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 1. Februar 2006, 17:00 UTC. 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