KAPITEL 4 Funktionenfolgen 1. Punktweise Konvergenz und gleichmäßige Konvergenz Definition 4.1 (Funktionenfolgen). Gegeben sei I ⊂ R und zu jedem n ∈ N eine Funktion fn : I → R. Die numerierte Menge der Funktionen fn , n ∈ N heißt Funktionenfolge und wird mit (fn )n∈N bezeichnet. Definition 4.2 (Punktweise Konvergenz). Die Funktionenfolge (fn )n∈N heißt Punktweise konvergent gegen eine Funktion f : I → R falls die Folge (fn (x))n∈N für jedes x ∈ I gegen f (x) konvergiert. Definition 4.3 (Gleichmäßige Konvergenz). Die Funktionenfolge (fn )n∈N heißt gleichmäßig konvergent gegen eine Funktion f : I → R falls dn := supx∈I |fn (x) − f (x)| gegen Null konvergiert. Satz 4.4. Ist fn : I → R für jedes n ∈ N stetig und konvergiert (fn )n∈N gleichmäßig gegen f : I → R, so ist f stetig. Satz 4.5. Ist fn : [a, b] → R für jedes n ∈ N stetig und ist (fn )n∈N gleichmäßig Rb konvergent gegen eine Funktion f : I → R, so gilt limn→∞ a fn (x) dx = Rb a f (x) dx. Satz 4.6. Ist I ⊂ R offen und fn : I → R für jedes n ∈ N stetig differenzierbar. Ist die Funktionenfolge (fn )n∈N punktweise konvergent gegen eine Funktion f : I → R und ist die Funktionfolge (fn′ )n∈N gleichmäßig konvergent gegen eine Funktion f˜ : I → R, so ist f differenzierbar und (fn′ )n∈N konvergiert gegen f ′ . 27 2. Potenzreihen Definition 4.7 (Potenzreihen). Es sei (an )n∈N eine Folge und x0 ∈ R. Durch (an )n∈N und x0 werde eine Funktionenfolge (fn )n∈N aus Polynomen Pn k definiert. Den Grenzwert für n → ∞ , also fn (x) = k=0 ak (x − x0 ) P P ∞ n k k k=0 ak (x − x0 ) := limn→∞ k=0 ak (x − x0 ) , nennt man Potenzreihe. Die Zahlen ak ∈ R nennt man Koeffizienten, die Zahl x0 den Entwicklungspunkt der Potenzreihe. Die Menge I := {x ∈ R | (fn (x))n∈N ist konvergent} heißt Konvergenzbereich der Potenzreihe. P∞ k Satz 4.8. Es sei (ak )k∈N eine Folge und k=0 ak (x − x0 ) die dazugehörige Potenzreihe. Es gilt: a) Es gibt einen Wert R ∈ {0} ∪ R ∪ {+∞} (den sogenannten Konvergenzradius) mit den Eigenschaften: P (i) Ist |x − x0 | < R so ist ∞ ak (x − x0 )k konvergent. Pk=0 k (ii) Ist |x − x0 | > R so ist ∞ k=0 ak (x − x0 ) divergent. |ak | uneigentlich (d.h. b) Existiert der Grenzwert limk→∞ |ak+1 | |ak | k| limk→∞ |a|ak+1 | ∈ R ∪ {∞} so ist R = limk→∞ |ak+1 | . c) Es gilt p 0 falls ( k |ak |)k∈N unbeschränkt p 1 √ falls lim supk→∞ k |ak | ∈ R+ R= k lim sup |a | k k→∞ p ∞ falls lim supk→∞ k |ak | = 0 p k |ak | der größte Häufungspunkt der Folge Hierbei ist lim sup k→∞ p k ( |ak |)k∈N . d) Auf jedem abgeschlossenen Intervall [a, b] ⊂]x0 −R, x0 +R[ konvergiert P die Funktionenfolge (fn )n∈N , fn : [a, b] → R, fn (x) = nk=0 ak (x−x0 )k gleichmäßig. P k Satz 4.9. Ist ∞ k=0 ak (x − x0 ) eine Potenzreihe mit Konvergenzradius R, so gilt für die Funktion ∞ X f :]x0 − R, x0 + R[→ R, x 7→ ak (x − x0 )k k=0 P∞ )k−1 a) Die Potenzreihe k=0 kak (x − x0 hat Konvergenzradius R und es P k−1 . gilt f ′ (x) = ∞ ka (x − x ) 0 k=0P k ∞ ak (x − x0 )k+1 hat Konvergenzradius R und b) Die Potenzreihe k=0 k+1 P ∞ ak k+1 F (x) = k=0 k+1 (x − x0 ) ist eine Stammfunktion von f . 3. Taylorreihen Definition 4.10 (Taylorpolynom und Taylorreihe). Sei f : I → R eine n-mal differenzierbare Funktion, I offen und p ∈ I. Das Polynom n X f (k) (p) Tn (x) := (x − p)k k! k=0 heißt Taylorpolynom von f im Entwicklungspunkt p. Ist f beliebig oft differen(k) P zierbar, so nennt man die Reihe nk=0 f k!(p) (x−p)k Taylorreihe von f im Punkt p. Satz 4.11. Sei f : I → R eine n-mal differenzierbare Funktion, M ⊂ I offen und p ∈ M . Das Taylorpolynom Tn ist das einizige Polynom vom Grad n mit der Eigenschaft Tn(k) (p) = f (k) (p), k = 1, . . . , n. Satz 4.12 (Satz von Taylor). Sei f : I → R eine n + 1-mal differenzierbare Fuktion, I ein offens Intervall und p ∈ M . Zu jedem x ∈ I \ {p} gibt es ein ξ zwischen x und p so dass f (x) = Tn (x) + Rn,x mit Rn,x = f (n+1) (ξ) · (x − p)n+1 (n + 1)! gilt. Satz 4.13. Sei f : I → R eine beliebig oft differenzierbare Fuktion, I ein offenes Intervall und p ∈ I. Gibt es Zahlen M > 0 und C > 0 so dass |f (n) (x)| ≤ M ·C n für alle n ∈ N und alle x ∈ I gilt, so ist ∞ X f (k) (p) (x − p)k f (x) = k! k=0 für alle x ∈ I. Satz 4.14. Für alle x ∈ R gilt ∞ ∞ X X (−1)k x2k+1 (−1)k x2k sin(x) = und cos(x) = . (2k + 1)! (2k)! k=0 k=0