Isis/IS – Wer oder was ist der IS? - Überblick ‚Der islamische Staat im Irak und in (Groß-)Syrien‘) ist eine seit 2003 aktive dschihadistischsalafistische Terrororganisation. Die Machtbasis des IS bildet eine Gruppe von ehemaligen Offizieren der irakischen Armee, die zu Dschihadisten geworden sind. Sie war und ist in verschiedenen Staaten unter anderem mit Anwerbung von Mitgliedern, Bombenanschlägen und Beteiligung an Bürgerkriegen aktiv. Sie wurde 2014 in Deutschland durch das Bundesministerium des Innern verboten, da sich ihre Tätigkeit gegen die verfassungsmäßige Ordnung sowie gegen den Gedanken der Völkerverständigung richte. Nach militärischer Eroberung eines zusammenhängenden Gebiets im Nordwesten des Irak und im Osten Syriens rief sie am 29. Juni 2014 einen als Kalifat bezeichneten Staat aus. IS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi regiert diesen nach seiner eigenen Vorstellung über einen „Islamischen Staat“ als selbsternannten Kalif. Damit ist der Anspruch auf die Nachfolge des Propheten Mohammed als politisches und religiöses Oberhaupt aller Muslime verbunden, wobei die absolute Mehrheit der islamischen Welt einen Widerspruch zwischen den Handlungen der IS und denen des Propheten Mohammed sieht und deshalb Al-Baghdadi als Khalifen ablehnt. Die Organisation hat ihren Ursprung im irakischen Widerstand und bekannte sich anfangs zu alQaida, von deren Führung sie sich etwa Mitte 2013 gelöst hat und mit der sie seitdem in zunehmend deutlicher Konkurrenzbeziehung steht. IS kämpft im syrischen Bürgerkrieg gegen die Regierung von Präsident Baschar al-Assad, aber zugleich auch gegen die Freie Syrische Armee sowie gegen die kurdische Minderheit im Norden des Landes und sie löste auch eine politische Krise aus. Seit August 2014 sind IS-Truppen Ziele US-amerikanischer Luftangriffe, an denen sich seit September mehrere westliche und arabische Staaten beteiligen. Vom UN-Weltsicherheitsrat sowie unter anderem von den Regierungen der Vereinigten Staaten, des Vereinigten Königreichs, Australiens und Deutschlands wird sie als terroristische Vereinigung eingestuft. Muslimische Gelehrte lehnen das IS-Kalifat ab und verfassten einen offenen Brief an den IS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi und distanzierten sich von der Vorgehensweise der Organisation. Der Großmufti Saudi-Arabiens Abd al-Aziz bin Abdullah Al asch-Schaich nannte ISIS und al-Qaida „Feinde Nummer eins des Islams“unter anderem deshalb, da selbst in einer Kriegssituation Zivilisten, Frauen und Kinder nicht angegriffen werden dürften. Seit Ende Juni 2014 nennt sich die Organisation nur noch Islamischer Staat. 1. Organisation Finanzierung Die Gruppe finanziert sich vermutlich durch Spenden aus Katar, Kuwait, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Zusätzliche Einnahmen erzielt sie, indem sie Rohöl aus eroberten Ölfeldern, antike und islamische Fundstücke aus Raubgrabungen an archäologischen Fundstellen und der Plünderung von Museen sowie Frauen als „Bräute“ verkauft, indem sie „Steuern“ und „Zölle“ erhebt und bei Geiselnahmen Lösegeld (und anderes) erpresst. Archäologische Funde werden in den Westen geschmuggelt und hier mit gefälschten Papieren in den Kunsthandel gebracht, wo Sammler oft hohe Preise zahlen. Führungsstruktur Neben dem „Kalifen“ Abu Bakr al-Baghdadi stehen mit Adnan al-Sweidawi („Abu Ali al-Anbari“) für Syrien und Fadel al-Hayali („Abu Muslim al-Turkmani“) für den Irak zwei weitere „Regierungsvertreter“ an der Spitze der Organisation IS. Fünf „Gouverneure“ regieren in Syrien, sieben weitere im Irak. Die Führung des IS besteht aus neun Räten: dem Führungsrat, dem SchuraRat, dem Rechtsrat, dem Sicherheitsrat, dem Hilfsrat für Kämpfer, dem Militärrat, dem Geheimdienstrat, dem Medienrat und dem Finanzrat. Mitglieder Schätzungen des US-Außenministeriums vom Mai 2013 bezifferten die Truppenstärke des IS im Irak mit 1000 bis 2000, Schätzungen eines Irak-Experten der Friedrich-Naumann-Stiftung vom Juni 2014 gehen jedoch von 10.000 bis zu 15.000 Mann aus. In Syrien wurde die Anzahl der Kämpfer von ISIS je nach Quelle auf 3000 bis 8000 geschätzt. Im August 2014 berichtete der Leiter der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman, von 50.000 Mann, die mittlerweile in Syrien kämpfen – 20.000 davon seien aus dem Ausland, laut Schätzungen der EUKommission sind 2000 davon aus Europa. Der Sprecher des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, Ryan Trapani, sagte im September 2014, er gehe von 20.000 bis 30.000 Kämpfern aus. Eine Reihe von Anführern des IS waren Häftlinge im US-amerikanischen Gefängnis Camp Bucca im Südirak. Ein großer Teil der ISIS-Führung stammt aus dem Irak, die Kämpfer dienten früher als Offiziere unter Saddam Hussein und wurden aus irakischen Gefängnissen kurzfristig wieder freigelassen. Der Chef der Al-Qaida Zawahiri distanzierte sich im Februar 2014 von der ISIS. 2. Ideologie Gründungsmanifest Mitte Oktober 2006 wurde in einem Video von einem anonymen Vertreter des ISIInformationsministeriums eine Gründungserklärung des Islamischen Staates verlesen. Als politische Begründung für die Ausrufung eines Staates wurde angeführt, dass die Sunniten, anders als die Kurden im Norden und die Schiiten im Süden, noch immer nicht über ein eigenes Staatswesen verfügten, sondern weiter unter Fremdherrschaft leben müssten. Zur religiösen Begründung wurde auf einen Spruch des Propheten Mohammed im Hadith verwiesen, dass Muslime von einem Muslim regiert werden müssen. Als wichtigste politische Ziele wurden bereits damals die Vertreibung aller "Invasoren" und "Aggressoren" aus dem Irak und nachfolgend die Schaffung von Frieden und Sicherheit, die buchstabengetreue Ausführung der Scharia und damit einhergehend die gerechte Verteilung der Resourcen des Landes an alle Gläubigen genannt. Anfang 2007 veröffentlichte ISI eine neunzigseitige Schrift mit dem Titel Benachrichtigung der Gläubigen über die Geburt des Islamischen Staates. Darin wurde durch Berufung auf Koranverse und Stellungnahmen berühmter mittelalterlicher sunnitischer Staatsgelehrter versucht, die Rechtmäßigkeit der Staatsgründung im Sinne des sunnnitischen Rechtsverständnisses nachzuweisen. Die Bestimmung des Staatsführers solle durch "Usurpation durch Unterwerfung mit dem Schwert" (Recht des waffenstärksten Bewerbers auf die Führungsposition im Krisen- oder Streitfall) erfolgen. Da aus sunnitischen Quellen nicht abzuleiten ist, wie groß das Territorium sein muss, auf dem ein Islamischer Staat ausgerufen werden darf, gilt aus der Sicht des ISI, dass dies überall dort ist, wo seine Kämpfer öffentlich mit Waffen auftreten. Scharia In seinem Herrschaftsgebiet führte der IS einen auf der Scharia und dem „klassischen“ Wahhabismus basierenden „16-Punkte-Katalog“ ein, der das öffentliche und private Leben massiv normiert. Demnach sind der Konsum und Verkauf von Alkoholika, Drogen und Tabakwaren ebenso untersagt wie das Tragen von Waffen, das Abhalten von Versammlungen, „Götzen-Bildnisse“ und „Schreine“. Frauen müssen „züchtig-bedeckende Kleidung“ tragen und gemeinhin zuhause bleiben. Verlautbarungen in Moscheen unterliegen der Zensur.Umgang mit Abweichlern Beobachtet wurde, dass der IS gegen Muslime anderer Glaubensrichtungen eine rigorose Version der islamischen Praxis des Takfīr anwendet: Alle „Abweichler“ (z. B. die Schiiten) sind demnach „Ungläubige“ bzw. „Gottesleugner“ (Kāfir), werden als „todeswürdig“ eingestuft und getötet, wenn sie sich im Machtbereich des IS aufhalten. Sklaverei Beim Vormarsch im Sommer 2014 vertrieb der IS die jesidische Bevölkerung im Nordirak und nahm einen großen Teil gefangen. In seinem Propagandamagazin „Dabiq“ (im Oktober 2014) erklärt der IS, dass sein „Ziel die kulturelle und religiöse Auslöschung der Identität der Jesiden ist“. Offensichtlich in Ermangelung islamischer Gelehrter hätten Scharia-Studenten die Jesiden nicht als ehemalige muslimische Sekte eingestuft, sondern als eine heidnische Religion aus vorislamischer Zeit, somit als Muschrik (Götzendiener, also eine abwertende Bezeichnung für Polytheisten). „Nach islamischem Recht sei man damit auch berechtigt, jesidische Frauen und Kinder zu versklaven.“ Der Artikel mit dem Titel „Die vorzeitige Wiedergeburt der Sklaverei“ führt weiter aus, dass man Frauen und Kinder unter den Kämpfern des islamischen Staates aufgeteilt habe, „‚nachdem ein Fünftel von ihnen der Regierung des Islamischen Staates als Steuer übergeben wurde.‘“ Nach Berichten geflohener Mädchen gehört es zur Praxis in allen vom IS besetzten Territorien, junge Frauen und ältere Mädchen (ab neun Jahren) als „Sexkonkubinen“ zu versklaven. Ausländische Anhänger der Milizen werden mit Frauen versorgt. Der Sexhandel wird als fromme Bekehrung verkauft. Verschiedene Menschenrechtsorganisationen gehen von 2500 bis 7000 Verschleppten aus. Umgang mit behinderten Menschen Seit mehreren Jahren wird festgestellt, dass die Terrororganisation körperlich oder psychisch kranke Menschen entführt und sie anschließend „benutzt“, um Selbstmordattentate durchzuführen. 3. Entwicklung – Auszüge und Überblick Die Organisation wurde 2003 bzw. Anfang 2004 von Abu Musab az-Zarqawi gegründet Da Zarqawi (damaliger Führer) im Oktober 2004 offiziell al-Qaida und Osama bin Laden die Treue schwor (baiʿa) und bin Laden am 27. Dezember 2005 die Gruppe anerkannte sowie Zarqawi zu seinem Stellvertreter im Irak erklärte, war die Organisation seitdem eher als al-Qaida im Irak (AQI) bekannt. Die vor allem in Bagdad und westlich von Falludscha aktive Organisation bekannte sich von Anfang an dazu, Angriffe (Bombenanschläge, Ermordung von Geiseln) auf Zivilisten (Beamte, ausländische Hilfsarbeiter) durchzuführen; später zählte sie auch Parteien und alle am demokratischen Prozess Beteiligten als legitime Ziele für Anschläge. In einem auf den 9. Juli 2005 datierten Brief Aiman az-Zawahiris an Abu Musab az-Zarqawi erklärte Zawahiri u. a. die Wichtigkeit des Irak-Kriegs für den weltweiten Dschihad, dass der Krieg nicht mit dem Abzug amerikanischer Truppen enden werde, die zumindest zeitweilige Notwendigkeit der Unterstützung durch die Volksmassen, die Forderung nach politischen Aktionen, die Einsicht, dass mehr als die Hälfte des Konflikts in den Medien ausgetragen werde. Die IS änderte ihre Strategie weg von Entführungen und einzelnen Ermordungen Anfang 2005 hin zu spektakulären Anschlägen (vor allem Bombenattentate in Bagdad sowie West- und Nordirak mit über 700 Toten im Jahr 2005). Diverse dschihadistische Gruppen schlossen sich der Terrororganisation an. Im Oktober 2006 benannte sich die Organisation in ad-dawla al-islāmīya fī l-ʿirāq (ISI, Islamischer Staat im Irak) um; seitdem wird ISI von einem Kabinett geleitet, in dem Masri Kriegsminister wurde. Gleichzeitig wurde der Islamische Staat ausgerufen, der als sunnitisches Territorium Bagdad sowie die Gouvernate al-Anbar, Diyala, Salah ad-Din, Kirkuk, Ninawa und Teile von al-Wasit und Babil umfassen sollte. Ab 2007 verübte ISI Attentate in vielen Städten des Irak mit tausenden von Toten. Im Zuge des Arabischen Frühlings, orientierte sich ISI ab 2011 über den Irak hinaus auch in andere Regionen, insbesondere als Akteur im syrischen Bürgerkrieg. ISIS wurde laut einem Spiegelartikel von der Türkei hierbei jahrelang unterstützt. Anfang Oktober 2013 gaben verschiedene aufständische Organisationen im Irak Verlautbarungen heraus, in denen sie sich von ISI distanzierten und deren Taktiken verurteilten. In der zweiten Jahreshälfte 2013 baute ISIS seine Präsenz in der irakischen Stadt Mossul aus, wo die Organisation Berichten zufolge 8 Millionen US-Dollar Schutzgeld pro Monat eintrieb! zugehörige Gruppierungen. Im November 2013 gab ISIS bekannt, in Syrien ein Ausbildungslager für minderjährige Kämpfer zu unterhalten, die jüngsten davon zehn Jahre alt. Im selben Monat begannen die Vereinigten Staaten auf eine entsprechende Anfrage Malikis während eines Staatsbesuchs im Vormonat, HellfireRaketen und Überwachungsdrohnen zur Bekämpfung von ISIS in den Irak zu schicken. Am 19. Dezember 2013 veröffentlichte Amnesty International einen Bericht, demzufolge ISIS in Syrien Geheimgefängnisse unterhält, in denen systematisch Folterungen, Auspeitschungen und spontane Ermordungen durchgeführt werden. Wegen der Massenverhaftungen und Ermordungen seitens ISIS unter den syrischen Aktivisten und Rebellen, der extremen Islamauslegung sowie der mangelnden Beteiligung an Kämpfen gegen das Regime wurde ISIS von zahlreichen Rebellengruppen unterstellt, von Kräften des Regimes unterwandert zu sein und gegen die Revolution zu arbeiten. Islamischer Staat (Juni 2014 bis heute) Mit der Ausrufung eines Kalifats am 29. Juni 2014 nennt sich die Organisation nur noch Islamischer Staat. Mitte November 2014 gab der IS in einem Statement bekannt, eine eigene Währung auf Basis von Gold- und Silbermünzen einzuführen. Das Ziel sei es, sich der „Gewaltherrschaft des Finanzsystems“ zu entziehen und „Muslime von einem globalen Wirtschaftssystem [zu] entlassen, das auf satanischem Wucher basiere“. Mitte November 2014 wurden Auswertungen interner IS-Dokumente veröffentlicht, die belegen, dass der IS sich bemüht, staatsähnliche Strukturen aufzubauen. Die Unterlagen beziehen sich fast ausschließlich auf den Irak. Demzufolge seien Sozialleistungen (Krankenversicherung, Heiratsbeihilfen und Unterstützungszahlungen) für die Familien getöteter oder inhaftierter Kämpfer initiiert worden. Die Kosten für das Sozialsystem, die dort aufgeführt wurden, überstiegen bisweilen die Ausgaben für den Ankauf von Waffen. Aus den Unterlagen ergibt sich ferner, dass alle neun IS-Provinzen über einen eigenen Etat verfügen, allein der Bezirk Bagdad-Nord gab danach im November 2013 genau 493.200 Dollar aus. Das Material zeigt auch, dass zwischen den ISProvinzen zudem ein Finanzausgleich stattfindet, bei dem reiche Bezirke an ärmere Zahlungen leisten. Laut dem deutschen Politikwissenschaftler Peter R. Neumann, Professor am Londoner King's College, setze der IS, vermutlich mehr als jede andere Terrororganisation vor ihr, ganz systematisch den Terror als Mittel der Kriegsführung ein: „Diese Dokumente bestätigen im Prinzip, dass diese gesamte Organisation eigentlich viel rationaler und viel durchdachter ist, als wir uns das bisher vorgestellt haben.“ Für die Bundesregierung analysierte der Bundesnachrichtendienst: Anders als al-Qaida biete der IS das Leben in einem Kalifat. Dies mache den IS für Muslime in aller Welt hochattraktiv und sei einer der Gründe, warum der IS „eine größere Herausforderung für die westliche Staatengemeinschaft“ darstelle als al-Qaida. (Basis: wikipedia-Artikel)