USA 2012 - Harley-Rolf

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Reisetagebuch über die Motorradtour
durch 11 Staaten des Süd- und Nordwestens der USA
vom 6. Juni bis 9. Juli 2012
- zurückgelegte Meilen 7.930 (12.767 km) –
Text: Uschi Agboka
Fotos: Rolf Kummer – www.harley-rolf.de
2. Teil
23. Juni bis 9. Juli 2012
Colorado, Nebraska, South Dakota, North Dakota, Montana, Idaho, Wyoming
Samstag, 23. Juni 2012
18. Tag
Hastings, Nebraska
Grand Hotel
Greeley / Akron / Swanson Lake / Benkelmann / Massacre Canyon Battlefield / McCook / Hastings
Gefahrene Meilen: 372 (599 km)
6 Uhr schellt der Wecker. Wir frühstücken ein letztes Mal mit Monika und Josef, ehe diese um 7.30 Uhr mit
dem Shuttle Bus nach Denver fahren. Sie fliegen zurück nach Deutschland und wir begeben uns auf den 2.
Teil unserer Tour. Heute haben gab es wieder Horrornachrichten im Fernsehen: Ein Bus ist in Kroatien
verunglückt, 8 Tote. Ein bekannter Fußballcoach, 60 Jahre alt, steht vor Gericht, er soll 45 Jungen
missbraucht haben. Ihm drohen bis zu 58 Jahre Haft. Die mex. Drogenkartelle (Umsatz 2011: 29 Billionen
Dollar!) haben in den letzten Jahren 84 Journalisten umgebracht. Jemand hat ein Picasso-Gemälde
beschädigt. Die Europäer beschuldigen die USA, an der Finanzkrise schuld zu sein, die Amis sind empört
und schieben die Schuld auf die Banken. Ihr seht, wir halten uns auch in den Ferien auf dem Laufenden.
Allerdings sollte man bei diesen schlechten Nachrichten besser abschalten.
Rolf holt das Motorrad und wir starten so gegen 10 Uhr. Zunächst fahren wir den HW 34 East, Richtung
Fort Morgan. Zunächst geht es durch grünes Farmland, welches einen starken Kontrast zu der verbrannten
Erde bildet. Der Winter war nur kurz, mit wenig Schnee/Wasser, darum ist alles verbrannt, was nicht
bewässert wird. Ab Fort Morgan fahren wir durch die Plains, weites Land, verbrannt, öde, bei 40 Grad. In
dem hübschen Städtchen Akron machen wir um 11.45 Uhr Halt. Akron liegt an der Kreuzung HW 34 und
Colorado State Route 63. Ab Akron geht es durch riesige landwirtschaftliche Flächen, die Strecke ist
ziemlich langweilig. In Wray machen wir einen nächsten Stopp, bei mehr als 40 Grad. Wir müssen viel
trinken. 13.30 Uhr fahren wir über die Grenze nach Nebraska. Unterwegs sehen wir einige Öl- oder
Gasbohrer inmitten der Landschaft. Um 14 Uhr trinken wir Kaffee und Eiskaffee in Benkelman, einem
kleinen Nest, Kosten 1,61 Dollar! Man sieht, dass wir hier nicht in einer Touristengegend sind. In Nebraska
herrscht Helmpflicht für Motorradfahrer. Wir fahren grundsätzlich nie ohne Helm, man hat nur einen Kopf.
Wir fahren am Lake Swanson vorbei, einem riesigen Stau-See, der ein wichtiges Naherholungsgebiet ist.
Wir kommen durch Trenton, passieren das Denkmal des Massacre Canyon Battlefield.
Die Massacre Canyon Schlacht fand am 5. Aug. 1873 statt. Es war eine der letzten großen Schlachten
zwischen den Pawnee und den Sioux auf dem Gebiet der heutigen USA. Es kam zur Schlacht als eine
Gruppe von über 1.000 Kriegern der Oglala/Brule Sioux die ca. 700 Pawnee Indianer angriffen, die auf
Sommer-Büffel-Jagd waren. Es waren ca. 350 Männer und 350 Frauen und Kinder. 69 Pawnee wurden
getötet. Diese Schlacht veranlasste die Pawnee, ihre Heimat zu verlassen und in ein Indianer-Reservat nach
Oklahoma zu ziehen.
Da es heute furchtbar heiß ist, machen wir einen nächsten Halt in McCook an einer Tankstelle, ich muss
was Kühles trinken und meine Füße bewässern. Auch in Arapahe und Holdrege stoppen wir. Ich lege mir
einen feuchten Lappen auf meine Knie, denn ich scheine einen Sonnenbrand durch die Lederhose zu
bekommen. Die Hose war ein Fehlkauf. Über Minden – es gibt dort viele deutsche Namen, kommen wir um
18.30 Uhr in Hastings an, nach 8 ½ Stunden und 599! Kilometern. Dieser Tag, von heute Morgen 10 Uhr
bis heute Abend, war ein Horror für mich, da immer mehr als 40 Grad heiß. Da macht mir das
1
Motorradfahren keinen Spaß mehr. Zu allem Überfluss haben wir heute mind. 21 tote Tiere gesehen, Rehe,
Stinktiere, Füchse etc. Das bedrückt mich immer sehr.
Das Grand Hotel in Hastings ist sehr schön und sauber. Die nette Inderin schenkt uns bei Ankunft ein kühles
Wasser, das haben wir nötig. Während Rolf zum Einkaufen fährt, dusche ich kühl, ich bin fix und fertig.
Rolf hat gleich einen Großeinkauf für 2 Tage getätigt: Brot, Möhren, Tomaten, Bananen, Äpfel, Leberwurst,
Lachs in der Dose, Marshmallows, Bier und Wein. Nach dem Essen sitzt Rolf vor dem Zimmer, raucht
seine Zigarre und schaut den Glühwürmchen zu. Ich hab mich ins Bett verzogen, muss erst mal wieder zu
mir kommen.
Sonntag, 24. Juni 2012
19. Tag
Wall, South Dakota
Super 8
Hastings / Grand Island / Broken Bow / Loup River / Niobrara Scenic River mit Bryan-Bridge / Valentine
National Wildlife Refuge / Sandhills / White River / Wall
Gefahrene Meilen: 410 (660 km)
Da wir kein Frühstück im Hotel bekommen, sind wir schon um 6.20 Uhr unterwegs. Hastings ist zwar eine
ziemlich große Stadt, aber sehr schön, gepflegte Häuser und Gärten. Es finden sich riesige Baumalleen in
den Wohngebieten. Schon bei unserem ersten Besuch in Nebraska vor Jahren ist uns aufgefallen, dass hier
vieles gepflegter ist als in anderen Bundesstaaten im Westen der USA.
Hastings, heute ca. 25.000 Einwohner, wurde im Jahr 1872 gegründet, als die Burlington & Missouri River
Railroad den Ort erreichte. Namensgeber der Stadt war Colonel Thomas D. Hastings, der für die St. Joseph
& Denver Railroad arbeitete und der maßgeblich daran beteiligt war, dass sich die Eisenbahnlinien an der
Stelle der heutigen Stadt vereinigten, was zu einem raschen Wachstum des Ortes führte. Im Jahre 1927
wurde in Hastings das Getränk Kool-Aid von Edwin Perkins erfunden und 2007 gewann die Stadt den
Wettbewerb „Greenest City in America“.
Da Rolfs Badelatschen den Geist aufgegeben haben, statten wir dem WalMart einen kurzen Besuch ab, um
neue zu kaufen. Es sind 21 Grad, die wir nach den mehr als 40 Grad gestern als kühl empfinden. Auf dem
HW 34 East fahren wir bis Grand Island, ca. 43.000 Einwohner. Auch dieser Ort ist sehr gepflegt und wir
sehen viele schöne Häuser und Gärten mit blühenden Blumen. Die Stadt ist ein bedeutendes Zentrum der
Fleischerzeugung in den USA. Gegründet wurde sie 1857 von deutschen Siedlern, die aus Davenport in
Iowa kamen. Am 3. Juni 1980 wurde Grand Island von einem kräftigen Superzellengewitter getroffen. Im
Laufe des Abends wurde die Stadt von insgesamt sieben Tornados verwüstet, von denen der stärkste die
Stufe F4 auf der Fujita-Skala erreichte. Das Unwetter verursachte den Tod von fünf Personen. Die Stadt ließ
die Trümmer der Häuser verbrennen und die Asche vergraben. So entstand der im Volksmund sogenannte
„Tornado Hill“. Ein Tornado (Wind- oder Wasserhose), in den USA auch Twister genannt, ist ein
kleinräumiger Luftwirbel in der Erdatmsphäre. Der Wirbel erstreckt sich durchgehend vom Boden bis zur
Wolkenuntergrenze. Diese Definition geht auf Alfred Wegener zurück - deutscher Meteorologe, Polar- und
Geowissenschaftler.
Wir verlassen den HW 34 und folgen dem HW 2 West über Cairo, Ravenna, Hazard bis Broken Bow, dort
wollen wir das Visitor Center besuchen, leider ist es geschlossen. Die Landschaft ist sehr grün, es gibt viele
kleine Wälder und riesige Felder. Wir jedoch die letzten 2 Stunden durch eine Nebelwand gefahren. Broken
Bow, ca. 3.500 Einwohner, ist wichtige Verladestation für Vieh, Heu und Getreide. Ich habe gesehen, wie
ein Farmer ein Reh erschossen hat, welches in seinen Feldern „wilderte“. Am Straßenrand gab es auch
einige tote Rehe zu sehen. Der Norden Nebraskas ist sehr schön, hügelig, sehr grün, mit Wäldern und
Flüssen, die viel Wasser führen. Der Loup River ist ein ca. 109 km langer Nebenfluss des Platte River. Loup
= Wolf leitet sich von den Pawnee ab (Wolfsvolk), die einst an seinen Ufern lebten. Der Loup River und
seine Nebenflüsse werden die „Loups“ genannt, insgesamt 2.898 km lang. Eine zeitlang begleiten wir einen
Zug, 129 Waggons, 2 Loks vorne, 2 Loks hinten. Die Lokführer winken freundlich zu uns herüber. Auf dem
HW 83 North fahren wir über Thedford nach Valentine und dann weiter Richtung South Dakota. Bei einem
Tankstopp treffen wir andere nette Biker und zwei junge Mädchen, die uns von ihrem Wochenendausflug
berichten.
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Valentine liegt am Niobrara Scenic River, am nördlichen Rand der Sandhills. Der Niobrara River ist ein ca.
914 km langer Nebenfluss des Missouri-River. Wir schauen uns die Bryan-Bridge an, eine Ausleger(Cantilever)Fachwerkbrücke aus Stahl, entworfen von Josef Sorkin, gebaut 1932. Sie wird im National
Register of Historic Places geführt. Ein interessantes Bauwerk.
Die Sandhills sind eine Region mit einem Mix aus Gras und Prairie, auf durch Gras stabilisierten Sanddünen
in Nord-Zentral-Nebraska. Diese Landschaft bedeckt mehr als ein Viertel des Staates. Der WWF bezeichnet
die Sandhills als Öko-Region, nach ihrer Einschätzung sind 85 % der Fläche ein intakter natürlicher
Lebensraum, der höchste Stand in den Great Plains in USA. Die Sandhills galten lange aus unbrauchbare
Wüste. Im 19. Jh. entdeckten Viehzüchter die Gegend als Weideland für Langhornrinder. Der sandige
Boden war ungeeignet für den Anbau von Nutzpflanzen und so scheiterten die Versuche, hier Farmen
aufzubauen. Heute gibt es ca. 500.000 Rinder, die hier weiden. Die Sandhills sind das größte und
komplizierteste Feuchtgebiet in den USA. Es gibt hier eine riesige Bandbreite von pflanzlichem und
tierischem Leben. Hier leben Maultierhirsche, Kojoten, Rotfüchse, wilde Truthähne, verschiedene
Fledermausarten. In den zahlreichen Teichen und Seen leben unzählige Fischarten. Die Seen liefern auch
das Wasser für das Vieh in der Region. In einigen alkalischen Seen finden sich verschiedene Arten von
Garnelen. Die Sandhills sind auch Heimat von mehr als 720 verschiedenen Pflanzen, einige der Pflanzen
trugen mit dazu bei, dass sich die Sanddünen gefestigt haben. Gute Landbewirtschaftung und verbesserte
Weidepraktiken durch die Viehzüchter haben bewirkt, dass die Erosion im Laufe der Zeit zurückging und
die natürliche Landschaft weitgehend intakt bleibt. Die Sandhills ist auch Heimat vieler Insekten wie
Libellen, Heuschrecken, Spinnen und Mücken. Zugvögel nutzen die Gewässer zum Ausruhen und Kraniche,
Gänse und verschiedene Entenarten sind überall zu finden. Zurzeit wird darüber diskutiert, ob eine Pipeline
durch das Naturschutzgebiet gebaut werden darf.
Um 12 Uhr erreichen wir South Dakota und fahren durch die Lakota Indianer Reservation. In White River,
einem kleinen Örtchen, trinken wir Kaffee. Auf dem Highway sind riesige Trucks unterwegs, die große
Landmaschinen transportieren. Sie bringen diese Maschinen jeweils dahin, wo gerade geerntet wird. Wir
fahren weiter auf dem HW 83 bis Murdo, dort nehmen wir die Interstate 90 West. An einer Rest-Area, wo
mal wieder vor giftigen Klapperschlangen gewarnt wird, machen wir Pause. Wir können die Uhr eine
Stunde zurück stellen. Es ist 14.30 Uhr. Um 15.30 Uhr erreichen wir Wall, nach ca. 9 Stunden. Das Hotel ist
super. Nachdem Rolf geduscht hat, geht er seine Emails checken und macht es sich dann im Garten bequem.
In der Zwischenzeit wasche ich unsere Sachen, dusche und auch meine Haare haben eine Wäsche nötig.
Unser heutiges Dinner besteht aus Brot, Leberwurst, Sardinen, Thunfisch, Möhren. Dazu alkoholfreies Bier
bzw. argentinischen Weißwein. Nach dem Essen wandern wir zum historischen Wall Drug, die Geschichte:
Es war 1931, Dorothy und Ted Hustead kauften den einzigen Drugstore der Stadt, die nur 326 Einwohner
hatte und deren Geschäfte schlecht liefen. Ted war Apotheker und Dorothy Lehrerin. Sie verliebten sich in
den kleinen Ort und gaben sich 5 Jahre, den Laden in Schwung zu bringen. Mount Rushmore stand kurz vor
der Vollendung. Aber die Kunden blieben aus und es wurde 1936 und die Geschäfte liefen weiter schlecht.
Doch dann hatte Dorothy die Idee: Die Besucher, die aus der heißen Prairie kamen, was verlangten die als
erstes? Wasser, denn sie waren durstig. Eiskaltes Wasser! Und Eis und Wasser hatten sie genug. So kam
Dorothy auf die Idee, eiskaltes Wasser kostenlos anzubieten. Und die Idee trug Früchte, denn die Leute
hielten nicht nur für Wasser, sondern kauften Eiscreme und viele andere Dinge. Und so wurden in den
nächsten Jahren 8 Mädchen für den Verkauf eingestellt. Und Wall wuchs zu einer Besucherzahl von 20.000
Menschen im Sommer an, Einwohner jedoch nur 850. Heute ist Wall Drug ein einziges riesiges Geschäft
(Kaffee 5 Cent) mit Restaurants, Shops jeder Art und Fun. Überall hängen Originalbilder der alten Zeiten
und die Preise sind niedriger als sonst irgendwo. Dorothy starb im November 1955 und Ted starb im Januar
1999. Ihr Sohn Bill starb leider zu früh im Oktober 1999. Aber Bill’s Frau, Majorie übernahm die Führung
und 2 ihrer Söhne und deren Frauen arbeiten und leiten heute das riesige gut florierende Unternehmen. Und
auch heute gibt es das Eiswasser gratis!
Leider hat sich hier vieles zum Nachteil verändert, wir sehen viel China-Ramsch-Ware, was uns nicht
gefällt. So machen wir nur einen Spaziergang durch die Geschäfte und fotografieren. Gemütlich wandern
wir zum Hotel zurück und liegen um 20.30 Uhr im Bett und sehen fern. Heute waren wir fast 9 Stunden
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unterwegs, 660 km, das hat uns geschafft. Doch die Fahrt heute durch die Landschaften im Norden
Nebraskas und South Dakota National Grassland war wunderschön. Und die hübschen Orte in Nebraska mit
ihren riesigen Baumalleen, schönen Häusern und Gärten haben uns sehr gut gefallen.
Montag, 25. Juni 2012
20. Tag
Pierre, South Dakota
Capitol Inn & Suites
Wall / National Grassland / Great Plains / Prairie Homestead / Badlands National Park / Pierre
Gefahrene Meilen: 183 (295 km)
Zwar schellt auch heute der Wecker um 6 Uhr, doch wir lassen uns Zeit. Hier im Super 8 – alles neu und
sehr sauber – gibt es ein gutes Frühstück. Nach dem Frühstück fahren wir um 8 Uhr zunächst zum HarleyDealer. Es nieselt leicht aus dem Nebel, bei 25 Grad. Rolf ersteht ein schönes Harley-Shirt. Ich besuche das
National Grasslands Visitor Center.
Der Spruch am Eingang „Anyone can love the mountains, but it takes soul to love the prairie” sagt schon
Einiges aus. Im Visitor Center finde ich wieder mal viele Infos.
National Grasslands sind Grünlandgebiete von nationaler Bedeutung, die als Schutzgebiete ausgewiesen
sind. Der Kern der heutigen Schutzgebiete entstand aus Farmen, die während der Great Depression der
1930er Jahre in den Prairiegebieten des Mittleren Westens aufgrund anhaltender Dürre – Dust Bowl aufgegeben werden mussten. Die Regierung kaufte die Farmen an, wies sie als National Grasslands aus und
renaturierte die ursprüngliche Prairie. Die verbliebenen Rancher leben im Einklang mit der Natur. In den
Schutzgebieten ist Jagd, Viehweide, Rohstoffförderung, Erholung und andere Nutzung möglich. Der Schutz
ist vergleichbar mit dem eines Naturparks oder Landschaftsschutzgebietes in Deutschland. Fast alle
National Grasslands befinden sich im Bereich oder am Rande der Great Plains, nur drei liegen woanders,
nämlich im Südosten von Idaho, im Nordosten von Kalifornien und im mittleren Oregon.
Die Great Plains – Große Ebenen – sind ein trockenes Gebiet östlich der Rocky Mountains. Lange waren sie
kaum bewohnt und wurden nur von teilnomadischen Indianern auf der Jagd nach Bisons und Gabelböcken
durchstreift. Die von den Europäern nach Amerika gebrachten Pferde veränderten alles. Die bislang
schwachen Lakota und Comanche entwickelten sich zu einem bedeutenden Machtfaktor im Mittleren
Westen. Mitte des 19. Jh. zogen weiße Siedler durch die Great Plains nach Westen. Da die Great Plains als
unbewohnbare Wüste galt, ließen sich erst um 1865 erste Weiße dort nieder. Die Bisons wurden stark
dezimiert und die Indianer bis 1890 in Reservate verdrängt. Heute werden hier rund 60 % des Rindfleisches
und etwas die Hälfte des Weizens der USA von Farmern erzeugt. Um 2007 lebten ca. 10 Mio. Menschen im
Gebiet der Great Plains, doch sie verlieren durch Überalterung und Landflucht stark an Einwohnern.
Zunehmende Dürre erschwert die Landwirtschaft und die Technisierung lässt Arbeitskräfte überflüssig
werden. Die tiefe Grundwasserschicht ist durch die Nutzung zur künstlichen Bewässerung fast erschöpft.
Heute verwandelt sich kultiviertes Land wieder zurück in Graslandschaft, auf der wieder Bisonzucht
betrieben wird. Man überlegt, Menschen abzusiedeln, die Flächen in Prairie rückzuwandeln und Flächen für
wildlebende Bisons zu öffnen. Jagd und Tourismus könnten eine neue wirtschaftliche Grundlage sein. Auch
die Windkraftgewinnung nimmt an Bedeutung zu.
Um 10 Uhr fahren wir los, Richtung Badlands National Park. Zunächst sehen wir uns ein Prairie Homestead
an, Historic Place. Edgar Brown, geboren 1854, kam hierher mit seiner Frau Alice und seinem Sohn
Charles, als er 55 Jahre alt war. Prairie-Homestead, ein Original SOD-Haus, gebaut 1909, ist typisch für die
Häuser und Wirtschaftsgebäude, die die Pioniere in den Badlands bauten. Um die historischen Gebäude
herum sehen wir weiße, fette Prairie-Dogs, sie dürfen gefüttert werden und daher sind sie so dick. Mir
gefallen die anderen Prairie-Dogs besser. Nun geht es zum Ben Reifel Visitor Center, auch dort finde ich
wieder gute Informationen, u. a. ein Buch von Steve Hendricks, „The Unquiet Grave: Das FBI und der
Kampf um die Seele des Indian Country“.
1976 wurde der Körper von Anna Mae Aquash, ein bekannten Indianerin in den Badlands von South Dakota
gefunden, eingefroren – sagte das FBI. Nach einer verdächtig erscheinenden Autopsie und einem gehetzten
Begräbnis, haben Freunde Aquash exhumieren lassen und fanden ein 0,32-Kaliber in ihrem Schädel. Mit
diesem Skandal als Ausgangspunkt, öffnet das Buch „The Unquiet Grave“ einen Einblick in die dunkle
Seite des FBI und seine Machenschaften!
4
Die Lakota kamen in die Badlands Mitte des 18. Jh. Auch andere Indianer-Stämme suchten diese Gegend
auf. Doch sie wichen vor den Siedlern und Farmern, die das Land überschwemmten, zurück.
„Lakota People’s roots on this earth go very very deep, clear to the heart”
Milo Yellow Hair, Vize-Präsident der Oglala-Lakota Nation
Spotted Elk (Bigfoot) war ein fähiger und umsichtiger Miniconjou Lakota-Häuptling, er galt als Mann des
Friedens und war bekannt für seine diplomatischen Erfolge, wenn es galt, Streit zu schlichten zwischen
rivalisierenden Parteien. In den 1870er Jahren verbündete er sich mit Sitting Bull und Crazy Horse gegen
die US-Armee. Während des Großen Sioux Krieges von 1876-77 litten die Miniconjou Lakota sehr, ehe sie
sich ergaben. Die Lakota wurden in die Cheyenne River Indian Reservation in South Dakota umgesiedelt.
Spotted Elk ermunterte seine Leute, sich an das Leben dort zu gewöhnen, Mais anzubauen und Schulen zu
errichten. Er sprach sich dafür aus, eine friedliche Haltung gegenüber den weißen Siedlern einzunehmen.
Doch korrupte indianische Agenten, die Lebensmittel und Geld der Lakota stahlen, machten sein Volk
schwach und verzweifelt. Im Frühjahr erreichte sie die „Ghost Dance“ Bewegung und Spotted Elk und sein
Volk wurden zu glühenden Anhängern. Nachdem Sitting Bull am 20. Dez. 1890 getötet wurde, flohen seine
Anhänger zu Spotted Elk. Aus Angst vor Repressalien oder Verhaftung floh Spotted Elk mit ca. 300
Mitgliedern seines Stammes zur Pine Ridge Reservation, auf Einladung von Chief Red Cloud. Es waren ca.
120 Krieger und 180 Frauen und Kinder. Die 7. Kavallerie stellte jedoch die Lakota. Spotted Elk, an
Lungenentzündung erkrankt, ergab sich friedlich. Man nahm ihn und seinen Stamm in Gewahrsam und
brachte sie zu einem Ort in der Nähe von Wounded Knee Creek, wo sie ihr Lager aufschlagen sollten. In der
Nacht vor dem „Wounded Knee Massacre“ kam Oberst James Forsyth zu dem Lager. Er befahl seinen
Männern, vier Kanonen um den Bereich, in dem die Indianer lagerten, in Stellung zu bringen. Am Morgen
des 29. Dezember 1890 kamen Soldaten unter dem Kommando von Forsyth ins Lager der Indianer und
verlangten, dass die Lakota ihre Waffen abgeben sollten. In dem Streit der folgte, fiel ein Schuss und dann
folgte eine große Schiesserei, in der die US-Streitkräfte wahllos mind. 150 Lakota töteten, auch Frauen und
Kinder und teilweise ihre eigenen Leute. Spotted Elk war auch unter den Toten. General Nelson Appleton
Miles verurteilte Oberst Forsyth und enthob ihn seines Amtes. Ein Army Court rügte Forsyth, stellte aber
sonst keine Verfehlungen fest bzw. machte ihn für das Massaker nicht verantwortlich. Er wurde wieder in
sein altes Amt eingesetzt und später sogar Generalmajor. 20 der überlebenden Soldaten wurden mit der
„Medal of Honor“ ausgezeichnet. Die Medaille sollte Soldaten, die heldenhaft handeln, belohnen, aber am
Wounded Knee zeigten sie kein Heldentum, nur Grausamkeit. 2001 wurde auf dem National Congress of
American Indians der Beschluss gefasst, die Ehrenmedaillen Auszeichnungen zu verurteilen und die USARegierung wurde aufgefordert, sie rückgängig zu machen.
Ich halte mich eine Weile in dem Visitor Center auf, um mir alles anzuschauen, zu lesen und
aufzuschreiben. Rolf hat festgestellt, dass die Flagg auf halbmast hängt. Auf meine Frage sagt mir die
Rangerin, dass ein Ranger tödlich verunglückt sei, der einen unverantwortlichen Kletterer retten wollte. Wir
fahren nun durch den Badlands National Park, den wir vor Jahren schon einmal besucht haben und der uns
sehr gut gefallen hat. Wir halten am White River Valley Overlook, Bigfoot Pass Overlook, Homestead
Overlook und einigen anderen schönen Stellen. Braune und schwarze Prairie Dogs spielen im Gras. Wir
passieren den Dillon Pass und sehen plötzlich nah vor uns ein Bighorn-Schaf, sieht toll aus.
Im Visitor Center bekam ich auch eine Info über „Black footed ferret“, den amerikanischen Iltis, auch
Prairie Dog Jäger genannt. Diese Frettchen gehören zu den gefährdeten Tierarten, im 20. Jh. verringerte sich
ihre Zahl dramatisch aufgrund kleiner werdender Prairie Dog Populationen, ausgelöst durch eine Krankheit.
Das schwarze Frettchen galt 1987 in freier Wildbahn als ausgestorben. Doch dann fand man einige
Frettchen in Wyoming und rief ein Zuchtprogramm ins Leben und so wurde das schöne Tier zwischen 1991
und 2008 in acht Staaten wieder ausgewildert. Inzwischen gibt es über 1.000 in freier Wildbahn geborene
Tiere in 18 Staaten der USA, mit vier sich selbst erhaltenen Populationen in South Dakota, Arizona und
Wyoming. So hat das Frettchen neben Bisons und Bighorn-Schafen die Wildnis für sich zurückerobert.
Das schwarze Frettchen hat die Größe eines Nerzes und unterscheidet sich vom europäischen Iltis durch den
großen Kontrast zwischen dunklen und hellen Gliedmaßen. Das schwarze Frettchen ist ein Einzelgänger
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und nachtaktiv. Bis zu 90 % ihrer Nahrung besteht aus Prairie Dogs. Native Indians wie z. B. die Crow,
Blackfoot, Sioux, Cheyenne und Pawnee verwenden die schwarzen Frettchen in religiösen Zeremonien und
auch als Nahrung.
Nach den Verlassen des Badlands National Parks folgen wir dem HW 14 East. In Cottonwood kommen wir
an einem großen Gefängnis vorbei. Und passieren Philip, ein kleines Nest am Ufer des Bad River, der bei
Fort Pierre in den Missouri River mündet. Was mir immer wieder auffällt, sind die seltsamen Formationen
der Rinder, manchmal stehen sie gerade in einer Reihe, mit dem Hintern zum Zaun oder sie bilden einen
Kreis, sieht irgendwie seltsam aus. Die Fahrt geht durch eine endlos erscheinende Prairie, meist Weideland
bzw. Weizenanbaugebiete. Hin und wieder eine riesige Farm oder Ranch, doch das Land erscheint
menschenleer. Es ist sehr windig, wir werden fast von der Straße geweht, bei 30 Grad, es ist feucht-schwül.
Wir passieren den kleinen Ort Midland und erreichen um 16 Uhr Pierre, die Hauptstadt South Dakotas, am
Missouri River. Zunächst gehen wir ins Visitor Center, wo eine freundliche Dame uns viel Interessantes
erzählt und uns mit zahlreichen Broschüren versorgt. Der Film „Der mit dem Wolf tanzt“ wurde teilweise
hier gedreht. Zum Abendessen gibt es Hähnchen, Brot, Tomaten, Oliven, Bananen, alkoholfreies Bier und
Weißwein. Rolf nutzt das schöne Abendlicht, um das Capitol zu fotografieren. Wir gehen auch heute früh
schlafen.
Der Missouri River, der wegen seines hohen Schlammanteils auch den Spitznamen „Big Muddy“ trägt, ist
mit 4.130 km der längste Nebenfluss des Mississippi River und der längste Fluss der USA, denn er ist
länger als der Strom, in den er mündet. Seinen Namen erhielt der Missouri von den historischen Bewohnern
der Flussmündung, dem Indianervolk der Missouri. Sie wurden von ihren Nachbarn „wi mihs oor i t a
genannt, was „die mit dem Holz-Kanu“ bedeutet, denn die Missouri Indianer verwendeten keine mit Rinden
oder Fellen bespannten Kanus, sondern Einbäume. Der Missouri war wichtig für die Ausdehnung der USA
nach Westen und der Fluss wurde daher auch von der Lewis & Clark Expedition auf ihrem Weg zum
Pazifischen Ozean genutzt. Während des 19. Jh. war der Missouri ein wichtiger Transportweg für Waren
und Passagiere. Die Verwendung von Raddampfern auf der oberen Flusshälfte erleichterte die weiße
Besiedlung von Dakota und Montana. Im 20. Jh. wurde der obere Missouri zwecks der Flutkontrolle,
Bewässerung und Wasserkraft aufgestaut. Das Einzugsgebiet des Missouri umfasst ein Sechstel der
gesamten Fläche der USA und bildet, kombiniert mit dem Mississippi, das viertlängste Fluss-System der
Welt. Dieses weitreichende System von Nebenflüssen bedeckt fast die gesamten halbtrockenen nördlichen
Great Plains der USA sowie, durch den Milk River, einen kleinen Teil von Alberta, Kanada.
South Dakota, hier befinden sich die Badlands und die Black Hills. In South Dakota leben 9
Indianerstämme, es gibt mehrere Reservate, insbesondere der Lakota. Nach Alaska, Oklahoma und New
Mexico hat South Dakota den vierthöchsten Bevölkerungsanteil von Indianern. Der Name Dakota stammt
von den Dakota ab, die vor der Unterwerfung durch die Weißen in diesem Gebiet lebten. Spitzname von
South Dakota ist „The Mount Rushmore State”.
Dienstag, 26. Juni 2012
21. Tag
Bismarck, North Dakota
Super 8
Pierre / Lake Oahe / Lewis & Clark Trail / Native American Scenic Byway / Sitting Bull’s Grave /
Sacajawea Monument – Mobridge / Fort Rice / Bismarck
Gefahrene Meilen: 255 (410 km)
Wie immer in den vergangen Wochen stehen wir um 6 Uhr auf. Heute sind 44 Grad angesagt und wir
wollen uns Einiges ansehen. Beim Frühstück haben wir ein langes Gespräch mit einem Texaner, der eine
riesige Erntemaschine bedient und mit dieser im Land umherreist, je nach dem, wo gerade die Ernte
beginnt. Er meint, es wird alles teurer und schlechter …. Wir können ihm nur beipflichten. Rolf fühlt sich
sehr geschmeichelt, denn der Texaner schätzt ihn auf 51!
Pierre, ca. 2.000 Einwohner!, ist die Hauptstadt von South Dakota und liegt am Missouri River, nahe dem
Lake Oahe. Pierre Dorian war der erste weiße Siedler in der Yankton Area. Er lebte unter den Sioux
während der Lewis & Clark Expedition 1804. Er begleitete diese Expedition eine zeitlang als Dolmetscher
und Vermittler zwischen Weißen und Indianern, ehe er wieder zu den Yankton Sioux zurückkehrte.
Als erstes sehen wir uns das schöne Capitol mit seinen weißen Marmortreppen an, ehe wir um 7.50 Uhr
6
losfahren, bei schon 30 Grad. Doch da ein Wind geht, ist es noch angenehm.
Wir machen am Lake Oahe Halt. Er ist einer der größten Talsperren am Missouri River. Der See, der sich
372 km den Verlauf des Missouri entlang bis Bismarck in North Dakota zieht, ist der drittgrößte Stausee in
USA und einer der größten mit Erde aufgeschütteten Dämme, der je von Menschenhand geschaffen wurde.
Der Bau des 75 m hohen Dammes begann 1948 und wurde 1962 von John F. Kennedy eingeweiht. Das
Kraftwerk begann 1962 mit der Stromproduktion und liefert den Staaten South und North Dakota,
Nebraska, Minnesota und Montana Strom. Neben der Stromerzeugung dient der See der
Überschwemmungsregulierung, Bewässerung und Wasserversorgung. Einige Indianerstämme mussten ihr
Land verlassen, es wurde durch die Wassermassen überflutet.
Wir folgen HW 1804 North, Lewis & Clark Trail und dann dem Native American Scenic Byway durch die
Lakota, Dakota und Nakota Nations, u. a. liegt das Land der Crow Creek Sioux, der Lower Brule Sioux, der
Standing Rock Sioux, der Cheyenne River Sioux, der Oglala Sioux, der Rosebud Sioux, der Flandreau
Santee Sioux, der Yanktion Sioux und Sisseton Wahpeton Oyate an diesem historischen Weg. Die
Geschichte der Lakota und anderer Kulturen ist dort lebendig, der Weg bietet einen Blick auf scheinbar
unberührtes Land und erzählt die Geschichte der Lakota Nations, ihre Vergangenheit, aber auch die Träume
der Zukunft. Zunächst fahren wir durch riesige genmodifizierte Korn- bzw. Maisfelder, eine tote Antilope
liegt am Straßenrand und ein kleiner Hase hoppelt eine zeitlang neben uns her. Viele bunte Vögel schwirren
umher. Es geht nun über HW 212 West, über eine riesige Brücke über den Lake Oahe und ab Forest City
auf die Straße Nr. 7 nach Norden, wir befinden uns im Herzen der Lakota Sioux Nation. Leider entpuppt
sich die Straße nach wenigen Kilometern als Gravel Road, ganz schön staubig bei der Hitze. Da jedoch hier
kein Verkehr ist, kann Rolf den Schlaglöchern ausweichen und fahren, wie er will. Doch da sehen wir ein
Auto und einen Mann, der sich mit einer Schlange mitten auf der Straße beschäftigt. Rolf hält und läuft
zurück, es handelt sich um eine junge Klapperschlange, darum bleibe ich in sicherer Entfernung. Zumal der
junge Mann mit einer Leiter versucht, die Schlange von der Straße zu scheuchen. Ihr gefällt das gar nicht,
sie faucht und rasselt und greift wütend an, sieht toll aus und Rolf ist ganz happy, dass er so schöne Bilder
eines schönen Tieres machen kann. Es ist das erste Mal in den vielen Jahren, die wir den Westen der USA
bereisen, dass wir eine Rattlesnake in freier Wildbahn sehen, bestimmt das Highlight dieser Reise. Der
junge Mann erzählt, dass er ältere Klapperschlangen fängt, Kopf abschlägt, Haut abzieht und dann wird sie
verspeist. Soll sehr gut schmecken, zarter als Huhn. Doch diese Schlange ist zu jung und daher will er sie
retten, aber sie will nicht und nach geraumer Zeit lassen wir sie in Ruhe und jeder fährt seines Weges. In der
Prairie sehen wir auch einige wilde Fasane, Jagen ist hier nicht erlaubt. Eine Brücke führt über den Moreau
River, HW 20 East. Wir werden von Heuschrecken attackiert. In der Nähe von Mobridge wollen wir das
Grab Sitting Bulls besuchen und das Sacajawea Monument anschauen.
Sitting Bull, 1831 bis 1890, war Stammeshäuptling und Medizinmann der Hunkpapa-Lakota-Sioux. Sitting
Bull war wichtiger Anführer gegen die amerikanischen Siedler und Truppen. Er war einer der geistigen
Führer der Schlacht am Little Bighorn von 1876, in der Crazy Horse und Big Foot das 7. KavallerieRegiment Generals George Custer vernichtend schlugen, was als größte Niederlage der US-Armee gegen
die Indianer in die Geschichte einging. Sitting Bull nahm an der Schlacht nicht selbst teil, da er einige Tage
zuvor an den Festlichkeiten zum Sonnentanz teilgenommen hatte und davon zu geschwächt war. Als die
US-Armee als Antwort Strafexpeditionen gegen ihn und seine Leute durchführte, floh er mit etwa 2.000 bis
3.000 Gefolgsleuten nach Kanada und blieb dort im Exil, bis er sich am 19. Juli 1881 in Fort Randall ergab,
weil er seine Lebensgrundlage, die Bisonherden, von den Weißen vernichtet sah. Anschließend lebte er im
Standing-Rock-Reservat. Im Jahre 1883 hielt Sitting Bull eine bedeutende Rede vor den Vertretern einer
US-Regierungskommission. 1885 wurde er in der Wild-West-Show von Buffalo Bill in den USA und in
Kanada vorgeführt. Ihm war dabei wegen mangelnder Englischkenntnisse und Vorspiegelung falscher
Tatsachen nicht bewusst, dass es sich lediglich um eine Show handelte. Vielmehr glaubte er, auf diesem
Wege (er hielt Ansprachen in Lakota) über die Verbrechen der Weißen an den Indianern sprechen und ein
Umdenken erreichen zu können. Eine Teilnahme an Buffalo Bills Europa-Tournee lehnte er 1887 ab. Den
amerikanischen Behörden galt Sitting Bull weiter als Unruhestifter, weil er die Verkleinerung des Reservats
und das Ausbleiben vertraglich zugesicherter Lebensmittel und Materialien kritisierte. Außerdem hielt er
sehr an indianischer Lebensweise fest. Immer wieder wurde Sitting Bull als feindlicher Indianer und
Anstifter zu allem, was den Weißen an den Indianern missfiel, in den Zeitungen beschrieben. Teile der
7
Öffentlichkeit und des Militärs hielten ihm zeit seines Lebens die Schlacht am Little Bighorn als Untat vor.
Sie beurteilten sein damaliges Vorgehen als arglistig und hinterhältig. Als er die Geistertanz-Bewegung
unter seinen Anhängern zuließ, sollte er von der indianischen Reservats-Polizei, mit Unterstützung durch
die von Fort Yates anrückende Armee, festgenommen werden. Als seine Anhänger Widerstand leisteten,
wurde Sitting Bull am 15. Dezember 1890 von den Indianerpolizisten Bull Head (Tatankapah) and Red
Tomahawk (Marcelus Chankpidutah) getötet und seine Leiche verstümmelt. Zwei Wochen danach kam es
zum Massaker von Wounded Knee. Die Überreste seiner Leiche wurden zunächst in Fort Yates beigesetzt,
später jedoch von den Lakota in die Nähe von Mobridge verbracht, wo man ihm ein riesiges Denkmal
setzte, welches weit ins Land schaut.
Leider ist das Land um das Denkmal ziemlich verwahrlost, ähnlich der Gegend um Wounded Knee, das ist
sehr schade, so gerät ein großer Indianer in Vergessenheit. Das Sacajawea Monument steht in der Nähe und
auch hier finden sich kaum Infos über diese großartige Indianerin.
Sacajawea = „Vogelfrau“, 1788 bis 1812
Sie war eine Häuptlingstochter der nördlichen Shoshone Indianer, wurde als Kind von den Hidatsa
Indianern entführt und an den französisch-kanadischen Pelztierjäger Toussaint Charbonneau verkauft, der
sie zur Frau nahm. Charbonneau und Sacajawea traten um 1805 als Dolmetscher in die Dienste der Lewis &
Clark Expedition. Besonders Sacajawea leistete der Expedition einen großen Beitrag als Dolmetscherin und
Kundschafterin. Unbewusst sorgte sie so für die Unterwerfung der Indianer durch die Weißen. Sacajawea
erwies sich bei den Bestimmungen von neu entdeckten und unbekannten Pflanzen und Tieren als nützlich
und kundig. Sie bewahrte die Expeditionsteilnehmer oft vor dem Tod, da sie durch ihre Anwesenheit und
durch ihr diplomatisches Geschick die unterschiedlichsten Indianerstämme von einem Angriff abhalten
konnte. Außerdem war sie - im Gegensatz zu ihrem Ehemann Charbonneau - sehr mutig und unerschrocken.
So warf Sacajawea sich in die tosenden Fluten des Missouri River, um Ausrüstungsgegenstände aus dem
Fluss zu bergen, nachdem eines der Boote gekentert war. Während der Reise begegneten die Teilnehmer
einigen Shoshone-Indianern. Dabei stellte sich heraus, dass der Häuptling „Camehawait“ Sacajaweas
Bruder war. Jetzt war es leicht, von den Shoshone die nötigen Packpferde für die Überquerung der Rocky
Mountains zu erwerben. Sacajawea starb kurz nach der Geburt ihrer Tochter Lisette am 22. Dezember 1812,
vermutlich an einer schweren Krankheit, im Fort Manuel, einem Handelsposten der Missouri Fur Company,
im heutigen Montana. Ihre beiden Kinder wurden von William Clark adoptiert. Sie leistete einen großen
Beitrag für die erfolgreiche Lewis & Clark Expedition.
Wir sind heute total eingestaubt von dem roten Sand der Gravel Road (über 48 km), doch die herrliche
Prairielandschaft hat uns für alle Mühen entschädigt. Herden von Wildpferden mit vielen Jungtieren haben
wir bestaunt und allerlei anderes Getier. Leider sehen wir auch viele tote Schlangen am Straßenrand.
Schilder am Straßenrand warnen – „Denke nach, wenn Du fährst.“ „Willst Du sterben?“ „Fahr langsam!“ Es
gibt unzählige Kreuze, die den Tod vieler Menschen bezeugen. Auch den Rindern scheint wie mir heiß zu
sein, sie stehen teilweise bis zum Hals im Wasser. Die Fahrt führt nun bei starkem Wind auf dem HW 1806
North nach Kenel und gegen 12 Uhr überqueren wir die Grenze nach North Dakota und folgen HW 24
North bis Fort Rice, State Historic Site. Fort Rice wurde 1864 als Festung gegründet, zum Schutz für die
Siedler in der Gegend, denn die Indianer erhöhten ihre Angriffe aus Zorn über die immer mehr kommenden
Menschen, die ihr Land besetzten. Fort Rice war zur damaligen Zeit ein wichtiger Militärposten, mit max.
360 Soldaten besetzt. Nach der Errichtung von Fort Yates 1878 wurde Fort Rice aufgegeben. Heute gibt es
hier nur noch ein paar verlassene Steine in der Prairie zu sehen. Bei großer Hitze, 34 Grad, geht es weiter,
um 14.15 Uhr erreichen wir Bismarck, nach ca. 6 ½ Stunden.
Wir laden ab und fahren ins Capitol Center, wo wir nicht nur das Capitol anschauen, sondern auch dem
North Dakota Heritage Museum – Eintritt frei – einen Besuch abstatten. Hier findet sich auch eine
wunderschöne Statue von Sacajawea, der Vogelfrau. Bismarck ist wichtiges Handelszentrum für Vieh und
Getreide. Bevor Weiße in die Gegend kamen, lebten hier Indianer vom Stamme der Mandan. Die Mandan
lebten an den Ufern des Missouri River im heutigen North und South Dakota, sie hatten eine andere Kultur
als die der mehr nomadisch lebenden Stämme in den Great Plains. Sie errichteten feste Dörfer mit ErdHäusern um einen zentralen Platz. Obgleich ihnen der Bison wichtig war für das tägliche Leben, betrieben
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sie auch Landwirtschaft und Handel. Später zogen auch Hidatsa (Nomaden) in diese Gegend, sie
übernahmen von den Mandan die Bauweise für stationäre Dörfer und auch die Art der Landwirtschaft. Die
Dörfer der Hidatsa findet man hauptsächlich am Knife River. Als die Lewis & Clark Expedition in diese
Gegend kam, wurde sie mit großer Gastfreundschaft aufgenommen und man nahm hier Quartier für den
Winter. Die Expedition baute eine Siedlung und nannte sie zu Ehren der Gastgeber „Fort Mandan“. Hier
trafen Lewis und Clark zum ersten Mal auf Sacajawea, die Shoshone Frau, die von den Hidatsa gefangen
gehalten wurde.
Bismarck wurde 1872 als Edwinton gegründet, der Name geht auf Edwin Ferry Johnson zurück, einen
Oberingenieur der Northern Pacific Railway. Der heutige Name Bismarck leitet sich von dem deutschen
Reichskanzler Otto von Bismarck ab, man wollte den deutschen Kanzler ehren und deutsche Einwanderer in
die Stadt locken. Zu einer großen Einwanderungswelle kam es jedoch erst, als man 1874 in der Nähe in den
Black Hills Gold fand. 1889 wurde Bismarck Hauptstadt des Staates North Dakota.
Der Gebäudekomplex North Dakota State Capitol liegt im Norden Bismarcks. Zentrales Element ist das 19stöckige State Capitol, im Art-Deco-Stil, das mit einer Höhe von 74 Metern das höchste Gebäude in North
Dakota ist. Das State Capitol bestimmt das Bild des Stadtzentrums und kann bei gutem Wetter aus einer
Entfernung von 30 km gesehen werden. Daher der Spitznahme „Skycraper on the Prairie“. Das jetzige State
Capitol wurde im Jahr 1934, zur Zeit der Großen Depression, fertig gestellt und ersetzte das erste State
Capitol, das 1930 bis auf die Grundmauern niederbrannte. Auf dem Gelände des North Dakota State Capitol
befinden sich auch das North Dakota Heritage Center, welches unbedingt einen Besuch wert ist, die North
Dakota State Library, der Wohnsitz des Gouverneurs von North Dakota, das State Office Building und das
Liberty Memorial Building, alles umgeben von einer herrlichen Parkanlage mit schattigen Bäumen.
Im Museum befindet sich seit 2008 ein seltener, mumifizierter Dinosaurier. Im „Corridor of time“ wird das
Leben dargestellt, wie es in North Dakota vor Millionen von Jahren war. Außerdem finden sich hier
Ausstellungen über die verschiedenen Indianer-Stämme, über die Geschichte der Landwirtschaft und des
Militärs. Im Heritage Center finden wir u. a. interessante Informationen über Bisons latifrons, die früher in
North Dakota lebten. Anhand der Funde konnte man ermitteln, dass sie 25 bis 50 % größer als die heute
lebenden Büffel waren, ihre Hörner hatten eine Spannweite von 1,82 m (heutige Bison: 0,60 m!). Diese
Büffel bewohnten das heutige North Dakota während der letzten Eiszeit, zur gleichen Zeit als die Mammuts
und Mastodonten (Rüsseltiere) lebten. Die Gebeine der gefundenen Bisons sind über 47.500 Jahre alt, sie
bewohnten bewaldete Regionen, der heutige Büffel lebt dagegen in der Prairie/Grasslands. Außerdem
bildeten sie kleine Gruppen, im Gegensatz zum modernen Büffel, der in größeren Herden lebt. Das Heritage
Center zeigt zudem wechselnde Ausstellungen, zur Zeit über die Vogelfrau Sacajawea
Das Liberty Memorial Building/All Veterans Cenntennial Memorial ehrt die Männer und Frauen, die im
Krieg gedient und ihr Leben verloren haben.
Zum Abendessen gibt es Fisch, Leberwurst, Heidelbeeren, Bananen, Brot, Bier und Pino Grigio. Nach
einem Aktionfilm gehen wir früh schlafen.
Mittwoch, 27. Juni 2012
22. Tag
Medora, North Dakota
Badlands Motel – The Bunkhouse
Bismarck / Washburn – Lewis & Clark Interpretive Center / Fort Mandan / Bison Scenic Byway / Fort
Clark Trading Post State Historic Site / Knife River Indian Villages Historic Site / Garrison Damm / Lake
Sacajawea / Freedom Mine / Grassy Butte / Medora
Gefahrene Meilen: 262 (422 km)
Heute werden wir, hoffentlich klappt es, bei Lois in Grassy Butte übernachten. Die Hotelsituation in North
Dakota hat sich gegenüber 2010 nochmals verschlechtert. Kaum ein Zimmer zu finden und wenn doch, alles
überteuert durch die Öl-Miner. Gestern auf der phantastischen Strecke durch die Indianer-Reservaten haben
wir nur ein Motorrad und 3 PKW gesichtet. Es scheint, als haben nur wenige Amerikaner an der wirklichen
Geschichte – Lewis & Clark Trail – Interesse. Das Unrecht, das den Sioux in South und North Dakota
angetan wurde, ist bis heute nicht wirklich real und nicht aufgearbeitet, geschweige denn wieder gut
gemacht. Und wenn man das Land heute sieht, weit, fast menschenleer, fragt man sich, wofür all dieses
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Unrecht?
Der Wecker schellt um 6.30 Uhr, heute lassen wir es langsam angehen. Rolf hat gestern noch Rozy in der
Pioneer-Bar in Virginia City angerufen und dieser fragte, was zur Hölle macht Ihr in Bismarck?
Obgleich Bismarck die Hauptstadt North Dakotas ist, verirrt sich selten ein Tourist hierher. Doch wir
befinden uns ja auf den Spuren von Lewis & Clark. Das Frühstück im Hotel ist sehr gut und reichlich. Wir
haben eine nette Unterhaltung mit drei älteren Menschen aus Kalifornien, die an die Grenze
Montana/Kanada reisen, um dort das 100-jährige Bestehen der Farm ihrer Vorfahren zu feiern. Im
Fernsehen sehen wir leider weiterhin schreckliche Bilder der Feuer in Colorado, mehr als 12.000 Menschen
mussten bereits ihre Häuser räumen. Gegen 7.40 Uhr starten wir, HW 1806 North. Plötzlich hört die
geteerte Straße auf, wir haben mal wieder eine Gravel Road vor uns. An einem einsamen Briefkasten spricht
uns eine Deutsch sprechende Frau an, Ranee Gienger. Sie lebt mit ihrem Mann Ole Stetten (selbständiger
Tiefbauunternehmer) und Tochter Katarina auf einer sehr einsam gelegenen Ranch. Ihr Vater, ein RusslandDeutscher, lebte in Ruhmannsfelden und auch nach dem Tod ihres Vaters besucht sie fast jedes Jahr Freude
dort. Sie lädt uns spontan auf einen Kaffee ein und wir folgen ihrem Truck, vorbei an furchteinflößenden
Rindern mit riesigen Hörnern, bis zu ihrem Haus. Dort leben sie, umgeben von vielen Tieren, wie Katzen,
Hunden, Gänsen, Pferden, Hühnern, Ziegenbock etc. Sie haben ein sehr schönes großes Haus mit einigen
Gästezimmern für Besucher. Auf dieser Seite des Flusses leben keine Rattle Snakes, sondern nur harmlose
Schlangen wie die Bull Snake etc. Die beiden großen Hunde bewachen nachts die Farm und das Haus vor
Kojoten und anderen Raubtieren. Ranee erzählt uns, dass sie im Frühjahr eine alte Scheue für 200 Dollar
gekauft habe. Der Transport ca. 70 km auf ihr Grundstück kostete allerdings 10.000 Dollar, da einige
Elektroleitungen abgebaut werden mussten. Bei uns wohl undenkbar. Ranee hat die Scheune restauriert und
instand gesetzt, ganz toll. Ein altes Schulhaus wurde auch bereits restauriert. In dessen Keller befindet sich
nun ihre Kohleheizung. Das Treffen mit dieser Frau und ihre warme Gastfreundschaft ist mit ein Highlight
dieser Reise. Wir hoffen, dass Ranee uns bei ihrem nächsten Deutschlandbesuch besuchen kommt. Ungern
verlassen wir Ranee und fahren auf der Gravel Road bis Washburn, zum Lewis & Clark Interpretive Center,
wo wir um 11 Uhr eintreffen. Unterwegs haben wir noch Mr. Winger getroffen, einen netten Trucker.
Besonders schön waren die vielen wilden Büffel, die in der Prairie grasten.
Das Interpretive Center ist nicht zu übersehen, es stehen dort drei 12-Meter hohe Stahl-Statuen von
Meriwether Lewis, William Clark und dem Mandan-Chief Sheheke. Das Kunstwerk stammt von Tom
Neary. Das Zentrum bietet einen Überblick über die Lewis & Clark Expedition, mit besonderem
Schwerpunkt auf die Zeit während des Winters von 1804/1805 in Fort Mandan. Hier lesen wir auch die
Geschichte von „Seaman“, dem berühmten Neufundländer. Lewis kaufte den Hund für 20 Dollar in
Pittsburgh und dieser Hund begleitete die Expedition auf ihrem langen Weg, er war das einzige Tier, das die
Reise lebend überstand. 263 Hunde wurden auf der Reise verspeist, nur er wurde verschont. Zwar wurde
Seaman von einem Biber gebissen, doch eine Operation rettete ihm das Leben. 1806, schon auf der
Rückreise, wurde er von Indianern gestohlen und Lewis drohte diesen mit dem Tod, falls sie den Hund nicht
zurück brächten. Statuen für den Neufundländer finden sich verschiedenen Stellen des Lewis & Clark
Trails, auch in Fort Mandan.
Über das Ende dieses bemerkenswerten Hundes gibt es einige Geschichten. Er soll das Grab seines Herrn
nach dessen Tod nicht verlassen und die Nahrung verweigert haben, bis er selbst starb.
Die Tour führt weiter auf dem Bison Scenic Byway, Alternative HW 200 West. Wir machen einen kurzen
Halt um 12 Uhr an Fort Clark Trading Post State Historic Site. Fort Clark war einst eine Mandan und später
eine Arikara Siedlung. Heute finden sich hier mehr als 2.200 Überreste von Häusern und Gräbern. Die
Arikara waren Halb-Nomaden, die in den Great Plains lebten. Sie bewohnten saisonal Erdhäuser und
besaßen tragbare Tipis als temporäre Unterkunft während der Bison-Jagd. In erster Linie lebten sie von
Landwirtschaft, die Frauen züchteten verschiedene Sorten Mais. Die Ernte von Mais war in ihrer
Gesellschaft wichtig, sie nannten sie „Mutter-Korn“. Die Arikara Familien besaßen meist 40 Hunde, diese
dienten als Wach- und Jagdhunde und zum Transport von Säuglingen oder erlegten Bisons. Ein Hund
konnte ¼ eines Büffels ziehen. Doch auch Feuerholz und andere Materialien wurden von den Hunden in
einem speziellen Gestell gezogen.
Nächster Halt ist an Knife River Indian Villages Historic Site, gegründet 1974, wo der Knife River auf den
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Missouri River trifft. Dieser Ort bewahrt die historischen und archäologischen Überreste der nördlichen
Plains Indianer auf. Dieser Bereich im Upper Missouri River Valley war ein wichtiger Handelsplatz und
eine große landwirtschaftlich genutzte Gegend. Im Bereich des Knife River gab es drei Dörfer, man nimmt
an, dass die Gründung des Big Hidasta Dorfs um ca. 1600 war. Die Überreste der Erd-Loch-Wohnungen, 12
m im Durchmesser, sind zu besichtigen. Sie boten Platz für bis zu 20 Familien, Pferde und Hunde. Die
Vogelfrau Sacajawea lebte in einem dieser Dörfer am Knife River. Die Indianer am Knife River dienten als
Mittelspersonen im Handelsgeschäft, das sich von Minnesota, um die Great Plains bis zur Pazifischen
Westküste erstreckte. Gehandelt wurden hauptsächlich Pelze, Waffen und Metalle wie Kupfer. Die Blütezeit
der Knife River Dörfer endete 1837, als die Pocken die Bevölkerung fast vollständig auslöschte. Die
wenigen Überlebenden wanderten nach Norden in das Dorf Like-a-Fish-Hook.
Als die Indianer die Knife-River Region bewohnten, gab es dort eine ganz andere Landschaft als heute. Die
Bergregion war gemischte Prairie, mit nur wenigen Bäumen. An den Flussufern gab es fruchtbare
Auwälder. Dieses Land wurde zur Produktion von Mais, Bohnen, Kürbissen und Sonnenblumen eingesetzt.
Bäume wie grüne Esche, Pappeln, Ulmen warn dort üblich, ebenso die Sandbank Weide, Korbweide, roter
Hartriegel und Büffel Beere. Seit 1974 unternimmt man den Versuch, den historischen Wert und die
Schönheit zu bewahren, wie es früher einmal war. Die Umgebung des Parkes wird zurückverwandelt, man
findet nun wieder Gras-Prairien, exotisches Gründland, Laubwald, Kultur-Dorf-Sites, Feuchtgebiete und
Sandbänke – wie zu der Zeit, als die Indianer das Land bewohnten. Heute ist der Park Heimat vieler Tierund Pflanzenarten.
Der Besuch des Knife River Indian Villages lohnt sich wirklich. Man kann nicht nur alles anschauen,
sondern auch anfassen und ausreichende Infos (Filme, Broschüren, Musik) stehen zur Verfügung, die das
Leben damals anschaulich darstellen und erläutern. Wir machen an dem schönen Ort Teepause, Rolf raucht
seine Zigarre und dann geht es auf den Rundwanderweg. Es ist heute angenehm, nicht zu heiß, aber wieder
sehr windig. Nach 14.30 Uhr fahren wir weiter, HW 200 East, bis zum Garrison Damm, einem der größten
Staudämme der Welt, und zum Stausee Lake Sacajawea. Der Missouri wird hier, nachdem er den
Yellowstone River aufgenommen hat, vom Garrison Damm aufgestaut. Der Erdaufschütt-Damm wurde
vom US-Army Corps of Engineers gebaut und von ihm betrieben. Der Staudamm ist mit seinem Volumen
von 50.845 Millionen m³ bei einer Höhe von ca. 64 m und einer Länge von 3.444 / 4.000 m, einer der
größten der Welt. Der Bau hat ca. 300 Millionen Dollar gekostet und es wurden 9 Millionen LKWLadungen Erde herantransportiert, täglich 60.000 m³, um ihn aufzuschütten. Die Talsperre dient dem
Hochwasserschutz, der Stromgewinnung, der Schiffbarmachung, der Bewässerung und der Fischzucht. Ein
beeindruckendes Bauwerk.
Nach Besichtigung fahren wir zurück, HW 200 West. Rolf wird mal wieder von einer Biene gestochen, gut,
dass wir den „Wunderstift“ dabei haben. Wir biegen ab auf HW 1806, weil diese Straße nicht so stark
befahren ist, vor allen Dingen wollen wir den riesigen Öl-Lasttankwagen ausweichen. An Übersichtstafeln
„The Coteau Property Company“ halten wir. Die North American Coal Corporation Freedom Mine in
Beulah, North Dakota, gegründet 1983, liefert mehr als 16 Millionen Tonnen Kohle pro Jahr und ist damit
der größte Braunkohletagebau in den USA und einer größten der der Welt. Der Betrieb nutzt zwei BucyrusErie 2570 Draglines zur Entfernung von Abraum und gewinnt damit über 600 Hektar Land jährlich zurück.
Diese riesigen Kohleschaufellader sind nur von weitem zu sehen, beeindruckend. Diese Gesellschaft fördert
die Kohle in Eintracht mit der Natur. Nach dem Kohleabbau werden die natürlichen Gräser und Pflanzen
wieder ausgesät bzw. erneut Weideland geschaffen. Auf den Schautafeln wird alles ausführlich dargestellt,
erklärt und belegt. Ganz interessant.
Wir folgen dem HW 1806 bis Halliday, biegen ab auf HW 8 South, dann auf HW 200 West. Leuchtend
gelbe Rapsfelder, wechseln sich ab mit ursprünglicher Prairie, eine phantastische Landschaft. Die
unendliche Weite der Prairie ist immer wieder atemberaubend. Doch ab Dunn Center ändert sich alles.
Permanent sind Ölbohrer inmitten der Felder bzw. der Prairie zu sehen und auf dem HW 200 rasen die
Öltrucks auf Teufel komm raus, in beiden Richtungen. Sie fahren, ohne auf den Tacho zu schauen, wie die
Verrückten. Wie wir später erfahren, sind in den letzten Monaten einige Auto- und Motorradfahrer durch
diese Trucks getötet worden. Inzwischen hat eine Biene Rolf zum zweiten Mal gestochen. Anhalten, Super11
Stift raus und draufschmieren. Und als ob das nicht schon reicht, fahren wir mitten durch einen
Bienenschwarm und ich werde nun am linken Fuß gestochen. Rolf macht das super mit dem Stachel
entfernen, Wunderstift drauf und weiter geht es. Es gibt hier viele bunte Wildblumen und auch sehr viele
Bienenstöcke sind zu sehen. Das finden wir ja alles sehr schön, nur nicht die Stiche. Wir kommen kurz vor
Grassy Butte (Grasiger Hügel) in das Little Missouri National Grassland. Eigentlich ein Naturparadies, bei
unserem ersten Besuch hier 2006. Doch inzwischen ist die Landschaft durch Öl-Bohrer und Öl-MinerCamps total verschandelt. Wir sind entsetzt, das zu sehen. So bald werden die uns hier nicht wiedersehen.
Um 17.30 Uhr, nach 244 Meilen, 393 km, sind wir in Grassy Butte am Haus von Lois Fleck, unserer
Bekannten. Doch alles ist verschlossen, niemand da. Das ist merkwürdig, hatten wir doch telefonisch den
Besuch verabredet. Ich ahne Schlimmes. In einem Krimskramsladen erfahren wir, dass Lois in Bismarck im
Krankenhaus liegt, mit Pfeiffer-Drüsen-Fieber. Wir sind traurig, die nette alte Dame, bei der wir 2010
übernachtet haben, nicht anzutreffen. Doch es hilft alles nichts, wir müssen notgedrungen weiter fahren, gen
Süden, auf HW 85, bis Belfield. Dort ist kein Hotelzimmer zu bekommen, also fahren wir nun auf der
Interstate 94 West, durch die Umgebung des Theodore Roosevelt National Park – Unit South – bis Medora.
Eine herrliche Landschaft, bizarr geformte Hügel, grün bewachsen. Fire Danger ist hier auf Low eingestellt,
im Gegensatz zu den anderen Gegenden, wo wir bisher waren. Es hat hier viel geregnet, alles ist saftig grün,
feucht, blühend. Gegen 19.15 Uhr, nach 11 ½ Stunden, landen wir in dem teuren Medora. Im Badlands
Motel fragen wir nach einem Zimmer. Wir sehen anhand der Schlüssel und der geparkten Autos, dass das
Hotel fast leer ist. Doch sie sind unverschämt mit den Preisen, trotz AAA wollen sie 140 Dollar, plus Tax.
Das ist uns zu teuer. Doch sie bieten uns ein Zimmer im „The Bunkhouse“ an, für 100 Dollar! Auch ein
Wucher, denn das Zimmer ist die letzte Absteige, klein, winzig, alles renovierungsbedürftig, um Eis zu
holen, muss man 1 km laufen bis zu einem heruntergekommenen Gebäude. Eis muss man mit der Hand
schöpfen, da keine Kelle vorhanden, sehr hygienisch und das bei den Amis, sehr verwunderlich. Wir haben
keinen Kühlschrank und keinen Tisch im Zimmer, so essen wir an der Kommode, ich habe es fotografiert.
Gut, dass wir gestern eingekauft haben, denn der einzige Lebensmittelladen in Medora ist sauteuer. Rolf
macht sich an die Arbeit, unsere Taschen etc. zu waschen, denn gestern sind wir rot eingestaubt worden,
heute gelb! Doch die Gerüche, Geräusche und die Sichtweite, die wir auf dem Motorrad haben, sind
unvergleichbar, weder im Auto noch im Campingbus kann man Natur so hautnah erleben. Nachdem wir
unser Dinner mit Ölsardinen, Thunfisch, Klätschbrot, Bier und Wein verspeist haben, verschwindet Rolf mit
einem wackligen Stuhl vor die Baracke, die den tollen Namen „Mountain Lion“ hat, raucht seine Zigarre
und plant unsere Route um, da wir den Ölbohrungen entgehen und eine andere Strecke nach Montana
nehmen wollen. Ich dusche, verarzte meinen Fuß, der dick geschwollen ist, mit Indianersalbe und schreibe
mein Tagebuch. Um 21 Uhr liegen wir im Bett und schauen in einen total veralteten Fernseher. Dieses
Motel ist das schlechteste dieser Reise und dazu völlig überteuert.
Medora wurde im Jahr 1883 von einem französischen Adeligen, dem Marquis de Mores gegründet Er
nannte die Stadt nach seiner Braut, Medora von Hoffmann, der Tochter eines New Yorker Bankers. Mit
finanzieller Hilfe seines Schwiegervaters gründete der Marquis Medora, östlich des Flusses. Er baute eine
Fleischfabrik, ein Hotel, Geschäfte und ein großes Haus (Chateau de Mores) für sich, auf einem Hügel
gelegen, mit einem schönen Ausblick über die ganze Stadt. Aber die Träume des Marquis endeten in einem
finanziellen Fiasko im Herbst 1886. Der Marquis kehrte mit seiner Frau und seinen Kindern nach
Frankreich zurück. Er versuchte später in verschiedenen Gegenden auf der ganzen Welt, seine Träume zu
verwirklichen, bis er von Einheimischen in der Sahara im Jahr 1896 getötet wurde.
Donnerstag, 28. Juni 2012 23. Tag
Malta, Montana
Sportsman Motel
Medora / Theodore Roosevelt National Park – South Unit / Beach / Circle / Wolf Point Bridge / Malta
Gefahrene Meilen: 340 (548 km)
Der Wecker schellt um 6 Uhr, da wir kein Frühstück im Hotel bekommen, fahren wir schon um 6.45 Uhr
los, um den Theodore Roosevelt National Park, South Unit, zu besuchen. Es ist ein herrlicher Morgen,
frische klare Luft, 20 Grad. Gleich am Eingang des Parkes – wir scheinen die einzigen Besucher so früh zu
sein – begrüßt uns ein Reh. Und überall in der Prairie „bellen“ die Prairie Dogs, an diesen putzigen
Kerlchen kann man sich nicht sattsehen. Sie haben auch in diesem Jahr viele Junge. Diese Tiere sind sehr
putzig anzusehen. Wenn sie auf ihren Hinterbeinen stehen, sehen sie aus wie Wachsfiguren. Dann pfeifen
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sie und schwupp sind sie in ihren Erdlöchern verschwunden, um aber sofort neugierig wieder
herauszusehen. In diesem Park gibt es einige Prairie Dog Towns! Der Rundweg durch den Park, 36 Meilen
(58 km) ist immer wieder ein Erlebnis. Wir halten am Scoria Point Overlook und North Dakota Badlands
Overlook. Die Felsformationen haben viele schöne Farben, u. a. rot. Die Farbe kommt von der Kohle, die
verbrannte und dann rote Ziegelerde hinterließ. Am Wind Canyon laufen wir einen kleinen Trail, von dort
haben wir einen herrlichen Überblick über den Little Missouri River. Unterwegs begegnet uns ein einsamer
riesiger Büffel, er lässt sich durch uns nicht stören. Doch die Herden von Wildpferden mit einigen
Jungtieren beobachten uns neugierig. Und dann kommen wir zu einer Gruppe von 3 Büffeln, von denen
einer direkt an der Straße an uns entlang wandert. Mir ist das nicht geheuer, so nah an den riesigen Tieren
zu sein … Da sind mir die schönen Pronghorn-Antilopen doch lieber. Ein kleiner Hase flitzt kreuz und quer
durch die Gegend, doch wir können keinen Grund für seine wilde Flucht erkennen. Gegen 9 Uhr, nach mehr
als 2 Stunden und 40 Meilen (65 km) sind wir am Medora Visitor Center, welches nun geöffnet hat und wir
schauen uns dort die Ausstellung über Theodore Roosevelt und sein Leben in North Dakota an.
Thedore Roosevelt kam im September 1883 erstmalig als Büffeljäger in diese Gegend und er verliebte sich
in das wilde und zerklüftete Land und den freien Lebensstil des Westens. Er investierte in zwei große
Viehfarmen, Maltese Cross und Elkhorn. 1909 wurde Roosevelt mit 42 Jahren der jüngste Präsident der
USA. Er nannte seine Jahre in den „Badlands“ die Romanze seines Lebens. Und er sagte, ohne die
Erfahrungen, die er in Dakota machte, wäre er nicht Präsident geworden. Theodore Roosevelt wurde
aufgrund seiner Erfahrungen und Erlebnisse in der Region, beispielsweise der starken Dezimierung des
Bisons und den Folgen von Überweidung, ein Anhänger des Naturschutzes. Er gründete während seiner
Präsidentschaft 5 Nationalparks, 18 National Monuments, 51 National Wildlife Refuges und den US Forest
Service mit 108 Nationalforsten.
Der am 10. November 1978 gegründete Theodore Roosevelt Nationalpark ist 285 km² groß. Die zwei
Hauptteile sind etwa 130 km voneinander entfernt. In einer etwas abgelegenen Sektion des Parks liegen die
Überreste der 1884 von Theodore Roosevelt aufgebauten Elkhorn Ranch. Die drei Teile des Parks sind von
der Prärie des Little Missouri National Grassland umgeben. South Unit ist der größte Teil des National
Parkes. Der Little Missouri River durchfließt alle drei Teile und über den Maah Daah Hey Trail, der alle
drei Einheiten verbindet, kann man eine herrliche Wanderung machen. Auch wenn die Landschaft im ersten
Augenblick lebensfeindlich und unfruchtbar erscheint, so ist sie doch der Lebensraum vieler
unterschiedlicher Tier- und Pflanzenarten. In den Badlands sind mehr als 200 Vogelsorten zu Hause, viele
davon sind Singvögel. Bereits Roosevelt begeisterte sich über die Sangeskünste der gefiederten BadlandBewohner. Der Park beheimatet darüber hinaus verschiedene Rotwildarten. Die Weisswedel-Hirsche
bevorzugen die Flussauen, während die sog. "Mule Deers" das offene Land und die höher gelegenen
Bereiche der Badlands bevorzugen. In den 1950er Jahren wurde der amerikanische Bison wieder
angesiedelt. Außerdem leben Mustangs, Gabelböcke, Präriehunde und Kojoten im Park. Die Zahl der
Mustangs wird durch das Fangen überzähliger Tiere auf einem konstanten Bestand von etwa 70 bis 110
Tieren gehalten. Die Zahl der Bisons wird ebenfalls reguliert. Man beschränkt den Bestand auf 200-400
Tiere im Südteil und 100-300 im Nordteil. Als Teil der Szenerie, die Theodore Roosevelt so schätzte, wird
eine Herde von Longhorn-Rindern gehalten. Wie wir von Freunden erfuhren, haben sich sämtliche Tiere
enorm vermehrt und nun muss die Zahl durch staatl. kontrollierte Jagden wieder reduziert werden.
Der Theodore-Roosevelt-Nationalpark besteht aus durch Erosion geprägte Landschaften: Ödland, Badlands
und Prärie im Westen von Nord-Dakota. Vor ca. 60 Mio. Jahren trugen Flüsse erodiertes Material von den
noch jungen Rocky Mountains nach Osten und lagerte dieses in das tief liegende, flache Land der Great
Plains ab. Manche nennen die Badlands, das Land, das Gott vergessen hat. Die Badlands sind eine
Verwitterungslandschaft, die für Landwirtschaft denkbar ungeeignet schien, daher der Name Badlands –
schlechtes Land. In den frühen 1800 Jahren nannten die französischen Trapper die Gegend „a bad land to
cross“. Ein Badland ist ein von tiefen, eng stehenden Erosionsrinnen zerschnittenes Gelände. Die
Erdoberfläche in Badlands ist durch leicht verwitternde Gesteine und offene Böden geprägt. Durch Wasseroder Windein-wirkung werden vor allem Schiefertone, Tonsteine und Lehme rasch erodiert, was zur
Entstehung der typischen Oberflächenformen führt. Die Badlands von North Dakota sind das
Zwischenergebnis der voranschreitenden Verwitterung der unterschiedlich harten Gesteins- und
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Lehmschichten. Lange Trockenzeiten, flutartige Regengüsse, große Temperaturunterschiede, die den
Pflanzenwuchs behindern, tragen das ihre zum Verwitterungsprozeß bei. Oxyde im Gestein sind für dessen
Färbung verantwortlich.
Die Lakota bezeichneten die Badlands als „Makhóšiča“, für schlechtes Land, während französische
Pelzjäger die Badlands als „les mauvaises terres à traverser“ bezeichneten - „das schwer zu durchquerende
Land“. Die Spanier bezeichneten sie als malpaís, tierra baldía (Ödland) und cárcava. Wichtige Formen in
Badlands sind Canyons, Schluchten und Hoodoos. Ein Badland-Gebiet besteht überwiegend aus sich
ständig erweiternden Schluchten und Tälern, zwischen denen scharfe Kämme stehen bleiben. Badlands
besitzen außerdem eine spektakuläre Farbgebung, die z.B. zwischen schwarz/blauen Kohleschlieren und
gelb/rötlichen Lehmablagerungen wechselt.
Aus archäologischen Funden geht hervor, dass sich bereits vor 12.000 Jahren Menschen in den Badlands
von North Dakota und auch im heutigen Parkgebiet aufgehalten haben. Seit ca. dem 10. Jahrhundert
durchstreiften und beherrschten halbseßhafte Mandan das riesige Präriegebiet westlich des Missouri River
bis hin zu den Badlands. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts bemächtigten sich berittene Stämme, allen
voran die Dakota-Sioux und die Cheyenne, der nördlichen Great Plains und der Badlands. Die Bisonjagd
wurde zur neuen Lebensgrundlage der Plain-Indianer. Hundert Jahre später folgten die ersten weißen
Siedler und begannen mit der gezielten Ausrottung der Menschen und der Tiere der Great Plains. Als
Theodore Roosevelt 1883 zum ersten Mal in die Little Missouri Badlands kam, um Bisons zu jagen, war der
Bestand bereits so stark dezimiert, dass die Jagd erfolglos blieb. Von den rund 60 Mio. Bisons, die noch 20
Jahre zuvor in riesigen Herden durch die Prärie zogen, waren nur noch einige hundert Exemplare am Leben.
Im Hotel zurück trinken wir Kaffee und dann lädt Rolf das Motorrad, welches heute spiegelt und glänzt.
Rolf hat das Motorrad gestern noch geputzt, nach den vielen Kilometern auf den Staubstraßen. Um 9.30 Uhr
verlassen wir Medora, zunächst über die Interstate 94 West, Richtung Montana, dann nach Norden. Wir
überqueren den Little Missouri River und fahren durch Golden Valley, eine herrliche Landschaft. Kurz vor
Beach hören die Buttes auf und riesige Felder begleiten uns, die Landschaft ist flach. In Beach frühstücken
wir, nachdem uns ein Einheimischer einen Tipp gab. Im Fernsehen erfahren wir, dass Obamas
Gesundheitsreform vom Supreme Court mit 5:4 Stimmen in Kraft gesetzt wurde. Die Republikaner sagen,
es sei der „schwärzeste Tag“ in der Geschichte Amerikas, die Freiheit sei in Gefahr. Völlig verrückt finden
wir.
Es ist 10.40 Uhr. Wir fahren weiter über die Interstate 94 West. Um 11.20 Uhr überqueren wir die Grenze
zu Montana. In Glendive wechseln wir auf den HW 2005 West. Hier erleben wir sich ständig wechselnde
Landschaftsbilder, Prairie, Weizenfelder und bizarre Sandstein-Buttes, die golden in der Sonne leuchten.
Um 12 Uhr überqueren wir den Yellowstone River, der ziemlich viel Wasser führt. Und um 13 Uhr machen
wir Pause auf einer schattigen Bank in Circle, direkt vor dem Sheriff’s Office. Einer der Deputy Sheriffs
spricht uns an und wir quatschen ein bisschen. Ich bin sehr beeindruckt von ihm, denn er ist schwer
bewaffnet. Nachdem wir in einem kleinen Supermarkt noch Einiges eingekauft haben, fahren wir weiter
über den HW 13 West bis Wolf Point. Um 14.30 Uhr erreichen wir die historische Lewis & Clark Bridge
(Wolf Point Bridge) am Missouri River. Es ist inzwischen ganz schön heiß geworden. Der Bau der Brücke
begann 1929, Bauende 1930: 3.274 m lang, besteht aus 1.150 Tonnen Stahl, 1.219 m größte Spannweite und
gehört zu den National Historic Places. Wolf Point Bridge ist die längste und massivste Brücke in Montana.
Zurzeit ist das Bauwerk für den Verkehr geschlossen, doch man arbeitet daran, die Brücke zumindest für
Fußgänger wieder freizugeben.
Wolf Point ist die größte Gemeinde in der Fort Peek Indian Reservation, 1888 eingerichtet. „Enlarged
homestead act of 1909“ erlaubte den weißen Siedlern, sich auch in der Reservation niederzulassen, ein
weiteres Unrecht gegenüber den Indianern. Fort Peck ist das neuntgrößte Indianer-Reservat in den USA und
die Heimat der Assiniboine und verschiedener Sioux-Stämme. Im März 2012 wurden 63 genetisch reine
Bisons aus dem Yellowstone National Park in die Fort Peck Reservation gebracht. Sie sollen dort frei leben
auf einem 2.100 Hektar großen Gebiet, 25 Meilen nördlich von Poplar. Die Indianer feierten dies, wurden
doch vor Jahren die hier lebenden Büffel durch weiße Jäger und Siedler ausgerottet. Allerdings haben wir
Schilder gesehen, auf denen weiße Farmer dagegen protestieren, dass in Montana Büffel frei leben dürfen.
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Ab Wolf Point folgen wir dem HW 2 West über Fraser, Nashua bis Glasgow. Leider finden wir dort kein
Zimmer. Die Öl-Miner haben alles mit Beschlag genommen und die wenigen freien Zimmer sind hässlich
und sauteuer. Gegen 16.10 Uhr verlassen wir die Fort Peck Indian Reservation. Endlos ziehen sich die
Weizenfelder und Weiden. Das Auge sieht kein Ende. Hin und wieder erspähen wir ein paar Pferde, Rinder,
mal eine Ranch oder Farm, sonst ist alles menschenleer. Wir müssen weiter, nirgendwo ein Hotel. Endlich,
nach 340 Meilen (548 km), nach 11 ½ Stunden, erreichen wir Malta, wo wir im Sportsman Hotel ein
Zimmer finden. Wir sind heilfroh. Leider sieht Rolf im Fernsehen, dass die Deutschen verloren haben
(Fußball). Trotzdem machen wir uns einen schönen Abend. Es gibt Salami, Fisch, Tomaten, Radieschen,
Brot, Bananen, Bier und Wein. Das Hotel, geführt von einer Amerikanerin, die bald in Rente gehen will, ist
recht ungepflegt und staubig, doch Bett und Bad sind sauber. Wir gehen früh schlafen, es war ein langer
Tag.
Freitag, 29. Juni 2012
24. Tag
Fort Benton, Montana
Pioner Lodge Motel
Malta / Chinook / Bear Paw Battlefield Nez Perce National Historical Park / Blaine County Museum /
Museum of Upper Missouri / Fort Benton
Gefahrene Meilen: 204 (329 km)
Wecker wie immer um 6 Uhr. Nun brauchen wir nicht mehr zu zittern, Deutschland ist nicht im Endspiel
der Fußball-Europameisterschaft, sondern Italien und Spanien. Gestern Abend hatte Rolf noch ein längeres
Gespräch mit einem Biker aus Connecticut, der seit April auf Tour ist und Rolf einige Tipps gab. Im
Gegenzug bekam er einige Empfehlungen von uns, da er in die Richtung fährt, aus der wir kamen. Rolf hat
im Übrigen mal wieder umgeplant, wir fahren heute nach Great Falls, Montana. Da wir im Hotel kein
Frühstück bekommen, machen wir nur den Tee für unterwegs und 2 Tassen Kaffee für Rolf zum
Brottunken. Das erinnert mich immer an meine Oma. Gegen 7.30 Uhr starten wir, es geht weiter auf HW 2
West. Nur Prairie, hin und wieder mal ein Rind oder Pferde, sonst nur Wildnis. Es ist ein herrlicher Morgen,
frische klare Luft, 20 Grad, fast schon kühl. In Dodson fotografiert Rolf eine „Geisterbar“. Wir durchqueren
die Fort Belknap Indian Reservation, die viertgrößte Reservation in Montana, Homeland der Gros Ventre
und Assiniboine Stämme. Wir kommen durch Harlem und machen Pause in Chinook, Blaine County.
Inzwischen begleiten uns die Bear Paw Mountains am Horizont des Highways. Eine kleine Katze mit
rötlichem Fell sitzt auf einem Zaun und sonnt sich. Wir folgen dem Nez Perce Trail. Von Chinook aus
besuchen wir den Bear Paw Battlefield Nez Perce National Historical Park, der ca. 20 Meilen (32 km)
südlich der Stadt liegt.
Der „Battle of the Bears Paw“ war die letzte Schlacht des Nez Perce Krieges. Einige der Nez Perce konnten
entkommen, aber Chief Joseph sah sich gezwungen, sich mit der Mehrheit seiner Anhänger vor General
Oliver O. Howard und Colonel Nelson A. Miles zu ergeben. Das Schlachtfeld ist Teil des Nez Perce
National Historic Trail. Am 29. September 1877 lagerten hier ca. 700 Nez Perce, um sich auszuruhen,
Büffel zu jagen, bevor sie weiter ziehen wollten nach Kanada, zu Sitting Bull. Am 30. September 1877
entdeckte Colonel Miles das Camp. Man umzingelte die Indianer und stahl ihre Pferde. Während des
Kampfes, der 6 Tage dauerte, starben viele Indianer und Soldaten. Am Nachmittag des 5. Oktober ergab
sich Chief Joseph, um das Leid seines Volkes zu beenden. Chief Joseph war ein militärisches Genie, mutig
und doch menschlich.
Er sprach die berühmten Worte: “From where the sun now stands, I will fight no more forever.”
Und er hielt sein Wort, im Gegensatz zu den Militärs, die ihre gegebenen Versprechen brachen, die mehr als
1.500 Pferde nicht zurückgaben und das Eigentum der Nez Perce verbrannten.
Am Bear Paw Battlefield endete die 1.170 Meilen (1.884 km) lange Reise der Nez Perce – Nee-Me-Poo –
die in Joseph, Oregon, begann, mit vielen Toten auf beiden Seiten. Kanada war nur noch 40 Meilen (65 km)
entfernt, die Berge schon sichtbar. Nur die White Bird Band, ca. 150 Personen, floh nach Kanada und lebte
dort mit Sitting Bull’s Stamm der Lakotas in Fort Walsh. Die Nez Perce, die sich mit Chief Joseph ergeben
hatten, wurden ins Exil verfrachtet, erst nach Kansas, später nach Oklahoma. Heute jedoch sind viele der
Nez Perce Indianer in ihre alte Heimat zurückgekehrt und so lebt ihre Kultur fort. Das haben sie ihrem
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Führer, Chief Joseph, zu verdanken.
Uns beeindruckt dieser Ort sehr, Info-Tafeln und Broschüren erzählen die Geschichte der Nez Perce, die
mich schon seit Jahren fasziniert.
„ You white people measure the Earth, and divide it.
The Earth is part of my body; and I never give up the Earth. I belong to the land out of which I came.
The Earth is my mother!“
Chief Tulhuulhulsuit, Fort Lapwai, 1877
„We do not wish to interfere with your religion, but you must talk about practical things. Twenty times over
you have repeated the Earth is your mother; and that chieftenship is from the Earth. Let uns hear it no more,
but come to business at once.”
General Oliver O. Howard, Fort Lapwai, 1877
Aus diesen Worten ist die ganze Arroganz der Militärs ersichtlich. Eine Rangerin, die vor Ort ist, erzählt
interessante Dinge über das veränderte Leben in dieser Gegend Montanas. Sie berichtet von der steigenden
Kriminalität durch die Öl-Arbeiter. 6 von ihnen ermordeten eine junge Lehrerin, nachdem sie sie beim
Joggen überfallen und missbraucht hatten. Sie verbuddelten die Leiche unter einem Baum. Die Männer,
betrunken, wurden gefasst und verurteilt, doch die Leiche der jungen Mutter wurde bis heute nicht
gefunden. Die Rangerin meint, dass der Staat mehr gefordert sei, denn die Öl-Industrie setze sich über Recht
und Gesetz hinweg, das führe dazu, dass jeder nun glaube, das Gesetz in die eigenen Hände nehmen zu
können – der wilde Westen sei im wahrsten Sinne des Worte wieder vor Ort. Das sind beunruhigende
Informationen. Rolf wird auf dem Rundgang auf dem Schlachtfeld erneut von einer Biene gestochen, in
diesem Jahr haben es diese Viecher auf ihn abgesehen. Wir verlassen den nachdenklich machenden Ort und
fahren zurück nach Chinook, wo wir das Blaine County Museum besuchen. Dort sehen wir einen
herzergreifenden Film „Forty Miles from Freedom“ über den letzten Kampf der Nez Perce am Bear Paw
Battlefield. In dem Film setzt man sich kritisch mit dem begangenen Unrecht auseinander. Außerdem wird
im Museum die prähistorische Geschichte dargestellt, das Leben der Native American Kultur, die
Pioniertage der Cowboy-Ära, die harten Tage der ersten Siedler und das Leben durch die beiden Weltkriege.
Historische Orte wurden nachgebildet, wie eine Kirche, ein Schulraum, eine Zahnarzt-Praxis – da wird
einem Angst – und eine Arzt-Praxis. Der Besuch dieses faszinierenden Ortes lohnt sich. Wir haben während
der Mittagspause Picknick im nahegelegenen schönen Park gemacht und uns danach viel Zeit für das
Museum genommen.
Mich interessiert besonders die Geschichte der „White Buffalo Woman“, eine mythische Figur der Lakota
und Dakota. Sie ist eine Kulturbringerin und wird verehrt als Tochter des Wi und Gattin des Südwindes. Die
Geschichte erzählt, dass zwei Brüder, die am Devils Tower auf der Jagd waren, eine schöne Frau sahen, die
auf sie zukam. Der eine der Brüder wollte sie haben und wurde darum von ihr umgebracht. Den anderen
wies sie an, ihr Kommen am nächsten Tag im Lager anzukündigen und den Stamm vorzubereiten. White
Buffalo Woman kam ins Lager und brachte ihnen die rote Zeremonienpfeife mit den Worten: „Seht diese
Pfeife. Vergesst nie, wie heilig sie ist und behandelt sie gut, denn sie führt Euch zum Ende. Denkt daran, in
mir sind vier Zeitalter. Ich gehe von Euch, aber ich schaue auf Euch zurück und am Ende kehre ich wieder.“
Seit damals wird die Heilige Pfeife vom Hüter der Zeremonienpfeifen aufbewahrt. White Buffalo Woman
lehrte die Menschen auch die 7 Riten: Die Schwitzhütte, die Olowanpi-Gesänge, die Visionssuche, der
Sonnentanz, das Seelenhüten, die Verschwägerung, das Ballspiel. Beim Verlassen des Dorfes verwandelte
sich White Buffalo Woman in ein weißes Büffelkalb.
Der Tradition entsprechend symbolisiert die Pfeife den Menschen, der auf der Achse der Welt steht. Der
Pfeifenkopf steht für Mutter Erde, der Pfeifenstiel für das menschliche Ich und den Evolutionsweg des
Menschen. Er wird meist aus Catlinit geschnitten, Tonstein aus den heiligen Steinbrüchen im heutigen
Minnesota, nahe der Grenze zu South Dakota. Pipestone National Monument bewahrt die Steinbrüche des
„Heiligen Tonsteins“, aus dem die Prairie-Indianer die Köpfe ihrer Caluments bis heute schneiden. Das
Pfeifenrohr wird aus dem Holz der Weißesche hergestellt, die das gesamte Pflanzenreich vertritt. In der
Vereinigung dieser Kräfte steigt mit dem Rauch, der Seele, das Gebet der Menschen auf zum Großen Geist.
Die Pfeife ist die Nabelschnur, die den Menschen mit dem Universum verbindet. Während des Stopfens der
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Pfeife werden Süssgras und Salbei verbrannt. Der Rauch soll positive und negative Energien anziehen und
böse Geister verjagen. Die Heilige Pfeife wird von Norden nach Süden und von Osten nach Westen durch
den Rauch gezogen und im Uhrzeigersinn in alle sechs Himmelsrichtungen Westen, Norden, Osten, Süden,
oben/Himmel und unten/Erde) gehalten. Dann wird sie angezündet und es werden vier Züge für die
Großväter der vier Himmelsrichtungen geraucht. Anschließend wird sie, wieder im Uhrzeigersinn, durch
den Kreis der Versammelten gereicht.
Die 7 Riten geben den Lakota im Familiären, im Sozialen und in der Gemeinschaft Halt. In ihrem
Überlebenskampf schöpfen sie bis heute Kraft aus dem geistigen Wissen der Väter. Die Lakota sehen sich
als Teil der Natur, die durch Wakan-Tanka geschaffen wurde.
Wi ist ein Geistwesen und repräsentiert die Sonne. Er gilt als allwissend und als Verteidiger der Tapferkeit
und Treue. Der Bison steht ihm als Tier besonders nah und wird deshalb als Erscheinungsform des Gottes
betrachtet. Die Tochter des Wi, die schöne Whope – White Buffalo Woman – brachte den Sioux die
Friedenspfeife. Diese Pfeife soll als Mittler zwischen den Menschen und Wakan Tanka dienen.
Wakan bedeutet in der Sioux-Sprache heilig, unbegreiflich oder geheimnisvoll. Nach Meinung der Sioux
hat jedes Ding auf der Welt seinen Wakan, der ungeboren ist und nicht stirbt. Wakan Tanka ist das Große
Geheimnis, dem alle Geistwesen unterstehen – nicht der Große Geist, wie von den Weißen interpretiert!
Nach 14 Uhr verlassen wir das Museum, welches uns sehr beeindruckt hat. Nach Havre biegen wir ab auf
den HW 87 South. Wieder endlose Felder, Weiden, menschenleer. Ab Big Sandy durch ein Tal, flankiert
von grünen Hügeln. Es ist wieder sehr heiß geworden. Bald erreichen wir Fort Benton.
Fort Benton, eine kleine Stadt (ca. 1500 Einwohner) in Montana. 1961 wurde ein Teil des Ortes als National
Historic Landmark ausgewiesen. Der Ort, benannt nach Senator Thomas Hart Benton aus Missouri, war
einstmals ein bedeutender Hafen am Oberlauf des Missouri River, der Kaufleute und Siedler bediente. Fort
Benton, 1847 gegründet von Auguste Chouteau und Pierre Chouteau, als Pelzhandelsposten (Blackfoot
Trading Post) auf dem Upper Missouri River. Fort Benton ist somit eine der ältesten Siedlungen im Westen
der USA und die älteste kontinuierlich besiedelte Stadt in Montana. Der Ort wurde zum wichtigsten
Handelszentrum im Nordwesten. Auf ihrem Weg zum Pazifik wurde der Missouri River von Lewis & Clark
als ihre Route zu den Rocky Mountains genutzt. Der Hafen war Endstation der Dampfschiffe, die Güter
aller Art, Kaufleute, Goldgräber und Siedler transportieren. Die Dampfschiffe konnten den Missouri nicht
weiter befahren, da sich einige Meilen oberhalb die Great Falls befanden. Mit dem Niedergang des
Pelzhandels verkaufte die American Fur Company das Fort im Jahr 1865 an die US Army. Fort Benton war
auch der Ort, wo der Union General Thomas Francis Meagher, Governeur von Montana, von Bord eines
Dampfbootes fiel oder gestürzt wurde und ertrank. Seine Leiche wurde nie gefunden. Meagher war irischer
Nationalist und Anführer der Young Irelanders in der Rebellion von 1848. Er wurde in Irland zum Tode
verurteilt, begnadigt und nach Tasmanien deportiert. 1852 floh er nach Amerika, wo er Jura studierte und
als Journalist arbeitete. Zu Beginn des amerikanischen Bürgerkrieges trat er in die Armee ein und wurde
Brigade-General. Nach dem Krieg wurde er Gouverneur von Montana. Er war zeitlebens ein kritischer und
unbequemer Mann, der viele Feinde hatte, darum ist bis heute nicht geklärt, ob sein Sturz ein Unfall oder
ein Anschlag war.
Eine weitere interessante Geschichte ist die von Shep, einem Hütehund, der von 1936 und 1942 an der Great
Northern Railway Station Wache hielt. Sein Herrchen, Shep Meister, wurde dort in einem Sarg verladen.
Shep wartete auf die Rückkehr seines Herrn. Die Stations-Angestellten kümmerten sich um den Hund und
fütterten ihn. 1942 starb Shep, er wurde von einem Zug erfasst und konnte nicht gerettet werden. Er wurde
feierlich in Fort Benton, auf einem Hügel über der Stadt, begraben und es wurden viele Lobreden auf seine
Treue gehalten. Am Ufer des Missouri River in der Stadt ist ihm 1994 ein Denkmal in Form einer
Bronzeskulptur von Bob Scriver errichtet worden.
All diese interessanten Geschichten liest man auf Schau-Tafeln, die entlang des Missouri River am Levee
Walk aufgestellt sind. Hier finden sich auch Anekdoten über Eleanor Dumont (1834-1879), auch bekannt
als Madame Moustache wegen ihrer schwarzen Haare auf der Oberlippe, eine professionelle, unglaublich
begabte Karten-Spielerin. Wir besuchen das historische Fort und das Museum of the Upper Missouri. Leider
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sollen beide schon um 16 Uhr schließen, so dass wir uns beeilen müssen. Doch man erlässt uns den Eintritt.
Einige ältere Männer im Fort erzählen und erklären uns alles, Geschichte hautnah, für Menschen, die es
interessiert. Alles ist sehr schön hergerichtet und dargestellt. Wir sind ganz begeistert von diesem Ort und
seiner Historie.
Natürlich besuchen wir auch das historische Grand Union Hotel, direkt am Missouri gelegen. Es ist
Montanas ältestes in Betrieb stehendes Hotel, ursprünglich 1882 eröffnet. Es gehörte zu den schönsten
Hotels zwischen Chicago und Seattle. Restauriert und zu neuem Glanz erweckt wurde es 1999. Auch dieses
schöne Gebäude und Hotel gehört zu den National Historic Places. Ein Doppelzimmer kostet 145 Dollar,
inclusiv Deluxe Continental breakfast (Frühstück), zuzüglich Steuer! Für unseren Geldbeutel etwas zu teuer,
aber es lohnt sich, das Hotel anzuschauen, es ist wunderschön ausgestattet mit einem herrlichen Garten
direkt am Missouri.
Da wir beide geschafft sind vom vielen Anschauen heute und Rolf das herrliche alte Pioneer Lodge Motel
entdeckt hat, bleiben wir kurzentschlossen in dem historischen Ort, der „Geburtsstadt Montanas“. Wir
waren heute 9 ½ Stunden bei 30 Grad, sehr schwül, unterwegs. Außerdem wurden wir heute von vielen
Insekten geplagt. Rolf wurde ja in den Hals gestochen und mein linker Fuß ähnelt einem Elefantenfuß, so
dick angeschwollen ist er. In dem kleinen Lebensmittelladen des Ortes kaufen wir günstig ein, Putenbrust,
Kartoffelsalat, Radieschen, Kirschen (ein Traum), Bier, Wein und Brot. Wir genießen unser Dinner.
Anschließend macht sich Rolf auf, am Missouri entlang zu wandern und seine Zigarre zu rauchen. Ich kühle
und lagere inzwischen meinen Fuß hoch. Der Ort Fort Benton ist eine Idylle. Es verirren sich kaum
Touristen hierher und deutsche Motorradfahrer schon gar nicht. Und zur Erinnerung: Auch heute im 21.
Jahrhundert befinden wir uns hier im realen wilden Westen, wo die Menschen nach ihren ganz eigenen
Gesetzen leben. Rolf und ich fühlen uns hier sehr wohl, wie Zuhause, denn die Menschen sind herzlich,
freundlich und hilfsbereit. Unser Zimmer hat den Namen „Homestead“, unser Nachbar schläft in „Lewis &
Clark“. Das Hotel ist sehr schön, ruhig, die Räume sind kühl – denn das Haus ist aus Backsteinen gebaut.
Samstag, 30. Juni 2012
25. Tag
St. Regis, Montana The Little River Motel
Fort Benton / Great Falls / Lewis & Clark Heritage Center / Rogers Pass / Lincoln / Bob Marschall Wilderness / Ovando / Blackfoot Valley / „Ninemile Historic Ranger District – Lolo National Forest / St. Regis
Gefahrene Meilen: 309 (498 km)
Um 6 Uhr werden wir geweckt, zum Frühstück gibt es sehr guten Kaffee, Saft und leckere Muffins. Am
Empfang finden wir eine Info über das Hotel, welches in das National Register of Historic Places
aufgenommen wurde. T.C. Power begann hier seine Geschäfte mit Zelten im Jahr 1867. Das erste Gebäude
errichtete er 1882. Dieses und ein anderes Gebäude brannten bis auf die Grundmauern nieder und so wurde
im Jahr 1916 das heutige Haus errichtet, gebaut „für die Ewigkeit“. Die Wände sind 18“ dick und die
Böden, 9“, aus massivem Beton, nahezu unverwüstlich. Von 1930 bis 1985 war das Gebäude der „Pioneer
Mercantile Store“ für den ganzen Ort Fort Benton. Seit 1986 wird es als Familienbetrieb als „Pioneer Lodge
Motel“ geführt. Um das historische Erscheinungsbild zu erhalten, sieht das Gebäude von außen immer noch
aus wie ein Speicher. Aber im Innern ist es herrlich bequem, mit einer großen Lobby, die den Gästen einen
herrlichen Panorama-Blick über den Missouri River und den Fußweg mit Bäumen und Hügeln erlaubt. In
diesem schönen Hotel gibt es wirklich nichts zu meckern. Im Fernsehen sehen wir, dass mehr als 20 Staaten
der USA unter einer großen Hitze leiden. Eine Hitze, wie es sie seit 25 Jahren nicht gab. Wegen des Feuers
in Colorado – 35.000 Menschen wurden evakuiert, 350 Häuser verbrannten, 2 Tote – gibt es ständig neue
Nachrichten und Sondermeldungen. Obama besucht heute die Region, Katastrophenalarm wurde ausgelöst
und staatliche Hilfe zugesagt. Nachdem wir einen Rundgang durch das historische Zentrum von Fort Benton
– immer am Missouri River entlang – gemacht haben, starten wir gegen 8.30 Uhr.
Die Fahrt am Missouri entlang ist ein Traum, unendliche Weite. Wir haben bereits 27 Grad. Das Lewis &
Clark Heritage Center in Great Falls ist unser Ziel. Dort angekommen, erleben wir etwas ganz Besonderes.
Einmal im Jahr hält hier die Lewis & Clark Foundation ein Fest ab, mit vielen interessanten Ständen:
Medizin, Navigation, Kräuter, Fellen. Es gibt ein Kochzelt, in dem eben gefangene Lachse zubereitet
werden … sieht gut aus und riecht lecker. Alles wie 1805, als Lewis und Clark hier durchzogen. Alle
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Personen sind authentisch gekleidet. Wir erleben, wie bewaffnete Männer die amerikanische Flagge hissen,
Salut schießen, einfach toll. Einer der Männer erklärt uns Einiges: Man hatte nur einen Schuss, fatal, wenn
er nicht losging. Wir erfahren auch, dass auf der Lewis & Clark Expedition Deutsche als Köche mitreisten,
da sie sich darauf verstanden, den Fisch und das Fleisch schmackhaft zuzubereiten. Für uns ist das alles ein
ganz besonderes Erlebnis, eine Reise in die Vergangenheit, die wir miterleben dürfen. Und – alles
kostenlos!
Great Falls hat seinen Namen von fünf Wasserfällen am oberen Missouri River, an denen heute Staudämme
errichtet sind. Great Falls gehörte zum Stammesgebiet der Blackfeet Indianer, bis die US-Regierung 1803
das Land beanspruchte. Lewis war der erste Weiße, der die Gegend 1805 aufsuchte, als Teil der Lewis &
Clark Expedition. York, ein Afro-Amerikaner, Sklave im Besitz von Clark, der ebenfalls an der Expedition
teilnahm, war der erste schwarze Amerikaner, der diesen Ort besuchte.
Great Falls ist die Heimat der Malmstrom Air Force Base und der 341. Missile Wing. Auch Montana Air
National Guard’s 120. Fighter Wing (F-15 Eagles) sind hier beheimatet, ebenso wie die 889. Army Reserve
Einheit und die 819. Redhorse Deployment Unit.
Durch die Staudämme hat der Missouri in Great Falls sehr an Kraft und Wildheit verloren, doch Rolf
kraxelt wie üblich am Abgrund herum, um zu fotografieren. Erst nachdem alle Fotos im Kasten sind, sehen
wir die Verbotsschilder, die vor dem unstabilen Untergrund und einem Absturz warnen.
Wir verlassen HW 87 South und fahren auf HW 89 North / Interstate 15 North, dann HW 200 West ab
Vaughn. Es wird gebirgig, kühler, der Highway ist wie eine steile Achterbahn, steil bergauf, steil bergab.
Junge Rehe springen umher, Gott sei Dank nicht vor uns auf die Straße. Bedrückt mich jeden Tag, die
vielen angefahrenen oder toten Tiere zu sehen. Und was ganz schön makaber ist, überall finden sich riesige
Anbauflächen für die Herstellung von Bio-Diesel und Menschen hungern, sowohl im reichen Amerika als
auch in Deutschland und anderswo. Am Horizont begleiten uns die schneebedeckten Gipfel der Rock
Mountains, Teton Peak, 2.566 m. Wir überqueren den Rogers Pass, 1.710 m. Am Wegesrand stehen
Schilder, wie
„We trust in God. We trust in Montana. But we do not trust in or Government.”
Gemeint ist damit die Obama-Regierung.
Wir befinden uns hier in einer ziemlich wilden Gegend, der Bob Marshall Wilderness, die u. a. auch ein
Zufluchtsort für Grizzly-Bären ist.
Um 13 Uhr machen wir Rast in Lincoln, an der Moose Lodge und genehmigen uns ein alkoholfreies Bier.
Lincoln ist total überfüllt – Rodeo bis zum 4. Juli! Hier im Gebirge mit viel Grün umgibt uns wieder ein
herrlicher Pinienduft. Allerdings treibt der Borkenkäfer auch hier in den Wäldern sein Unwesen. Es ist ein
herrlicher Tag zum Motorradfahren. Um 14 Uhr erreichen wir Ovando im Blackfoot Valley, ein Ort aus
einer anderen Welt, ca. 70 Einwohner. Vor Jahren haben wir hier schon mal gehalten, weil uns solch urige
kleine Orte besonders gut gefallen. Ovando und das Blackfoot Valley sind reich an Geschichte und
Legenden. Heute am Samstag hat ein kleines Museum geöffnet und natürlich müssen wir diesem einen
Besuch abstatten. Ein Schild erzählt die Geschichte der Bob Marshall Wilderness, eines der größten
Wildnis-Gebiete in den USA. Sie ist Heimat für Grizzlys, Bergziegen, Wolverines, Hirsche, Elche, Rehe,
Wölfe und andere Tiere. Bob Marshall, 1901-1939, war Förster und Naturschützer. Seine Vision rief den
US-Forest Service zum Leben. Man erkannte, dass man die Natur schützen musste. Bob Marschall
erreichte, dass 5,5 Millionen acres (1 acre = 4.047 m²) geschützt wurden. Einmal fragte man Marschall, wie
viel Wildnis brauchen wir eigentlich? und er antwortete, wie viele Brahms Sinfonien brauchen wir?
Die ersten Bewohner von Montana vor mehr als 14.000 Jahren waren Indianer. In der Gegend des heutigen
Ovando lebten die Kootenai, die nur für die Büffeljagd das Land verließen. Später kamen auch Salish, Pend
d’Oreilles, Crow, Shoshone, Gros Ventre und Nez Perce als „moderne“ Indianer hinzu. Die Indianer
nannten den Blackfoot River „den Weg zu den Büffeln“. Heute ist diese Straße der HW 200. Meriwethr
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Lewis war der erste Weiße, der am 6. Juli 1806 in der Nähe Ovandos, an der Mündung des Big Blackfoot
River und einem Bach, lagerte. Er befand sich auf der Rückreise von der Pazifikküste. Er nannte den Bach
nach seinem Hund, Seaman. Später wurde er umbenannt in Monture Creek, nach einem US Army Scout.
Ovando entstand in den 1870er Jahren mit den Pionieren Geary, McNally, Jacobsen,Brunner, Jakways,
Shoups, Boyds, Kleinschmidt und Ovando-Hoyt, nach dem die Stadt benannt ist. Die Nachkommen dieser
frühen Siedler blieben in der Gegend und das MN von McNally ist eines der Originalbrandzeichen des
Staates. Viehzucht und Holzwirtschaft – das waren die Stützen der Siedler.
Ovando-Hoyt war Erfinder, Viehzüchter, Händler und der erste Postmeister des Ortes, der früher Sadiesville
hieß. Die Gemeinde bat ihn, nach Washington zu schreiben, um eine Poststelle einzurichten. Er unterschrieb
mit seinem Namen. Die Postbehörde meinte, Ovando sei ein besserer Name für die neue Stadt und das
Postamt. Noch heute sind Bürger von Ovando dankbar für diese Entscheidung. Im Jahr 1883, 6 Jahre bevor
Montana ein Staat wurde, wurde in Ovando das erste Postamt gebaut. Mit Schneeschuhen, zu Pferde,
Schlitten und Pferdegespannen wurde die Post angeliefert. Damals lebten mehr als 1.000 Menschen in
Ovando. 1884 wurde das erste Schulhaus gebaut, mit Schülerzahlen von 6 bis 35.
Die Jakways kamen 1892 in das Tal, sie betrieben eine Schaf-Ranch und eröffneten einen Laden. Charles
Jakways baute die erste Telefonleitung von Ovando nach Drummond. Es entstand die Blackfoot Telephone
Company, dieses Unternehmen ist heute der größte Telefonanbieter.
Ovando war ein geschäftiger Ort, mit 5 Saloons, zwei Läden, zwei Schmieden, einer Apotheke, einem
Hotel, einem Friseur und mit der Haupt-Zentrale des US Forest Service für den Blackfoot Wald – heute
Lolo National Forest. Im Dezember 1919 brach in einem der Läden ein Feuer aus und zerstörte viel von der
Stadt. Die Gebäude wurden nie mehr wieder aufgebaut und da der Ort nicht an die Eisenbahn-Linie
angeschlossen wurde, verschwanden nach und nach die Unternehmen und ein Großteil der Bevölkerung.
Heute leben ca. 80 Menschen in Ovando und die 100+ mehr Jahre alten Gebäude befinden sich auf der
Mainstreet um die Town Plaza: Community Church, Blackfoot Commerical Company, Custom Welding
Design, Trading Post und das Brand Bar Museum, welches sehr interessant ist.
Nach 14.35 Uhr verlassen wir den schönen kleinen Ort, in dem wir auch eine Indianer-Statue fotografieren,
an der ein Schild befestigt ist: Frage: „ Kann man unserem Staat trauen?“ – Antwort: „Frage einen
Indianer!“
Die Fahrt durch das Blackfoot Valley ist herrlich, der Fluss schlängelt sich durch die grünen Felsen. In
Bonner machen wir einen kurzen Tankstopp. Heute, am Samstag, sind viele Menschen unterwegs. Auch die
Fahrt ab Missoula auf der Interstate 90 West ist sehr schön. Der Clark Fork River begleitet uns, er führt viel
Wasser. Der Clark Fork River, ca. 500 km lang, fließt durch Montana und Idaho. Hier gibt es keine
Wasserknappheit wie in anderen Gegenden. Alles ist grün und blüht und die Feuergefahr steht auf „Low“ niedrig. Anders sieht es in Colorado aus, viele Menschen haben ihr Heim verloren. Das ist schon schlimm
zu sehen. Die USA erleben die schlimmste Hitzewelle seit 25 Jahren.
Wir machen einen kleinen Umweg zum „Ninemile Historic Ranger District“ im Lolo National Forest. Hier
wird ausführlich die historische und heutige Arbeit der Ranger und im Besonderen die Feuerbekämpfung
dargestellt. Man findet Infos über die Lasttiere und Feuerwehrleute, die in den nördlichen Rocky Mountains
in den 1920er und 1940er Jahren arbeiteten. Auch über die Arbeit der berühmten „Fire Jumpers“ wird
berichtet. Feuerspringer sind eine Schnelleinsatz und Vorauseinheit der Feuerwehr, die bei Wald- und
Flächenbränden wie Fallschirmspringer über dem Brandgebiet abspringen und mit primitiven Mitteln wie
Handpumpen, Spaten und Sägen die Brandbekämpfung vornehmen. Sie führen ein Iglu mit sich, das im Fall
einer Überrollung durch Feuer aufgebaut wird und als Schutzgebäude dient, es widersteht Temperaturen bis
zu 900 Grad. Die Feuerspringer arbeiten hauptsächlich in den ausgedehnten Wäldern der USA und Kanadas
und der Taiga Sibiriens, da in diesen Regionen die Zugangsmöglichkeit bogengebundener Einsatzkräfte
kaum möglich ist. Die Feuerspringer werden von der Bevölkerung als Helden gefeiert, aufgrund des Risikos
ihrer Einsatzart.
Im Visitor Center arbeitet ein Ehepaar aus Florida, ehrenamtlich, für 3 Monate im Sommer. Sie sind im
Übrigen auf Spurensuche der Familie. Die Frau erzählt uns mehr als ausführlich die ganze Familiensaga,
obwohl die uns, ehrlich gesagt, nicht wirklich interessiert. Ich muss gewaltsam unterbrechen, sonst würden
wir wohl noch heute dastehen und zuhören! Wir machen einen Rundgang durch den interessanten Ort und
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fahren dann weiter. Leider führt zu diesem historischen, schönen, aber abgelegenen Ort mal wieder eine
Gravel-Road, so dass wir auch heute ziemlich eingestaubt werden. Doch das Tal, welches wir durchfahren,
ist wunderschön, wild, grün, aber mehr besiedelt als die Prairie der letzten Tage. In Superior wollen wir ein
Zimmer nehmen im Budget Host Motel. Doch sie machen mit uns kein Geschäft. Obwohl das Hotel leer ist,
verlangt die Besitzerin 73 Dollar, uns ist das zu teuer. So fahren wir weiter. In St. Regis finden wir das
Little River Motel, nach ca. 10 Stunden. Es liegt ganz versteckt am Waldrand, nur wenig hört man die
Geräusche der Interstate. Wir erhalten ein kühles Zimmer, sauber und können draußen picknicken. Die
Besitzerin verspricht uns, morgen früh um 7 Uhr Kaffee zu machen. Wir sind zufrieden.
Sonntag, 1. Juli 2012
26. Tag
Grangeville, Idaho Downtowner Inn
St. Regis / Haugan – 10.000 Silver Dollar Bar / Lookout Pass / Wallace / White Pine Scenic Byway / St.
Maries / Fernwood / Kendrick / Nez Perce Trail – Lewis & Clark Trail / Cottonwood / Grangeville
Gefahrene Meilen: 270 (435 km)
Gestern haben wir noch Red und Rozy in Virginia City angerufen. Wir hoffen, Montagabend bei ihnen zu
sein. In der Nacht war mir ziemlich schlecht. Irgendwie ist mir der Fisch nicht bekommen. Da ich wach
war, habe ich ein fürchterliches Gewitter erlebt und starken Regen, der erst am Morgen gegen 7 Uhr
nachließ. Leider gibt es hier im Fernsehen keinen Wetter-Kanal, wo wir uns orientieren können, wie wir
weiterfahren, ohne nass zu werden. So trinken wir erst einmal Kaffee, den die freundliche Besitzerin extra
für uns macht. Rolf raucht noch gemütlich seine Zigarre, ehe wir um 8.30 Uhr losfahren. Es hat aufgehört
zu regnen und die Straße ist abgetrocknet. Wir folgen der Interstate 90 West. Die Nebel im Valley sehen
gespenstisch aus – „die Hasen kochen“ sagen die Schwaben dazu. In Haugan, an der 10.000 Silver Dollar
Bar (inzwischen mehr als 60.000!) halten wir, um zu tanken, zu schauen und zu telefonieren. Rozy hat in
Virginia City eine Cabin für uns gefunden und erwartet uns Montagabend.
Die Geschichte der 10.000 Silver Dollar Bar:
Lincoln’s 10.000 Silver Dollar Bar begann 1951, als Gerry und Marie Lincoln und drei ihrer Söhne von
Sandpoint, Idaho, nach Alberton, Montana, umzogen. 2 Meilen westlich dieser kleinen Stadt in Montana am
Highway 10 (heute Interstate 90) errichteten sie eine kleine Bar, mit Namen Cherry Springs. Bald waren sie
sich darüber im Klaren, dass die Leute einen Grund, eine Attraktion brauchten, um dort zu stoppen. Und sie
hatten auch eine Idee. Zu dieser Zeit wurden die Arbeiter (loggers and miners) in Silver Dollars bezahlt.
Also, Reisende nach Montana bekamen ihr Restgeld jeweils in Silver Dollars. Sie wiegen eine Tonne in
deiner Tasche! Am 1.Oktober 1952 schnitt Gerry ein rundes Loch in die Decke der Bar, befestigte einen
Silver Dollar in dem Loch und schrieb Maries und seinen Namen daneben. Die Idee machte Schule und im
Dezember 1953 waren es bereits über 2.000 Leute, welche ihren Silver Dollar und ihren Namen hinterlassen
hatten. Darum wurde die Bar umbenannt in „Lincoln’s 2.000 Silver Dollar Bar“. Die Decke der Bar ist
immer noch intakt und in Gebrauch, sie enthält 2.115 Silver Dollars und all die anderen Silver Dollars sind
auf den Wänden und um den ganzen Barraum verteilt. Jede Münze ist ein Zeichen des Einzelnen, der sie
hinterließ und viele Menschen, manchmal ihre Kinder oder Enkel, kommen zurück nach vielen Jahren, um
ihre Münze zu besuchen! 4 Jahre nach diesem Beginn, als die Arbeiten an der Interstate 90 begannen, im
Jahr 1956, zog die Bar um, mit über 6.000 Silver Dollars, und zwar 50 Meilen westlich nach Haugan,
Montana. Es wurden ein Geschenkladen und ein Souvenirgeschäft hinzugefügt und die Silver Dollar
Sammlung wuchs weiter! Über die Jahre wechselte der Name der Bar mehrfach: Von „Lincoln’s 2.000
Silver Dollar Bar“ to „2.500, 3.000, 4.000 und 6.000“ in Alberton und von „6.000 to 8.000“ zu dem
heutigen Namen „Lincoln’s World Famous 10.000 Silver Dollar Bar and Gift Shop“. Es gibt nunmehr über
60.000 Silver Dollars und es kommen jährlich ca. 1.500 Stck. hinzu. 43 ausländische Staaten, alle 50 USStaaten und alle kanadischen Provinzen sind repräsentiert, mit den Namen der Spender unter den Münzen.
Von diesen 40.000 Münzen, sind 10.623 richtige Silver Dollars. Der Rest sind Eisenhower „sandwich“
dollars. In 1972, als der Silberpreis hochging, wollten die Leute nicht mehr so oft Silver Dollars
hinterlassen, sie wollten teilhaben mit anderen Silbermünzen. Wie auch immer, sie wollten einen Dollar
schenken. Der Eisenhower Dollar ist einen Dollar wert und so wurde die Tradition fortgesetzt. Lincoln’s
10.000 Silver Dollar Bar zog nochmals um im Jahre 1976, aufgrund der Bauarbeiten an dem Freeway.
Dieses Mal unter dem Kommando von Rex Lincoln (2. Generation). 12.000 Münzen zogen um, gerade eine
Meile westlich zur Ausfahrt 16, an der Interstate 90. Dies ist nun das neue Heim und man hat heute ein
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Restaurant hinzugefügt, einen RV Park, eine Tankstelle, ein Motel und im Jahr 1994 noch ein Geschäft und
eine Dieseltankstelle. Und die Silver Dollar Sammlung wächst und wächst! 2002 feierten sie ihr 50-jähriges
Bestehen. Gerry und Marie würden stolz sein, könnten sie sehen, was ihre great-grandchildren (Brooke
Lincoln, 3. Generation) in ihrem Sinn weitergeschaffen haben!
Weiter geht die Fahrt, entlang dem kleinen St. Regis River. Wir passieren den Lookout Pass, 1.436 m. Der
Pass in den Coeur d’Alene Mountains der Bitterroot Range ist an der Grenze zwischen Montana und Idaho.
Hier befindet sich ein beliebtes Ski-Gebiet. Über den Mullan Memorial Highway besuchen wir wieder
einmal das historische Städtchen Wallace im Silver Valley Mining Distrikt und kaufen zunächst im
Supermarkt ein. Heute sind es nur 18 Grad. Doch es wird immer heller und wärmer. Dann geht es in das
historische Zentrum, welches prachtvolle alte Häuser aufweist.
Wallace, ca. 800 Einwohner, liegt am South Fork des Flusses Coeur d’Alene und ist der Hauptort des Coeur
d’Alene Silber-Bergbau-Distriktes, welcher mehr Silber produzierte als andere Orte in den USA. Ein
trauriges Kapital der Gegend sind die vielen Kriege, die zwischen Bergarbeitern und Bergbau-Besitzern
geführt wurden. Oft musste die Armee eingreifen.
Am 25. September 204 verkündete Bürgermeister Ron Garitone Wallace als das „Zentrum des
Universums“. Ein Abwasserdeckel soll die genaue Lage des Mittelpunktes des Universums sein. Die Stelle
ist markiert mit einem besonderen Deckel und trägt die Inschrift „Center of the Universe, Wallace, Idaho.“
Es findet eine besondere Veranstaltung zu diesem Thema statt, jedes Jahr am 3. Samstag im September. Da
wäre ich gerne mal dabei. In einer kleinen Bäckerei trinken wir Kaffee und verspeisen eine leckere
Zimtschnecke. Wir folgen nach Kingston dem HW 3 South, der sich hier auch White Pine Scenic Byway
nennt. Vorbei an Rose Lake, Medicine Lake, dort sind die Seerosen leider schon verblüht. Der Coeur
d’Alene River führt viel Wasser. Dieser Fluss fließt ca. 60 km vom Silver Valley in den Lake Coeur
d’Alene, nach dem See wird er vom Spokane River aufgenommen. Die Straße ist herrlich, durch St. Maries,
am St. Joe und St. Maries River entlang. Rolf ist begeistert von der schönen, kurvigen Strecke. Urige
Häuser, schöne Gärten mit allerlei Krimskrams, es gibt viel zu schauen während der Fahrt. In der Coeur
d’Alene Indianer Reservation finden sich phantasievolle Namen wie Big Bear Street, Windy Road etc. In
Fernwood machen wir Pause, es ist 13.30 Uhr. Ein wunderschönes Haus mit einem kleinen Teich und
allerlei schönen Dingen hat es uns besonders angetan. Anzumerken ist, dass wir manchmal sehr schöne
prachtvolle und ausgefallene Häuser sehen, leider sind diese oft durch „Weihnachtsbeleuchtungen“
verschandelt. Apropro Weihnachten: Gestern sahen wir mitten in der Pampa eine Pinie als Weihnachtsbaum
geschmückt, mit Lametta, Kugeln etc. Heute hatten wir einige Begegnungen mit jungen Rehen. Gott sei
Dank gab es kaum tote Tiere am Straßenrand. In Kendrick, einem netten kleinen Ort am Potlatch River –
300 Einwohner – machen wir Pause im City Park und beobachten das Treiben der Leute. Ein netter junger
Mann gab uns einige Tipps. Lustig fand ich seine Bemerkung: „In the morning I walked my dog.” Immer
wieder stellen wir fest, wie freundlich und hilfsbereit die Menschen in dieser Gegend des Westens sind. Als
wir zum Fotografieren halten, hält gleich ein anderer Motorradfahrer, um zu fragen, ob wir Hilfe brauchen.
An einem gelben Sandsteinfelsen gibt es unzählige kleine Löcher, der Felsen sieht aus wie ein Schweizer
Käse. Viele winzige Schwalben fliegen dort aus und ein. Sieht toll aus. Die Straße ähnelt im Übrigen mal
wieder einer Fahrt auf der Achterbahn, steil bergauf, steil bergab. In Kendrick ist es bereits merklich
wärmer, 30 Grad. Wir näheren uns dem „Banana Belt“ von Idaho. Dies ist eine ziemlich warme Region, im
Gegensatz zu den umliegenden Bitterroot Mountains. Ab Kendrick ändert sich mal wieder die Landschaft,
herrliche grüne Berge, tiefe Täler. Wir befinden uns in der Nez Perce Indianer Reservation. Ab Spalding
verlassen wir den HW 3 South und folgen HW 95 South.
Der mächtige Clearwater River begleitet uns nun auf dem Nez Perce Trail bzw. Lewis & Clark Trail. Dieser
120 km lange Fluss – Klarwasser-Fluss – fließt von den Rocky Mountains durch Nord-Idaho und mündet
bei Lewiston in den Snake River. Der Middle Fork Clearwater River und seine beiden Quellflüsse Lochsa
River und Selway River sind als National Wild and Scenic River geschützt. Der South Fork Clearwater
River vereinigt sich bei Kooskia mit dem Middle Fork Clearwater River zum Clearwater River. Im
September 1805 folgte die Lewis & Clark Expedition einem Indianer-Pfad entlang des Flusses und traf auf
die Nez Perce Indianer in der Nähe der Stadt Weippe. Der Name Clearwater ist die Übersetzung eines
Begriffes aus der Sprache der Nez Perce: Koos-Koos-Kai-Kai bedeutet klares Wasser. Und das Wasser
dieses Flusses ist wirklich klar. 1877 kam es am Clearwater zu einer Schlacht im Rahmen des Nez-Perce22
Feldzuges.
Wir halten einige Male an historischen Markern. Die Camas Prairie Railroad ist unter Eisenbahnliebhabern
bekannt als „Eisenbahn auf Stelzen“, aufgrund der vielen hölzernen Brücken, Böcke genannt. Wir sehen den
Half Moon Trestle, 685 m lang, 141 m hoch in einer atemberaubenden wilden Landschaft. Ich lese eine
interessante Geschichte über den Nez Perce Häuptling Lawyer. Hallalhotsoot freundete sich mit Lewis &
Clark im Herbst 1805 an. Er glaubte fest daran, dass die besten Aussichten für die Zukunft der Nez Perce in
der Freundschaft mit den Weißen lägen. Der Spitzname Lawyer – Rechtsanwalt – wurde ihm aufgrund
seiner Weisheit, seiner Diplomatie, seiner Fähigkeit, beide Seiten – Indianer und Weiße – zu beeinflussen,
verliehen. Zeit seines Lebens war er um Ausgleich bemüht und musste am Ende doch feststellen, dass man
ihn und sein Volk betrog, eingegangene Verträge nicht hielt.
Bei Winchester sieht der Himmel mächtig bedrohlich aus, doch Rolf hat mal wieder die richtige Nase, die
Straße, der wir folgen, bringt uns vom Regen weg. In dem urigen Cottonwood wollen wir übernachten. Hier
gibt es den Dog Bark Park, mit dem weltgrößten geschnitzten Beagle – man sieht ihn vom Highway aus,
witzig! In dem Hund ist ein Bed & Breakfast untergebracht, Übernachtung incl. Frühstück 100 Dollar! Für
uns ein bisschen zu teuer. Und leider finden wir kein anderes Hotel. So fahren wir weiter bis Grangeville,
wo wir gegen 18 Uhr, nach 9 Stunden eintreffen. Hier sind wieder weite flache Getreideanbaugebiete. Wir
fragen im Gateway Inn / Super 8 nach dem Zimmerpreis, 91 Dollar! Alles leer, doch sie wollen nicht mit
dem Preis runtergehen. Es seien die „Borderdays“ und man erwarte noch viele Besucher. Doch wir fallen
nicht auf sie rein und finden das „Downtowner Inn“. Rolf verhandelt mit dem netten Besitzer, Sam, ein
Inder. Und so bekommen wir das Zimmer zu einem sehr günstigen Preis. Zum Abendessen gibt es ital.
Salami, Käse, Tomaten, Oliven, Brot, Bier und Wein, zum Nachtisch Milkyway mit dunkler Schokolade.
Wir bedanken uns nochmals bei Sam, dem netten Inder aus dem Punjab, der seine Familie dort alle 3 Jahre
besucht. Es war heute mal wieder ein toller Tag.
Montag, 2. Juli 2012
27. Tag
Ennis, Montana
Fan Mountain Inn
Grangeville / Nez Perce Trail – Lewis & Clark Trail / Kooskia / Selway Bitterroot Wilderness / North West
Scenic Byway / Clearwater Valley / HW 12 East – Lochsa Scenic River / De Voto Memorial Cedar Grove /
Lolo Pass / Bitterroot Valley / Lost Trail Pass / Chief Joseph Pass / Wisdom / Big Hole Pass / Dillon / Twin
Bridges / Virginia City / Madison Valley / Ennis
Gefahrene Meilen: 423 (681 km)
Da mein mitgebrachter Nagellack von Deutschland ausgelaufen ist – Gott sei Dank in der Plastiktüte -, habe
ich mir gestern einen Neuen gekauft, für sage und schreibe 1,29 $, unglaublich, aber wahr und dazu noch
eine gute Marke. So konnte ich mir nach 4 Wochen mal meine Nägel etwas aufhübschen. Natürlich schellt
der Wecker auch heute um 6 Uhr, Kaffee machen wir uns im Zimmer, Rolf tunkt sein Brot und ich esse eine
Banane. So gestärkt fahren wir um 7.30 Uhr los. Wir folgen dem Nez Perce Trail / Lewis & Clark Trail,
HW 13 bis Kooskia, am South Fork Clearwater River, dann HW 12, am Lochsa River entlang, bis Missoula,
Montana. Das ist für uns eine der schönsten Strecken in USA.
1978 wurde der Lewis & Clark National Historic Trail gegründet, der an die Expedition von Lewis & Clark
1804 bis 1806 erinnert. Einzelne Orte des Nez Perce National Historic Parks, die mit der Expedition von
Lewis & Clark zu tun haben, wurden auch mit aufgenommen. 1985 gründete der Kongress den Nez Perce
National Historic Trail, eine dezentrale Gedenkstätte zur Erinnerung an den Feldzug gegen die Nez Perce
und unterstellte ihn dem United States Forest Service.
Kooskia, ca. 650 Einwohner, wo Nachbarn Nachbarn sind, Familien geehrte werden und es keine Fremden
gibt. Im Western Motel Inn kostet das Einzelzimmer 46 Dollar. Kooskia ist das Tor zum Clearwater und
Nez Perce National Forest und der Selway Bitterroot Wilderness. Hier findet man keine McDonalds, nur
urige kleine Familienrestaurants. Die Bitterroot Mountains sind eine robuste, von Gletschern geformte
Grenze zwischen Idaho und Montana. Auf beiden Seiten der Grenze liegt die Selway Bitterroot Wilderness,
eines der größten Wildnis-Gebiete in USA. Nur der 600 m breite Nez Perce Trail, eine Gravel-Road, trennt
die Selway Bitterroot von der Frank Church River of no Return Wilderness. Das Gebiet wird beherrscht von
hohen Bergen und rauen gebrochenen Granitfelsen, tiefen Schluchten mit dichtem Nadelwald, offene
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grasbewachsene Hänge entlang der Flüsse, eine Traumlandschaft. Nur wenige Menschen verirren sich in
diese Wildnis (kein Handyempfang), darum leben hier noch viele Tiere in Frieden, wie Hirsche,
Schwarzbären, Puma und Wölfe. Es gibt ca. 1.800 Meilen (2.900 km) Wanderwege, doch diese sind nicht
gepflegt, sondern sehr rustikal und nur für erfahrene Wanderer.
Nebel wallen durch das Tal, sieht gespenstisch und furchterregend aus. Nur langsam kämpft sich die Sonne
hervor. Wir sind in der Nez Perce Indian Reservation, auf dem Northwest Scenic Byway. Es gibt
wunderschöne Häuser mit Blumengärten. Die Fahrt geht durch das breite Clearwater Valley, überall
blühende Blumenwiesen. Dann begrenzen schroffe Felsen den Fluss und den Highway. Ab Kooskia folgen
wir dem Middle Fork Clearwater River, eine herrliche Landschaft. Wir sind immer wieder beeindruckt.
Schon um 9 Uhr sind wir in Lovell, am Lochsa Scenic River, und folgen nun weiter HW 12 East, 100
Meilen – 161 km – wilde, traumhafte schöne Gegend. Lewis & Clark überquerten im September 1805 und
Juni 1806 die wilden Bitterroot Mountains. Hier sind kaum Schäden durch Borkenkäfer zu sehen, da es
keine längeren Trockenperioden gibt.
In diesem Jahr machen wir einen Stopp am De Voto Memorial Cedar Grove. Dieser Hain mit den
wunderschönen alten Western Red Cedar Bäumen ist Bernhard De Voto gewidmet, Naturforscher und
Historiker, der an dieser Stelle oft campte, während er seine Studien über Lewis & Clark betrieb. Auf
seinem Wunsch hin wurde nach seinem Tod seine Asche an seinem Lieblingsort verstreut. Die massiven
Red Cedar Bäume werden bis zu 3.000 Jahre alt. Ein rollstuhlgerechter kleiner Lehrpfad führt vorbei am
Crooked Fork Creek. Der Riesen-Lebensbaum / Riesen-Thuja ist eine Pflanzenart in der Gattung der
Lebensbäume aus der Familie der Zypressengewächse. In Nordamerika erreicht er Wuchshöhen von bis zu
70 m, mit einem Stammdurchmesser von bis zu 6 m und Stammvolumen von bis zu 500 Kubikmetern. Das
wertvolle Holz ist nicht sehr stabil, dafür aber sehr haltbar. Es wird als Klangholz für Decken für den Bau
von Gitarren verwendet. Wegen der langen Lebensdauer und dem geringen Gewicht wird es auch beim Bau
von Gewächshäusern und Schuppen eingesetzt. Die Indianer der Nordwestküste bauten Kanus, Häuser und
Totempfähle aus dem Red Cedar Baum, die Rinde wurde zu Seilen und Netzen verarbeitet. Auch wir
kennen viele Alltagsgegenstände wie Schuhspanner, Mottenschutzhölzer und Zigarrenkästen.
Wir halten an „Colgate Licks“. Dies ist eine Stelle, an der Mineralien zutage treten. Diese Mineralien
werden gern vom Wild aufgeleckt. Man nennt die Stelle Colgate Licks, in Erinnerung George Colgate, der
im Herbst 1893 als Koch eine Jagdgesellschaft begleitete. Als er, weil er keinen Katheter auf die Reise
mitgenommen hatte, aufgrund einer Vergiftung ins Delirium bzw. Koma fiel, ließen die jungen Männer der
Jagdgesellschaft, alle um 30 Jahre, ihn zurück, um ihr eigenes Leben zu retten. Er starb. Später wurden
seine Überreste ausgegraben und an Colgate Licks beigesetzt. Eine Erinnerungstafel erinnert an die traurige
Geschichte.
Gegen 11 Uhr sind wir auf dem Lolo Pass, 1.593 m hoch, National Historic Landmark. Zum ersten Mal in
den vielen Jahren, die wir über den Pass fahren, ist es sonnig und warm. Ganz herrlich. Der Pass liegt an der
Grenze zwischen Idaho und Montana, ca. 64 km von Missoula. Lolo Pass ist der höchste Punkt des
historischen Lolo Trail zwischen dem Bitterroot Valley und der Weippe Prairie. Dieser Weg wurde von den
Nez Perce im 18. Jh. und von der Lewis & Clark Expedition im September 1805 benutzt. 1877, während des
Nez Perce Krieges, war er ein Teilstück der fliehenden Nez Perce unter Führung von Chief Joseph. Kurz
nach der Überquerung des Passes kam es zur Schlacht am Big Hole Battlefield.
Big Hole Battlefield - Hier fand am 9./10. August 1877 die wohl blutigste und größte Schlacht zwischen den
Nez Perce Indianern (unter Führung von Chief Looking Glass und Chief Joseph) und den Soldaten der USRegierung statt. Die Nez Perce befanden sich auf dem Weg nach Kanada, sie wollten sich dort mit den
Lakota (unter Führung von Sitting Bull) vereinen, da sie sich dort bessere Lebensbedingungen erhofften.
Die US-Kavallerie griff die 800 Männer, Frauen und Kinder, die am Big Hole lagerten, an. Die Nez Perce
leisteten erbitterten Widerstand und trieben die Angreifer auf einen Hügel zurück. Die Nez Perce flohen,
nachdem sie ihre Toten (mind. 90, darunter meist Frauen, Kinder und Alte) auf dem Schlachtfeld begraben
hatten. Die Nez Perce zogen nach der Schlacht durch den Yellowstone nach Norden. Sie hatten die Schlacht
zwar gewonnen, aber ihnen war klar, der Krieg war nicht vorüber. Im Oktober 1877 ergaben sich die
meisten der Nez Perce, völlig erschöpft und ausgehungert, nur 64 km von der kanadischen Grenze entfernt,
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den US-Soldaten am Bear Paw Battlefield, wie schon vorher beschrieben. 200 Nez Perce entkamen über die
Grenze nach Kanada. Chief Joseph sprach nach der Kapitulation: “I am tired. My heart is sick and sad.
From where the sun now stands I will fight no more forever".
Nez Perce Krieg
Die Nez Perce waren da Zuhause, wo Oregon, Washington und Idaho sich treffen. Sie waren ein
freundliches und friedfertiges Volk. Mitte der 1800er Jahre kamen Siedler und Goldsucher in ihr Land. Da
die Nez Perce den Frieden suchten, stimmten sie 1855 einem Vertrag zu, dass sie in einer Reservation leben
sollten, welche einen Großteil ihres Heimatlandes umfasste. Der Vertrag sicherte ihnen das Recht zu, jeden
Nicht-Indianer aus der Reservation weisen zu können. Aber 1860 wurde auch in der neuen Reservation der
Nez Perce Gold gefunden und die Siedler und Goldsucher beanspruchten mehr Land der Nez Perce. Und so
nahm man ihnen in einem neuen Vertrag 1863 ihr Land weg, bis auf ca. 10 %. Dieser Vertrag wurde jedoch
nicht von allen Nez Perce Stämmen unterzeichnet. Sie blieben in ihrem Homeland für einige Jahre. Doch
1877 wurden alle Nez Perce aufgefordert, in ihr kleines Reservat umzuziehen. General Oliver O. Howard
wurde beauftragt, dies durchzusetzen und er stellte den Nez Perce ein Ultimatum von 30 Tagen. Chief
Joseph verlangte mehr Zeit, da ein so schneller Umzug unmöglich erschien. Doch man weigerte sich, ihnen
mehr Zeit zu zu billigen. Und so machten sich die Nez Perce auf, mit ihrem Vieh, ihren Pferden und allem,
was sie besaßen. Sie mussten den Hochwasser führenden Snake River und den Salmon River überqueren.
Nahe an der neuen Reservation machten sie ihr Lager. Einige der jungen Krieger töteten weiße Siedler, die
vorher Mitglieder der Indianer-Familien getötet hatten. Die Nez Perce unter Führung von Chief Joseph
befürchteten Rachefeldzüge und suchten Schutz im White Bird Canyon, wo sie sich verteidigen konnten
gegen einen plötzlichen Angriff der Weißen. Hier kam es am 17. Juni 1877 zu einem Gefecht zwischen den
Nez Perce und Soldaten um General Howard. Von den 100 Soldaten fielen 34, der Rest floh Hals über
Kopf. Die Nez Perce flüchteten weiter, verfolgt von General Howard und seinen Soldaten. Am 11. Juli 1877
kam es zu einem weiteren Gefecht in der Nähe des Clearwater Rivers, kein Sieg für beide Seiten. Doch die
Nez Perce ließen bei ihrer Flucht viele ihrer Zelte und andere Besitztümer zurück. Den Nez Perce war klar,
dass sie Idaho nun verlassen mussten, da die Armee sie dort ständig verfolgte. Sie beschlossen, dem
Ratschlag ihres Führers Looking Glass zu folgen und nach Osten nach Montana zu ziehen, wo sie mit den
Crow im Büffelland leben wollten. Die Nez Perce wünschten sich nur einen Platz, wo sie ihr gewohntes
Leben in Ruhe und Frieden führen konnten, ohne die Beeinträchtigung der Siedler und Goldsucher. Im
August 1877 erreichten die Nez Perce das Bitterroot Valley in Montana. Sie fühlten sich dort unter den
Siedlern sicher und glaubten, außerhalb der Reichweite von General Howard zu sein. Doch Col. John
Gibbson, der die 7. US-Infantry im westlichen Montana kommandierte, bekam den Befehl, die Nez Perce zu
vertreiben. Chief Looking Glass unterschätzte diesen Befehl und so kam es zu der blutigen Schlacht am Big
Hole. Und wieder flohen die Nez Perce. Es kam zu weiteren kriegerischen Auseinandersetzungen bei
Camas Meadow, Idaho und Canyon Creek. Als die Nez Perce zu den Crow kamen, erkannten sie, dass diese
ihnen nicht helfen konnten und so beschlossen sie, sich Sitting Bull in Kanada anzuschließen. Doch kurz
vor Grenze (ca. 64 km) wurden sie von Truppen unter dem Kommando von Col. Nelson Miles überraschend
umstellt und in einen weiteren Kampf verwickelt. In diesen 5 Tagen des Kampfes starben 4 Häuptlinge,
unter ihnen Looking Glass. Chief Joseph ergab sich mit den überlebenden 431 Nez Perce, ca. 200 flohen
über die Grenze in das rettende Kanada. Der „Nez Perce War“ entstand durch einen kulturellen Konflikt.
Die USA expandierte gen Westen und die Siedler sahen es als ihr Recht an, sich das Land zu nehmen,
obwohl es ihnen nicht gehörte. Die Nez Perce wollten nur ihr gewohntes Leben weiterführen und überleben.
Der Feldzug der Nez Perce führte sie über mehr als 2.400 Kilometer durch vier amerikanische
Bundesstaaten. Sie kämpften gegen mehr als 2.000 Soldaten. Mehr als 65 Krieger, 55 Frauen und Kinder
verloren dabei ihr Leben. Die Verluste der Amerikaner lagen bei 180 Toten und 150 schwer Verwundeten.
Der Krieg ist ein dramatisches Beispiel dafür, welcher Preis an Menschenleben bezahlt wurde, um die
Expansion der USA nach Westen durchzusetzen.
Erstaunlich ist, dass der Kampf und das Verhalten der Nez Perce im Nachhinein von vielen Amerikanern
positiv beschrieben wurden. So sagte William T. Sherman, die Nez Perce „zeigten Mut und Geschick. Sie
verzichteten, Skalpe zu nehmen, ließen gefangene Frauen frei, begingen keine wahllosen Morde an
friedlichen Familien und kämpften mit wissenschaftlichem Geschick, wobei sie Gebrauch von Vor- und
Nachhuten und Feldbefestigungen machten.“ Howards Adjutant, Charles Wood, schrieb 1884: Chief Joseph
kämpfte für das, was der weiße Mann, falls es mit Erfolg gekrönt ist, „Patriotismus“ nennt.
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Das Lolo Pass Visitor Center gehört zu meinen Lieblings-Orten, es bietet viele Infos über die Nez Perce, die
Lewis & Clark Expedition, über Landschaft und Tiere, die in dieser Wildnis leben. Während ich also dort
einen längeren Besuch mache, sitzt Rolf in der Sonne und schaut dem lustigen Treiben von einigen
Murmeltieren zu. Die poussieren mitten auf dem Weg und geben eigenartige Laute von sich. Zum ersten
Mal, dass wir diese Tiere von so nah sehen.
Im Vistor Center finde ich u. a. die Geschichte von dem Jungen und dem Grizzly: Ein Junge verirrte sich in
den Wäldern, wo er auf Hah-Hahts traf, den großen Grizzly-Bären. Die Augen des Bären waren voller Hass,
denn er wollte sein Land nicht den Menschen überlassen. Der Junge war ohne Furcht und sprach, ich habe
keine Angst, ich kann nur sterben. Der Bär war überrascht und sagt: „Du hast den Mut eines Bären, die
Schlauheit eines Coyoten und den Stolz eines Adlers. Ich will Dir die Geheimnisse des Landes, Eurer neuen
Heimat, verraten.“ Der Bär zeigte dem Jungen die Flüsse voller Fische und den Wald mit Hirschen,
Dachsen, Rehen und Elchen. Er kletterte mit dem Jungen auf den höchsten Berg und zeigte ihm auf der
Rückseite den Weg zu den Plätzen, wo die Büffel lebten. Und er zeigte dem Jungen die verschiedenen
Beeren des Waldes. Anschließend brachte der Bär den Jungen zurück zu seinem Volk. Er sprach: „Geh zu
Deinem Volk und berichte ihnen, was Du über dieses wunderbare Land gelernt hast und zeige ihnen den
Pfad über die Berge.“ Dann verschwand der Bär. - Von Ella Clark, a Nimiipuu.
„Nap-ta-nee-sha“ Selish Wort für den Lolo Trail ist das Zentrum für viele Geschichten, die sich besonders
um Coyote ranken, der die Welt auf die Menschen vorbereitete. Hier die Geschichte von Coyote und dem
Lachs: Coyote beschloss, den Lachs über die Bitterroot Mountains zu bringen, so dass die Menschen dort zu
essen hätten. Doch auf dem Pass, der Lachs verschwand nach Westen über die Berge. Um seinen Fehler
wieder gut zu machen, schuf Coyote Lolo Hot Springs für das Selish Volk und sorgte dafür, dass es genug
andere Dinge zu essen gab. Aufgrund dieser Geschichte nennt man die Lolo Area „Tum-sum-lee“ – was
„ohne Lachs“ bedeutet und der Lochsa-Clearwater River wird „Ep-sum-lee“ – „mit Lachs“ – genannt.
Warum die Büffel nicht westlich der Bitterroot Mountain leben: Eines Tages gab Bull Büffel seinem Freund
Coyote eine junge Büffel-Kuh. Er sagte ihm, er würde immer Fleisch haben, doch er dürfe sie nicht töten,
nur ein bisschen Fett von ihrer Seite schneiden, was dann verheilen könne. Coyote hielt sich an diese Worte
viele Tage, doch der Hunger und die Gier nach mehr Fleisch und den Knochen war groß und so tötete er
eines Tages die junge Büffel-Kuh. Eine Frau näherte sich und versprach Coyote, das Fleisch und die
Knochen für ihn zu kochen. Coyote stimmte zu und die Frau packte die Überreste der Büffel-Kuh in einen
Korb, dann rannte sie davon. Coyote ging zu Bull Buffalo seinem Freund und sah mit Erstaunen, seine
junge Büffel-Kuh bei den anderen Büffeln. Sie weigerte sich, mit ihm zurück zu gehen und Bill Buffalo gab
Coyote auch keine andere Kuh mit. So musste Coyote allein in sein Land zurückkehren, daher leben dort bis
heute keine Büffel am „Swah-netk-qhu“, westlich der Bitterroot Mountains.
Wie Ihr wisst, gefallen mir solche Geschichten und ich hatte einiges zu tun, alles aufzuschreiben. Damit
Rolf das Warten nicht langweilig wird, bringe ich ihm einen Kaffee, den es kostenlos im Visitor Center gibt.
Es ist 27 Grad und Rolf genießt das herrliche Wetter und die wunderschöne Aussicht auf dem Pass. Erst
nach 13 Uhr verlassen wir den wunderbaren Ort, HW 12 bis Lolo, dann HW 93 bis Hamilton, entlang der
Bitterroot Mountains, schneebedeckte Gipfel in der Sonne. Ein herrlicher Anblick. Ab Darby ist das
Bitterroot Valley mit dem Bitterroot River eine landschaftliche Idylle: Herrlicher Pinienwald mit romantisch
am Fluss liegenden Blockhäusern. Früher war das schöne Tal die Heimat des Salish-Stammes, der zu der
Flathead Nation gehörte, wie auch die Kootenai und Pend d’Oreilles Stämme, die zwischen den Cascade
und Rocky Mountains lebten. Doch bald ändert sich das Landschaftsbild, bizarre, kahle verbrannte Bäume,
meilenweit. Es sieht gespenstisch aus. Doch inmitten der verbrannten Bäume sieht man schöne
Blockhäuser. Unglaublich. Um 14.15 Uhr, nach 253 Meilen (407 km) machen wir am Lost Trail Pass, 2.138
m, Teepause. Eine Gruppe älterer Menschen spielt hier an einem Picknick-Tisch Karten. Sie amüsieren sich
prächtig. Ich statte natürlich dem Visitor Center – kein Mensch darin – einen Besuch ab und finde auch dort
wieder einige interessante Dinge, die ich noch nicht wusste. Hier ist das bekannte Lost Trail Powder
Mountain Ski-Gebiet.
Rolf hat inzwischen mal wieder die Route geändert, wir fahren weiter über den Chief Joseph Pass, 2.214 m,
26
HW 43 East bis Wisdom. Von dort HW 278 South, am Big Hole River entlang, über Jackson, Big Hole
Pass, 2.258 m, Badger Pass, 2.060 m, bis Dillon. Von dort HW 41 North bis Twin Bridges und HW 287
East bis Virginia City.
Ab Chief Joseph Pass gibt es viel Wald, der arg vom Borkenkäfer verschandelt wurde. Ab Big Hole fahren
wir durch Prairie, begrenzt von den Beaverhead Mountains. In Wisdom machen wir einen kurzen Halt, wir
durchqueren Big Sky Valley, Big Hole Valley – die Weite des Landes wird uns hier deutlich vor Augen
geführt. Schön ist die Sicht auf die mächtigen schneebedeckten Beaverhead Mountains. Kleine Hasen
hoppeln durch die Prairie, die hauptsächlich mit Sagebrush bedeckt ist. Die Hasen sind allerdings zu mager
für einen guten Braten. Es gibt riesige Ranches, meilenweit von einander entfernt. Es ist eine einsame
Gegend hier. In Dillon folgt ein kurzer Tankstopp, die Landschaft ändert sich wieder, große Heuflächen und
riesige Schafherden sehen wir. Und ganz lustig anzuschauen: Große Sandhügel und oben drauf steht eine
Kuh, als ob sie nach etwas Ausschau halten wollte. Andere Kühe baden in kleinen Tümpeln. Es gibt viel
Wasser hier, aber das Land selbst ist trocken und wird bewässert mit großen Bewässerungsanlagen. Die
Feuergefahr ist hoch. In Twin Bridges machen wir einen weiteren Halt. Wir sind heute schon lange
unterwegs und mein Bein tut ganz schön weh. Ab Twin Bridges, HW 287 East. Hier ist das ganze Land
umgegraben von den früheren Goldsuchern. Es sieht schon sehr merkwürdig aus. Ab Alder sehen wir kleine
Gruppen von Rehen, bis zu 6 Stück, die am Straßenrand in den Wiesen grasen. Rolf muss noch mehr
aufpassen als sonst, denn ein Reh vor dem Motorrad könnte fatale Folgen für uns haben. Wir passieren die
Ghost Town Nevada City, wo wir vor Jahren schon mal in dem historischen Nevada City Hotel übernachtet
haben. Viele historische alte Gebäude sind hier zusammengetragen, ein schönes Freilichtmuseum. Um
17.30 Uhr erreichen wir Virginia City, nach 10 Stunden. Ich bin geschafft. In der Pioneer-Bar treffen wir
unseren Freund Red, bei dem wir normalerweise wohnen. Doch dieses Jahr hat er das Haus voll mit Familie
wegen eines Krankheitsfalles. Rozy, sein Freund, hat uns versprochen, eine andere
Übernachtungsmöglichkeit zu finden. Doch dies war leider nur ein leeres Versprechen. Rozy hatte am
Freitag einen Unfall und die Schulter und den Arm wahrscheinlich angebrochen, bisher weiß man nichts
Genaues. Da er starke Schmerzen hat, nimmt er seit dem Unfall extreme Schmerzmittel, dazu der Alkohol,
eine tolle Kombination. So hat meine Ahnung mich nicht betrogen, wir müssen uns selbst auf Zimmersuche
begeben. In Virginia City wollen sie 77 Dollar für ein Zimmer ohne Bad, die sind wohl verrückt, ist uns zu
teuer und dann noch ohne Bad, geht gar nicht. So bitten wir Rozy in Ennis anzurufen und uns dort ein
Zimmer reservieren zu lassen. Es klappt, Gott sei Dank. Red, unser Freund, sieht in diesem Jahr viel besser
aus als bei unserem letzten Besuch. Doch auch er scheint dem Alkohol gut zugesprochen zu haben, gefrustet
vom Familienbesuch, das mag er gar nicht. Wir quatschen ein bisschen, trinken alkoholfreies Bier und
geben die Geschenke ab, die wir mitgebracht haben, Zigarren und Bärwurz. Dann geht es durch das schöne
Madison Valley nach Ennis, wo wir um 19.30 Uhr ankommen, ich bin fix und fertig. Auch hier herrscht
„Fire Bann“, d. h., es dürfen u. a. keine Feuerwerke ab gebrannt werden. In Rolfs Ohr hat es sich ein Vieh
bequem gemacht, welches er nun endlich entfernen kann. Wir kaufen noch schnell etwas ein, Leberwurst,
Radieschen, Kartoffelsalat, harte Eier und fahren dann ins Hotel, wo wir uns endlich duschen und dann
relaxen können – um 22 Uhr!
Dienstag, 3. Juli 2012
28. Tag
Greybull, Wyoming
Antlers Inn
Ennis / Madison Valley / Madison River Canyon Earthquake Area / Quake Lake / Hebgen Lake / West
Yellowstone / Yellostone National Park / Shoshone River / Absaroka Wilderness / Cody / Painted Desert /
Greybull
Gefahrene Meilen: 265 (426 km)
Rolf kennt kein Erbarmen, Wecker um 6 Uhr, Abfahrt um 7.30 Uhr. Zum Frühstück machen wir uns im
Zimmer Kaffee, dazu trockenes Brot und Bananen. Im Fernsehen sehen wir, dass es in Montana
mittlerweile an 24 Stellen brennt. Wir verlassen Ennis, „Fly Fishing Capitol of the World” (840 Einwohner
und 11.000 Forellen), und folgen dem HW 287 South, durch das Madison Valley, welches hier goldgelb in
der Sonne leuchtet, begrenzt von hohen Bergen. Nur hin und wieder mal ein Haus, ein Rind, einige
Antilopen – sonst nur unendliche Weite. Dann wird es grün, hügelig, Wald und der Madison River
schlängelt sich nah an die Straße heran.
Der Madison River gehört zum Missouri-Mississippi-Flusssystem und ist neben dem Jefferson River einer
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der Quellflüsse des Missouri. Lewis & Clark nannten den Fluss Madison River, zu Ehren des damaligen
Außenministers und späteren US-Präsidenten James Madison. Der Madison River ist 294 km lang und er
entsteht aus dem Zusammenfluss von Firehole River und Gibbon River im Westen des Yellowstone
National Parks.
Im Madison River Canyon kommen wir in die Earthquake Area, eine bizarre Landschaft, tote Bäume im
Wasser, doch neue grüne Bäume wachsen heran. Am 17. August 1959 rutschten durch ein Erdbeben ca. 80
Mio. Tonnen Erdreich von einem Berg der südöstlichen Seite der Schlucht in den Madison River und
schoben das Wasser aus seinem Bett. Dabei wurden 28 Menschen auf einem Campingplatz getötet. Durch
das Erdbeben, 7,5 auf der Richterskala, entstand ein See, 58 m tief und 10 km lang. Die Nachbeben, Stärke
6,5, dauerten mehrere Monate und die Schäden an Straßen und Gebäuden beliefen sich auf 11 Mio. Dollar.
Das Beben war bis Seattle, Washington, North Dakota, Banff, Alberto und Utah zu spüren. Im
nahegelegenen Visitor Center kann man alles Wissenswerte erfahren.
Weiter vorbei am Hebgen Damm, 85 m hoch und 721 m lang, und dem künstlich angelegten Hebgen Lake,
24 km lang und 6,5 km breit. Ein Falkenpaar beobachtet uns aus seinem Nest auf einem Strommast.
Antilopen grasen in der Prairie, wir haben die Straße für uns allein. Ein Büffel marschiert vor uns auf die
Straße, wir lassen ihm den Vortritt, haben wir doch Respekt vor den mächtigen Tieren. Wir kommen nach
Wyoming und sind um 9.05 Uhr in West Yellowstone. Große Wasservögel stolzieren am Madison River
bzw. Gibbon River entlang. Am Mount Hayes Overlook machen wir einen Halt. Wir haben einen tollen
Blick auf den 2.505 m hohen Berg am Madison River. Da wir den Yellowstone National Park schon viele
Male mehrere Tage in den letzten Jahren besucht haben, fahren wir heute nur durch und halten nur hin und
wieder, um ein Foto zu machen. Es ist erstaunlich zu sehen, wie schnell der neue Wald um die verbrannten
Bäume herum nachwächst. Hin und wieder sind einzelne Büffel unterwegs, 2 große Elk-Bullen ruhen sich
auf einer Wiese aus. Wir können sie nicht fotografieren, sie sind zu weit weg. An der Otter Creek Area am
Yellowstone River machen wir Picknick, wie schon so oft in den vergangenen Jahren. Es ist ein großartiger
Ort zum Entspannen, wir lauschen dem Fluss und genießen die herrliche Luft. Wir sind ganz allein an dem
idyllischen Ort. Bis West Yellowstone war es heute Morgen recht frisch, doch jetzt im Park ist es angenehm
warm, ein herrlicher Tag heute. Gänsefamilien mit viel Nachwuchs spazieren an einem kleinen See entlang,
schwimmen umher und stolze Reiher schauen uns neugierig an. Von dem Rastplatz Otter Creek folgen wir
dem Yellowstone River, durch das Hayden Valley, dort lagern einige Büffel. Das Hayden Valley, ein breites
flaches Tal zwischen dem Yellowstone Lake und dem Grand Canyon of the Yellowstone, benannt nach dem
Geologen Ferdinand V. Hayden, der im 19. Jh. zwei Forschungsreisen in das Yellowstone Gebiet
unternahm. Der Yellowstone River schlängelt sich durch das schöne Tal, in dem man oft viele Büffel
beobachten kann. Weiter vorbei an der Mud Volcano Area bis Fishing Bridge, dort kurzer Halt. Inzwischen
hat sich der Park bevölkert, Chaos pur, Rolf muss sehr aufpassen. Die Leute halten sich nicht daran, an den
Buchten zu halten, um zu schauen und zu fotografieren, sie fahren chaotisch und man muss immer höllisch
aufpassen. Weiter geht es, am riesigen Yellowstone Lake vorbei. Am Steamboat Point dampft es im See.
Hier gibt es heiße Quellen, es dampft und stinkt arg nach Schwefel.
Der Yellowstone Lake ist Amerikas größter Bergsee, auf 2.357 m Höhe, 20 Meilen (32 km) lang, 14 Meilen
(23 km) breit und max. 131 m tief. Wir sehen die Le Hardy Rapids (Stromschnellen) am Yellowstone River,
man kann sich nicht satt sehen und könnte jeden Meter anhalten. Die Schönheit dieser Gegend kann man
gar nicht mit der Kamera einfangen. Man muss es sehen, erleben. Auf dem Motorrad ist man hautnah an der
Natur, man sieht alles besser, fühlt, riecht. Darum fahre ich gerne Motorrad – die Empfindungen sind enorm
stark.
Weiter über Lake Butte Overlook, Blick auf Grizzly Peak, 3.032 m, am Sylvan See und Eleonor See
entlang, über den Sylvan Pass, 2.600 m, bis zum Ost-Eingang des Yellowstone Parkes. Um 13 Uhr
verlassen wir den Yellowstone National Park. Wir fahren am Shoshone River entlang, auf dem HW
14/16/20 East durch den Shoshone National Forest und die Absaroka Wilderness, die vulkanischen
Ursprungs ist. Hier sind Grizzlys, Elks, Bighorn Schafe und Wölfe Zuhause. Es ist eine Traumlandschaft:
rot-schwarze Felsen, grüne Hügel, verkrüppelte alte und tote Bäume, dazwischen junge grüne Sträucher und
riesige Bergwiesen, bedeckt mit Teppichen von gelben und violetten Wildblumen. „Born of Fire and Ice,
The Holy City!“ - Eine Felsformation sieht aus wie die alte Stadt Jerusalem, geschaffen wurde diese
phantastische Landschaft in den letzten 50 Mio. Jahren. Mich begeistert diese Landschaft immer wieder.
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Wir passieren den Buffalo Bill Damm und Stausee und erreichen Cody, gegen 14 Uhr, bei 36 Grad Hitze.
Cody ist laut und überfüllt, jedes Jahr wird es schlimmer. Von der ursprünglichen Westernstadt ist nicht
mehr viel übrig geblieben. So machen wir nur einen kurzen Rundgang, denn wir waren schon div. Male
hier. Beim Harley Dealer erstehe ich einen neuen Gürtel, da mein alter den Geist aufgegeben hat.
Cody – „Rodeo Capitol of the World“ – wurde 1896 von William Frederich Cody, genannt Buffalo Bill,
gegründet. Der berühmte Maler Jackson Pollock wurde hier geboren. Die Stadt hat heute ca. 10.000
Einwohner.
Um 14.45 Uhr verlassen wir Cody und fahren nach Greybull, immer HW 14/16/20 East folgend. Wir
durchqueren „Painted Desert“, eine bunte Wüste, unendlich weit, kein Haus, kein Rind, einfach nichts, nur
die bunte flache Wüste. Doch kurz vor Greybull ändert sich die Landschaft, es gibt grünes Farmland und
vereinzelte Häuser, einige Pferde und Rinder. Um 15.30 Uhr sind wir in Greybull, nach ca. 8 Stunden. Mir
reicht es für heute. Seit gestern habe ich starke Schmerzen in der rechten Seite, die bis ins Knie ausstrahlen.
Das Motel „Antler’s Inn“ in Greybull – 2010 waren wir schon mal da – ist sehr schön, sauber und mit
allerlei urigen Gegenständen aus dem Wilden Westen ausgestattet. Wir haben das Zimmer telefonisch
reserviert. In unserem Raum stehen ein paar witzige kleine Cowboystiefel und die Lampen sitzen auf schön
verzierten Holzhäusern. Die vielen Bilder an den Wänden (sehr selten) zeigen alte Planwagen, Angler und
Bullen, die den Pflug ziehen. Im Bad sind die Handtuchstangen und der Toilettenpapierhalter mit CowboyMotiven verziert und die bunte Gardine zeigt Bighorn Schafe. Ab Greybull ist der HW 14 der Bighorn
Scenic Byway, dem wir morgen folgen werden.
Greybull, im Big Horn County, ist eine kleine Stadt mit ca. 2.000 Einwohnern. Es gibt viele schöne Häuser
mit hübschen Gärten und die Menschen sind sehr freundlich.
Nach dem Abladen und Duschen ist erst einmal Relaxen angesagt, Rolf draußen vor dem Zimmer, Leute
beobachtend und ich auf dem Bett. Rolf hat mich wegen irgendetwas angeschnauzt, was ich gar nicht
gebrauchen kann, wenn ich Schmerzen habe. Diese Unstimmigkeit trübt den ansonsten sehr schönen Tag,
trotz 42 Grad Hitze. Zum Dinner gibt es Salami, Shrimpssalat, Tomaten, Oliven, Brot, Bier und Weißwein.
Mittwoch, 4. Juli 2012
29. Tag
Spearfish, South Dakota
Bell’s Motorlodge
Greybull / Big Horn Scenic Bayway – HW 14 / Big Horn River / Shell Creek / Shell Canyon / Shell Falls /
Granite Pass / Dayton / Ranchester / Sheridan / Goose Creek Valley / Big Horn Mountains / Buffalo / Gillette / Moorcroft / Inyan Kara – Black Hills / Spearfish
Gefahrene Meilen: 309 (498 km)
Beim Aufstehen um 6 Uhr zeigt das Thermometer schon 27 Grad. Ich habe nicht so gut geschlafen, weil die
Air Condition mehr warme als kühle Luft ins Zimmer geblasen hat. Heute Morgen ist es klar und eine
angenehme frische Luft, wohltuend nach der gestrigen Hitze. Heute wird uns der HW 14 East – Bighorn
Scenic Byway – über Shell, den Granite Pass, 2.727 m, nach Sheridan bringen, weiter Interstate 90 East bis
Spearfish. Wir machen uns Kaffee im Zimmer und frühstücken dann draußen. Es gibt Bananen, harte Eier
und Brot. Im Fernsehen sehen wir einen Bericht über die Ausbildung der berühmten Smoke Jumpers in
Missoula. Außerdem zeigen sie eine Parade in Colorado, die Feuerwehrleute werden wie Helden gefeiert,
Kinder und Erwachsene stehen am Straßenrand, mit Fahnen und Transparenten, auf denen „Thank you
heroes“ steht. Sehr berührend.
Um 7.30 Uhr fahren wir los. Wir haben die Straße fast für uns allein, da gestern in Cody eine Parade
stattfand von 21 bis 24 Uhr, bei der die meisten Menschen aus der Gegend zuschauten und heute lange
schlafen – heute ist Independence Day.
Der Independence Day – Unabhängigkeitstag – wird am 4. Juli begangen, er ist der Nationalfeiertag der
USA. Er erinnert an die Ratifizierung der Unabhängigkeitserklärung der USA durch den
Kontinentalkongress am 4. Juli 1776. An jenem Tag wurden die 13 Kolonien erstmals in einem offiziellen
Dokument als Vereinigte Staaten von Amerika bezeichnet.
Grüne bewässerte Felder wechseln sich ab mit von der Sonne verbrannter Prairie. Kaum mal ein Haus oder
eine Ranch ist zu sehen, sie liegen meist weitab von der Straße, versteckt in den Hügeln. Wir passieren
Devil’s Kitchen und den Eulenfelsen. Der Big Horn River führt viel Wasser, ebenso der Shell Creek im
Shell Canyon. Dort begeistern uns die bizarren Felsen immer wieder.
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Der Bighorn River, 742 km lang, ist ein Nebenfluss des Yellowstone River in Wyoming und Montana. Er
entspringt in den Owl Creek Mountains. Sein Oberlauf in Wyoming heißt Wind River, er passiert das
Boysen Reservoir, fließt durch Thermopolis und wird im Bighorn Canyon durch die Yellowtail Talsperre
zum Bighorn Lake aufgestaut. Danach fließt er durch die Crow Indianerreservation, bevor er den
Yellowstone River in der Nähe von Custer erreicht.
Da die Straße sehr viele Kurven hat und Rolf relativ flott fährt, kann ich nicht vom Motorrad aus
fotografieren. Doch Rolf macht Bilder am Eulenfelsen, kurz nach dem Ort Shell und natürlich halten wir
auch an den tollen Shell Falls. Der Shell Creek hat den Canyon über einen Zeitraum von Millionen von
Jahren geformt. Das Wasser der Shell Falls – 3.600 Gallonen/Sekunde = 148 Duschen/Sekunde –fällt aus 36
m Höhe. Ein mit vielen Informationen versehener Fußpfad entlang der Wasserfälle bietet immer wieder
faszinierende Blicke auf dieses Naturschauspiel. Diese Wasserfälle sind eine Oase in der Wüste, Wasser ist
hier sehr knapp. Wir kommen über den Granite Pass, 2.753 m, in den Bighorn Mountains. Dort finden sich
herrliche Wiesen mit violetten Blumen. Die Bighorn Mountains sind nordwestliche Ausläufer der Rocky
Mountains. In dieser Berggegend werden immer noch viele Fossilien gefunden. Wanderer, Angler und
Reiten nutzen die phantastische Landschaft, die einmalig schön ist. Obwohl der Pass relativ hoch liegt –
2.753 m – ist es nicht kalt. Doch auf der steilen Abfahrt bis Dayton, sehr kurvig, ist es recht frisch. Leider
sehen wir dieses Jahr weder ein Bighorn Schaf noch einen Elk. Dafür flitzt ein großes dunkelbraunes
Murmeltier vor uns über die Straße und einige große Rehe stehen wie Statuen am Wegesrand und schauen,
was so passiert. In Dayton und Ranchester, kleine Orte mit ca. 750 Einwohnern, am Tongue River gelegen,
haben alte urige Häuser von 1882. Hier leben überwiegend Rancher, alles wird stark bewässert und ist sehr
grün. Daneben wirkt die braun-gelbe Prairie gespenstisch. Wasser bzw. die Wasserrechte sind sehr wichtig
im Westen der USA und die Gesetze z. T. sehr merkwürdig. Eine Farm kann zwar an ein
Nichtfamilienmitglied verkauft, verschenkt oder vererbt werden, aber ohne Wasserrechte, d. h., das Land ist
dann nichts wert. Wir hörten von einer alten Lady, die keine Kinder hatte, die ihren Vorarbeiter adoptierte
und ihm dann die Farm mit den Wasserrechten hinterließ. Um 10.30 Uhr erreichen wir Sheridan. Leider
sind die schönen Geschäfte dort geschlossen. Und da mein Akku im Fotoapparat seinen Geist aufgegeben
hat, kann ich heute nicht mehr fotografieren.
Sheridan ist mit seinen 16 000 Einwohnern ein typisches Prairiestädtchen. Das Besondere der Stadt
zwischen Yellowstone und Black Hills, sie hat sich den Charakter einer Westernstadt wie aus dem
Bilderbuch bewahrt. Ein Magazin kürte Sheridan „Top-Western Town of America“. Bekannt ist der Ort
außerdem wegen seiner Guest Ranches und der dort veranstalteten Rodeos, vor allem das Mitte Juli
stattfindende hochklassige Sheridan WYO Rodeo. Die Main Street ist herrlich, es gibt kleine Läden für
„Cowboy-Ausrüstung“ wie Lassos oder Sättel, dazu nette Bars und Lokale. Sehenswert ist das „Historic
Sheridan Inn“. Es war 1893 das erste Gebäude der Stadt mit Strom, Wasser und Telefon und galt als bestes
Hotel zwischen Chicago und San Francisco. An seiner Entstehung war Buffalo Bill beteiligt, er nutzte das
Hotel als Rückzugsort und traf sich hier mit berühmten Freunden wie Ernest Hemingway oder Theodore
Roosevelt, feierte Partys und plante seine Wildwest-Show.
Was mir seit gestern in Wyoming aufgefallen ist, weder die Zäune noch die Häuser etc. sind mit
amerikanischen Flaggen geschmückt. In Montana war jede noch so kleinste Hütte mit besonderen Flaggen
für den Independence Day ausgestattet. Mich interessiert das, warum das in Wyoming nicht so ist.
Vielleicht sind sie sauer, weil keine Feuerwerke abgebrannt werden dürfen. Doch nein, ich frage
kurzentschlossen eine nette junge Frau, die vorbei läuft. Sie meint, man lege in Wyoming nicht so viel Wert
auf Flaggen etc., doch die Menschen seien hier genauso patriotisch wie anderswo. Nachdem wir einen
kleinen Rundgang gemacht haben, verlassen wir den schönen Ort. Im Goose Creek Valley machen wir
einen Halt, dort steht die Geschichte von Jim Bridger, John Bozeman und Elsa Spear Byron.
Jim Bridger, 1804 bis 1881, Old Gabe und von den Indianern Blanket Chief genannt, war einer der
fähigsten Mountain Men, Trapper, Scouts und Entdecker im Wilden Westen, berühmt für seine guten
geografischen Kenntnisse. Er war ein begnadeter Geschichtenerzähler, bis heute weiß man nicht genau,
welche Geschichten wahr, ausgeschmückt oder ganz erfunden sind. Er war sehr robust, so dass er auch
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extreme Bedingungen überlebte. Er durchstreifte das Gebiet von Colorado bis an die kanadische Grenze.
Auf seinen Touren lernte er andere Berühmtheiten kennen, wie Kit Carson, John Fremont, John Sutter etc.
Bridger hatte eine ungewöhnliche Begabung für Sprachen. Obwohl er Analphabet war, sprach er neben
Englisch, Französisch und Spanisch auch drei Indianersprachen. Obwohl er nicht lesen konnte, interessierte
er sich stark für Literatur. Ein deutscher Junge las ihm für 40 Dollar im Monat aus Büchern vor. Bridger war
ein aufmerksamer Zuhörer und liebte es, Shakespeare zu zitieren. Neben dem Bridger Pass und dem
heutigen historischen Monument Fort Bridger sind auch die Ortschaft Bridger in Montana, zwei Bergzüge –
die Bridger Mountains in Montana und die Bridger Mountains in Wyoming – der Bridger-Teton-National
Forest im westlichen Wyoming, und als Teil davon die Bridger Wilderness Bridger sowie das Skigebiet
Bridiger Bowl Ski Area bei Bozeman nach ihm benannt.
John Bozeman, 1835 – 1867, nahm am Pike Peak Goldrausch teil, Frau und Kinder ließ er zurück. Da er mit
seinen Grabungen Pech hatte, entschloss er sich, „to mine the miners“. Er schuf mit John Jacobs den
Bozeman Trail und führte Bergleute durch das Gallatin Valley nach Virginia City, Montana. Im Jahr 1864
gründete er den Ort Bozeman in Montana. Während einer Reise am Yellowstone River entlang im April
1867 wurde er ermordet. Sein Partner, Tom Cover, behauptete, sie seien von Blackfoot Indianern
angegriffen worden. Doch Widersprüche in seiner Geschichte lassen die Historiker vermuten, dass
Bozeman von Cover selbst getötet wurde.
Der Bozeman Trail war ein Landweg der die Gebiete des Goldrausches in Montana mit dem Oregon Trail
verband, die wichtigste Periode war von 1863 bis 1868. Der Weg gehört zu den National Historic Places.
Elsa Spear Byron, 1896 – 1992, lebte mehr als 70 Jahre, bis zu ihrem Tod, in Sheridan, Wyoming. Sie war
eine begnadete Fotografin, die durch ihre Bilder das wunderschöne Wyoming und seine Menschen bekannt
machte. Der Big Horn Mountain Lake Elsa wurde nach ihr benannt.
Von Sheridan bis Buffalo folgen wir der der Interstate 90 East. Die Big Horn Mountains liegen im Dunst, es
brennt wohl irgendwo, Rauch liegt in der Luft. Wir halten in Buffalo und trinken Kaffee im „The Busy Bee
Cafe“, wunderschön gelegen am Clear Creek, zum historischen Buffalo Wyoming Occidental Hotel (1880)
gehörend. Leider ist die Bedienung sehr unflexibel und dazu noch unfreundlich. Um 11.45 Uhr bekommen
wir kein Frühstück mehr serviert! Und nach Kaffee müssen wir xmale fragen. So muss die Bedienung auf
ihr Trinkgeld verzichten. Das 2007 restaurierte Hotel ist absolut sehenswert. Hier gingen früher berühmtberüchtigte Menschen ein und aus, u. a. Butch Cassidy, die Hole in the Wall Bande, Buffalo Bill, Calamity
Jane, Tom Horn, der junge Theodore Roosevelt. Die Zimmer mit Namen des Wilden Westens sind
wunderschön mit alten Möbeln eingerichtet, jedes einzelne ist einfach traumhaft ausgestattet. Preis für die
Übernachtung 125 Dollar. Das Hotel gehört zu den Besten Hotels in Nordamerika!
Von Buffalo bis Gillette – Interstate 90 East – begleiten uns weite Plains, kaum besiedelt, nur hin und
wieder springt eine junge Antilope umher. Ein Reh hat es sich in einem saftig grünen Feld gemütlich
gemacht, denn dort gibt es etwas zu knabbern. Doch die Farmer oder Rancher machen kurzen Prozess mit
den Tieren, wenn sie sie erwischen. In den Plains vor Gillette sind viele Ölbohrungen zu sehen. Um 13.30
Uhr sind wir in Gillette und machen am Visitor Center im Schatten Teepause. Die Stadt liegt zwischen den
Black Hills und den Big Horn Mountains. Die Strecke von Gillette nach Moorcroft ist öde und langweilig.
Erst ab Moorcroft sind die Plains wieder schön, grüne Hügel mit Rindern und Pferden. Am Horizont ist
starker Rauch zu sehen, dort brennt es.
Unterwegs sehen wir ein großes Camping-Car, mit angehängter Goldwing (großes Motorrad) und dahinter
einen Truck und Boot ziehend, ein Wahnsinnsgefährt, bei uns natürlich unmöglich. Wir fragen uns, was die
wohl an Sprit brauchen?
Apropro Rinder, etwas Merkwürdiges beobachte ich seit Tagen. Morgens sind die Rinder zerstreut in der
Prairie unterwegs, mittags marschieren sie häufig im Gänsemarsch durch die Gegend und gegen 15/16 Uhr,
wenn die Hitze groß ist, sammeln sie sich, stehen eng zusammen im Kreis oder nebeneinander mit dem
Hintern zum Zaun. Sieht irgendwie witzig aus und ich würde zu gerne wissen, warum sie sich so verhalten.
Eine kleine Herde Pronghorn Antilopen lagert im Gras und schaut neugierig zu uns herüber. Vor Sundance
geht es bergauf, es wird angenehmer von den Temperaturen und es weht ein starker Wind.
Der Inyan Kara ist ein Berg, 1.941 m, abseits des Hauptteiles der Black Hills, der den Lakota heilig ist,
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insbesondere für Mütter im Kindsbett.
Um 15.30 Uhr überfahren wir die Grenze nach South Dakota und kommen um 16 Uhr in Spearfish an, nach
8 ½ Stunden. Ich bin zu müde zum Verhandeln und so macht Rolf das heute und er hat sehr guten Erfolg.
Wir wollen 2 Tage bleiben und bekommen das Zimmer zu einem Superpreis. Das Zimmer ist sehr groß,
ausgestattet mit einer kleinen Küche und einem riesigen Kühlschrank. Wir laden ab und fahren zunächst
zum Safeway für die nächsten 2 Tage einkaufen. Rolf und ich sehen einiges im Sonderangebot und so
schlagen wir richtig zu: 4 l Weißwein, 12 Flaschen Miller light, 6 Flaschen alkoholfreies Bier, 4 Flaschen
Saft, Brot, Erdbeeren, Bananen, Kirschen, Blaubeeren, Käse, Salami und Brot. Es ist immer wieder
erstaunlich für mich, was alles in das Motorrad passt. Aber ich muss heute 2 Einkaufstüten in der Hand
halten, eine mit unserem Grillhähnchen und eine mit dem Obst. Schade, dass niemand da war, das zu
fotografieren. Im Hotelgarten haben wir einen tollen Picknick-Tisch. Der Hotelbesitzer hat ihn angeschafft
für Gäste wie uns, auf Rolfs Anraten vor Jahren. Mittlerweile ist die Temperatur von 34 Grad auf 27 Grad
gesunken. Es ist angenehm, im Garten auf der Wiese zu sitzen und zu essen. Allerdings leisten mir kleine
rote Spinnen und allerlei anderes Getier Gesellschaft. Doch wir genießen unser Essen, die Ruhe und die
Abgeschiedenheit des schönen Motels, das wir seit 2006 kennen. Nach 19 Uhr verziehe ich mich, um zu
duschen, zu schreiben und zu relaxen beim Fernsehen. Ich muss immer die neuesten Nachrichten sehen. 5
Wochen sind wir unterwegs, ohne Handy, Internet, Facebook und wir vermissen nichts. Da ich einige
Karten an Facebook Freunde geschrieben habe, hoffe ich, dass meine Grüße irgendwie ankommen. Wir
bleiben wie gesagt 2 Tage in dem schönen Hotel, in dem wir eine Suite bewohnen, mit zwei großen Betten,
Sesseln, Esstisch mit Stühlen, Küche und großem Bad. Hier könnte man Ferien machen, doch wir bleiben,
wie im letzten Jahr, nur 2 Tage. Morgen geht es nach Sturgis und durch den herrlichen Spearfish Canyon.
Donnerstag, 5. Juli 2012
30. Tag
Spearfisch, South Dakota
Bell’s Motor Lodge
Spearfish / Sturgis / Deadwood / Spearfish Canyon / Savoy / Black Hills / Spearfish
Gefahrene Meilen: 72 (116 km)
Wir sind nun an das frühe Aufstehen um 6 Uhr gewöhnt, so dass wir auch heute um 8 Uhr losfahren, nach
einem gemütlichen Frühstück. Die Temperatur ist angenehm, 20 Grad. Zunächst geht es nach Sturgis, zum
Harley-Dealer. Rolf findet kein Shirt, die Größe XXXX Large ist zu groß! Ich werde aber fündig und kaufe
mir eine neue Geldbörse. Außerdem erstehe ich einen schönen Schlüsselanhänger für die Tochter unserer
Freundin Sandra, die unser Haus hütet. Anschließend machen wir einen Bummel durch den kleinen Ort, der
dabei ist, sich auf die diesjährige Bike-Week vom 4. bis 9. August vorzubereiten. In einem der vielen
kleinen Lädchen finden wir dann doch noch Einiges: 1 kurzärmeliges und 1 langärmeliges Shirt für Rolf
und ich erstehe noch 4 Sticker für meinen alten Audi – alle Macken sind dort beklebt!
Sturgis - South Dakota ist ein sehr ländlicher Bundestaat. Die größte Stadt im Umkreis von vielen Meilen
heißt Rapid City und hat ca. 60.000 Einwohner. Noch viel kleiner ist Sturgis mit nur ca. 6.000 Einwohnern.
Zur Motorcycle Rallye jedes Jahr im August verwandelt sich das Nest in eine dröhnende Großstadt. Es
versammeln sich Altrocker, Heißsporne, Muskulöse, Gepiercte, Tätowierte, Dicke, viele normale Bürger,
die in die Easy-Rider-Rolle schlüpfen, in abenteuerliche Bikerkluft gehüllte Senioren, für die man im
Zivilleben sofort den Sitzplatz im Bus freimachen würde, Typen, bei denen man unsicher ist, ob es hinter
der Fassade des Gesetzlosen friedlich zugeht oder nicht. Alle kommen mit ihren schweren Maschinen, mehr
als 600.000! Und allen Unkenrufen zum Trotz, der Ort hat es bisher immer überlebt. Ein Jahr hat er Zeit,
sich zu erholen, um für die nächste Rallye gerüstet zu sein. Mehr als 80 % der Motorräder sind Harleys,
andere Fabrikate werden geduldet. Die guten alten Zeiten, in denen man Hondas oder Suzukis in den
Bäumen aufhängte oder verbrannte, sind vorbei. Erdbebenartig vibriert ganz South Dakota wegen der
Harleys, mit Sturgis als Zentrum. Zwar werden nach wie vor Touren organisiert, aber bei dem berühmtesten
Motorradfahrertreffen der Welt geht es in erste Linie um die Zurschaustellung von Mensch und Maschine.
Die Sturgis-Rallye ist Verkehrschaos mit Ansage, Karneval auf zwei Rädern, ein Kostümfest, für das sich
die einen verkleiden und die anderen nicht, weil sie immer so herum laufen. Für die Einheimischen ist das
Ganze eine grässliche Plage und ein angenehmer Dollarregen. Jede Matratze, jeder Zeltplatz wird
gebraucht. Alle versuchen, was abzubekommen, und sei es durchs Vermieten von Vorgarten und WC. Viele
Besucher sind Leute mittleren Alters mit gut dotierten Stellen und Motorrädern im Wert von 30.000 Dollar,
bereit, die Kreditkarte zu strapazieren. Für die Wirtschaft der Region hat die Rallye eine enorme Bedeutung.
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Der Polizeichef von Sturgis weiß das. Für ihn persönlich ist das Treffen ein jedes Jahr wiederkehrendes
„Desaster“. Zur Sturgis Rallye wird aus der kleinen 15-Mann-Wache ein Großstadtrevier mit vielen hundert
Uniformierten. Die Justiz von Meade County und der Nachbarkreise Lawrence und Butte erledigt
annähernd ein Drittel ihres Jahrespensums innerhalb von wenigen Tagen, fährt Sonderschichten zur Füllung
der Zellen der Umgebung. Die South Dakota Highway Patrol liefert die Insassen. Wer mit Alkohol oder
Dorgen am Lenker erwischt wird, findet sich hinter Gittern wieder. Es gibt Kneipenschlägereien,
Geschwindigkeitsüberschreitungen, Falschparker. Die Allgegenwart der Polizei ist so überwältigend, dass
vielleicht nirgendwo auf der Welt so diszipliniert gefahren wird wie in Sturgis Anfang August. Groteske
Szenen spielen sich ab, wenn Biker im Outlaw-Outfit an Rechts-vor-links-Kreuzungen unter den Augen des
Gesetzes vor lauter Höflichkeit nicht vorankommen, penibel darauf achten, beim Abbiegen den
Fahrtrichtungsanzeiger zu betätigen, auf der Stelle stoppen, sobald ein Fußgänger auch nur den Eindruck
erweckt, er könne in nächster Zeit mit dem Gedanken spielen, die Straße zu überqueren. Niemand
schlängelt sich im Stau nach vorne. Niemand! Doch jeder nutzt es aus, dass South Dakota zu den
Bundesstaaten ohne Helmpflicht für Erwachsene über 18 gehört und dass die USA in Sachen AuspuffFrisieren das Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu sein scheint. Zumindest an diesem Ort Anfang
August. Der Lärm ist hemmungslos, aber die humorlosen Hundertschaften der Polizei, die sonst jeden aus
dem Strom der Massen herausfischen, der im falschen Moment zu niesen wagt, interessiert das nicht.
Verblüffend, wie so vieles in Sturgis.
Gegen 11 Uhr fahren wir nach Deadwood. Das Parken kostet hier 0,50 $/Stunde, viel günstiger als bei uns.
Wir machen einen Rundgang durch das historische Städtchen mit vielen schönen alten Gebäuden.
Deadwood, gegründet 1876, entstand aus einem Zeltlager von Goldgräbern, die während des Goldrausches
in die Black Hills kamen. 1879 brannte fast die ganze Stadt ab, Bilder informieren darüber. Doch die Bürger
bauten schnell alles wieder auf.
Bekannte Bürger der Stadt waren der Revolverheld Wild Bill Hickok und die Western-Heldin Calamity
Jane. Eine Zeit lang hielten sich auch die beiden berüchtigten Revolverhelden Doc Holliday und Wyatt Earp
in Deadwood auf. Seit dem 1. November 1989 ist in Deadwood offiziell das Glücksspiel genehmigt, so
findet man heute in dem 1.300 Einwohner zählenden Ort sehr viele Casinos. Doch die Touristen kommen
auch wegen der vielen historischen Stätten in den nahe gelegenen Black Hills.
Wild Bill Hickok führte ein wildes Leben. Er war Sheriff, Soldat, Spieler. In Deadwood wurde er am 2.
August 1876 von Jack McCall im Saloon No. 10 ermordet. Er starb mit einer Dame, zwei Assen (oder zwei
Buben) und zwei Achten in der Hand, ein Blatt, das seither „Dead Man’s Hand“ genannt wird. McCall
wurde für diesen Mord hingerichtet. Die Legende besagt, dass Bill Hickok als er erschossen wurde,
entgegen seiner normalen Vorgehensweise nicht mit dem Rücken zur Wand saß, was ihm zum Verhängnis
wurde. Bill Hickok liegt auf dem Mount Moriah Friedhof in Deadwood begraben.
Calamity Jane war das älteste von sechs Kindern einer Predigerfamilie. Als die Eltern starben, versuchte sie,
die Geschwister über Wasser zu halten. In Männerkleidern reiste sie durch die westlichen US-Staaten und
ging Gelegenheitsjobs nach. Sie war u. a. Postkutschenfahrerin, Saloondame, Krankenschwester,
Goldgräberin und Scout für General Custers Truppen. Sie schaffte es, sich unter den Männern des wilden
Westens Respekt zu verschaffen. Sie rauchte, trank, kaute Tabak, fluchte. Bald wurde sie zur Legende. Bis
heute ist unklar, ob alle Geschichten über sie wahr sind. Man weiß bis heute nicht, ob es stimmt, dass sie
mit Bill Hickok verheiratet war und mit ihm eine Tochter hatte. In ihrer Autobiografie baute Calamity Jane
eine Art Liebeskult um ihn auf. Eine zeitlang trat sie in Buffalo Bills Wildwest-Show auf, sie war Reiterin
und Kunstschützin. 1900 nahm sie an der Pan American Exposition teil. Zu dieser Zeit war sie bereits
depressiv und Alkoholikerin. Im Alter von 51 Jahren starb sie vereinsamt und krank. Sie wurde auf dem
Mount Moriah Friedhof neben Bill Hickok beerdigt.
Nach 12 Uhr verlassen wir den Ort, der allerlei Kurioses zu bieten hat, über HW 14 Richtung Spearfish
Canyon. Die Fahrt durch den malerischen Spearfish Canyon, an hohen Felsen entlang, ist immer wieder ein
Traum. Der Spearfish Canyon ist eine tiefe, aber sehr enge Schlucht, geschaffen vom Spearfish Creek, am
nördlichen Rand des Black Hills National Forest. Halt ist natürlich wie immer an der wunderschönen
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Spearfish Lodge in Savoy, deren Zimmer zwar für uns zu teuer sind (275 Dollar), aber hier gibt es –
kostenlos – sehr guten Kaffee bzw. alkoholfreies Bier und Weißwein zu günstigen Preisen. Wir sitzen auf
der Veranda der Lodge und genießen die schöne Aussicht.
Die Black Hills (Schwarze Berg - "Paha Sapa" in Lakota) sind eine Bergkette im westlichen Gebiet von
South Dakota, die bis ins nordöstliche Wyoming hineinreicht. Die Kette ist 160 km lang und bis zu 96 km
breit. Sie bildet die Fortsetzung des von den Rocky Mountains ausgehenden Bighorn- und Snow-Gebirges.
Der höchste Punkt ist der Harney Peak mit 2.350 m. Im 19. Jahrhundert wurden beträchtliche
Goldvorkommen entdeckt, auch Blei, Kohle, Eisen, Salz, Erdöl und Uran kommen in diesen Gebieten vor.
Die Black Hills gelten den Lakota-Sioux als Heilige Berge. In ihnen spielen viele ihrer Mythen. Spirituelle
Orte in den Bergen werden bis heute für religiöse Handlungen aufgesucht. Im Vertrag von Fort Laramie,
den die US-Regierung im Jahre 1868 mit den Lakota-, Cheyenne- und Arapaho-Indianern abschloss, wurde
den drei Völkern das Sioux-Reservat zugesprochen und die Black Hills den Lakota als exklusives
Jagdgebiet zugesichert. Eine illegale Expedition unter Custer erkundete 1874 die Black Hills und fand Gold.
Nach den Goldfunden versuchte die Regierung die Lakota zu einer Abtretung der Bergkette zu bewegen,
allerdings ohne Erfolg. Goldsucher drangen rechtswidrig in das Gebiet ein, es entwickelte sich ein
Goldrausch. Nach der Niederlage der Indianer wurde 1877 das große Sioux-Reservat zerschlagen und den
Lakota die Black Hills entzogen. Ein Prozess der Lakota aus dem Jahr 1921 dauerte bis 1980, als der
Supreme Court die Maßnahme als Enteignung einstufte und den Lakota 105 Millionen Dollar als
Entschädigung zusprach. Obwohl das Lakota-Reservat zu den ärmsten Regionen der USA gehört, nahm die
Vertretung des Volkes die Zahlung nicht an, sondern verlangt bis heute die Rückgabe der Berge. Die Gelder
waren bis 2007 durch Zinsen auf über $ 750 Millionen angewachsen. Bekannte Attraktion in den Black
Hills sind die vier Präsidentenköpfe, die im Mount Rushmore National Memorial eingemeißelt wurden. Ein
ähnliches Projekt, das Crazy Horse Memorial, ist noch in Arbeit. Beide Projekte zogen den Zorn der Lakota
auf sich, entweihen sie doch die ihnen heiligen Black Hills. In den Black Hills liegen weiterhin der WindCave-National Park. Das Monolith Devils Tower National Monument liegt im Nordwesten des Gebirges.
Das Wetter ist ziemlich dämpfig, für heute Nachmittag ist Gewitter angesagt. So machen wir uns auf den
Weg, zurück zum Hotel. In der Ferne sehen wir es schon blitzen und donnern. Gegen 14 Uhr sind wir im
Hotel, heute waren es nur 116 km. Rolf war – wie immer – mit seiner dicken Lederjacke, Lederhose und
schweren Stiefeln unterwegs. Ich bin heute ausnahmsweise nicht mit Lederhose und Lederjacke gefahren,
sondern nur mit Jeans und Shirt. Es war soo schwül, nicht weit und Rolf fährt eh immer sehr vorsichtig. Wir
haben ein langes Gespräch mit Scott, dem Besitzer des Hotels. Auf unser Anraten vor Jahren hat er nicht
nur den Picknick-Tisch angeschafft, sondern auch eine Schaukel und Klettergerüst für Kinder in dem
schönen Garten untergebracht. Und er bestätigt unser Empfinden, die Geschäfte laufen besser seit 2010. Uns
freut das sehr für ihn. Julie, seine Helferin, auf die er sich verlassen kann, ist sehr freundlich und
zuvorkommend. Uns fällt das besonders auf, weil wir viele unfreundliche Menschen in verschiedenen
Hotels erlebt haben. Die Leute werden oft schlecht behandelt, schlecht bezahlt und sind deshalb gefrustet,
was wir gut verstehen können. Wir schaffen es noch, draußen zu essen, ehe es anfängt zu gewittern.
Freitag, 6. Juli 2012
31. Tag
Laramie, Wyoming
Ramada
Spearfish / Spearfish Canyon / Black Hills National Forest / O’Neil Pass / Newcastle / Black Coal Basin /
Black Thunder Mine / Douglas / Douglas Railroad Interpretive Center / Laramie
Gefahrene Meilen: 362 (583 km)
In der Nacht wütete ein starkes Gewitter, mit viel Regen. Doch heute Morgen ist bereits alles wieder
trocken, der Himmel ist noch ein bisschen bewölkt, bei 18 Grad, was wir schon fast als kalt empfinden.
Natürlich stehen wir wieder früh auf, frühstücken und starten um 7 Uhr. Nochmals über HW 14A durch den
herrlichen Spearfish Canyon, vorbei am Brautschleier-Wasserfall, bis Cheyenne Crossing, weiter HW 85
South, vorbei an Eagle Cliff, einem Felsen, der wie ein Adler ausschaut und herrliche Wanderwege anbietet.
Ein wunderschönes Haus liegt ganz versteckt im Wald, am Tor steht ein Schild „Little Piece of Heaven“. Ja,
die Landschaft hier ist ein kleines Stück vom Himmel. Wir fahren durch den Black Hill National Forest,
über den O’Neil Pass, 2.068 m. 2 junge Rehe springen über die Straße. Um 8.15 Uhr verlassen wir South
Dakota und kommen nach Wyoming. Wir folgen HW 16 West. Vor Newcastle erwartet uns eine dichte
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Nebelwand, Sicht nur max. 20/30 m. Es folgt eine Gravel Road, mit rotem Staub, doch er ist feucht und
daher stauben wir nicht so arg ein. Wir erreichen Newcastle, passieren die historische Cambria Salz Mine,
diese war nur von 1907 bis 1909 in Betrieb, dann ging sie pleite. Wir folgen HW 16 West, dann HW 450
West durch National Grasslands. Hier sieht man unzählige Öl- und Gasbohrungen, nur hin und wieder eine
Ranch, ein paar Tiere, vor allem prächtige Antilopen mit tollen Geweihen. Leider kann ich bei Rolfs
Geschwindigkeit nicht fotografieren. Vorbei am Black Coal Basin und der Black Thunder Mine, eine riesige
Tagebau-Mine.
Die Black Thunder Kohle-Mine (1977 eröffnet) im Powder River Basin enthält eines der größten
Kohlevorkommen der Welt. Sie versorgt die USA mit 8 % der Kohleversorgung. Black Thunders
Seilbagger (6 an der Zahl) ist der Größte der Welt, er schaufelt so viel Kohle, um damit 25 Meilen (40 km)
Kohlewaggons am Tag zu beladen. Viele Trucks sind dort unterwegs.
Wir verlassen HW 450 West und folgen HW 59 South, hier herrscht leider enorm viel Verkehr und die
riesigen Trucks fahren wie der Teufel. Div. Baustellen müssen wir passieren, ein großes Teilstück der
Straße ist gefräst, wir „schwimmen“ mit dem Motorrad und es ist alles sehr sehr staubig. Um 11.20 Uhr
halten wir an der Cheyenne River Rest Area und machen Teepause. Die Grillplätze sind abgehängt, denn
Feuer ist immer noch überall verboten wegen der großen Trockenheit und der damit verbundenen
Brandgefahr. Im Fernsehen heute Morgen zeigten sie auch div. Wildfeuer in Utah und in Arizona haben
starke Unwetter große Überschwemmungen hervorgerufen. Inzwischen ist es auch wieder sehr warm
geworden. Eine Schwalbe fliegt anscheinend ziellos umher, dann fühlt sie sich sicher und nähert sich ihrem
Nest mit Jungen, leider kann man sie kaum sehen, doch ich mache ein paar Fotos. Es geht weiter bis
Douglas, wo wir um 12.30 Uhr eintreffen. Wir wollen etwas essen, finden jedoch auf Anhieb keine
Einheimischen-Kneippe, also fragt Rolf die Inhaberin eines Likor-Store. Sie empfiehlt uns das „Koop
Cafe“. Wir hätten es weder gefunden noch wären wir da reingegangen, so unscheinbar sieht es aus. Doch
der Laden ist gerammelt voll, alles Einheimische, die dort essen. Urig eingerichtet, das Essen ist
hervorragend! Ich muss zur Toilette und dazu muss ich durch die Küche und dann links, bei uns wohl
undenkbar, Toilette in der Küche! Man wird immer wieder überrascht. Nach dem Essen fahren wir zum
Douglas Raildroad Interpretive Center und setzen uns dort in den Schatten. Die nette Dame, die das Visitor
Center betreut, Helga Bull, spricht 3 Worte Deutsch und versorgt mich mit jeder Menge Infos. Einige
Waggons kann man kostenlos besichtigen, was wir natürlich tun, sehr interessant.
Douglas, am North Platte River gelegen, wurde im Jahr 1886 gegründet, als hier von der Wyoming Central
Railway, die spätere Chicago and North West Railway, ein Haltepunkt gebaut wurde. Seit dem Bau des 20
km entfernten Fort Fetterman im Jahr 1867 befand sich hier schon eine kleine Siedlung mit dem Namen
Teint City. Durch die Eisenbahnanbindung wuchs die Siedlung zu einer Stadt, die im Jahr 1910 ca. 2.300
Einwohner hatte. 1996 wurde Douglas in das Buch „The 100 Best Small Towns in America” aufgenommen.
Das ehemalige Bahnhofsgebäude der Fremont, Elkhorn and Missouri Valley Railroad gehört zu den
Historic Places in USA. In dem Gebäude befindet sich das Chamber of Commerce (Handelskammer) und
das Douglas Railroad Interpretive Center mit einer Ausstellung zur Geschichte der Eisenbahn in der Stadt.
Auf dem ehemaligen Bahnhofsplatz stehen sieben historische Eisenbahnwaggons und eine
Dampflokomotive mit Tender, die besichtigt werden können.
Helga Bull erzählt uns, dass Douglas gerade einen neuen Boom erlebt, mit Gas, Kohle, Öl, Uran. Die
Bevölkerung liegt bei 6.000 und überall werden Mitarbeiter gesucht. Eine neue Raffinerie ist im Bau. Und
ich sehe das legendäre Tier „Jackalope“, ein Mittelding zwischen Hase und Antilope. Der Hasenkörper
besitzt ein riesiges Geweih. Es gibt allerlei Geschichten über dieses ungewöhnliche Tier. Inzwischen habe
ich herausgefunden, dass Anfang des 20. Jh. große Hasen von einem Virus befallen wurden, der Gewächse
am Kopf hervorrief, die wie Geweihe aussahen … Natürlich habe ich das Vieh fotografiert und mir auch ein
Stofftier für unsere Menagerie Zuhause gekauft! Wir verlassen um 14.30 Uhr den interessanten Ort, nehmen
die Interstate 25 South, HW 87 South bis nach Wheatland. Von dort HW 34 West bis Bosler, HW 287
South bis Laramie, unser heutiges Ziel. Die Temperatur liegt inzwischen bei 27 Grad. Eine Zeitlang sind wir
heute dem Sand Creek Massacre Trail gefolgt.
Das Sand Creek Massacre war eine Gräueltat während der Indianerkriege, die am 29. November 1864
stattfand, als ca. 700 betrunkene Soldaten, unter Col. John Milton Chivington der Colorado Territory Miliz
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ein Dorf mit freundlichen Cheyenne und Arapaho im Südosten von Colorado angriffen. Sie töteten und
verstümmelten ca. 170 Indianer, die meisten davon waren Frauen und Kinder. Augenzeugen berichteten
später von entsetzlichen Gräueltaten. Ein Zeuge, Kapitän Silas Soule, der seinen Männern befohlen hatte,
nicht zu schießen, wurde nach seiner Zeugenaussage in Denver ermordet, wahrscheinlich auf Befehl von
Chivington. Chivington, der Hauptverantwortliche für dieses Massaker, und die anderen Täter wurden nicht
bestraft, obgleich der eingesetzten Untersuchungskommission genügend Beweise vorlagen.
„Verdammt jeden Mann, der mit Indianern sympathisiert! ... Ich bin gekommen, um Indianer zu töten, und
ich halte es für richtig und ehrenhaft, jedes Mittel zu verwenden, um die Indianer unter Gottes Himmel zu
töten.“ - Col. John Milton Chivington, US Army
Unsere Fahrt durch die wilde einsame Landschaft ist ein Traum, wir passieren den Morton Pass, 2.225 m.
Eine unendlich weite grüne hügelige Gegend, fast menschenleer, nur hin und wieder ein paar LonghornRinder, Pferde und Falken sind zu sehen. Leider können wir an der urigen Shamrock-Bar nicht halten, um
zu fotografieren, denn dort steht ein Krimskrams rum, man glaubt es nicht. Rolf hat den „Raser-Gang“
eingelegt, denn der Himmel sieht bedrohlich aus und wir wollen am vorletzten Tag nicht nass werden. So
erreichen wir Laramie, es tröpfelt leicht. Doch wir erreichen unser Hotel Ramada trocken. Wir checken ein,
gegen 17.30 Uhr, nach 10 ½ Stunden. Nachdem wir abgeladen haben, geht es zum Safeway tanken und
Essen einkaufen für heute und morgen Abend. Getränke haben wir ja noch im Überfluss. Ich habe den guten
kalifornischen Chablis der netten Julie in Bell’s Motor Lodge dagelassen, nebst gutem Trinkgeld. Um 19
Uhr sind wir geduscht und essen heute, ausnahmsweise im Zimmer, denn draußen schüttet es wie aus
Kübeln. Es ist auch wieder kühl geworden, 18 Grad. Nach dem Essen beobachten wir das Treiben in
unserem Garten hinter dem Hotel. Leider alles sehr ungepflegt. Eine Mexikanerin führt ihre div. riesigen
Hunde hierher zum Kacken, sie beseitigt nichts und später treten dann die spielenden Kinder hinein …
ekelig. Und der Höhepunkt: Mit einem Handtuch des Hotels säubert sie die Hunde. Unglaublich, denn in
jedem Hotel kann man nach Lappen fragen, für das Auto, das Motorrad oder für die Hunde. Doch manche
Menschen ignorieren alles. Auch heute Morgen, eine Bikerin aus Arizona, setzt sich mit ihren dreckigen
Jeans auf den Picknick-Tisch und stellte ihre schmutzigen Schuhe auf die Sitzbank …. Mir fehlen
manchmal die Worte. Einfach kein Benehmen. Die meisten Biker sind nette, hilfsbereite und freundliche
Menschen, gut erzogen. Doch es gibt Ausnahmen, wie eben diese „Dame“, die ein Negativbeispiel ist.
Laramie, 1868 gegründet, entlang der Union Pacific Railroad, hat heute ca. 27.000 Einwohner und liegt auf
2.194 m Höhe. Laramie hat die einzige Universität Wyomings, mit ca. 15.000 Studenten. 1998 geriet
Laramie in die Schlagzeilen, als dort der Student Matthew Shepard aus Schwulenhass schwer misshandelt
wurde und an den Folgen starb. Beide Täter wurden zu zweimal lebenslanger Haft verurteilt, ohne die
Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung. Wären sie nicht auf diesen Deal eingegangen, hätte man sie zum
Tode verurteilt. Das Verbrechen führte zu einem Gesetz, aufgrund dessen seit Ende 2009 in den USA ein
sogenannte „hate crime“ (Hassverbrechen) gegen Homosexuelle mit höheren Strafen belegt wird.
Samstag, 7. Juli 2012
32. Tag
Laramie / Greeley
Gefahrene Meilen: 102 (164 km)
Greeley, Colorado
Super 8
Um 6 Uhr stehen wir auf. Das Frühstück im Hotel ist gut und reichlich. Es ist Regen angesagt und der
Himmel sieht dunkel aus. Um 8 Uhr fahren wir los. HW 287 South bis Loveland, dann HW 34 East bis
Greeley. Um 8.30 Uhr passieren wir die Grenze zu Colorado. Ab Laramie bis zur Staatsgrenze nur flache
Prairie, die Berge in den Wolken. In Colorado ändert sich das Landschaftsbild, Hügel, Felsen, auf denen
Pinien wachsen. In einem Visitor Center habe ich erfahren, dass es x-verschiedene Pinien gibt. Das Wetter
ändert sich, die Sonne kommt und wir halten in Fort Collins, wo wir erst mal unsere Regenklamotten
ausziehen und die Fotoapparate hervor holen. Um 10.30 Uhr sind wir in Greeley, es hat 25 Grad.
Laut Tachostand haben wir 7.930 Meilen = 12.767 km hinter uns gebracht, wow!
Unser Zimmer ist bereits fertig, so können wir es beziehen, abladen und sortieren. Dann fahren wir los, um
letzte Einkäufe zu tätigen, Turnschuhe für Rolfs Töchter und Haltestrippen für Zuhause. Dann wird das
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Motorrad voll getankt und beim Harley Dealer zum Service abgeliefert. Das Motorrad wartet nun in USA,
bis wir im nächsten Jahr wieder kommen. Rolf druckt auch unsere Bordkarten aus, Verabschiedung von
allen bis zum nächsten Jahr. Steve schenkt Rolf noch ein Shirt, der Greeley-Harley-Dealer bekam eine
Auszeichnung als 3.bester Dealer in USA. Wir nehmen noch an dem kostenlosen BBQ teil und werden dann
von Ray ins Hotel gefahren. Dort heißt es packen für den morgigen Heimflug. Das hasse ich am Meisten,
das Packen. Irgendwie sammelt sich ganz schön was an, was wir in den letzten Wochen gekauft haben.
Doch Rolfs Kofferwaage gibt Entwarnung. Wir haben kein Übergepäck, hoffentlich. Meine Nervosität wird
erst aufhören, wenn wir in Denver eingecheckt haben und die Koffer auf dem Weg sind. Rolf hat div.
Motorradteile für sein Motorrad in Deutschland gekauft, die ganz schön schwer sind und auch unterbracht
werden müssen. Um 17 Uhr ist alles geschafft, Rolf verzieht sich auf eine Bank vor dem Hotel und ich
dusche und wasche meine Haare. Relaxen ist dann angesagt. Rolf unterhält sich mit zwei netten Bikern aus
Kanada. Sie sind dankbar für seine Tipps. Der Geschäftsführer unseres Harley Dealers meinte eh schon,
dass wir mehr über den Westen der USA wüssten als die Amerikaner selbst. Kein Wunder, sind wir doch
seit 8 Jahren jedes Jahr wochenlang im Westen unterwegs, immer neugierig und auf der Suche nach
interessanten Geschichten. Unser letztes Abendessen: Rolf Salami, ich einen tollen Briekäse aus Utah, dazu
Tomaten, Baguette, Bier und den restl. Wein. Als Nachtisch haben wir noch 2 Äpfel. Was wir an Saft und
Fischkonserven übrig haben, bleibt für die Housekeeperin des Hotels. Sie nimmt es immer gerne an. Um 19
Uhr ist alles fertig, der letzte Koffer kann erst morgen früh gepackt werden.
Sonntag, 8. Juli 2012 -
33. Tag
Heimflug
Um 5.30 Uhr schellt der Wecker, um 7.30 Uhr holt uns der Shuttle Bus ab. Ich leide wie immer unter
Reisefieber, trotz meines Alters und meiner vielen Reisen und so habe ich die ganze Nacht nicht gut
geschlafen. Heute Morgen bin ich schnell fertig, keine Zöpfe flechten und so kann auch der letzte Koffer
gepackt werden. Dann geht es zum Frühstück. Wir hatten wirklich Glück mit dem Wetter in den letzten
Wochen, denn im Fernsehen sehen wir, dass Regen kommt. Die Menschen warten ja auf das Wasser, denn
unzählige Feuer brennen in den verschiedenen Staaten im Westen der USA. Ich mache noch zwei
Hasenbrote für Rolf mit der letzten Salami, dann checken wir aus und warten auf den Bus. Dieser kommt
super pünktlich und so sind wir schon um 8.30 Uhr am Flughafen. Die Prozedur mit Kofferabgeben – die
Koffer haben wirklich genaues Gewicht – und Sicherheitskontrollen – ich werde, wie immer, doppelt und
dreifach abgetastet – dauert ca. ¾ Stunde und dann sitzen wir endlich um 9.30 Uhr am Gate und können
verschnaufen. Im Fernsehen habe ich heute Morgen gesehen, dass ein Paar in 35 Jahren Pennys gesammelt
hat, meist auf der Straße gefunden. Nun haben sie die Münzen gerollt und zur Bank gebracht – 62.000
Dollar. Da Rolf und ich auch gefundene Münzen auf unserem Krimskrams-Tisch sammeln, bringen wir es
vielleicht auch auf ein paar Dollar. Nachdem wir pünktlich an Bord gehen dürfen, müssen wir das Flugzeug
nach ca. 20 Minuten wieder verlassen – die Reifen sind defekt und müssen gewechselt werden, Dauer mind.
2 Stunden, d. h., dass wir unseren Anschlussflug in Philadelphia nicht bekommen. Aber da wir ja nirgendwo
hin müssen, ist uns das letztendlich egal, wenn wir evtl. 1 Tag später nach Hause kommen. Es stellt sich
heraus, dass wir statt 11.10 Uhr erst um 17.50 Uhr von Denver starten können, mit Lufthansa nach
Frankfurt, Ankunft 11.35 Uhr, Weiterflug 16.16 Uhr nach München, Ankunft 17.10 Uhr am 9. Juli, mehr als
8 Stunden Verspätung. Zunächst müssen wir unser Gepäck am Gepäckband wieder abholen, das dauert und
dauert. Dann müssen wir bei der Lufthansa – Staralliance mit US Airways – neu einchecken. Da erwartet
uns eine böse Überraschung. Die Gepäckbedingungen bei Lufthansa sind anders als bei US Airways. Die
erlauben ein Handgepäck mit 18 kg, LH nur 8 kg, das bedeutet für uns, wir müssen pro Handgepäck (2
Stck.) 70 Dollar, also 140 Dollar zahlen. Die Lufthansa-Angestellten sind sehr unfreundlich hier und nicht
so entgegenkommen wie das Personal von US Airways. Wir bekommen überhaupt keine Infos über
Erstattungen bezüglich Essen und Telefonaten etc. Das ist definitiv ein großer Mangel. Doch da wir das
alles schon einmal mitgemacht haben, lassen wir uns nicht verdrießen. Wir müssen wieder durch den
Sicherheitscheck, jetzt durch einen Body-Scanner, trotzdem werde ich wieder abgetastet. Endlich haben wir
den Stress hinter uns und suchen uns ein kleines Bistro, wo wir essen: Rolf hat Pilz-Fettucini und ich
Hühnchen mit Pilzen, dazu Clausthaler und Rotwein. Ein hervorragendes Essen, aber mit Plastikbesteck,
unglaublich. Um 15 Uhr sind wir an unserem Gate und hoffen auf den Weiterflug. Gut, dass das auf dem
Hinflug nicht passiert ist, unsere ganze Planung, Hotels etc. wäre durcheinander gekommen. So kommen
wir halt nur etwas mehr als 8 Stunden später in München an. Rolf hat unseren Parkservice Huber angerufen
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und so hoffen wir, dass mit der Abholung alles funktioniert. Ein Non-Stopp-Flug von 12 Stunden liegt vor
uns. Obwohl mich die Warterei nervt, ist es interessant, den vorbei eilenden Menschen zuzuschauen. Fast
jeder hat ein Getränk und eine Tüte mit Essen in der Hand. Es ist immer wieder unfassbar für uns, dass die
Amerikaner nicht mal ein paar Minuten ohne Essen und Trinken auskommen können. Das Problem
Diabetes wird aber inzwischen häufig im Fernsehen behandelt, da diese Krankheit in USA ein großes
gesundheitliches Problem darstellt. Der Flug startet pünktlich um 17.50 Uhr. Wir haben das Glück mit
unseren langen Beinen an einem Notausgang zu sitzen, so haben wir viel Platz. Zum Dinner wird uns
Hühnchen serviert, dazu Wein, Bier oder Wasser. Nach dem Essen wird erneut Wein und Cognac und
Kaffee ausgeschenkt. Es hat schon seinen Grund, warum die Lufthansa teurer ist als andere Airlines. Der
Service an Bord ist exzellent, die Stewardess, die uns betreut, sieht aus wie meine älteste Tochter Patrizia,
unglaublich. Filme gibt es auch genügend zur Auswahl, so wird uns die Zeit nicht langweilig. Pünktlich um
11.30 Uhr landen wir. Und auch hier müssen wir, obwohl es ein Anschlussflug ist, erneut durch die
Sicherheitsschleusen, wobei es dieses Mal bei mir nicht piept, sondern nur bei Rolf. Doch das
Sicherheitspersonal ist hier in Frankfurt nicht so höflich und freundlich wie in USA. Die können hier von
den Amerikanern noch Einiges lernen. Um 16.10 Uhr sollen wir starten, aber wir verspäten uns. Es sind
viele Araber an Bord, mit Frauen und Kindern, da wird alles doppelt kontrolliert. Gegen 17.10 Uhr landen
wir in München, ein Koffer ist beschädigt und muss reklamiert werden. Parkservice Huber, wo wir unser
Auto stehen haben, ist pünktlich da und so sind wir endlich um 20 Uhr Zuhause. Es waren 5 wunderbare
Wochen, aber wir freuen uns auch auf unser Hexenhaus im Bayerischen Wald.
Hier einige Infos über die Bundestaaten, die wir besucht haben:
Colorado mit seinem Anteil an den Rocky Mountains gehört zu den Gebirgsstaaten und ist mit einer
mittleren Höhe von 2.073 Metern der höchstgelegene Bundesstaat der USA. Hauptstadt und wirtschaftliches
Zentrum ist Denver, in dessen Großraum mehr als die Hälfte der 5 Millionen Einwohner Colorados lebt.
Colorado wird im zentralen und westlichen Teil von den Bergketten der Südlichen Rocky Mountains
durchzogen, von denen das San-Juan-Gebirge im Südwesten, die Sawatchkette im Zentrum sowie die
beiden östlichen Ausläufer der Rocky Mountains, Front- sowie Sangre de Cristo Range, zu den
bedeutendsten Gebirgen gehören. Die Colorado Rockies umfassen mehr als 50 Gipfel mit mehr als 4.000
Höhenmeter. Im südlich Colorado umschließen San-Juan-Gebirge und Sangre de Cristo Range das San Luis
Valley. Östlich der Rocky Mountains beginnen die Great Plains, eine riesige Steppenlandschaft, die das
gesamte Zentrum der USA durchzieht und innerhalb von Colorado wegen seiner hier noch hohen Lage als
High Plains bezeichnet wird.
400 n. Chr. reichten die Ausläufer der indianischen Fremont-Kultur bis in das östliche Colorado. 1000 Jahre
vor der Ankunft der ersten Weißen in Colorado siedelten im heutigen Mesa-Verde-Nationalpark im
äußersten Südwesten des Staates bereits Vertreter der Anasazi-Kultur, die hier beeindruckende Bauten wie
etwa Cliff Palace errichteten. In historischer Zeit lebten in der Region vorwiegend Cheyenne- und UteIndianer.
Die bedeutendsten Landstraßen des Staates sind die US-Highways 40, 50, 160, 385 sowie 550, die abseits
der Autobahnen die wichtigsten Fernstraßen sind und Anschlüsse an die Interstates herstellen. Im Westen
führen sie größtenteils durch das Gebirge und sind oft als National Scenic Byways, landschaftlich besonders
reizvolle Straßen, ausgezeichnet; darunter auch der San Juan Skyway (mit seinem Million Dollar Highway),
der Top of the Rockies sowie der Dinosaur Diamond Prehistoric Highway. Neben Oregon verfügt Colorado
über die meisten National Scenic Byways.
Besonders sehenswert:
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Black Canyon of the Gunnison NP
Great Sand Dunes NP
Mesa Verde NP
Rocky Mountains NP
Dinosaur NM
Hovenweep NM
Der Name Nebraska stammt von einem indianischen Wort mit der Bedeutung „flaches Wasser“. Der Name
rührt vom Platte River, der durch den Staat fließt. Ursprünglich Teil der „Great American Desert“. Die
Bewohner von Nebraska haben jedoch mit moderner Landwirtschaft die Prärieebenen in ein Land voll
Ranches und Farmen verwandelt. Die Geschichte Nebraskas ist daher mit der Landwirtschaft zutiefst
verbunden. Hiervon zeugt auch der Beiname Nebraskas: „Cornhusker State“ („MaisschälerStaat“).Nebraska grenzt an South Dakota, an Iowa und Missouri, an Kansas, an Colorado und Wyoming.
Nebraska liegt inmitten der Great Plains an den westlichsten Ausläufern des Weizengürtels („Grain Belt“).
Der östliche Teil des Staates kann zum Mittleren Westen gezählt werden, wobei der westliche Teil zum
Westen der USA gezählt wird. Einer der Slogans Nebraskas ist: „Wo der Westen anfängt“ (Where the West
begins). In den 1860er Jahren kam die erste Welle von Siedlern durch den Homestead Act nach Nebraska,
um das von der Regierung zur Verfügung gestellte Land in Besitz zu nehmen. Der Homestead Act (deutsch
auch Heimstättengesetz) ist ein 1863 in den USA in Kraft getretenes Gesetz zum Landerwerb. Es erlaubte
jeder Person über 21 Jahren, sich auf einem bis dahin unbesiedelten Stück Land niederzulassen, sich ein 160
Acre (etwa 64 ha) großes Land abzustecken und zu bewirtschaften. Nach einer Dauer von fünf Jahren wurde
der Siedler zum Eigentümer. Diese Frist konnte durch Bezahlen von 1,25 US-Dollar pro Acre Land
(insgesamt also 200 US-Dollar) auf sechs Monate verkürzt werden. Das Gesetz wurde am 20. Mai 1862 von
Präsident Lincoln unterzeichnet.
Besonders sehenswert:
Agate Fossils Beds Natinonal Monument
Scotts Bluff National Monument
Homestead National Monument of America
South Dakota umfasst 199.731 km². Im Westen befinden sich die Black Hills, östlich davon die Badlands.
Die größte Stadt ist Sioux Falls, die Hauptstadt ist Pierre. South Dakota beheimatet mehrere
Indianerreservate, insbesondere der Lakota. Der Staat hat innerhalb der USA nach Alaska, Oklahoma und
New Mexico den vierthöchsten Bevölkerungsanteil von Indianern. Spitzname von South Dakota ist „The
Mount Rushmore State“.South Dakota, ca. 810.000 Einwohner, grenzt an North Dakota, an Minnesota und
Iowa, im an Nebraska und an Wyoming und Montana.
Am 29. Dezember 1890 massakrierte die 7. US-Kavallerie bei Wounded Knee über 300 Männer, Frauen
und Kinder der Minneconjou-Lakota-Sioux-Indianer unter Häuptling Big Foot. Dieses Massaker brach den
letzten Widerstand der Indianer gegen die Weißen. Am 27. Februar 1973 besetzten Mitglieder der
indianischen Widerstandsorganisation American Indian Movement zusammen mit Sympathisanten aus dem
Pine-Ridge-Reservat die Ortschaft Wounded Knee und riefen die unabhängige Oglala-Nation aus. Ab 1944
wurden Staudämme entlang des Missouri errichtet, um Unterlieger vor Hochwasser zu schützen. Dazu
wurden mehrere Stämme zwangsweise umgesiedelt und ihr Land verschwand unter dem Wasser von
Stauseen wie Big Bend und Oahe.
2010 forderten die Betroffenen eine Entschädigung für die Vernichtung ihres Landes. Von den sieben
betroffenen Stämmen leben die Standing Rock Sioux, die Cheyenne River Sioux, die Crow Creek Sioux, die
Lower Brule Sioux und die Yankton Sioux in Süddakota. Das Reservat der Crow Creek Sioux wurde vom
Big Bend, der 1959-63 erbaut wurde, überschwemmt. Ihre Einrichtungen mussten nach Pierre verlegt
werden. Die Stämme klagen nicht nur auf Ausgleich für den Verlust ihres Landes und ihrer Immobilien,
sondern auch auf Beteiligung an der Nutzung, etwa durch Tourismus. Die Crow Creek erhielten 27,5
39
Millionen Dollar, die Lower Brule Sioux 39,3 Millionen. Die Cheyenne River Sioux hingegen erhielten 290
Millionen. Doch damit wird das Unrecht, was ihnen widerfuhr, nicht wieder gut gemacht.
Besonders sehenswert:
Badlands National Park
Wind Cave National Park
Mount Rushmore National Memorial
Crazy Horse Memorial
Black Hills
Historisches Zentrum Deadwood
North Dakota, mit ca. 650.000 Einwohnern, grenzt an die kanadischen Provinzen Saskatchewan und Manitoba, an Montana, an South Dakota und an Minnesota. Im Westen befinden sich die hügeligen Great Plains
und die Badlands. Hier liegen der White Butte, die höchste Erhebung des Staates, und der TheodoreRoosevelt-Nationalpark. Der Missouri River fließt durch den Westen von North Dakota und bildet den Lake
Sakakawea, den mit dem Garrison Dam drittgrößten von Menschenhand angelegten See in den USA.
North Dakota hat die Beinamen „Peace Garden State“, benannt nach dem Internationalen Friedensgarten an
der Grenze zu Kanada bei Dunseith, sowie „Sioux State“ – Sioux-Staat. Der Name Dakota leitet sich von
der indianischen Ethnie der Dakota ab, die vor der Unterwerfung durch die Amerikaner in diesem Gebiet
lebte.
Seit mindestens einigen Jahrtausenden besiedeln Indianer North Dakota. Der erste Europäer, der das Gebiet
erreichte, war der französische Kanadier La Vérendrye, der um 1738 eine Expedition zu den Dörfern der
Mandan-Indianer anführte. Der Handel zwischen den Stämmen war so arrangiert, dass die Stämme North
Dakotas nur selten direkt mit den Europäern Handel trieben. Trotzdem unterhielten die Stämme zum
Zeitpunkt der Lewis-und-Clark-Expedition einen ausreichenden Kontakt mit den Europäern, um sich der
französischen und spanischen Ansprüche auf ihr Gebiet bewusst zu sein. Bis zum Ende des 19.
Jahrhunderts, als rasch Eisenbahnen gebaut wurden und das Land in großem Umfang verkauft wurde, war
das Dakota-Territorium nur spärlich besiedelt.
Besonders sehenswert:
Theodore Roosevelt National Park
Dakota Dinosaur Museum, Dickinson
North Dakota Heritage Museum, Bismarck
North Dakota Lewis & Clar Interpretive Center, Washburn
Montana liegt im Nordwesten der USA. Der Name „Montana“ leitet sich von dem spanischen Wort
montaña oder von dem lateinischen montanus („Berg-“, „bergig“, „gebirgig“) ab.
Mit 380.838 km² ist Montana der viertgrößte Bundesstaat der USA und geringfügig größer als Deutschland,
aber mit rund 944.632 Einwohnern viel dünner besiedelt. Montana zählt zu den so genannten Mountain
States, die von den Rocky Mountains durchzogen werden. Die Hauptstadt von Montana ist Helena. Sein
Spitzname Treasure State („Staat der Schätze“) begründet sich auf die Vielzahl an Bodenschätzen (Erdöl,
Kohle, Kupfer, Silber und Gold).
Im Norden grenzt Montana an die Kanada – British Columbia, Alberta und Saskatchewan, im Osten an
North und South Dakota, im Süden an Wyoming und im Westen an Idaho. Der Westen Montanas besteht
aus hohen Bergen – Rocky Mountains – , der Osten ist durch weite Ebenen, die Great Plains, geprägt.
Wie der Fund der Buhl-Frau im benachbarten Idaho zeigt, kann man in der Region mit sehr frühen,
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nacheiszeitlichen Bewohnern rechnen, die vor mehr als 10.000 Jahren hier auftauchten. Zu den ältesten
Fundstätten zählen die Stätten von Indian Creek, Mill Iron und Myers-Hindman. Indian Creek, ein
kurzzeitig bewohntes Lager, ist rund 11.000 Jahre alt, Mill Site, ein wohl nur einmal genutzter Jagd- und
Speiseplatz etwa 10.700 Jahre, Myers-Hindman, ein Dauerlager rund 9.000 Jahre alt. Die Barton Gulch Site
im Südwesten Montanas zählt bereits zur späten paläoindianischen Epoche.
Die heute in Montana ansässigen Stämme der Indianer sind relativ spät eingewandert. Die meisten von
ihnen lebten ursprünglich viel weiter östlich. Dabei haben einige von ihnen sehr komplizierte Wanderungen
durchlebt. Bis auf die frühen Zuwanderer ist allen Gruppen gemein, dass sie von Stämmen verdrängt
wurden, die gegen Pelze von Europäern mit Waffen ausgerüstet worden waren. Die Besiedlung Montanas
ist eine ungewollte Fernwirkung des europäischen Handels.
Es gibt sieben Indianerreservate in Montana, die sich auf zwölf Stämme verteilen. Hinzu kommt der Little
Shell Tribe, der auf Bundesebene nicht anerkannt ist. Die Reservate sind:
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Fort Peck Indian Reservation (Dakota, Assiniboine)
Fort Belknap Reservation (Gros Ventre, Assiniboine)
Northern Cheyenne Indian Reservation (Cheyenne)
Crow Reservation (Absarokee)
Rocky Boy’s Reservation (Cree, Chippewa)
Blackfeet Indian Reservation (Blackfeet)
Flathead Reservation (Binnen-Salish, Kootenai, Pend d'Oreille)
Besonders sehenswert:
Glacier National Park
Yellowstone National Park
Idaho liegt im Nordwesten der USA. Hauptstadt ist Boise. Der Staat wird auch als Gem State (EdelsteinStaat) bezeichnet. Der Name des Staates Idaho rührt vom indianischen Wort „Ee-dah-how“ der Shoshone
her, was „Licht auf den Bergen“ bedeutet.
Die Landschaft ist überwiegend bergig mit weiten unberührten Gegenden. Der Süden des Staates wird durch
den Bogen der Snake River Plain geprägt, einer Ebene, die sich über 600 km von Ost nach West durch den
gesamten Staat zieht. Ihr unmittelbares Umfeld wird durch die Basin and Range-Struktur des Großen
Beckens beeinflusst. Der gesamte Rest des Staates gehört zu den Rocky Mountains. Die Sawtooth Range
wird als Idahos bekanntestes Gebirge bezeichnet. Weitere Gebirgszüge sind die Bitterroot Range an der
Grenze zu Montana, die Clearwater Mountains, die sich von dort bis zum Salmon River erstrecken, die
Salmon River Mountains, die Lost River Range und die White Cloud Mountains.
Bodenschätze sind in großen Mengen vorhanden. Das Wasser des Snake River rauscht durch den Hells
Canyon, der tiefer als der Grand Canyon ist. Die Shoshone Falls stürzen von rauen Felsen aus einer
größeren Höhe in die Tiefe als die Niagarafälle. Der höchste Punkt in Idaho ist Borah Peak (3.859 m) im
Custer County. Die größeren Flüsse Idahos sind der Snake River, der Clearwater River, der Clark Fork
River mit dem Pend Oreille River sowie der Salmon River.
Idaho grenzt an Washington, Oregon, Nevada, Utah, Wyoming und Montana sowie die kanadische Provinz
British Columbia. Idaho wurde bereits 1805 durch Lewis und Clark erforscht. Zu dieser Zeit lebten etwa
8.000 Indianer in der Gegend. Zunächst war Idaho ein Teil der Territorien von Oregon und Washington, der
Pelzhandel und die missionarische Tätigkeit ließen die ersten Siedler in die Region aufbrechen. Tausende
durchzogen Idaho während des kalifornischen Goldrausches, nur wenige ließen sich in Idaho nieder. Als es
1863 in ein Territorium umgewandelt wurde, lag die Gesamtbevölkerung unter 17.000. 1865 wurde Boise
an Stelle von Lewiston Hauptstadt. Als 1866 Gold in Idaho entdeckt und die transkontinentale Eisenbahn
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1869 vollendet wurde, kamen zahlreiche Menschen nach Idaho, insbesondere chinesische Einwanderer zur
Arbeit in den Minen. 1877 kam es im Rahmen des Feldzuges gegen die Nez Percé in Idaho zu mehreren
Gefechten zwischen dem amerikanischen Heer und Nez Percé-Indianer. Die Indianer waren dabei sehr
erfolgreich, flohen allerdings schließlich, von den Amerikanern verfolgt, nach Wyoming und Montana.
Unbezwingbares Land
Idaho ist ein Land der Kontraste - die Rocky Mountains mit Gipfeln von über 3.000 m Höhe, dichte Wälder
mit rauschenden Wildwasserflüssen und die trockene, steppenhafte Ebene des Snake River. Das Land, das
lange Zeit als unbezwingbar galt, hat sich viel von seiner Ursprünglichkeit erhalten. Bekannt ist es vor allem
für seine exzellenten Skigebiete, doch hat Idaho noch einiges mehr zu bieten - kristallklare Seen,
beeindruckende Lavalandschaften und den tiefsten Canyon der USA.
Jener zählt zu den bedeutendsten Sehenswürdigkeiten Idahos - der Hells Canyon an der Grenze zu Oregon.
Auf über 150 km Länge hat der Snake River eine gigantische Schlucht in das Gestein gegraben. An den
Wänden des Canyons sind vielfach noch die Felszeichnungen der Nez-Perce-Indianer zu erkennen.
Einen Nervenkitzel der besonderen Art hält der Salmon River bereit. Mit insgesamt 675 km Länge ist er
einer der bedeutendsten Wildwasserflüsse der ganzen USA, perfekt geeignet für Rafting-Touren. Welche
freilich recht anspruchsvoll sind - nicht umsonst trägt der Salmon River wegen seiner wilden
Stromschnellen den Beinamen "River of no Return", "Fluss ohne Wiederkehr".
Gänzlich anders gestaltet sich die Landschaft im Süden des Landes, wo das Craters of the Moon National
Monument zu besichtigen ist, eine bizarre, mit Höhlen durchsetzte Lavalandschaft.
Im Winter zieht es die Skifahrer nach Ketchum und Sun Valley, eines der ältesten Wintersportgebiete der
USA. Doch werden beide Orte auch zunehmend als Sommerfrische populär.
Lange Zeit war der Bergbau der bedeutendste wirtschaftliche Zweig des Landes, das reich an
Bodenschätzen ist (Silber, Blei, Kobalt, Zink, Phosphate, Quecksilber und Gold). Ihnen verdankt es seinen
Beinamen "The Gem State" - der "Edelstein-Staat". Heute ist Idaho in erster Linie für seine Kartoffeln
berühmt; ein Viertel aller Kartoffeln der USA wird hier angebaut. Doch der Reisende sollte dieses Wissen
nicht unbedingt an die große Glocke hängen - die Einwohner Idahos hören es nicht gerne, wenn man ihre
Heimat auf Kartoffeln reduziert.
Der letzte unberührte Fleck
Idaho ist der letzte US-Staat, in dem ein Weißer seinen Fuß auf den Boden setzte. Zu unbezwingbar galt die
Wildnis des Landes. Entdeckt wurde Idaho 1805 im Rahmen der von Thomas Jefferson veranlassten Lewisand-Clark-Expedition, die die Forscher von St. Louis bis zum Pazifik führte.
Besonders sehenswert:
Craters of the Moon National Monument
Hells Canyon
City of the Rocks
Massacre Rock
Balanced Rock
Hagreman Fossils Beds National Monument
Minidoka National Historic Site
Wyoming ist der bevölkerungsärmste Bundesstaat der USA. Er liegt im Westen der USA und steigt von den
Great Plains Ost-Wyomings zu den Rocky Mountains hin an. Der Name stammt aus der Sprache der
Algonkin-Indianer und bedeutet „Große Ebenen“. Der größte Ort ist die Hauptstadt Cheyenne. Der
Spitzname ist „Equality State“ nach dem Motto des Staates: „Equal Rights“ - gleiche Rechte. Mit 253.336
km² ist Wyoming flächenmäßig der zehntgrößte Bundesstaat der USA. Er befindet sich im westlichen
Zentrum des US-Staatsgebiets und zählt durch seine Lage wie auch seine Kultur zum sogenannten,
legendären „Wilden) Westen“, daher auch der Name „Cowboy State“. Wyoming grenzt im Norden an
Montana, im Osten an South Dakota und Nebraska, im Süden an Colorado und im Westen an Utah und
Idaho.
In der Prärie im Nordosten von Wyoming befindet sich am Belle Fourche River mit 945 m der tiefste Punkt.
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Dies schließt jedoch größere Erhebungen nicht aus: Die Prairien Wyomings haben zu einem Drittel Anteil
an den Black Hills, den heiligen Bergen der Sioux und Cheyenne-Völker, die sie Pahá Sapá (Lakota) oder
Mo’ōhta-vo’honáaeva (Cheyenne/Algonkin) nennen. Das teils dicht mit Ponderosa-Kiefern bedeckte
Inselgebirge erreicht in Wyoming Höhen von knapp über 2.000 m und beherbergt ein bekanntes
Naturdenkmal: das Devils Tower National Monument, ein monumentaler vulkanischer Monolith, der 386 m
über dem Belle Fourche River emporragt und eine Höhe von 1.558 m erreicht. Den Sioux und Cheyenne
und auch anderen First Nations ist dieser Berg heilig und trägt in Lakota den Namen Mato Tipila - Hütte des
Bären.
Wyoming – For ever West
Grandiose Berge der Rocky Mountains, endlose Ebenen der Prärie, Schwefeldämpfe im Yellowstone NP
und die Basaltsäulen des Devil Towers – das alles macht Wyoming aus. In diesem Staat lebt man im Sinn
von „Crazy Horse“ und „Buffalo Bill“. Der Name Wyoming stammt aus der Sprache der Algonkin-Indianer
und bedeutet „Große Ebenen“. Und davon hat Wyoming wirklich sehr viele. Im 19. Jh. führten die IndianerStämme Wyomings einen verzweifelten Krieg gegen die einfallenden Weißen, einen bekannten Sieg trugen
sie in der Schlacht am Little Bighorn 1876 davon, aber am Ende des 19. Jh. mussten sie vor der Übermacht
der Weißen kapitulieren, denn die Weißen schossen u. a. systematisch die Bisons ab und entzogen so den
Indianern ihre Lebensgrundlage. William Frederich Cody war einer der bekanntesten Bison-Jäger (Buffalo
Bill). Erst spät sah er das Unrecht ein, welches er den Indianern angetan hatte. In Wyoming gibt es nur ein
einziges Indianer Reservat – das Wind River Reservat. Die meisten Wyoming Indianer wurden in Reservate
außerhalb ihrer Heimat Wyoming verfrachtet, ein weiteres großes Unrecht in der Geschichte der USA.
Bis zum Ende des 19. Jh. war Wyoming zu einem großen Teil von Indianern folgender Stämme bewohnt:
Absarokee, Arapaho, Bannock, Cheyenne, Lakota, Pawnee, nördliche und östliche Shoshone sowie Ute. Als
die Weißen von Osten weiter und weiter nach Westen vordrangen, gerieten die Indianerstämme Wyomings
immer stärker unter Druck. Seit Ende des 17. Jh. gehörte Wyoming mit Ausnahme des Südwestens zur
französischen Kolonie Louisiana. 1762 ging das Territorium an Spanien, 1800 wiederum an Frankreich.
Drei Jahre später erwarben die USA mit dem Louisiana Purchase das Gebiet der Louisiana-Kolonie für 15
Millionen US-Dollar. Der südwestliche Teil gehörte erst zu Utah.
Ende des 18. Jh. stießen im Norden französische Fallensteller als erste Weiße in das Gebiet von Wyoming
vor, gesichert sind die Reisen von John Colter im Jahre 1807 in die Yellowstone-Gegend. Seinen Berichten
von Geysiren und anderen heißen Quellen schenkte kaum jemand Glauben. Zwanzig Jahre später erkundete
Jim Bridger den Südpass über die Rockies. Diese Route wurde ab 1841 Teil des Oregon Trails, über den
viele Pioniere nach Westen vorstießen. Entlang des Trails schossen in kurzer Zeit viele Forts aus dem
Boden, in Wyoming zum Beispiel Fort Laramie (1834) und Fort Bridger (1843). 1850 entdeckte Bridger
auch den Bridger-Pass, den ab 1868 die Union Pacific Railroad für ihre Eisenbahnlinie verwendete.
Nachdem Wyoming mit der Eisenbahn erschlossen worden war, entstanden bald die ersten Städte wie
Cheyenne, Laramie, Rawlins, Rock Springs und Evanston. Im 20. Jh. wurde ein Highway über den BridgerPass gebaut, die Interstate 80.
Das Wyoming-Territorium. führte 1869 als erstes Gebiet der USA das Frauenwahlrecht ein.
Besonders sehenswert:
Yellowstone National Park
Grand Teton National Park
Devil’s Tower National Monument
Fossil Butte National Monument
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